Ein Metall erobert den Alltag. In: Daniel Nösler u. Andreas Schäfer (Hrsg.), Fundsache....

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Bronze Zeit

Größter Grabhügel des Landkreises Stade bei Apensen (Foto: D. Alsdorf, Lkr. Stade)

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ein Metall erobert den Alltag

Bronzezeit 2000–600 v. Chr.

Vor etwa 4.000 Jahren setzte sich, von Sü­den kommend, in Deutschland die Bronze schrittweise als wichtigster Rohstoff durch. Bronze ist die erste künstlich hergestellte

Legierung in der Geschichte der Menschheit. Hier­für wurden etwa neun Teile Kupfer mit einem Teil Zinn vermischt. Dadurch wird das Kupfer härter und für Werkzeuge besser geeignet. Die nötigen Erze wurden auf dem Balkan, in den Alpen, im Harz und im Erzgebirge gewonnen. Die Bronze wurde im Vor­deren Orient vor etwa 5.500 Jahren entdeckt und

breitete sich von dort nach Mittel­europa aus. Der Name soll von der antiken Stadt Brundisium (heute Brindisi in Italien) abgeleitet

sein. Bronze ist ein goldglänzen­des Metall, auch wenn die heute in den Museen

ausgestellten Stücke durch die Lagerung im Boden eine grüne Färbung angenommen haben. Deswe­gen, und weil erstmals auch häufiger Objekte aus Gold vorkommen, spricht man auch vom „Ersten goldenen Zeitalter Europas“.

Zwar wurden immer noch Steinwerkzeuge herge­stellt, aber die wichtigsten Geräte und den Schmuck stellte man nun aus Bronze her. Mit dem Metall wurden auch die technischen Fähigkeiten für die

Legierung und das Gießen der Bronze vermittelt. Gleichzeitig veränderte sich die Lebenswelt wäh­rend der Bronzezeit grundlegend. Das neue Mate­rial hatte nicht nur einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftsweise, sondern auch auf die Religion und Sozialstruktur. Um an das begehrte Metall zu gelangen, waren weit reichende Kontakte zu ande­ren Gruppen oder Völkern notwendig geworden. Funde aus verschiedenen Gegenden Europas zei­gen, dass die Bewohner zwischen Oste und Elbe in überregionale Netzwerke eingebunden waren. Mögliche Verbindungen bis nach Ägypten könnte ein hölzerner Klappstuhl aus einem Grabhügel von Daensen anzeigen, der mit teilweise vergoldeten Bronzebeschlägen verziert war. Vergleichbare Mö­bel wurden beispielsweise im Grab des Pharaos Tut­anch­Amun gefunden.

Aus der etwa 1.200 Jahre dauernden Bronzezeit sind bisher nur wenige Dörfer mit Grundrissen der Häuser ausgraben worden, so dass man die meisten Informationen über das Leben in dieser Epoche aus den Gräbern gewonnen hat.

In der Region zwischen Elbe und Weser wurden in der älteren und mittleren Bronzezeit Tausende Grabhügel errichtet, die sich oftmals über mehrere Kilometer an ehemaligen Wegen erstreckten. Wir

In vergleichbarer Art und Weise waren Bronzebeile wie das aus Hagenah geschäftet (Foto: Bullenwächter, Wiki-media Commons, lizenziert unter GNU-Lizenz für freie Dokumentation)

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Daniel Nösler

kennen Hügel, die über 4 m hoch sind und einen Durchmesser von mehr als 40 m haben. Die Toten bestattete man darin häufig in einem Sarg aus Holz oder einer Kammer aus Findlingen. Ihnen wurden zum Teil sehr wertvolle Gegenstände für das Jenseits mitgegeben. Verbreitet waren bronzene Schwerter, Dolche, Lanzenspitzen, Beile, Rasiermesser sowie Schmuckstücke aus Bronze oder sogar Gold. Da­nach wurde über der Kammer mit Heideplaggen und Sand der Hügel errichtet und manchmal noch mit Steinen oder Pfosten eingefasst. Die zahlreich gefundenen Waffen deuten auf eine kriegerische Zeit hin.

Kurzschwert mit Resten der Schwertscheide, aus einem Grabhügel bei Wiepenkathen (Foto: Lkr. Stade)

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kennen Hügel, die über 4 m hoch sind und einen Durchmesser von mehr als 40 m haben. Die Toten bestattete man darin häufig in einem Sarg aus Holz oder einer Kammer aus Findlingen. Ihnen wurden zum Teil sehr wertvolle Gegenstände für das Jenseits mitgegeben. Verbreitet waren bronzene Schwerter, Dolche, Lanzenspitzen, Beile, Rasiermesser sowie Schmuckstücke aus Bronze oder sogar Gold. Da­nach wurde über der Kammer mit Heideplaggen und Sand der Hügel errichtet und manchmal noch mit Steinen oder Pfosten eingefasst. Die zahlreich gefundenen Waffen deuten auf eine kriegerische

Kurzschwert mit Resten der Schwertscheide, aus einem Grabhügel bei Wiepenkathen (Foto: Lkr. Stade)

Heutiger Zustand der Steinkiste in Hagenah (Foto: D. Alsdorf, Lkr. Stade)

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Schon früh vermuteten die Menschen in den Grabhügeln sagenhafte Schätze. Daher sind schon sehr viele unsachgemäß ausgegraben worden und die Fundstücke verschwunden. Außerdem sind in den letzten 200 Jahren Hunderte Gräber zur Gewin­nung von Sand und Ackerland zerstört worden. Solche Eingriffe führten manchmal zu bemerkens­werten Funden, von denen einige in diesem Buch vorgestellt werden.

Ab der Mitte der Bronzezeit kam es wie in weiten Teilen Europas zu einem Wandel in den Bestattungs­sitten. Die Verstorbenen wurden nun nicht mehr in Grabhügeln bestattet, sondern verbrannt. Vielleicht steckt hinter diesem Brauch die Vorstellung, dass die Kraft des Feuers die Seele vom Körper löst. Die Asche wurde dann in tönernen Urnen beige­setzt. Grabbeigaben wie Gewandnadeln, Pinzetten oder Rasiermesser für das Jenseits waren eine Seltenheit. Die kleinen Urnenfriedhöfe liegen fast ausschließlich im Umfeld der älteren Grabhügel, so dass man sich seiner Ahnen sicherlich bewusst war. Die Urnen waren meist schmucklos. Einige seltene Gefäße wie aus einem Grab bei Ketzendorf zeigen eine Verzierung, die wie ein Gesicht gestaltet wurde.

Im Zusammenhang mit den Gräberfeldern stehen z. T. sehr lange Reihen von Feuerstellen, in denen

meistens keinerlei Fundmaterial auftritt. Daher ver­mutet man einen religiösen Hintergrund und hat sie als Kultfeuerstellen bezeichnet. Verbreitet sind diese Feuerplätze vorwiegend im Bereich der Ost­see, aber auch im Landkreis Stade sind derartige Feuerstellen ausgegraben worden.

Eine weitere geheimnisvolle Fundgattung, die einen Einblick in die religiösen oder kultischen Vorstellungen der bronzezeitlichen Menschen er­laubt, sind die Hortfunde. Man hat absichtlich sehr wertvolle Gegenstände meist an Gewässern oder in Mooren niedergelegt. Möglicherweise waren es Ga­ben an die Götter oder sie symbolisierten die eigene Ausstattung für ein Leben nach dem Tod. Diese Sitte ist in fast ganz Europa verbreitet gewesen. Solche Horte gibt es in unserem Raum seit dem Beginn der Bronzezeit. Hier sind in erster Linie zwei in diesem Werk behandelte Depots zu nennen: Zum einen aus dem Ilsmoor bei Neukloster, das aus zehn Beilen und einer Axt zusammengesetzt ist und zum ande­ren die vier Bronzeräder aus Stade, die die größten gegossenen Bronzeobjekte Norddeutschlands sind. Aus der älteren Bronzezeit stammt der Hortfund von elf Bronzebeilrohlingen, einem Kupferbarren und Gussresten von Stade­Campe. Da die Beile noch nicht überarbeitet sind, also frisch aus der Guss­

Bronzebeigaben aus der Grabkammer von Hagenah (von links): das Absatzbeil, der Dolch und die Fibel (Foto: Lkr. Stade)

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form kommen, und dazu die Rohmaterialien nieder­gelegt wurden, könnte es sich um den Besitz eines Bronzegießers gehandelt haben.

Wir haben gesehen, dass während der Bronze­zeit viele wertvolle Gegenstände aus fernen Re gio­nen in unser Gebiet gelangten. Es ist jedoch nicht klar, welche Waren dafür gegeben wurden, denn Geld existierte noch nicht. Vielleicht gehörten Felle, Vieh, Wachs, Honig oder sogar Sklaven zu den Tauschobjekten.