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Freie Universität Berlin
Otto – Suhr – Institut für Politikwissenschaft
Hausarbeit im Hauptseminar:
„Koalitionsbildung und Koalitionspraxis in Deutschland. Analysen im Wahljahr 2013“
Prof. Dr. Sabine Kropp
Wintersemester 2013/2014
„Das Phänomen der großen Koalition in der Bundesrepublik Deutschland.
Eine Zeitreise“
Nota Avgerinou
Martikelnummer: 4674764
avgnota@zedat.fu-berlin.de
Ma. Politikwissenschaft
4. Fachsemester
Abgabe 4.4.2014
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung................................................................................................................................................3
2 Die große Koalition in Koalitionsforschung; Theoretische Grundlagen.................................................4
2.1 Gründe zur Entstehung...................................................................................................................4
2.1.2 Besondere Auffälligkeiten und Auswirkungen............................................................................6
3 Die drei große Koalitionen des Bundesrepublik.....................................................................................9
3.1 Vergleich der ersten und zweiten großen Koalition.....................................................................12
3.1.2 Kabinett Merkel III..........................................................................................................................14
3.2 Vergleichspunkte..........................................................................................................................16
4 Fazit......................................................................................................................................................18
5 Literaturverzeichnis..............................................................................................................................19
Erklärung...................................................................................................................................22
Abbildungsverzeichnis
Tabelle1...............................................................................................................................................13
Abbildung1.............................................................................................................................................15
Abbildung2.............................................................................................................................................16
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Einleitung
Diese Hausarbeit bzw. dieser Beitrag bezieht sich auf das angebotene Hauptseminar
„Koalitionsbildung und Koalitionspraxis in Deutschland. Analysen im Wahljahr 2013“. Innerhalb dieses
Kontextes wird das Phänomen von großen Koalitionen auf Bundesebene betrachtet und diskutiert,
denn sie bestehen im besonderen Falle im Rahmen der Koalitionstheorie und Koalitionsforschung und
bieten viele Anreize für Untersuchung der Koalitionsbewegungen und der Faktoren, die kritisch für
solche Entwicklungen im politischen Spektrum sein sollen. Große Koalitionen werden als erzwungene
politische Ehen bezeichnet, wenn keine andere Mehrheitsmöglichkeit im Bundestag entsteht (Bytzek,
2013). Das Forschungsfeld an dieser Stelle ist die Bundesrepublik, wo die große Koalition eine
Koalition der beiden Volksparteien, d.h. der CDU/CSU und SPD ist.
Im ersten Teil dieser Hausarbeit werden die Natur und Eigenschaften der großen Koalitionen erörtert
bzw. ihre theoretischen Grundlagen dargestellt; wie sie sich innerhalb der Koalitionsforschung
entwickelt haben. Was setzt eine große Koalition voraus und wann kommt sie zustande? Welche
besonderen Eigenschaften sind auffindbar? Welche Rollen werden von den kleineren Parteien
gespielt? Welche Probleme werden durch sie gelöst und welche neuen werden dadurch geschaffen?
Der Kontext von großen Koalitionen beinhaltet komplexe Nexus von Machtverhältnissen und
Strategien, die ein spannendes und interessantes wissenschaftliches Feld anbieten; nach solche
„Elefantenehe“ (Kropp, 2010: 287) lassen sich unter anderem Phänomene von Wählerverlust,
Erstarken der Parteien am politischen Rand und Veränderungen im Parteiensystem feststellen. Die
Wähler sind die, die eine große Koalition bevorzugen und dadurch bringen sie mit ihrer Wahl
manchmal negative Wirkungen ins Parteisystem (Bytzek, 2013).
In der Bundesrepublik Deutschland fanden solche mächtigen Unionen dreimal ; erstmals 1966 mit
dem Kabinett Kiesingers (CDU), dann 2005 mit dem ersten Kabinett Merkels (CDU) und letztens 2013
mit ihrem zweiten Kabinett. Jeder Fall kann getrennt untersucht werden, denn die
Rahmenbedingungen unterschieden sich und wirkten vielfältig auf die politische und
parlamentarische Bühne ein. Aus diesen Gründen wird ein geschichtlicher und politischer Überblick
auf die Umstände der ersten zwei großen Koalitionen, die von 1966 und 2005, im zweiten Teil
vorgestellt und auch wird ein Versuch durchgeführt die Vergleichspunkte zwischen den beiden zu
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entdecken; Ähnlichkeiten und Unterschiede werden mit Hilfe von wissenschaftlichen Feldbeitragen
offenbart und kommentiert.
Die Bundestagswahl 2013 überraschte nochmal mit dem Ergebnis der dritten großen Koalition unter
der Kanzlerei Merkels. Die Entwicklung dazu wird im dritten Teil des Beitrags anhand neuer Grafiken
abgebildet und anschließend sind die Vergleichsansätzen der neuen großen Koalition zu verorten.
Das Erkenntnisinteresse beruht auf dem theoretischen Rahmen der großen Koalitionen und der
Untersuchung von Ursachen und Richtlinien in dem deutschen modernen politischen Kontext. Durch
den Blick auf die drei Fälle kombiniert mit dem theoretischen Wissen wird das Verständnis solcher
Entwicklungen im modernen Deutschland nachvollzogen. Außerdem durch diese Reise besteht das
Ziel tief in die Koalitionsforschung zu tauchen und ihre Schwerpunkte und hauptsächliche
Fragestellungen bezüglich des Phänomens kennen zu lernen.
Die ausgewählte Herangehensweise besteht aus der kritischen Analyse der Fachliteratur und der
Erforschung aktueller Zeitungsartikeln, Grafiken als auch Berichten.
Die große Koalition in der Koalitionsforschung; Theoretische Grundlagen
Gründe zur Entstehung
Zunächst zum Begriff der großen Koalition:
„Große Koalition wird das Bündnis der beiden stärksten Fraktionen im Parlament genannt oder ein
Fraktionsbündnis, bei dem im Parlament nur noch eine sehr kleine Opposition übrig bleibt.“
(Thurich, 2011: 30)
In Deutschland wird so das Bündnis zwischen der CDU/CSU bzw. Union und der SPD; obwohl dies nicht
der Fall auf Landesebene ist, beispielsweise in Sachsen , wo die SPD die dritte Partei nach der CDU
und der Linke ist (Egle, Zohlnhöfer 2010: 14). Wie Wolfgang C. Müller erwähnt, gibt es große
Schwierigkeit den Begriff analytisch aufzufassen. Ein Beispiel dafür sind die großen Koalitionen,
nämlich die Bündnisse der zwei großen Parteien Belgiens, die 2007 gemeinsam fast nur ein Drittel der
Mandate bekamen bzw. 53 von 150 Sitzen (Müller, 2008: 500). Unter „großer Koalition“ ist vielmals die
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Parteienkombination mit einem qualifizierten parlamentarischen und mehrheitlichen Anteil (Müller,
2008: 501) gemeint. Eine andere Konstellation, die als große Koalition bezeichnet werden könnte, ist
die „Block-übergreifende Zusammenarbeit“ (Müller, 2008: 500). Diese besteht darin, dass zwei
Parteien aus unterschiedlichen politischen Feldern wie z.B. die Sozialdemokraten und die
Konservativen kooperieren. Was aber im Interesse dieses Beitrags liegt, ist aber uns ist die große
Koalition im deutschen politischen Rahmen, das heißt die Koalition der zwei großen, die von CDU/CSU
und SPD. Laut Uwe Jun entsteht eine große Koalition und kann so bezeichnet werden, wenn alle
teilnehmenden Parteien keine Mehrheit schaffen können und wenn die Koalition die Mehrheit der
Mandate rekonstruiert, also über 70 Prozent der Sitze im Parlament verfügt (Haas, 2007: 19, Jun,
1994).
Eine große Koalition ist aber auch eine „minimal winning coalition“ (Kropp, 2010: 293, Haas, 2007: 19);
die aus einer großen Koalition gebildete Regierung verliert ihre Macht, wenn ein der Koalitionären die
Regierung bzw. die Koalition verlässt. Diese Eigenschaft setzt den Koalitionären Herausforderungen
und Schwierigkeiten, denn beide wollen Macht im Sinne von Ämtern und Politikinhalten, deswegen
sollen sie stets dafür sorgen, dass sie effektiv miteinander kooperieren. Innerhalb ihrer Konkurrenz
taucht also die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit auf. Aber im Vorfeld des Themas der
Machtverhältnisse innerhalb der Koalition sind die Bedingungen, die dazu führen oder beitragen, von
großer Bedeutung.
Eine große Koalition ist die am wenigsten erwünschte Entwicklung für die beiden Koalitionäre, denn
beide haben die Furcht, dass bei der nächsten Wahl von den Wählern bestraft werden (Bytzek, 2013).
Im Gegensatz ist die Möglichkeit realisierbar, dass durch die große Koalition eigentlich beliebte
Entwicklungen für die Wähler bestehen (Bytzek, 2013). In der Bundesrepublik Deutschland sind solche
Koalitionen mit Notlösungen verbunden und auf jedem Fall unerwünschte Entwicklungen (Bukow,
Seemann, 2010: 13). Umstände, die so einen Koalitionstyp fördern, sind mit Krisenzeiten bzw. mit
dringenden Mehrheitsreformen, Kriegen, nationalen Notständen gekoppelt (Bukow, Seemann, 2010:
13). Ebenfalls wird in Deutschland die absolute Mehrheit von einer Partei durch das
Verhältniswahlrecht verhindert (Bukow, Seemann, 2010: 10). Ein zusätzlicher Grund dafür kann die
abgängige Bereitwilligkeit der anderen Parteien sein, alternativen Koalitionen und Schemata
beizutreten (Miller, Müller, 2010: 156). Darüber hinaus besteht die Struktur des bundespolitischen
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Parteiwettbewerbs ein Grund, der zur selteneren Entstehung von großen Koalitionen beiträgt. Die
Koalition der Volksparteien unterbricht den etablierten Antagonismus der zwei großen: Dieses
temporäre „Miteinander“ ändert die Interaktionsgewohnheiten der beiden und die in der
Öffentlichkeit entstehenden ausgetragenen Konflikte stellen die Stabilität der Regierung in Gefahr.
Freilich kommen dadurch Kosten und Risiken vor; Der ersten Vorrang der Koalition ist aus diesem
Grund die Konkurrenzausblendung und Kompromisserfindung(Bukow, Seemann, 2010: 20).Auffällig ist
auch, dass in solchen Regierungsbündnissen wie das der großen Koalitionen, konkurrieren die beiden
Parteien um das Amt des Regierungschefs (Müller, 2008: 500).
Große Koalitionen sind keine beliebte Konstellationen für die Koalitionäre und sind Sonderfälle.
Inbesondere auf der deutschen Bundesebene sind sie einerseits mit großen Chancen und andererseits
mit großen Gefahren verbunden; sie bieten die Chance, damit grundlegende Reformen stattfinden,
aber zugleich entsprechen sie die Spekulationen einer Bedrohung für Demokratie (Bukow, Seemann,
2010: 9 und Zohlnhöfer, 2009: 9). Die große Mehrheit, die die beiden Fraktionen im Parlament
schaffen ist fähig für große Reformen in gründlichen Bereichen. Die Abwesenheit von einer starken
Opposition, die folglich eine Eigenschaft von großen Koalitionen ist, gefährdet die demokratischen
Prozesse. An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass die Opposition im Laufe einer großen
Koalition seine Macht gefährdet. Sie muss stets darauf achten, dass sie von der Offensichtlichkeit
bemerkt wird (Bytzek, 2013. 438). Schließlich ist die Position von Müller erwähnenswert, dass, wenn
eine große Koalition sehr von den nationalen und geschichtlichen Bedingungen abhängig ist, kann sie
als eine Konstellation in eigenen Regierungssystemen charakterisiert werden (Müller,208. 503)1.
Besondere Auffälligkeiten und Auswirkungen
Der Fall der großen Koalition bleibt in der Koalitionsforschung ein besonders interessantes Feld und
stellt einen separaten Forschungsbereich mit seinen eigenen Eigenschaften dar. Im Zentrum dieser
Betrachtung der Eigenschaften von großen Koalitionen stehen die sogenannten office und policy
seeking, also der Erwerb von Ämtern und die Durchsetzung von Politikinhalten (Müller 2008, 504),
1 Müller möchte an diesem Punkt klar machen, dass wegen des unterschiedlichen Kontext, wo eine große Koalition sich
geboren sein kann, ist sie nicht in der Lage als analytisches Konzept innerhalb der Koalitionsforschung zu stehen. Mehr
dazu: Müller, Wolfgang C.(2008), „Zur Leistungsfähigkeit großer Koalitionen: Warum Große Koalitionen Antworten aus
koalitionstheoretischer Sicht“ in Zeitschrift für Staatswissenschaft und Europafragen: 6 (3), S. 499-523
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darauf zielen die zwei großen Koalitionäre. Aufgrund der besonderen Natur von dieser Konstellation
kommen komplexe Machtverhältnisse und Konkurrenzbeziehungen vor.
Im Bezug auf die Ämtern und ihren Erwerb wird eine bedeutsame Rolle von dem
Proportionalitätsnorm gespielt. Laut dieses Gesetzes entspricht die Ämtervereitlung innerhalb der
Regierungsbündnissen die Parlamentssitzen, die jede Partei schafft (Müller, 2008: 504). Folglich
fordern große Koalitionen von den Koalitionären bedeutsamen Ämterverzicht. Außerdem ist den
Akteuren die Entwicklung der Koalitionsmöglichkeiten nicht immer offensichtlich und ein
Ämterverzicht ist viel häufiger anwesend in unsicherer Situation und von Akteuren, die zum Risiko
neigen. Darüber hinaus können mehr Informationen bezüglich anderer Koalitionsmöglichkeit
destabilisierend funktionieren, denn beide großen Parteien würden mehr Ämter bei anderen
Parteikonstellationen erwerben (Miller, Mülller, 2010: 157). Konkurrenz und Wettbewerb innerhalb
einer großen Koalition ist auch eine Tatsache. Dieses Gegeneinander im Regierungslager enthält
Stabilitätsgefahren, denn jeder Akteur kann den anderen beispielsweise für unpopuläre
Entscheidungen Schuld weisen und folglich können im Laufe des Prozesses verschiedene Maßnahmen
blockiert werden (Miller, Müller, 2010: 157). Zwischen den beiden großen Koalitionären entsteht ein
„großer Juniorpartner“, der auf den Kanzleranspruch verzichtet und damit sieht er auch vom
Führungsanspruch ab (Bukow, Wenke, 2010: 14). Daraus ergibt sich, dass der Juniorpartner der
Konkurrenz bei Zweifeln an der Autorität des Regierungschefs schärfen kann. Aufgrund der
Ämterverteilung und des Ämterverlusts, als auch der Abgabe der Führung innerhalb der Regierung,
bestehen geringe Anreize für die Parteien eine große Koalition zu schaffen (Rikke, 1984: 41). Als Folge
sind große Koalitionen ungeeignet für lange Zeitperioden, denn die entstehende und stets anwesende
Konkurrenz wird intensiver. Zur Schärfung des Konkurrenz trägt auch die Tatsache bei, dass im Grunde
genommen beide Parteien in einer großen Koalition über ähnliches Gewicht verfügen, das bedeutet,
dass der erste der Koalition könnte der zweite sein und vice versa (Miller, Mülller, 2010: 158). Für
beide Akteure besteht darin ein großer Nachteil im Vergleich zu ihrer Teilnahme an kleinen
Koalitionen, wo ihre Führungsstelle und ihre Ämterdominanz gesichert wäre (Egle, Zohlnhöfer, 2010:
15). Die kleinen Koalitionen bergen keine solche Gefahr, da in diesem Fall klar ist, wer der
Seniorpartner und wer der Juniorpartner ist. Folglich entfaltet sich in kleinen Koalitionen keine große
Gefahr vor Ämterverlust.
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Was die Politikinhalte betrifft, sollen die Parteien, die an einer Koalition teilnehmen bestimmten
policies nämlich bestimmten Politikinhalten und ihrer Durchsetzung verfolgen. Unterschiedliche
Theorien weisen auf unterschiedlichen Arten und Weisen hin, die die Parteien als Koalitionäre nutzen
können. Die Koalitionäre sollen laut der Theorie von Axelrod (1970) verbunden sein; damit wird
gemeint, dass die Koalition aus ideologiebenachbarten Parteien gebildet werden soll. Es kann auch
sein, dass eine Koalition von am geringsten Distanz zueinander stehenden Parteien zu entstehen ist.
Diese Behauptung stammt aus der Theorie von de Schwaan (1973). Dazu existieren andere Theorien
auch unter anderem die von Warwick; die Parteien haben feste „policy“- Grenzen bezüglich ihrer
Kompromissbereitschaft in der Koalition und hinsichtlich der Politikinhalte. Keine solche Strategie ist
in Deutschland auffindbar und im allgemeinen kann man behaupten, angesichts des deutschen
politischen Systems sich betrachten lässt, dass eine große Koalition keine Politikgründe zur Entstehung
entspricht (Miller, Mülller, 2010: 159). Die zwei Volksparteien der großen Koalition finden entweder
einen Weg zum Kompromiss, oder lassen Dritten bzw. Bereichen den Schuld, die keine Stimme zur Zeit
in der Regierung verfügen (Miller, Mülller, 2010: 159).
Die Wähler und die Folgen der solchen großen Ehe auf dem nächsten Wahlergebnis sind von
Bedeutung für die zwei Koalitionäre. Meistens haben die großen Parteien der Koalition viel mehr zu
verlieren als zu gewinnen(Miller, Mülller, 2010, Bytzek, 2013). Gravierende Verschiebungen bei der
nächsten Wahl sind zu erwarten und diese Tatsache verursacht auch bei dem Koalitionspartner
zunehmendes Vorgefühl und Antizipation (Müller, 2008: 505). Auf Landesebene wird in Deutschland
eine hohe Nichtwählerquote nach großen Koalitionen bemerkt. In diesem Fall ist es möglich, dass die
Wähler die Bundesregierung bestrafen, indem sie die Bundesopposition auf Landesbene stärken.
Obwohl diese eine plausible Erklärung für solche Tendenzen sein könnte, schließlich ist sie nicht
einleuchtet, denn Landwahlen beziehen sich auf Landespolitik und deswegen, kann man auch auf
dieser Ebene das niedrige Interesse der Wähler betrachten (Haas, 2007: 25). Eine Wahlenthaltung
könnte nur als Wahrscheinlichkeit charakterisiert werden, die aber langfristig beachtet und berichtet
werden soll, um eine klare Auswirkung der großen Koalitionen zu sein (Haas, 2007: 25). Die Tatsache,
dass eine Volkspartei in einer großen Koalition die Verhinderung und das Risiko treffen kann, nicht in
der Lage zu sein, ihre politische Agenda bzw. ihre programmatische Ziele nachzusetzen, könnte in
Wählerenttäuschung resultieren (Schoen, 2010: 30). Als Folge führt diese Tatsache dazu, dass viele
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Wähler und zwar Anhänger einer der zwei Koalitionären bei der nächsten Wahl entweder gar nicht zu
wählen oder zur kleineren bzw. extremistischen Parteien abwandern (Bytzek, 2013: 439).
Außerdem werden, wie in jeder Koalition die Koalitionsmechanismen von Koalitionsvertrag und
Koalitionsausschüssen bei der Begrenzung von Unsicherheiten genutzt (Lupia, Strøm, 2008).
Theoretisch untersucht und angeschaut lassen sich durch die Mechanismen von
Koalitionsmanagement zunächst Kosten vermeiden, die aus Konflikten stammen. Ebenfalls werden
fristgerecht und angemessene Entscheidungen mithilfe solcher Mechanismen getroffen (Miller,
Mülller, 2010: 162). Schließlich wird die Verfassungsmehrheit als Stärke der großen Koalitionen
bezeichnet (Reuter, 2010: 85), denn auf diese Weise können bedeutsame Grundgesetzänderungen
oder Reformen realisiert werden (Bukow, Seemann, 2010: 18) . Nebenbei besteht diese Möglichkeit
der Grund, warum große Koalitionen in Krisenzeiten oder kritische nationale Situationen bevorzugt
werden2. Wie aber auch Müller betont, solche von der Verfassungsmehrheit entstehende
Möglichkeiten setzen die Einigung der zwei große Koalitionären voraus. Ansonsten könnte ein kleines
Bündnis einen einfacheren Weg zur Gesetzesänderungen finden (Müller, 2008: 511).
Die drei große Koalitionen des Bundesrepublik
In diesem Teil werden die drei großen Koalitionen in Nachkriegsdeutschland erörtert. Die Gründe und
die Rahmenbedingungen, die dazu geführt oder beigetragen haben , sind unterschiedlich und können
uns einen interessanten Blick zum Verständnis solcher politischen Entwicklungen bieten.
Die erste große Koalition der Nachkriegszeit ist das Kabinett Kiesinger; in Westdeutschland herrschte
die Union und regierte seit 1961 zusammen mit der FDP. Die jahrzehntelang versteckten Probleme
und Schwierigkeiten sowohl für die Bundesrepublik, als auch für das Volksvertrauen an der Politiker
der Koalition waren offensichtlich. Die Berliner Krise mit dem Bau der Mauer und die Spiegelaffäre
1962 förderten die Idee einer großen Koalition zwischen der Union und SPD (Schneider, 1969: 22-23).
Letztere versuchte die Bedingungen zu ihren Gunsten zu nutzen, im Sinne ihres Eintritts im Regieren
und folglich der Überprüfung ihrer Regierungsfähigkeit. Viele Faktoren spielten an diesem Zeitpunkt
2 An diesem Punkt taucht die Frage nach dem Zugsamenhang der großen Koalitionen und der großen Reformen; Dienen
die ersten die zweiten oder umgekehrt? Mehr darüber kann man in Wolfgang C. Müllers „Zur Leistungsfähigkeit großer
Koalitionen/ On the Performance of Grand Coalitions: Warum Große Koalitionen? Antworten aus koalitionstheoretischer
Sicht“ und in Egles und Zohlnhöfers „Die große Koalition: eine Koalition der neuen Möglichkeiten?“ verorten.
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eine Rolle: die starke politische Präsenz von Willy Brandt und Herbert Wehner, die allmählich die
Möglichkeit einer großen Koalition erwähnten, die Zeitbesonderheiten und auch der Bedarf seitens
der SPD ihre Regierungsfähigkeit nachzuweisen, obwohl sich am Anfang der Jahrzehnte die Union
nicht einig war. Die SPD war bereit für eine Koalition, denn erstens laut ihrer Vorsitzendes Wehner war
die Partei müde von ihrer langen Position in der Oppositionsrolle. Zweitens möchte die Partei den
Wähler beweisen, dass sie qualifiziert auch zum Regieren (nicht nur zum Opponieren) war (Schneider,
1969: 44).
Das zweieinhalb-Parteisystem wirkte zugunsten der großen Koalition und vorwiegend zugunsten der
Union (Bukow, Seemann, 2010: 21). Der beachtenswerte Wahlsieg der Union 1965 brachte sie
zusammen mit der FDP zum Regieren. Letztere war aber nicht mit der Steuererhöhungen
einverstanden und Streit tauchte über den Bundeshaushalt auf. Der Rücktritt der FDP brachte den
Anlass, auf den die SPD gewartet hatte. Die Union trat der Koalition mit Kurt Georg Kiesinger als
Nachfolger von Ludwig Erhard und das Kabinett Kiesinger wurde gebildet. Die Alternative von der
Zusammenarbeit der SPD und der FDP entsprach keiner realistischen Vorstellung; denn die SPD war
auf bundespolitischer Ebene unerfahren (Bukow, Seemann, 2010: 22). Folglich übte die SPD eine
politische Zurückhaltung hinsichtlich der Führung der Koalition und bevorzugte ihre erste
Regierungsbeteiligung hervorzuheben (Bukow, Seemann, 2010: 22). Im Großen und Ganzen könnte
das Kabinett Kiesinger als eine Übergangslösung charakterisiert werden, die aber am Ende Vorteile für
beide Teilnehmer hatte; für die Sozialdemokraten bestand der Vorteil darin, dass sie ihre
Regierungsfähigkeit gezeigt und nachgewiesen hatten und was die Union betrifft, blieb sie
regierungsfähig (Bukow, Seemann, 2010: 22).
Die Union und die SPD besaßen ungefähr neunzig Prozent der Bundessitze, was für die FDP zehn
Prozent der Sitze bedeutete und folglich ihre Unmöglichkeit die ihrer zur Verfügung stehenden
Kontrollinstrumente zu nutzen. Für die Einberufung eines Koalitionsausschusses wurde ein Drittel der
Bundestagsmitglieder benötigt (Bukow, Seemann, 2010: 17-18). Das Quorum der FDP waren in der Tat
nicht zu erreichen. In diesem Fall waren die zwei großen auch die einzigen Gewinner der großen
Koalition, die offenbar angewiesen auf das Parteisystem war und davon ermöglicht wurde (Bukow,
Seemann, 2010: 34). Ein weiteres bedeutsames Element der ersten Koalition ist die Tatsache, dass sie,
wie im österreichischen Modell (Miller, Müller, 2010: 165) auf einen Koalitionsvertrag verzichtete
10
(Saalfeld, 2000: Tabelle 2.5).
Die zweite große Koalition kam ungefähr fünfunddreißig Jahre später unter der Kanzlerei Angela
Merkels. Sie war politisch nicht erwünscht, als die von 1966-69 (Egle, Zohlnhöfer, 2010: 9-10). Das
Wahlergebnis schien überraschend, denn laut Umfragen wurde eine Mehrheit für die Koalition
zwischen der Union und der FDP abgezeichnet (Egle, Zohlnhöfer, 2010: 11). Beide potenziellen
Koalitionären hatten während der Wahlperiode eine solche Kooperation intensiv gefördert und
unterstützt. Gleichzeitig war keine andere Kombination möglich; eine Jamaika Koalition (Grünen,
Union, FDP), eine Ampel Koalition (SPD, FDP, Grünen) oder eine rot-grün-rote (SPD, die Linke, die
Grünen) Koalition. Das Bündnis von Christ- und Sozialdemokraten wurde auf diese Weise und unter
solchen Umständen erzwungen (Jung, Wolf: 3-11). Die neue Koalition hatte die 448 von den 614
Bundestagssitzen (Bundeswahlleiter, 2005) und die Opposition wurde aus politisch fernen Parteien
bestanden (Bukow, Seemann, 2010: 18). An diesem Punkt kann man behaupten, dass die
Parlamentsauflösung von Schröder und sein Appell für Wahlen, um bedeutsamen Entscheidungen
bezüglich Agenda 20103 für die Zukunft Deutschlands getroffen zu werden, könnten dazu beigetragen
haben. 2005 hatte sich aber auch das Parteisystem geändert und ist ein aus fünf Parteien
bestehendes. Es war wegen dieser Koalition, dass Manfred G. Schmindt Deutschland als einen „grand
coalition state“ charakterisierte, denn die Kompromissen zwischen Regierung (mit
Bundestagsmehrheit) und Opposition (mit Bundesratsmehrheit) waren häufig (Müller, 2008: 512).
Diese Notlösungskoalition ist folglich mit Problemen und Konflikten behaftet. Koalitionsmechanismen
waren in diesem Fall nötig und zwar anwesend im Gegensatz zur ersten großen Koalition; ein
umfangreicher Koalitionsvertrag, der den Koalitionsausschuss etablierte. Eine besondere Eigenschaft
des ersten Kabinetts Merkels bezüglich der Selektionsmechanismen war, dass im Kabinett nicht
passieren konnte, dass ein Koalitionär trotz des Widerstands seines Partners eine Entscheidung treffen
kann; d.h. jede Koalitionspartei war auch ein Vetospieler, was die Verhandlungen stets erschwerte
(Miller, Müller, 2010: 165).
Freilich tauchten Konflikten in der Zeit der großen Koalition auf. Bemerkenswert ist, dass die Konflikte
3 “ein Maßnahmenbündel, mit dem die Sozialsystem saniert, die Lohnnebenkosten auf unter 40 Prozent gesenkt, der
Arbeitsmarkt flexibler gestaltet und die öffentlichen Finanzen konsolidiert werden” (Hünther/ Scharnagel 2005: 24;
Bundesregierung 2003).
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ganz ab Anfang anwesend waren. Die betrafen innere politische Themen und Reformen (Miller, Müller,
2010, Abbildung 1). 2008 und 2009 stieg die Menge der Konflikten wegen der Probleme der
Weltwirtschaftskrise. Diese Kontroversen wurden häufig öffentlich geäußert und folglich entstand der
Eindruck, dass die Koalition eine Mischung von der Regierung und der Opposition wäre (Jun,2008).
Gegen diese aufgetauchten Konflikten kämpfte die Koalition, indem sie häufige Koalitionsausschüsse
berief und nach mehr Wegen aus der Krisen suchte. Trotz der Schwierigkeiten und der Konkurrenz
zwischen Union und SPD wurde ein Erfolg bezüglich des Konfliktmanagements innerhalb der
Regierung betrachtet, der nicht so wirksam in der nächsten Koalition zwischen CDU/CSU und FDP
funktionierte (Saalfeld, 2010: 82-102). Noch ein bedeutsamer Punkt besteht darin, dass trotz des
ökonomischen Aufschwungs der erste Periode der großen Koalition wegen der öffentlichen
Auseinandersetzung der Koalitionäre und der Stimmung des Misstrauens, profitierten die beide direkt
nicht (Jun, 2008).
Die große Koalition 2005 wurde auch sehr bekannt durch erste Kommentare Merkels in der
Regierungserklärung; die Kanzlerin bezeichnetet sie als „eine Koalition der neuen Möglichkeiten“
(Zohlnhöfer, 2009: 9). Eine der herrschenden Fragen hinsichtlich der Regierung Merkel 2005 bezieht
sich auf den Grad ihrer Fähigkeit nach große Strukturreformen zu bewegen, angesichts der Tatsache,
dass sie einen Sitzanteil von über 72 Prozent im Bundestag und einen der zwei Koalitionäre in alle
Landregierungen im Bundesrat hatte. Nichtsdestotrotz eroberte die große Koalition „keine
unkontrollierte Machtfülle im Bundestag“ (Zohlnhöfer, 2009: 13) und im institutionellem Kontext
verfügte kein Veto, deswegen keine Neigung zur Strukturreformen, sondern nur zur „Reförmchen“
(Bukow, Seemann, 2010: 36). Schließlich könnte die Regierung Merkel 2005-2009 von einer
Machtbilanz zwischen den beiden charakterisiert werden(Saalfeld, 2010: 99). Im Großen und Ganzen
arbeitete die große Koalition effektiver als „ihr veröffentlichter Ruf“ (Jun, 2008: 49, Zohlnhöfer, 2013),
denn die Ergebnisse der nächsten Wahl 2009 wiesen die Folge von Stimmenverlust besonders bei den
Wahlergebnissen der SPD (Bytzek, 2014, Bundeswahlleiter: http://www.bundeswahlleiter.de). Aber
was Angela Merkel betrifft, war solche Entwicklung nirgendwo aufzufinden (Bytzek, 2014).
Vergleich der ersten und zweiten großen Koalition
Vor dem Blick auf die jüngste und dritte großen Koalition Kabinett Merkel III, wäre eine vergleichende
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Untersuchung der ersten beiden hilfreich. Denn die dritte große Koalition existiert nur wenige
Monate4, vielleicht ist es sinnvoller sie getrennt zu kommentieren, um die Vergleichspunkte zu
verorten.
Der 5. und 16. Bundestag haben Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Zunächst werden die
Unterschiede erwähnt und mithilfe einer Tabelle der Sitzverteilung in beiden Legislaturperioden
werden bestimmte Punkte verdeutlicht. Aber erstens ist auffällig, dass die Stimmenüberlegenheit der
Union in der zweiten großen Koalition erheblich knapper als in der ersten war. Daraus ergibt sich, dass
der Eintritt der SPD in die Regierung 2005 mehr Akzeptanz genoss (Dittberner, 2007: 11).
Wie es in der Tabelle offensichtlich wird, war die Opposition der Koalition 1966 viel schwächer und
einfacher; die parlamentarische Opposition bestand nur aus der FDP und später wurde die
Außerparlamentarische Opposition (APO), die aus den Studentenprotesten geschafft wurde,
hinzugefügt. Im Gegensatz war die Opposition der zweiten Koalition zwar auch mit der Regierung nicht
gleichberechtigt, aber sicherlich viel bunter und stärker (Dittberner, 2007, Niclauß, 2008); sie bestand
aus dem Bündnis 90/Die Grünen, der FDP und der Linkspartei .
Tabelle der Sitzverteilung im Bundestag während der ersten und zweiten großen Koalition
Mandate CDU/CSU SPD FDP B90/Die
Grünen
Die Linke
5. Bundestag 1965-1969 496 245 202 49
16. Bundestag 2005-2009 614 226 222 61 51 54
Tabelle 1: Quelle: Aus Politik und Zeitgeschichte H. 35-36/ 2007: 12
Gleichzeitig waren die Bewegungen der beiden Großen während und vor den Koalitionen ganz
unterschiedlich; die Union strebte 1966 offensichtlich nach der Führungsposition durch das Anstreben
des Kanzlersamts und dadurch bewahrte sie ihre Position. 2005 kann man behaupten, dass CDU/CSU
Zeuge von ihrem eigenen Anstieg war; SPD gab sich 2005 nach dem Scheitern des rot-grünen Kabinett
Schröders II, mit der Stellung des Juniorpartner zufrieden. Anderseits beherrschten beiden Koalitionen
die Union, worin eine Ähnlichkeit besteht. Dem ist hinzuzufügen, dass die SPD 1996 plötzlich aus dem
linken sozialistischen Feld auftauchte, so wie ein Bürgerschreck (Dittberner, 2007: 13), aber 2005 teilte
4 Dieses Text wird im März 2014 geschrieben, die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag fand am 22. September 2013 statt;
der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD am 28. November unterschrieben.
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sie diese bürgerliche Attraktivität und Aussendung mit den linken Grünen und der Linkspartei,
deswegen stand sie ruhiger und diskreter vor dieser Herausforderung. Im Gegensatz war 1966 die
Union schon die große Volkspartei der Bundesrepublik und benahm sie defensiv (Dittberner, 2007:
13). 2005 zielte sie aber darauf, dass sie stärker und fähiger auf die sozialen Problemen (bzw.
Arbeitslosigkeit) als SPD sich vorstellte reagierte, also adoptierte sie eine offensive Rolle (Dittberner,
2007: 13). Noch ein Unterschied besteht in den Reformen, die während der Koalitionszeit stattfanden.
1969 wurden große und breite Strukturreformen gemacht (Wahlrechtsreform, Notstandsgesetze,
Verbundföderalismus), während 2005 die zwei Großen lieber kleine Schritten und viele Kompromisse
bevorzugten. Außerdem waren die Zeichen der Erschöpfung 2005 schneller sichtbar als in der ersten
großen Koalition; Mitte der Legislaturperiode war davon die Rede, dass „die Gemeinsamkeiten
verbraucht“ wären (Dittberner, 2007: 13). Freilich war Deutschland selbst 2005 in einer ganz andere
Lage als bei der ersten großen Koalition; vereinigt, gebundenes Mitglied der Europäischen Union mit
außenpolitischer Macht und führender Rolle.
Bezüglich der Verstärkung der Parteien in den Rändern des politischen Systems bekommt man
gemischte Ergebnisse; bei der ersten großen Koalition scheiterte die NPD sehr knapp an die Fünf-
Prozent-Hürde während bei der Koalition 2005-2009 solche Bewegung im politischen System nicht zu
betrachten ist5 (Zohlnhöfer, 2013).
Eine Ähnlichkeit besteht darin, dass in beiden Koalitionen die Union den Bundeskanzler bzw. die
Bundeskanzlerin stellte. Ebenfalls führten beide Bündnisse Strukturreformen aus. Bei dem Kabinett
Merkel I waren die Gesundheitsreform, die Haushaltssanierung und der Abbau der
Verbundföderalismus die Ziele (Dittberner, 2007: 12).
Was das politische System betrifft, fanden beide großen Koalitionen innerhalb unterschiedlicher
geschichtlicher und parlamentarischer Rahmen statt; eine mögliche Auswirkung einer großen
Koalition ist die Stärkung der politischen Ränder. Im Fall der zweiten großen Koalition könnte diese
Folge durch den Erfolg der Linkspartei nachgewiesen werden (Haas, 2007: 25). Eine Pluralisierung des
Systems ist auch erwartet, die aber klar zu betrachten ist: während des Kabinetts Kiesinger bestand
das politische Spektrum aus “zweieinhalb“ Parteien, während das erste Kabinett Merkel aus fünf
Parteien zusammensetzte.
5 Obwohl kann behauptet werden, dass der Eintritt des damaligen PDS eine ähnliche Tendenz verriet.
14
Kabinett Merkel III
Die dritte große Koalition entstand als Ergebnis der Bundeswahl von 22. September 2013 und folgte
auf eine schwarz-gelbe Koalition. Die Union blieb die größte Fraktion und schuf 41,5 Prozent und im
Vergleich zur Wahl vor vier Jahren hat die Union einen Zuwachs6. An der zweiten Stelle kam die SPD
mit 25,7 Prozent, was einen Zuwachs von 2,7 bedeutet. Drittstärkste Partei im Bundestag ist Die Linke
mit 8,6 Prozent und die kleinste Fraktion bestand aus dem Bündnis90/Die Grünen mit 8,4 Prozent. Die
Überraschung der Wahl 2013 war selbstverständlich die Ausschließung der FDP vom Bundestag; es ist
das erste Mal, dass ein deutscher Bundestag ohne die Liberalen zusammentritt.
Eine rot-grün-rote Koalition wurde abgesagt während der Sondierungsgespräche zwischen der Union,
der SPD und den Grünen, die folglich zu Koalitionsverhandlungen zwischen den zwei großen führen,
und im Koalitionsvertrag mündeten. Die Grünen und die Union sind in ihren Sondierungsgespräche
nicht einig geworden (Decker, Jesse, 2013). Nach einem positiven Mitgliedervotum zum
Koalitionsvertrag7 seitens der SPD traten die Sozialdemokraten der großen Koalition 2013 bei. Angela
Merkel wurde zur Bundeskanzlerin gewählt und das Kabinett Merkel III wurde Wirklichkeit.
Abbildung 1: Quelle: © DBT in: http://www.bundestag.de/bundestag/wahlen/wahlergebnisse_2013/index.html
6 Im Einzeln: CDU ein Zuwachs von 6,9 Prozent und CSU einen von 0,9 Prozent.
7 Ungefähr 76 Prozent der SPD Anhänger entschieden positiv für den Koalitionvertrag und die Koalition mit der CDU und
CSU.
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Die Gewinner und Verlierer der 18. Wahlperiode sind leicht zu verorten. Die Union hat seit 1994
erstmals wieder einen Anteil von mehr als 40 Prozent geschafft, d.h. sie hat „die absolute Mehrheit
der Mandate knapp verfehlt“ (Jung, Schroth, Wolf 2013: 9). Verantwortlich für dieses Ergebnis sind die
Regierungschefin Angela Merkel, obwohl sie während des Wahlkampfs deutlich gemacht hat, dass sie
eine Koalition mit der FDP fördert Zusätzliche Erfolgsgründe sind der optimale Wahlkampf der Union,
als auch ihre Strategie; die langfristige programmatische Positionierung der CDU von ihren
Vorsitzenden. Die sogenannte Modernisierung von Merkel am Ende der letzten Wahlen setzte die
Union in die „Mitte“ der Gesellschaft (Lenk, 2009) und machte die 40 Prozent zum erreichbaren Ziel
(Jung, Schroth, Wolf, 2013: 11). Die SPD erreichte aber das zweitschlechteste Ergebnis in der
Nachkriegsgeschichte.
Viele spekulieren, dass diese dritte große Koalition Deutschlands eine Endfassung bzw. Folge der
altmodischen Struktur des deutschen Parteisystems, das in zwei Lager geteilt ist, ist; und zwar ein
linkes und ein bürgerliches (Jung, Schroth, Wolf, 2013: 19). Die Gesellschaft blieb aber in der Mitte und
sprach sich für einen ökonomischen Wohlstand auf der Grundlage „von marktwirtschaftlich
ausgerichteter Leistungsbelohnung“ aus (Jung, Schroth, Wolf, 2013: 20), aber auch für soziale
Sicherheit auch. Diese Flexibilisierung, die im Wahlverhalten zu bemerken ist, vergrößert den
Spielraum des Parteisystems , damit andere Parteien auftauchen und um ihre Etablierung im
Parteisystem anzustreben, wie zum Beispiel bei der Bundestagswahl 2013, wo die ganz neu
gegründete Partei, Alternative für Deutschland (AfD) kurz aus dem Bundestag ausgeschlossen wurde
(Niedermayer, 2013). Gewiss besteht das Auftauchen neuer kleinere Parteien und zwar von den
politischen Rändern unter Bedingungen von großen Koalitionen, also die Fragmentierung des
Parteisystems eine legitime Auswirkung (Haas, 2007, Bytzek, 2013).
Vergleichspunkte
In diesem Teil werden Vergleichspunkte zwischen der jüngsten Bundestagswahl 2013 und den zwei
vorherigen großen Koalitionen festgestellt; allerdings ist ein Vergleich zwischen der zweiten und
dritten eher möglich wegen der Daten und wegen der ähnlicheren politischen Szene.
Abbildung 2: Quelle: Tagesschau.de in
https://www.tagesschau.de/wahl/
16
Laut des Bundestagswahlergebnis 2013 erlebten die beide Volksparteien einen Anstieg in ihrem
Wahlkreis und gleichzeitig erfuhren die FDP, die Linke und die Grünen Einbußen (Jung, Schroth, Wolf,
2013). Zusätzlich , wie bereits erwähnt, kam die an den politischen Rändern positionierte Partei AfD
ihrem Eintritt im Bundestag sehr nah(DIE ZEIT, 7.10.2013). Diese Entwicklung fand auch in der Wahl
der ersten großen Koalition 1966 mit dem Anstieg der NPD statt und man kann das gleiche auch
behaupten hinsichtlich des Eintritts 2005 von der damaligen PDS im Bundestag. Im Großen und
Ganzen lässt sich behaupten, dass eine echte Eigenschaft von großen Koalitionen die Entstehung oder
das Auftauchen kleineren Parteien an den politischen Rändern fördert. Das ist so mit der NPD 1966,
PDS 2005 und AfD 2013 passiert.
Bezüglich der beiden letzten Koalitionen zwischen der SPD und der Union lässt sich erwähnen, dass
bei der Bundestagswahl, die der zweiten großen Koalition folgte, sanken die Anteile von der SPD
erheblich. Diese Entstehung macht die SPD zur Zeit des dritten Kabinetts Merkel unsicher (ZDF-
Heute.de, 17.10.2013).
Im Laufe der Periode 1966-1969 bildete sich eine Außerparlamentarische Opposition wegen der
schwachen Opposition von der FDP im Bundestag. Im Fall der zweiten Koalition war die Opposition
bunter als die Dritte, wo die Opposition nur von den Grünen und den Linken geprägt ist; demzufolge
sind die Parteien im Bundestag heute vier. Erwähnenswert ist auch an dieser Stelle, dass die heutige
aus 127 Sitzen bestehende Opposition schwach charakterisiert werden kann; mit solchem Anteil ist sie
nicht in der Lage einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. In einer Redezeit von einen Stunde
verfügt sie nur über zwölf Minuten; aus diesen Gründen haben Mitglieder des Bundestags, auch aus
der Regierungsfraktion stammende, ihre Sorge für die Entwicklung der demokratischen Prozessen und
des Parlamentarismus im Allgemeinen (ZDF, Heute.de, 2.10.13). Zusätzlich sind die Grünen und die
Linke nicht so nah politisch benachbart, d.h. sie verfügen über keine starke Positionierung im
Bundestag. Die Finanzkrise ist noch in Europa anwesend und die Periode könnte als Krisenzeit
bezeichnet werden, obwohl die echten intensiven Probleme für die deutsche Wirtschaft nicht so
befindlich wie während des Endes der zweiten großen Koalition und im Laufe des Kabinett Merkel II.
Bedeutsame inländische Themen sind auch die Umweltpolitik, Familienpolitik, der Mindestlohn e.t.c.
Die Krise in Europa und die weltweiten Entwicklungen stellen stets Herausforderungen dar und
17
können die Entstehung und Funktion der großen Koalition etwas erklären.
Die ersten Bemerkungen und Vorwürfe des Kabinetts Merkel III tauchen momentan auf, wie erste
Kommentare der neuen Koalition. Die neue Regierung der Union und SPD lassen innere und
wesentliche Reformen zu; innerhalb weniger Wochen legte sie eine Frauenquote, die Rente ab 63 , ein
Mietpreisbremse fest und ein Gesetz für die staatliche Mindestlohn ist noch auf dem Weg (DIE ZEIT,
27.03.14). Viel zu kritisieren und noch mehr zu erfahren; die neue Legislaturperiode scheint
vielversprechend auch was die Forschung der großen Koalition betrifft.
Fazit
Durch den Überblick und diesen ersten Vergleich der großen Koalitionen in der Bundesrepublik
werden gemeinsame Muster und Besonderheiten deutlich. Vermutlich besteht darin ein legitimer
erster Schritt zur Wahrnehmung und zum Ergreifen der Funktionen einer großen Koalition. Die Analyse
kann riesig sein, wenn alle Einzelheiten und Entwicklungen in Anbetracht gezogen werden, was nicht
der Gegenstand dieses Beitrags ist.
Große Koalitionen mögen nicht beliebt von den Volksparteien sein, denn sie berauben Ämter und
übersehen Politikinhalte. Gleichzeitig geht die Schwächung der Großparteien mit einer Erstarkung der
Parteien der linken und rechten Ränder (Bytzek, 2013) zusammen und darüber hinaus wird eine
Erhöhung der Nichtwähler verursacht. Eigentlich sind diese großen Ehen beliebt seitens der Wähler
und sie können auch durch ihre Stimmen die negativen Auswirkungen der Koalition auf das
Parteisystem determinieren (Bytzek, 2013). Veränderungen innerhalb des Parteisystems sind auch
sicherlich zu betrachten (Haas, 2007, Bytzek, 2013). Auswirkungen wie die Stimmenverluste sind zwar
eine bestimmte Folge der großen Koalitionen, werden aber in Gegenwart als Ausnahmen festgestellt;
das Beispiel der CDU unter der Kanzlerei von Angela Merkel besteht eine solcher Fall (Bytzek, 2013).
Trotzdem ist die große Koalition 2013 die zweite im letzten Jahrzehnt und deswegen sind die zwei
große Volksparteien dazu vorbereitet. Die Frage, ob das Parteisystem sich ändert oder wandelt und
zwar wie, schwebt über der Koalitionsforschung. Die Kritik über das antiquierte politische System der
Bundesrepublik kann auch erhebliche Ausgangspunkte ans Licht bringen. Mit Bestimmtheit entwickelt
die Koalitionsforschung in Deutschland sich noch; die Neuigkeiten auf dem Feld versprechen
spannende Schlussfolgerungen und stellen die große Frage, ob die Bundesrepublik wirklich ein Staat
18
der großen Koalitionen bzw. „grand coalition state“ ist und ob große Koalitionen immer häufiger
entstehen bzw. bevorzugt werden .
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Erklärung
Ich versichere an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig ohne fremde Hilfe und nur
mit den angegebenen Hilfsmitteln verfasst habe. Die Stellen der Hausarbeit, die anderen Quellen im
Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen wurden, sind durch Angaben der Herkunft kenntlich
gemacht. Dies gilt für Zeichnungen, Skizzen, bildliche Darstellungen sowie für Quellen aus dem
Internet.
Berlin, den 03.04.2014
Nota Avgerinou
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