Die byzantinische Festung von Bregovina (Südserbien) - mit M. Jeremić

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ANTIQUITE TARDIVE Late Antiquity - Spätantike Tarda Antichita- Antegüedad Tardfa Revue internationale d'histoire et d 'archeologie (IVe - VIIIe s.) publiee par l'Association pour l'Antiquite Tardive 111- 1995 LA TETRARCHIE (293-312) histoire et archeologie deuxieme partie BREPOLS

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ANTIQUITE TARDIVE

Late Antiquity - Spätantike Tarda Antichita- Antegüedad Tardfa

Revue internationale d'histoire et d'archeologie (IVe - VIIIe s.)

publiee par l'Association pour l'Antiquite Tardive

111- 1995

LA TETRARCHIE (293-312) histoire et archeologie

deuxieme partie

BREPOLS

AnTard, 3, 1995, p. 200-225

DIE BYZANTINISCHE FESTUNG VON BREGOVINA (SÜDSERBIEN)*

MlROSLAV JEREMlt und MIHAlW MILINKOVIt

The Byzantine Fortress of Bregovina

Located ? 5 km. northwest of Carai!in Grad, the Early Byzantine fortress of Bregovina had a rectanguior rampart (approximateiy 60 x 70 m) equipped with atleast5 semi-ovai towers. Besides 6 secular buildings, il inciuded (at ils highest poinl) a 3-aisled church wilh a triple apseflanked by W!nexes (measuring 19 x 12m. withoutthe apses). The church was connected 10 thejirsttower of the rampart by ils northwest annex. Separating the nave and ais/es were two rows of 4 coiumns euch, havit•g aconthus capilals and surmounted (as in the narthex) by galleriesthat yielded lonie impo~is. The reetangular choir was paved with marbie and framed by a pergola having non­monoiilhic post-colonnettes. The altar consisted of a plain table resring on red sandstone colonnelles. The ambo' s basewas found in place in the nave, paved wilh brick like the rest of the building. In a later phase, a raised apse containing a synthronos with central throne was added to the northwest annex, whereas the southwest annex (also apsed) received a secondary table. Elements of architecturai scuipture, as weil as a Latin inscription, small finds, and a coin, all indicate a 6th-century datefor thefortress ensembie. [J.-P. CailleL Translated by D. Parrish]

In der vorgelegten Arbeit soll der Versuch unternommen werden, etwas mehr Licht auf eine Festung in der Umgebung von Cari~in Grad zu werfen, die schon vor mehr als 35 Jahcen das Interesse der archäologischen Forschung auf sich gezogen haL Abgesehen von Cari~in Grad, dessen Ausgrabungen sich bereits einer langen Tradition erfreuen können, wurde in der Umgebung, mit der Ausnahme von Bregovina, an übrigen frühbyzantinischen Anlagen keine intensivere Grabungstätigkeit unternommen. Während der Grabungen, die in den Jahren 1957, 1958, 1960 und 1962 von Djordje Stri~evi~ geleitet wurden, machte man auf der Lokalität "Kale" in der Nähe des Dorfes Bregovina beachtenswerte Fundc1• Außer einem kunen Vorbericht und dem Grundriß der Basilika sind die Forschungsergebnisse bisher nicht publiziert worden2• Wir werden hier einen kurLen Überblick über den allgemeinen archäologischen Zusammenhang geben und einen Rekonstruktionsversuch der Basilika vorführen.

Die Überreste der Festung befinden sich in LuftJinie etwa 15km nordwesllich von Cari~in Grad, in einer leicht

• Diese Arbeit wurde 1987 auf dem Internationalen Cari~in Grad Colloquiwn vorgetragen. Der hier präsentierte Text stellt eine leicht veränderte Version diese Referates dar. Wir danken Frau Geshe Landais für seine freundliche Hilfe in Paris.

1. Die Ausgrabungen führte das Archäologische Institut in Belgrad aus. Sie wurden von Djordje Stricevic geleitet, dem lvanka Nikolajevic, Dragoljub Popovic, Nikola Dudic, Patricia Morgan, ~cdomir Brankovic, Slobodan Samardl.ic und Fedor Bcrczljev das Mitarbeiterteam bildeten.

gebirgigen Gegend an den südlichen Ausläufern des Berges Vidojevica, auf ca. 500 m ü.M. (Abb. 2). Durch die Lage auf einem mit sanften Hilgeln umgebenem Plateau war die Befestigung verhältnismäßig leicht zugänglich (Abb. 1). Ihre Position wurde schon mit derer von Caril!in Grad verglichen, und als ähnlich bezeichnct3•

2. Eine der Ausnaluncn bildet die VeröfTcntlichung der Inschriftenfragmente durch V. Popovic : s. V. PopoviC, Trois inscription.s protobyzanLines de Bregovin.a, in Starinar; 40-41, 1989190, Beograd, 1991, S. 279-290; ansonsten der lrune Fundbericht über die ersten zwei Ausgrabungsjahre: Dj. Stricevic, Bregovina- Kale.AgglomerationpaliobyzanLine, in Starinar, 11. 1960, Beograd 1961, S. 248-249; über Bregovina siehe auch S. M. Nenadovic, 0 ne/Um spomuU.cima iz CariCinog Grada i okoline, in Muzeji, 5, Beograd 1950, S . 163; L Ni.kolajevic-Stojkovic, Ranovizaruijska arhilelaonska dekorati'vna plilstika u Makedoniji. Srbiji i Crnoj Gori, Beograd 1957, S. 56-57; G. Stri~evic, Byzaruine archaeology in Yugosla11ia 1955-58, in Akten des XI. /nJernalionalen Byzanlinislenkongresses, München 1958 (1960), S. 589-590, Abb. 42; R. F. Hoddinou, Early Byzaruine Churches in Macedonia and Sowhern Serbia, London, 1963, S. 227-228, Abb. 156; V. Kondic-V. Popovic. Cari&a Grad. Sile fortifii dans L'Jllyricum byzanJin, Bclgrade, 197?. S. 361. Die vorliegende Arbeit ent.stand auf Grund der Grabungsdokumental.ion, die im Archäologischen Institut in Belgrad aufbcwahn wird. Dem Grabungsleitcr, Djordje Strirevic, sind die Autoren für sein höfliches Entgegenkommen zum Dank verpflichtet

3. S. M. NcnadoviO:, op. eil., S. 163. Dies trifft allerdings nur teilweise zu.

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Die Ruinen auf der Lokalität "Kale"4 können keine lange Forschungsgeschichte vorweisen. Es entsteht der Eindruck, daß die Nähe von den damals berühmteren frühbyzantinischen Ruinen in Zlata, flir die Evans, Hahn und Kanitz Interesse zeigtenj, sie zu sehr in den Schatten gestellt hat Einzig bei Kanitz wird ohne jegliche weitere Angaben ein Kastell bei ~itni Potok erwähnt, womit vielleicht dasjenige bei Bregovina gemeint wru:-6. Die ersten etwas ausführlicheren Informationen über die Lokalität "Kaie" bringen S. Nenadovic und I. Nikolajevic'.

DieFest~mg

Während den vierjährigen Ausgrabungen galt das meiste Interesse der Basilika. Die Fortifikationselemente und die Gebäude im Inneren der Festungsmauern wurden in einem weit geringeren Maße untersucht, so daß lediglich eine provisorische Rekonslruktion des Festungsgrundrisses und nur ein partieller Einblick in die Siedlungsslruktur der Anlage möglich ist (Abb. 3).

Die Festungsmauem wurden schon aufgrund ihrer organischen Verbundenheit mit der Basilika untersucht Intensivere Grabungen an den Abwehrmauem unternahm man vor allem in der Nähe der Kirche. Die übrigen Strecken sind haupsächlich durch Sonden oder durch Geländeprospektion untersucht worden. Dabei kann man beim heutigen Forschungsstand nur eine ungefahre Vorstellung des wahren Ausmaßes und des Grundrisses der FestWlg bekommen. Die hier auf Grund von eher kargen Angaben aus der Grabungsdokumentation präsentierte Zeichnung des GTWJdrisses der Anlage kann nur als Skizze angesehen werden.

Während den Grabungen 1957-1962 wurden Teile der Nordwestmauer, der Nordmauer, der Ost- und der Südmauer freigelegt Die Wesunauer blieb zwar bisher unentdeckt, ihre Position kann aber mit einiger Wahrschein­lichkeit rekonstruiert werden. Am gründlichsten untersuchte man diejenigen Mauerabschnitte, die der Lage nach in die Bausubstanz der Basilika inkorporien waren (feile der Nord- und Osunaucr).

In allgemeinen Zügen hat sich auch hier der Festungsgrundriß den Geländebeschaffenheiten angepaßt Unklar bleibt jedoch, ob die Anlage mit zwei, oder, wofür gewisse Indizien auf der Skizze in der Grabungsdo­kumentation sprechen könnten, mit drei Mauergürteln verteidigt wurde*. Der dritte Mauergürtel würde sich außerhalb der beiden auf der Skizze dargestellten befinden. Am besten ist der innere Veneidigungsgürtel erfaßt, der mit einem allem Anschein nach hexagonalen Grundriß

4. "Kaie" TUrk : Burg. Festung. Oft auftretende volkstümliche Bezeichmmg für Oberreste von alten Städten und Befestigungen ·in SOdserbien.

5. F. Kanitz, Römische Studien in Serbien, Wien, 1892, S. 119-120 und Arun. 3.

6. F. Kanitz. op. cit., S. 120. 7. S. M. Nenadovic, a.a.O.; I. Nikolajevic-Stojkovic, a.a.O. 8. In den kurzen Berichten von Dj. Slrii:!evic herrscht keine

Klarheit, ob die Befestigung aus drei oder nur zwei Mauergürteln bestand, vgl. G. Slrirevic, op. cit., S. 589, und Dj. S1ril!evic, op. cit .• S . 248.

(etwa 60m x 70m) den höheren Teil des Plateaus umgab. Er wurde mit mindestens fünf U-förmigen Türmen verstärkt Die Türme wie auch die Mauem sind in der Technik des opus mixturn gebaut. Anhand von umgestürzten und kompakt gebliebenen Mauerblöcken ist klar ersichtlich, daß jeweils vier Reihen von Ziegelsteinen zwischen die Wlfegelmäßig geordneten Steinreihen interpoliert wurden. DieZiegelsteine von der Abwehrmauer, wie auch diejenigen von der Basilika und dem Gebäude westlich von ihr zeichnen sich durch charakteristische frühbyzantinische Formate aus. Die am häufigsten vertretenen Dimensionen sind: 34cm x 28cm x 5cm, 35,5cm x 27 ,Sem x 5cm und 36,5cm x 28,5cm x Sem. Den Mauerkern bildete auch hier der kleinere, mit Mörtel vermischte Bruchstein. Stellenweise waren die Wehrmauem bis zu einer Höhe von 2m erhalten, so daß die untersten Ziegelsteinreihen auch in situ festgestellt werden konnten. Die Breite der Abwehrmauem betrug etwa 1,90-1,95m.

An der Nordwesunauer wurde nordöstlich des Tunnes V eines der Eingangstore zur sgn. Oberstadt entdeckt, mit einem 2,40m breiten Durchgang. Ein weiteres, kleineres Tor befand sich östlich neben dem Turm II (Abb. 3). Dieses war nicht breiter als 1,47m und wurde in einem Augenblick so zugemauert, daß auf der inneren Mauerseite eine Nische entstand. Weiter in Richtung des Turmes I bildete die Festungsmauer zugleich die Mauer der Kirche, was sich bei der Osunauer in ihren nördlichen Teilen wiederholt Etwas südlicher der Apsis zweigt von der Ostmauer eine weitere Mauer in Richtung Osten ab, die nur einige Meter lang verfolgt wurde. Die Funktion dieser Mauer bleibt ungeklärt. Der weitere Verlauf der östlichen und südlichen Festungsmauer wurde durch kleinere Probestiche festgelegt Die Grabungen den Mauem entlang waren stratigraphisch vorwiegend an eine intensive Schuttschicht gebunden, in deren unteren Partien eine vermehrte Anzahl von Dachziegelfragmenten vermerkt wurde. Des öfteren wurden, so laut Grabungstagebuch, unter der Schuttschicht Brandspuren registriert.

Die Basilika

Eine besondere Stellung innerhalb des Verteidi­gungssystems hielt schon durch ihre dominante Lage die Basilika inne, in einer organischen Symbiose eng mit dem Verteidigungssystem verbunden. Sie verdient jedenfaiis mehr Achtung, als ihr bisher durch kurze Vorberichte oder schematische Grundrißanalysen zugeteilt wurde. Die schon geäußerten Schlußfolgerungen über die chronologische Zugehörigkeit und die Herkunft der räumlichen Konzeption sind nicht angezweifelt, wie auch der Charakter dieser Arbeit kein polemischer isL Im Gegenteil, das Präsentieren von bis jetzt unveröffentlichten konstruktiven und dekorativen Elementen kann nur einer allgemeinen Vorstellung über den konstruktiven und räumlichen Zusammenhang, über die Motivauswahl und die künstlerische Bearbeitung der architektonischen dekorativen Plastik behilftich sein.

Die Basilika wurde auf einem erhöhten kleinen felsigen Plateau errichtet(Abb. 4). Von der nördlichen und östlichen Seite ist dieser von starken Wehrmauem und dem Turm I umgeben, von der südlichen mit der massiven Südmauer

Abb. 2. - Die Position der Lokalität "Kaie" in Brcgovina.

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Abb. I. - Frühbyzantinische Befestigungen in der Umgebung von Bregovina: I . Bregovina- Kale-2. Zlala- 3. Gii!Since­Kaie- 4. Balajnac- Gradiste- Kulina- 5. Sakicol-6. Caricin Grad-7. Sv. llija.

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Abb. 3. - Grundrißskizze der Befestigung in Bregovina.

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der Basilika. Wie durch Ausgrabungen festgestellt wurde, sind die Mauem auf Felsen fundiert, der sich stellenweise sehr nahe unter dem Boden der Kirche befindet So wurde durch massive Wehr- und Kirchenmauem eine Fläche abgegrenzt. deren von Natur aus vorhandene Depression während des Baus mit Schutt aufgefilllt und bis zwn Bodenniveau geebnet wurde (Abb. 5).

Die Kirche und die Festung wurden auf einmal oder mit unwesentlichen zeitlichen Abständen errichtet Die Wände der Apsis und des Altars bilden mit der östlichen Welumauer eine Olgallische Einheit, während die westlichen und südlichen Kirchenwände an die Wehnnauem angelehnt sind, worüber die Verbindungslinien an den Kontaktstellen zeugen (Abb. 4). Die Maße der nördlichen Wehrmauer ist an der inneren Seite durch lange Nischen erleichtert, deren Tiefe mit aller Wahrscheinlichkeit die Breite der von den Nischenbögen getragenen superstruktuierten Mauer reflek­tiert Hiermit stellt sich die Frage nach der Existenz einer Galerie, auf die wi.r noch zu sprechen kommen werden. Die südliche Kirchenwand war ebenso mit Nischen erleichtert, deren räumliche Verteilungjedoch nur angenommen werden kann. Die große Maße dieser Mauer winl durch die gleichzeitige Stützmauerfunktion gerechtfertigt, was die Folge des Höhenunterschiedes zwischen dem Niveau des Innen- und des Außenraumes ist

Unsere dreischiffige Basilika mit der außen dreiseiligen Apsis zählt nicht zu den großen Kirchen. Die Dimensionen des zentralen Schiffes ohne Apsis betragen 1 Sm x 6,20m, während die Seitenschillbreiten 2,80m ausmachen. Die Tiefe des westlichen Abteiles mit den Pastophorien und dem Narthex ist 4m (Narthex 6,20m x 4m und Pastophorien 4m x 2,80m: Abb. 4).

Außec des an der Längsachse der Kirche geseiZten Haupteinganges, durch dessen Tribeton man in den Naos gelangte, hatte die Kirche etwas nördlicher noch einen Eingang. Dieser ermöglichte in der ersten Benutzungsphase eine Direktverbindung zwischen dem Nordschiff und dem Turm I. Bestimmt spiegelt sich durch die zweifache Funktion unseres Objektes - gleichzeitig defensive und sakrale Funktion - die Bereitschaft, im gegebenen Augenblick den Innenraum der Kirche den Bedürfnissen der Verteidigung unterzuordnen.

Die architektonischen Elemente

Nebst den erwähnten massiven Mauem wurden im Inneren der Basilika auch Fragmente von anderen Elementen notiert, die in der konstruktiven Zusammensetzung der Kirche ituen PlaiZ hatten. Dies sind neben Bruchstücken auch ganze, gut erhaltene Stücke von Basen, Säulen und Kapitellen (Abb. 6, 7 a-b, 8). Bevor wir diese Elemente analysieren. müssen wir auf die sehr nützliche, von Archäologen und Architekten gemeinsam und parallel mit den Grabungen durchgeführte Aktion hinweisen, bei der es um das Sammeln von ein~tigen architekiDnischen Elementen der Kirche ging. Diese sind seit langer Zeit Beute der Einwohner von Bregovina, Zitni Po10k und den umgebenden Dörfern geworden. Bei dieser Gelegenheit konnte man aus den Bauernhöfen ganze, gut erhaltene Kapitellstücke, Säulen, Basen und Teile des Kirchen-

mobiliars sammeln, besonders Altarschrankenteile aus Marmoc Heute noch kann man Kapitellfragmente und Säulchen der Altarschranke in den Hofurnmauerungen finden, wie auch ganze Hausteile, die mit den von der Lokalität "Kaie" gebrachten Ziegelsteinen errichtet sind

Die wichtigste Fundstelle der erwähnten Elemente ist sicherlich die neue Kirche im Dorfe ~itni Po10k. Während ihrer Errichtung in den Jahren 1924-1926 wurden von "Kaie" vier Paare von Kapitellen, Säulen und Basen gebracht Heute können sie im Narthex der Kirche in der Funktion von Trägem der Galerie besichtigt werden.

Da man nach beendeten Ausgrabungen an Ort und Stelle eine teilweise Rekon-.lruktion der Basilika ausführen wollte, wurden die gesammelten Elemente zur Lokalität überführt Damals wurden aus ~itni Potok zwei ganze ionische Kämpferkapitelle und eine gänzlich erhaltene Säule, aus Bregovina drei Basen und ein Blätterkapitell gebracht.

Neben zweifelslos wertvollen Angaben, die diese gesammelten Objekte übermitteln, sind für uns diejenigen, die in situ aufgezeichnet worden sind, sicherlich die wichtigsten. Das sind eine Basis aus dem mittleren Teil der nördlichen Säulenreihe und eine zweite aus dem Tribelon (Abb. 7 a, 8). Beide sind gleicher Dimensionen und Profilation. Für uns ist wichtig, daß neben der erwähnten Basis auf der nördlichen Säulenbank die Abdrücke von weiteren drei Basen in der Mörtelunterlage registriert wurden. So konnte die Säulenzahl in den Reihen wie auch ihr gegenseitiger Abstand festgestellt werden (Abb. 4). In jeder Reihe standen vier Säulen. Ihr Achsenabstand betrug 2,15m. Bei den westlichen und östlichen Durchgängen zwischem dem Naos und den Seitenschiffen war der Achsenabstand zwischen den äußeren Säulen in der Reihe und den Pilastern etwas größer: er betrug 2,65m. Beim Tribelon würde der Achsenabstand der Säulen 1,80m ergeben. Der Basis auf der nördlichen Säulenbank wurde auf den Seiten je ein Schlitz zum Festigen der Brüstungsplatten eingeschnitten. Über die Anwesenheit solcher Platten zeugen auch Abdrücke im Mörtelverputz der Säulenbank.

Das Grabungstagebuch berichtet, daß die Ausgrabungs­leitung anband von Vergleichen feststellte, daß die Säulen, Basen und Kapitelle nach Dimensionen und Typ in zwei Gruppen gesondert werden können. Dies gab Anlaß zur Annahme, das die Kirche über dem Narthex und den Seitenschiffen eine Galerie hatte. Bevor wir diese Möglichkeit erörtern, möchten wir vorerst die Elemente zur Rekonstruktion näher betrachten.

Die im Naos und Narthex notierten Basen sind, wie schon erwähnt, identisch nach Profilation und Dimensionen. Ihr oberer Durchmesser beträgt 48-49cm. Die aus Bregovina und ~imi PotOk hergebrachten Basen haben die Profilation

·wie die schon erwähnten, ihr oberer Durchmesser istjedoch wn 10cm kleiner. Es gibt insgesamt sechs solcher Basen (Abb. 7 b).

In der Basilika war die Zahl der gefundenen Stiulen nicht groß, sie waren aber gut erhalten. Es wurden vier Stück evidentiert Interessant ist, daß die Säulen im Nordschiff und im Narthex in Paaren gefunden wurden, bzw. eine größere mit einer kleineren zusammen (Abb. 9,

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DIE BYZANTINISCHE FESTUNG VON BREGOVINA (SÜDSERBIEN) 213

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Abb. 4.- Der Grundriß der Basilika.

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Abb. 5.- Längsschnitt der Basilika.

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10 a-b). Nach der Schaftlänge und dem Durchmesser kann man die Säulen in zwei Gruppen ordnen. Mit Ausnalune von unwesentlichen Beschädigungen sind die kleineren Säulen gänzlich erhalten. Ihre Länge beträgt 1,89m, der Durchmesser 34-36cm. Die restlichen zwei Säulen, die zur Gruppe mit den größeren Dimensionen gehören, sind nicht im Ganzen erhalten geblieben. So ist z.B. die im Nordschiff gefundene Säule nur in einer Länge von 1,80m erhalten. In ihrer unteren Hälfte befindet sich jedoch ein eingeschnittener Schlitz, der zum Festhalten der Brüstungsplatten diente. Da uns die Höhe der ganzen Platten bekannt ist, wie auch die Höhe des in die Basis auf der nördlichen Säulenbank eingeschnittenen Schlitzes, können wir die Länge des fehlenden unteren Teiles der Säule leicht bestimmen. In diesem Falle beträgt sie um 20cm. Die Säulengesamtlänge ist mit Hilfe eines Koeffizienten ausgerechnet, der aus dem Verhältnis der Schaftlängen und des Durchmessers bei den kleineren Säulen gewonnen wurde. Ähnlich sind auch die Durchmesser ausgerechnet worden - sie betragen 41cm (der obere) und 43cm (der untere).

Die Kapitelle, die während der Dauer der Grabungen gefunden wurden, sind nur durch Fragmente vertreten. Darunter unterscheiden sich klar zwei Typen: der Typ mit den Akantenblättem und das ionische Kämpferkapitell (Abb. 11-14). Wie wir schon unterrichtet sind, wurden gut erhaltene Kapitelle beider Typen in ~itni Potok und Bregovina gefunden. Das Blätterkapitell aus Bregovina ist 43cm hoch, mit einem unteren Durchmesser von 40cm. Dies stimmt vollkommen mit den Dimensionen des Kapitells gleichen Typs aus der Kirche in 1;itni Potok (Abb. 12) überein. Durch den einfachen Vergleich der Durchmesserdimensionen ist es klar, daß dieser Kapitelltyp der Gruppe der größeren Säulen und Basen entspricht

Die Fragmente der ionischen Kämpferkapitelle können wir rekonstruieren, falls wir von den Dimensionen der ganzen Stücke, die zur Basilika aus ~itni Potoie zurückgebracht wurden, ausgehen (Abb. 11). Ihre Höhe beträgt 32-33cm, der untere Durchmesser 33cm. Offensichtlich stimmen sie mit den Säulen und Basen aus der Gruppe der Elemente mit kleineren Dimensionen überein. Wie wir jetzt wissen, scheint es berechtigt gewesen zu sein, daß diese Elemente den Galerien zugeschrieben worden sind.

Die Galerie

Die Existenz einer Galerie unterstützen zwei weitere Argumente, die auf der Tatsache begründet sind, daß die nördliche Wehrmauer zugleich die Außenwand der Basilika ist Als erstes haben wir also eine hohe und massive Mauer, an der in Erdgeschoßhöhe größere Fensteröffnungen nicht möglich sind, und die die Kirche von der nördlichen und östlichen Seite völlig abschließt So muß die Möglichkeit nach Tageslicht und Lüftung auf dem oberen Stockwerk gesucht werden. Zweitens könnte die Wehrmauer mit ihrer Höhe die Höhe des Vordaches des nördlichen Seitenschiffes übertreffen, und somit das AbfUhren von Atmosfcralien in Frage stellen. Die Höhe

der Wehrmauem in Bregovina ist nicht genau feststellbar. Bei der graphischen Rekonstruktion können uns jedoch die Angaben vom nahen Cari~in Grad behilflich sein, da dort die Mauerhöhe mit großer Präzision ausgerechet ist Dort beträgt sie bis zum Niveau des Wehrganges 6,75m, zusammen mit den Zinnen 8m9• Erwähnen wir wiederum die schon geäußerte Bemerkung, daß Nischen in der Masse der Nordmauer auch eine Wand auf dem Stockwerk indizieren könnten.

Nachdem die Höhen des Mittelschilles und der Seitenschiffe zusammen mit der Galerie ausgerechnet wurden, wobei auch die graphische Rekonstruktion beniltzt worden ist, sind wir zu dem Schluß gckommnen, daß die Galerie höchstwahrschenlich nur über dem Nordschiff erstellt wurde (Abb. 15). WIC auf der Rekoostruktionszchnung dargestellt ist, sindder Boden der Galerie und dieobereStütze ihrer Dachkonstruktion auf eine minimal mögliche Höhe gesetzt, über die man kaum viel höher gehen könnte. Jede Verlängerung der Galeriehöhe würde zu einer verhältnislosen Vergrößerung der Höhe des Mittelschiffes führen. Wie aus der Abb. 15 ersichtlich ist, könnte das Mittelschiff im Falle der Existenz von Galerien über beiden Seitenschiffen kein Oberlicht bekommen, wie es ansonsten bei frühby1.antinischen dreischilfigen Basiliken üblich ist Dadurch & das gleichzeitige Bestehen einer Galerie über dem südlichen Seitenschiff ausgeschloosen. Das ist übrigens die einzige Seite, an welcher die Basilika gegen den offenen Raum gewendet ist. von wo aus man durch breite Fensteröffnungen im Seitenschiff und durch das Orerlicht im Mittelschiff genüged Licht für das Innere der Basilika bekommen kann.

Die Frage nach dem Standort der zur Galerie führen­denTreppe muß zZ. offen bleiben, obwohl das kein größeres Problem darstellt, wenn man in Betracht zieht, daß eine hölzerne Treppe leicht im nördlichen Kompartiment des Narthex oder noch leichter im nordöstlichen Turm aufgestellt werden konnte.

Die Kirchenmobiliar

Außer den konstruktiven architektonischen Elementen, die wir analysiert haben, wurden im Inneren der Basilika auch zahlreiche Fragmente vom Kirchenmobiliar registriert Fragmente von Teilen der Altarschranke sind in besonders großer Zahl gefunden worden. Die größte Anzahl dieser Fragmente war im östlichen Teil des Naos konzentrien. Hier konnte man in der gemörtelten Unterlage klar die Abdrücke des Stylobats der Schranken bemerken (Abb. 16). Die Abdrücke sind entlang der ganzen äußeren Linie der Bema erhalten, die rechteckförmig in den Naos herausspringt

Von dem Stylobat sind zwei Fragmente gefunden worden, an denen die Dimensionen des Querschnittes erhalten sind. Die größte Fragmentezahl gehört den Schrankenp/auen aus Marmor. Ihr Rahmen hat eine übliche und einf~he Profilation, während im mittleren Teil im Relief verschiedene Kreuzdarstellungen ausgeflihrt sind (Abb. 17 a-b). Ihre rekonstruierten Dimensionen, die von

9. DieAngaben ilber die BefestigWlg des Bischofspalastkomplexes in CariCin Grad wenien in der Publikation CariCin Grad m (Ed. N. Duval-V. Popovic) veröffentlicht.

Abb. 6. - Ansicht des Narthex mit einer der Basen des Tribelons in situ.

Abb. 8 (oben. rocht,),- Ansicht des Stylobats der nördlichen Säulenreihe mit Basis in silu.

Abb. 7. - a: Basis der nördlichen Säulenreihe des Naos. ­b: Basis der Galerie - Säulenreihe.

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Abb. 9. - Das Nordschiff der Basilika mit umgefallenen Säulen de.s Naos und der Galerie.

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Abb. 10.- a: SäL~le aus dem Naos.­b: Säule von der Galerie. 0 .

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einer vollständig erhaltenen Schrankenplatte aus dem Museum in Prokuplje bestätigt werden (Abb. 18), zeigen daß sie zu der Altarschranke und nicht in den Schranken in den Säulenreihen des Naos gehört haben. Daß diese Platten Teile der Altarschranke sind, bezeugt auch die Tatsache, daß sie nicht in den Zwischenabstand der Säulen in den Säulenreihen des Naos hineinpassen.

Eine ebenso große Fragmentzahl der Altarschranken­säulen ist notiert (Abb. 19). Unter ihnen kann man zwei Typen von Säulen unterscheiden: die kürzeren, die nur zwn Festhalten der Schrankenplatten dienten, Wld diejenigen, die auf dem oberen Teil mit Vertiefm1gen ftir das Einlassen von Säulchen versehen waren. Die dekorative Ornamentik auf den Oberflächen der Säulen ist durch verschiedene Varianten eines gleichen Motivs vertreten. Allerdings ist nicht vollständig sicher, daß auch alle Fragmente, die in diesem Teil des Naos wie auch im Natrhex gefunden worden sind, unbedingt von der Altarschranke stammen. Zu ihr gehörte sicherlich eine völlig erhaltene Säule, die auf dem oberen Teil eine kreisfönnige Vertiefung für das Einsetzen der Säulchen aufweist Sie wurde auf dem Boden des Naos gefunden, unmittellm neben dem Abdruck des Stylobats des Semenrisalits (Abb. 16).

Die größte Zahl der Säulchenfragmente wurde wiederum im Altarschrankenareal registriert, obwohl man sie auch im Narthex fand. Der Schaft ist monolyth mit der Basis, die mit einer horizontalen Profilation akzentiert ist (Abb. 20). Im unteren Teil hat die Basis einen Auslaß zur Festigung auf die Altarschrankensäule. Das Kapitell des Säulchens wurde gesondert aufgese.tzt, wobei sich seine Profilation nicht wesentlich von derjenigen der Basis unterscheidet. Leider kennen wir die Höhe der Säulchen nicht Sie kann annähernd durch Analogien bestimmt werden.

Aus dem Sanctuarium und dem zentralen Teil des Hauptschiffes stammen Bruchstücke des Altars: zwei Fragmente der mensa (Abb. 21) wie auch Teile von allen vier Säulchen, die sie trugen (Abb. 22). Eines der Fragmente der mensa trug eine Inschrift, auf die wir noch zu sprechen kommen werden10• Alle diese Elemente sind aus rotem Sandstein angefertigt

Was den Ambo betrifft, ist außer der Form und der Dimension seines Grundrisses nichts weiteres bekannt. Vielleicht haben einige in der Nähe gefundene Fragmente von dünneren Mannorplatten, dessen eine Seite mit im Relief dargestellten Weinranken verziert war, zur Verkleidung seiner Schranke gehört

DerBoden

Im Inneren der Kirche sind die Fußbodenflächen diejenigen, die mit größter Sicherheit rekonstruiert werden können. Obwohl der Boden in allen Räumen zu gutem Teil zerstört ist, geben die erhaltenen Partien genügend Angaben für eine Rekonstruktion. Außer des unwesentlich erhöhten Hemenbodens war das Fußbodenniveau in allen übrigen Räumen der Kirche annähernd gleich. Die erhöhte Bodenfläche in der Apsis der nördlichen Narthexabteilung gehört einer anderen Bauphase an. Im Areal der Beme

10. Vgl. V. Popovic, op.eit., S. 283-284.

kann nach den Abdrücken in der Mörtelunterlage leicht die Verteilung der Mannorplatten rekonstruiert werden. Von diesen Platten sind Teile in situ gefunden worden. Zweifelsohne wurde die gleiche Pflasterung in der Apsis verwendet, wie auch im Raum Unmittelbar vor der Beme. Der restliche Teil des Naos wurde, den anderen Bodenflächen in der Kirche gleich, mit Ziegelsteinen gepflastert (Abb. 9). Die Art der Aufreihung der Ziegel, die hier angewendet wurde, ist für frühbyzantinische Basiliken üblich. Als Beispiele die unserer Basilika räumlich nächstgelegen sind, können wir die Bischofsbasilika in Cari~in Grad11 oder diejenige in Svinjarica (aus der unmittelbaren Umgebung von Cari~in Grad) erwähnen, wo das Pflasterungsschcma des Mittelschiffes im Grunde gleich wie in unserem Falle ist12•

Die Mauerdekoration (Fresko und Mosaik)

Was die Bearbeitung der Mauerflächen anbetrifft, so haben die großen Mengen von Freskobruchstücken und gläsernen Mosaikwürfelchen, die im Inneren der Kirche aufgefunden wurden, in den publizierten Berichten bereits eine Interpretation erhalten13• Die Mauerflächen in der Apsis und im Altarraum waren mit Mosaiken verkleidet, dessen Fragmente am häufigsten vor der Bema mit der Schauseite nach unten gefunden wurden. Die übrigen Flächen, außer dem Gürtel mit dem Mannargesims (dessen Fragmente registriert wurden) waren mit Mörtel verputzt und in Freskotechnik bemalt Dabei ahmte man in den unteren Partien Marmorverkleidung nach. Wie wir im Weiteren sehen werden, wurden auch in Freskotechnik ausgeführte Inschriftenfragmente im Schutt der Basilika gefunden.

Spätere Veränderungen

Die Basilika hat während der Dauer der Benutzung auch gewisse Adaptationen hinnehmen müssen. So wurde z.B. in einem Moment die Eingangsöffnung in der östlichen Wehnnauer, bzw. in der Ostwand des Südschiffes zugemauert Dies geschah wahrscheinlich zur gleichen Zeit als auch das kleine Tor in der Nordmauer außerhalb der Kirche geschlossen wurde. Die interessantesten und wichtigsten Veränderungen haben sich aber in den Pastophorien abgespielt, die in einem Augenblick völlig von den Seitenschiffen abgeschnitten waren. Besonders interessant ist der Fall der nördlichen Pastophorie, dessen neue Funktion (nach der Adaptation) unerklärt geblieben ist Wir wissen, daß in dieser Phase die nördliche Pastophorie eine Apsis erhalten hat, ebenso einen erhöhten Boden in der Apsis wie auch eine Bank mit hervorgeschobenem zentralen Sitz. Durch eine sorgfältige Analyse der Grabungsdokumentation haben wir den

11. Vgl. Anm. 9. 12. V. Kondic-V. Popovic, op. eil., S. 359-360, Abb. 112; Vgl.

auch die Böden in den Seitenschiffen der Basilika mit dem Querschiff in der Unterstadt von Cari~in Grad: Dj. Mano-Zisi, lskopavanje na Caricinu Gradu /949-52 godiTII!, in Starinar, 3-4, 1952-1953, Beograd 1955, S. 143, Abb. 4.

13. Dj. Strirevic, op. eil., s. 248.

Abb. i:l . - YierblaLLkapiLell aus dem Naos.

Abb. 14. -Ionisches Kämpferkapitell von der Galerie.

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Abb. II. - YierblaukapiLcll aus dem Naos. (7.-eichnung M. leremic}

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Abb. 12. - Ionisches Kämp­ferkapitell von der Galerie. (Zeichnung M. leremiC)

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Abb. 15. - Qucrschnill der Basilika- RekonsLrukLion.

Abb. 16.- Abdrücke des Altarschrankenstylobats und Säule der Altarschranke.

Abb. 19-20.- Fragmente der Altarschrankensäulen.

Abb. 18. - Altarschrankenplatte aus Bregovina (im Museum der Toplica in Prokuplje).

Abb. 17 a-b. - Fragmente der Altarschrankenplatten.

DIE BYZANTINISCHE FESTUNG VON BREGOVINA (SÜDSERBIEN) 219

Eindruck bekommen, daß hier die Umgestaltungsarbeiten nicht bcendet waren. Es scheint, daß zu diesem Zeitpunkt auch die äußere westliche Pastophorienwand weggeräumt wurde, und daß gleichzeitig in der Richtung ihrer Südwand der Durchgang zwischen der Basilika und des sgn. wesllichcn Objektes (Objekt 3) mit einer dünnen Zwischenmauer abgeschlossen wurde. So bekam man einen länglichen einschiffigcn Raum mit Apsis (Abb. 23). Im apsidalen Teil der Pastophorie wurde das Eckstück einer dünnen profilierten Marmorplatte gefunden. Sie konnte in der Funktion der mensa altaris gewesen sein. In der äußeren Ecke dieses Fragmentes ist am unteren Teil eine rechteckige Vertiefung angebracht, wahrscheinlich für das Einstezen des Halters. Ebenso indikativkann die kreisförmige Beschädigung vor dem Apsidalraum sein, da sie ähnlich ist mit de11jenigen, die man des öftercn in Kirchen dort antrifft, Vvrl einst das Altar stand. Es ist fraglich, oh chronologis~h mit der beschriebenen aber undatierten Phase das einzige in der Kirche gefundene Grab zusammengeht. Es wurde im nordwestlichen Teil des Narthex um::r dttr.;hbrochenem Fußboden aufgedeckt (Abb. 4). Das schlecht erhaltene Skelett lag in einer mit Schutt aufgefüllten Grube. Mit dem Kopf auf der westlichen Seite wurde die bestattete Person (Geschlecht und Alter unbekannt) gegen Osten gerichtet Das Grab war beigabenlos. Die Anwesenheit von Schutt mit Mosaikfrag­menten und Ziegelsteinen in der Grube spricht für eine Bestattung nach der ersten Benütztungsphase der Kirche; in einer Zeit, als der Boden bereits mit Trümmern überbedeckt war. Es kann dazu nicht ausgeschlossen werden, daß das Grab in den Schutt, den man zur erwähnten Nivelierung der Depressionen aufschüttete, eingegraben wurde.

Die Inschriften

Aus Bregovina stammen e1mge interessante epigra­phische Funde, denen wir uns kurz zuwenden wollen. Mit aller Wahrscheinlichkeit kommt das früher gefundene Fragment einer profilierten Platte aus grauem Mannor, auf deren Rückseite die folgende Inschrift eingemeißelt ist aus der Kirche:4 : qui pauperem de stercore {elevas oder erigensj d( omi)ne nos umiles servos [ adiuva ? ]; nach P. Petrovic handelt es sich um einen Paraphrase eines Psalmes aus dem I Buch Samuels, wahrscheinlicher ist aber des Psalmes 112.7 nach V. Popovic15 (Abb. 24). Die Grabungen von Stritcvic haben noch ein kleineres Inschriftenfragment zu Tage gebracht, ein profiliertes Mensafragment aus Sandstein, auf dem sich eine Invokation befand (Abb. 21). Dieses Sillck wurde im Schutt des zentralen Teiles des Mittelschiffes gefunden. V. Popovic sieht im erhaltenen Teil:---] ERRAINOP [---/­--] XPEDN [ E--. In der oberen Reihe kann man einen Text aus dem Psalm 112.7 sehen, der mit suscilans (oder erigil,

14. Die Inschrift wurde von S. Radoji'!ic veröffentlicht, vgl. ders., Crkva u Konjuhu, in Zbornik radova VizanJoloskog instituta, I, Bcograd 1952, S. 161-165, Abb. 21 -22. Eine Deutung bei P. Petrovic, /nscriptions de Ia Mesie Superieure, Vol. IV. Nai:>sus - Remesiana · llorreum Margi, ßcograd, 1979, s. 124.

15. V. Popovic, op. eil, 284-285.

allevat) a (oder in, de) Jerra inopem begonnen haben könnte. Die zweite Reihe liest V. Popovic als Chr(isl)e D(omi)n{e], was nicht in Zusammenhang mit dem erwähnten Psalm ist16• Beide Inschriften weisen paläographische Eigenschaften auf, die sie ins 6. Jh. datieren. Das Grabungstagebuch gibt Angaben über weitere Inschriftenfragmente -es handelt sich um eine nicht mehr völlig rekonstruierbare gemalte lateinische Inschrift, deren Teile auf Freskofragmenten im Schutt der mittleren Zone des Südschiffes lagen. V. Popovic schlägt vor, hier die oft verwendete Formel J]ui D(omi)ne zu rekonstruieren (Abb. 25)17

Die Kleinfunde

In der Grabungsdokumentation werden auch andere Funde aus der Basilika evidentiert Allgemeinen sind die Kleinfunde hier nicht sehr zahlreich gewesen. Im Grabungstagebuch sind üblicherweise Angaben über den ungefahren Fundort und die ungefähre Schichtenlage gegeben (z.B. "im zentralen Teil des Mittelschiffes"); genauere Koordinaten, horizontale und vertikale, sowie auch Angaben über die präzise Schichtenzugehörigkeit fehlen oft. Im Inventarbuch der Ausgrabungen finden sich Zeichnungen von den wichtigeren Kleinfunden wie auch von Plastikfragmenten. Einige dieser Kleinfunde sind in der Zwischenzeit verlorengegangen. Die erhaltenen Stücke werden im regional zuständigen Museum der Top­lica in der Stadt Prokuplje aufbewahrt

Im Mittelschiff fand man unter einem Säulenfragment, am Boden, eine größere byzantinische Bronzemünze, für die angenommen wurde, daß sie aus dem 6. Jh. stammL Da die Münze verloren ist, kann diese im Grabungstagebuch geäußerte Vermutung nicht überprüft werden. Aus dem gleichen Raum (wie auch aus dem Südschiff und aus der nördlichen Pastophorie) werden Fragmente von Oculi erwähnt, leider ohne detailliertere Angaben. Diese sind im Inventarbuch nicht abgebildet, so daß wir über ihr Aussehen und genaue Verteilung (z.B. wichtig für die ev. Rekonstruktion der Fensterstellen) nichts wissen.

Was die Kleinfunde aus dem Mittelschiff betrifft, so wären die eisernen Nägel rechteckigen Querschnittes mit flacher oder leicht abgerundeter Kopfplatte zu erwähnen, nebst einem beschädigten Werkzeug aus Metall (wahr­scheinlich Eisen), das man vielleicht als Meißel für Tischlerarbeiten deuten kann18

• Zu den Funden aus diesem Teil der Kirche zählen noch ein tönerner Spinnwirtel, ein Bodenstück eines kleineren Glases (?) und Bleistücke, die zum festhalten der Bausteine dienten.

Aus dem nordöstlichen Turm, also strikt gesehen auch aus der Basilika, stammt der eiserne dreizackige Kerzenhalter(?) (Abb. 26 a). An der unteren Seite befindet sich die zentral gestellte Spitze für das Einlassen in einen wahrscheinlich hölzernen Halter, während sich gegen oben

16./bid., s. 283-284. 17. /bid., S. 285-286. 18. Eine ensprechcnde Vermutung stellt B. Bavanl anläßlich ~i1.cs ähnlichen Fundes aus Caricin Grad; vgl. B. Bavant. Les petits objets, in Caricin Grad n. Belgrade-Rome, 1990, S. 226, T . xxxrx Abb. 224.

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Abb. 21. - Mensafragment mit Inschrift.

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Abb. 24. - Die früher gefundene Inschrift aus Bregovina.

Abb. 22. - Säulchen der mensa a/Jaris.

Abb. 23.- Die nördliche Pastophone nach der Adaptation.

7 Abb. 25. - Inschriftenfragment auf Fresken im SUdschiff der Basilika.

DIE BYZANTINISCHE FESTUNG VON BREGOVINA (SÜDSERBIEN) 221

drei solche spitze Enden richten. Ebenso zum kirchlichen Inventar gehört das Kettenfragment mit Lamelle, das zwar außerhalb bei der südwesllichen Ecke des Narthex gefunden worden ist (Abb. 26 t). Die Angaben über die Metallart fehlen, aber man kann annehmen, daß diese Kette mit Lamelle, ähnlich den anderen, aus Bronze war. Sie diente zur Leuchteraufhängung in der Kirche19• An der Außenseite der Südwand der Kirche fand man in den unteren Schuttschichten ein fragmentiertes Kreuz mit erweiterten Enden, das wahrscheinlich aus Bronze gefertigt war. Leider fehlen weitere Angaben zu diesem Fund.

Andere Gebäude

Außer der Basilika wcrden in der Festung noch sechs weitere Objekte unters~·cht. Keines von ihnen ist vollständig ausgegraben worden. Dabei sondern sich die Objekte 3 und 4 gewißermaßen von den übrigen ab, da bei ihrer Erstellung Mörtel verwendet wurde. Bei den anderen war das Trockenr01auerwerk die übliche Bauweise, wenigstens kann man das für die unteren Partien dieser Gebäude feststellen.

In einer Entfernung von 9,50m vom Tribelon der Basilika gegen Westen fand man ein Gebäude, Objekt 3, das laut Tagebuch "in erheblicher Höhe" erhalten geblieben ist. Die mit Mörtel erstellte Ostwand des Gebäudes scheint parallel zur Westwand der Basilika verlaufen zu sein. Sie war mit Pilastern verstärkt, was dem Objekt 3 ein repräsentatives Aussehen verliehen hat. Das Gebäude wurde durch Ost-West gerichtete Quermauem auf mehrere kleinere Räume unterteilt. Im Tagebuch ist unter anderem folgendes dazu angeführt: « Die bisher entdeckten Mauem dieses Gebäudes [gemeint ist das Objekt 3] werden in einer durch Pilaster aufgeteilten Fassadenwand zusammengefaßt. Diese Wand streckt sich vom Süden gegen Norden, parallel mit der Narthexwand [ ... ].Es entsteht der Eindruck, daß zwischen diesen beiden Gebäuden [zwischen der Basilika und des Objektes 3] eine Straße war. »20• Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß es sich hier um ein Atrium handelt. Unter den seltenen Kleinfunden dieses leider nicht bis zum Boden ausgegra­benen Objektes ist außer der Keramikfragmente lediglich noch ein Glaßlampcnteilchen zu nennen.

Von den übrigen Gebäuden ist nur das Objekt 1 in einer Weise erforscht worden, die einige Aufschlüsse erlaubt. Es befand sich nördlich des Turmes I und wurde teilweise durch dessen Schutt zugeschüttet. Wie schon erwähnt, ist es im Trockenmauerwerk erbaut worden. Obwohl man die hier evidentierten verschiedenen Bauphasen nicht klar unterscheiden konnte, ist man zur Einsicht gekommen, daß die nördliche und die südliche Mauer jünger sind, als die überschnittene westliche, die mit einem Ofen verbunden war. Der im Grundriß kreisförmige, aus Lehm und

19. Vg!. ähnliches Stück aus Caricin Grad V. Kondic­V. Popovic, op. eil ., 401, T. XX Abb. 2 ; N. Duval-M. Jcremic, c tglise 1 au sud de 1a ville, dile "basilique a une nef', in CariCin Grad I, Belgrade-Rome, 1984, S. 133 und Abb. 129, mit weiteren Analogien; B. Bavant, op. eil., S. 204-206.

20. Grabungstagebuch vom 17. Vlll 1958.

Bruchstein gemauerte Ofen war an der Außenseite der Wand angebracht, mit der Öffnung gegen Süden gerichtet und nach Außen geneigt Dieser Ofen hatte mehrere Bodenniveaus.

Durch das sratigraphisehe Bild, das hier aufgezeichnet wurde, ist wiederum ein Brand indiziert. Leider ist in der verfügbaren Grabungsdokumentation die Stratigraphie graphisch nur spärlich festgehalten. Aus dem Tagebuch geht hervor, daß man im Objekt 1 unter der Schuttschicht rötliche Erde registrierte, die wiederum eine Schicht schwarzer Erde mit Brandspuren abdeckte. Diese könnten auch mit dem Ofen in Verbindung stehen. Interessant scheint die Erwähnung von "Kohle", ohne Erde, die unter der röllichen Schicht auf der ösllichen Seite des Objektes angetroffen wurde.

Das Objekt 1 war reich an Kleinfunden. Aus ihm stammen zahlreiche Keramikfragmente, Fragmente von Glasgefäßen, Oculi, ein Schlüssel (Abb. 26 b), einige eiserne Werkzeuge, ein Schleifstein, drei Glocken, ein Kamm-fragment, ein Fingerring, eiserne Nadeln und noch weitere Funde. In unmittelbarer Nähe wurde eine Speerspitze gefunden.

Das Materie./ und die Chronologie

Das Material aus dem Objekt 1 haben wir lediglich als Beispiel aufgezählt, da wir bei dieser Gelegenheit nicht einzeln auf die Funde eingehen können. Wir wollen hier nur einen Auszug aus dem Inventar der Kleinfunde von Bregovina vorzeigen21

Die meisten Gegenstände stammen aus der Schutt­schicht an der äußeren Seite der Nordmauer des inneren Verteidigungsgürtels, aus den umgebenden Trocken­mauerobjektenund aus den Türmen. Chronologisch sind fast ausschließlich zwei Horizonte zu unterscheiden: nebst dem Material des 6. I ev. Anfang 7. Jh. ist auch jüngere slawische Keramik verhältinsmäßig gut vertreten (1 0.-11. Jh. ?). Sie zeugt hier, wie auch anderorts in Illyricum von einer späteren Wiederbenützung der befestigten Siedlung22•

Interessant ist, daß sich diese slawische Keramik im und um den Turm I zu gruppieren scheint, obwohl sie auch anderorts gefunden wurde. Das läßt die Möglichkeit offen, in den Überresten der frühbyzantinischen Türme spätere improvisierte slawische Wohnstätten zu vermuten. Hier sollte in Betracht gezogen werden, daß die Türme dank der soliden Bauweise ihrer Mauem, ganz allgemein, im Vergleich mit den anderen Bcfestigungsteilen, hauptsächlich einen besseren Erhaltungszustand haben können. Dies könnte sie für eine spätere Benützung empfohlen haben (vgl. auch die Herdstelle über der Schuttschicht im Turm IV, mit Kleinfunden vergesellschaftet). Wir wollen aber die sla­wische Keramik in diesem Augenblick vor allem wegen der Bearbeitungsprobleme (Dokumentation, Schichtenlage

21. Eine detaillierte Fundaufarbeitung liegt noch vor. 22. V gl. z.B. G. Marjanovic-Vujovic, Une conzribuzion a l'elude

slraligraphique des Couches du haUI Moyen-Age a l'inlerieur de la f orleresse an.lique de Ponles, in Cahiers des Portes de Fer, 4, Beograd. 1987, S. 120-122; M. Jankovic, Le sile d'habilalion de Veliki Gradac, Beograd, 1981, S. 65 (Serbisch mit einer ausführlichen französischen Zusammenfassung).

222 MIR OS LA V JEREMIC - MIHAILO MIUNKOVIC

usw.) beiseite lassen, obwohl die Frage um die slawische Wiederbenützung der Überreste der frühbyzantinischen Befestigungen aktuell ist Für uns ist wichtig, daß das Fundmaterial keine Besiedlung vor dem 6. Jh. eindeutig feststellt. auch nicht eine vorgeschichtliche. In einer vorläufigen Klassifizierung kann man die Funde in verschiedene Gruppen ordnen.

Außer der schon erwähnten Münze aus dem Mittelschiff der Kirche wurden noch vier weitere bronzene Münzen außerhalb der Nordmauer gefunden. Für diejenige aus der untersten Schuttschicht vor dem Durchgang in der Nordmauer wird im Tagebuch die Vermutung geäußert. daß sie unter Iustinian in Konstantinopel geprägt sein könnte. Nebst den Fundplatzangaben an der äußeren Seite der Nordmauer und im Objekt 1 haben wir für die übrigen Münzen keine weiteren richtungsweisenden Informationen.

Schmucksachen oder Trachtzubehör wurden nicht in großer Zahl gefunden. Wir können zwei Fingerringe, ein Fragment eines zweizeitigen Beinkammes (Abb. 26 c) und eine bronzene Nadel erwähnen (Abb. 26 d). Dazu gesellt sich ein kleiner kloisonnierter Goldzellenbeschlag (Länge 2,4cm, Breite 1,9cm und Höhe 0,8cm: Abb. 26 e). Er hat in einer der Zellen nach Grabungstagebuch eine Edelsteineinlage gehabt, während im Inventarbuch auf der Zeichnung eine Einlage aus Glas vermerkt ist Es könnte sich um einen Gürtelbeschlag handeln. Über die Verbreitung dieser Gürtel- oder Schnallenbeschläge im byzantinischen Reich des 6. Jh. hat sich anläßtich eines bronzenen Besatzes aus Herac/ea Lyncestis in Mazedonien J. Werner geäußert, die Vermittlerrolle der europäischen Provinzen des Reiches beim Übertragen der Mediterranen polychromen Mode an die angrenzenden Germanen im 5. und 6. Jh. her­vorhebemP. Bedauernsweise gehört der Beschlag auch zu den verlorengegangenen Fundstücken.

In weit größerer Zahl wurden Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs registriert, vor allem Kera­mikfragmente24. Das frühbyzantinische Geschirr gehört generell ins 6. Jh. (Abb. 31-32). Diese Gefäße verschiedener Funktion (Küchengeschirr, Tafelgeschirr, Verpockungsge­fäße) sind durch gute Herstellungsqualität gekennzeichnet. wie auch - im Vergleich mit der später hier anwesenden slawischen Keramik - durch eine Vielfalt der Formen und Obcrßächenbearbeitung. Das Küchengeschirr wurde hauptsächlich von mittelmäßig gereinigtem Ton erstellt Es ist grau gebrannt und ohne Oberflächenbearbcitung, selten verziert. Unter dem Tafelgeschirr findet man aber auch qualitätsvollere, rot gebrannte und bemalte Exemplare. Einige der Gefaße bekamen eine glasierte Oberfläche. Die Verpackungskeramik (Amphoren und Pithoi) ist den GeHißen dieses Typs gleich, die vielfach auch an anderen Lokalitäten dieser Zeit gefunden wurden.

23. J. Wemer, ByzanJinisches Trachtzubehör des 6. Jahrhunderts aus Heraclea Lyncestis und CariCin Grad, in Starinar, 40-41 1989-1990, Beograd, 1991, S. 276-277; vgl. hierzu auch E. Maneva, Heraclea in the Early Christianity (Mazedonisch mit einer kurzen englischen Zusammenfassung), in Kulturno nasledstvo, 16, 1989, Skopje, 1993, S. 23, Abb. 29. Hier wird auch eine kloisonnierte Scheibenfibel erwähnt.

· 24. Die Keramik aus Bregovina wurde von Fr!. Tatjana Cvjeticanin, Kustos des Nationalmuseums in Bclgrad, bearbeitet.

Fast das ganze keramische Material des 6. Jh. stammt aus der Produktion von lokalen Handwerkern. Eine Ausnahme wurde bei den Amphoren festgestellt, da ein hier anwesender Typ aus dem Schwarzmeergebiet importiert wurde. Ebenso gehört eine Schüssel dem im Mittelmeergebiet vertretenen spätrömischen Typ "C" an. Die große Mehrzahl der Fragmente stammt aber von Töpfen verschiedener Profilation.

Insgesamt betrachtet unterstützen die Kernmikfunde voo Bregovina die von Lj. Bjelajac aufgestellte These über die Existenz von zwei friihbyzantinischen Keramikgruppen auf dem Territorium des heutigen Serbiens im 6. Jh. Die eine Gruppe wäre am Donaulimes und, wie die Autorio vermutet., in Nordserbien vertreten, die andere in Südserbi~. Drui Material aus Bregovina würde nach dieser Unterteilung der zweiten Gruppe angehören (weniger Verpackungskeramik, andere Hcrstellungsqualität, Anwesenheit von Importstücken aus dem Mittelmeergebiet), wie es auch der Fall mit der Keramik von Cari~in Grad und der Keramik aus den kleineren frühbyzantinischen Befestigungen in Süd­westserbien ist. Es ist zu bemerken, daß in Bregovina neben Keramikgefaßfragmenten auch Glasgefaßfragmente gefunden worden sind.

Verschiedene Gewichte (Abb. 27 b-c) und Werkzeuge (Abb. 27 d-f; Abb. 28 a-e) gehören zu einer anderen Fundgruppe. Es wurden Sichel (Abb. 27 e), Sensen (Abb. 27 d), Schaber, eiserne Nadeln, Schleifsteine und andere Werkzeuge in den typischen Formen evidentiert Es sei hier auch das eiserne zylindrische Schloß erwähnt. daß beim Objekt6 gefunden wurde.

Die relativ zahlreichen Waffenfunde indizieren die Anwesenheit einer Militärbesatzung in Bregovina (Abb. 29-30). Sie sind durch Lamellenpanzerfragmente {Abb. 29 a-b), Pfeil- und Lanzenspitzen (Abb. 29 c-g; Abb. 30 a­e) und einem Umbo vertreten (Abb. 30 t). In der Nähe des Umbo wurde auch ein Griff aus Metall gefunden, der nicht näher beschrieben wird. Interessant ist, daß nicht zwei Pfeilspitzen gefunden wurden, die zum gleichen Typ gehören. Es sei auf den Pfeil mit der umgebogenen Spitze verwiesen (Abb. 29 d), wohl einst von den Angreifern gegen die Besatzung der byzantinischen Befestigung abgeschoBen. Die Lamellenplättchen haben vielleicht zur Panzerung (Klibanion in späteren Quellen) eines Reiters gehört26•

Ähnliche Lamellenplättchen, von mehreren Panzern stammend, fand man in Viminaciwn, wobei zwei Anhäufungen von Plättchen in einer Werkstatt geborgen wurden27• Indikativ ist., daß die Waffenfunde aus Bregovina hauptsächlich aus dem Areal entlang der nördlichen Abwehrmauer stammen.

25. Lj. Bjelajac, La ceramique eJ les lampes, in CariCin Grad ll, Belgrade-Rome, 1990, S. 185-186.

26. Vgl. hierzu T. G. Kolias, Byzantinische Waffen. Ein Beilrag zur byzantinischen W affenkwule von den Anfängen bis zur laleinischen Eroberung, Wien, 1988, S. 4449. Im Grabungs­tagebuch werden Teile von einer Pferdeausrüstung im Schutt der nordwestlichen Abwehrmauer der Innenstadt erwähnt

27. M. Popovic, Svelinja- Contribution to the Sludy ofThe Early Byzanline Viminacium, in Starinar, 38, 1987, Beograd (1988), S. 28-30 und Abb. 22-23 (Serbisch mit einglischer Zusammen­fassung), mit Analogien und weiterführender Literatur.

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29 Abb. 26-29. - Kle infunde aus Bregovina.

Abb. 30. - Kleinfunde aus Bregovina (Waffen).

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30 Abb. 31-32.- Keramikfunde aus Bregovina.

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DIE BYZANTINISCHE FESTUNG VON BREGOVINA (SÜDSERBIEN) 225

Zusammenfassend kann man auf Grund der bisherigen Forschungsresuhate annchmenen, daß die" Lokalität in Bregovina eine neugegründete befestigte Siedlung des 6. Jh. darstellt Funde, die frühere Siedlungsphasen auf der Lokaliläl sicher bezeugen würden, sind nicht gemacht worden, obwohl in der Dokumentation von Spolien in der Kirche und von einem "römischen" Ziegelslein (zum Untetschied vom anderen, der als "frühbyzantinisch" beschrieben wird) im Objekt 6 die Rede ist Es muß sich auch die Frage nach der Herktmft des Schuttt'S stellen, mit dem die Grundlage für die Basilika nivelliert wurde. Er kann zwar a1s Abfall auch vom Bau der Basilika stammen. Anhand von bisherigen Resultaten scheint es dennoch angebmcht. <IM Werden, die kurre Lebensdauer und das Ende dieser Befestigung im Zusammenhang mit jenen Ereignissen zu belnlChten, die wesentlich~ Einfluß auch auf Cari~in Grad hau.en. Die Brandspuren und die Waffenfunde entlang der Abwehrmau~ lassen ein gewallc;ames Ende der Anlage vermuten. In der Literatur wurde schon die Vennutung geäußcn, daß Bregovir.a zusammen mit C30Cin Grad zum selbcn Befestigungs:;ystem gchört28• Dafür scheinen durch dje Nähe der Anlagen gewisse Anhaltspünkte gegeben zu sein, aber wir sollten nur mit äußerster Vorsicht über Befestigungssysteme dieser Zeit im Illyricum urteilen29• Es scheint von Nutzen zu sein, hier auf die nahegelegenen Überreste noch einer Befestigung auf der Lokalität M arino Kaie zu weisen, die sich auf einem steilen Plateau über dem Fluß südöstlich des Dorfes Bregovina befinden. Sie wurden 1960 von den in Bregovina arbeitenden Ar­chäologen besucht, die Spuren von einer Abwehrmauer und Gebäuden vorfanden. Nach den plattenartigen Ziegelsteinen, die hier gefunden worden sind, könnte diese Befestigung gleichzeitig mit derjenigen in Bregovina sein.

Die Festung in Bregovina ist durch solide Forti­fikationselemente gekennzeichnet, die bei der - im Ver­gleich mit den meisten bekannten frühbyzantinischen Befestigungen im Hinterland des moesischen Limes -auffallend leicht zugänglichen Lage den nötigen Schutz zu bieten hatten. Der unregelmäßige hexagonale Grundriß der inneren Verteidigungslinie ist nicht völlig ohne ParaleiJen in Serbien. Nach der Skizze von F. Kanitz hatte der innere Teil der frühbyzantinischen Festung auf der Jelica bei Catak einen ähnlichen Grundriß, der jedoch soweit durch die Ausgrabungen nicht bestätigt wurde10. Die viel näher gelegene Befestigung auf dem Gla~in~ko Kaie bei 2itoradja wurde zwischen den beiden Weilkriegen von Adam O~ic von Slavetic besucht und skizziert - der Festungsplan ähnelt dem dc~ Fortifikation in Bregovina31•

Es ist schon bemerkt worden, daß die Basilika eine besondere Stellung innerhalb dieser Festung eingenommen hat. Die organische Verbundenheit der Kirche mit den

28. S. M. Ncnadovic, ebd.; R. F. Hoddinou. ebd.; das wurde auch vor Beginn der Ausgrabungen angenommen: Grabungstagebuch vom 11.09.1957.

29. Vgl. M. Milinkovic, Die Gradina auf dem Jelica ·Gebirge und die frühbyzanJinischen Befestigungen in der Umgebung von taeak, Wes/serbien, in diesem Band.

30. Vgl. F.Kanitz, op. cit., S. 144; M. Mi\inkovic, op. eil. 31. A.Odic-Slavetic, Beldu sa putovanja, in Starinar, I 0-11,

Beograd, 1935-1936, S. 171 -172, Abb. 2.

Wehrmauem steht hier als Beispiel eines rationalen Geistes des byzantinischen Baumeisters. Ohne Analogien aufdrängen zu wollen, ftihren wir vergleichbar gestellte Kirchen in den Befestigwtgcn von Belkovica in Bulgarien Wld Gradac u I...epcnici in Bosnien ann. Es siOO Beispiele. die eine ähnlich aufgefaßt.e Raumkonzeption auch an anderen Orten bezeugen.

Die nicht allzu luxuriös ausgestau.ete Kirche können wir ohne weiteres in die Gruppe der sogenannten hellenistischen Basiliken einreihen. Die Varianten dieses TYPs sind schon lange in den Grundrissen der Kirchen in Cari5n Grad erkannt worden.

Abgesehen vom Areal in der unmittelbaren Nähe der Basilika scheint das Innere der Festung, soweit man an den wenigen untersuchten Objekten urteilen kann, zu gutem Teil mit aus schlichten Trockenmauem errichteten Häusern überbaut gewesen zu sein. Zusammen mit diesen Wohnstätten sind die Funde vergesellschaftet, die uns ein Bild über die Lebensumstände in der Siedlung vennitteln. Die gefundenen Werkzeuge und Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs (z.B. Viehglocken - Abb. 27 a) sprechen über landwirtschaftliche Tätigkeit, über Viehzucht, aberauch über handwerkliche Holzbearbeitung (z.B. Abb. 28 e). Im Ganzen betrachtet, finden wir auch hier die Spuren eines Ruralisationsprozesses wieder, die auch ansonsten im nördlichen Illyricum des ausgehenden 6. Jh. bezeugt sind33• In diesem Zusammenhang erscheint die Deutung der hier gefundenen Inschriftenfragmente, wie sie V. Popovic vorschlägt, interessant. Die in der Kirche von Bregovina zitierten Psalmen unterstreichen die im Alten Testament ansonsten vertretene monarchische Idee, wobei Gou den Erlesenen aus dem Elend zu sich her­vorhebt und zum Prinzen macht - genau wie es das Schicksal mit lustin und lustinian wollte, die aus diesen Gebieten abstammten. So schließt Popovic mit viel Reserve die Möglichkeit nicht aus, in den Überresten auf der Lokalität "Kaie" im Dorfe Bregovina die Ruinen von Taurision, der Geburtsstätte Iustinians, zu sehenl4. Dies wäre allerdings in Einklang mit Prokop's Nachricht zu bringen, wonach Iust..inian sein Geburtsdorf mit einer Vierecksmauer umgab, an deren jeder Ecke ein Tunn stand. So wurde das Dorf zu einer "Viertürmestadt" (Tetrapyrgion)35• Insofern Prokop's Beschreibung von Taurision in dieser Form bedenklos als relevant anzunehmen ist, wurde sie von den bisherigen Ausgra­bungen nicht bestätigt.

Archäologisches Institut, Beograd

32. D. Mitova-Dlonova, Archiiowgische und schriftliche Angaben über das AsylrechJ in der frühchristlichen und millefalterliehen Kirche (JJ.jf dem Terrilorium des heuzigen Bulgarien, in Alaen des X !nJernaJionalen Kongresses für Christliche Archäologie. Thessaloniki 1980 (1984), S. 340-343, Abb.l wtd 3; V. Skaric, Altertümer von Gradoc in der Lepenica (Bosnien), in Glasnik zemaljslwg muzeja ., Bosni i 1/ercegovini, 14, Sarajevo, 1932, S. 8-20, Abb. 4.

33. Siehe hierzu V. Popovic, DesinJegration und Rwalisation der Stadt im Ost-Jllyricum vom 5. bis 7. Jahrhundert n. Chr., in Palast und 1/ütte. Beiträge zum Bauen und Wohnen im Ahertum, Main7 .. 1982, S. 545-566.

34. V. Popovic, in Starinar, 40- 41, 1989-1990, S. 290. 35. Prokop, Die Bawen, ed. 0 . V eh, München 1977,5.174-175.