Neue staatlich geförderte Tourismusprojekte in Marokko und Tunesien und ihre Rolle für die...

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Manuskript für Beitrag in: Popp, Herbert (Hrsg.): Lokale Akteure im Tourismus der Maghrebländer. Resultate der Forschungen im bayerischen Forschungsverbund FORAREA 1996-1998. Passau 1999, S. 91–114 (= Maghreb-Studien, 12)

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Manuskript für Beitrag in:

Popp, Herbert (Hrsg.):

Lokale Akteure im Tourismus der Maghrebländer.

Resultate der Forschungen im bayerischen Forschungsverbund FORAREA 1996-1998.

Passau 1999, S. 91–114 (= Maghreb-Studien, 12)

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Neue staatlich geförderte Tourismusprojektein Marokko und Tunesien und ihre Rolle für diewirtschaftliche Entwicklung peripherer Räume

Andreas Kagermeier

Technische Universität München

0 Einleitung Vor dem Hintergrund der in der Vergangenheit stetigzunehmenden touristischen Nachfrage wird in Marokkound Tunesien seit Mitte der 80er Jahre versucht, die tou-ristische Erschließung auch für die Regionalentwicklungvon Peripherregionen zu instrumentalisieren. Durch denAusbau der touristischen Infrastruktur in Regionen mitgeringen anderen ökonomischen Potentialen soll ein Bei-trag dazu geleistet werden, die zentral-peripheren Ent-wicklungsgefälle zu reduzieren. Klassisches Beispiel hier-für ist Mexiko, wo bereits Mitte der 70er Jahre ein Pro-gramm zum Ausbau von neuen Tourismusdestinationenmit diesem Ziel aufgelegt wurde. Dabei handelte es sichnicht nur um eine staatlich formulierte Zielvorstellung,sondern es wurden auch in erheblichem Umfang staatli-che Vorleistungen erbracht und eine zentrale Stelle zurPlanung, Durchführung und Evaluierung der Erschlie-ßungsprojekte geschaffen (vgl. SPEHS 1990; VORLAUFER

1996a) . Hintergrund dieser staatlichen Handlungsstrategien istder Polarization-Reversal-Ansatz, der davon ausgeht, dassder Prozeß der Polarisierungsumkehr durch staatlichesHandeln beschleunigt werden kann, um ein regional aus-geglicheneres Wachstum zu erreichen. Die beiden Länderbieten hierfür relativ günstige Bedingungen, da – im Ge-gensatz z.B. zu karibischen Inselstaaten – aufgrund dervorhandenen diversifizierten Gewerbe- und Industrie-struktur ein erheblicher Teil der aus dem Tourismus resul-tierenden Kapitalzuflüsse im Land verbleibt und damit füreine wirtschaftliche Entwicklung wirksam werden kann. In Tunesien wurde neben dem Ausbau des Wüstentou-rismus im Raum Touzeur mit dem neuen Tourismus-Großprojekt Tabarka im Nordwesten des Landes ver-sucht, einen Komplex zu entwickeln, der von der Dimen-sion mit den bisher vorhandenen touristischen Badetouris-musschwerpunkten vergleichbar ist. Im Rahmen der Di-versifizierung des tunesischen Tourismusangebotes soll-ten mit Tabarka gleichzeitig neue Zielgruppen angespro-chen werden, wobei vor allem intendiert war, sich vomKlischee des preiswerten tunesischen Massentourismusabzusetzen und ein hochwertiges Nachfragesegment an-zusprechen. Zur Saisonverlängerung war vorgesehen, -neben dem Badetourismus andere Formen wie Golf-,Jagd- und Wandertourismus auszubauen (Societéd´Aménagement et de Développement Touristique deTabarka o.J.; Office national du Tourisme tunisien 1979).

In Marokko betrifft der unter regionalentwicklungspoli-tischen Gesichtspunkten betriebene Ausbau des Touris-mus vor allem den präsaharischen Süden des Landes,wobei die Region Ouarzazate den zentralen Teil der zuentwickelnden Tourismusregion darstellt. Zum großenTeil handelt es sich darum, die bereits vorhandenenStandorte des Rundreisetourismus zu Destinationen miteiner eigenständigen Anziehungskraft zu entwickeln(Steigenberger Consulting et al. 1975, Royaume du Ma-roc 1977).In beiden Fällen wurde die touristische Erschließung vonstaatlicher Seite explizit unter dem Aspekt der räumlichenDezentralisierung touristischer Erschließung und der wirt-schaftlichen Entwicklung von Peripherregionen begon-nen. Anhand der als Beispielprojekte gewählten StandorteOuarzazate und Tabarka wird der Frage nachgegangenwerden, welche regionalökonomischen Effekte sich etwa10 Jahre nach dem Start der jeweiligen Tourismusprojektefeststellen lassen. Von staatlicher Seite wurde in beidenFällen neben der Vorgabe von mengenmäßigen Ausbau-zielen für die Beherbergungsinfrastruktur das Sekundär-ziel der wirtschaftlichen Entwicklung von Peripherregio-nen weder quantitativ noch qualitativ genauer operationa-lisiert. Für eine ex-post-Wirkungsanalyse sind damit keinevorgegebenen Parameter vorhanden, anhand derer sichein Zielerreichungsgrad für festgestellte direkte oder indi-rekte wirtschaftliche Wirkungen festmachen läßt.

1 Grundzüge der Tourismuspolitikund der Nachfrageentwicklung inTunesien und Marokko

Wie viele andere Staaten der Dritten Welt haben auchdie beiden 1956 unabhängig gewordenen Staaten Tune-sien und Marokko entsprechend dem damalsvorherrschenden modernisierungstheoretischen Paradig-ma den Tourismus als Instrument gesehen, eine an denwestlichen Industrieländern orientierte nachholende Ent-wicklung zu erreichen. In den ersten Jahren hat die staatli-che Seite in beiden Ländern in erheblichem Maß auchdirekt in die Beherbergungsinfrastruktur investiert. Seitden 70er Jahren beschränkt sich das staatliche Engage-ment vor allem auf die Bereitstellung der öffentlichenInfrastruktur und die Gewährung von Investitionshilfen.

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Abbildung 1 Räumliche Verteilung der Beherbergungskapzitäten in Marokko und Tunesien 1996

Quelle: Annuaire Statistique du Maroc und Le tourisme tunisien en chiffres (versch. Jahrgänge); Popp 1993

1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 19950

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TunesienMarokko

Abbildung 2: Entwicklung der Einreisen von Ausländern nachMarokko und Tunesien zwischen 1960 und 1996

Dabei konzentrierte sich die staatlich geförderte touristi-sche Erschließung in Tunesien vor allem auf den Bade-tourismus. Entlang der Küste wurden ursprünglich fünftouristische Erschließungszonen festgelegt (Bizerte,Tunis-Banlieue, Hammamet/Nabeul, Sousse/Monastirund Jerba/Zarzis) und die privaten Investitionen auchdurch die dort gewährten weitgehenden Steuerbefreiun-gen und zinsgünstige Kredite in diese – inzwischen umeinige zusätzliche Gebiete (Touzeur, Tabarka, Monastir)ergänzten – Entwicklungszonen gelenkt. Die touristischeErschließung Tunesiens zeichnete sich damit lange Zeitdurch eine starke räumliche Konzentration auf wenigeStandorte und eine starke Ausrichtung auf den Badetou-rismus aus. Dies wird bei der Darstellung der räumlichenVerteilung der Bettenkapazität in Abbildung 1 deutlich. Demgegenüber wurde vom marokkanischen Staat nebendem Badetourismus als zweites Standbein immer auch derRundreisetourismus berücksichtigt. Die staatlichen Investi-tionen in die Hotelinfrastruktur erfolgten dementsprechendauch im Binnenland, in Gebieten mit Angebotslücken. DerAusbau touristischer Basisinfrastruktur (zu denen z.B. auchHotelfachschulen zählen) streut in Marokko gleichfallsräumlich sehr viel weiter als in Tunesien. Entsprechend dem Ausbau der touristischen Infrastrukturist in beiden Maghrebstaaten in den letzten 30 Jahren einerheblicher Anstieg der Touristenzahlen zu verzeichnengewesen. Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Einreise-zahlen von Ausländern für Tunesien und Marokko. Beweg-ten sich die Einreisezahlen Mitte der 60er Jahre noch zwi-schen 200.000 bis 400.000 Personen pro Jahr, wurden Mitteder 70er Jahre in beiden Ländern bereits etwa

1 Million Einreisen registriert. Ende der 80er Jahre lagen dieWerte in der Größenordnung von 2 Millionen Einreisen. Dieses einheitliche Bild einer kontinuierlichen und rela-tiv gleichmäßigen Zunahme wird seit Ende der 80er Jahrevon stärkeren Ausschlägen der Einreisezahlen abgelöst.Diese Oszillationen sind allerdings weniger durchSchwankungen der europäischen Nachfrage bedingt, son-dern es handelt sich vor allem um Oszilationen der Ein-reisen aus den Nachbarländern (Algerien und Libyen). Soist seit dem 1988 verhängten Luftverkehrsembargo gegen-über Libyen eine Einreise nur noch via Tunesien möglich.Wie aus Abbildung 3 deutlich wird, sind die Einreisenna c h T u n e s i e n a u s L i b y e n i n d i e s e m J a h r

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Abbildung 5Schema des Polarzation-Reversal-Prozesses imVerlauf der urban-industriellen Entwicklung von Staaten

Quelle: Le tourisme tunisien en chiffres (div. Jahrgänge

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Abbildung 3Entwicklung der Einreisen aus Europa und denMaghrebländern nach Tunesien

Quelle: )Annuaire Statistique du Maroc (div. Jahrgänge)

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EuropaMaghreb

Abbildung 4Entwicklung der Einreisen aus Europa und denMaghrebländern nach Marokko

sprunghaft angestiegen. Darüber hinaus ist aufgrund desinternationalen Warenembargos gegenüber Libyen auchein reger kleiner Grenzverkehr zum Warenaustausch zwi-schen beiden Ländern entstanden. Die Ende der 80er Jahre stark angestiegenen Einreisenaus Algerien nach Marokko (vgl. Abb. 4) sind seit derSchließung der Grenzen Mitte der 90er Jahre wieder un-terbunden worden. In beiden Fällen handelt es sich zumgroßen Teil nicht um touristisch motivierte Grenzüber-tritte. Die europäische Nachfrage ist – sieht man einmalvom Golfkriegsjahr 1991 ab – in den letzten Jahren relativstabil bzw. kontinuierlich steigend gewesen. Und auch dieRückgänge im Golfkriegsjahr 1991 sind in beiden Fällenim darauffolgenden Jahr im wesentlichen wieder ausge-glichen worden.

2 Touristische Projekte als Instru-ment der Regionalentwicklung

Wie in vielen Staaten, die in historischer Zeit unter demEinfluß europäischer Mächte gestanden hatten, ist auch inMarokko und Tunesien eine starke Polarisierung derräumlichen Entwicklung vorhanden gewesen, die in star-kem Maß auf die kolonialzeitlichen Einflüsse zurückzu-führen ist. RICHARDSON (1980) hat die Hypothese aufge-stellt, dass eine solche Phase der Polarisierung eine nor-male Zwischenstufe im Verlauf der wirtschaftlichen Ent-

industriellen Gesellschaft darstellt (vgl. Abb. 5). Aller-dings sei es möglich, die Polarisierungsumkehr durchstaatliches Handeln zu beschleunigen, d.h. intra- und in-terregionale Dezentralisationen vorzeitig zu initiieren. Entsprechend dieser Annahme wurden in beiden Staatenzur Förderung der Polarisierungsumkehr eine Vielzahlvon unterschiedlichen Maßnahmenbündeln unternommen.Zu diesen gehören klassische Maßnahmen wie staatlicheIndustrialisierungsprojekte, der Ausbau der Infrastruktur,regional differenzierte steuerliche Vergünstigungen fürprivate Investitionen, aber auch mehr indirekt wirkendeMaßnahmen wie der Ausbau der Verwaltung und die ad-ministrative Aufwertung vieler Klein- und Mittelstädte, -die ebenfalls in diesem Kontext zu sehen sind (vgl. KA-GERMEIER 1990). Ziel all dieser Maßnahmen war, wirt-schaftliche Impulse auf der Basis der vorhandenen Poten-tiale zu vermitteln. In einigen Regionen, in denen dieMöglichkeiten zur Förderung der Industrialisierung oderder Erweiterung der landwirtschaftlichen Basis sehr be-grenzt sind, wurden demgegenüber große Potentiale füreine touristische Entwicklung gesehen (Royaume du Ma-roc 1977). Dies betraf in beiden Ländern den präsahari-schen Süden des Landes und einige noch nicht touristischerschlossene mediterrane Küstenabschnitte. Die Förderung eines Wirtschaftssektor in einer Peripher-region zielt dabei nicht nur auf die damit verbundenen di-rekten Effekte ab. Entsprechend den Annahmen von PER-ROUX (1955) sollen die initiierten Projekte über die Aus-bildung von forward- und backward-linkage-Effekten alsWachstumspole fungieren und durch diese indirekten Aus-

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Abbildung 6Schema der Ausbildung von Linkage Effekten beider touristischen Erschließung von Peripherregionen

wirkungen die Effizienz der eingesetzten Mittel noch erhö-hen. Allerdings haben sich die erhofften linkage-Effekte beider staatlichen Industrialisierungspolitik zumindest in Marok-ko nur in begrenztem Umfang eingestellt (vgl. ESCALLIER

1982). Wie in anderen mediterranen Ländern sind teilweise„Kathedralen in der Wüste“ (ROTHER 1982, S. 159; vgl.auch HOPFINGER 1982) entstanden, für die sich aufgrund desEntwicklungsstandes im Umland kaum Anknüpfungspunkteergaben, d.h. die Implantation von hochkomplexen Produk-tionsanlagen überforderte die lokalen Akteure und gab ihnennur in geringem Umfang die Möglichkeit, an die gebotenenVerflechtungspotentiale anzuknüpfen. Auch bei der Initiierung von Tourismusprojekten ist zuvermuten, dass sich in einer Anfangsphase regionalwirt-schaftliche Verflechtungen nur partiell ausbilden. VOR-LAUFER (1996b; vgl. Abbildung 6) geht davon aus, dassbei der Schaffung eines touristischen Entwicklungspro-jektes zunächst noch die wirtschaftliche Kernregion desLandes profitiert, bzw. – je nach Entwicklungsstand derjeweiligen Volkswirtschaft – auch Verflechtungsbezie-hungen mit dem Ausland in größerem Umfang ausge-bildet werden. Hintergrund hierfür ist die Tatsache, dassdie Regionalökonomie in Peripherregionen häufig nichtausreichend mit den für einen Aufbau von Verflechtungs-beziehungen benötigten Faktoren (Kapital, Know-how,Produktionskapazitäten) ausgestattet ist. Allerdings sinddie Anknüpfungsmöglichkeiten bei Tourismusprojektenprinzipiell günstiger einzustufen als bei Industrialisie-rungsprojekten, da die Schwellen hinsichtlich benötigtemKapital und Know-how im allgemeinen niedriger liegen. Nachdem auch bei touristischen Erschließungsprojektenzumindest in der Anfangsphase ein erheblicher Teil derentstehenden Verflechtungsbeziehungen auf die wirt-schaftlichen Kerngebieten des jeweiligen Landes ausge-richtet sind, nimmt VORLAUFER an, dass in späteren(Reife-) Phasen die externen Verflechtungen sukkzessivedurch regionsinterne Beziehungen substituiert werden(vgl. Abb. 6). Zur Bewertung touristischer Erschließungsprojekte sinddemnach zwei Aspekte zu berücksichtigen: 1) in welchem Maß die Projekte aus betriebswirtschaftli-

cher Sicht insgesamt als rentabel und gelungen an-zusehen sind und

2) in welchem Maß die Projekte regionalwirtschaftlicheVerflechtungen ausgebildet haben, bzw. Anknüpf-ungspunkte für regionale Aktivitäten vorhanden undAnsätze der Beteiligung lokaler und regionaler Akteu-re erkennbar sind.

Für die Gesamtevaluierung ist die Summe aus beidenBereichen zu berücksichtigen. Ein wirtschaftlich florie-rendes Projekt, dessen Aufbau und Funktionieren aus-schließlich über Zuflüsse von Kapital, Material und Ar-beitskraft aus anderen Räumen gewährleistet wird, undaus dem folglich die erwirtschafteten Werte in hohemMaß wieder in die Quellgebiete zurückfließen, ist zwarrein betriebswirtschaftlich gesehen positiv zu bewerten,aus dem Blickwinkel der Peripherregion (und auch desGesamtstaates) aber als suboptimal einzustufen. Umge-kehrt besitzt ein Projekt, dass ausschließlich aus regiona-

len Initiativen gespeist wird, aber insgesamt gesehen einrelativ geringes Volumen aufweist, zwar einen hohenGrad der regionalökonomischen Einbindung, ist aberaufgrund des geringen Gesamtumfangs ebenfalls als nichtoptimal anzusehen.

3 Die touristische Erschließung derRegion Ouarzazate

Mit dem Ziel des Ausbaus und der Diversifizierung destouristischen Angebots in Marokko ist bereits 1975 imMaster-Plan (Steigenberger Consulting et al. 1975,S. 69f) die Weiterentwicklung der im Rahmen des klassi-schen Rundreisetourismus schon vorhandenen touristi-schen Ansätze im präsaharischen Süden als Strategievorgeschlagen worden. Eine 1977/78 vorgelegten Studieüberprüfte diese Vorschläge auf ihre Durchführbarkeitund konkretisierte sie (Royaume du Maroc 1977). Al-lerdings erfolgte die Operationalisierung des Ziels dertouristischen Erschließung nur durch die Festlegung vonmengenmäßigen Ausbauzielen für die Beherbergungs-infrastruktur (Royaume du Maroc 1979). Aufgrund derAusbauziele für die Beherbergungseinrichtungen sinddaraus – unter Anwendung Erfahrungswerten – lediglichdirekte und indirekte Beschäftigungswirkungen rechne-risch abgeleitet worden. In welcher Weise die touristischeErschließung regionalwirtschaftliche Impulse setzensollte, bzw. welche Art von „Entwicklung“ für diesePeripherregion damit induziert werden sollte, ist nichtgenauer definiert worden.

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Quelle: Unterlagen der Provinzverwaltung

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HotelsBetten

Abbildung 7Entwicklung der Beherbergungskapazitäten inOuarzazate

Die in den 70er Jahren festgelegte Tourismusregion des„Großen Südens“ umfaßt die Provinzen Ouarzazate undEr Rachidia. Bei der Abschätzung der touristischen Ent-wicklungspotentiale in den 70er Jahren waren es vor al-lem die kulturhistorischen und naturlandschaftlichen Ele-mente des „Großen Südens“, die als Attraktoren für dietouristische Entwicklung fungieren sollten. Dabei wurdezum einen auf eine mengenmäßige Ausweitung des Rund-reisetourismus mit durchschnittlich ein bis zwei TagenAufenthaltsdauer an den einzelnen Standorten abgezielt,wie er bereits seit der Protektoratszeit in der Region vor-handen war, Darüber hinaus sollten auch längere Auf-enthalte an einem Standort sowie mehrtägige Exkursionenzu Fuß oder mit Maultieren in den Ausläufern des HohenAtlas initiiert werden (Royaume du Maroc 1979, S. 11ff). In den folgenden Jahren haben sich die Erschließungs-maßnahmen in starkem Maß auf die Provinz Ouarzazateund dort vor allem auf die Provinzhauptstadt konzentriert.So waren Ende 1995 in der Provinz Ouarzazate 5.242 unddemgegenüber in der Provinz Er Rachidia nur 1.084 Bet-ten in klassifizierten Hotels vorhanden (Royaume du Ma-roc 1997). Innerhalb der Provinz Ouarzazate entfielen fastzwei Drittel (3.316) auf die Stadt Ouarzazate selbst. DerGebirgstourismus wurde bis Ende der 80er Jahre kaumentwickelt und hat erst zu Beginn der 90er Jahre einenmerklichen Aufschwung erlebt (vgl. den Beitrag vonPOPP in diesem Band). Die Stadt Ouarzazate nimmt insofern eine zentrale Posi-tion unter den Etappenstandorten südlich des Hohen Atlasein, als sich hier zum einen die West-Ost-Route mit einerder wichtigen Nord-Süd-Routen kreuzt, so dass Ouarza-zate von fast allen Rundreisetouristen zumindest durch-fahren wird. In der Stadt selbst liegt eine der bedeutenstenKasbas des marokkanischen Südens und in der Nähe dermalerische Ksar Aït Ben Haddou, der ebenfalls von denmeisten Rundereisetouristen aufgesucht wird. Die zen-trale Lage verschafft Ouarzazate insofern eine heraus-gehobene Position, als von hier aus mehrere wichtigeAnlaufpunkte touristischer Routen südlich des HohenAtlas anzusteuern sind, und damit häufig mehr als nureine einzige Übernachtung pro Aufenthalt anfällt. Auf-bauend auf diesem Potential sollte versucht werden, denStandort auch für längere Aufenthalte im Rahmen einesErholungstourismus auszubauen, wobei die Ausflüge indie Umgebung in längere Aufenthalte vor Ort eingebun-den werden sollten. Vorbild für diese Art des Urlaubs warder 1968 in Ouarzazate eröffnete Club Med, der erfolg-reich mit einem umfangreichen Animations- und Exkurs-ionsprogramm wochenfüllende Aufenthalte anbietet. Die ursprünglich als französische Garnison gegründeteStadt Ouarzazate ist auch heute noch stark von der mi-litärischen und der administrativen Funktion geprägt. Dieentsprechenden Flächen prägen das Stadtbild dement-sprechend stark (vgl. Abb. 10). Mit 39.203 Einwohnernbei der letzten Volkszählung 1994 ist Ouarzazate nachEr Rachidia die zweitgrößte Stadt im präsaharischen Be-reich südlich des Hohen Atlas. Wie in vielen StädtenMarokkos ist der industrielle Sektor nur rudimentär aus-gebildet, so dass hier nur gut 3 % der arbeitenden Bevöl-kerung tätig ist. Demgegenüber dokumentiert sich die

große Bedeutung des öffentlichen Sektors dadurch, dasssich dort mehr als ein Viertel aller Arbeitsplätze finden. Im Zuge der Festlegung als Schwerpunktort für die tou-ristische Erschließung wurde in den 80er Jahren östlichdes Siedlungskerns eine etwas erhöht über dem Ort aufeinem Plateau gelegene Fläche als Hotelzone ausgewie-sen. Die Hotelzone, in der sich heute alle hochwertigenHotels befinden (vgl. Abb. 10), schließt an an die aus derfranzösischen Protektoratszeit stammende ehemailge Gîted´Ètape und das Gelände des Club Med an. Die ehemali-ge Gîte d´Ètape, die nach der Unabhängigkeit von einerstaatlichen Hotelkette übernommen und erweitert wurde,stellte bis Anfang der 80er Jahre das einzige hochwertigeHotel in Ouarzazate für den klassichen Rundreisetouris-mus dar. Den Mittelpunkt der staatlichen Bemühungen zum Aus-bau von Ouarzazate als neuem Tourismusschwerpunktbildete die Gewinnung privater Investoren zum Ausbauder Hotelinfrastruktur in dieser Hotelzone. Die staatlichenVorleistungen betrafen neben der Erschließung der ent-sprechenden Flächen und die Gewährung von steuerli-chen Vorteilen und zinsgünstigen Krediten vor allem aufdie Einrichtung einer Hotelfachschule, den Ausbau derVersorgungsinfrastruktur von Strom, Wasser und Straßensowie der Einrichtung eines zivilen Abfertigungsgebäudesauf einem vorher rein militärisch genutzten Flughafen.Auch wenn zur Aufschließung und Aufbereitung der tou-ristischen Potentiale einige Maßnahmen (z.T. mit inter-nationaler Unterstützung wie in Aït Ben Haddou; vgl. z.B.AÏT HAMZA 1992) durchgeführt wurden, sind in diesemBereich bislang keine umfassenden Aktivitäten vorhan-den.

Das Ziel der Ausweitung der Beherbergungskapazitätenist im wesentlichen erfüllt worden, wie in Abbildung 7deutlich wird. In den Jahren zwischen 1984 und 1995 hatsich die Zahl der klassifizierten Hotels von 9 auf 30 er-höht. Die Zahl der Betten wurde im gleichen Zeitraumfast verfünffacht, d.h. die Beherbergungskapazität erfuhreinen erheblichen Ausbau. Damit sind selbst die im Maxi-malszenario Ende der 70er Jahre aufgestellten Ausbauzie-le um mehr als 100 % überschritten worden (Royaume duMaroc 1979, Annexe 4). Die Ausweitung der

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Quelle: Unterlagen der Provinzverwaltung (N=3.316)

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Abbildung 8Zahl der Betten nach Hotelklassifikationen inOuarzazate

Quelle: Unterlagen der Provinzverwaltung

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Abbildung 9Monatliche Auslastung der Hotels in Ouarzazate1996

Übernachtungskapazitäten an hochwertigen Hotels istdabei ausschließlich von regionsexternen nationalen In-vestoren getragen worden. Damit beschränkt sich derregionalwirtschaftliche Effekt in der Region zum großenTeil auf die Beschäftigungswirkung in der Bauphase unddie direkt in den Hotels Beschäftigten. Allerdings wurden vor allem Hotels geschaffen, die aufeinen luxusorientierten hochwertigen Tourismus abzielen,wie die Differenzierung der Bettenkapazitäten nach denHotelklassifikationen im Jahr 1996 für die Stadt Ouar-zazate zeigt (vgl. Abb. 8). Von den 3.316 Betten entfallenüber 80 % auf Luxushotels der gehobenen Preisklasse (4-und 5-Sterne Hotels). Im Mittelklassebereich, d.h. bei den3-Sterne-Hotels, den diesen hinsichtlich des Niveaus ent-sprechenden Feriendorfanlagen (V.V.T.=villages de va-cances touristiques) und den 2-Sterne-Hotels gibt es nurjeweils eine Einrichtung. Erst bei den einfacheren 1-Sterne-Hotels und den (in der Graphik nicht dargestellten)unklassifizierten Hotels sind wieder etwas größere Kapa-zitäten vorhanden. Auch aufgrund des hohen Niveaus derHotels waren in Ouarzazate in den klassifizierten Hotels1996 lediglich 7 % der Gäste Marokkaner. Der Ausbau der Hotelinfrastruktur ist allerdings nichtvon einer entsprechenden Nachfragesteigerung begleitetgewesen. So hat die Zahl der Touristen in der Region imgleichen Zeitraum nur um 80 % auf knapp 250.000 zu-genommen und die Zahl der Übernachtungen ist um120 % gestiegen. Die Tatsache, dass die Zahl der Über-nachtungen um die Hälfte mehr zugenommen hat als dieZahl der Ankünfte deutet (bei allen berechtigten Zweifelnan der Genauigkeit der Daten), darauf hin, dass das Ziel,die Aufenthaltsdauer zu steigern, nur ansatzweise erreichtworden ist. Während die durchschnittliche Aufenthalts-dauern in den 80er Jahren nur geringfügig über einerÜbernachtung lag, d.h. ist fast ausschließlich von eintägi-gen Durchreiseaufenthalten geprägt war, wurden in Ouar-zazate 1996 im Durchschnitt immerhin 1,74 Nächte ver-bracht (ohne Club Med: 1,66). Während die durchschnittliche Auslastungsquote derHotels in Marokko insgesamt bei etwa 40 % liegt undsich in Agadir sogar auf über 50 % beläuft, betrug sie inder Provinz Ouarzazate 1996 demgegenüber im Jahres-mittel (durchgezogene Linie in Abbildung 9) nur 25 %.

Die Nachfragespitzen werden dabei nach wie vor ein-deutig von der Frühjahrs- und Herbstrundreisesaison ge-prägt, während in den übrigen Monaten eine deutlichgeringere Nachfrage besteht. Als Zwischenergebnis istdamit festzuhalten, dass die staatliche Förderung der tou-ristischen Erschließung zwar zu einem erheblichem Aus-bau der Beherbergungskapazität geführt hat, diese abernicht in gleichem Maß von einer Zunahme der Nachfragebegleitet war. In der Stadt Ouarzazate wurde nordöstlich des Stadtzen-trums etwas erhöht auf einem Plateau gelegen eine Hotel-zone ausgewiesen, in der alle in den letzten Jahren reali-sierten größeren Hotels liegen (vgl. Abb. 10). Dabei istdiese Zone noch nicht einmal zur Hälfte bebaut. Nebeneinigen Investitionsruinen in Ouarzazate sind mehrereParzellen in Ouarzazate zwar schon an private Investorenverkauft, ohne dass diese bereits mit dem Bau begonnenhätten. Für diese Projekte wird die geplante Bettenkapazi-tät mit gut 1.800 weiteren Betten angegeben (Royaume duMaroc 1996a, S. 8). Darüber hinaus sind noch weitereFlächen für Hotels vorgesehen, die sich noch in öffentli-chem Besitz befinden. Insgesamt sind damit Flächen füreine weitere Verdoppelung der Beherbergungskapazität inOuarzazate vorhanden. Anfang der 90er Jahre war sogar einmal eine Projektstu-die entwickelt worden, die bis zum Jahr 2020 einem Zu-wachs um weitere 18.800 Betten vorsah (Royaume du Ma-roc 1993, S. 52). Angesichts der schwachen Nachfrageliegt der Schluß nahe, dass die Ausweisung von Flächenfür den Bau von Hotels durch die öffentliche Hand über diein den 70er Jahren gesteckten Ausbauziele hinaus nichtohne vorherige ausreichende Untersuchungen über denUmfang der potentiellen Nachfrage erfolgen hätten dürfen. Im Zusammenhang mit dem Ausbau von Ouarzazate alstouristischem Schwerpunkt wurde östlich der Stadt andem dortigen Stausee ein Golfplatz angelegt. Unabhängigvon der Frage, ob es ökologisch sinnvoll und verträglichist, in den dort herrschenden semiariden Klimabedingun-gen mit Niederschlägen zwischen 100 und 200 mm proJahr einen Golfplatz anzulegen, ist festzuhalten, dass –mit Ausnahme des Club Med – von den anderen Hotelsder Golfplatz nicht genutzt wird. Während der Club Meddiese Möglichkeit (genauso wie Bootsausflüge auf dem

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Abbildung 10 Flächennutzung in der Stadt Ouarzazate und Lage der befragten Gewerbebetriebe

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Quelle: Unterlagen der Tourismusbehördenvor 8484 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97

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Abbildung 11Entwicklung der Beherbergungskapazitäten inTabarka

Staussee mit Tauch und Fischfangoptionen) fest in seinAnimationsprogramm integriert hat, bieten die anderenHotels ihren Gästen nicht einmal einen Transfer zum Golf-platz, bzw. wird in den meisten Fällen nicht einmal im Ho-tel durch einen Anschlag o.ä. auf diese Einrichtung hinge-wiesen. Insgesamt ist für das Fallbeispiel Ouarzazate damit fest-zuhalten, dass die Ausweitung des Beherbergungsangebo-tes allein keine ausreichende Voraussetzung ist, um eineentsprechende touristische Nachfrag zu induzieren. Nachwie vor ist es nur in begrenztem Umfang gelungen, nebendem traditionellen Rundreisepublik in größerem Umfangauch Touristen anzuziehen, die in der Region Ouarzazateeinen längeren Aufenthalt verbringen. Einer der Gründeist sicherlich darin zu sehen, dass sich die Hotels im we-sentlichen auf die Bereitstellung von Unterkunft und Ver-pflegung beschränken. Das von den Akteuren in der Regi-on nach wie vor als zukunftsträchtig angesehene Konzeptdes Club Med erfordert demgegenüber ein sehr viel um-fassenderes Angebot. So ist der Club Med der einzigeAkteur in der Region, der innovative Ausflugskonzeptefür seine Klientel erschließt und es versteht, die in derRegion vorhandenen Potentiale in Wert zu setzen. Auf dieSchwachpunkte der touristischen Erschließung wird inAbschnitt 7 noch genauer eingegangen.

4 Die touristische Erschließung derRegion Tabarka

Das neu entstandene Tourismuszentrum Tabarka ist alsfast klassischer Badetourismusstandort anzusprechen.Vergleichbar den bereits früher ausgebauten Standortensollte im wirtschaftlich kaum entwickelten äußerstenNordwesten des Landes ein neuer Tourismuspol geschaf-fen werden. Entsprechend dem bereits in Port-el-Kantaouiverwirklichten Prinzip wurde die Hotelzone El Morjane inräumlichem Abstand zum Ort Tabarka (etwa 15.000 Einw.) selbst ausgewiesen und von einer privaten Ent-wicklungsgesellschaft zentral erschlossen und vermarktet(vgl. Abb. 11). Die staatlichen Vorleistungen bestanden ! in der Errichtung eines Flughafens einige Kilometer

östlich von Tabarka (1993), damit die Region direktaus dem Ausland erreichbar ist,

! dem Bau einer Kläranlage (1992) und ! der (noch laufenden) Verbesserung der Straßenanbin-

dung in die Region. Tabarka wurde zwar bereits 1981 als Tourismuszone aus-gewiesen und das Terrain ist Anfang der 80er Jahre an denprivaten Developer übereignet worden (genauer bei JÄGGI/-STAUFFER 1990, S. 109ff.). Da sich der Start des Projektesverzögerte, wurde dann erst im Herbst 1991 das erste neueHotel fertiggestellt (als Pilotprojekt von der Entwicklungs-gesellschaft gebaut). Vor der Ausweisung der Tourismuszo-ne gab es dort lediglich das 1969 von einer halbstaatlichenHotelkette gebautes Hotel El Morjane mit knapp 400 Bet-ten (vgl. Abb. 11), sowie zwei kleinere Hotels in der In-nenstadt von Tabarka. Zusammen mit der Eröffnung desFlughafens Tabaraka wurden im Jahr 1993 drei weitereHotels fertiggestellt (vgl. Abbildung 12).

Insgesamt sind in Tabarka seit Beginn der 90er Jahreknapp 2.000 Hotelbetten geschaffen worden, und dasursprüngliche Ausbauziel von knapp 3.000 Betten istdamit fast erreicht. Mit Ausnahme von zwei kleinerenHotels (zusammen 90 Betten) handelt es sich ausschließ-lich um größere Einheiten (zwischen 300 und 400 Betten)in der Hotelzone außerhalb des Ortskerns. Neben der Schaffung der klassischen Hotelinfrastruktursoll ein erheblicher Teil des in der ersten Ausbauphasegeplanten Gesamtangebots von 10.000 Betten in Form vonFerienwohnungen und Ferienhäusern erstellt werden. Sowurde der unmittelbar an den Ortskern anschließende ehe-malige Fischerhafen in einen Yachthafen umgewandelt undan der Hafenfront (Front de mer in Abbildung 11) 1993eine erste Ferienwohnungsanlage gebaut, der in den denfolgenden Jahren mehrere weitere Projekte (zwei davon alstime-sharing Objekte) folgten. Insgesamt sind dort inzwi-schen knapp 300 Appartement mit etwa 1.000 Betten ent-standen. Neben den Ferienappartements sind in der „Lar-mel“ genannten Zone im äußersten Westen des Touris-muskomplexes knapp 200 Parzellen ausgewiesen und in-zwischen erschlossen sowie weitgehend verkauft worden. Ursprünglich war intendiert, mit der Destination Tabarkaeinen Standort zu schafffen, der vor allem eine zahlungs-kräftige Klientel (aus Europa und den arabischen Golf-staaten) ansprechen sollte (Societé d`Aménagement et deDéveloppement Touristique de Tabarka o.J.). Aus diesemGrund wurde die Anlage eines Golfplatzes neben demJachthafen als zweiter wichtiger Impuls gesehen, um einesolche Klientel anzuziehen. Allerdings wurden in der ersten Realisiserungsphasevon den Investoren ausschließlich Hotelanlagen erstellt,deren Standard sich kaum von dem der anderen tunesi-schen Destinationen unterscheidet, d.h. das Schwerge-wicht des Angebotes liegt bei Mittelklassehotels den 3-Sterne-Hotels und den vom Niveau her damit vergleich-baren Ferienclubs (in der Abbildung wiederum als V.V.T.bezeichnet). Ähnlich wie in Ouarzazate wird auch derGolfplatz in Tabarka nur sehr wenig genutzt (vgl. BeitragGIESSNER in diesem Band). Da die Golfanlage eingezäuntund von den meisten Hotels aus nicht direkt zu betretenist, übt das die ganze Tourismuszone durchziehende Ter-rain des Golfplatzes eher eine Trennwirkung aus, als dass

99

Abbildung 12 Tabarka und seine Tourismuszone

100

Quelle: Unterlagen der Tourismusbehörde (N=2.556)

1 Stern2 Sterne

V.V.T.

3 Sterne4 Sterne

Abbildung 13Zahl der Betten nach Hotelklassifikationen inTabarka

Quelle: Unterlagen der Tourismusbehörde

JanuarFebruar

MärzApril

MaiJuni

JuliAugust

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70

80in Prozent

MonatswertJahresmittel

Abbildung 14Monatliche Auslastung der Hotels in Tabarka1996

es die vorgesehene Rolle eines Verbindungselementeseinnimmt. In der ursprünglichen Konzeption, wie sie in Ab-bildung 11 dargestellt ist, waren auch in der Zone El Mor-jane mehrere Parzellen für die Bebauung mit Ferienwohn-anlagen vorgesehen. Da der Standort aber bislang nicht dieentsprechend kaufkräftige Klientel angezogen hat, die sichdort in größerem Umfang einkaufen würde, waren dieseProjekte – ähnlich wie in Ouarzazate mehrere Jahre nichtzu verkaufen gewesen. Nach einer ersten Investitionswellehaben die ersten Anlaufschwierigkeiten der beiden Stand-orte weitere Investoren abgehalten, sich zu engagieren. Einer der Schwachpunkte beider Standorte ist die un-zureichende Flugerreichbarkeit mit Direktflügen aus denwesteuropaischen Zielgebieten. In Ouarzazate hat derfranzösische Reiseveranstalter FRAM, welcher 1997 dieFührung eines der Hotels übernommen hat, dort eine di-rekte wöchentliche Charterverbindung nach Paris einge-richtet. Im Fall von Tabarka schlossen sich die beidengroßen deutschen Reiseveranstalter, die jeweils in einemHotel die Geschäftsführung übernommen hatten, zusam-men und bieten ebenfalls eine wöchentliche Charterver-bindung nach Deutschland an. Während allerdings diestaatliche marokkanische Fluggesellschaft Ouarzazate nurmit Binnenflügen (die lediglich ungünstige Umsteige-verbindungen nach Europa bieten und im wesentlichenauf die marokkanischen Kurzurlauber abgestellt sind)anbindet, wurde Tabarka 1997 neben stark subventionier-ten innertunesischen Relationen zumindest in den Som-mermonaten auch über Charterverbindungen der tunesi-schen Fluggesellschaft an einige wichtige europäischeGroßstädte angebunden. Diese Vorleistung der tunesichenRegierung hat mit dazu beigetragen, dass sich im Gegen-satz zu Ouarzazate, wo die meisten Investititionsvorhabenauf Eis liegen, im Lauf des Jahres 1997 eine Reihe vontunesischen Investoren (teilweise auch mit Beteiligungausländischer Reiseunternehmen) zu einem Engagementam Standort Tabarka entschieden haben. Allerdings sollenjetzt auf den in der Karte noch für die Bebauung mit Fe-rienwohnsiedlungen (als Residence auf der Karte einge-tragen) vorgesehenen weiteren Parzellen entsprechend derbisherigen Vermarktung von Tabarka die für Tunesientypischen 3-Sterne-Hotels errichtet werden.

Mit der Realisierung von Mittelklassehotels werden dieseaber auch für eine Zielgruppe erschwinglich, an die beider ursprünglichen Konzeption kaum gedacht worden ist:die tunesische Mittelschicht. So entfällt inzwischen mehrals ein Drittel der Hotelübernachtungen in Tabarka aufTunesier. Auch bei den bisher realisierten Ferienwohnun-gen und -siedlungen stellen nicht, wie ursprünglich be-absichtigt, extrem kaufkraftstarke ausländische Nach-frager die Mehrheit. Der weitausüberwiegende Teil derFerienwohnungen wurden von Tunesiern aus den großenStädten des Landes gekauft. Gleiches gilt auch für dieFeriensiedlung Larmel in der etwas drei Viertel der Par-zellen von Tunesiern erworben wurden, von denen einerheblicher Teil tunesische Gastarbeiter sind. Aufgrund der klimatischen Bedingungen in Nordtune-sien ist auch in Tabarka die Ausgangssituation im Ver-gleich zu den anderen tunesischen Destination deutlichungünstiger, da ein Badetourismus nur in den Sommer-monaten möglich ist. Damit ergibt sich im Jahresmittel für1996 nur eine durchschnittliche Auslastung von etwasüber 30 % (vgl. Abb. 14), die deutlich niedriger liegt alsder gesamttunesische Mittelwert von 48 %. Das Ziel,durch zusätzliche Angebote (Golf, Jagd) eine bessereVerteilung der Nachfrage über das ganze Jahr zu errei-chen, ist nur ansatzweise erreicht worden. Allerdings sind in diesem Kontext zwei Aspekte vonBedeutung:1) Die Nachfrage tunesischer und ausländischer Touris-

ten weist zwar erwartungsgemäß bei beiden im Haupt-urlaubsmonat August einen gemeinsamen Peak auf,ergänzt sich aber in den übrigen Monaten relativ gut(vgl. Abb. 15). Während die Europäer neben derHauptsaisson vor allem im späten Frühjahr und imFrühherbst anwesend sind, füllen die tunesischen Gäs-te die Nachfragelücken zum Jahreswechsel und imfrühen Frühjahr (Ostern).

2) Die Auslastungen der beiden Hotels, bei denen aus-ländische Unternehmen fest engagiert sind, unter-schieden sich 1996 mit 46 bzw. 41 % deutlich vonjener der übrigen Hotels. Im Fall von Tabarka sind esdie beiden deutschen Unternehmen NUR und TUI, diedie Führung von zwei Hotels übernommen haben.Aufgrund Ihres Engagements haben sie zwischen

101

Quelle: Unterlagen der Tourismusbehörde

JanuarFebruar

MärzApril

MaiJuni

JuliAugust

SeptemberOktober

NovemberDezember

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8.000

9.000Ankünfte

0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

9.000Ankünfte

Ausländer Tunesier

Abbildung 15Ankünfte ausländischer und tunesischerTouristen 1996

Quelle: Unterlagen der Tourismusbehörde

JanuarFebruar

MärzApril

MaiJuni

JuliAugust

SeptemberOktober

NovemberDezember

0

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1.000

1.500

2.000

2.500Ankünfte

0

500

1.000

1.500

2.000

2.500Ankünfte

Deutscheandere Westeuropäer

Abbildung 16Ankünfte deutscher und anderer westeuro-päischer Touristen 1996

Pfingsten und Ende Oktober gemeinsam eine wö-chentliche Charterverbindung nach Deutschland ein-gerichtet. Dadurch, dass die Reiseunternehmen versu-chen den Standort auch in der Nebensaison verstärktund teilweise unter Wert zu vermarkten, erzielen siesehr viel gleichmäßigere Verteilungen im Jahresgang.Dementsprechend ist die Nachfrage deutscher Touris-ten sehr viel weniger stark nur auf die beiden Som-mermonate Juli und August konzentriert, als dies fürdie anderen westeuropäischen Touristen gilt.

In beiden untersuchten Fallbeispielen wurden die Pro-jekte zwar von staatlicher Seite initiert, in der konkretenUmsetzungsphase aber nicht mehr intensiv begleitet. Sobeschränkte sich in Ouarzazate die Rolle der öffentlichenHand im wesentlichen auf die Bereitstellung der entspre-chenden Flächen. Abgesehen von der Einrichtung einerHotelfachschule und dem Ausbau der Versorgungsinfra-struktur von Strom, Wasser und Straßen sind bislang vonöffentlicher Seite kaum ergänzende Maßnahmen unter-nommen worden. In Tabarka hatte ein private Entwick-lungsgesellschaft die zu entwickelnde Tourismuszone zugünstigen Konditionen von der öffentlichen Hand über-nommen. Diese ist im wesentlichen an der Vermarktungder Flächen interessiert gewesen und nur in beschränktemUmfang darauf ausgerichtet, die weitere Entwicklung der

Destination unterstützend zu begleiten. Bereits an dieserStelle kann aufgrund der in beiden Fällen niedrigen Aus-lastungsquoten vermutet werden, dass Defizite im Inwert-setzungsprozeß aufgetreten sind. Nach einer ersten In-vestitionswelle war an beiden Standorten eine gewisseStagnation der Entwicklung festzustellen, da sich ausSicht der Investoren die Erwartungen nicht voll erfüllthatten. Während sich allerdings in Tabarka abzeichnet,dass mit Erfolg versucht wird, die Defizite zu reduzieren,sind in Ouarzazate hierfür bislang kaum Anzeichen vor-handen.

5 Wirtschaftliche Effekte der touri-stischen Erschließung

Ziel der Untersuchung regionalwirtschaftlicher Effekteder touristischen Erschließung der Regionen Ouarzazateund Tabarka war, zu ermitteln, in welchem Maß privat-wirtschaftliche Aktivitäten etwa 10 Jahre nach dem Startder jeweiligen Tourismusprojekte den durch die touristi-sche Inwertsetzung vermittelten Impuls aufgenommenhaben. Hierzu wurde 1) überprüft, in welchem Umfang die lokalen wirtschaft-

lichen Aktivitäten einen direkten Bezug zum Touris-mus aufweisen,

2) der Umfang der direkten Arbeitsmarkteffekte abge-schätzt sowie

3) der Grad der Einbindung lokaler und regionaler Ak-teure im touristischen und paratouristischen Bereichanalysiert. Ergänzend sind auch auch

4) die Auswirkungen in vor- und nachgelagerten Wirt-schaftsbereichen behandelt worden.

Für die Abschätzung der auf die touristische Erschlie-ßung zurückzuführenden wirtschaftlichen Effekte konntekaum auf Sekundärquellen zurückgegriffen werden. Da-her wurden im Frühjahr und Sommer 1997 mit der Unter-stützung einheimischer studentischer Hilfskräfte Befra-gungsaktionen bei den Gewerbetreibenden durchgeführt.Bei der Befragung der Gewerbebetriebe in der Stadt Ou-arzazate sind dabei zum einen flächendeckend alle Betrie-be im Innenstadtbereich und entlang der Ost-West-Haupt-achse (eingerahmter Bereich in Abbildung 10) erfaßt wor-den. Im übrigen Stadtgebiet wurden selektiv nur noch dieBetriebe einbezogen, bei denen ein Bezug zu den touristi-schen Aktivitäten zu vermuten war. Während die auf denTourismus (auch nur teilweise) ausgerichteten Betriebedamit vollständig einbezogen werden konnten, sind dieder Ouartiersversorgung dienenden Einzelhandels- undDienstleistungseinrichtungen in den Wohngebieten deut-lich unterrepräsentiert. Insgesamt wurden Interviews mitden Inhabern von 413 Gewerbebetrieben durchgeführt. In Tabarka konnte aufgrund der geringeren Größe desOrtes eine Vollerhebung der 385 Gewerbebetriebe durch-geführt werden. Aufbauend auf der Befragung in denbeiden Hauptorten wurden die Gewerbetreibenden in derRegion aufgesucht, die in den Hauptorten als Produzenten(z.B. von kunstgewerblichen Gegenständen) oder Zuliefe-rer für den Tourismussektor genannt worden sind.

102

Quelle: Eigene Erhebungen (N=392 und 329)

keine

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keine

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30

35in Prozent

UntersuchungsortOuarzazateTabarka

Abbildung 17Touristenanteile in den befragten Gewerbe-betrieben

Quelle: eigene Erhebungen (N= 127 und 150)

vor 8484 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 970

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100Prozent

UntersuchungsortOuarzazateTabarka

Abbildung 18Kulmulierte Eröffnungszeitpunkte der touristischausgerichteten Betriebe

Quelle: Eigene Erhebungen (N=392 und 329)

Einzelhandel allgemein

tourismusbez. EZH

Dienstleistungen allg.

tourismusbez. Dienstleist.

Café/Restaurant

Hotel

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400500

600700

800900

10001100

UntersuchungsortOuarzazateTabarka

Abbildung 19Tourismusbedingte Arbeitsplätze nach Branchen

5.1 Tourismusbezug der Gewerbebetriebe Im Rahmen der Befragungen wurde erhoben, wie großnach Aussage der Betriebsinhaber der Anteil der Touris-ten an den Kunden ist. In beiden Städten wurden nur voneinem Teil der Gewerbetreibenden Touristenanteile vonmehr als 5 % genannt (vgl. Abb. 17). Während die Betrie-be, die direkt von den Touristen profitieren in Ouarzazateallerdings nur ein knappes Drittel ausmachen, sind es inTabarka fast die Hälfte. Der Unterschied ist dabei imwesentlichen dadurch bedingt, dass in Tabarka etwa einDrittel der Übernachtungen auf Tunesier entfällt und vondiesen das lokale Gewerbe in stärkerem Maß profitiert alsvon den europäischen Touristen.

Neben den auch physiognomisch eindeutig als touris-musorientiert einzustufenden Souvenirläden, den Hotels,sowie den übrigen entsprechenden Dienstleistungsein-richtungen, wie Reiseagenturen oder Mietwagenverleihwurde nur in wenigen Fällen ein merklicher Touristen-kundenanteil genannt. Die positiven direkten wirtschaftli-chen Auswirkungen der touristischen Orientierung be-schränken sich damit nur auf ein äußerst schmales Spek-trum von Branchen, während der Großteil der übrigenBetriebe kaum profitiert.

Auch wenn es in beiden Orten bereits vor dem staatlichpropagierten Ausbau der Beherbergungskapazität einigetouristisch ausgerichtete Gewerbebetriebe gab, die dortaufgrund des bereits früher vorhandenen touristischenAnsätze tätig waren, zeigt die kumulierte Darstellung derEröffnungszeitpunkte in Abbildung 18 deutlich, dass derGroßteil der auf den Tourismus ausgerichteten Betriebeerst nach der dem Einsetzen des Hotelbaubooms enstan-den ist, d.h. in Ouarzazate seit Mitte der 80er Jahre und inTabarka seit Anfang der 90er Jahre.

5.2 Direkter Arbeitsplatzeffekt der touristi-schen Erschließung

Um die direkte Beschäftigungswirkung des Tourismusin den beiden Fallbeispielen zu ermitteln, wurden diegenannten Kundenanteile von Touristen auf die Beschäf-tigten in den einzelnen Betrieben umgelegt. Als direkteBeschäftigungswirkung wurde z.B. in einem Betrieb mit2 Beschäftigten und einem genannten Touristenanteil von50 % angenommen, dass 1 Arbeitsplatz tourismusbedingtist. Temporäre Arbeitsverhältnisse werden dabei nur alshalbe Arbeitsplätze gerechnet. Das Ergebnis dieser Hoch-rechnung ist in Abbildung 19 dargestellt.

Insgesamt ergeben sich rein rechnerisch für Ouarzazateknapp 1.400 und für Tabarka gut 1.100 Arbeitsplätze, diedirekt durch die touristischen Aktivitäten entstanden sind.Allerdings ist in beiden Fällen der allergrößte Teil derdirekt tourismusbedingten Arbeitsplätze im Beherber-gungswesen entstanden, während der Arbeitsplatzeffektbei den nicht ausschließlich auf die Touristen ausgerichte-ten Gewerbebetrieben vor allem in Ouarzazate äußerstgering ausfällt. Dabei sind in Ouarzazate nur 73 saisonale Beschäfti-gungsverhältnisse festgestellt worden. Das in der ent-wicklungspolitischen Diskussion über den sog. Dritte-Welt-Tourismus oftmals vorgebrachte Argument, eshandle sich zum überwiegenden Teil nur um saisonalstark eingeschränkte Arbeitsmöglichkeiten, trifft im unter-suchten Fallbeispiel Ouarzazate folglich nicht zu. In Ta-barka ist allerdings in den Hotels jeder fünfte Arbeitsplatzsaisonal begrenzt. In den meisten Fällen erfolgt zwar eineWeiterbeschäftigung in der nächsten Saison. Die Unsi-cherheit für die Betroffenen hält sich demzufolge in Gren-

103

zen und der Verdienst während der Saison ist meistensausreichend, den Lebensunterhalt in den Monaten ohneformale Beschäftigung zu sichern. Trotzdem bleibt auchaus dem Blickwinkel der Arbeitsplatzsituation eine Ver-längerung der Saison durch zusätzliche Angebote wün-schenwert, ohne dass dies bislang in in ausreichendemMaß gelungen wäre. Wie in vielen anderen Tourismusstandorten ist ein merk-licher Anteil der in den Hotels Beschäftigten von außer-halb der Region zugewandert, so dass der Arbeitsplatz-effekt nicht voll der Regionsbevölkerung zugute kommt.Größenordnungsmäßig stammen aber immerhin etwazwei Drittel der Hotelangestellten aus den jeweiligenRegionen. Vor allem in Ouarzazate, wo die Hotelfach-schule bereits seit Anfang der 80er Jahre besteht, machtsich dies inzwischen dadurch bemerkbar, dass nicht nureinfache Hilfskräfte aus der Region beschäftigt werden,sondern bereits eine Reihe von mittleren Chargen aus dernäheren Umgebung stammen. In Tabarka wurde die Ho-telfachschule im benachbarten Aïn Draham erst 1991eröffnet, so dass auch die aus der Region stammendenHotelfachkräfte zum Teil noch an anderen Hotelfach-schulen ausgebildet wurden und vor ihrer Beschäftigungin Tabarka an anderen Tourismusstandorten gearbeitethaben.

5.3 Einbindung lokaler und regionaler In-vestoren

Bei den Betriebsinhabern sind die regionalen Akteureallerdings im Fall von Ouarzazate deutlich unterrepräsen-tiert. Dort stammen drei Fünftel der Gewerbetreibendenmit Tourismusbezug von außerhalb der Region. In Tabar-ka stellen demgegenüber in diesem Bereich aus der Regi-on stammende Gewerbetreibende drei Viertel der Be-triebsinhaber. Die Mehrzahl der von außerhalb der Regi-on stammenden Gewerbetreibenden kommt dabei in Ma-rokko aus der Region Marrakesch und Agadir, d.h. denNachbarregionen in denen zum einen die touristischeFunktion bereits eine längere Tradition besitzt und in derzum anderen eine größere Schicht von mittelständischenUnternehmern vorhanden ist, die das entsprechende Start-kapital aufweist. Zum Teil sind die Betriebe in Ouarzaza-te nur Filialen von größeren Unternehmen mit Hauptsitzin Marrakesch und Agadir. Auch in Tunesien stammendie zugewanderten Gewerbetreibenden im wesentlichenaus Gebieten mit einer schon längeren touristischen Tra-dition und haben in größerem Umfang nur Filialbetriebein Tabarka eröffnet. Die touristische Erschließung derbeiden Beispielorte hat folglich dazu geführt, dass ausehemaligen Abwanderungsgebieten (zumindest währendder Ausbauphase) Zuwanderungsgebiete für Hotelperso-nal und Gewerbetreibende geworden sind. Dabei ist eine deutliche Konzentration der regionsexter-nen tourismusorientierten Gewerbetreibenden auf wenigeBranchen vorhanden. Läßt man die Hotels außer Acht,sind sie häufig Inhaber von Souvenirgeschäften und Tou-ristenbazaren. Darüber hinaus sind auch z.B. die meistenAutoverleihstationen in der Hand von Regionsexternen.Eine Besonderheit in Ouarzazate ist auch, dass – mit einerAusnahme – die größeren Souvenirbasare, die auch inten-

sive Kontakte zu Guides und anderen Schlüsselpersonenpflegen, in der Hand von regionsexternen Inhabern sind.Etwas verkürzt könnte man fast sagen, dass sich dort dieregionsexternen Basaristen die „Rosinen“ aus dem zuverteilenden Kuchen herauspicken und für viele lokaleGeschäfte nur noch die „Brosamen“ übrig bleiben. Insgesamt ist aber festzuhalten, dass von den direktenArbeitsplatzeffekten und über die Partizipation von loka-len und regionalen Gewerbetreibenden in den direkt aufden Tourismus ausgerichteten Branchen merkliche positi-ve wirtschaftliche Impulse für die Beispielorte ausgehen.

5.4 Auswirkungen in vor- und nachgelager-ten Bereiche

Abgesehen von den Gewerbebetrieben, deren Angebotdirekt an die Touristen vermarktet wird, sind bei der Er-mittlung der regionalökonomischen Effekten in einemzweiten Schritt auch diejenigen Betriebe zu berücksichti-gen, die Produkte anbieten, die über Zwischenstationenebenfalls für den Konsum oder die Benutzung durch Tou-risten angeboten werden. Hierzu zählen:1) vor allem die Herstellung von Souvenirs in der Region

und 2) die Produktion von Lebensmitteln. 3) Darüber hinaus sind hier auch diejenigen Leistungen

zu berücksichtigen, die nach der Bauphase für denUnterhalt der Hotels und der anderen touristischenEinrichtungen erbracht werden, sowie

4) die indirekte Beschäftigungswirkung, die darauf zu-rückzuführen ist, dass von den direkt im Tourismusbe-reich Beschäftigten Waren und Leistungen in der Re-gion nachgefragt werden.

Ohne an dieser Stelle detailliert auf alle Einzelergebnis-se einzugehen, waren bei den indirekten Auswirkungender touristischen Erschließung insgesamt gesehen ehergeringe Multiplikatoreffekte festgestellt worden. So stammt bei den angebotenen Souvenir- und Kunst-handwerksartikeln nur der kleinere Teil der Waren ausden jeweiligen Regionen, während der überwiegende Teilaus den großen kunsthandwerklichen Zentren des Landesund anderen Tourismusregionen kommt (vgl. Abb. 20). Inbeiden Fällen wird ein weitestgehend standardisiertesSouvenirangebot vorgehalten, welches sich kaum vondemjenigen in den anderen Tourismusstandorten unter-scheidet. Umgekehrt sind auch die in den beiden Untersu-chungsregionen hergestellten Produkte nicht nur dortanzutreffen, sondern werden ebenfalls landesweit ver-marktet. Der höhere Anteil von aus der Region stammen-den Souvenirartikeln in Tabarka resultiert daraus, dassdas Hinterland seit längerem eines der wichtigsten Gebie-te Tunesiens für die Produktion von Holzschitzereien ist,während in der Region Ouarzazate nur in sehr bescheide-nem Maß kunsthandwerkliche Aktivitäten vorhandenwaren. In beiden Fällen ist allerdings kein stark ausge-prägter positiver Effekt auf die regionale Produktion fest-zustellen gewesen, da der regionale Absatz nur einenkleinen Teil des Gesamtabsatzmarktes darstellt. Aufgrundder landesweiten Verflechtungen ist der Anteil der Sou-venirproduktion, der auf die Verkäufe in Ouarzazate undTabarka entfällt und damit der daraus resultierende Ar-

104

Quelle: eigene Erhebungen (N=264 und 106 Antworten)

Region

Marrakesch

Fès

andere Gebiete

Region

Tunis

Sousse

and. Geb.

Ouarzazate Tabarka

Abbildung 20Herkunft der verkauften Souvenirs undKunsthandwerkprodukte

beitsplatzeffekt nicht exakt anzugeben. Er dürfte sich fürdie gesamte Produktion von Souvenirs und Kunstgewer-beprodukten in Ouarzazate auf etwa 100 und in der Regi-on Tabarka auf maximal 200 Personen belaufen.

Da in beiden Regionen nur in geringem Umfang Land-wirtschaft betrieben wird, erfolgt auch die Nahrungs-mittelversorgung der Hotels überwiegend aus dem jewei-ligen nationalen agrarischen Gunsträumen. Damit ist derBeschäftigungseffekt in diesem Bereich äußerst gering.Auch für die technische Wartung der Anlagen in denHotels (z.B. Klimaanlagen, elektrische Anlagen) habensich bislang keine Betriebe angesiedelt. Hintergrund hier-für ist, dass einfache Wartungs- und Reparaturarbeiten inden Hotels in Eigenregie ausgeführt werden, während fürschwierigere Aufgaben nach wie vor externe Fachkräfteanreisen. Zwar haben eine Reihe von Handwerksbetrie-ben Aufträge von den Hotels, Restaurants und Tourismus-bazaren (z.B. zur Herstellung oder Reparatur von Mö-beln). Abgesehen vom Bau der Hotels, die zum großenTeil mit temporär beschäftigten Arbeitskräften aus derRegion errichtet worden sind, und für die einige großeBaustoffhändler vor Ort den Hauptteil der benötigtenMaterialien liefern konnten, sind damit auch in diesemBereich keine merklichen Arbeitsmarkteffekte vorhanden. Zu den Dienstleistungen, die ebenfalls als indirekt tou-rismusbedingt anzusprechen sind, gehören vor allem imFall von Ouarzazate auch die Folkloregruppen, die vonden Hotels und Restaurants für die Unterhaltung der Gäs-te engagiert werden. In Tabarka wird das Animations-programm zum überwiegenden Teil von Angestellten derHotels direkt gestaltet. Neben den entsprechenden Hote-langestellten werden in der Region Ouarzazate drei tradi-tionelle Folkloregruppen des öfteren von den Hotels enga-giert, die zusammen etwa 160 Mitgliedern aufweisen. Beiein bis drei Auftritten pro Woche in der Hochsaison istdies für die Mitglieder der Folkloregruppen allerdingskeine reguläre Beschäftigung sondern in der Regel nur einZuerwerb. Im Rahmen der Befragung der Gewerbebetriebe solltendie Inhaber auch angeben, wie hoch sie bei ihrer einhei-mischen Kundschaft den Anteil der im TourismusbereichTätigen schätzen. Auch wenn diese Angaben nicht ganz

exakt sind, läßt sich auf der Basis der Angaben und unterBerücksichtigung des Anteils der befragten Geschäfteeine weitere Beschäftigungswirkung von jeweils etwa 300Arbeitsplätzen schätzen. Obwohl die Arbeitsplatzzahlenin den vor- und nachgelagerten Bereichen insgesamt nichtganz so exakt zu erfassen sind, wie in den direkt vomTourismus abhängigen Branchen, ist zusammenfassendfestzuhalten, dass sich bislang erst wenige Verflechtungs-beziehungen ergeben haben. Insgesamt dürften sich dieArbeitsplätze in beiden Fallbeispielen auf maximal 700belaufen, d.h. grob verallgemeinert kommt auf auf zweidirekt im Tourismus Beschäftigte noch ein weiterer Ar-beitsplatz in vor- und nachgelagerten Bereichen. Damitwerden die von offizieller Seite angenommenen indirek-ten Beschäftigungseffekte bei weitem nicht erreicht bzw.zumindest nicht in der Region wirksam. In Marokko wirdvon einem indirekten Beschäftigungseffekt von 1,78 undin Tunesien von 1,12 pro Hotelbett ausgangen (vgl. z.B.Royaume du Maroc 1979, S. 76 bzw. 1993, S. 23 undRepublique Tunisienne 1997, S.11). Auch wenn immerein gewisser Anteil der Beschäftigungswirkungen nicht inden Tourismusregionen wirksam wird, da ein Teil derProdukte und Leistungen in anderen Landesteilen produ-ziert und erbracht werden, ist die regionale Wirksamkeitder touristischen Erschließung in den beiden untersuchtenFällen noch extrem niedrig. Festzuhalten ist, dass durch die touristische Erschlie-ßung in beiden Beispielregion insgesamt gesehen zwarein spürbarer wirtschaftlicher Impuls gesetzt werdenkonnte. Aufgrund von Defiziten bei der Planung und Ge-staltung dieses neuen touristischen Projekts bleibt zumeinen die Nachfrage allerdings rein mengenmäßig deut-lich hinter dem angestrebten Umfang zurück. Zum ande-ren erreichen die realisierten regionalwirtschaftlichen Ef-fekte insgesamt gesehen nur einen Bruchteil der potentiellmöglichen Wirkungen.

6 Subjektive Einschätzung der tou-ristischen Erschließung

Im bisherigen Teil des Beitrages konnte gezeigt werden,dass die objektiv meßbaren ökonomischen Auswirkungender touristischen Erschließung sowohl auf der gesamtna-tionalen als auch auf der regionalen Ebene einen wichti-gen ökonomischen Faktor für Tunesien und Marokkodarstellen. Allerdings wäre die Bedeutung der rein ökono-mischen Sichtweise deutlich zu relativieren, wenn sichherausstellen sollte, dass die touristische Erschließung beider lokalen Bevölkerung auf deutliche Vorbehalte stößt.Auch wenn dieser Aspekt im Rahmen des hier vorgestell-ten Projektes alles andere als umfassend behandelt wer-den konnte, und z.B. in den Beiträgen von BIERNERT oderMOSER-WEITHMANN (in diesem Band) sehr viel detail-lierter bearbeitet wird, sollte er doch nicht ganz außerAcht gelassen werden. Im Rahmen der Befragung der Gewerbetreibenden wur-de nach einzelnen möglichen positiven und negativenAuswirkungen der touristischen Erschließung gefragt,wobei Sie jeweils angeben sollten, ob diese im Fall vonOuarzazate bzw. Tabarka Ihrer Meinung nach vorhanden

105

Quelle: eigene Erhebungen (N=641)

Verbesserung des Lebensstandards

Wichtige Einkommensquelle

Wichtiger Arbeitsmarktfaktor

Ökonomische Basis

Schaffung von Infrastruktur

Konflikte zw. Einh. und Touristen

Zunahme der Umweltzerstörung

Zunahme der Prostitution

Verfall von TraditionenJa Ein wenig Nein

Ja Ein wenig NeinBeispielort

Tabarka Ouarzazate

Abbildung 21Mittlere Einschätzung von Auswirkungen dertouristischen Erschließung in Tabarka und Ouarzazate

sind. Das Ergebnis ist für die beiden Untersuchungsortein Form von Mittelwerten in Abbildung 21 dargestellt. Aufgeführt sind die Mittelwerte zu den einzelnen State-ments differenziert nach Befragten mit oder ohne deutli-chem Tourismusbezug. Insgesamt zeigt sich, dass diehäufig in der Literatur angeführten Pro-Argumente einertouristischen Erschließung, nämlich, dass diese eine wich-tige Einkommensquelle darstelle und durch sie Arbeits-plätze geschaffen würden, von der überwiegenden Mehr-heit der Befragten in den beiden Befragungsorten auch sogesehen wird.

Recht positiv wird auch die Auswirkung der touristi-schen Erschließung auf die infrastrukturelle Ausstattungbeurteilt. Dabei werden infrastrukturelle Effekte in Tabar-ka in deutlich stärkerem Maß gesehen als in Ouarzazate.Dieser Unterschied spiegelt gleichzeitig die real existie-renden Unterschiede. In Tabarka erfolgten aufgrund dertouristischen Erschließung 1) der Bau einer zentralen Kläranlage, an die inzwischen

fast das gesamte Stadtgebiet angeschlossen ist, 2) umfangreiche Verbesserungen der Straßenbeläge in-

nerhalb des Stadtgebietes und3) eine merkliche Verbesserung die Straßenverkehrs-

anbindung an die zentralen Landesteile. In Ouarzazate sind demgegenüber zwar seit vielen Jah-ren Pläne für eine zentrale Kläranlage vorhanden, ohnedass eine konkrete Realisierung bislang absehbar ist.Zwar sind dort ebenfalls Verbesserungen der Straßen-infrastruktur sowohl innerorts als auch zu den anderenstädtischen Zentren des Landes erfolgt, aber in deutlichgeringerem Umfang als in Tunesien. Demgegenüber ist inOuarzazate im weiteren Kontext der touristischen Er-schließung die Trinkwasserversorgung der lokalen Bevöl-kerung deutlich verbessert worden, d.h. auch dort hat dielokale Bevölkerung hinsichtlich der infrastrukturellenAusstattung vom Tourismus profitiert und sieht diesdementsprechend. Die Existenz von Konflikten zwischen den Touristenund den Einheimischen wird durchgängig verneint. Auchdas Statement, dass durch den Tourismus eine zunehmen-de Zerstörung der Umwelt stattfindet, wird von denBefragten fast einhellig abgeleht. Oftmals wurde bei den

Gesprächen sogar gesagt, genau das Gegenteil sei derFall, da aufgrund der Touristen die lokalen Behördenstrengere Maßstäbe an die Umweltqualität anlegen wür-den. Größere Unterschiede zwischen dem marokkanischenund dem tunesischen Beispiel ergeben sich bei der Beur-teilung der Effekte im sozio-kulturellen Bereich. Auchwenn in Tabaraka einige (vor allem ältere Befragte) einenVerfall von Traditionen, Sitten und Gebräuchen sowieeine Zunahme der Prostitution feststellten, werden dieseAuswirkungen dort im Mittel eher gering eingestuft.Demgegenüber empfinden die Befragten in Ouarzazatedie kulturelle Überprägung sehr viel intensiver. Eine hö-here Ouantität von Touristen kann nicht Ursache des Un-terschieds sein, da die Tourismusintensität ausgedrückt imVerhältnis der Touristenzahl zur Wohnbevölkerung inOuarzazate deutlich niedriger liegt. In beiden Fällen sindauch die Wohngebiete der einheimischen Bevölkerungund die Hotelzonen räumlich klar getrennt, wobei dieTouristen sich kaum außerhalb der für Sie geschaffenenBereiche aufhalten (genauer im Beitrag von PFAFFEN-BACH in diesem Band), so dass eine unterschiedlich starkeStörwirkung der Touristen im Wohnumfeld der lokalenBevölkerung als Ursache für die Einschätzungsunter-schiede zwischen Tabarka und Ouarzazate nicht anzuneh-men ist. In der Untersuchung von BIERNERT (vgl. deren Beitragin diesem Band) sind für die Ouarzazate benachbarteOasenregion des Tafilalet ähnliche Ergebnisse wie inOuarzazate hinsichtlich der sozio-kulturellen Auswirkun-gen ermittelt worden. Ein Deutungsansatz könnte folglichin Unterschieden zwischen der tunesischen und der ma-rokkanischen Gesellschaft zu suchen sein. Die offiziellePolitik in Tunesien weist seit mehreren Jahrzehnten be-wusst säkulare Züge auf und betreibt in vielen Bereicheneine stärkere Öffnung gegenüber Europa als dies in Ma-rokko der Fall ist. Auch historisch ist das Gebiet südlichdes Hohen Atlas in Marokko in geringerem Austauschmit dem übrigen Mediterranraum gestanden als die nord-tunesische Mittelmeerküste. Möglicherweise trägt zurhöheren Akzeptanz des Tourismus in Tabarka aber auchder hohe Binnentourismsuanteil bei. Bei über einem Drit-tel offiziell registrierter Übernachtungen durch Tunesier(plus eine nicht genauer zu ermittelnde Zahl von Über-nachtungen in Privatquartieren), deren Erscheinungsbildsich nicht merklich von dem europäischer Touristen un-terscheidet, wird Tourismus wahrscheinlich sehr viel we-niger stark als etwas Fremdes angesehen. Trotz der unterschiedlichen Intensität mit der die Aus-wirkungen empfunden werden, wurde bei vertiefendenGesprächen in beiden Beispielorten immer wieder konze-diert, dass es das Phänomen der Prostitution durchaus innicht unerheblichem Maß in der Region gebe, zugleichaber meistens darauf hingewiesen, dass es sich (auch beider Prostitution von Männern) nicht um ein neues, spezi-fisch auf den Tourismus zurückzuführendes Phänomenhandelt. Ähnliches wurde hinsichtlich dem rückläufigenStellenwert von traditionellen Verhaltensmustern berich-tet. Auch hier wurde zwar gesehen, dass traditionelleislamische Verhaltensregeln vor allem bei der jüngeren

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Quelle: eigene Erhebungen (N=303)

Verbesserung des Lebensstandards

Wichtige Einkommensquelle

Wichtiger Arbeitsmarktfaktor

Ökonomische Basis

Schaffung von Infrastruktur

Konflikte zw. Einh. und Touristen

Zunahme der Umweltzerstörung

Zunahme der Prostitution

Verfall von TraditionenJa Ein wenig Nein

Ja Ein wenig Nein

TourismusbezugJa(Fast) Keiner

Abbildung 22Mittlere Einschätzung von Auswirkungen dertouristischen Erschließung in Tabarka

Quelle: eigene Erhebungen (N=338)

Verbesserung des Lebensstandards

Wichtige Einkommensquelle

Wichtiger Arbeitsmarktfaktor

Ökonomische Basis

Schaffung von Infrastruktur

Konflikte zw. Einh. und Touristen

Zunahme der Umweltzerstörung

Zunahme der Prostitution

Verfall von TraditionenJa Ein wenig Nein

Ja Ein wenig Nein

TourismusbezugJa(Fast) Keiner

Abbildung 23Mittlere Einschätzung von Auswirkungen dertouristischen Erschließung in Ouarzazate

Bevölkerung einen geringeren Stellenwert besitzen. AlsEinflußfaktoren wurden aber die in beiden Regionen seitlangem praktizierte Gastarbeiteremigration genau so ge-nannt wie der allgemeine Einfluß der Medien oder eineinsgesamt rückläufige Bedeutung von religiös motiviertenNormen in der tunesischen und marokkanischen Gesell-schaft. Dabei ist erwähnenswert, dass eine rückläufigeBedeutung traditoneller Werte nicht notwendigerweiseauch gleichzeitig als negativ eingestuft worden ist.1)

Nun könnte erwartet werden, dass diejenigen Befragten,die direkt vom Tourismus profitieren, eher dazu neigen,die positiven Auswirkungen stärker herauszustellen unddie negativen Wirkungen zu verharmlosen. Insgesamtergaben sich in beiden Beispielorten aber nur geringfügi-ge Unterschiede zwischen den beiden Teilstichproben(vgl. Abb. 22 und 23).

In Tabarka sind insgesamt nur geringfügige Unterschie-de zwischen den beiden Gruppen festzustellen, wobeidiese auch noch in die andere Richtung weisen. Dort wer-den von den Gewerbetreibenden, die keinen direkten Tou-rismusbezug aufweisen, im Mittel etwas positivere öko-nomische Wirkungen vermutet, während sich die Ein-schätzungen bei den sozio-kulturellen Aspekten so gutwie nicht unterscheiden. Demgegenüber entsprechen die – allerdings wiederumnicht sehr großen – Unterschiede zwischen den beidenGruppen in Ouarzazate dem Erwartungshorizont: Positivewirtschaftliche Effekte halten die im Tourismus Invol-vierten für etwas stärker, während sie gleichzeitig negati-ve sozio-kulturelle Wirkungen weniger gravierend sehen.Möglicherweise werden hier über sekundäre Rationalisie-rung – schließlich verdienen diese Befragten ihren Le-bensunterhalt zum großen Teil mit den Touristen – ko-gnitive Dissonanzen reduziert, d.h. die Sichtweisen ent-sprechend modifiziert. Bei der bereits erwähnten parallel angelegten Studie vonBIERNERT in der marokkanischen Oasenregion Tafilaletwurden nicht nur Gewerbetreibende, sondern auch andere,nicht direkt mit dem Tourismus befasste Personen befragt.Dabei stellte sich heraus, dass zwischen den Gewerbetrei-benden und der übrigen Wohnbevölkerung hinsichtlich derEinschätzung des Wirkungen des Tourismus kaum Unter-schiede bestanden (1998, S. 160ff.), so dass davon ausge-gangen werden kann, dass auch in Ouarzazate und Tabarkadas Meinungsbild bei der Gesamtbevölkerung sich nurwenig von dem der befragten Gewerbetreibenden ohneausgeprägten direkten Tourismusbezug unterscheidet. Allerdings muß einschränkend hinzugefügt werden, dassbei aller positiven Einschätzung der touristischen Er-schließung in einer Vielzahl nicht standardisierter Gesprä-che zum Ausdruck gebracht wurde, dass mehr materiellerWohlstand nicht gleichzusetzen sei mit einem besserenLebensgefühl, teilweise auch aus dem Kontakt mit denTouristen ein tendenziell sinkendes Selbstwertgefühl re-sultiere. Da eine vertiefende Analyse dieser Aspekte aller-dings den Rahmen einer primär wirtschaftsgeographischangelegten Studie gesprengt hätte, wurden sie nicht weitervertieft. Ziel dieses Untersuchungsbausteins war ledig-lich, zu ermitteln, ob eine prinzipielle und gravierendeAblehnung der touristischen Erschließung vorhanden ist,da solche Befindlichkeiten enorme Konsequenzen für dieweitere Entwicklung des Tourismus hätten.

7 Schwachpunkte der touristischenErschließung

Bei der Entwicklung von neuen Tourismusdestination inMarokko und Tunesien konnten beachtenswerte Teilerfol-ge erzielt werden. Die erhebliche Ausweitung des Beher-bergungsangebotes hat eine merkliche Zahl von neuenArbeitsplätzen in der Region geschaffen, die auch zumgroßen Teil von der regionalen Bevölkerung eingenom-men werden. Allerdings ist die touristische Entwicklungin einer Peripherregion per definitionem kein Selbstläufer.Wenn günstigere Voraussetzungen für eine wirtschaft-liche Entwicklung vorhanden gewesen wären, hätte sich

1) Es könnte vermutet werden, dass teilweise sozial erwünschte Aussagenabgegeben werden, d.h. einem europäischen Befrager gegenüber, der ausdem Hauptquellgebiet des internationalen Tourismus stammt, ein positiveingefärbtes Bild vermittelt wird. Um die Größe dieses möglichen Effektsfestzustellen, wurden die Ergebnisse aus unterschiedlichen Interviewer-situationen überprüft. Dabei stellte sich heraus, dass kein Unterschiedhinsichtlich der Tendenz der Ausagen bestand zwischen den Befragten, dievom Autor allein, vom Autor zusammen mit einem tunesischen/-marokkanischen Studenten, von einem aus der Region stammendenStudenten oder von einem auswärtigen maghrebinischen Studenten befragtworden waren, eine Verzerrung der Ergebnisse also weitgehend auszu-schließen ist.

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bereits in historischer Zeit eine selbsttragende Entwick-lung eingestellt. Bei solchen Vorhaben ist deshalb eineintensive Betreuung und Begleitung durch externe Stellennotwendig. Eine Beschränkung auf Flächenbereitstellungund landesweit geltende fiskalische Erleichterungen alleinreicht nicht aus. Bei den vorgestellten Projekten konnteneine Reihe von Aspekten identifiziert werden, welche dieWirksamkeit der touristischen Inwertsetzung als Mittelzur Regionalentwicklung reduzieren:1) Fehleinschätzung der internationalen Nachfrage:

In beiden Projekten wurden die Feasability-Studiesnur sehr oberflächlich durchgeführt. Aus diesemGrund war in beiden Fällen eine Fehleinschätzung desausländischen Nachfragepotentials erfolgt. In Ouarza-zate sind die in den letzten Jahren gebauten Hotelszum überwiegenden Teil 4- und 5-Sterne Hotels derLuxuskategorie und zielen auf eine komfortorientierteausländische Klientel ab. Für die sich in den letztenJahren in der Region verstärkt entwickelnden Formendes Abenteuer- und Erlebnistourismus sind diese Be-herbergungseinrichtungen nur begrenzt geeignet.Auch die Beherbergungseinrichtungen Tabarka zieltenursprünglich vor allem auf eine ausländische Klientelab. Dort ist es allerdings sehr viel besser gelungen,eine Substition durch andere Nachfragergruppen zuerreichen. Hierzu trägt entscheidend bei, dass die rea-lisierten Hotels aufgrund des niedrigeren Preisniveaussehr viel leichter für die nationale Mittel- und Ober-schicht erschwinglich.

2) Vernachlässigung der Binnennachfrage: Da der Aus-bau des Tourismus in Marokko und Tunesien auchdurch die damit zu erzielenden Deviseneinnahmen mo-tiviert ist, wurde es in beiden Projekten versäumt, dieunter regionalwirtschaftlichen Gesichtspunkten gleich-rangige inländische Nachfrage entsprechend zu berück-sichtigen und die Konzepte auch darauf abzustellen.Während im Fall von Tabarka das Angebot ohne größe-re Probleme auch von tunesischen Klienten nachgefragtwird, ist es in Ouarzazate angesichts des Ausbaustan-dards der Hotels nur sehr begrenzt möglich, den Bin-nentourismus nachträglich anzusprechen.

3) Schwache Einbindung ausländischer Investoren:Trotz der mit dem Engagement von internationalenHotelketten und Tour Operators verbundenen Proble-matik der Gewinnabschöpfung kommt ihrer Beteili-gung v.a. in der Initialphase bis zum Take-Off einepositive Rolle zu, die zum einen durch deren Markt-zugangsmöglichkeiten bedingt ist. Zum anderen kön-nen von einem internationalem privatwirtschaftlichenEngagement auch positive Signalwirkungen für na-tionale Investoren ausgehen. Während Marokko langeZeit eine skeptische Haltung gegenüber ausländischenInvestoren einnahm, d.h. diese gar nicht erwünschtwaren, zeichnet sich umgekehrt im tunesischen Fall-beispiel ab, dass internationales Engagement bei dertouristischen Entwicklung von Peripherregionen nichtvon selbst kommt. Erst nachdem das Projekt Tabarkaseit einigen Jahren läuft und vom tunesischen Staatoffensiv um ausländische Investitionen geworben

wird, sind z.B. konkrete Pläne vorhanden, dass sichdeutsche Veranstalter auch investiv einbringen.Auch wenn in der Diskussion über den Fernreise-tourismus die Rolle von internationalen Ketten auf-grund des von diesen praktizierten Gewinnabflusseszumeist negativ gesehen wird, zeigen die hier vor-gestellten Fallbeispiele, daß deren Abwesenheit erheb-liche Schwächen bei der Aufschließung neuer Tou-rismusregionen bedeuten kann. Dass dieser Aspektinzwischen auch von den zuständigen marokka-nischen Stellen gesehen wird, belegt die Tatsache,dass im jüngsten 5-Jahresplan eine verstärkte Einwer-bung ausländischer Investionen für den Tourismusbe-reich gefordert wird (Royaume du Maroc 1996b,S. 13).

4) Defizite bei der Verkehrsanbindung: Da es sich inbeiden Fällen um Regionen handelt, die relativ peri-pher im Landesterritorium liegen, kommt der Erreich-barkeit der Tourismusstandorte eine zentrale Bedeu-tung zu. Vor allem für die ausländische Klientel istdabei die (umsteigefreie) Flugerreichbarkeit von hoherBedeutung. Zwar wurden in beiden Fällen Flughäfengeschaffen, um prinzipiell eine Erreichbarkeit mit demFlugzeug zu ermöglichen. Allerdings wurden in denersten Jahren weder von tunesischer/marokkanischerSeite noch von Seite ausländischer Unternehmen aus-reichende Flugverbindungen angeboten worden. Wäh-rend die tunesische Seite inzwischen offensiv ver-sucht, die Flugerreichbarkeit aus dem Ausland auf einakzeptables Niveau anzuheben, sind auf marokka-nischer Seite kaum Ansätze in diese Richtung vorhan-den. Dementsprechend zeichnet sich in Tabarka einweiterer Investitionsschub ab, während in Ouarzazatedie weitere Entwicklung des Standortes sehr viel unsi-cherer ist. In diesem Kontext hat sich bei beiden Pro-jekten auch die zusätzliche Bedeutung von auslän-dischen Investoren herausgestellt, da diese ebenfallsüber die Möglichkeit verfügen, eigene Charterverbin-dungen einzurichten. Im Fall von Tabarka ist für dienächsten Jahre absehbar, dass dem Beispiel der beidendeutschen Reiseunternehmen auch italienische undbritische Veranstalter folgen werden. Nach deren di-rektem Engagement bei den geplanten Erweiterungenin Tabarka ist mit der Einrichtung von direkten Char-terverbindungen aus Italien und Großbritannien zurechnen.Dies ist in Ouarzazate nicht absehbar, da na-tionalen Investoren hierzu die Kapazität fehlt. DieProblematik der Verkehrsanbindung stellt sich vorallem auch deswegen in beiden Fällen so gravierend,da die vorhandene Bettenkapazität nicht ausreichendgroß ist, dass von den wichtigsten Quellflughäfenwöchentliche Charterverbindungen rentabel angebo-ten werden können. Hierzu dürfte etwa eine Gesamt-kapazität von 10.000 Betten notwendig sein. Diesedürfte in Tabarka mit den inzwischen in Angriff ge-nommenen Projekten auch annäherend erreicht wer-den, während für die Region Ouarzazate unklar ist, obdie Schwelle übersprungen wird.

5) Kaum Förderung regionaler Investitionspotentiale:Die Förderung extraregionaler Investitionen steht in

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einem Spannungsverhältnis zur Einbeziehung regionalerprivatwirtschaftlicher Initiativen. Die Balance zwischender Einwerbung extraregionaler Investitionen einerseitsund einer Stimulierung des regionalen Engagements istfür einen privaten Developer wie er in Tabarka tätig ist,nur schwer zu finden, da dieser im wesentlichen ambetriebswirtschaftlichen Gesamterfolg des Projektesinteressiert ist. Auch im Fall von Ouarzazate präferierendie zuständigen Stellen die Vergabe an einflußreicheInvestoren aus anderen Landesteilen gegenüber der Be-rücksichtigung regionaler Akteure. In Tabarka ist nachanfänglicher Präferenz externer Investoren inzwischenaber erkennbar, dass auch regionale Akteure verstärktbei der Vergabe von Flächen berücksichtigt werden. Dadie Projekte in der Hotelzone die Kapazitäten regionalerInvestoren zumeist übersteigen, beschränkt sich derenInteresse aber fast ausschließlich auf die stadtnahe, fürFerienwohnungen vorgesehene Zone, bzw. auf die Rea-lisierung von Projekten zwischen der offiziellen Ent-wicklungszone und der Innenstadt.

6) Unzureichende Vermarktung: Abgesehen von derbereits erwähnten Rolle internationaler Tourismusver-anstalter für die direkte Mobiliserung der Nachfrage,üben natürlich auch alle im weiteren Sinne als Marke-ting- und Werbemaßnahmen anzusprechenden Aktivi-täten einen Einfluß auf das Volumen der Nachfrageaus. Da die staatliche Tourismuswerbung für das gan-ze Land erfolgt, ist diese nur partiell auf die Beispiel-region abgestellt. Auch wenn in beiden FallbeispielenAnsätze für verstärkte regionsbezogene Werbeaktivi-täten erkennbar sind, ist deren Umfang insgesamtnoch sehr gering. Dabei stellte sich allerdings als Han-dicap heraus, dass sowohl die extraregionalen als auchdie kleinen lokalen Investoren nur begrenzt Bereit-schaft zu einem diesbezüglichen Engagement zeigen.Damit käme den Behörden vor Ort die Rolle zu, alsMotor für regionalbezogene Marketingaktivitäten zufungieren. Auch wenn die Bedeutung solcher Aktivi-täten durchaus erkannt wird, sind die Vertreter derAdministration nur partiell und zögernd bereit, ent-sprechend tätig zu werden.

6) Angebote zur Gestaltung der Aufenthalte: Abgesehenvon der notwenigen Mobilisierung der Nachfrage sindnatürlich auch konkrete Maßnahmen zur inhaltlichenFüllung der Urlaubsaufenthalte in der Region notwen-dig. Dies gilt insbesondere für den Standort Ouarzazate.Im Rahmen der bereits erwähnten Feasability-Studie(Royaume du Maroc 1977, S. 17) wurde bereits in den70er Jahren auf gravierende Defizite beim Animations-programm hingewiesen. So waren damals zwar 55 %der Besucher des präsaharischen marokkanischen Sü-dens mit dem Preis-Leistungsverhältnis zufrieden gewe-sen aber nur 2 %(!) äußerten sich zufrieden mit demAngebot an Unterhaltungsmöglichkeiten. Wie mehrmalserwähnt, hat in in Ouarzazate lediglich der Club MedAktivitäten in diese Richtung unternommen.Aber auch für Tabarka, wo die klassischen Trilogiedes Badetourismus „Sonne-Strand-Meer“ keine aus-reichend lange Saison gewährleistet, käme den Mög-lichkeiten zur Gestaltung der Aufenthalte eine erhebli-

che Bedeutung zur Saisonverlängerung zu. Bei denmeisten der Hotelinhaber herrscht aber noch die Hal-tung vor, dass sie lediglich für Unterkunft und Ver-pflegung zuständig sind. Das Bewusstsein, dass kom-plette Produkte (möglichweise auch durch einen Zu-sammenschluß mehrerer Akteuere) definiert und dannnatürlich auch auf dem Markt, z.B. bei Tourismus-messen präsentiert werden müssen, um Marktanteilezu erhalten, ist bislang erst wenig ausgeprägt. Die Möglichkeiten für einen einzelnen Hotelbetreiber– wie z.B. den Club Med in Ouarzazate – Urlaubsakti-vitäten anzubieten und dazu neue Potentiale zu er-schließen, finden dann schnell ihre Grenzen, wenn fürdie Erschließung eines Potentials größere Aufwendun-gen notwendig sind. In beiden Regionen sind Defizitebeim Engagement der staatlichen Seite an einer Er-schließung der (durchaus vorhanden) Ausflugs- undAktivitätspotentiale zur Entwicklung eines kultur- underlebnisorientierten Tourismus festzustellen.

8 Zusammenfassung Mit dem Beitrag wurden die wirtschaftlichen Auswir-kungen der touristischen Erschließung in zwei Peripher-regionen untersucht. Dabei wurde deutlich, dass trotzeiner Reihe festgestellten positiver Impulse beide Touris-musprojekte mit erheblichen Defiziten behaftet sind, diesowohl den rein betriebswirtschaftlichenals auch den re-gionalökonomischen Erfolg deutlich mindern. Konzeptionund Durchführung von touristischen Erschließungsprojek-ten in peripheren Regionen stellen folglich hohe Anforde-rungen an die koordinierenden Institutionen. Unter demBlickwinkel der Einbindung regionaler Potentiale bestehtdabei eine prinzipielle Ambivalenz zwischen der Notwen-digkeit zu stimulierenden und regulierenden oderkompensierenden Interventionselementen. Damit sollallerdings in keinster Weise einer Dominanz des staat-lichen Handelns das Wort geredet werden. Wichtig ist es,eine Balance zwischen staatlichen und privatwirtschaftli-chen Akteuren zu finden, in der beide in einer gemein-samen Partnerschaft agieren. Das Fehlen eines zentralen– möglichst neutralen – Mediators, der den gesamtenProzeß von der Projektentwicklung über die Umsetzungs-schritte und kontinuierliche Zwischenevaluierungen bishin zur Vermarktung des touristischen Angebotes zumTeil selbst betreibt und begleitet, hat zumindest in denbeiden untersuchten Fallbeispielen zu suboptimalen Er-gebnissen bei der Entwicklung von Tourismusschwer-punkten in Peripherregionen geführt. Für beide Fallbeispiele gilt, dass sie nach einer erstenInvestitionswelle in eine stagnative Phase eingetretensind, da sich die Renditeerwartungen der Investoren nichterfüllt hatten und Folgeinvestitionen damit ausblieben,bzw. nur sehr zögerlich erfolgten. Für Tabarka zeichnetsich inzwischen ab, dass durch ein gemeinsames staatli-ches und privates Engagement versucht wird, das Projektüber die kritische Schwelle zum Take-Off zu bringen.Demgegenüber sind die in Ouarzazate von den relevantenAkteuren unternommenen Ansätze erst ansatzweise er-kennbar, so dass die weitere Entwicklung dieses Touris-musprojektes unsicher ist.

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