Der lange Krieg geht weiter: jihadistischer Terrorismus und seine Bekämpfung

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1 Kapitel 1 Der lange Krieggeht weiter: jihadistischer Terrorismus und seine Bekämpfung Joachim Krause In Deutschland ist die Vorstellung vorherrschend, dass Terrorismusein allge- meines und eher fernes (zudem unvermeidliches) Risiko darstelle und sich selten zu einer wirklichen Bedrohung auswachse. Die Gefahr terroristischer Anschläge sei für freiheitliche Gesellschaften fast ebenso unvermeidbar wie die Gefahr von Verkehrsunfällen und den damit verbundenen Toten. Wenn der Terrorismus zu bekämpfen sei, dann nur mit Polizei und Staatsanwaltschaft, bei ausdrücklicher Wahrung der Privatsphäre der deutschen Bürger. Die größte, mit dem Terroris- mus verbundene Gefahr bestünde darin, dass der freiheitliche Rechtsstaat infolge von Anti-Terrorismusmaßnahmen zerstört werde. 1 Das globale Lagebild des islamistischen, vorwiegend salafistischen Terro- rismus entwickelt sich mittlerweile in einer Weise, die geradezu diametral im Widerspruch zu dieser Ansicht steht. In der angelsächsischen Welt, aber auch bei vielen unserer europäischen Nachbarn, wird immer häufiger von einem „langen Krieg“ gesprochen, den ein transnationales radikal-islamistisches Netzwerk ge- gen den Rest der Welt führt. Die heimtückischen terroristischen Anschläge (oder deren Versuche), die wir aus unseren Breiten kennen meist radikalisierte junge Männer, die glauben mit einer Gewalttat ein Signal setzen zu müssen sind dabei bestenfalls ein Nebenkriegsschauplatz. Dahinter steht ein sehr viel tieferes Prob- lem, welches mit dem Begriff des langen Kriegesauch nur unzureichend um- schrieben ist und welches sich nicht nur auf al-Qaida beschränken lässt. Al-Qaida ist nur die Spitze des Eisberges, nur die selbst ernannte Avantgarde eines weit verzweigten Netzwerks von teilweise sehr unterschiedlichen salafistischen Jihadisten. 2 Die hauptsächlichen Gewalttaten dieses Netzwerkes finden heute 1 Ein typisches Beispiel für diese Denkart ist der Beitrag der Geschäftsführerin der Partei Die Piraten, Katharina Nocun, mit dem Titel „Der Überwachungsstaat ist der größte Anschlag“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.07.2013, S. 8 („fremde Federn“). 2 Salafistisch meint eine besonders strenge sunnitische Auslegung des Korans, wobei danach gestrebt wird, die Vorschriften des Korans so weit wie möglich im täglichen Leben anzuwenden. Anhänger des Salafismus sind nicht notwendigerweise militant und auf den Jihad „getrimmt“. Es gibt seit der Mitte des 20. Jahrhunderts aber eine militante und intolerante Variante des

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Kapitel 1 Der „lange Krieg“ geht weiter: jihadistischer Terrorismus und seine Bekämpfung

Joachim Krause

In Deutschland ist die Vorstellung vorherrschend, dass „Terrorismus“ ein allge-

meines und eher fernes (zudem unvermeidliches) Risiko darstelle und sich selten

zu einer wirklichen Bedrohung auswachse. Die Gefahr terroristischer Anschläge

sei für freiheitliche Gesellschaften fast ebenso unvermeidbar wie die Gefahr von

Verkehrsunfällen und den damit verbundenen Toten. Wenn der Terrorismus zu

bekämpfen sei, dann nur mit Polizei und Staatsanwaltschaft, bei ausdrücklicher

Wahrung der Privatsphäre der deutschen Bürger. Die größte, mit dem Terroris-

mus verbundene Gefahr bestünde darin, dass der freiheitliche Rechtsstaat infolge

von Anti-Terrorismusmaßnahmen zerstört werde.1

Das globale Lagebild des islamistischen, vorwiegend salafistischen Terro-

rismus entwickelt sich mittlerweile in einer Weise, die geradezu diametral im

Widerspruch zu dieser Ansicht steht. In der angelsächsischen Welt, aber auch bei

vielen unserer europäischen Nachbarn, wird immer häufiger von einem „langen

Krieg“ gesprochen, den ein transnationales radikal-islamistisches Netzwerk ge-

gen den Rest der Welt führt. Die heimtückischen terroristischen Anschläge (oder

deren Versuche), die wir aus unseren Breiten kennen – meist radikalisierte junge

Männer, die glauben mit einer Gewalttat ein Signal setzen zu müssen – sind dabei

bestenfalls ein Nebenkriegsschauplatz. Dahinter steht ein sehr viel tieferes Prob-

lem, welches mit dem Begriff des „langen Krieges“ auch nur unzureichend um-

schrieben ist und welches sich nicht nur auf al-Qaida beschränken lässt. Al-Qaida

ist nur die Spitze des Eisberges, nur die selbst ernannte Avantgarde eines weit

verzweigten Netzwerks von teilweise sehr unterschiedlichen salafistischen

Jihadisten.2 Die hauptsächlichen Gewalttaten dieses Netzwerkes finden heute

1 Ein typisches Beispiel für diese Denkart ist der Beitrag der Geschäftsführerin der Partei Die

Piraten, Katharina Nocun, mit dem Titel „Der Überwachungsstaat ist der größte Anschlag“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.07.2013, S. 8 („fremde Federn“).

2 Salafistisch meint eine besonders strenge sunnitische Auslegung des Korans, wobei danach

gestrebt wird, die Vorschriften des Korans so weit wie möglich im täglichen Leben anzuwenden. Anhänger des Salafismus sind nicht notwendigerweise militant und auf den Jihad „getrimmt“. Es

gibt seit der Mitte des 20. Jahrhunderts aber eine militante und intolerante Variante des

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nicht in der westlichen Welt statt, sondern vorwiegend in muslimischen Ländern

des Nahen und Mittleren Ostens, in Süd- und Zentralasien sowie in Nord- und

Ostafrika. Dort kämpfen – entweder allein stehend oder in der einen oder anderen

Weise mit al-Qaida verbunden – zwischen 130.000 und 170.000 schwer bewaff-

nete, radikalisierte und gewalttätige „Gotteskrieger“ gegen dortige Regierungen,

gegen internationale Organisationen, gegen Amerikaner und Russen, gegen Mus-

lime schiitischer und sunnitischer Gesinnung, gegen Christen, gegen Juden und

gegen alle, die ihren Vorstellungen von der Einführung eines Gottesstaats im

Wege stehen. Dabei werden Gewaltakte von einer Konsequenz, Brutalität und

Bestialität ausgeübt, die man seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr für denkbar

gehalten hat. Diese selbsternannten „Gotteskrieger“ stellen nicht nur die größte

Herausforderung für das in der Charta der Vereinten Nationen festgeschriebene

weltweite Gewaltverbot dar, sie stellen auch Jahrhunderte der Zivilisation in

Frage – nicht nur der westlichen, sondern auch der muslimischen Zivilisation.

Die Dimensionen dieses „langen Kriegs“ werden erkennbar, wenn man die

Daten Revue passieren lässt, die das Institut für Sicherheitspolitik auch in diesem

Jahr über terroristische Anschläge und deren Opfer weltweit zusammengestellt

hat (siehe ausführlich das nachfolgende Kapitel). Unter den zehn am meisten

betroffenen Ländern ist kein Staat Europas oder Nordamerikas, dafür finden sich

dort an der Spitze Irak, Pakistan und Afghanistan. Gäbe es verlässliche Daten

über Syrien, würde dieses Land ebenfalls weit vorne stehen. Tabelle 1 zeigt, dass

es im Jahr 2012 mindestens 4.364 terroristische Vorfälle und 8.253 Todesopfer

gegeben hat, das stellt eine deutliche Zunahme gegenüber den vorherigen Jahren

dar, wobei auch hier Syrien nicht mit eingerechnet werden konnte. Worüber diese

Zahlen keine Auskunft ausgeben, ist das Ausmaß der offenen Kämpfe zwischen

den vielen jihadistischen Milizen und Kampfgruppen auf der einen und ihren

Gegnern auf der anderen Seite sowie über die Art und Weise wie heute derartige

extremistische Gruppen bekämpft werden. Wenn vom „langen Krieg“ gesprochen

wird, dann wird damit darauf verwiesen, dass das Problem schon lange nicht

mehr mit dem Begriff „des Terrorismus“ erfasst werden kann, sondern dass es

um die Herausforderung durch den islamistischen (genauer gesagt: salafistischen)

Jihadismus geht. Nicht alle Anschläge, aber die deutliche Mehrheit gehen auf

Täter zurück, die dem gewaltbereiten, extremistischen Salafismus zugerechnet

Salafismus, für die der Ägypter Sayyit Qutb steht. Die Werke von Qutb waren maßgebend für die Entwicklung von bin Ladens politischer Ideologie des Jihads, d.h. die Verfolgung der

salafistischen Ziele durch kriegerische Mittel.

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werden müssen. Der Übergang zwischen Terrorismus und Guerillakrieg ist dabei

fließend. Die Zahlen vermitteln nur eine grobe Vorstellung davon, welche Di-

mensionen dieser „lange Krieg“ einnimmt. Zwischen 2008 und 2012 waren es

mehr als 40.000 Menschen, die in diesem Zusammenhang Opfer terroristischer

Gewalt geworden sind.

Tabelle 1: Terroristische Vorfälle und ihre Opfer 2008–2012

Summe 2008 2009 2010 2011 2012

Vorfälle 17.085 2.515 3.533 3.265 3.408 4.364

Todesopfer 42.701 8.532 9.754 8.893 7.269 8.253

Tabelle 2 und Tabelle 3 weisen die zehn am stärksten betroffenen Länder für den

Zeitraum zwischen 2008 und 2012 auf, unterschieden nach der Zahl der Vorfälle

(Tabelle 2) und nach der Zahl der Todesopfer (Tabelle 3). Neben Syrien, für das

keine zuverlässigen Daten vorliegen, sind der Irak, Pakistan und Afghanistan

derzeit die am stärksten vom islamistischen Terrorismus betroffenen Staaten.

Dahinter kommen Länder wie Indien, Nigeria, Russland aber auch Thailand.

Tabelle 2: Terroristische Vorfälle: die zehn am stärksten betroffenen Länder (2008-2012)

Land Vorfälle 2008 2009 2010 2011 2012

Irak 7.205 1.129 1.333 1.296 1.672 1.775

Afghanistan 3.254 400 792 797 684 581

Pakistan 2.204 179 218 217 299 1.291

Thailand 946 138 238 242 178 150

Philippinen 451 71 90 80 74 136

Russland 403 63 103 76 82 79

Indien 352 53 115 110 66 8

Kolumbien 347 19 52 40 108 128

Somalia 238 81 92 38 7 20

Israel 188 13 102 31 24 18

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Tabelle 3: Terroristische Vorfälle: die Länder mit den meisten Todesopfern (2008-2012)

Land Todes-opfer

2008 2009 2010 2011 2012

Irak 15.031 3.931 3.574 2.699 2.439 2.388

Afghanistan 8.731 1.373 2.051 1.866 1.803 1.638

Pakistan 7.472 1.058 1.476 1.581 1.157 2.200

Indien 1.605 601 287 484 222 11

Nigeria 1.293 3 49 294 362 585

Somalia 1.101 206 458 213 99 125

Thailand 902 152 245 182 182 141

Russland 768 97 225 205 143 98

Jemen 707 48 k.A. 83 98 478

Sudan 567 7 360 199 1 0

Der „lange Krieg“ ist nicht abgeflacht. Im Gegenteil, im vergangenen Jahr hat er

deutlich an Moment gewonnen. Eine Zeitlang schien es, als ob al-Qaida ange-

sichts des „arabischen Frühlings“ und des Todes von Osama bin Laden an

Schwung verliert und zudem in mehrere regionale Ableger zerfällt.3 Dieser Trend

hat sich geändert, mittlerweile hat sich al-Qaida zum Teil regeneriert. Im Wesent-

lichen sind es zwei Entwicklungen, die dazu beigetragen haben, dass das Lage-

bild heute anders aussieht als noch vor einem oder zwei Jahren:

- Der „arabische Frühling“ hat sich in einer Weise entwickelt, die für al-Qaida

und mit ihr verbündete jihadistische Milizen vermehrt Anknüpfungspunkte

schafft, um ihre Botschaft zu verbreiten und ihre Anhängerschaft zu vergrö-

ßern. Die Zeiten, wo der „arabische Frühling“ das Narrativ von al-Qaida zu

widerlegen schien, sind vorbei.

- Al-Qaida ist dabei sich neu aufzustellen. Zwar bleibt der alte al-Qaida-Kern

geschwächt, aber die regionalen Ableger im Irak und Syrien sowie in Nordaf-

3 Vgl. Gerges, Fawaz: The Rise and Fall of al-Qaeda, Oxford 2011; Krause, Joachim: Al Qaida

nach bin Laden. Die strategische Relevanz des islamistischen Terrorismus, in: Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel: Jahrbuch Terrorismus 2011/2012, Opladen 2012, S.

39–73, S. 46 ff.; siehe auch Mohamedou, Mohammad-Mahmoud Ould: The Rise and Fall of Al

Qaeda. Lessons in Post-September 11 Transnational Terrorism, Geneva Centre for Security Pol-icy, Genf 2011; Rid, Thomas: „Risse im Jihad“, in: Internationale Politik, Jg. 66, Heft 1 (2011),

S. 10–19; Brooks, Peter: „Is Al Qaeda Really ‚on the Ropes’?“, nypost.com, 07.09.2011.

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rika und auf der arabischen Halbinsel nehmen an Bedeutung zu und formie-

ren sich zu neuen Aktivitäten. Die Ereignisse in Mali haben dies ebenso ge-

zeigt wie die Zunahme der terroristischen Anschläge im Irak, im Jemen und

in Pakistan sowie die Einmischung von al-Qaida im syrischen Bürgerkrieg

und neuerdings auch in Ägypten. Al-Qaida ist pluraler geworden (mit mehr

Kraftfeldern) und stärker auf regionale Entwicklungen konzentriert. Aber das

Netzwerk bleibt handlungsfähig, es zieht mehr und mehr Kämpfer auf seine

Seite und es vermag trotz interner Streitigkeiten und trotz der internationalen

Anti-Terrorismusmaßnahmen eine gewisse Form der effektiven Zusammen-

arbeit zu organisieren, die dazu dienen soll, der weltweiten jihadistischen

Bewegung ein Ziel und strategische Orientierung zu geben.

Dadurch stellt sich die Frage nach der Bedrohung durch al-Qaida heute anders als

vor zehn oder 15 Jahren, aber auch schon anders als vor zwei Jahren. Die Bedro-

hungsperzeption von 2001, wonach al-Qaida eine relativ kleine, homogene und

weitgehend hierarchisch gegliederte Terroristenorganisation sei, die sich primär

der Bekämpfung der USA und des Westens verschrieben habe, ist heute nicht

mehr aufrecht zu erhalten. Aus al-Qaida ist ein global operierendes Netzwerk

geworden, dessen Elemente primär regionale Ziele verfolgen (unter anderem

auch, um keine US-Interventionen zu riskieren) und die sich nicht einem fernen

Zentrum unterwerfen, dessen Rat und Hilfe sie aber immer wieder in Anspruch

nehmen. Andererseits bleibt die Gemeinsamkeit der politischen Zielsetzungen

bestehen ebenso wie die Bereitschaft brutalste Gewalt anzuwenden. Diese Gewalt

wendet sich primär gegen Menschen in muslimischen Ländern, aber es ist keines-

falls auszuschließen, dass diese Gewalt auch wieder vermehrt westliche Länder

ins Visier nimmt. Unter Bedingungen von Kooperation und Konkurrenz unter

den al-Qaida Ablegern ist zu befürchten, dass ein Wettbewerb darüber entstehen

kann, wer den USA und anderen westlichen Mächten den größten Schaden zufü-

gen kann.4 Außerdem ist mit Blick auf die Bedrohungsanalyse die Tatsache kein

Trost, dass die al-Qaida Ableger vorwiegend eine regionale Agenda verfolgen.

Auf mittlere Sicht kann eine erfolgreiche regionale Agenda (d.h. die Machtüber-

nahme in muslimischen Ländern, besonders wenn diese ein erhebliches militäri-

sches Potenzial aufweisen) viel gefährlicher für den Westen sein als terroristische

Anschläge.

4 Vgl. Atwan, Abdel Bari: After bin Laden. Al-Qa'ida, the Next Generation, New York 2012; s.a.

Riedel, Bruce: “The Coming Age of al-Qaeda 3.0”, thedailybeast.com, 06.08.2013.

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Wohin sich die Bedrohungslage in den kommenden Jahren entwickeln wird, ist

schwer vorhersehbar, denn eine Reihe von Widersprüchen bleibt bestehen. Auf

der einen Seite ist das Netzwerk in der Lage, koordiniertes Handeln herzustellen,

Schwerpunkte zu bilden und neue Gelegenheiten optimal zu nutzen, wie etwa den

Bürgerkrieg in Syrien. Auf der anderen Seite bestehen die Risse innerhalb des

Systems weiter fort und neue Kraftzentren bilden sich aus dem Netzwerk heraus,

die teilweise miteinander kooperieren, teilweise konkurrieren. Die sich aus dem

Nebeneinander von Konkurrenz und Kooperation ergebende Dynamik ist derzeit

schwer zu prognostizieren. Von daher ist weder Alarmismus angesagt noch sollte

man sich mit der Feststellung beruhigen lassen, dass die Schwerpunkte der al-

Qaida zugehörigen oder ihr nahestehenden Gruppen primär regionaler Natur sind.

Die Schwerpunktsetzung kann sich binnen kurzer Frist massiv wandeln.

Angesichts dieser veränderten Bedrohungslage muss der Blick auch auf die

Angemessenheit der westlichen Anti-Terrorismuspolitik fallen. Seit September

2011 hat sich ein dichtes Netz von Politiken, Strategien und Instrumenten entwi-

ckelt, mit deren Hilfe Terrorismus bekämpft wurde. Für viele Bereiche der Terro-

rismusbekämpfung sind in den vergangenen Jahren jedoch auch Grenzen sichtbar

geworden. Zahlreiche Maßnahmen sind Gegenstand heftiger Kontroversen ge-

worden, wie z.B. Statebuilding, Counterinsurgency und die Nutzung von bewaff-

neten Drohnen zur Bekämpfung von Terroristen. Die Enthüllungen des „Whis-

tleblowers“ Edward J. Snowden über die Abhörpraxis amerikanischer und briti-

scher Geheimdienste im Sommer 2013 haben mittlerweile auch zu einer grund-

sätzlichen Infragestellung der Rolle von Nachrichtendiensten geführt.

Beide hier geschilderten Entwicklungen sind in der Kombination problema-

tisch: Sie weisen die Möglichkeit auf, dass wir es in den kommenden Jahren

einerseits mit einer vielfältigeren Bedrohungslage durch das Netzwerk al-Qaida

zu tun haben werden, die sich primär als „Bürgerkrieg“ in Ländern des Nahen

und Mittleren Osten, Südasiens und Nordafrikas abzuspielen scheint, aber letzt-

lich zu einer absehbaren strategischen Langzeitbedrohung für uns wird und die

sich kurzfristig in Anschlagsbedrohungen niederschlägt. Andererseits nehmen die

Prozesse der politischen und rechtlichen Selbstbindung westlicher Staaten bei der

Terrorismusbekämpfung zu.

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Al-Qaida und die „Arabellion“

Der „Arabische Frühling“, auch „Arabellion“ genannt, begann im Frühjahr 2011

erst in Tunesien und Ägypten und breitete sich dann nach Marokko, Libyen,

Syrien und dem Jemen aus. Die Rebellionen entstanden teilweise aus der bürger-

lichen Mitte der Gesellschaft heraus, teilweise lagen ihnen aber auch tribale und

religiöse Motive zugrunde oder einfach nur der Wunsch nach politischer und

ökonomischer Gleichberechtigung. Auch in Bahrain kam es zu Demonstrationen,

allerdings eher angeregt durch das Bestreben der schiitischen Bevölkerung nach

politischer Gleichbehandlung. Während es 2012 in Tunesien und Ägypten zum

weitgehend friedlichen Übergang in Richtung Demokratie kam (allerdings mit

radikal-islamistischen Parteien als stärkster politischer Kraft) und auch Marokko

sich zu einer konstitutionellen Monarchie entwickelte, wurden in Syrien und in

Libyen die Proteste gewaltsam unterdrückt. In Libyen konnten sich die oppositi-

onellen Kräfte Dank westlicher Militärhilfe durchsetzen, in Syrien gab es diese

Hilfe nicht, seither tobt dort ein Bürgerkrieg, der vermutlich mehr als 110.000

Menschen das Leben gekostet hat. In Jemen ist ein politischer Übergangsprozess

eingeleitet worden, dessen Ausgang ungewiss ist, weil das Land durch verschie-

dene gewaltsame Konflikte zersplittert ist. In Bahrain hat der herrschende Mo-

narch zumindest einen nationalen Dialog eingeleitet, der allerdings vom Iran

massiv gestört wird.

Bis vor einem Jahr galt als Mehrheitsmeinung, dass der Verlauf des Arabi-

schen Frühlings al-Qaida schwäche. Die Ereignisse würden das Narrativ von al-

Qaida widerlegen, wonach politischer Wandel in der arabischen Welt nur durch

einen bewaffneten Kampf (Jihad) möglich wäre, der erst einmal gegen die USA

gerichtet sein müsste. Auch der Verlust des ursprünglich „säkularen und bürgerli-

chen“ Charakters der Revolutionen und die Dominanz islamistischer politischer

Parteien schien nicht al-Qaida in die Hände zu spielen. Die Tatsache, dass isla-

mistische (und selbst salafistische) Parteien in Ägypten und Tunesien an Parla-

mentswahlen teilnahmen, sogar erfolgreich abschnitten und in Ägypten ein Ver-

treter der Muslimbrüder Präsident wurde, widersprach der militanten Ideologie

von al-Qaida. Mittlerweile haben sich die Dinge jedoch dramatisch gedreht. Ver-

antwortlich dafür ist hauptsächlich die Entwicklung in Ägypten, wo die

Muslimbrüder die ihnen verliehene Macht missbrauchten und nach entsprechen-

den Willensbekundungen von Dutzenden von Millionen von Ägyptern im Juli

2013 vom Militär gestürzt wurden. Der Sturz von Präsident Mursi war Wasser

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auf den Mühlen radikaler Jihadisten, die schon immer gepredigt hatten, dass

Demokratie nach westlichem Muster nichts bringe. Aber auch in anderen Ländern

(Libyen, Jemen) hat sich die Situation dergestalt entwickelt, dass neue Einfluss-

möglichkeiten für al-Qaida entstanden sind. In der unübersichtlichen Lage im

heutigen Libyen, unter Salafisten in Tunesien und Jemen sowie unter den frus-

trierten Gegnern des Assad-Regimes in Syrien gewinnen Parolen von al-Qaida

wieder Anhänger und die Organisation bemüht sich, diese Potentiale auch zu

nutzen.

Die Neuformierung von al-Qaida

Al-Qaida kann die neuen Gelegenheiten in der arabischen Welt deshalb nutzen,

weil es dem Netzwerk gelungen ist, die Schwächephase der Jahre zwischen 2010

und 2012 zu überwinden und sich neu aufzustellen. Al-Qaida unterschied sich

bereits vor zwei Jahren deutlich von derjenigen Organisation, die sie im Jahre

2001 darstellte. Gegenwärtig ist sie dabei sich erneut zu reformieren. Es bildet

sich eine neue Struktur heraus, die weniger hierarchisch ist, sondern die man als

Netzwerk begreifen muss, innerhalb dessen es unterschiedliche Kraftzentren und

verschiedene Formen der Kooperation aber auch der Konkurrenz gibt. Al-Qaida

ist im Wesentlichen ein Netzwerk aus verschiedenen jihadistischen Bewegungen,

welche sich um einen „Kern“ herum gruppieren, wobei es Unterschiede gibt

bezüglich der Nähe der einzelnen Kraftzentren zu dem Kern. Das Netzwerk hat

eine innere Schale – das sind die Organisationen, die sich zu den Zielen von al-

Qaida bekennen und die einen Eid auf die Führung von al-Qaida geschworen

haben – und eine äußere Schale – das sind Organisationen, die eine salafistische

und jihadistische Zielsetzung verfolgen und mit al-Qaida zusammenarbeiten, die

aber Wert darauf legen ihre meist regionale Zielsetzung autonom zu bestimmen.

Während die innere Schale zumeist aus Milizen unterschiedlicher Größe besteht,

finden sich in der äußeren Schale neben Milizen auch Organisationen, die klein

sind und weitgehend im Untergrund arbeiten um Anschläge zu verüben oder um

neue Jihadisten zu rekrutieren. Auch Einzeltäter und selbstradikalisierte

Jihadisten zählen zu der äußeren Schale. Manche Beobachter nennen das Netz-

werk von al-Qaida auch ein „Syndikat“, d.h. ein Verbund unterschiedlicher Orga-

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nisationen, die bei aller Verschiedenheit ein Satz gemeinsamer Ziele einigt.5 Der

„Kern“ (das Hauptquartier) sitzt weitgehend – aber offenbar nicht völlig isoliert –

im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet und dürfte aus einer Reihe von Kadern

um den al-Qaida Chef Ayman az-Zawahiri bestehen. Zum Kern gehört auch eine

Truppe von bewaffneten Männern (die „Schattenarmee“), deren Aufgabe es ist,

die Führungsgruppe zu verteidigen und Verbindung zu den in Afghanistan und

Pakistan operierenden verbündeten Milizen zu halten. Dieser „Kern“ umfasst

wenige hundert Mann, die im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet zwar einer

ständigen Bedrohung durch Drohnenangriffe, Kommandotrupps der USA oder

Säuberungsaktionen der pakistanischen Streitkräfte ausgesetzt sind, die aber

dennoch operationsfähig bleiben.

Zur inneren Schale des Netzwerks gehören neben dem „Kern“ fünf regionale

Organisationen, die sich formell (d.h. durch Eid auf die al-Qaida Führung) dem

„Kern“ unterstellt haben:

- Der „Islamische Staat im Irak“ (früher „al-Qaida in Mesopotamien“ und auch

als „Tanzim Qai’dat al-Jihad fi Bilad al-Rafidayn“ bekannt), seit Anfang

2013 unter dem Namen „Islamic State of Iraq and the Levant“ (ISIL) firmie-

rend, der manchmal auch „Islamic State of Iraq and Syria“ genannt wird.

- Die jihadistische „Jabhat al-Nusra“ Miliz in Syrien, die sich al-Qaida ange-

schlossen hat.

- Die Bewegung „Al-Qaida im Islamischen Maghreb“ (AQIM).

- Die Bewegung „Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel“ (AQAP)

- Die Miliz „al-Shabab“ in Somalia, die sich al-Qaida angeschlossen hat.

Diese regionalen Ableger von al-Qaida (englisch: affiliates) nehmen an Stärke

und Bedeutung zu und sind zahlenmäßig umfangreicher als der alte Kern. Sie

erkennen aber die Führung durch az-Zawahiri an und profitieren von der Unter-

stützung, die die Zentrale ihnen gewährt. Es gibt jedoch immer wieder Tendenzen

zur Demonstration von Unabhängigkeit. Sie kooperieren untereinander, aber es

gibt Rivalitäten unter ihnen, die teilweise gewaltsam ausgetragen werden (was

keinen überraschen sollte, handelt es sich um extrem gewaltbereite und in der

Regel kompromisslose Männer). Ursprünglich war die Struktur von al-Qaida

5 Joscelyn, Thomas: „Global al Qaeda: Affiliates, objectives, and future challenges“, longwarjour-

nal.org, 18.07.2013: „In my view, al Qaeda is best defined as a global international terrorist net-

work, with a general command in Afghanistan and Pakistan and affiliates in several countries. Together, they form a robust network that, despite setbacks, contests for territory abroad and still

poses a threat to U.S. interests both overseas and at home“.

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hierarchisch, d.h. der al-Qaida Kern im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet

behielt sich die wichtigsten strategischen und taktischen Entscheidungen vor.

Heute ist die Struktur weniger zentralistisch, eher gibt es mehrere Zentren, unter

denen offenbar eine Art Arbeitsteilung bei gleichzeitiger Anerkennung eines

Primats des al-Qaida Führers Ayman az-Zawahiri besteht. Worin dieses „Pri-

mat“ besteht, ist aber nicht eindeutig erkennbar: Wird az-Zawahiri als unbeding-

ter „Führer“ anerkannt, dessen Votum von allen akzeptiert wird? Oder nimmt er

eher die Rolle eines elder statesmen ein, dessen Rat gesucht und häufig auch

befolgt wird, der aber nur wenig Durchsetzungskraft besitzt, wenn seine Ent-

scheidung auf der regionalen Führungsebene Widerspruch findet? Manches

spricht dafür, dass Letzteres der Fall ist, aber es gibt zu wenig verlässliche Infor-

mationen als dass man her ein klares Urteil fällen könnte.

Offenkundig ist aber eine Änderung zu beobachten, bei der der al-Qaida-

Kern Kompetenzen an seine regionalen Ableger abgibt. Ein deutliches Indiz für

diesen Strukturwandel war die „Berufung“ des Emirs von al-Qaida auf der Arabi-

schen Halbinsel (AQAP), Nasir al-Wuhayshi, zum Generalmanager von al-Qaida

im Sommer 2013.6 Das hat als Konsequenz, dass dieser für die militärischen

Aktionen sowie für die Kommunikationsabteilung des gesamten Netzwerkes

zuständig ist. Dies wurde offenkundig als im August 2013 die US-Regierung eine

nachhaltige Terrorismus-Warnung herausgab.7 Anlass dazu war, dass sie zuvor

über mehrere Wochen hinweg eine intensive Kommunikation zwischen al-

Wuhayshi und Zawahiri sowie 20 weiteren regionalen Führern abgehört hatte, bei

der es um eine geplante Großaktion ging.8 Aber die al-Qaida-Führung entsendet

auch Beauftragte, die in bestimmten Ländern dafür sorgen sollen, dass al-Qaida

Zellen aufgebaut werden oder bestehende Organisationen dazu bewegt werden,

sich dem Netzwerk anzuschließen. Einer dieser Beauftragten war der im Oktober

2013 in Libyen festgenommene Abu Anas al-Libi, ein hochrangiges Führungs-

mitglied von al-Qaida.9 Dies alles weist auf eine neue Struktur des Netzwerkes

6 Roggio, Bill: „Wuhayshi imparted lessons of AQAP operations in Yemen to AQIM“, longwar-

journal.org, 12.08.2013. 7 Joscelyn, Thomas/Roggio, Bill: „AQAP's emir also serves as al Qaeda's general manager“,

longwarjournal.org, 06.08.2013.

8 Joscelyn, Thomas/Roggio, Bill: „Recent embassy closures triggered by Zawahiri communica-tions with multiple subordinates“, longwarjournal.org, 09.08.2013; s.a. Schmitt, Eric/Schmidt,

Michael S.: „Qaeda Plot Leak Has Undermined U.S. Intelligence“, nytimes.com, 30.09.2013.

9 O.V.: „USA fassen Top-Terroristen in Libyen“, DPA Meldung vom 06.10.2013. Zur Rolle von al-Libi vgl. US. Department of Defence: „Al Qaeda in Libya: A Profile“, August 2012,

www.defense.gov.

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hin, welches nicht durch flache Hierarchien gekennzeichnet ist, sondern durch

mehrere hierarchische Zentren, die eben miteinander und untereinander teils

kooperieren, teils konkurrieren.

Ob damit die Kompetenzen innerhalb der Führungsebene des Netzwerkes ge-

regelt sind, bleibt offen. Es gibt zumindest Hinweise auf ungeklärte Probleme,

etwa die Frage, ob die syrische Miliz Jabhat al-Nusra direkt der al-Qaida Füh-

rung (d.h. Ayman az-Zawahiri) unterstellt ist oder dem irakischen al-Qaida Führer

Abu Bakr al-Baghdadi, der seine Organisation in „Islamischer Staat für den Irak

und die Levante“ umbenannt hat, um diesen Anspruch zu untermauern. Dieses

Ansinnen wurde von Ayman az-Zawahiri abgelehnt, aber es ist unklar ob er sich

damit wirklich durchsetzen konnte oder ob die Fragen erst einmal aufgeschoben

worden sind.10

Die äußere Schicht des Netzwerks bilden regionale (manchmal auch regio-

nenübergreifende) militante jihadistische Organisationen, die sich mit al-Qaida

verbinden, ohne dass sie sich unterordnen und die ihre eigenen Ziele verfolgen.

Dabei kann es sich um größere Milizen handeln (wie die pakistanischen und die

afghanischen Taliban oder das Haqqani-Netzwerk) oder um kleinere Untergrund-

bewegungen (wie die Islamische Jihad Union).11

Eine Übersicht über das Netz-

werk von al-Qaida mit seinen unterschiedlichen Milizen und Gruppen findet sich

im Anhang zu diesem Artikel.

Als Folge der Neuaufstellung von al-Qaida kommt es zu einer Neuakzentuie-

rung der Bedrohung durch das Netzwerk. Diese ist primär in den Regionen zu

spüren, in denen das Netzwerk die größte Anhängerschaft hat: in Afghanistan,

Pakistan, Irak, Syrien, Jemen, Somalia und Nordafrika. Sie erzeugt in ihren Se-

kundärfolgen aber neue terroristische Bedrohungen in Europa, Nordamerika,

Russland, Indien, Südasien und Afrika. Denn alle diese Gruppen gehen weiterhin

davon aus, dass die Schwächung des Westens (vor allem der USA) durch terroris-

tische Akte Teil ihres Kampfes ist, wobei es durchaus Unterschiede in der Auf-

fassung darüber gibt, in wieweit dieses Moment Teil des Jihads sein soll. Einige

al-Qaida-Ableger scheinen primär regionale Ziele zu verfolgen, andere stärker

globale Ziele. Dies macht letztlich keinen großen Unterschied aus. Entscheidend

ist die gemeinsame salafistische und jihadistische Ausrichtung, die von diesen

Gruppen mit großer Konsequenz und Bestialität verfolgt wird und die regionale

10 Vgl. Joscelyn, Thomas: „Islamic State of Iraq leader defies Zawahiri in alleged audio message“, longwarjournal.org, 15.06.2013.

11 Vgl. Krause: Al Qaida nach Bin Laden, S. 45.

12

wie globale Ziele kennt. Ob bei der einen Gruppe derzeit eher die regionalen, bei

der anderen eher die globalen Ziele im Vordergrund stehen, hat oft taktischen,

weniger strategischen Wert und kann sich jederzeit in die eine oder die andere

Richtung verschieben.12

Wenn sich diese Gruppen untereinander streiten und

befehden, kann das mit Genugtuung zur Kenntnis genommen werden. Ob daraus

Ansatzpunkte für eine bessere Bekämpfung entstehen und ob bzw. wie diese

genutzt werden, wird sich erst zeigen müssen.

Die Tatsache, dass manche al-Qaida-Ableger und andere mit al-Qaida zu-

sammen arbeitende Milizen primär regionale Ziele verfolgen, sollte auch kein

Grund zur Beruhigung oder zur Zufriedenheit sein. Wenn sie untereinander kon-

kurrieren ist zu befürchten, dass dabei eine Konkurrenz darüber entstehen kann,

wer den effektivsten Großanschlag im Westen durchführen kann. Der Verweis

auf die regionale Agenda der jeweiligen al-Qaida Bewegungen und der mit ihr

verbündeten Milizen sollte zudem nicht darüber hinweg täuschen, dass gerade in

kritischen Regionen die Bedrohung durch al-Qaida eine Dimension bekommt, die

über terroristische Gefährdungen weit hinaus geht: Wo immer al-Qaida-Ableger

erfolgreich sind bei dem Versuch der Eroberung und Kontrolle zusammenhän-

gender Territorien (insbesondere der Kontrolle über Staaten mit erheblichem

strategischen Potential), werden daraus strategische Bedrohungen europäischer

Interessen im Nahen und Mittleren Osten entstehen, die von viel weitreichender

Natur sind als die bisherigen terroristischen Gefahren.

Schwerpunkte der Aktivitäten von al-Qaida

Im Wesentlichen ist es weiterhin Zielsetzung des Netzwerks die verschiedenen

regionalen Kampfschauplätze des Jihads zu koordinieren und ihnen eine strategi-

sche Richtung zu geben. Das Netzwerk organisiert die Ausbildung von Kämpfern,

es hilft beim Austausch von Informationen strategischer und taktischer Natur und

es bemüht sich Kämpfer zu rekrutieren sowie Finanzmittel aufzutun und diese

dorthin zu verschieben, wo sie gebraucht werden. Was die strategische

Richtungsgebung betrifft, so ist die Erfolgsbilanz als gemischt zu bezeichnen.

12 Joscelyn, Thomas: „Global al-Qaeda: Affiliates, objectives, and future challenges“, in: The Long

War Journal, 18.7.2013, [http://www.longwarjournal.org/archives/2013/07/global_al_qaeda_affi.

php].

13

Auf der einen Seite ist es als Erfolg für al-Qaida zu bewerten, dass die verschie-

denen regionalen und lokalen salafistischen Jihad-Bewegungen miteinander ko-

operieren und einander unterstützen, auf der anderen Seite ist es der al-Qaida

Führung selten gelungen, Ablegerorganisationen oder Verbündete zum Einlenken

bei strategisch wichtigen Richtungsentscheidungen zu bewegen.

Was die Vermittlung von Jihadisten betrifft, so ist al-Qaida in den vergange-

nen zwei Jahren erfolgreicher denn je gewesen. Hauptzentrum der Vermittlungs-

aktivitäten war und ist Syrien, wo mittlerweile zwischen 6.000 und 10.000 aus-

ländische Jihadisten tätig sind. Wie die Mechanismen ablaufen, mit deren Hilfe

immer mehr junge Männer aus unterschiedlichen Ländern innerhalb des Netz-

werkes verschoben werden, ist aber weitgehend unbekannt. Es gibt vermutlich

keine zentrale Vermittlungsstelle, aber viele Institutionen, die zur Verfügung

stehen um Islamisten Wegweisung zu geben, wie sie dahin gelangen, wo derzeit

der größte Bedarf für jihadistische Kämpfer ist. Viele reisen aber auch auf eige-

nes Risiko, oft ohne klare Vorstellung was sie dort erwartet.

Das Netzwerk wird weiterhin dazu genutzt, um Finanzmittel zu transferieren.

Angesichts des massiven internationalen Drucks auf die globalen Finanzinstituti-

onen ist al-Qaida immer stärker auf informelle und weitgehend aufwändige

Transaktionsverfahren angewiesen. Der Zustrom neuer Finanzmittel erfolgt of-

fenbar immer dezentraler und kann sich dort am ehesten entfalten, wo konkrete

Ereignisse (wie der Bürgerkrieg in Syrien) fromme Muslime in arabischen Län-

dern dazu bewegen Gelder für Einrichtungen zu geben, die den Kampf von radi-

kalen Jihadisten finanzieren. Im Bezug auf Syrien ist die Entwicklung inzwischen

so weit gediehen, dass Geldgeber sich aus unterschiedlichen Milizen diejenige

aussuchen können, die ihnen am besten gefällt. Bei großen Donationen sind Mili-

zen auch bereit sich nach dem Spender zu benennen oder einen von diesem ge-

wählten Namen anzunehmen.13

Weiteres Ziel ist es, das Internet und andere Medien zu nutzen, um die politi-

sche Botschaft von al-Qaida weiter zu tragen, aber auch um taktische und techni-

sche Ratschläge zu verbreiten. Ein Großteil der Kommunikation beinhaltet Fra-

gen taktischer Natur. Etwa: Welche Arten von Angriffen versprechen unter wel-

chen Bedingungen den größten Effekt? Welche Vorsichtsmaßnahmen kann man

gegen US-Drohnen einsetzen? Oder welche neuen technischen Entwicklungen

lassen sich für den Jihad am besten nutzen? Allerdings steht al-Qaida immer

13 Warrick, Joby: „Private donations give edge to Islamists in Syria, officials say“, washington-

post.com, 22.09.2013.

14

wieder vor dem Dilemma, dass diese Kommunikation nicht erfolgen kann, ohne

deren Teilnehmer in Gefahr zu bringen. Angesichts der Dominanz der USA im

Internet und den Entwicklungen im Bereich der Signal-Intelligence steht heute

jede Form der elektronischen Kommunikation innerhalb des Netzwerks von al-

Qaida unter Risiko. Von daher wird ein Großteil der Debatte darüber geführt, wie

man mit Verschlüsselungs- oder Verschleierungstechnologien das Internet nutzen

kann, wie man Telefonkontakt halten kann ohne in Gefahr zu geraten, und wie

man analoge (oder primitive) Formen der Kommunikation nutzen kann (z.B.

Kuriere).

Das Netzwerk al-Qaida unterhält zudem ein eigenes, teilweise offenes Kom-

munikationssystem, in dessen Rahmen Informationen, Propagandamaterial und

„Ratschläge“ vertrieben werden. An erster Stelle ist hier die „As-Sahab Stif-

tung“ für Islamische Medien Publikationen zu nennen, die die Produktionsstelle

von al-Qaida zur Verbreitung von Medienbotschaften ist. Sie untersteht offenbar

direkt dem „Kern“ von al-Qaida. Daneben gibt es noch al-Fair Media Center und

Global Islamic Media Front, die dem ISIL nahe stehen, aber auch Botschaften

anderer al-Qaida Ableger herausbringen. Dabei handelt es sich entweder um

Videobotschaften politischen oder religiösen Inhalts, aber auch um technische

Ratgeber, etwa wie man Drohnenangriffen entgehen kann, wie man sich vor Ab-

höraktionen westlicher Geheimdienste sichern kann etc. Neuerdings werden die

sozialen Medien im Internet, wie Twitter, Facebook und Youtube verstärkt von

Jihadisten genutzt, um ihre Botschaften zu verbreiten, um neue Mitglieder zu

werben und um regelrecht Fundraising-Kampagnen durchzuführen.14

Seit Juli

2010 bringt al-Qaida auf der arabischen Halbinsel (AQAP) im Internet auch ein

englischsprachiges Magazin heraus („Inspire“), welches ideologische Botschaften,

Berichte über terroristische Angriffe und Debatten über politische sowie militäri-

sche Fragen enthält. Das Magazin versucht vor allem Prozesse der Selbstradikali-

sierung von jungen Muslimen in der westlichen Welt zu befördern.15

Ein Bereich, wo das Netzwerk zusammenarbeitet und wo es auch Erfolge

aufweisen kann, ist die Befreiung gefangener Jihad-Kämpfer. Im Rahmen so

genannter „Jailbreaks“ werden dabei ganze Gefängnisanlagen von Dutzenden von

Jihadisten überfallen und ein Massenausbruch aller Gefangenen organisiert. Die

eigenen Anhänger werden dann herausgefischt und wieder in das Netzwerk inte-

14 Warrick, Joby: „Islamist Rebels in Syria use faces of the dead to lure the living“,

washingtonpost.com, 05.11.2013. 15 Ambinder, Marc: „Al Qaeda’s First English Language Magazine Is Here“, theatlantic.com,

30.06.2010.

15

griert. Schon im Jahr 2011 war es al-Qaida und den Taliban gelungen in Herat

(Afghanistan) den erfolgreichen Ausbruch von über 400 Gefangenen zu bewerk-

stelligen. Als Zeichen für die Fähigkeit des Netzwerkes zu gemeinsamen Aktio-

nen kam es im Sommer 2013 zu mehreren jailbreaks innerhalb einer Woche, und

zwar von Libyen über Irak, Afghanistan bis hin nach Indonesien.16

Die einzelnen

jailbreaks der Jahre 2012 und 2013 sind in Tabelle 4 aufgeführt.

16 Mazetti, Mark: „Interpol Asks Nations to Help Track Terror Suspects Freed in Prison Breaks“,

nytimes.com, 03.08.2013.

Tabelle 4: Gefängnisausbrüche mit al-Qaida-Hintergrund 2012 und 2013

Datum Ort Tote Befreite Erklärung

15.01.2012 Ramadi, Irak 13 0 Versuch mehrere ranghohe al-Qaida-Häftlinge zu befreien,

u.a. mit koordinierten Selbstmordanschlägen, Anschlag

misslang

16.02.2012 Kogi,

Nigeria

119 Anschlag von Boko Haram auf Bezirksgefängnis, Teil der

Befreiten gehörten der Bewegung an

24.02.2012 Gombe,

Nigeria

12 0 Fehlgeschlagener Versuch von Boko Haram Kämpfer aus

Gefängnis zu befreien

15.04.2012 Bannu, Pakis-

tan

384 Angriff der TTP mit etwa 150 Mann auf Gefängnis, unter den

Befreiten sind etwa 200 Taliban

28.09.2012 Tikrit,

Irak

16 50 + Nach der Explosion einer Autobombe am Eingang eines

Gefängnisses dringen als Polizisten verkleidete Terroristen in

das Gefängnis ein und befreien etwa 50 Jihadisten

22.02.2013 Ganye, Nige-

ria

25 127 Teil eines Überfalls von Boko Haram auf die nordnigeriani-

sche Stadt Ganye; unter den befreiten Gefangenen viele Boko

Haram Angehörige

01.06.2013 Niamey,

Niger

2 22 Aufstand von Gefängnisinsassen, der von Boko Haram unter-

stützt war, ein Mitglied von AQIM konnte entkommen

11.07.2013 Medan, Indo-

nesien

k.A. 218 Angriff auf Gefängnis von Medan führt zur Freilassung von 4

islamistischen Terroristen

21.07.2013 Abu Ghraib

und Tajib,

Irak

50 500 Gleichzeitig stattfindende Angriffe von ISIL auf zwei Ge-

fängnisse, z.T. unter Beteiligung des Personals, führen zur

Freilassung von hunderten Jihadisten

27.07.2013 Bengasi,

Libyen

k.A. 1.117 Nach Unruhen vor dem Gefängnis von Kuafiya und einem

Angriff auf das Gefängnis konnten 1117 Gefangene entkom-

men, darunter viele radikale Islamisten

29.07.2013 Dera Ismail

Khan,

Pakistan

12 250 Organisierter Angriff mit Waffengewalt auf ein Gefängnis

durch TTP, unter den Befreiten viele TTP Angehörige, da-

runter 20 Terroristen

17

Regionale Schwerpunkte der al-Qaida Aktivitäten

Das Netzwerk bildet heute Dank der unterschiedlichen Ableger und Kooperati-

onspartner regionale Schwerpunkte, welche sich nach den verschiedenen „Kriegs-

schauplätzen“ unterscheiden lassen. Diese sind, neben Afghanistan und Pakistan,

Syrien, Irak, Jemen, Somalia, sowie große Teile der Sahara und Nigeria. Daneben

sind Zentralasien, der Kaukasus und Südostasien ebenfalls Schauplätze, aber

derzeit noch von geringerer Bedeutung. Ägypten, Libyen und Tunesien sind Län-

der, bei denen erkennbar ist, dass sie in das Blickfeld von al-Qaida geraten sind.

Auf jedem dieser Schauplätze entwickeln sich die Dinge unterschiedlich, sie

stehen aber in Austauschrelationen miteinander und das Netzwerk al-Qaida ver-

sucht, seine Aktivitäten zu koordinieren und strategisch zu steuern.

Afghanistan und Pakistan

Beide Länder bilden ein Gebiet, in dem heute die weltweit größte Menge an

Jihadisten und radikal-islamistischen Kämpfern operieren, zumeist, aber keines-

falls ausschließlich in den paschtunisch besiedelten Gebieten. Zusammen ge-

nommen dürften in beiden Ländern zwischen 80.000 und 85.000 Kämpfer und

Aktivisten radikal-islamistischer Milizen aktiv sein, die abwechselnd gegen die

jeweilige Regierung, gegen ausländische Truppen, gegen Inder oder gegen Schii-

ten mit meist terroristischen Methoden oder mit Mitteln des Guerillakrieges vor-

gehen und teilweise ganze Gebiete kontrollieren. In Afghanistan operieren vor-

wiegend drei radikal-islamistische Bewegungen, die im Westen allesamt als ter-

roristische Organisationen eingestuft werden: die Taliban unter Führung von

Mullah Omar, die etwa 30.000 Kämpfer aufbringen, das Haqqani-Netzwerk,

welches 6.000–8.000 Kämpfer aufbieten kann, sowie die Hizb-e-Islami, die etwa

5.000–7.000 Kämpfer hat und unter der Führung von Gulbuddin Hekmatyar eng

mit al-Qaida und Taliban zusammen arbeitet. Des Weiteren operieren in Afgha-

nistan und auch in Pakistan die Islamic Movement of Uzbekistan (IMU), sowie

die Islamic Jihad Union (IJU), eine Absplitterung der IMU. Diese Organisationen

sind keine ernstzunehmenden Milizen, sie haben ihre Hauptquartiere im pakista-

nischen Westen (besonders in den von der Regierung kaum kontrollierten FATA)

und haben im Prinzip eher Zentralasien aber auch Europa im Blick.

18

In Pakistan ist das Bild noch differenzierter.17

Hier stellen die Tehrik-e-Taliban

Pakistan (TTP) mit 20.000–30.000 Kämpfern die größte Djihadistenmiliz dar. Sie

operieren weitgehend im paschtunisch bevölkerten Westteil Pakistans, d.h. in den

von der Zentralregierung „verwalteten“ (tatsächlich ist die Reichweite der Zent-

ralgewalt beschränkt) Stammesgebieten (FATA) sowie der Nordwestprovinz,

insbesondere in Waziristan.18

Sie beschränken sich auf Pakistan, haben in der

Vergangenheit aber auch versucht, Sprengstoffanschläge in den USA zu verüben

(z.B. in New York am Times Square). Daneben gibt es weitere jihadistische

Gruppen und Milizen, die das Land mit einer Vielzahl von terroristischen Aktivi-

täten überziehen und mehr oder weniger direkt mit al-Qaida kooperieren oder

sich von dieser beraten und anleiten lassen:19

- Muqami Tehrik-e-Taliban: Hierbei handelt es sich um eine lokale Taliban

Organisation in Waziristan, die eng mit al-Qaida, Taliban und dem Haqqani

Netzwerk zusammen arbeitet. Die Bewegung soll etwa 13.000 Kämpfer ha-

ben und relativ eigenständig sein.

- Sipah-e-Sahaba Pakistan (SSP): hierbei handelt es sich um eine in den 80er

Jahren gegründete Bewegung, die sich hauptsächlich der Bekämpfung von

Schiiten widmet und mit al-Qaida und TTP zusammenarbeitet. Die Bewe-

gung soll bis zu 3.000 Kämpfer haben.

- Lashkar-e-Jhangvi (LeJ): Dies ist eine kleine, aber extrem gewalttätige Ab-

spaltung von der Sipah-e-Sahaba. Diese Bewegung hat im Februar 2013 in

der pakistanischen Stadt Quetta einen Bombenanschlag verübt, bei dem über

90 Schiiten getötet wurden. Sie operiert heute in vielen Teilen Pakistans.

- Jaysh-e-Mohammad (LeM): Dies ist eine Miliz, die die indische Herrschaft

in Kaschmir bekämpft, aber auch Terroranschläge in Pakistan ausführt und

eng mit al-Qaida und TTP zusammenarbeitet. Die Miliz soll zwischen 500–

700 Kämpfer haben.

- Lashkar-e-Taiba (LeT): Dies ist mit etwa 1.000 Kämpfern der militärische

Arm der in Kaschmir beheimateten Bewegung Jamaat-du-Dawa. Hauptgeg-

ner ist Indien. Die Bewegung kämpft primär in Kaschmir, hat aber auch An-

17 Vgl. Wätzel, Florian: Unheilige Allianz. Pakistans Geheimdienst ISI und die islamistischen

Extremisten, in: ISPK: Jahrbuch Terrorismus 2011/2012. Opladen 2012, S. 187–232.

18 Vgl. Michels, Carsten: Die Taliban in den Stammesgebieten Pakistans. Hamburg, Zürich und

New York 2013. 19 Vgl. Bajoria, Jayshree/Masters, Jonathan: „Pakistan's New Generation of Terrorists“, cfr.org,

22.09.2012.

19

schläge in Indien (z.B. den Anschlag in Mumbai von 2008) ausgeführt und

arbeitet eng mit al-Qaida zusammen.

- Harakat ul-Jihad-I-Islami (HUJI): Dies ist eine sunnitisch-extremistische

Bewegung, die 1980 in Afghanistan gegründet wurde und später unter dem

Einfluss von al-Qaida zu einer eigenständigen Jihad-Gruppe wurde. Sie hat

wiederholt terroristische Anschläge verübt. Die Gruppe dürfte relativ klein

sein und nur einige Hunderte Kämpfer umfassen. Sie operiert heute vorwie-

gend in Pakistan, Indien und Bangladesch und besteht vorwiegend aus Pakis-

tani sowie ausländischen Jihadisten aus unterschiedlichen Staaten.

- Das Haqqani-Netzwerk: Diese Bewegung (mit etwa 6.000–8.000 Kämpfer)

nimmt eine Sonderstellung ein, weil sie sowohl in Pakistan wie Afghanistan

operiert (hauptsächlich aber in Afghanistan). Im Gegensatz zu den anderen

bislang genannten Bewegungen unterhält diese Bewegung politische Kontak-

te zum pakistanischen Militär. Für die pakistanische Regierung ist das

Haqqani-Netzwerk offenbar ein wichtiger Spieler im afghanischen Machtpo-

ker. Das Netzwerk hat auch wiederholt zwischen der TTP und der pakistani-

schen Regierung vermittelt.

Während die TTP primär im Nordwesten Pakistans operieren, findet man die

Bewegungen Sipah-e-Sahaba Pakistan (SSP), Lashkar-e-Jhangvi (LeJ), Jaish-e-

Mohammad (JeM) and Lashkar-e-Taiaba (LeT) auch im Punjab. Dort haben sie

mittlerweile erhebliche Erfolge im Rekrutieren von jihadistischem Nachwuchs

aufzuweisen.20

Pakistan ist heute – nach Irak und Syrien und noch vor Afghanis-

tan – das Land, welches am stärksten unter terroristischen Anschlägen zu leiden

hat. In den vergangenen Jahren ist es der pakistanischen Regierung teilweise

gelungen die terroristischen Bewegungen zu bekämpfen und die Zahl der An-

schläge ging zurück,21

im Jahr 2012 dürfte es allerdings wieder zu einer Zunahme

der Anschläge gekommen sein.

In Afghanistan und Pakistan befindet sich im Grenzgebiet der al-Qaida Kern,

der aus den politischen Kadern und etwa 300 bis 500 Kämpfern der so genannten

Schattenarmee („Lashkar al-Zil“) bestehen soll. Im Vergleich zu dem Umfang an

Kämpfern, die die anderen jihadistischen Gruppen und Milizen in Afghanistan

und Pakistan zusammen genommen aufbringen, ist das eine kleine Zahl. Als

eigenständige Kämpfertruppe treten sie kaum auf, aber in enger Koordination mit

den afghanischen Taliban und den pakistanischen Taliban sowie anderen

20 Siddiqa, Ayesha: „Terror’s Training Ground“, newslinemagazine.com, 09.09.2009.

21 Vgl. Wätzel, Unheilige Allianz.

20

jihadistischen Milizen nehmen al-Qaida Aktivisten und Kämpfer der Schattenar-

mee wichtige Funktionen wahr. Zwar können sie nicht die strategische Zielset-

zung beider Taliban-Gruppen bestimmen,22

aber sie versuchen doch diese mehr

oder weniger indirekt zu beeinflussen. Das gelingt immer wieder dadurch, dass

sie sich als Berater und Vermittler anbieten, insbesondere dann, wenn es Streit

zwischen unterschiedlichen Milizen oder zwischen Fraktionen innerhalb dieser

Milizen gibt. Auch versuchen sie militante Gruppen zu infiltrieren oder sie durch

Militärberater in Abhängigkeit zu bringen.23

Viele dieser Militärberater wirken

wie ein Kampfkraftverstärker, weil sie das Gewaltpotential dieser Gruppen erheb-

lich erhöhen können.24

In Afghanistan gibt es offenbar auch al-Qaida Führer, die

Taliban Einheiten befehligen.25

In den vergangenen Jahren war al-Qaida nur teilweise erfolgreich bei dem

Versuch, die Aktivitäten dieses radikal-islamistischen und terroristischen Syndi-

kats zu koordinieren und ihnen eine strategische Steuerung zu geben. Die beiden

Taliban-Organisationen verfolgen ihre eigene, weitgehend regionale Agenda. In

zentralen Fragen (etwa über die Zukunft Afghanistans) richten sie sich nicht

notwendigerweise nach der Meinung der al-Qaida Führung. Aber innerhalb der

Taliban-Bewegungen gibt es Meinungsunterschiede und diese versucht al-Qaida

auszunutzen. Ein Indikator für die Einflussnahme durch al-Qaida dürften die

vielen gewaltsamen Störmanöver gegen die Aufnahme von Verhandlungen zwi-

schen Taliban und der amerikanischen Regierung bzw. der Regierung in Kabul

sein. Sollte es zu derartigen Verhandlungen kommen und sollten diese mit einer

Einigung enden, wäre dies eine entscheidende Niederlage für al-Qaida.26

Derarti-

ge Verhandlungen werden seit zwei Jahren angestrebt, bislang sind sie weitge-

22 Beide Taliban-Gruppen verfolgen trotz gleicher Ausrichtung unterschiedliche politische Ziele.

Während die afghanische Taliban sich auf die Bekämpfung der Regierung in Kabul, der interna-

tionalen Präsenz sowie Verbände der Nordallianz beschränken und die Regierung Pakistans aus-

drücklich von ihren Angriffen ausnehmen, ist es das Ziel der pakistanischen Taliban (die ein Zu-

sammenschluss mehrerer jihadistischer Organisationen ist) die pakistanische Regierung zu stür-

zen und einen Schariah-Staat in Pakistan zu etablieren.

23 Rassler, Don: Al Qa’ida’s Pakistan Strategy, www.ctc.usma.edu, 15.06.2009; vgl. auch Fishman, Brian: „Jihadists and Time Square“, cfr.org, 06.05.2010.

24 Bergen, Peter/Hoffman, Bruce: Assessing the Terrorist Threat. A Report of the Bipartisan Policy

Center’s National Security Preparedness Group, bipartisanpolicy.org, 10.09.2010, S. 5 f. 25 Vgl. Roggio, Bill: „Afghan military claims dual-hatted Taliban and al Qaeda leader killed in

ISAF airstrike“, longwarjournal.org, 22.08.2013.

26 Vgl. zum Konzept derartiger Verhandlungen Dobbins, James: Launching an Afghan peace process, in: Krause, Joachim/Mallory, Charles King, IV (Hrsg.): Afghanistan, Pakistan and Stra-

tegic Change. Adjusting Western Regional Policy, New York 2014, S. 149–170.

21

hend gescheitert. Nicht zuletzt seit dem angekündigten Abzug der ISAF aus Af-

ghanistan für Ende 2014 haben sich die Chancen nicht gebessert, wenngleich es

immer wieder interessante Ansätze zu geben schien. Entscheidend für die Zu-

kunft wird es sein, ob die in den vergangenen Jahren geschaffene zentrale Staat-

lichkeit Afghanistans ausreicht um nach dem Abzug von ISAF sich gegen die

Taliban und andere islamistische Milizen durchzusetzen. Hierfür gibt es immer

wieder ermutigende Signale,27

aber der reale Test kommt erst dann, wenn die

NATO-Unterstützungstruppen abgezogen sein werden.28

In Pakistan bemisst sich der „Erfolg“ der Strategie von al-Qaida daran, (1) ob

es gelingt, das Moment des salafistischen Jihads auch außerhalb der

paschtunischen Gebiete zu tragen, (2) ob sie es schafft, die jihadistischen Bewe-

gungen zu koordiniertem Handeln zu bewegen und (3) ob sie damit das pakistani-

sche politische System weiter destabilisieren kann. Die erste Frage muss man

leider bejahen, denn es lässt sich eine Ausbreitung der Bewegung in den Punjab

sowie nach Belutschistan konstatieren. Auch die zweite Frage lässt sich zumin-

dest so beantworten, dass anhand der gestiegenen Zahl von Anschlägen davon

ausgegangen werden muss, dass die Unterstützung, die al-Qaida vielen

jihadistischen Gruppen in Pakistan gibt, zu einer Erhöhung der Zahl der Anschlä-

ge beigetragen haben dürfte. Die Frage, ob und wie stark das politische System

Pakistans von diesen Aktivitäten weiter in Mitleidenschaft gezogen worden ist,

lässt sich kaum verlässlich beantworten.

Irak

Die al-Qaida Dependance im Irak, die sich als „Islamischer Staat im Irak“, bzw.

neuerdings als „Islamischer Staat im Irak und in der Levante“ (Syrien) versteht,

gilt heute als einer der größten und einflussreichsten Ableger. Zu ihr zählen min-

destens 2.500 Kämpfer, von denen viele in Syrien operieren. Die politische

Agenda ist auf den Bereich Irak/Syrien ausgerichtet, was für sie eine strategische

Einheit darstellt. Trotz der Verlagerung vieler Aktivitäten nach Syrien ist es er-

staunlich, wie viele Attentate diese Terrorgruppe weiterhin im Irak verübt. Der

Irak ist heute weltweit das Land mit den meisten terroristischen Anschlägen.

27 Vgl. Nordland, Rod/Shanker, Tom/Rosenberg, Matthew: „Afghans Fend off Taliban Threat in

Pivotal Year in Charge“, nytimes.com, 16.10.2013.

28 Vgl. Krause/Mallory: Afghanistan, Pakistan and Strategic Change.

22

Die Regierung Maliki in Bagdad trägt für diese Entwicklung große Verantwor-

tung, denn sie hat die von der amerikanischen Besatzungsmacht sorgsam austa-

rierte Machtbalance zwischen Sunniten, Schiiten und Kurden zugunsten der schii-

tischen Mehrheit umgestoßen und damit das Land in einen neuen sektiererischen

Konflikt gestoßen. Für den „Islamischen Staat im Irak und in der Levante“ stellte

das eine willkommene Gelegenheit dar, seine terroristischen Gewalttaten wieder

aufzunehmen. Der al-Qaida-Ableger bemüht sich diese Auseinandersetzung zu

radikalisieren, indem er Anschläge gegen schiitische Moscheen und primär schii-

tisch bewohnte Viertel vornimmt. Aber auch Angriffe auf moderate Sunniten und

deren Einrichtungen stehen mehr und mehr auf der Tagesordnung. Die Zahl der

Anschläge hat 2011 und 2012 schon zugenommen, im Jahr 2013 haben sich die

Anschläge vervielfacht und damit auch die Zahl der Getöteten und Verwundeten.

Allein in den ersten 11 Monaten des Jahres 2013 sollen nach Schätzungen der

Vereinten Nationen mehr als 1.157 Iraker durch Anschläge der ISIS getötet und

16.788 verwundet worden sein.29

Die Jihadisten unter der Führung von einem

Mann mit dem „nom de guerre“ Abu Bakr al-Baghdadi können dabei im Irak auf

eine gewisse, aber keinesfalls breite Unterstützung in der sunnitischen Bevölke-

rung zählen, die sich durch die Politik des schiitischen Ministerpräsidenten Nuri

al-Maliki politisch benachteiligt sehen.

Wie sehr der Irak dadurch bereits destabilisiert worden ist, zeigte sich zum

Jahreswechsel 2013/2014. In der weitgehend von Sunniten bewohnten irakischen

Provinz Anbar kam es zu einer Aufstandsbewegung gegen die Regierung in Bag-

dad, an der sich neben lokalen Milizen auch Teile der ISIL beteiligten. Dabei

gelang es dem al-Qaida Ableger sich in den Städten Falluja und Ramadi festzu-

setzen. Die Aktionen von ISIS wurden von Sunniten teilweise begrüßt, teilweise

aber auch durch sunnitische Milizen bekämpft.30

Die Lage bleibt unklar, sicher

ist, dass eine rasche Stabilisierung nicht zu erwarten ist.

Syrien

Der syrische Bürgerkrieg ist mittlerweile das Ereignis, welches dem Netzwerk

von al-Qaida den größten Aufschwung seit seiner Entstehung beschert hat. Der

29 Vgl. United Nations Iraq (Hrsg.): „UN Casualty Figures for November 2013“, uniraq.org,

01.12.2013. 30

Vgl. Sly, Liz: „In Iraq, a Sunni revolt raises specter of new war“, Washington Post, 7.1.2014.

23

Zustrom an Aktivisten und Kämpfern sowie an Finanzmitteln und politischer

Sympathie ist ohne Parallele. Binnen zwei Jahren ist Dank des Aufschwungs der

islamistischen Jihadisten in Syrien die Zahl der Jihad-Kämpfer um etwa 50.000

Mann angestiegen. Nicht einmal in Afghanistan und im Irak unter amerikanischer

Besatzung hat es einen derartigen Zulauf für al-Qaida bzw. al-Qaida nahe stehen-

de Organisationen gegeben. Und nicht nur das: in weiten Teilen des Landes über-

nehmen heute von al-Qaida angeleitete und unterstützte Milizen die politische

Herrschaft und es droht das Entstehen eines jihadistischen Staates in der Levante,

an der Grenze zur Türkei und zu Israel, mit dem Potential auf die gesamte arabi-

sche Welt auszustrahlen.

Wie konnte es dazu kommen? Nachdem die syrische Führung unter Bashar

al-Assad im April 2011 dazu übergegangen war, die seit Januar anhaltenden Pro-

teste gewaltsam zu unterdrücken, ist die ursprünglich primär säkulare Rebellion

in einen Bürgerkrieg übergegangen, in dem religiöse Fragen eine zunehmend

zentrale Rolle einnehmen. Anlass für die Radikalisierung war auch, dass sich alle

Hoffnungen auf eine westliche Intervention im Jahr 2011 (nach dem Vorbild

Libyens) zerschlugen und auch später alle diesbezüglichen Erwartungen frustriert

wurden. Stattdessen haben Russland und der Iran den harten Kurs Assads poli-

tisch und militärisch unterstützt und damit erst die derzeitige Situation eines ge-

radezu unauflösbaren inneren Krieges herbeigeführt, von dem die radikalen isla-

mistischen Milizen profitieren konnten.31

Die Art der Aufstandsbekämpfung seitens des Assad Regimes hat große

Ähnlichkeiten mit der russischen Aufstandsbekämpfungsstrategie, die man im

Kaukasus beobachten kann. Die Folge war eine enorme Radikalisierung auf Sei-

ten der Rebellen: Islamistische Milizen spielten anfangs nur eine geringe Rolle

im syrischen Bürgerkrieg, heute sind sie die stärkste militärische Kraft unter den

Regierungsgegnern. Sie erhielten Unterstützung durch den irakischen al-Qaida-

Ableger Islamischer Staat Irak (ISI), der 2011 auch an der Gründung einer

jihadistischen syrischen Unterorganisation beteiligt war, der Jabhat al-Nusra. Die

genauen Umstände sind nicht bekannt. Entweder wurde Jabhat al-Nusra von

syrischen Kämpfern gegründet oder von syrischen Jihadisten des ISI, die nach

Ausbruch des Bürgerkrieges zurück nach Syrien gegangen sind. Mittlerweile hat

sich Jabhat al-Nusra der al-Qaida direkt unterstellt und operiert unabhängig von

31 Zur Entwicklung der syrischen Krise vgl. Wieland, Carsten: Syria. A Decade of Lost Chances.

Repression and Revolution from Damascus Spring to Arab Spring, Seattle 2012; s.a. Bickel,

Markus: „Die Verzweiflung der Revolutionäre“, in: FAZ, 24.07.2013, S. 8.

24

bzw. neben der ISI, die sich inzwischen in al-Qaida im Irak und in der Levante

(ISIL) umbenannt hat.32

Somit gibt es zwei al-Qaida Ableger in Syrien.

Schon längst geht es in dem Krieg nicht mehr um demokratischen Wandel,

sondern um Streit über ethnische und religiöse Fragen – und für Viele geht es um

die nackte Existenz in einem immer grausamer werdenden Krieg, in dem jeder

riskiert wegen seiner Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe getötet zu werden.

Für al-Qaida war und ist diese Situation vorteilhaft und eine Herausforderung, die

sie mit großem Erfolg aufgegriffen hat: Viele Rebellenmilizen stehen heute of-

fenbar auf ihrer Seite oder sympathisieren mit ihren Zielsetzungen. Auch hier

wird wieder das strategische Muster erkennbar, welches für al-Qaida charakteris-

tisch ist. Wo sich die Gelegenheit ergibt einen Jihad zu führen, wird diese genutzt,

um jihadistische Gruppen zu stärken, ihnen externe Kämpfer zuzuführen und dem

regionalen Kampf eine globale, strategische Bedeutung zu geben. Ähnlich wie im

Afghanistan der 80er und 90er Jahre oder wie im Irak zwischen 2003 und 2009

hat es al-Qaida geschafft, Jihadisten aus aller Welt in den Kampf ziehen zu lassen

– davon etwa 700 aus Europa, 1.000 aus Tschetschenien, Tausende aus Tunesien;

Saudi-Arabien, Ägypten, Irak und aus Pakistan. 33

Darüber hinaus werden Gelder

in der gesamten muslimischen Welt gesammelt und auf die eine oder andere

Weise – trotz massiver Störversuche der USA und anderer Länder – nach Syrien

transferiert. Der syrische Bürgerkrieg ist für den islamistischen Jihad heute das,

was in den 30-Jahren der spanische Bürgerkrieg für den Faschismus und Natio-

nalsozialismus war. Es gilt dieses Mal mit Erfolg ein Land zu übernehmen und es

unter die Kontrolle einer radikal-islamistischen Führung zu stellen, die sich an al-

Qaida ausrichtet. Noch nie war al-Qaida diesem Ziel so nahe wie heute.

Das Ausmaß des Erfolgs von al-Qaida wird erkennbar, wenn man sich die

Angaben über Kräfteverhältnisse im syrischen Krieg vor Augen führt. Den knapp

100.000 Soldaten der syrischen Armee und der sie unterstützenden alawitischen,

säkularen, iranischen und Hisbollah Milizen stehen heute etwa gleich viele

Kämpfer von etwa 1.000 unterschiedlichen Milizen gegenüber. Die Anzahl derje-

nigen Kämpfer, die sich al-Qaida angeschlossen oder sogar unterstellt haben, ist

schwer zu ermitteln. Zwischen den Schätzungen gibt es Differenzen, die Zahl der

al-Qaida verbundenen Jihadisten nimmt aber allen Schätzungen zufolge rapide zu.

Einer Studie des britischen Militärfachdienstes IHS Janes vom Sommer 2013

32 In vielen Berichten wird auch die Bezeichnung al-Qaida im Irak und in Syrien (ISIS) gewählt. 33 Vgl. Barnard, Anne/Schmitt, Eric: „As Foreign Fighters Flood Syria, Fears of a New Extremist

Haven“, in: The New York Times, 09.08.2013, S. A1.

25

zufolge gehören etwa 10.000 Kämpfer der al-Qaida an und verteilen sich auf al-

Qaida im Irak und in der Levante (ISIL) und Jabhat al-Nusra. Davon sollen etwa

5.000 bis 7.000 Kämpfer auf Jabhat al-Nusra entfallen, der Rest auf ISIL. Nach

dieser Studie gibt es noch weitere radikal-islamistische Milizen, die die

jihadistische Grundeinstellung von al-Qaida teilen, aber politische Ziele verfol-

gen, die sich primär auf Syrien beziehen. Diese Milizen schätzt IHS Janes auf

etwa 35.000 Mann34

. Andere Schätzungen gehen von sehr viel mehr al-Qaida

Anhängern aus. Schon im Frühjahr berichtete das Longwar-Journal, dass alleine

Jabhat al-Nusra etwa 10.000 Kämpfer hätte.35

Im Verlauf des Sommers und

Herbst 2013 sollen sich dieser Bewegung mindestens 4.000 weitere Kämpfer

angeschlossen haben.36

ISIL soll einigen Angaben zufolge nur 2.500 Mitglieder

haben, die Washington Post berichtete hingegen über Schätzungen, denen zufolge

ISIL allein 8.000 Kämpfer in Syrien aufbieten könne, von denen die meisten aus

dem Ausland stammten.37

Auch der US-Geheimdienst geht von etwa 20.000 al-

Qaida nahen oder geführten Kämpfern in Syrien aus.38

Anders als im Irak hat al-Qaida in Syrien es nicht geschafft, eine Monopol-

stellung unter den salafistischen Jihadisten aufzubauen. Die oben genannten Zah-

len lassen erkennen, dass sich in Syrien eine gewaltbereite und bewaffnete

salafistische Szene etabliert hat, die im Nahen und Mittleren Osten ihresgleichen

sucht. Diese Salafisten splittern sich in unzählige Gruppen auf, die mit al-Qaida

kooperieren aber auch konkurrieren. Sowohl Jabhat al-Nusra als auch ISIS ver-

suchen seit 2011, diese Gruppen unter ihrer Führung zu vereinen. Im September

2013 gelang es der Jabhat al-Nusra, neun weitere Milizen (vermutlich zwischen

34 Die Angaben beziehen sich auf eine Studie von Charles Lister, die nicht frei erhältlich ist; die

hier wiedergegebenen Angaben stammen aus dem Artikel von Bickel, Markus: „Leiden an der Zögerlichkeit der anderen“, in: FAZ, 19.09.2013, S. 6.

35 Vgl. Roggio, Bill: „Al Nusrah Front, allies seize border area across the Golan Heights“,

longwarjournal.org, 24.03.2013. 36 Allein 3.000 Kämpfer waren es zwischen Mai und September 2013 sowie noch mal im Septem-

ber weitere 1.500. Ganze Milizen wie die Raqqah Revolutionäre Brigade und die Allahs Sieg

Brigade haben sich im September 2013 der Al Nusrah Front angeschlossen; vgl. Roggio, Bill: „2 Free Syrian Army brigades join Al Nusrah Front“, longwarjournal.org, 20.09.2013; vgl. Roggio,

Bill: „Al Nusrah Front, Free Syrian Army seize border crossing to Jordan“, longwarjournal.org,

29.09.2013. 37 Vgl. Loveday, Morris/Warrick, Joby/Mekhennet, Souad: „Rival al-Qaeda-linked groups fortify-

ing in Syria with mix of pragmatism and militancy“, washingtonpost.com, 13.10.2013; vgl. Sly,

Liz: „Foreign extremist dominate Syrian fight“, washingtonpost.com, 01.10.2013. 38 Vgl. Miller, Greg: „CIA ramping up covert training program for moderate Syrian rebels“, wash-

ingtonpost.com, 03. 10. 2013.

26

20.000 und 30.000 Kämpfer) dazu zu überreden, sich mit ihr in einer politischen

Front (Islamische Allianz) zu vereinen. Dieser Zusammenschluss wurde in einem

Kommuniqué festgehalten, in dem sich die Milizen von der syrischen Nationalen

Front lossagten und sich dem Ziel der Schaffung eines Schariah-Staates in Syrien

verschrieben.39

Nur zwei Monate später brach diese Front allerdings wieder aus-

einander, nachdem sich Ahrar al-Sham, Liwa al-Tawid und andere salafistische

und islamistische Gruppen in der von Saudi Arabian unterstützten „Islamischen

Front“ zusammen schlossen, in der Jabhat al-Nusra kein Mitglied ist. Hintergrund

waren teilweise gewaltsame Auseinandersetzungen innerhalb des jihadistischen

Lagers.40

Die „Islamische Front“ ist der Versuch Saudi Arabiens, al-Qaidas Ein-

fluss in Syrien einzudämmen.41

Wie erfolgreich Saudi Arabien mit diesem Ver-

such ist, ist fraglich. Die von Saudi-Arabien unterstützen islamistischen Milizen

haben gegen Ende 2013 den Einfluss von ISIL in Aleppo zurückgedrängt, aber

die Islamische Front hat sich von dem syrischen Nationalrat losgesagt und sich

für die Einführung der Scharia in Syrien ausgesprochen. Ihr militärischer Anfüh-

rer gilt als gefährlicher Salafist.42

Das Potenzial aller salafistischen Milizen in Syrien zusammen genommen

bleibt beeindruckend. Im Vergleich zu den als „moderat“ eingeschätzten und

zersplitterten sonstigen Milizen (ca. 40.000 Mann) sowie den kurdischen Milizen

(ca. 10.000 Mann) sind sie zahlenmäßig gleich stark oder schon stärker und dürf-

ten diese an Kampfesmut und Entschlossenheit übertreffen. Radikal-islamistische

Milizen kontrollierten gegen Ende des Jahres 2013 große Teile des Nordens Syri-

ens und des Grenzgebietes zum Irak, der zunehmend in diesen Krieg hineingezo-

gen wird. Vor allem die ISIL/ISIS war dabei erfolgreich, systematisch größere

Landstriche unter seine Kontrolle zu bringen. Ausmaß und Tiefe der Kontrolle

dieser Bewegungen über diese Territorien übertrifft bei weitem die Kontrolle, die

al-Qaida während der Jahre 2006 und 2007 über Teile des Iraks ausübte.43

Einer

Karte, die die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Dezember 2013 veröffentlicht

39 Vgl. Roggio, Bill: Free Syrian Army units ally with al Qaeda, reject Syrian National Coalition,

and call for sharia, longwarjournal.org, 26.09.2013. 40 Vgl. Barnard, Anne/Shoumali, Karam/Chivers, C.J.: „Death of Pragmatic Leader further Mud-

dles Syrian Rebellion“, in: The New York Times, 19.11.2013, S. A4.

41 Vgl. Hubbard, Ben/Shoumali, Karam: „Powerful Rebel Groups in Syria Announce Creation of Umbrella Alliance“, in: The New York Times, 23.11.2013, S. A6.

42 Vgl. Lundquist, Lisa: „Formation of Islamic Front in Syria benefits jihadist groups“, longwar-

journal.org, 23.11.2013. 43 Vgl. Loveday, Morris/Warrick, Joby/Mekhennet, Souad: „Rival al-Qaeda-linked groups fortify-

ing in Syria with mix of pragmatism and militancy“.

27

hat, ist zu entnehmen, dass ISIL/ISIS einen mehrere Hundert Kilometer langen

und etwa Hundert Kilometer breiten Streifen von der türkischen Grenze bei

Aleppo bis weit in den Irak kontrolliert (Abb. 1).44

Abbildung 1: Die Kontrolle syrischen und irakischen Territoriums durch ISIS

Quelle: FAZ

Unklar bleibt warum es zwei Organisationen in Syrien gibt, die sich al-Qaida

unterstellt haben. Ursprünglich war Jabhat al-Nusra mit Hilfe des Islamischen

Staat im Irak gegründet worden, der sich dann Anfang 2013 in Islamischer Staat

im Irak und der Levante (ISIL) umbenannte. Das schien auf Widerstand bei

Jabhat al-Nusra zu treffen. Im Frühjahr 2013 wurden diese Differenzen offen-

kundig, nachdem es einen Streit zwischen dem Führer von ISIL, Abu Bakr al-

Baghdadi, und dem Führer (Emir) von Jabhat al-Nusra, Abu Muhammad al-

Julani, gab. Während al-Baghdadi die Unterordnung von Jabhat al-Nusra unter

die von ihm befehligte ISIL forderte, betonte al-Julani die Unabhängigkeit seiner

Organisation von ISIL und erklärte, dass er nur Befehle direkt von al-Qaida Füh-

rer Ayman az-Zawahiri entgegen nehme, dem er einen direkten Eid geschworen

44 Vgl. Hermann, Rainer: „Afghanistan am Mittelmeer“, in: FAZ, 11.12.2013, S. 8.

28

habe.45

Az-Zawahiri schrieb dann offenbar im Mai 2013 einen Brief an beide, in

dem er diese einerseits für ihren Streit tadelte, andererseits eine einjährige

„cooling-off“ Periode vorschlug und einen Vermittler bestellte, einen langjähri-

gen al-Qaida Führer namens Abu Khalid al Suri. Damit schien der Streit erst

einmal beigelegt zu sein, wie nachhaltig wird sich zeigen.46

Seit Mitte 2013 ge-

hen die meisten Beobachter davon aus, dass Jabhat al-Nusra unabhängig von

ISIL operiert und sich ihre Eigenständigkeit weiter bewahrt.

Die Möglichkeit ist nicht auszuschließen, dass die radikal-islamistischen

Kräfte in Syrien die Auseinandersetzung gegen Assad und auch gegen moderate

Milizen gewinnen und entweder das ganze Land zu einem Jihad-Staat werden

lassen, oder aber sich dauerhaft in Regionen festsetzen und dort eine quasi-

Staatlichkeit etablieren (zumindest geschützte Gebiete), von denen aus weitere

Aktionen geplant und vorbereitet werden können. Wie dauerhaft allerdings derar-

tige Milizen in der Lage sein werden, Territorium zu kontrollieren und dort eine

Form von Staatlichkeit zu etablieren, die Ausgangspunkt für weitere Bedrohun-

gen in der Region und darüber hinaus sein kann, bleibt offen. Alle derartigen

Erfahrungen haben bislang gezeigt, dass al-Qaida Kämpfer kein Konzept für eine

Staatsbildung haben und in der Regel in der Bevölkerung wegen ihrer Gewaltbe-

reitschaft und ihrer Radikalität recht bald auf Ablehnung stoßen.

Ägypten

In Ägypten sind es vornehmlich Fehler der Muslimbrüder gewesen, die die Erfol-

ge der „Arabellion“ in Frage gestellt haben. Nachdem im Sommer 2012 mit Mo-

hammed Mursi der Präsidentschaftskandidat der Partei für Freiheit und Gerech-

tigkeit (des politischen Arms der Muslimbruderschaft) die Wahlen knapp gewon-

nen hatte, wurde er schon ein Jahr später nach Demonstrationen von Millionen

von Ägyptern vom Militär abgesetzt. Anlass hierzu war nicht nur die weitgehen-

de Inkompetenz seiner Regierung, sondern vor allem auch der religiöse Eifer der

Muslimbruderschaft, die ihre Machtposition dazu nutzten, um dem Land eine Is-

45 Joscelyn, Thomas: „Al Qaeda in Iraq, Al Nusrah Front emerge as rebranded single entity“,

longwarjournal.org, 09.04.2013; Joscelyn, Thomas: „Al Nusrah Front leader renews allegiance

to al Qaeda, rejects new name“, longwarjournal.org, 10.04.2013. 46 Joscelyn, Thomas: „Analysis: Zawahiri's letter to al Qaeda branches in Syria, Iraq“, longwar-

journal.org, 10.06.2013.

29

lamisierung mehr oder weniger gewaltsam aufzuzwingen, die von der Mehrheit

der Bevölkerung (insbesondere der städtischen Bevölkerung) abgelehnt wurde.47

Die vielen Hoffnungen, wonach sich die Muslimbrüderschaft am Vorbild der

türkischen AKP orientieren würde und eine Mischung aus moderatem Islam und

Marktwirtschaft einführen könnten, hatten sich nicht erfüllt. Einer der Gründe für

den Militärputsch war auch, dass die Regierung die Kontrolle über Teile des

Landes verlor. Dies gilt insbesondere für den nördlichen Bereich des Sinai, der zu

einem gesetzlosen Land geworden war, in dem al-Qaida-Anhänger und beduini-

sche Kriminelle herrschten.

Die anschließenden Demonstrationen, bei denen Hunderte von Anhängern

der Muslimbruderschaft vom Militär erschossen wurden, hinterließen eine politi-

sche Szene in Ägypten, bei der vermutet werden muss, dass viele radikalisierte

Muslime in den Untergrund gehen, terroristische Anschläge verüben und sich al-

Qaida annähern oder anschließen. Während und nach der gewaltsamen Nieder-

schlagung der Demonstrationen der Muslimbrüder in Kairo im Juli 2013 kam es

zu ersten Terroranschlägen im Sinai. Diese Furcht wurde von Führern der

Muslimbrüder teilweise bewusst genährt, etwa als der Muslimbruder-Funktionär

Mohammed al-Beltagi auf dem Höhepunkt der Unruhen im Sommer gegenüber

dem Fernsehsender Al-Jazeera äußerte, die „Schwierigkeiten auf dem Si-

nai“ würden innerhalb einer Stunde aufhören, wenn Präsident Mursi wieder im

Amt sei.48

Es ist nicht davon auszugehen, dass es in Ägypten eine Wiederholung der Er-

eignisse von Algerien nach 1991 geben wird, wo das Militär den Wahlsieg einer

radikalen Islamistenpartei verhinderte, was das Land in einen zehnjährigen Bür-

gerkrieg stieß, der etwa 100,000 Todesopfer gefordert haben soll. Dazu ist nach

der ernüchternden Erfahrung mit deren Regierung die Ablehnung der

Muslimbrüder in der ägyptischen Gesellschaft zu groß. Auch die

Muslimbruderschaft gilt in der Mehrheit nicht als gewalttätig. Aber man muss

davon ausgehen, dass Hunderte wenn nicht Tausende von Anhängern der

Muslimbruderschaft sich nunmehr von den Parolen der al-Qaida angesprochen

fühlen, denen zufolge ein politischer Wandel in der arabischen Welt nicht mit

demokratischen Methoden erreicht werden kann und die den bewaffneten Kampf

als einziges Mittel ansehen. Es ist zu erwarten, dass es in Ägypten eine Zunahme

47 Vgl. Darwish, Adel: Egypt – How the ‚Arab Spring’ turned into a summer of discontent, in: New

African, no. 531, vol. 47, August-September 2013, S. 14-18.

48 Vgl. Darwish, Adel: Egypt – How the ‚Arab Spring’ turned into a summer of discontent, S. 16.

30

terroristischer Anschläge geben wird, die sich gegen das Militär und Vertreter

politischer Parteien richtet, aber die auch touristische Zentren und Wohngebiete

der Kopten nicht ausnehmen wird. Besonders für die al-Qaida Zentrale im afgha-

nisch-pakistanischen Grenzgebiet unter Ayman az-Zawahiri wird Ägypten in den

Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken. Er selber ist Ägypter und war einst

Muslimbruder. Er hat sich Anfang der 80er Jahre radikalisiert und die

Muslimbrüder dafür kritisiert, dass sie nicht radikal genug (d.h. mit Gewalt) ge-

gen das Militärregime von Mubarak vorgingen. Heute sieht er sich in seiner Hal-

tung bestätigt.

Tunesien und Libyen

Aber auch in Tunesien steht die friedliche politische Transformation auf der Kip-

pe. Nachdem die islamistische Ennahda Bewegung bei den Wahlen zur Konstitu-

tionellen Versammlung im Oktober 2011 als stärkste Fraktion hervorgegangen

war, dominiert auch sie das politische Leben in Tunesien und brachte viele Bür-

ger mit einer dezidiert islamistischen Politik gegen sich auf. Auch hier kann ein

Sturz dieser Partei nicht ausgeschlossen werden. Allerdings ist das politische

Gefüge in Tunesien anders als in Ägypten. Interimspräsident Moncef Marzouki

gehört nicht zu den Islamisten und der frühere Ministerpräsident Hamadi Jebali

von der Ennahda Partei musste zurücktreten, weil er sich zu stark radikalen isla-

mistischen Parolen angenähert hatte. Andererseits gibt es eine politische Bewe-

gung des Salafismus, die Ansar al-Sharia, die etwa 100.000 Mitglieder hat und

die im August 2013 von der tunesischen Regierung wegen terroristischer Aktivi-

täten verboten worden ist. Der Bewegung werden die Ermordung mehrerer säku-

larer Politiker sowie Kontakte zu al-Qaida vorgeworfen. Auch hätte man große

Waffenbestände gefunden.49

Sollten die Vorwürfe zutreffen, dann würde das

bedeuten, dass al-Qaida über salafistische Parteien Einfluss zu nehmen versucht.

Neben Tunesien ist auch Libyen ein Land, in dem al-Qaida Einfluss zu neh-

men versucht. Nach dem Sturz Ghaddafis ist dort eine unklare politische Lage

entstanden. Immer noch gibt es keine klare Zentralgewalt. Das Land befindet sich

in der Hand von Milizen unterschiedlicher religiöser und politischer und tribaler

49 Vgl. o.V.: „Tunisia declares Ansar al-Sharia a terrorist group”, bbc.co.uk, 23.08.2013.

31

Ausrichtung.50

Seit dem Frühjahr 2012 treten dabei radikal-islamistische Gruppen

mit Anschlägen gegen ausländische Einrichtungen in Libyen auf, die sich Omar

Abdul Rahman Brigaden nannten (benannt nach dem inhaftierten Scheich Omar

Abdul Rahman). Im Sommer zerstörten Angehörige dieser Miliz Heiligtümer der

Sufis in Libyen.51

Im September 2012 wurde der US Botschafter Christopher

Stevens in Bengasi zusammen mit anderen Mitarbeitern der US-Botschaft von

dieser Gruppe bei einem Anschlag getötet.52

Diese und andere Gruppen formen

heute einen eher losen Verband von radikal-salafistischen Milizen, die unter dem

Namen Ansar al-Sharia firmieren und nach unterschiedlichen Schätzungen zwi-

schen 300 und 5.000 Kämpfer haben sollen.53

Nach der französischen Interventi-

on in Mali vom Januar 2013 sind auch Ansar al-Dine Kämpfer aus Mali in den

Süden Libyens eingeströmt.

Mali

In den Jahren 2012 und 2013 beanspruchten vor allem die Entwicklungen in Mali

große Aufmerksamkeit. Hier kam es 2012 zum Entstehen eines jihadistischen

Staatsähnlichen Gebilde im Norden Malis, das im Januar 2013 durch eine franzö-

sische Militärintervention beendet wurde. Die Ereignisse, die zu dieser Entwick-

lung führten, lassen keine zentrale Steuerung durch al-Qaida erkennen, sie ma-

chen aber deutlich, wie sehr schon relativ kleine Gruppen von Jihadisten in unter-

entwickelten Regionen der Sahelzone unter Bedingungen schlechter Regierungs-

führung und mangelhaften internationalen Krisenmanagements zu wichtigen

international beachteten Akteuren mit einem erheblichen Störpotenzial werden

können.

Ein wichtiger Akteur war Al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQIM). Diese

Bewegung entstand Anfang 2007 aus dem Zusammenschluss einer extremisti-

schen Splitterbewegung der radikalen Islamistenbewegung Algeriens (Groupe

50 Kirkpatrick, David D.: „In Libya, Fighting May Outlast the Revolution“, in: The New York

Times, 02.11.2011, S. A4; vgl. o.V.: „Libya defence minister cancels resignation“, aljazeera.com,

07.05.2013.

51 Vgl. o.V.: „Libya Islamists destroy Sufi shrines, library – military“, reuters.com, 25.08.2012. 52 Vgl. Harding, Luke/Stephen, Chris: „Chris Stevens, US ambassador to Libya, killed in Benghazi

attack“, theguardian.com, 12.09.2012; vgl. Robertson, Nic/Cruickshank, Paul/Lister, Tim: „Pro-

al Qaeda group seen behind deadly Benghazi attack“, cnn.com, 13.09.2012. 53 Vgl. Maggie, Michael/Hendawi, Hamza: „A Benghazi power, Libya militia eyed in attack“,

ap.org, 18.09.2012.

32

salafiste pour la prédication et le combat – GSPC) mit Gleichgesinnten aus Liby-

en und Marokko. AQIM hat sich seither al-Qaida unterstellt und operiert heute in

verschiedenen Staaten Nordafrikas. Zahlenmäßig dürfte dieser Ableger klein sein,

zwischen 300 und 800 Kämpfer wird die Stärke von AQIM von Beobachtern

eingeschätzt. Dabei leidet die Bewegung unter der Absplitterung: Im Jahr 2010

hat sich die Bewegung für Einheit und Jihad in Westafrika (Jamāʿat at-tawḥīd

wal-jihād fī gharb ʾafrīqqīyā – MOJUM, oder Movement for Oneness and Jihad

in Westafrica - MOJWA) unter der Leitung von Hamada Ould Mohamed

Kheirou abgespalten. Angeblich wolle diese Bewegung in ganz Westafrika ope-

rieren, nicht nur in dem Bereich der Sahara. Zudem hat sich einer der früheren

Führer von GSPC und AQIM, Mokhtar Belmokhtar, im Jahr 2010 von AQIM

gelöst und eine eigene Gruppe gebildet, die sich Brigade der Maskierten Männer

nennt, und vielleicht 100 Mann umfasst.

Weil der Verfolgungsdruck in Algerien nach dem 11. September 2001 an-

stieg, operierte AQIM vornehmlich im Norden Malis bzw. aus der dortigen

Grenzregion zu Algerien heraus. Dort konnte sie sich 2011 der Zusammenarbeit

mit der radikal-islamistischen Miliz Ansar Dine (auch Ansar Eddine genannt)

versichern, die von Iyad ag Ghaly angeführt wird, einem der Anführer des Tua-

reg-Aufstands der 90er Jahre. 54

Iyad ag Ghaly galt lange Zeit als mainstream

Tuareg Politiker, offenbar wurde er erst vor wenigen Jahren zum radikalen Isla-

misten, wobei die Umstände umstritten sind.55

Ansar Dine ist eng mit einem der

südlichen Stämme der Tuareg verbunden, hat aber die ursprüngliche sezessionis-

tische Zielsetzung zugunsten einer salafistischen Orientierung zurückgestellt.

Über die Größe der bewaffneten Kräfte von Ansar Dine gibt es unterschiedliche

Schätzungen, die zwischen 500 und 2.000 liegen. Sie sind im gewissen Maßstab

zu Angriffsoperationen auf Pickup-Kraftfahrzeugen fähig – so wurde Anfang

2013 von arabischen Journalisten beobachtet, wie eine aus ca. 100 bewaffneten

Fahrzeugen bestehende Kolonne sich in Bewegung setzte.56

Geht man davon aus,

54 Zu den Hintergründen vgl. McDougall, James/Scheele, Judith: Saharan Frontiers – Space and

Mobility in Northwest Africa, Bloomington 2012; s.a. Flood, Derek H.: „Between Islamization and Secession. The Contest for Northern Malin“, in: CTC Sentinel, Vol. 5, No. 7, July 2012, S.

1–6.

55 Vgl. Flood, Between Islamization and Secession, S. 3. Eine Erklärung könnte darin liegen, dass seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts viele Koranschulen gebaut wurden, die die wahabitische

Form des Islam lehrten und die aus saudischen Geldern finanziert wurden; vgl. Scheen, Thomas:

„Die traumatisierte Stadt,“ in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.07.2013, S. 3. 56 Vgl. o.V.: „Qaeda, Ansar Dine convoy headed for assault on Malian town: sources“,

alarabiya.net, 05.01.2013.

33

dass in jedem der Fahrzeuge mehrere bewaffnete Personen waren und dass dies

nicht die einzige Formation der Ansar Dine gewesen sein dürfte, so sind 500

Kämpfer vermutlich eine zu niedrige Schätzung.

AQIM hat seit 2003 sehr viel Geld mit der Entführung und Lösegelderpressung

von Europäern, Amerikanern und Afrikanern verdient. Über 80 Personen wurden

im Bereich der Sahelzone von AQIM oder seinen Abspaltungen entführt. In den

meisten Fällen gab es Lösegelder in nicht unbeträchtlicher Höhe, vor allem aus

Frankreich, Spanien und Italien. Über die dabei in die Kassen von AQIM geflos-

senen Summen gibt es unterschiedliche Schätzungen, die zwischen 50 und 250

Millionen Dollar schwanken. Vor allem in Frankreich hat dies dazu geführt, dass

die Regierung seit 2011 eine härtere Gangart gegenüber Entführern eingeschlagen

hat – leider mit wenig Erfolg.57

Zudem hat AQIM sehr viel Geld mit dem

Schmuggel von Drogen und Zigaretten verdient: Westafrika ist heute Haupt-

durchgangsgebiet von südamerikanischem Rauschgift nach Europa. Der Über-

gang einer salafistischen Bewegung zum Partner des organisierten Verbrechens

dürfte auch innerhalb dieser Organisation nicht unstrittig gewesen sein. Zumin-

dest wird es darüber kontroverse Debatten gegeben haben. Angeblich ist die Ab-

spaltung der Bewegung der Maskenmänner (Khaled Abu al-Abbas Brigade) unter

der Führung des einäugigen Radikalislamisten und Afghanistan-Veteran Mokhtar

Belmokhtar darauf zurückzuführen, dass dieser den Schmuggel von Drogen und

Zigaretten zu intensiv betrieb (einer seiner Spitznamen ist „Mr. Marlboro“). Er

sei deshalb aus dem engeren Führungszirkel von AQIM verbannt worden und

hätte dann seine eigene Miliz gegründet.

Die Präsenz der AQIM in Nordmali wurde von der Regierung in Bamako un-

ter Präsident Amadou Toumani Touré offenbar weitgehend toleriert. Einigen Ein-

schätzungen zufolge ergaben sich sogar gemeinsame Interessen, etwa bei der

Niederhaltung sezessionistischen Widerstands unter den Tuaregs sowie bei der

Lösung der Geiselfälle, wo viel Geld in unterschiedliche Taschen geflossen sein

soll, auch in die des Präsidenten.58

Sicher ist, dass die Regierung in Bamako

nichts oder wenig tat, um die Probleme im Norden des Landes zu lösen. Mit den

USA wurde allerdings eine Vereinbarung getroffen, um eine aus Tuareg beste-

hende Einheit zu schaffen, die im Norden des Landes AQIM bekämpfen sollte.

57 Vgl. Giudicelli, Anne: „France – A New Hard Line on Kidnappings?“, in: CTC Sentinel, Vol. 6,

No. 4, April 2013, S. 19–21. 58 Vgl. Welsh, May Ying: „Mali – The ‘gentle’ face of al-Qaeda. An exclusive Report from inside

northern Mali“, aljazeera.com, 30.12.2012.

34

Der Hintergrund der Kämpfe, die Anfang 2012 ausbrachen und die relativ

schnell zum Kollaps der Institutionen des Staates Mali im nördlichen Landesteil

führten, ist in dem jahrzehntelangen Bestreben der in Nordmali beheimateten

Tuaregs59

nach Unabhängigkeit und der Gründung eines eigenen Staates zu sehen.

Nach dem gewaltsamen Ende der Herrschaft Ghaddafis in Libyen waren im Ok-

tober 2011 mehrere Hundert bewaffnete Tuaregs nach Mali zurück gekommen,

die zuvor für Ghaddafi gekämpft hatten. Mit den vielen mitgebrachten Waffen

und Kraftfahrzeugen sowie vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus Libyen

begannen sie nun damit zusammen mit lokalen Gleichgesinnten eine Befreiungs-

bewegung der Tuaregs zu gründen, die Mouvement National de Libération de

l’Azawad (MNLA). Ab Januar 2012 unternahm die MNLA Angriffe auf Regie-

rungsstellen und Militäreinrichtungen im Norden Malis. Dabei waren sie erfolg-

reich und wurden zunehmend durch Ansar Dine sowie auch AQIM unterstützt.

Auch die Bewegung für Einheit und Jihad in Westafrika (MOJWA) sowie die

Brigade der Maskenmänner von Mokhtar Belmokhtar nahmen an den Kämpfen

teil und operierten gemeinsam mit AQIM und der MNLA.60

Die malischen Streitkräfte hinterließen einen demoralisierten Eindruck und

zogen sich rasch aus dem Norden des Landes zurück. Die aus Tuareg bestehende

Anti-Terror-Einheit wechselte die Seiten und lief zur MNLA über. Binnen weni-

ger Wochen hatte die Regierung in Bamako die Kontrolle über den Norden des

Landes verloren. Präsident Tourè, der nichts dagegen zu unternehmen schien,

wurde am 21. März 2012 durch aufgebrachte Offiziere abgesetzt.

In den folgenden Wochen und Monaten zeichnete sich ab, dass zwischen

AQIM, Ansar Dine und den anderen jihadistischen Organisationen auf der einen

und der MNLA auf der anderen Seite grundlegende Differenzen über die Zukunft

von Nordmali bestanden. Die MNLA wollte einen säkularen oder gemäßigt isla-

mischen Staat der Tuaregs haben, die beiden anderen Organisationen strebten vor

allem nach der Einführung der Scharia, am besten in ganz Mali. Die MNLA er-

wies sich dabei als der schwächere Part und wurde von den Jihadisten verdrängt,

die nunmehr eine Art von Scharia-Staat aufzubauen versuchten und dabei viele

Menschen töteten oder verwundeten, eine katastrophale Versorgungslage verur-

sachten und zudem viele alte Kulturschätze vernichteten.

59 Der Begriff „beheimatet“ ist insofern irreführend, weil viele Tuaregs in der Region als Nomaden

leben und dabei auch staatliche Grenzen überschreiten.

60 Flood, Between Islamization and Secession, S. 4.

35

Spätestens mit dem Militärcoup in Bamako trat die „internationale Gemein-

schaft“ auf den Plan, hauptsächlich vertreten durch die Staaten der ECOWAS und

der Afrikanischen Union (AU) sowie der Europäischen Union und des UN-

Sicherheitsrates. Schnell war Einigkeit darüber hergestellt, dass die regionale

Organisation ECOWAS eine politische Lösung herbeiführen sollte, der die ande-

ren Organisationen sich anschließen wollten. In erster Linie sollte die Militärherr-

schaft in Bamako so schnell wie möglich aufgegeben und das Heft in zivile Hän-

de zurückgegeben werden. Durch entsprechenden Druck auf die Machthaber in

Bamako konnte tatsächlich eine Übergangsregierung ins Leben gerufen werden.

Dann sollte im Rahmen von Verhandlungen der Übergangsregierung in Bamako

mit den Milizen im Norden (Ansar Dine und MNLA) eine umfassende politische

Lösung gefunden werden. Das Problem war nur, dass weder die Verhandlungs-

partner miteinander reden wollten, noch dass die Nachbarstaaten in der Lage

waren, sich auf wesentliche Elemente einer politischen Lösung einigen zu können.

Die Ergebnisse der Bemühungen von ECOWAS bestanden lediglich darin, dass

eine von Afrikanern gestellte internationale Militärmission gegründet werden

sollte. Deren Aufgabe sollte es sein, der malischen Übergangsregierung zu er-

möglichen ihre Streitkräfte so auszubilden, dass es ihnen in absehbarer Zukunft

möglich sein werde, die territoriale Ordnung wieder herzustellen. Die Ergebnisse

der ECOWAS-Verhandlungen wurden vom Sicherheitsrat der Vereinten Natio-

nen am 20.12.2012 bekräftigt und die Einrichtung der African-led International

Support Mission to Mali (AFISMA) beschlossen.61

Dieses Ergebnis war im

Grunde eine Bankrotterklärung der Internationalen Gemeinschaft. Die AFISMA

hätte nicht vor September 2013 in Mali die Arbeit aufnehmen können, ob sie im

Sinne ihrer Aufgabe tatsächlich irgendetwas hätte bewirken können, war mehr als

zweifelhaft.

Das Auftreten der Internationalen Gemeinschaft führte auf Seiten der

Jihadisten zu der Fehleinschätzung, dass man nun ungehindert weiter nach Ba-

mako marschieren könnte. Als sich im Januar 2013 abzeichnete, dass sich Mili-

zen von Ansar Dine weiter südlich bewegten, entschloss sich der französische

Präsident zu einer militärischen Operation mit etwa 2.000 Soldaten gegen die

islamistischen Milizen und die MNLA, die rasch zur Befreiung Nordmalis führ-

te.62

Die französischen Truppen trafen auf Widerstand, der aber schnell zusam-

61 Vereinte Nationen Sicherheitsrat: Resolution SC 2085, 20.10.2012. 62 Vgl. Heisbourg, Francois: „A Surprising Little War: First Lessons of Mali“, in: Survival, Vol. 55,

no. 2, April-May 2013, S. 7–18.

36

menbrach. Was überraschte war, dass die Brigade der Maskenmänner von Mokh-

tar Belmokhtar am 16.01.2013 etwa 1200km entfernt ein algerisches Gasfeld (Ain

Amenas) besetzte und dort hunderte Geiseln nahm. Nur einen Tag später befreite

die algerische Armee das Gasfeld, wobei 55 Geiseln und ein Großteil der Kämp-

fer von Mokhtar Belmokhtar zu Tode kamen.63

Angeblich haben sich die Reste

der Truppe mit der oben erwähnten Bewegung für Einheit und Jihad in Westafri-

ka (MOJUM) vereinigt.

Die Befreiung Nordmalis wurde dort von der Bevölkerung weitgehend mit

Erleichterung aufgenommen. Die Schreckensherrschaft der Salafisten war von

den meisten Menschen abgelehnt worden und hinterließ tiefe Narben.64

Die

Jihadisten sind weitgehend vertrieben worden, sie wurden nicht geschlagen und

befinden sich heute in der unzugänglichen Bergregion des Grenzgebietes zwi-

schen Algerien und Mali, wo sie sich einen Guerillakrieg mit den französischen

und afrikanischen Streitkräften liefern und weiterhin westliche Geiseln in ihrer

Hand halten.65

Keine der strukturellen und politischen Probleme des Landes sind

gelöst und es steht zu befürchten, dass bei der nächsten Gelegenheit die

Jihadisten nicht mehr die gleichen Fehler begehen werden wie im Jahr 2012.

Die Frage bleibt, inwieweit al-Qaida in Mali strategisch planend vorgegan-

gen ist und wie weit es sich um ein regionales Ereignis gehandelt hat. Interessant

ist hier der Inhalt eines Briefes, den Journalisten im Februar 2013 auf einem Ge-

lände gefunden hatten, auf dem zuvor AQIM ein lokales Hauptquartier hatte. Der

Brief war von Abdelmalek Droukdel verfasst, dem Emir von AQIM und enthielt

strategische Überlegungen. Zwar war das Dokument nicht vollständig, es enthielt

aber interessante Überlegungen, die darauf hinwiesen, dass angesichts der Gefahr

einer westlichen Intervention der Anschein einer zu starken Involvierung von al-

Qaida unbedingt vermieden werden solle. Hauptsächlich solle Ansar Dine in

Erscheinung treten, da diese für eine regionale Agenda stehe. In einer englischen

Übersetzung des Textes wurden die folgenden Sätze aus diesem Brief wiederge-

geben: „Better for you to be silent and pretend to be a ‚domestic’ movement that

63 Vgl. o.V.: „Mokhtar Belmokhtar – Der einäugige Pate der Sahara“, welt.de, 17.01.2013; sowie

Erlanger, Steven/Nossiter, Adam: „Jihad Prince, a Kidnapper, is Tied to Raid“, in: The New

York Times, 18.01.2013, S. A1; s.a. Roggio, Bill: „US charges Belmokhtar with murder of Americans in Algerian gas plant attack“, longwarjournal.org, 19.07.2013.

64 Vgl. Scheen, „Die traumatisierte Stadt“.

65 Vgl. Tinti, Peter/Nossiter, Adam: „Threat of Guerilla war looms in Mali“, in: International Herald Tribune, 18.02.2013, S. 3; vgl. Scheen, Thomas/Wiegel, Michaela: „Im Krieg“, in:

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17.02.2013, S. 9.

37

has its own causes and concerns. There is no call for you to show that we have an

expansionary, jihadi, Qaeda or any other sort of project.”66

Diese Äußerungen

lassen erkennen, dass die Operationen der Jihadisten in Mali – wenngleich sie

nicht von langer Hand geplant waren – doch einem strategischen Kalkül unterla-

gen, welches auch in anderen Regionen zur Anwendung kommen dürfte.

Zudem ist offen, ob und wieweit die Geiselnahmen der AQIM mit Billigung,

Wissen oder gar Ermächtigungen von Seiten der al-Qaida Zentrale aus erfolgt

sind. Vordergründig sieht es so aus, als ob sich AQIM hier einer eigenen Ein-

nahmequelle bedient, um an dringend benötigte Mittel zur Finanzierung des

Jihads in der Region zu gelangen. Es gibt aber auch Hinweise, die den Schluss

zulassen, dass sich die Zentrale von al-Qaida wiederholt in die entsprechenden

Vorgänge eingemischt hat.67

Nigeria

Ein weiteres Betätigungsfeld von AQIM war und ist die Unterstützung für die

radikal-islamistische Bewegung Boko Haram in Nordnigeria. Boko Haram hat in

den vergangenen zwei Jahren durch unglaublich brutale Anschläge auf sich auf-

merksam gemacht, die vor allem der christlichen Minderheit in Nordnigeria gal-

ten und die zudem die staatlichen Strukturen schwächen sollten. Boko Haram

wurde 2002 im Bundesstaat Yobe gegründet und fiel lange Zeit nur durch be-

grenzte Untergrundaktivitäten auf. Im Jahr 2009 kam es zu einer regelrechten

Schlacht mit nigerianischen Sicherheitskräften, die dazu führte, dass etwa 800

Kämpfer der Gruppe starben, darunter auch ihr Führer Mohammed Yusuf. Unter

seinem Nachfolger Abubakar Shekau wurde Boko Haram wieder aufgebaut und

vor allem durch AQIM aufgerüstet und in terroristischen Anschlagstechniken

geschult. Beobachter nahmen zudem eine „Verfeinerung“ der Taktiken von Boko

Haram wahr. Neben Macheten und Kleinwaffen wurden IEDs, Panzerabwehrwaf-

fen und von Pick-ups getragene Luftabwehrgeschütze benutzt und Angriffstakti-

ken verwandt, die aus anderen Kriegsschauplätzen bekannt waren (Selbstmordan-

schläge, Anschläge mit Lastwagen, oder Schüsse, die aus fahrenden Fahrzeugen

in Menschenmengen abgefeuert wurden).

66 Roggio, Bill: „Al Qaeda in Mali sought to hide foreign designs“, longwarjournal.org, 15.02.2013. 67 Vgl. Joscelyn, Thomas: „Al Qaeda central tightened control over hostage operations“,

longwarjournal.org, 17.01.2013.

38

Im Frühjahr und Sommer 2013 unternahmen die Streitkräfte Nigerias eine

größere Offensivoperation mit etwa 8.000 Soldaten gegen Boko Haram, nachdem

die Regierung die Kontrolle in den Staaten Yobe, Borno und Adamawa zu verlie-

ren drohte. Präsident Goodluck Jonathan hatte zuvor den Notstand über diese

Provinzen ausgerufen. Die Operation dauerte mehrere Monate und führte teilwei-

se zur Vertreibung von Boko Haram Milizen aus ihren Operationsgebieten. Be-

obachter bezweifeln allerdings ob die Operation zu einer dauerhaften Schwä-

chung der Islamistengruppe beigetragen hat.68

Deutlich erkennbar ist, dass die

Zahl der Anschläge und vor allem die Zahl der Todesopfer ansteigt. Im Jahr 2012

starben in Nigeria aufgrund von Terroranschlägen der Boko Haram mehr als 500

Menschen. Dieser Trend hat sich 2013 fortgesetzt.

Somalia

Im Gegensatz zu Syrien, Irak und auch der Sahelzone ist die Bilanz von al-Qaida

in Somalia weniger positiv. Der Hauptpartner in Somalia, die Miliz al-Shabaab,

befindet sich militärisch und politisch in der Defensive und die Führung ist zu-

tiefst zerstritten über die einzuschlagende strategische Richtung. Trotz – oder

wegen dieser Krise – kam es im Oktober 2013 zu einem blutigen Anschlag von

al-Shabaab in der kenianischen Hauptstadt Nairobi, der weit über 60 Menschen

das Leben kostete.

Die Miliz al-Shabaab entstand im vergangenen Jahrzehnt aus der Union der

Islamischen Gerichte und schaffte es 2009 und 2010 den Süden und das Zentrum

Somalias weitgehend unter ihre Kontrolle zu bekommen. In den Jahren 2008 und

2009 wurden die Beziehungen zu al-Qaida immer enger. Es traten zunehmend

ausländische Männer in führenden Positionen bei al-Shabaab auf und die Zahl der

ausländischen Kämpfer nahm bedeutend zu.69

Von den zeitweilig mehr als 8.000

Kämpfern und Aktivisten stammten etwa 10% aus Kenia, etwa 1.000 waren So-

malis, die aus dem Ausland zurückgekehrt waren und mehrere Hundert Europäer

und Amerikaner hatten sich der Miliz angeschlossen (darunter 50 U.S.-Bürger,

unter ihnen viele, die ihr Engagement als Teil des globalen Jihad ansahen). Al-

Shabaab war eng mit der salafistischen und jihadistischen Szene Europas und der

68 Vgl. o.V.: „Nigeria’s Emergency: Countering Boko Haram“, iiss.org, 09.08.2013. 69 Vgl. Roggio, Bill: „Al Qaeda leaders play significant role in Shabaab“, longwarjournal.org,

01.08.2010.

39

USA verzahnt.70

Seit 2008 kam es immer wieder zu Berichten, wonach al-

Shabaab Führer die Miliz unter die direkte Leitung der al-Qaida Zentrale gestellt

hätten, erst Osama bin Laden, dann Ayman az-Zawahiri.71

Die ständige Wieder-

holung der Unterstellung al-Shabaabs unter al-Qaida ließ erkennen, dass diese

Entscheidung keinesfalls im Konsens gefallen sein muss. Tatsächlich gab es

massive interne Streitigkeiten innerhalb der Miliz über die strategische Aufstel-

lung: war es das Ziel Somalia zum Ausgangspunkt für eine globale jihadistische

Agenda werden zu lassen, oder sollte es darum gehen in dem Land selber eine

jihadistische Staatlichkeit zu erkämpfen?

Diese internen Streitigkeiten verschärften sich in dem Maße, in dem die Mi-

liz immer stärker Terrain an die internationale Streitkraft AMISOM verlor. Die

aus afrikanischen Truppen bestehende Streitkraft wurde im Dezember 2006 vom

UN-Sicherheitsrat autorisiert, die Übergangsregierung Somalias zu unterstützen

und deren Dialog mit der Union Islamischer Gerichte (der Vorgängerorganisation

von al-Shabaab) zu organisieren. Anfangs war sie weitgehend wirkungslos. Erst

nach mehreren Jahren (und einer zwischenzeitlich erfolgten Invasion Äthiopiens,

die wenig erfolgreich war), kam es zur Aufstellung einer effektiven AMISOM-

Truppe. Anlass war die Tatsache, dass Kenia im Sommer 2011 in Somalia direkt

intervenierte und sein Kontingent der AU/UN-Truppe unterstellte. Seit dem

Sommer 2011 haben die etwa 17.000 Soldaten der AMISOM (die überwiegend

aus Kenianern besteht) mit massiver finanzieller Unterstützung der Europäischen

Union und der USA (die auch logistische Unterstützung geben und direkt durch

Drohnenangriffe einwirken) die militärische Lage in Somalia dramatisch verän-

dert und somit den Rahmen geschaffen, innerhalb dessen ein politischer Neube-

ginn in Somalia möglich wird. Im August 2011 wurde Mogadischu von der al-

Shabaab gesäubert, ein Jahr später deren letzte Hochburg Kismayo. Seither ope-

riert al-Shabaab weitgehend nur in ländlichen Räumen und hat auch viele Kämp-

fer verloren.

In dieser Zeit hat sich der Richtungsstreit bei al-Shabaab verschärft und ist in

Gewalt ausgeartet. Es geht weiterhin um die Frage, welche Richtung die Miliz

nehmen soll: die Verfolgung einer regionalen Agenda, bei der die Gründung

eines islamistischen Staates auf somalischem Boden beabsichtigt ist, oder eine

globale Agenda, bei der Somalia hauptsächlich die Rolle übernehmen soll, die

70 Vgl. Baehr, Dirk: „Die somalischen Shabaab-Milizen und ihre jihadistischen Netzwerke im

Westen“, in: KAS Auslandsinformationen, Heft 8, 2011, S. 22–39. 71 Vgl. Roggio, Bill: „Somalia's Shabaab vows allegiance to new al Qaeda emir Zawahiri“, long-

warjournal.org, 17.06.2011.

40

Afghanistan bis Ende 2001 hatte, d.h. Ausbildungslager für Jihadisten und Koor-

dinationszentrum des globalen Jihads zu sein. Innerhalb der al-Shabaab haben

sich im Jahr 2013 offenbar die Vertreter einer radikalen, globalen Agenda mit

Gewalt durchgesetzt. Im Sommer 2013 wurden der seit 2006 für al-Shabaab

kämpfende Amerikaner Omar Shafik Hammani (nom de guerre: Abu Mansur al-

Amriki) und ein aus Großbritannien stammender Islamist pakistanischer Abstam-

mung von Anhängern des den globalen Flügel repräsentierenden Führers Ahmed

Ahdi Godane (nom de guerre: Mukhtar al-Zubair) getötet, nachdem es zuvor zu

einer offenen Kontroverse gekommen war. Im Juni 2013 hatte sich Sheikh Has-

san Dahir Awey, einer der Mitbegründer von al-Shabaab und Vertreter des natio-

nalen Kurses von der Miliz losgesagt und sich den Regierungskräften gestellt.

Die Aussichten für al-Shabaab in Somalia sind daher nicht besonders gut.

Wie groß die Miliz derzeit noch ist, ist schwer zu ermessen. Von den einstmals

8.000 Kämpfern dürften viele die Miliz verlassen haben, mehre Hundert von

ihnen sind in den Jemen gegangen, um dort al-Qaida auf der arabischen Halbinsel

zu unterstützen.

Dennoch kann man nicht davon ausgehen, dass sich al-Shabaab auflöst oder

in der Versenkung verschwindet. Die Miliz versteht es weiterhin, einen großen

Kern an entschlossenen Kämpfern zu unterhalten, unter denen der Anteil der

„Internationalen“ gewachsen sein dürfte. Al-Shabaab schafft es auch trotz

schlechterer Ausgangsbedingungen sich zu finanzieren, wobei teilweise die Be-

teiligung am illegalen Handel mit Elfenbein sowie die Erhebung von Steuern in

ländlichen Regionen und Städten sowie unter der Diaspora gehören.72

Damit

bleibt der Rest von al-Shabaab extrem gefährlich, vor allem wenn sich diese

Organisation darauf versteht, nicht nur in Somalia sondern auch anderswo Ter-

roranschläge durchzuführen. Am 21. September 2013 verübte al-Shabaab einen

groß angelegten Angriff auf eine modernes Einkaufszentrum in Nairobi, der meh-

rere Tage andauerte und mindestens 68 Menschen das Leben kostete (vermutlich

waren es deutlich mehr). Der Anschlag ließ ein hohes Maß an Vorbereitung und

Investition erkennen, was erstaunlicherweise nicht rechtzeitig von den amerikani-

schen und britischen Nachrichtendienste wahrgenommen worden war.73

Im Ok-

72 Vgl. Gettleman, Jeffrey/Kulish, Nicholas: „Somali militants mixing business and terror“, in: The

New York Times, 01.10.2013, S. A1.

73 Vgl. Gettleman, Jeffrey/Kulish, Nicholas/Schmitt, Eric: „Before Kenya Attach, Rehearsals and

Planning of Machine Gun“, in: The New York Times, 29.09.2013, S. A 12; vgl. Kulish, Nicho-las/Gettleman, Jeffrey: „U.S. sees direct threat in attack at Kenyan mall“, in: The New York

Times, 26.09.2013, S. A 1.

41

tober 2013 kam es zu einem weiteren Vorfall, der erkennen ließ, dass man al-

Shabaab nicht abschreiben darf: ein amerikanisches Kommandounternehmen an

der somalischen Küste musste abgebrochen werden, welches Mohamed Abdikair

Mohamed (nom de guerre: Ikrimah), einen der Hauptstrategen von Terroran-

schlägen in der al-Shabaab, verhaften sollte. Der bewaffnete Widerstand war viel

größer als es die US-Kräfte vermutet hatten, es drohte eine Katastrophe.74

Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass militärisch und politisch gesehen

sich die Dinge in Somalia in eine positive Richtung entwickeln. Al-Shabaab ist

militärisch zurück gedrängt und befindet sich politisch in der Defensive. Die

Organisation scheint entlang der Frage auseinander zu brechen, ob die Agenda

global oder lokal sein soll. Jedoch ist festzuhalten, dass selbst eine auf zwei oder

drei Tausend entschlossene Jihadisten reduzierte Organisation, die terroristische

Anschläge in Nachbarländern oder im Westen vornehmen will, für die internatio-

nale Sicherheit eine größere Bedrohung darstellt als es die alte al-Shabaab tat.

Jemen

Die 2009 im Jemen neu begründete al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (al

Qaida on the Arab Peninsula – AQAP) gilt heute in den USA als der gefährlichste

al-Qaida Ableger.75

Obwohl die AQAP relativ klein ist und gerade mal etwa 500

bis 800 Kämpfer umfassen soll,76

scheinen ihre Führungskader besonders rührig

zu sein und ihre Organisation als eine Art von Vorbild für das ganze Netzwerk

ausbauen zu wollen. Das bisherige Vorgehen von AQAP ließ erkennen, dass

diese drei ehrgeizige Ziele verfolgt, die zusammengenommen ein Modell für das

gesamte Netzwerk darstellen können oder sollen:

- So verfolgt AQAP eine dezidiert regionale Agenda. Sie zielt darauf ab, die

instabile Situation im Jemen auszunützen um die Regierung weiter zu schwä-

chen, diese zu stürzen, Territorium unter seine Kontrolle zu bringen und ei-

nen Bürgerkrieg anzustiften. Dabei greift sie bevorzugt hohe politische Wür-

denträger, Polizisten und Soldaten sowie Vertreter internationaler Organisa-

74 Vgl. Kulish, Nicholas/Schmitt, Eric/Mazzetti, Mark: „Target in U.S. raid on Somalia is called

top Shabab planner of attacks abroard“, in: The New York Times, 07.10.2013, S. A 12; vgl.

Kulish, Nicholas/Schmitt, Eric: „Imperfect intelligence said to hinder U.S. raid on militant in

Somalia“, in: The New York Times, 09.10.2013, S. A 10. 75 Vgl. Zimmerman, Katherine L.: AQAP’s role in the al Qaeda Network, house.gov, 18.09.2013.

76 Vgl. Boniface, Pascale: „Al-Qaïda: de l’Afghanistan au Yémen?“, nouvelobs.com, 16.09.2010.

42

tionen oder Unternehmen an, es finden nur wenige Angriffe auf weiche, zivi-

le Ziele statt. Zudem versucht AQAP mittels einer politischen Front Namens

Ansar al-Sharia Aktionsbündnisse mit anderen politischen Kräften des

Salafismus aufzubauen.77

- Des Weiteren verfolgt AQAP eine ebenso akzentuierte internationale Agenda.

Sie sieht sich als Speerspitze von al-Qaida Attacken gegen Ziele in den USA

und Europa. Von ihr gingen seit 2009 immer wieder Anschlagsplanungen

gegen den internationalen Luftverkehr aus, mit deutlicher Zielrichtung USA.

- Von AQAP gingen wesentliche Impulse für die Nutzung des Internets für

Zwecke der Propaganda der Botschaft von al-Qaida aus.

Was die lokale Agenda betrifft, so ist erstaunlich, wie viele erfolgreiche Aktionen

diese kleine Truppe von wenigen Hundert Mann immer wieder gegen das über-

mächtige Militär durchgeführt hat. Alle paar Monate gelingt es AQAP-Verbän-

den, die in der Größe von 100 bis 200 Mann auftreten, ganze Kasernen zu über-

fallen oder Stützpunkte zu überrennen und große Verluste unter den Streitkräften

anzurichten. Im Dezember 2013 verübte sie einen Sprengstoffanschlag auf das

Verteidigungsministerium in Sana’a, bei dem mehr als 50 Personen getötet wur-

den.78

Die AQAP hat in der Vergangenheit ganze Landstriche besetzt, die außer-

halb der Kontrolle der Zentralregierung standen,79

musste die meisten allerdings

wieder den Streitkräften überlassen, wenn diese in geballter Kraft antraten. Er-

staunlich ist auch, wie widerstandsfähig diese Organisation gegenüber den Ver-

lusten ist, die ihr das jemenitische Militär und auch die USA beigebracht haben.

Laut US Angaben wurden zwischen 2011 und 2013 allein durch amerikanische

Drohnenangriffe 378 AQAP Kämpfer und Führungspersonen getötet.80

Bei einer

geschätzten Stärke von 500 bis 800 Mann müsste das eigentlich einen größeren

Einbruch bei den Aktivitäten verursacht haben. Das war aber nicht der Fall. Mög-

licherweise ist die Zahl der AQAP Mitglieder und Kämpfer nach oben hin zu

korrigieren. Ihre Reihen wurden zudem durch Kämpfer aus Somalia verstärkt.

77 US Department of State: „Terrorist Designations of Ansar al-Sharia as an Alias for Al-Qaida in

the Arabian Peninsula“, state.gov, 04.10.2012. 78 Vgl. Roggio, Bill: „AQAP launches suicide assault on Yemeni defense ministry complex“,

longwarjournal.org, 05.12.2013.

79 Vgl. Raghavan, Sudarsan: „Militants linked to al-Qaeda emboldened in Yemen“, washington-

post.com, 13.06.2011. 80 Vgl. Roggio, Bill/Barry, Bob: „Charting the data for US air strikes in Yemen, 2002 – 2013“,

longwarjournal.org, 19.11.2013.

43

Die Aufstellung einer politischen Front ist von daher bemerkenswert, als hier

versucht wird aus dem Status einer Terrororganisation oder Aufstandsbewegung

heraus zu kommen und zu einer politischen Bewegung zu werden, die Aktions-

bündnisse mit anderen politischen Kräften herstellt. Angesichts der vielfältigen

Formen von Widerstand im Jemen gegen die Zentralregierung gibt es dafür viele

Ansatzpunkte. Das Land ist tief zerrissen, die Konflikte sind teilweise tribaler

Natur, sie reflektieren den Gegensatz zwischen dem Norden und dem extrem

armen Süden und sie spiegeln auch den Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten

wider. So konnte AQAP bislang im Süden immer wieder Unterstützung finden

und sucht den Schulterschluss mit Sunniten im Norden, die sich dort in bewaffne-

ten Auseinandersetzungen mit schiitischen Milizen der Hawautis befinden.

Was die globale Agenda betrifft, so ist AQAP derjenige al-Qaida Ableger, in

dem am intensivsten darüber nachgedacht wird, wie man trotz aller Gegenmaß-

nahmen Terroranschläge in den USA oder in Europa organisieren kann. Aus

Jemen kamen die gefährlichsten Anschlagsversuche gegen den internationalen

Luftverkehr oder gegen Ziele in den USA. Sie basierten auf neuen Designs für

den Bau und den Transport von Bomben. AQAP hat offenbar eine eigene For-

schungsabteilung, die nach Möglichkeiten sucht, wie man Bomben entwickeln

kann, die in der Lage sind auch hoch entwickelte Detektoren zu überwinden (so

genannte Artfully Concealed Devices – ACD).81

Chef dieser Abteilung ist der

saudische Bombenexperte Ibrahim al-Asiri. Ein Produkt seiner Werkstatt fand im

Mai 2012 den Weg zum saudischen Geheimdienst, wo man über die hohe Quali-

tät der Waffe bestürzt war.82

Auch die Erfindung des englischsprachigen Internet-

Magazins „Inspire“ im Jahre 2010 war eine Erfindung von AQAP.

Durch diese Vielfalt von Aktivitäten und Initiativen ist das Ansehen von

AQAP im Rahmen des Netzwerks al-Qaida gestiegen. Dies wurde offenkundig

als im Sommer 2013 der Emir von AQAP, Nasir al-Wuhayshi, von al-Qaida Chef

Ayman az-Zawahiri zum Generalmanager von al-Qaida bestimmt wurde. Die

Position des Generalmanagers beinhaltet die operative Kontrollgewalt über eine

81 Hierbei handelt es sich um Bomben, die ein nicht-metallisches Gehäuse haben, deren Spreng-

stoff schwer aufzuspüren ist (z.B. Pentaerythritol Tetranitrat) und die in alltäglichen Gegenstän-den versteckt sind.

82 Vgl. Gardner, Frank: „Yemen bomb-makers ‘working on new devices’“, bbc.co.uk, 04.12.2013.

Die Bombe wurde von einem Überläufer/Doppelagenten an die Saudis übergeben. Der Vorfall zeigt daher auch die Schwäche von AQAP und die Fähigkeit des saudischen Geheimdienstes, die

Gruppe zu infiltrieren.

44

Vielzahl von internen und externen Aktivitäten und ist die wichtigste Funktion

nach derjenigen des Führers von al-Qaida.83

AQAP ist deshalb bemerkenswert, weil sie das Modell einer sich ständig an die

veränderten Umstände anpassenden und modernisierenden al-Qaida bildet.

AQAP stellt sich stärker politisch auf und setzt militärisch andere Schwerpunkte.

Sie setzt weniger auf unterschiedslosen Terror (ganz im Gegensatz zu ISIL) und

sie versucht, die verloren gegangene globale Agenda wieder zu besetzen, ohne

den lokalen Kampf zu vernachlässigen.

Die hier aufgezeigten Trends lassen erkennen, dass wer immer heute al-

Qaidas Kurs bestimmt, derzeit den Schwerpunkt weniger auf Anschläge in den

USA und in Europa legt, sondern dort, wo sich die besten Gelegenheiten ergeben

– im Irak, in Syrien, in Ägypten, in Pakistan, in Afghanistan, in Nigeria und im

Jemen. Das bedeutet aber nicht, dass keine Anschläge in westlichen Ländern

geplant sind, sondern dass Terroranschläge dort erfolgen, wo sie realisierbar sind:

entweder durch hochgradig sophistisierte Sprengsätze oder aber von lokalen

Gruppen und Individuen geplant und durchgeführt, die mehr oder weniger eng

von al-Qaida Ablegern oder von Organisationen mit Kontakten zu al-Qaida ange-

leitet werden.84

Die Krise der westlichen Anti-Terrorpolitik

Der internationale Kampf gegen den salafistischen Jihad wird formell von den

Vereinten Nationen koordiniert, tatsächlich besteht der Kern des Kampfes gegen

das Netzwerk al-Qaida in einer internationalen Kooperation, die weitgehend von

den USA organisiert und strukturiert wird. Wichtigste Partner der USA sind die

Staaten Europas sowie des Mittleren Ostens. Zudem arbeiten die USA mit Regie-

rungen im Nahen und Mittleren Osten, in Südasien, Südostasien und Afrika zu-

sammen. Der Kampf der USA und ihrer Verbündeten hat hauptsächlich sechs

Komponenten:

83 Vgl. Joscelyn, Thomas/Roggio, Bill: „AQAP's emir also serves as al Qaeda's general manager“,

longwarjournal.org, 06.08.2013. 84 Vgl. Bergen, Peter/Hoffman, Bruce: „Assessing the Terrorist Threat“, bipartisanpolicy.org,

10.09.2010.

45

1. Strafrechtliche Verfolgung von Attentätern, die Anschläge in westlichen

Staaten verübt hatten oder an der Vorbereitung beteiligt waren.

2. Militärische Interventionen mit dem Ziel in einem durch Terroristen destabi-

lisierten oder teilweise kontrollierten Land die Grundlagen für terroristische

Aktivitäten zu zerstören.

3. Versuche durch Statebuilding und Friedenskonsolidierende Maßnahmen in

gefährdeten Staaten und Regionen des Nahen und Mittleren Ostens, Afrikas

und Zentral- und Südasiens die Grundlagen der weiteren Ausbreitung des

salafistischen Extremismus und Jihadismus zu schwächen, wobei manche

dieser Versuche unter Bedingungen der Abwehr terroristischer oder guerilla-

kriegsartiger Gewalt stattfinden mussten.

4. Versuche im Rahmen der Vereinten Nationen, der OECD sowie anderer

internationaler Organisationen und Kooperationen die transnationale Hand-

lungsfähigkeit von al-Qaida zu beschränken bzw. zu unterbinden.

5. Bekämpfung von al-Qaida und anderen jihadistischen Salafistengruppen

durch Kommandoaktionen und durch Drohnenangriffe, die primär auf Füh-

rungspersonen und Ausbildungseinrichtungen zielen.

6. Aufklärung der Aktivitäten von al-Qaida und mit ihr verbündeten Organisa-

tionen durch Nachrichtendienste, besonders (aber nicht ausschließlich) im

Bereich elektronischer Medien (Mobiltelefon, Internet) sowie die Aufrecht-

erhaltung einer gewissen Dominanz westlicher, vor allem amerikanischer

Nachrichtendienste im Bereich der elektronischen Kommunikation, insbe-

sondere dem Internet .

Für jeden dieser sechs Bereiche der Terrorismusbekämpfung sind in den vergan-

genen Jahren Grenzen sichtbar geworden, die teilweise dazu geführt haben, dass

bestimmte Instrumente heute kaum noch genutzt werden. Die Grenzen polizeili-

cher und staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen und von Gerichten sind wieder-

holt erkennbar geworden. Polizei und Justiz bleiben zentrale Elemente der Terro-

rismusbekämpfung, sie reichen aber nicht aus um ein transnationales Netzwerk

dieser Größenordnung von Anschlägen abzuhalten. Militärische Interventionen

und internationale Aktionen zum Statebuilding und zur Friedenskonsolidierung

werden nach den Erfahrungen im Irak und Afghanistan praktisch nicht mehr

angewandt (Mali war eine partielle Ausnahme). Die Bemühungen um Koordina-

tion der internationalen Bemühungen zur Terrorismusabwehr und Prävention im

Rahmen der VN, der OECD, der NATO und anderer internationaler Organisatio-

nen sind zwar wichtig, aber ihre Relevanz bleibt begrenzt. Die Rolle von Kom-

46

mandoaktionen und von Drohnenangriffen wird politisch und rechtlich zuneh-

mend in Frage gestellt.

Lediglich die Kontrolle über elektronische Kommunikation und Internetakti-

vitäten des Netzwerks von al-Qaida blieb lange Zeit von politischer Kritik ausge-

spart. In den vergangenen 10 Jahren wurde diese geradezu zur prioritären Kom-

ponente der amerikanischen Terrorismusbekämpfungsstrategie. Die Enthüllungen

des „Whistleblowers“ Edward J. Snowden über die Abhörpraxis amerikanischer

und britischer Geheimdienste im Sommer 2013 haben eine Vielzahl dieser Tätig-

keiten transparent werden lassen und dabei zu einer grundsätzlichen

Infragestellung westlicher Anti-Terrorismuspolitik geführt. Auch hier stehen die

Erfolge der bisherigen Terrorismusabwehr heute in Frage. Die politischen Ver-

werfungen, die diese Veröffentlichungen innerhalb der westlichen Gemeinschaft

verursacht haben, sind tiefgehend. Ob sie in einer Weise geheilt werden können,

dass die Fähigkeit zur Terrorismusprävention und –bekämpfung dadurch nicht

entscheidend geschwächt wird, ist noch offen.

Die NSA Affäre und ihre Bedeutung für den Kampf gegen al-

Qaida

Die Debatte über das, was Nachrichtendienste dürfen und was nicht, ist nicht erst

durch die Enthüllungen Snowdens entstanden. In den 90er Jahren gab es schon

mal eine ähnliche Debatte über das System „Echelon“, wo unter anderem behaup-

tet wurde, dass die USA ihr Aufklärungssystem aus der Zeit des Ost-Konfliktes

nutzen, um gemeinsam mit Großbritannien, Kanada und Australien Wirtschafts-

spionage in Europa zu betreiben.85

Das Europäische Parlament hatte seinerzeit

einen Sonderausschuss eingesetzt (unter dem Vorsitz des deutschen sozialdemo-

kratischen Abgeordneten Gerhard Schmid), der zu einer nüchternen und abgewo-

genen Position gelangte. Der Ausschuss ging vor allem kritisch mit den Medien

zu Gericht und stellte fest, „dass die technischen Kapazitäten des Systems nicht

85 Vgl. McKay, Niall: „Lawmakers Raise Questions About International Spy Network“, ny-

times.com, 27.05.1999; s.a. Poole, Patrick S.: „ECHELON: America's Secret Global Surveil-

lance Network“, ncoic.com, o.D.

47

annähernd so weitreichend sind, wie von einigen Medien behauptet wurde.“86

Die

Echelon-Affäre ließ erkennen, dass das Thema „nachrichtendienstliche Aufklä-

rungsaktivitäten der USA und anderer angelsächsischer Mächte“ in Europa in

Gefahr läuft, für anti-amerikanische Stimmungsmache instrumentalisiert zu wer-

den. Daneben gab und gibt es aber eine seriöse Debatte, die sich mit der Frage

befasst, wie weit Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden gehen dürfen

bei der Verhinderung terroristischer Anschläge oder welche Mittel bei der Ver-

folgung der Täter angewandt werden dürfen und welche nicht. Dass Terroran-

schläge verhütet werden sollen, wird niemand in Frage stellen. Aber kontrovers

ist zu welchem Preis diese Verhütung erfolgen kann, insbesondere dann, wenn

die Privatsphäre von Bürgern beeinträchtig wird. In den meisten westlichen De-

mokratien gibt es konstitutionelle oder gesetzliche Garantien dafür, dass Bürger –

ohne dass der Verdacht besteht, dass sie etwas verbrochen haben – nicht Gegen-

stand von staatlichen Untersuchungen werden, die ihre Privatsphäre beeinträchti-

gen. In den USA ist das der vierte Verfassungszusatz, in Deutschland Art. 10 des

Grundgesetzes.

Anders als bei der „Echelon“-Affäre ist die Snowden-Affäre medial völlig

anders inszeniert worden. Die „Flucht“ des EDV-Systemanalytikers Edward

Snowden aus Hawaii nach Hongkong und später Moskau wurde inszeniert wie in

einem US-Thriller, in dem ein Mitarbeiter eines Geheimdienstes auf gesetzeswid-

rige Aktivitäten seiner Vorgesetzten stößt und dann von diesen mit allen den

Geheimdiensten zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgt wird.87

Tatsächlich

hatte sich Snowden als Systemadministrator bei einer mit der NSA zusammen

arbeitenden Firma eingeschlichen, um von dieser Position aus so viel Geheimma-

terial wie möglich abschöpfen zu können. Die Inszenierung seiner „Flucht“, die

offenbar unter Mitwirkung anderer Personen aus dem Feld der Whistleblower wie

Jacob Appelbaum und Julian Assange mit organisiert worden ist, hat ihre Wir-

kung nicht verpasst. Dahinter steht eine politische Ideologie der Whistleblower,

die unter die Kategorie der „Verschwörungstheorien“ zu rechnen ist und die be-

86 Europäisches Parlament (Hrsg.): Bericht über die Existenz eines globalen Abhörsystems für

private und wirtschaftliche Kommunikation (Abhörsystem ECHELON) (2001/2098 (INI), Sit-zungsdokument A5-0264/2001, 11.07.2001; vgl. auch Schmid, Gerhard: „Wer betreibt wozu und

wie Wirtschaftsspionage?“, in: Journal of Intelligence, Propaganda and Security Studies, Vol. 4,

Nr. 2, 2010, S. 40–49. 87 Etwa wie in dem Hollywood-Film „Enemy of the State“ (deutsch: Der Staatsfeind Nr.1) mit Will

Smith und Gene Hackman von 1998.

48

sonders in den deutschen Medien viele Anhänger gefunden hat.88

Während in den

amerikanischen und britischen Medien (das trifft weitgehend auch für den Guar-

dian zu) die Berichterstattung sachlich blieb und sich dennoch in oft kritischer

Weise den weiteren politischen Implikationen widmete (aber weitgehend bei

Abwägung der unterschiedlichen Positionen), war die europäische, vor allem die

deutsche Medienreaktion durch eine Vermischung aus Berichterstattung und

Kommentierung gekennzeichnet, die ein weitgehend einseitiges und

alarmistisches Bild geliefert hat und deren Hauptzweck es war, die Antiterrorpoli-

tik der USA als unmoralisch zu charakterisieren. Auch die Instrumentalisierung

der Affäre für den Bundestagswahlkampf hat nicht zu einer Objektivierung der

Debatte beigetragen.89

Die Enthüllungen der britischen Zeitung The Guardian, der Washington Post

aber auch der New York Times und des Wallstreet Journals vom Sommer und

Herbst 2013 lassen erkennen, dass vor allem der amerikanische Geheimdienst

NSA die ihm zur Verfügung stehenden Spielräume sehr weitgehend interpretiert

und genutzt hat. Auf der Suche nach Hinweisen auf terroristische Aktivitäten und

Terrorgruppen hat vor allem die NSA sowohl im Inland wie international die ihr

zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in einem Maße überstrapaziert, welches

Erstaunen hervorgerufen hat. In der Hauptsache hat sich die NSA auf das Internet

und auf die Telefonkommunikation, insbesondere auf den Mobiltelefonverkehr,

konzentriert.

Seit 2004 ist es in den USA zu einer massiven Verstärkung der Rolle von

Nachrichtendiensten bei der Abwehr von Terroristen gekommen. Ausgangspunkt

dafür waren die Empfehlungen der „9/11 Kommission“. Diese war zu dem Er-

gebnis gelangt, dass die Anschläge vom 11. September 2001 hätten verhindert

werden können, wenn Geheimdienste und FBI besser ausgestattet gewesen wären

und wenn sie ihre Informationen ausgetauscht hätten (was ihnen zumeist gesetz-

88 Dieser Ideologie zufolge werden westliche Demokratien schon längst durch Geheimdienste

(insbesondere die der USA) mehr oder weniger ferngesteuert. Typisch für diese Ideologie, die durchaus an linksradikale Ideologien erinnert, ist die Gleichsetzung der Tätigkeiten der NSA mit

der Staatssicherheit in der DDR oder der Geheimen Staatspolizei im Dritten Reich. Laut einem

der Apologeten dieser Verschwörungstheorie, Jacob Appelbaum, soll die NSA schlimmer sein als die Stasi. Diese Äußerung lässt erkennen, dass Jacob Appelbaum wenig oder gar nichts vom

Unterschied zwischen Demokratien und Diktaturen versteht.

89 Zu einer Kritik an der deutschen NSA Debatte vgl. Krause, Joachim: „Diskutieren statt morali-sieren. Was in der deutschen NSA-Debatte notwendig wäre“, in: Internationale Politik, 69.

Jahrgang, Heft 1, 2014, S. 108–119.

49

lich verboten war).90

Aber auch das zunehmende Bewusstsein für andere transna-

tionale Risiken und Bedrohungen (Proliferation von Massenvernichtungswaffen,

illegaler Waffenhandel, Organisierte Kriminalität, Cyberwar) hat dazu geführt,

dass die Nachrichtendienste zusätzliche Kapazitäten erhielten. Über die Notwen-

digkeit, nicht nur transnationale Netzwerke des Terrorismus, sondern auch Netz-

werke der Proliferation, des Waffenhandels und der international organisierte

Kriminalität zu bekämpfen, ist auch innerhalb der NATO wiederholt beraten

worden und die Ergebnisse sind in einschlägigen Dokumenten niedergelegt wor-

den.

Tabelle 5: Das „Black Budget“ der Obama-Administration für 2012 und die

Zuwachsraten seit 2004

Organisation Budget 2012 ($) Zuwachs seit 2004 (%)

CIA 14,7 Mrd. 56

NSA 10,8 Mrd. 53

National Reconaissance

Office91

10,3 Mrd. 12

National Geospatial-

Intelligence Program

4,9 Mrd. 108

General Defence

Intelligence Program92

4,4 Mrd. 3

Justice Department93

3,0 Mrd. 129

Office of the Director of

National Intelligence94

1,7 Mrd. 341

Specialized Reconnaissance

Programms95

1,1 Mrd. 16

DoD Counterintelligence

Programs

0,5 Mrd 13

Dep. of Homeland Security, 0,3 Mrd. 84

90 The National Commission on Terrorist Attacks upon the United States (Hrsg.): The 9/11 Report,

New York 2004, S. 582 ff.

91 Operiert Aufklärungssatelliten 92 Im Originaltext heißt es: „provides assessments of foreign military intentions“.

93 Programme des Justizministeriums mit denen die Einhaltung nationaler Gesetze bei Nachrich-

tendiensten sichergestellt werden soll. 94 Koordiniert die unterschiedlichen Geheimdienste, berät den US-Präsidenten.

95 keine Erklärung über deren Tätigkeit verfügbar.

50

Intelligence

Dept. of Energy, nuclear

material intelligence

0,2 Mrd. 110

Department of the Treasury,

Intelligence

0,03 Mrd. 841

Quelle: Washington Post online, 29.08.2013

Aus Daten, die die Washington Post veröffentlicht hat, geht hervor, dass die ame-

rikanischen Geheimdienste zur Erfüllung dieser Aufgaben seit 2004 erhebliche

Kapazitätsausweitungen vorgenommen haben. Diese wurden in erster Linie im

Bereich der Signal Intelligence (Fernmeldeaufklärung) vorgenommen. Der Zu-

wachs reflektierte die erhöhte Bedeutung der weltweiten digitalen Kommunikati-

on, die gesteigerte Leistungsfähigkeit von Rechnern und Computerprogrammen

sowie die Bedeutung des Internets und der sozialen Netzwerke. Die diesbezügli-

chen Aktivitäten gingen auch von der existierenden Infrastruktur der globalen

Internetkommunikation aus, die einen von den USA ausgehenden Überwa-

chungsansatz fördert.

In diesem Zusammenhang haben seit 2004 die beiden größten Nachrichten-

dienste CIA und NSA erheblich zugelegt. Das Budget der CIA nahm um 56%,

das der NSA um 53% zu. Das Wachstum des National Reconnaissance Office,

welches die Aufklärungssatelliten unterhält, fiel deutlich geringer aus. Aber auch

die Koordination der Nachrichtendienste sowie die Überwachung rechtstaatlicher

Verfahren durch das Justizministerium haben deutlich zugenommen. Im Jahr

2012 umfasste das Budget der US-Bundesregierung für alle geheimdienstlichen

Aktivitäten (intelligence) einschließlich der entsprechenden Überwachung durch

das Justizministerium über 52 Mrd. Dollar, das entsprach etwa 39 Mrd. Euro.

Den größten Anteil davon erhielten die CIA (14,7 Mrd. Dollar) und die NSA mit

(10,8 Mrd. Dollar). Vom Gesamtbudget von 52 Mrd. Dollar entfielen etwa 17,2

Mrd. auf die Bekämpfung von Terrorismus, 20,1 Mrd. auf die weltweite Aufklä-

rung, 6,7 Mrd. auf die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, 4,3 Mrd.

auf Cyberwar-Aktivitäten (defensiv/offensiv) und 3,8 Mrd. auf die Spionageab-

wehr.

Dieser Zuwachs ist vor allem dem Unstand geschuldet, dass im Bereich der

Signal Intelligence (ein Begriff, der in deutscher Sprache mit dem heute veraltet

klingenden Begriff der „Fernmeldeaufklärung“ nur noch unzureichend umschrie-

ben wird) die Bedeutung des Internets und der Mobiltelefone zugenommen haben.

Die relative Bedeutung der Satellitenkommunikation hat abgenommen. Der Zu-

51

wachs hat seine Ursache auch in dem verstärkten Bemühen, Terroristen und Ex-

tremisten, die amerikanische Streitkräfte und Verbündete weltweit bedrohen,

möglichst umfassend in den Blick zu bekommen und nach Möglichkeit mit Hilfe

der dabei gewonnenen Information besser bekämpfen zu können. Gerade weil

nach 9/11 die USA über so wenige Möglichkeiten verfügten, Einblicke in das al-

Qaida Netzwerk zu gewinnen, wurden die technischen Mittel der SIGINT immer

wichtiger und damit die Rolle der NSA, die es verstand diese Mittel zu entwi-

ckeln oder zur Verfügung zu stellen.96

Besonders bedeutend war dabei die Ent-

wicklung eines computergestützten globalen Verbundsystems, mit dessen Hilfe

Militär und Nachrichtendienste auf die gleiche Informationsbasis zurückgreifen

konnten, und welches sich auch für die Führung bei Counterterrorismus-

Operationen nutzen lässt (Real Time Regional Gateway).97

Die NSA wuchs ent-

sprechend und dehnte sich über das Hauptquartier in Fort Meade, MD, hinaus.

Heute gibt es Dependancen in Bluffdale (Utah), Fort Gordon (Georgia), Hawaii,

San Antonio (Texas) sowie in Menwith Hill in Großbritannien (nahe Harrogate)

und in Pine Gap in Australien.

Die geheimen Dokumente der NSA, die Edward Snowden im Sommer 2013

dem Guardian und der Washington Post zur Verfügung gestellt hat, lassen erken-

nen, wie konsequent die NSA seither die Aufklärung im Internet betreibt, um

Terrorismus, organisierte Kriminalität und illegale Waffenaktivitäten zu überwa-

chen. Im Sommer 2013 stellten der Guardian und die Washington Post Power-

point Folien aus einem Lehrgang für Mitarbeiter der NSA vor, aus denen hervor-

ging, dass die NSA versucht den gesamten Datenverkehr im Internet auf Hinwei-

se zu scannen, die vor allem für die Aufklärung terroristischer Aktivitäten von

Bedeutung sein können. Um an die notwendigen Daten zu gelangen, geht sie auf

zwei Wegen vor: zum einen werden Daten an Stellen abgezapft, wo Glasfiberka-

bel oder Knotenpunkte in der Internetstruktur dieses erlauben. Dies wird entwe-

der in den USA betrieben oder mit Hilfe des britischen Geheimdienstes GCHQ,

der alle über Großbritannien laufenden transatlantischen Glasfaserkabel anzapft

(„Tempora“). Im Falle eines Kabelsystems, welches von Frankreich in den Mitt-

leren Osten und nach Asien verläuft, hat die NSA versucht, Informationen über

das Netzmanagement zu erhalten.98

Zudem hat sich die NSA seit 2007 der Ko-

operation der wichtigsten amerikanischen Internetprovider (Microsoft, Yahoo,

96 Vgl. Priest, Dana: „At NSA, a boom fed by post-9/11 demands“, in: The Washington Post,

22.07.2013, S. A1, A9. 97 Vgl. ebd..

98 Vgl. o.V.: „NSA zapft Datenkabel an“, in: FAZ, 30.12.2013, S. 6.

52

Google, Facebook, PalTalk, Skype, AOL, Apple) versichert. Im Rahmen dieser

Kooperation, die einzugehen die Firmen seit 2008 unter dem Foreign Intelligence

Surveillance Act (FISA), Section 702, verpflichtet sind, kann die NSA Metadaten

zu prinzipiell allen Internet-Aktivitäten dieser Provider anfordern. Dieses Projekt

nennt man PRISM.99

Allerdings ist das keine Hintertür zu allen Datentransfers

dieser Provider, jeder direkte Zugriff auf Inhalte muss durch einen gerichtlichen

Beschluss des geheim tagenden Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC)

begründet und angeordnet sein.100

Das FISC soll darauf achten, dass keine Rechte

von Amerikanern unter dem 4. Verfassungszusatz berührt werden, d.h. es sollte

kein Datenaustausch innerhalb der USA der Überwachung unterliegen.

Die von Snowden bereitgestellten Dokumente zeigen, dass im Bereich der In-

ternetaufklärung die von der Verfassung geforderte Aussparung amerikanischer

Bürger (oder von Ausländern, die sich in den USA aufhalten) von Ausspähaktio-

nen der NSA tatsächlich immer weniger gesichert ist. Die NSA muss seit 2008

Nachweise nicht mehr im Einzelfall führen, sondern lediglich gegenüber dem

FISC glaubhaft machen, dass sich das Ziel außerhalb der USA befinde. Dadurch

hat sich eine enorme Ausweitung der Menge der gesammelten Daten (Metadaten

und Inhalte von Kommunikation) ergeben. Auch der Vorsitzende des FISC hat

mittlerweile betont, dass sein Gericht nicht immer die Möglichkeit gehabt habe,

die Korrektheit der Angaben der NSA zu überprüfen.101

Zudem lassen die Doku-

mente Fälle erkennen, wo Daten amerikanischer Bürger versehentlich Gegen-

stand der Aufklärung geworden sind.102

Aus den Dokumenten wird auch ersicht-

lich, dass technisch gesehen die Ausspähung der Internetaktivitäten aller US-

Bürger kein unüberwindliches Problem ist. Das Wallstreet Journal vermutete,

dass etwa 75% aller Emails und anderer Internet-Kommunikation unter US-

Bürgern Gegenstand des Scannings durch die NSA geworden sind, was tatsäch-

lich auf eine schleichende Umgehung des vierten Verfassungszusatzes hinauslau-

99 Vgl. o.V.: „NSA slides explain the PRISM data-collection program“, washingtonpost.com,

06.06.2013; s.a. Greenwald, Glenn/MacAskill, Ewen: „NSA Prism program taps in to user data

of Apple, Google and others“, theguardian.com, 07.06.2013. 100 Vgl. Savage, Charlie/Wyatt, Edward/Baker, Peter: „U.S. Confirms That It Gathers Online Data

Overseas“, in: The New York Times, 07.06.2013, A1.

101 Vgl. Leonnig, Carol D.: „Court – Ability to policy U.S. spying program limited“, washington-post.com, 16.08.2013.

102 Vgl. Gellman, Barton: „NSA broke privacy rules thousands of times per year, audit finds“,

washingtonpost.com, 16.08.2013; vgl. Nakashima, Ellen/Tate, Julie/Leonnig, Carol: „Declassi-fied Court Documents highlight NSA violations in data collection for surveillance“, washington-

post.com, 10.09.2013.

53

fe.103

Rechtlich gesehen stellen all diese Aktivitäten aber keine Verletzung der

geltenden amerikanischen Gesetze dar. Die im Jahre 2008 erfolgten Änderungen

im Foreign Intelligence Surveillance Act machten diese Aktivitäten möglich.

Auch völkerrechtlich lässt sich kein Verbrechen identifizieren. Die Überwachung

von Daten außerhalb der USA ist nach amerikanischem und international ge-

bräuchlichem Recht nicht verboten und wird auch von den meisten Staaten be-

trieben; was nicht ausschließt, dass Staaten auf ihrem Territorium das Ausspähen

von Daten Seitens anderer Geheimdienste als Straftatbestand (Spionage) bewer-

ten.

Ende Oktober 2013 wurde durch Veröffentlichung in der Washington Post

eine handschriftliche Skizze bekannt, wonach die NSA die internen Datennetze

(und damit die Inhalte von Kommunikationen) von Google und Yahoo angezapft

habe oder habe anzapfen wollen, um an unverschlüsselte Dateien aller Art heran

zu kommen (Projekt Muscular).104

Die Existenz dieses Projektes wurde umge-

hend von der NSA dementiert, die darauf hinwies, dass so ein Projekt illegal sei.

Ob es diese Ausspähungen gegeben hat oder nicht, ist bislang unklar. Sollte es sie

gegeben hat, dann wäre das die erste in diesem Zusammenhang erfolgte Rechts-

verletzung durch die NSA.105

Die von Snowden entwendeten Dokumente zeigten auch, dass der amerikani-

sche und der internationale Telefonverkehr Gegenstand von Überwachungen sind.

Hierbei geht es um das Sammeln von Verbindungsdaten und um das selektive

Abhören von Mobil- und Satellitenverbindungen im Ausland und in den USA.

Während völkerrechtlich gesehen Nachrichtendienste im Ausland so viel ausspi-

onieren können wie sie wollen (sofern sie nicht dabei erwischt werden), unterlie-

gen derartige Aktivitäten in den USA strengen Regeln, sofern sie innerstaatlich

erfolgen. Innerstaatlich dürfen – das ist in anderen Demokratien ähnlich – Nach-

richtendienste und Strafverfolgungsbehörden nur in gesondert zu begründenden

Einzelfällen Telefongespräche abhören. Zulässig ist jedoch in den meisten De-

mokratien die Speicherung und Nutzung von Fernmeldeverbindungsdaten durch

die Telefongesellschaften und deren Nutzung durch Strafverfolgungsbehörden

103 Vgl. Valentino-Devries, Jennifer/Gorman, Siobhan: „What you need to know on new details of

NSA Spying“, wsj.com, 20.08.2013. 104 Vgl. Gellman, Barton/Soltani, Ashkan: „NSA infiltrates links to Yahoo, Google data centers

worldwide, Snowden documents say“, washingtonpost.com, 30.10.2013.

105 Die Washington Post glaubte in einer Meldung vom 05.11.2013 dazu Hinweise gefunden zu haben, diese sind aber nicht gerade sehr stark; vgl. Fung, Brian: „The Switchboard: Brazil admits

to spying on U.S.“, washingtonpost.com, 05.11.2013.

54

und Nachrichtendienste, sofern dazu im Einzelfall ein Bedarf nachgewiesen

werden kann und dieser richterlich geprüft worden ist. In den USA ist die Vor-

ratsdatenspeicherung von Telefonverbindungen (Festnetz sowie Mobil) seit Ver-

abschiedung des PATRIOT-Acts im Jahre 2001 obligatorisch (unter Section 215).

Was sich seit 2008 geändert hat ist die Häufigkeit und Intensität der Nachfrage

seitens der NSA. Offenbar sind NSA und CIA dazu übergegangen, Telefongesell-

schaften um die Übergabe praktisch aller Verbindungsdaten zu bitten.106

Zur

Rechtfertigung wird vor allem auf die Gefahren des Homegrown Terrorism hin-

gewiesen, bei dessen Verhinderung die Analyse von Verbindungsdaten hilfreich

sei. Die Veröffentlichung der von Snowden bereitgestellten Dokumente durch den

Guardian im Juni 2013 hat erkennen lassen, wie umfassend NSA und FBI hier

tätig geworden sind.

Im Dezember 2013 hat die Washington Post zudem enthüllt, dass die NSA

massenweise Positions- und Verbindungsdaten von Mobiltelephonen weltweit

sammelt – etwa 5 Milliarden pro Tag. Die Zeitung berichtete weiter, dass mit

Hilfe ausgeklügelter Software Filter entwickelt worden seien, die es erlauben aus

der schier unübersichtlichen Fülle der Daten Informationen herauszufiltern, die

verdächtige Muster erkennen ließen. Die Operation sei rechtmäßig unter der

Präsidentanordnung 12333.107

Bereits die Enthüllungen vom Juni 2013 haben dazu geführt, dass im US-

Kongress im Juli 2013 eine Debatte über die Angemessenheit der vollständigen

Übergabe von Verbindungsdaten an die Geheimdienste stattfand. Ein entspre-

chender Antrag auf Gesetzesänderung fand im Sommer 2013 aber keine Mehr-

heit.108

Viele Kongressabgeordnete und Senatoren drängen aber weiterhin darauf,

durch geeignete gesetzliche Maßnahmen die umfassende Weitergabe dieser Da-

ten an Geheimdienste und FBI ohne konkreten Anlass zu unterbinden.109

Die

Obama-Administration betonte lange, dass nicht nur die Vorratsdatenspeicherung

durch die Telefongesellschaften wichtig sei, sondern dass auch die Auswertung

aller nationalen und internationalen Telefonverbindungsdaten für die Verhinde-

106 Eine solche richterliche Ermächtigung veröffentlichte die britische Zeitung The Guardian am

06.06.2013, die ihr von Edward Snowden zugespielt worden war, vgl. Gleenwald, Glenn: „NSA

collecting phone records of millions of Verizon customers daily“, theguargian.com, 06.06.2013.

107 Vgl. o.V. „New Documents show how the NSA infers relationships based on mobile location data“, washingtonpost.com, 10.12.2013.

108 Vgl. O’Keefe, Ed: „NSA restrictions fail in House vote“, in: The Washington Post, 25.07.2013,

S. A3; vgl. o.V.: „Kongress will Befugnisse der NSA im Inland einschränken“, in: FAZ, 25.07.2013, S. 1.

109 Vgl. o.V.: „Der Kongress wird der NSA die Flügel stutzen“, in: FAZ, 09.11.2013, S. 7.

55

rung terroristischer Anschläge notwendig und zulässig wäre.110

Die Gegner der

Regierungspolitik haben im Dezember 2013 Unterstützung sowohl durch das

Oberste Distriktgericht des Bundesdistriktes als auch durch eine Expertenkom-

mission bekommen, die Präsident Obama eingesetzt hatte, um die Tätigkeiten der

NSA zu überprüfen. Das Oberste Distriktgericht befand den umfassenden Zugriff

der Geheimdienste auf Metadaten für verfassungswidrig und forderte, dass eine

Prüfung der entsprechenden gesetzlichen Grundlage durch das Oberste Bundes-

gericht erfolgen sollte.111

Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass der umfas-

sende Zugriff zu den Verbindungsdaten unverhältnismäßig sei und keine wesent-

liche Hilfe beim Kampf gegen den Terrorismus darstelle.112

Im Januar 2014 kün-

digte Präsident Obama eine Revision der nachrichtendienstlichen Aktivitäten an,

die den oben geäußerten Bedenken Rechnung tragen sollte.

Die Informationen über die Ausspähaktivitäten der NSA haben besonders in

Deutschland nicht nur kritische, sondern geradezu hysterische Reaktionen ausge-

löst. Dem US Nachrichtendienst wurde vorgeworfen, alle Bürger unter General-

verdacht zu stellen und alle auszuspionieren. Auch wurde behauptet, die US-

Regierung würde durch die NSA in Deutschland Wirtschaftsspionage mit dem

Ziel betreiben, amerikanischen Firmen unbillige Vorteile zu verschaffen. Die

NSA wurde mit dem Großen Bruder aus dem Roman „1984“ von George Orwell

verglichen und mit Stasi und Gestapo gleichgesetzt. Die meisten dieser Vorwürfe

gehen an der Realität vorbei und sind teilweise grotesk, weil die Fähigkeiten der

US-Nachrichtendienste derartige Aktivitäten nicht zulassen.113

Selbst wenn die

NSA sämtliche Internetverbindungen und Datentransfers der USA scannen würde,

würde das nicht eine allumfassende Überwachung bedeuten. Dazu sind die Da-

tenmengen zu groß und die Auswertungskapazitäten der NSA viel zu klein.114

110 In dem entsprechenden Weissbuch der Obama-Administration heißt es: “The program is care-

fully limited to this purpose: it is not lawful for anyone to query the bulk telephony metadata for

any purpose other than counterterrorism, and Court-imposed rules strictly limit all such queries”,

vgl. o.V.: „Administration White Paper. Bulk Collection of Telephony Metadata under Section

215 of the USA Patriot Act“, washingtonpost.com, 09.08.2013, S. 1.

111 Vgl. Ackerman, Spencer: „NSA collection of phone metadata likely in breach of fourth amend-ment – read the judges ruling“, theguardian.com, 16.12.2013.

112 Vgl. The White House (Hrsg.): „Liberty and Security in a Changing World. Report and Recom-

mendations of the President’s Review Group on Intelligence and Communications Technology“, whitehouse.gov, 12.12 2013.

113 Vgl. Krause, Joachim: „Die deutsche NSA Debatte“, in: Internationale Politik, Heft 1, Janu-

ar/Februar 2014, S. 128–139. 114 Vgl. den sehr lesenswerten Artikel des früheren BND-Vizepräsidenten Adam, Rudolf G.: „De-

batte um die Überwachung. Die naive Empörung der Deutschen“, sueddeutsche.de, 26.07.2013.

56

Die NSA hat hierzu Zahlen veröffentlicht, die auch durch Kalkulationen anderer

Experten bestätigt werden. Gegenwärtig (2013) liegt die täglich anfallende Da-

tenmenge im Internet bei 1828 Petabyte (das sind 1828 x 1015

Byte).115

Davon

kann die NSA nur einen Bruchteil erfassen (etwa 1,2 Prozent) und davon auch

nur einen Bruchteil wirklich zur Kenntnis nehmen (das wären dann etwa 0,0004

Prozent des gesamten Datenverkehrs). Sie hat dazu spezielle Software entwickelt,

die das Vorsortieren entlang bestimmter Kriterien erlaubt und dabei Daten unter-

schiedlicher Natur berücksichtigt (Verbindungsdaten, Inhalte von E-Mails und

Tweets, Dateitransfers, Inhalte von Webseiten, etc.). Ist diese Vorsortierung er-

folgt, wird spezielle Software zur Spracherkennung (NUCLOEN), zur Bearbei-

tung von Videos (PINWALE) und zur Speicherung von Sprache (MAIWAY) und

Internetseiten (MARINA) eingesetzt. Die Software Xkeystore soll weitere, per-

sonenbezogene Recherchen im Internet ermöglichen. Offenbar läuft die Überwa-

chung darauf hinaus, sich auf Ziele zu beschränken, die als relevant gelten. Im

Rahmen von PRISM sollen weltweit etwa 177.675 Überwachungsziele identifi-

ziert worden sein.116

Unterlagen aus den von Snowden bereitgestellten Doku-

menten zeigen, dass es zwischen 2007 und 2012 neben Afghanistan und Pakistan

weitgehend sechs Staaten waren, die im Zentrum des Interesses der NSA standen:

Russland, China, Nordkorea, Iran, Irak und Venezuela. Diese Dokumente, die die

New York Times ausgewertet hat – und die von den deutschen Medien weitge-

hend unberücksichtigt geblieben sind – zeigen auch, wo und wie NSA Aufklä-

rung erfolgreich zur Bekämpfung transnationaler Bedrohungen beigetragen hat

und wo auch die Grenzen der Leistungsfähigkeit dieser Instrumente liegen.117

Was dabei auch oft übersehen wird, sind die technischen Probleme, die sich

stellen, wollte man auch nur Teile des Internetverkehrs dauerhaft speichern.

Schon um nur einen Bruchteil des Internet-Verkehrs vorübergehend zu speichern,

bedarf es gigantischer Speichermedien. Derzeit werden durch die NSA Spei-

chermedien im großen Maßstab geschaffen. Doch ist eine Speicherung des ge-

samten Datenverkehrs weder beabsichtigt noch möglich, die zeitweilige Speiche-

rung von Verbindungsdaten schon. Diese Verbindungsdaten sind häufig wichti-

ger als die oft verschlüsselten Inhalte von Emails. Aus ihnen lassen sich Struktu-

115 Vgl. NSA (Hrsg.): „Missions, Authorities, Oversight and Partnerships, Paper“, nsa.gov,

09.08.2013, S. 6; die dortige Berechnung enthält allerdings einen Rechenfehler, der hier bereits

korrigiert ist.

116 Vgl. o.V.,“NSA slides explain the PRISM data-collection program”. 117 Vgl. Shane, Scott: „No Morsel too Miniscule for all-consuming N.S.A.“, in: The New York

Times, 03.11.2013, S. A1.

57

ren von Gruppen erkennen, die Anschlagsplanungen betreiben oder die im orga-

nisierten Verbrechen zusammenarbeiten. Im Zusammenspiel mit der Überwa-

chung des Mobilfunkverkehrs, der traditionellen Funkaufklärung und anderen

Quellen können sich Hinweise auf verbrecherische Handlungen oder terroristi-

sche Anschlagsplanungen ergeben – sei es in den USA, in Europa oder auch an

anderen Orten, etwa in Afghanistan und Pakistan. Von Seiten der amerikanischen

Regierung wird angegeben, dass mehr als 50 terroristische Anschläge durch die

Überwachungsaktivitäten der NSA im Internet verhindert worden seien, darunter

auch in Deutschland.118

Die Behauptung, die NSA würde Wirtschaftsspionage gegen deutsche Fir-

men betreiben, ist bislang durch nichts untermauert worden. Schon Ende der 90er

Jahre war der Vorwurf im Zusammenhang mit dem Echelon System erhoben

worden. Der oben erwähnte Ausschuss des Europaparlaments hatte sich auch mit

diesem Vorwurf auseinander gesetzt. Er kam zu dem Ergebnis, dass dafür keine

konkreten Fälle mit klarer Beweislage vorlägen.119

An dieser Lage hat sich offen-

bar nicht viel geändert. Vorwürfe stehen im Raum, es gibt Firmen, die sich über

die Ausspähung von Informationen beklagen, aber es gibt in den seltensten Fällen

Klarheit wer tatsächlich für was verantwortlich war und ist. Firmenspionage

durch Privatfirmen und Hacker sind heute ein alltägliches Phänomen.120

Ob und

wieweit die NSA Spähaktivitäten in Deutschland oder anderen EU-Ländern mit

dem Ziel unternommen hat, amerikanischen Firmen Wettbewerbsvorteile zu

verschaffen, ist weder nachgewiesen noch widerlegt.

Die derzeitige Revision der amerikanischen Politik wird vermutlich zu einer

deutlichen Reduzierung der Überwachungsaktivitäten von NSA und der CIA

führen. Sie wird auch zu einer kritischen Bewertung der Tätigkeiten der Geheim-

dienste im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus führen. In dem oben

erwähnten 9/11-Bericht war seinerzeit gefordert worden, dass der CIA die we-

sentlichen Aufklärungsarbeiten übernimmt, während das Militär für Operationen

gegen Terroristen zuständig sein solle und dass der gesamte nachrichtendienstli-

118 Vgl. Nakashima, Ellen: „Officials – Surveillance programs foiled more than 50 terrorist plots“,

washingtonpost.com, 18.06.2013.

119 Vgl. Schmid, Gerhard: Abhörsystem "Echelon", europarl.europa.eu, 05.09.2001.

120 Vgl. Schnaas, Dieter: „Die Angst vor der Innovationsperipherie. Wirtschaftsspionage ganz anderer Qualität gefährdet den Vorsprung des Westens“, in: Internationale Politik, Jg. 69, Heft 1,

Januar/Februar 2014, S. 8–14.

58

che Apparat der USA transparenter werden soll.121

Keine von diesen Forderungen

ist umgesetzt worden: die NSA scheint die führende Organisation zur Aufklärung

von terroristischen Organisationen und Aktivitäten geworden zu sein, der CIA

scheint mehr und mehr das operative Geschäft der Bekämpfung terroristischer

Gruppen durch Kommandotruppen und Drohnenangriffe übernommen zu haben

und die Transparenz ist erst durch die Veröffentlichungen der Snowden-Papiere

entstanden.

Ausblick

Fasst man zusammen, so wird deutlich, dass zwei Trends zusammenfallen, die –

wenn sie konstruktiv aufgenommen werden – die Chance zu einer strategischen

Neubewertung der westlichen Politik im Kampf gegen den salafistischen

Jihadismus eröffnen. Die Bedrohungslage verändert sich, sie kann immer weniger

mit dem Begriff des „Terrorismus“ allein gefasst werden, sondern muss als Aus-

einandersetzung mit dem salafistischen Jihadismus im Allgemeinen und mit dem

Netzwerk al-Qaida im Besonderen aufgefasst werden. Al-Qaida ist deshalb rele-

vant, weil es ein transnationales religiös-politisches Projekt ist, welches sich als

Avantgarde des salafistischen Jihad versteht. Ziel von al-Qaida ist es, dem ver-

streuten Kampf vieler unterschiedlicher Jihadisten eine strategische Richtung zu

geben, die sowohl globale wie regionale Elemente vereint. Die Bedrohungslage

aus dieser Perspektive neu zu fassen und daraus Konsequenzen für die operative

Politik zu ziehen, ist eine der politischen Hauptaufgaben der kommenden Jahre

und sollte in einer Weise vorgenommen werden, die innenpolitische, außenpoliti-

sche, verteidigungspolitische und entwicklungspolitische Instrumente miteinan-

der kombiniert. Diese Neubewertung setzt in den USA ein und sie stellt eine

Chance auch für deutsche Politik dar. Dazu bedarf es allerdings einer strategisch

orientierten deutschen Debatte zu dem Thema, die derzeit nur in Ansätzen vor-

handen ist (etwa bei der Diskussion über vernetzte Sicherheit, die aber vorwie-

gend nur in der Bundeswehr geführt wird). Deutsche Beiträge könnten sich an

den durchaus positiven Erfahrungen im Bereich Statebuilding und zivil-

militärischer Kooperation im Fall Afghanistans festmachen oder an konstruktiven

121 Vgl. The National Commission on Terrorist Attacks upon the United States (Hrsg.): The 9/11

Report, a.a.O., S. 590–592.

59

Vorschlägen dazu, wie Privatsphäre und Überwachung im Bereich der SIGINT

miteinander kombinierbar wären. Auch könnte Deutschland eine konstruktive

Rolle in der Debatte über die Angemessenheit von Interventionen spielen. All das

findet derzeit nicht statt. In dem Bericht der Expertenkommission des amerikani-

schen Präsidenten zur NSA Affäre kommt Deutschland nur als Beschwerdeführer

vor. Das ist auf die Dauer zu wenig.

Im ungünstigsten Fall verschlechtert sich die Bedrohungslage und die bishe-

rige westliche Politik im Kampf gegen den jihadistischen Terrorismus verfällt,

weil ein Instrument nach dem anderen in Frage gestellt wird und immer weniger

Anwendung findet. Dies ist eine Gefahr, die durchaus real ist. Die kommenden

Jahre werden zeigen, in welche Richtung die Politik gehen wird.

60

Anhang: Das globale Netzwerk von Al-Qaida

Bezeichnung Abkürz-ung

Operations-gebiet

Anzahl Kämpfer und

Aktivisten

Anmerkungen

A. Al-Qaida Zentrale und Regionalorganisationen

Al-Qaida AQ Afghanisch/ pakistanisches Grenzgebiet;

weltweit

300–500 Kernorganisation von al-Qaida, wird seit dem Tod bin Ladens von

Ayman al-Zawahiri geführt

Al-Qaida im Irak /al-Qaida in

Mesopotamien/ Tanzim Qai’dat al-Jihad fi Bilad

al-Rafidayn/ Islamic State of

Iraq and the Levant

AQI Irak 2.500 – 3.500; sowie etwa 6.000 bis 8.000

ausländische Kämpfer, die in Syrien tätig

sind

Ging 2004 aus Terroristengruppe Ansar-i-Islam hervor; arbeitete

zeitweilig erfolgreich mit sunniti-schen Stämmen zusammen, seit 2007 schwer angeschlagen, 80% des Führungspersonals getötet;

Führer: Abu Bakr al-Baghdadi, seit 2012 Wiedererstarken, Versuch der Fusion mit Jabhat al-nusra in 2013

Jabhat al-nusra JN Syrien 10.000–15.000

Ableger von ISI, hat sich der direk-ten Führung durch al-Qaida unter-

stellt; Emir: Abu Mohammad al-Julani (al-Golani)

Al-Qaida im Maghreb

AQIM Algerien, Mali, Marokko, Mau-

retannien, Niger, Nigeria

300-800 Die aus Algerien stammende salafistische Gruppe GSPC unter-

stellte sich 2006 al-Qaida und nennt sich seither AQIM; Führer: Abu

Musad Abdel Wadoud

Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel

AQAP Jemen, Saudi Arabien

Führer: Nazir al-Wuhayshi; existiert seit 2009

Al-Shabaab Somalia, Kenia, Uganda

4.000 – 6.000 Miliz wurde 2005 gegründet, schloss sich 2012 al-Qaida an,

derzeit in Führungskrise und Disput

61

über Ausrichtung

B. Verbündete Milizen und Terrorgruppen, die mit al-Qaida kooperiert haben

Taliban Afghanistan, ca. 30.000 In 80er Jahren entstanden, regier-ten Afghanistan zwischen 1996 und 2001; Führer: Mullah Mohammed

Omar

Hizb-e-Islami Gulbuddin

(HIG) Afghanistan, Pakistan

5.000–7.000 Anti-westliche Mujahedin-Miliz, arbeitet mit Taliban und AQ zu-

sammen: Führer: Gulbuddin Hek-matyar

Haqqani-Netzwerk

Afghanistan, Pakistan

5.000–7.000 Gruppe ist in Waziristan beheimatet, ist für terroristische Anschläge in Afghanistan verantwortlich, wird

vom pakistanischen Geheimdienst ISI unterstützt; arbeitet mit Taliban

und AQ zusammen; Führer: Sirajuddin Haqqani

Tehrik-e-Taliban Pakistan

TTP Pakistan 20.000–30.000

TTB ist Schirmorganisation für mehr als 40 pakistanische

Talibangruppen aus den Stammes-gebieten und Waziristan; Führer:

Hakimullah Mehsud

Lashkar-e-Taiba LeT Pakistan, Kaschmir,

Indien, Afgha-nistan

500-1.000 LeT ist militärischer Arm der in Kaschmir beheimateten Bewegung

Jamaat-du-Dawa, kämpft gegen Indien in Kaschmir und in Indien

selber: arbeitet mit AQ zusammen; Führer: Hafiz Saeed (Said)

Muqami Tehrik-e-Taliban

MTT Pakis-tan/Waziristan

13.000 Lokale Taliban Organisation in Waziristan; arbeitet mit AQ, Taliban und Haqqani-Netzwerk zusammen,

2008 von Maulvi Nazir und Hafiz Gul Badahar gegründet und geführt

Jaysh-e-Mohammad

JeM Indien, Kasch-mir, Pakistan, Afghanistan

500–700 Wurde gegründet um indische Herrschaft in Kaschmir zu bekämp-

fen, führt heute auch Terroran-schläge in Pakistan aus; arbeitet mit AQ und Taliban zusammen, Führer:

Mufti Abdul Rauf

62

Sipah-e-Sahaba Pakistan/Millat-e-Islamia Pakistan

SSP Pakistan, transnational

3.000–6.000 Wurde in den 80er Jahren gegrün-det um Schiiten zu bekämpfen;

Gruppe arbeitet mit TTP und AQ zusammen

Lashkar-e-Jhangvi

LeJ Pakistan, transnational

300 Abspaltung von SSP, extrem ge-walttätig, in kleine Zellen organisiert,

AQ Verbindungen

Lashkar-e-Islam/ Jaysh-e-Islami

LeI/JI Pakistan, Stammesge-biete, Khyber

Region

k.A. Ziel Umsetzung der Scharia in Khyber Region, arbeitet mit TTP zusammen und mit AQ, Führer:

Mangal Bagh

Ahrar al-Sham Islamic Movement

Syrien 20.000 + islamistische Miliz, die sich im September 2013 mit dem al-Qaida Ableger Jabhat al-Nusrah in einer gemeinsamen Front vereint hat

Liwa al Tawhid Syrien 500-1.000 eine mehrere hundert Mann umfas-sende Brigade der Freien Syrischen Armee, die in Aleppo operiert und

sich im September 2013 mit dem al-Qaida Ableger Jabhat al-Nusrah in einer gemeinsamen Front vereint

hat

Liwa al Islam Syrien 500-1.000 eine salafistische islamistische Brigade von mehreren Hundert

Mann, die in Damaskus operiert und die sich im September 2013 mit dem al-Qaida Ableger Jabhat al-

Nusrah in einer gemeinsamen Front vereint hat

Suqur al Sham Brigades

Syrien 500-1.000 eine Brigade der Freien Syrischen Armee von mehreren hundert Mann,

die einen islamischen Staat in Syrien anstrebt und die sich im

September 2013 mit dem al-Qaida Ableger Jabhat al-Nusrah in einer gemeinsamen Front vereint hat

Al Fajr Islamic Movement

Syrien 1.000 + eine mehr als 1000 Mann umfas-sende Einheit in der Syrischen Islamischen Front, die sich im

September 2013 mit dem al-Qaida Ableger Jabhat al-Nusrah in einer

63

gemeinsamen Front vereint hat

Al Noor Islamic Movement

Syrien 500-1.000 eine islamistische Brigade mit mehreren hundert Kämpfern, die in

Aleppo operiert und die sich im September 2013 mit dem al-Qaida Ableger Jabhat al-Nusrah in einer gemeinsamen Front vereint hat

Noor al Din al Zanki Battalion

Syrien 500-1.000 eine aus Saudi Arabien unterstützte islamistische Brigade, die vornehm-lich in Aleppo kämpft und die sich im September 2013 mit dem al-

Qaida Ableger Jabhat al-Nusrah in einer gemeinsamen Front vereint

hat

Fastaqim Kama Umirta Group

Syrien k.A. eine Miliz, die in Aleppo kämpft und die sich im September 2013 mit dem al-Qaida Ableger Jabhat al-

Nusrah in einer gemeinsamen Front vereint hat

19th Division – Syrien k.A. Einheit der Freien Syrischen Armee, die in Aleppo kämpft und die sich im September 2013 mit dem al-Qaida Ableger Jabhat al-Nusrah in einer gemeinsamen Front vereint hat

Liwa al Ansar Syrien k.A. Eine islamistische Rebellengruppe, die in Aleppo kämpft und die sich im September 2013 mit dem al-Qaida Ableger Jabhat al-Nusrah in einer gemeinsamen Front vereint hat

Jaish al-Muhajireen wa Ansar (Army of the Emigrants and Helpers)

Syrien Ca. 1.000 Besteht aus Ausländern und Syri-ern, wird von einem Tschetschenen

kommandiert

Ansar al-Sharia Libyen 300–5.000 Loser Zusammenschluss von Milizen mit al-Qaida Kontakten; Sprecher Ahmed Abu Khattala

(Khattalah)

64

Ansar al-Sharia Tunesien Politische salafistische Bewegung, die im August 2013 nach einigen Anschlägen von der tunesischen

Regierung als terroristische Organi-sation eingestuft wurde, soll etwa

100.000 Mitglieder haben, wie viele davon gewalttätig sind, bleibt unklar;

Führer ist Seif Allah Ibn Hussein, alias Abu Iyadh

Islamic Movement of Uzbekistan/

Islamic Movement of Turkestan

IMU/IMT Usbekistan, Turkestan,

Afghanistan, Pakistan,

Deutschland, Türkei

1.200 Koalition extremistischer islamisti-scher Milizen, kooperieren mit

Taliban, TTP und AQ

Caucasus Emira-te

Nordkaukasus (russischer Teil)

1.000 Selbsterklärter virtueller Staat, Terrorbewegung mit al-Qaida Verbindungen; Führer: Dokka

Umarow

Fatah al-Islam Libanon, Syrien, Jordanien

150-200 Radikale Islamistengruppe aus palästinensischem Flüchtlingsmili-eu; Gruppe soll 2006 missglückten Anschlag auf Vorortzüge bei Köln organisiert haben; Sprecher: Abu

Salim Taha

Movement for Oneness and Jihad in West

Africa, Movement for Unity and Jihad in West

Africa, or Jamāʿat at-tawḥīd wal-jihād fī gharb

ʾafrīqqīyā

Mouvement pour l’unicité et le jihad

en Afrique de l’Oeust

MOJWA MUJWA Muhao

Mali, Mauretan-nien

k.A. Absplitterung oder Ableger von AQIM, Führer der Gruppe vermut-lich Hamada Ould Mohamed Kheirou

65

Ansar Dine Mali 500-2.000 trat im März 2012 bei der Eroberung Nordmalis durch Tuaregs auf, arbeitet mit AQIM zusammen;

Führer: Iyad ag Ghaly

Masked Men Brigade / Khaled

Abu al-Abbas Brigade

< 100 Gruppe, die mit Drogen- und Ziga-rettenschmuggel Geld verdient, verübte Anschlag auf algerische

Gasförderanalge ; Führer: Mokhtar Belmokhtar, erklärte 2012 Fusion

mit MOJWA

Boko Haram Nigeria k.A. Gewaltätige Islamistengruppe, die die Schariah in Nigeria einführen wollen, arbeitet mit AQIM zusam-

men

Moro Islamic Liberation Front

MILF Philippinen 10.000 + Größte islamistische Rebellengrup-pe auf den Philippinen, trotz Waf-fenstillstands 2001 immer wieder Terroranschläge, teilweise Ausbil-

dung durch AQ, Führer: Mohammad Nasif Dua

Abu Sayyaf Group

ASG Philippinen 300–400 Terrororganisation, die sich haupt-sächlich auf das Sulu Archipel

konzentriert, enge Bindung an AQ in der Vergangenheit; Führer: Abu

Sayyaf

Jemaah Islamiyah JI Indonesien 300 + Verantwortlich für Bali-Anschläge 2002; enge Kontakte zu AQ in

Vergangenheit; enge Kooperation mit ASG

East Turkestan Islamic Movement

ETIM China, Kirgisien, Afghanistan

300–1000 Verübt Anschläge vor allem in Chi-na, Anführer ist Memetiming Meme-

ti122

; arbeitet mit AQ zusammen

122 Nach unbestätigten Berichten 2010 getötet. Siehe Roggio, Bill: „Al Qaeda-linked Chinese

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