Von Jägern und Sammlern bis zu sesshaften Bauern. In: Daniel Nösler u. Andreas Schäfer (Hrsg.),...

6
28 Stein Zeit

Transcript of Von Jägern und Sammlern bis zu sesshaften Bauern. In: Daniel Nösler u. Andreas Schäfer (Hrsg.),...

28

SteinZeit

Die Hünenbetten von Grundoldendorf (Foto: D. Nösler, Lkr. Stade)

30 Steinzeit 300000 –2000 v. Chr.

Von Jägern und Sammlern bis zu sesshaften Bauern

In der Altsteinzeit – auch Paläolithikum genannt – erscheinen vor etwa 300.000 Jahren zum ersten Mal in unserem Gebiet die Homo heidelbergensis genannten Frühmenschen. Allerdings sind die

ersten Menschenspuren äußerst schwer zu finden, da in den Kaltzeiten die Eismassen die Landschaft wie ein Hobel bearbeitet haben. Dadurch sind fast

alle Überreste, die durch den Menschen hin-terlassen wurden, umgelagert worden und

finden sich entsprechende Fundstellen sehr selten. Wo ehemals vielleicht eine Gruppe von Nomaden am Lager feuer saß und Wild verzehrte, ist heute keine Spur mehr vorhanden. Da aber der wichtigste Rohstoff für die Herstellung von Werkzeugen der sehr dauer hafte Feuerstein war, lassen sich diese Ge-räte immer noch finden und belegen die menschliche Anwesenheit.

Während Norddeutschland von einem mächtigen Eispanzer bedeckt wurde, war

menschliches Leben gänzlich unmöglich. In den Kaltzeiten zogen große Herden von Mammuts, Rentieren, Riesenhirschen und Wollnashörnern durch die Tundren. In den Warmzeiten lebten in den nun bewaldeten Flächen Waldelefanten, Nashörner,

Elche und Flusspferde. Diese Tiere wurden von den Menschen verfolgt und gejagt. Durch diese nomadi-sche Lebensweise gab es keine festen Siedlungen. Man lebte in Zelten oder Hütten, die, nachdem die Herden weiter gezogen waren, abgebaut und mit-genommen wurden. Insbesondere Gewässer wie in Blumenthal waren als Rastplätze für die Früh-menschen immer attraktiv, da hier Trinkwasser zur Verfügung stand und sich das Jagdwild sammelte. Durch einige Faustkeilfunde um Horneburg und Dol-lern konnte nachgewiesen werden, dass auch der Neandertaler unser Gebiet durchstreifte.

Am Ende der letzten Eiszeit vor etwa 15.700 Jah-ren lebten wieder Gruppen noma discher Jäger in der noch baumlosen Tundra. Ihr Ziel waren die gro-ßen Rentierherden, die die riesigen Weiten durch-streiften. Meist an damaligen Seen oder Flüssen rasteten die Menschen für kurze Zeit, um dann dem Wild hinterher zu ziehen. Da diese Lagerplätze danach nicht wieder vom Eis überlagert wurden, konnten solche Fundstellen wie beispielsweise bei Immenbeck vereinzelt ausgegraben werden. Neben den Feuersteinabschlägen, die bei der Herstellung der Waffen entstanden sind, fanden sich dort auch Reste der Jagdwaffen wie Pfeilspitzen, Klingen und

Faustkeil von Harsefeld als Beleg für die Anwesenheit des Neandertalers (Foto: D. Alsdorf, Lkr. Stade).

31

Daniel Nösler

ein Schleifstein, mit dem die Holzpfeile geglättet wurden.

Die darauf folgende Epoche wird als Mittel-steinzeit oder Mesolithikum bezeichnet (9500–4000 v. Chr.). Das Klima wurde schrittweise wieder wärmer, die Gebiete wurden deshalb langsam von riesigen Wäldern überdeckt, und der Meeresspie-gel stieg weiterhin sehr rasant um etwa 100 m an. Die großen Herden, die die Menschen vorher in der Tundra jagen konnten, zogen weiter nach Norden. Daher mussten neue Nahrungsquellen erschlossen werden. Zum Beispiel war es durch die Einwande-rung des Haselnussstrauches möglich geworden, pflanzliche Vorräte anzulegen. Dafür wurden die gesammelten Nüsse über dem Feuer geröstet und somit haltbarer gemacht. Die Jagd spielte für die Er-nährung trotzdem immer noch die wichtigste Rolle. Mit Pfeil und Bogen wurden Hirsche, Rehe, Wild-schweine und Vögel erlegt, an den Küsten jagte man Robben und Delfine. Mit Reusen, Harpunen, Netzen und Angeln wurden Fische gefangen.

Pfeil und Bogen waren die charakteristischen Waffen der Mittelsteinzeit. Die Pfeile waren mit rasiermesserscharfen kleinen Feuersteinspitzen bestückt, die drei- oder viereckig waren. Erstmalig wurden auch Beile aus Flint verwendet, mit denen

Bäume gefällt und bearbeitet werden konnten. Da-mit ließen sich beispielsweise Einbäume herstel-len. Mit diesen kleinen Booten wurden sogar die Meere befahren. Die Menschen zogen weiterhin als Noma den umher und errichteten an ihren tempo-rären Lager plätzen Hütten oder Zelte. Mit dem Hund hielten sie allerdings zum ersten Mal ein Haustier. Er wurde sicherlich zum Schutz gegen wilde Tiere eingesetzt und half bei der Jagd.

Mesolithische Pfeilspitzen aus Feuerstein – noch heute rasiermesserscharf (Foto: D. Nösler, Lkr. Stade)

32 Steinzeit 300000 –2000 v. Chr.

Vor etwa 6.000 Jahren beginnt zwischen Oste und Elbe die Jungsteinzeit (Neolithikum), die in der Geschichte der Menschheit wahrscheinlich die einschneidendsten Umwälzungen gebracht hat. In dieser Epoche entwickelte sich die sesshafte Lebens weise, die für uns heute selbstverständlich ist. Bereits gegen Ende der Mittelsteinzeit deute-ten sich die umfassenden Veränderungen durch vorher weit gehend unbekannte Werkzeuge und

Materialien an. In den Gebieten Südniedersachsens, die für ihre frucht baren Böden bekannt wa-ren, lebten schon etwa 1.000 Jahre, bevor sich bei uns die

Landwirtschaft durchsetzte, Ackerbauern und Vieh-züchter. Die Angehörigen der so genannten Bandke-ramik-Kultur waren bereits sesshaft, während man im Norden noch nomadisch lebte. Zwischen diesen Regionen existierte allerdings schon ein reger Aus-tausch. Es wurden zum Beispiel Steingeräte wie Äxte und Beile aus seltenen Gesteinen getauscht. Durch diese Kontakte sind sicherlich auch die tief greifenden Veränderungen, die man auch als „neo-lithische Revolution“ bezeich net, zu uns gelangt. Die jetzt neu entstehende Gesellschaft wird nach einem charakteristischen Keramikgefäß Trichter-

becherkultur genannt. Eine sehr wichtige Innovation bestand in der Herstellung geschliffener Steinbeile, mit denen Bäume einfacher gefällt werden konnten. Der Mensch begann erstmalig in seiner Geschichte damit, die weiträumigen Wälder zu roden, um Felder anzulegen. Auf diesen Flächen wurde Getreide, wie zum Beispiel Gerste und Emmer, angebaut – eine Kultur landschaft entstand. An Nutztieren wurden Rinder und Schweine gehalten.

Durch die Einführung der Landwirtschaft war es nun zum ersten Mal möglich, sich an einem Ort dau-erhaft niederzulassen. Auch wenn über den Aufbau der neolithischen Dörfer noch wenig bekannt ist, wissen wir, dass es Ansiedlungen von einigen Hek-tar Größe gegeben hat. Eine weitere Erfindung, die das Leben der Menschen entscheidend veränderte, war die Herstellung von Keramik. Mit den Töpfen konnten die Speisen auf dem Feuer gekocht und Lebensmittel aufbewahrt werden.

Von den ehemals vorhandenen Häusern sind heute nur noch schwache Spuren im Boden erhal-ten. Es existieren dagegen in einigen Regionen des Landkreises Stade einige imposante Großsteingrä-ber, die als erste Zeugnisse menschlicher Architek-tur noch heute die Landschaft prägen. Außerdem wurden Tote in Erdgräbern, die manchmal mit Stei-

Erstmalig wurden Wälder gerodet, Felder angelegt und

Siedlungen aufgebaut.

33

nen ausgekleidet waren, beerdigt. Obwohl wir uns eigentlich noch in der Steinzeit befinden, erreichten aus entfernteren Regionen vereinzelt kostbare Metallobjekte den Norden. Auf dem Balkan hatte man bereits früher die Verarbeitung von Kupfer zu Schmuck und Werkzeugen erlernt. Von dort gelang-ten diese Stücke sogar bis in unser Gebiet.

Gegen Ende der Jungsteinzeit (ab 2800 v. Chr.) treten Änderungen in den Bestattungssitten und im Fundmaterial auf. Die Toten werden nun überwie-gend einzeln und nur noch selten in den Großstein-gräbern beerdigt, so dass man diesen Abschnitt Einzelgrabkultur nennt. Den Männern wurde oftmals eine Steinaxt als Grabbeigabe mitgegeben. Diese Objekte, die auch als Streitäxte bezeichnet werden, sind in Europa weit verbreitet. Die kulturellen Ent-wicklungen der spätneolithischen Dolchzeit (2200–2000 v. Chr.) leiten dann zur beginnenden Bronzezeit über. Diese Epoche bekam ihre Bezeichnung durch die hervorragend gestalteten Feuersteindolche, die sicher als ein Prestige objekt gelten dürfen.

Über viertausendjährige Streitaxt aus Ladekop (Foto: D. Alsdorf, Lkr. Stade)