Methodenvergleich, Anwendungsbeispiele und Grundlagen der portablen Röntgenfloureszenzanalyse...

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Methodenvergleich, Anwendungsbeispiele und Grundlagen der portablen Röntgenfloureszenzanalyse (P-RFA) in der Keramikforschung OLIVER MECKING (WEIMAR), DIRK PAUL MIELKE (MÜNSTER), SONJA BEHRENDT (WEIMAR) Zusammenfassung Die portable Röntgenfluoreszenzanalyse (p-RFA) findet aufgrund ihrer einfachen Handhabung und der kurzen Messzeiten pro Objekt eine immer größere Anwendung bei der Herkunftsbestimmung von Keramik. Dieser Beitrag widmet sich dem Vergleich zwischen p-RFA und klassischer Laboranalytik (Mikro-RFA, ICP-MS, NAA). Hierfür wurden Keramikscherben aus drei archäologischen Projek- ten ausgewählt. Dabei handelt es sich um Funde vom bandkeramischen Fundplatz Eythra (Sachsen), graue kaiserzeitliche Drehscheibenware aus Haarhausen und Frienstedt (Thüringen) sowie phönizische Keramik von 19 Fundplätzen der Iberischen Halbinsel. Im Ergebnis zeigte sich, dass mit der p-RFA 70 bis 90 Prozent der phönizischen Keramik sowie der grauen Drehscheibenware in die gleichen Grup- pen klassifiziert werden können wie mit den genannten Laborverfahren. Im Vergleich dazu waren die Übereinstimmungen für die neolithische Keramik aus Eythra zwischen p-RFA und klassischer Analytik schlechter. Die Ursachen dafür liegen einerseits an der geringeren Anzahl an mittels p-RFA messbaren Elementen und andererseits an der inhomogenen Zusammensetzung der Keramik. Diese Inhomogeni- täten werden sowohl durch die Magerung als auch durch variierende Spurenelementkonzentrationen innerhalb der Tonmatrix hervorgerufen. Beide Effekte wurden detailliert untersucht und sowohl ihre Auswirkungen als auch die Möglichkeiten der messtechnischen Kompensation dargestellt. Schlüsselworte: Portable Röntgenfluoreszenzanalyse (p-RFA), Herkunftsbestimmung, Methodenver- gleich, Einfluss der Magerung Summary Easy use and short measurement times per unit underlies the increasing application of the portable X- ray fluorescence analysis (p-XRF) in determining the origin of pottery. This contribution is devoted to the comparison between p-XRF and classical laboratory analyses (Micro-XRF, ICP-MS, NAA). Pottery sherds from three archaeological projects were selected: Finds from the Linear Band pottery site Eythra (Saxony), grey wheel-made pottery from the Roman Imperial Period sites of Haarhausen and Frienstedt (Thuringia) and Phoenician pottery from 19 sites on the Iberian Peninsula. The results showed that with the p-RFA 70 to 90 percent of the Phoenician ceramics as well as of the grey wheel-made pottery can be classified into the same groups as with the classical laboratory methods. In comparison, the matches between p-XRF and classical analytic for the Neolithic pottery from Eythra were poorer. The reasons for this is, on the one hand, the smaller number of elements measurable with the p-RFA and on the other hand the inhomogeneous composition of the pottery. These inhomogeneities are caused by the temper as well as by the varying trace element concentrations within the clay matrix. Both phenomena have been studied in detail and their effects as well as the possibilities of metrological compensation are presented. Keywords: Portable XRF, Provenance analysis, method comparison, temper influence Oliver Mecking studierte von 1990 bis 1996 in Kiel Chemie und Ur- und Frühgeschichte. Im Jahr 2000 schloss er seine Dissertaion im Fach Chemie über archäologische Keramik bei Prof. Dr. Dr. h.c. Lagaly ab. Seitdem leitet er das Archäometrielabor des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie in Weimar und führt Archäometrieprojekte zu Keramiken, Gläsern, Bunt- und Edelmetal- len, Tiegeln, Bodenproben und Mörtel durch.

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Methodenvergleich, Anwendungsbeispiele und Grundlagen der portablen Röntgenfloureszenzanalyse (P-RFA) in der Keramikforschung

OLIVER MECKING (WEIMAR), DIRK PAUL MIELKE (MÜNSTER), SONJA BEHRENDT (WEIMAR)

ZusammenfassungDie portable Röntgenfluoreszenzanalyse (p-RFA) findet aufgrund ihrer einfachen Handhabung und der kurzen Messzeiten pro Objekt eine immer größere Anwendung bei der Herkunftsbestimmung von Keramik. Dieser Beitrag widmet sich dem Vergleich zwischen p-RFA und klassischer Laboranalytik (Mikro-RFA, ICP-MS, NAA). Hierfür wurden Keramikscherben aus drei archäologischen Projek-ten ausgewählt. Dabei handelt es sich um Funde vom bandkeramischen Fundplatz Eythra (Sachsen), graue kaiserzeitliche Drehscheibenware aus Haarhausen und Frienstedt (Thüringen) sowie phönizische Keramik von 19 Fundplätzen der Iberischen Halbinsel. Im Ergebnis zeigte sich, dass mit der p-RFA 70 bis 90 Prozent der phönizischen Keramik sowie der grauen Drehscheibenware in die gleichen Grup-pen klassifiziert werden können wie mit den genannten Laborverfahren. Im Vergleich dazu waren die Übereinstimmungen für die neolithische Keramik aus Eythra zwischen p-RFA und klassischer Analytik schlechter. Die Ursachen dafür liegen einerseits an der geringeren Anzahl an mittels p-RFA messbaren Elementen und andererseits an der inhomogenen Zusammensetzung der Keramik. Diese Inhomogeni-täten werden sowohl durch die Magerung als auch durch variierende Spurenelementkonzentrationen innerhalb der Tonmatrix hervorgerufen. Beide Effekte wurden detailliert untersucht und sowohl ihre Auswirkungen als auch die Möglichkeiten der messtechnischen Kompensation dargestellt.

Schlüsselworte: Portable Röntgenfluoreszenzanalyse (p-RFA), Herkunftsbestimmung, Methodenver-gleich, Einfluss der Magerung

SummaryEasy use and short measurement times per unit underlies the increasing application of the portable X-ray fluorescence analysis (p-XRF) in determining the origin of pottery. This contribution is devoted to the comparison between p-XRF and classical laboratory analyses (Micro-XRF, ICP-MS, NAA). Pottery sherds from three archaeological projects were selected: Finds from the Linear Band pottery site Eythra (Saxony), grey wheel-made pottery from the Roman Imperial Period sites of Haarhausen and Frienstedt (Thuringia) and Phoenician pottery from 19 sites on the Iberian Peninsula. The results showed that with the p-RFA 70 to 90 percent of the Phoenician ceramics as well as of the grey wheel-made pottery can be classified into the same groups as with the classical laboratory methods. In comparison, the matches between p-XRF and classical analytic for the Neolithic pottery from Eythra were poorer. The reasons for this is, on the one hand, the smaller number of elements measurable with the p-RFA and on the other hand the inhomogeneous composition of the pottery. These inhomogeneities are caused by the temper as well as by the varying trace element concentrations within the clay matrix. Both phenomena have been studied in detail and their effects as well as the possibilities of metrological compensation are presented.

Keywords: Portable XRF, Provenance analysis, method comparison, temper influence

Oliver Mecking studierte von 1990 bis 1996 in Kiel Chemie und Ur- und Frühgeschichte. Im Jahr 2000 schloss er seine Dissertaion im Fach Chemie über archäologische Keramik bei Prof. Dr. Dr. h.c. Lagaly ab. Seitdem leitet er das Archäometrielabor des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie in Weimar und führt Archäometrieprojekte zu Keramiken, Gläsern, Bunt- und Edelmetal-len, Tiegeln, Bodenproben und Mörtel durch.

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Dirk Paul Mielke hat von 1989-1997 an der Ruhr-Universität Bochum Ur- und Frühgeschichte stu-diert und mit einem Magister abgeschlossen. 2003 erfolgte die Promotion an der Philipps-Universi-tät Marburg. Dort war er von 1997-2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Forschungsprojekt „Ausgrabungen in der hethitischen Stadtruine Kuşaklı/Sarissa“. Von 2006-2011 war als Referent an der Abteilung Madrid des Deutschen Archäologischen Institutes tätig. Seit 2011 ist er Dozent an der West-fälischen Wilhelms-Universität Münster und absolviert dort sein Habilitationsverfahren. Schon während des Studiums hatte er intensive Kontakte zur Archäometrie, die während der langjährigen Mitarbeit in dem internationalen und interdisziplinären DFG-Forschungsprojekt in verschiedene Studien und kleine-re Forschungen mit archäometrischen Ansätzen mündeten. Seit 2007 führt er in Zusammenarbeit mit S. Behrendt das Forschungsprojekt zur archäometrischen Untersuchung phönizischer Keramik durch.

Sonja Behrendt studierte von 2002 bis 2008 in Freiberg an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg Archäometrie. Im Jahr 2007 schloss sie ihre Diplomarbeit über Herkunftsuntersuchungen an phönizischer Keramik ab. Anschließend arbeitete sie zusammen mit D. P. Mielke an diesem Thema weiter und führte weitere analytische Untersuchungen am Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie in Mannheim durch. Seit 2010 arbeitet sie am Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäolo-gie in Weimar im Bereich der Keramikanalytik. In ihren bisherigen Studien hat sie sich mit verschie-denen Facetten der Archäometrie beschäftigt von der Phosphatanalyse bis zu metallurgischen Fragestel-lungen.

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Einleitung

Der Einsatz der portablen Röntgenfluores-zenzanalyse (p-RFA) zur Herkunftsbestim-mung von Keramik findet sowohl beim ar-chäometrischen als auch archäologischen Fachpublikum einen immer größeren An-klang (MORGENSTEIN/REDMOUNT 2005; TAGLE ET AL. 2009; BEHRENDT ET AL. 2010; BÖHME 2010; HELFERT/BÖHME 2010; BONIZZONI ET AL. 2010; BURLEY/DICKINSON 2010; HELFERT/MECKING 2010; SCHNEIDER/DASZKIEWICZ 2010; HELFERT ET AL. 2011; BEHRENDT ET AL. 2012a; DASZKIEWICZ/SCHNEIDER 2011; FRANKEL/WEBB 2012; MECKING ET AL. 2012a). Das Hauptmotiv dafür liegt in der bisher nicht vorhandenen Möglichkeit größere Keramikmengen ohne aufwendige Probenaufbereitung schnell, di-rekt vor Ort und vor allem kostengünstig messen zu können. Wie bei jeder neuen Me-thode sind auch für die p-RFA Grundlagen-forschungen erforderlich, die das Potential des Verfahrens herausstellen und somit ei-nen erfolgreichen Einsatz für archäologische Fragestellungen garantieren. Um diese Mög-lichkeiten und Grenzen besser abschätzen zu können, wurden von uns unterschiedliche Keramikfunde sowohl mit der p-RFA1 als auch der klassischen Laboranalytik (Mikro-RFA, ICP-MS, NAA) untersucht. Die ersten Ergebnisse einiger Methodenvergleiche sowie gezielter Grundlagenforschungen sollen im Folgenden vorgestellt werden.

Methodenvergleich und Anwendungs-beispiele

Als erstes wollen wir die Resultate des Ein-satzes der p-RFA zur Identifizierung von Pro-duktionszentren sowie großräumiger Han-

delsbeziehungen von phönizischer Keramik auf der Iberischen Halbinsel darstellen (siehe Beitrag BEHRENDT/MIELKE in diesem Band). Bereits 2007 fanden im Rahmen eines For-schungsprojektes der Abteilung Madrid des Deutschen Archäologischen Institutes archäo-metrische Untersuchungen an phönizischer Keramik statt. In dieser ersten Phase des Pro-jektes wurden 224 Keramikfragmente von 19 verschiedenen Fundorten mittels Neutro-nenaktivierungsanalyse (NAA) untersucht (BEHRENDT/MIELKE 2011). Da diese Untersu-chungen sehr zeit- und kostenaufwendig wa-ren, sollte in einer zweiten Projektphase die Tauglichkeit eines RFA-Handspektrometers getestet werden. Hierzu wurden 193 bereits mit der NAA gemessene Proben noch einmal mit der p-RFA untersucht, und anschließend die Ergebnisse miteinander verglichen (BEHR-ENDT ET AL. 2010; BEHRENDT ET AL. 2012a). Um einen ersten Eindruck zu erhalten, wie gut die Messergebnisse der p-RFA im Ver-gleich mit der stationären NAA vergleichbar sind, wurden zunächst diejenigen chemischen Elemente (Kalium, Chrom, Eisen, Zink, Ru-bidium und Zirkonium) betrachtet, die mit beiden Methoden gemessen werden konnten. Im Ergebnis zeigte sich, dass sich die Wer-te von Eisen, Rubidium und Zirkonium gut miteinander vergleichen lassen. Dagegen zei-gen die Werte von Kalium, Chrom und Zink größere Abweichungen. Das liegt zum Einen daran, dass Kalium und Zink weniger präzi-se mit der NAA gemessen werden können, wohingegen Chrom aufgrund seiner geringen Gehalte in den Keramikscherben schlechter mit der p-RFA bestimmt werden konnte. Nach diesem ersten Ergebnisvergleich wurden die Messdaten der NAA und p-RFA mittels Cluster- und Diskriminanzanalyse ausgewer-tet. Die Auswertung der NAA-Daten beruh-

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te dabei auf den 17 chemischen Elementen Eisen, Chrom, Rubidium, Antimon, Cäsium, Scandium, Lanthan, Cer, Samarium, Europi-um, Terbium, Ytterbium, Lutetium, Hafnium, Tantal, Thorium und Uran. Im Gegensatz dazu erfolgte die statistische Auswertung der p-RFA anhand der 14 Elemente Kalium, Cal-cium, Titan, Chrom, Eisen, Nickel, Kupfer, Zink, Blei, Rubidium, Strontium, Yttrium, Zirkonium und Niob. Das Resultat der ver-gleichenden Auswertung zeigte, dass mehr als drei Viertel aller gemessen Proben gleich klassifiziert werden konnten. Das heißt, zu 85 % erbrachten die Messergebnisse der p-RFA die gleiche Provenienzzuordnung wie die Ergebnisse der NAA. Als Fazit bedeutet dies, dass sich die p-RFA zur Herkunftszu-ordnung von phönizischer Keramik eignet, allerdings im Vergleich zu Labormethoden mit Fehlklassifikationen von ca. 15 % der Scherben zu rechnen ist.Das zweite Beispiel beschreibt die An-wendung der p-RFA an kaiserzeitlicher grauer Drehscheibenware aus der Töpferei von Haarhausen/Thüringen (DUŠEK 1992). Eine zentrale Fragestellung bei der Bearbeitung dieser Keramik ist die der Verbreitung der Haarhäuser Keramik im thüringischen Raum (HEGEWISCH 2011). Um diese zu beantworten, musste eine naturwissenschaftliche Her-kunftsbestimmung erfolgen. Aufgrund der hohen Anzahl der in Frage kommenden Fundplätze sollte die Anwendbarkeit der p-RFA für die Fragestellung getestet werden. Dafür wurden die Keramikscherben zweimal an unterschiedlichen Stellen der Scherben-bruchkante à 280 Sekunden gemessen (Mess-gerät: ›Niton XL3tGOLDD+ Hybrid‹). Zum Zweck der Überprüfung der Güte der Mess-daten der p-RFA (genutzte Elemente: Nb, Zr, Y, Sr, Rb, Zn, Ni, Cu, Cr, Fe, Ti, K, Ca) haben

wir diese den Ergebnissen der Mikro-RFA so-wie ICP-MS (Na, Mg, Al, Si, K, Ca, Ti, Fe, Rb, Sr, Zr, Ce, Co, Cr, Ce, Dy, Er, Eu, Ga, Gd, Ho, La, Li, Lu, Nd, Ni, Pb, Sc, Sm, Tb, Th, Tm, V, Y, Yb und Zn) gegenüber gestellt (siehe dazu auch MITCHELL ET AL. 2012 und BEHRENDT ET AL. 2012a). Dazu wurde die Re-ferenzgruppe aus Haarhausen und 30 weite-re Keramikproben vom Fundplatz Frienstedt mit beiden Methoden gemessen. Als Ergeb-nis zeigte sich, dass die Daten der p-RFA zu 67 % die gleiche Herkunftszuordnung wie die Messergebnisse der Labormethoden liefern. Das heißt im Vergleich zur Laboranalytik werden 1/3 der Scherben falsch klassifiziert. Im nächsten Schritt wurde als Referenzgrup-pe die Labordaten genutzt und für Frienstedt die Daten der p-RFA. Dadurch nahm die Übereinstimmung zwischen beiden Metho-den zu und erreichte ähnliche Werte wie bei der phönizischen Keramik. In einem dritten Anwendungsbeispiel seien hier die Untersuchungsergebnisse neolithischer Keramik vom Fundplatz Eythra (Sachsen) präsentiert. Die archäometrischen Analysen wurden vom Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte der Universität Leipzig und dem sächsischen Landesamt für Archäologie im Rahmen des DFG-Projektes ‚Eythra‘ initi-iert. Ziel der Untersuchungen war es Kontinui-täten bzw. Diskontinuitäten in der Keramik-herstellung während des Frühneolithikums besser verstehen zu können. Insgesamt wur-den 54 Keramikproben sowohl mittels La-bormethoden (ICP-MS und Mikro-RFA) als auch mit der p-RFA untersucht. Die Ergebnis-se der Laboranalysen, die bereits ausführlich bei Mecking et al. 2012 b vorgestellt wurden, haben ein sehr differenziertes Bild mit meh-reren geochemisch ähnlichen Tonrezepturen ergeben. In einem zweiten Schritt haben wir

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versucht, die Messergebnisse der klassischen Analytik mit der p-RFA nachzuvollziehen. Für die statistische Auswertung der so gewon-nen Messergebnisse fand die Clusteranalyse Anwendung, deren statistische Berechtigung anschließend mit der Diskriminanzanalyse überprüft wurde. In der Grafik Abb. 1 ist sehr deutlich zu erkennen, dass die Gruppen der klassischen Analytik nur schlecht von der p-RFA wiedergefunden werden. So konnten nur 55 Prozent der Scherben mit Hilfe der p-RFA richtig klassifiziert werden. Eine mög-liche Ursache für dieses eher ernüchternde Resultat ist, dass geochemisch ähnliche Ton-vorkommen bzw. Tonrezepturen verwendet wurden und diese sich auf Grund der redu-zierten Anzahl an messbaren Elementen bei der p-RFA nicht hinreichend gut trennen lassen. Als Konsequenz lässt sich festhalten, dass der Einsatz der p-RFA für die Fragestel-lungen von Unterschieden innerhalb der neo-lithischen Keramik aus Eythra nicht geeignet

war. In diesem Fall ließen sich Antworten über die geochemischen und technologischen Unterschiede der Keramik von Eythra nur mit Hilfe der Laboranalytik erbringen.

Methoden- und materialspezifische Grund-lagen

Die Ursachen der Diskrepanzen zwischen der portablen RFA und der Laboranalytik bei den geschilderten Anwendungsbeispielen liegen zum Einen an der geringeren Anzahl an messbaren Elementen, die gerätetechnisch bedingt sind und zum Anderen an der schlechteren Präzision (größere Streuungen der Messwerte siehe dazu HELFERT ET AL. 2011, DASZKIEWICZ/SCHNEIDER 2011 u.a.). Die größeren Streuungen der Messwerte sind wiederum sowohl messtechnisch, als auch durch die spezifischen Eigenheiten der Ma-terialgruppe Keramik begründet. Da mit der

Abb. 1: Links: Diskriminanzanalyse der Labordaten. Rechts: Diskriminanzanalyse der p-RFA-Daten. Die einzelnen Gruppen sind in Grauwerten voneinander abgesetzt, sowie alle nicht gruppierbaren Pro-

ben (schwarze Sternchen) und Fehlgruppierungen der p-RFA (graue Kreuze).

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p-RFA in den meisten Fällen direkt am Objekt gemessen wird und keine homogen aufberei-tete Probe zur Verfügung steht, haben Art, Größe und Anzahl der Magerung ebenso ei-nen massiven Einfluss auf die Messergebnis-se wie die inhomogene Elementverteilung.Generell gilt in der Analytik, dass die Probennahme der entscheidende Schritt für eine gute Messung ist. Wenn dort ein Fehler gemacht wird, dann kann dieser auch durch massiven Geräteeinsatz nicht mehr korri-giert werden (DOERFFEL ET AL. 1994, 539 ff.). Deswegen muss dieser Punkt vor jeder Probennahme kritisch hinterfragt werden, damit das Ergebnis repräsentativ ist. Auf die p-RFA übertragen bedeutet dieser Grundsatz, dass die Auswahl der Messfläche und die An-zahl der Messungen für die Ergebnisse ent-scheidend sind. Eine wichtige Frage, wo ge-messen werden sollte ist von vielen Autoren schon beantwortet worden. Messungen auf

der Objektoberfläche (DASZKIEWICZ/SCHNEIDER 2011) und Messungen an alten Bruchflächen (BEHRENDT ET AL. 2012a) sind zur Erfassung der chemischen Zusammensetzung der ursprünglichen Tonmasse fehlerhaft und führen zu falschen Ergebnissen. Deswegen sollten alle Keramikmessungen an frisch prä-parierten Flächen erfolgen. Zusätzlich ist auf eine plane Oberfläche zu achten (FORSTER ET AL. 2011).Neben den mit dem Messpunkt verbundenen Problemen soll hier intensiver auf die Ursa-chen für die größeren Fehler im Vergleich zur klassischen Laboranalytik eingegangen werden. Gerätetechnisch bedingt können mit der p-RFA kleine Elementkonzentrationen in Nähe der Nachweisgrenze nur sehr ungenau, d. h. mit größeren Messfehlern behaftet, be-stimmt werden. Die Ursache dafür liegt an dem zu kleinen Messsignal, wodurch die Im-pulsstatistik beeinflusst wird. Dieser Einfluss

Abb. 2: Veränderung der relativen Standardabweichung des zählstatistischen Messfehlers für Kupfer bei steigenden Gehalten.

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wirkt sich besonders im Spurenelementbe-reich entscheidend auf die Streuung des Mess-ergebnisses aus. Kupfer ist beispielsweise ein kritisches Element. Ist der mit der p-RFA ge-messene Elementgehalt von Kupfer sehr ge-ring, wie beispielsweise 20 ppm, so beträgt die dazugehörige relative Standardabwei-chung aus der Zählstatistik 50 % (2 Sigma). Das heißt, der wahre Kupfergehalt der Kera-mikscherbe liegt zwischen 10 und 30 ppm. Bei höheren Kupfergehalten sinkt allerdings die relative Standardabweichung (Abb. 2) bis auf 10 % ab. Als Konsequenz bedeutet dies, dass höhere Elementkonzentrationen mit der p-RFA genauer gemessen werden kön-nen. Diese Erkenntnis muss besonders bei der statistischen Auswertung berücksichtigt werden, denn ein entscheidendes Maß für die Gruppentrennung und somit Herkunftszuord-nung ist die relative Standardabweichung der Messwerte. Je kleiner die relative Standardab-weichung ist, desto besser können die Grup-pen voneinander separiert werden. Um eine Vorstellung darüber zu erlangen, wie groß die relativen Standardabweichungen der p-RFA sind, wurde von einem Glasstandard (BCR 126 a mit den Gehalten von: SiO2: 57,8 %, PbO: 23,98 %, ZnO: 1,02 %, K2O: 10 %) ein Langzeitmonitoring aufgezeichnet. Dabei er-gaben sich die relativen Standardabweichun-gen (2 Sigma) für SiO2: 4,1 %, K2O: 5,3 %, ZnO: 1,97 % und PbO: 1,77 %. Im Vergleich zur klassischen Analyse sind diese Standard-abweichungen bei der p-RFA um einen Fak-tor 3 bis 6 höher2. Da die Spurenelemente in niedrigeren Gehalten vorliegen, wird die Streuung höher sein als bei den gemessenen Hauptkomponenten. Damit müssen nur gerä-tetechnisch bedingt für die Spurenelemente mit Fehlern zwischen mindestens 5 bis 10 Prozent gerechnet werden, die bei Annähe-

rung an die Nachweisgrenze sogar Werte bis zu 50 Prozent annehmen können.Abgesehen von den messtechnisch bedingt höheren Streuungen, übt auch die Magerung einen entscheidenden Einfluss auf den Mess-wertfehler aus. Der Werkstoff Keramik ist kein homogener Körper, sondern setzt sich aus unterschiedlichen Komponenten – vor allem dem Ton und der Magerung – zusam-men. Aus diesem Grund muss eine einzelne Messung nicht zwangsweise repräsentativ für das gesamte Keramikobjekt sein. Deshalb empfiehlt es sich immer mehrere Messungen an einer Keramikscherbe vorzunehmen (z.B. BEHRENDT ET AL. 2012b). Weiterhin muss in diesem Zusammenhang beachtet werden, dass mit Hilfe der p-RFA keine Vollanalyse, sondern nur eine punktuelle Oberflächen-messung vorgenommen wird. Abhängig vom Funktionsprinzip der Röntgenfluoreszenz-analyse besitzen leichtere Elemente (wie z.B. Ca, K) eine geringere Ausdringtiefe (Abb. 3) als Elemente mit höheren Ordnungszahlen (wie z.B. Zr). Dies führt dazu, dass beson-ders die leichten Elemente der Keramik nur bedingt gut erfasst werden können (POTTS ET AL. 1997). Um einen Eindruck zu gewinnen, wie stark die Magerung das Messergebnis beeinflussen kann, wurden im Archäometrielabor des Thü-ringischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie über 150 Keramikstan-dards mit unterschiedlichen Magerungsarten (Quarz, Marmor, Granit u. a.) in variierenden Korngrößenfraktionen3 (0,1 bis 4 mm) und Anteilen (5 bis 30 Gewichtsprozent) herge-stellt (BEHRENDT ET AL. 2012b). Nach dem Brand wurden die Probestandards in vier Tei-le getrennt und jeweils gemessen. Über die vier Einzelmessungen wurde der Mittelwert mit der dazugehörigen relativen Standard-

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abweichung (Variationskoeffizient) gebildet. Mit Hilfe dieser relativen Standardabwei-chung lässt sich abschätzen, inwieweit es sich bei der ausgewählten Messfläche der p-RFA um eine homogene Keramikmatrix handelt,

Abb. 3: Ausdringtiefen der Röntgenfluoreszenzstrahlung.

Abb. 4: Einfluss der Korngröße (mm) der Magerung für Quarz mit einem Magerungsanteil von 20 %. Aufgetragen ist die relative Standardabweichung (2 Sigma) der Mehrfachmessungen.

d. h. die chemischen Elemente gleichmäßig verteilt sind oder aber wie stark die Mage-rung Inhomogenitäten hervorruft. So wird am Beispiel des mit Quarz gemagerten Ke-ramikstandards (Abb. 4) deutlich, dass diese

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Art der Beimengung bis zu einer Korngröße von 1,6 mm das Messergebnis wenig beein-flusst. Ab einer Korngröße von 2 mm steigen die berechneten Variationskoeffizienten für die einzelnen gemessenen Elemente dagegen drastisch an. Dieser Anstieg lässt sich dahin-gehend interpretieren, dass die größeren Ma-gerungspartikel in der Keramikmatrix sehr heterogen verteilt sind und sie somit bei jeder Messung zufällig erfasst werden können oder auch nicht. Das bedeutet wiederum, dass ein-zelne Messergebnisse von grob gemagerter Keramik extrem variieren können und somit nicht repräsentativ für den gesamten Kera-mikscherben sind. In Abhängigkeit von der Art der Magerung (Kalk u. a.) verändert sich zudem die chemische Zusammensetzung der

Abb. 5: Veränderung der relativen Standardabweichung (2 Sigma) in Abhängigkeit von der Art der Ma-gerung bei einem Magerungsanteil von 10 % und einer Korngröße von 1,6 mm.

Keramikmatrix (Abb. 5). So steigt bei einer Kalkmagerung der Calciumwert deutlich an. Geochemisch bedingt erhöht sich durch die Kalkzugabe auch der Strontiumgehalt. Dies führt dazu, dass die Variationskoeffizenten auch für Strontium massiv ansteigen. So er-höhen sie sich bei 10 % Magerungsanteil und einem Korndurchmesser von 0,1 mm von 3,4 % auf bis zu 31,5 % bei einem Korn-durchmesser von 1,6 mm. Dieses Phänomen kann einen deutlichen Einfluss auf die Aus-wertung haben. Abgesehen von Strontium treten derartige Effekte unter Umständen auch für andere Elemente auf, wie z.B. für Zirkon, Kupfer, Blei und Chrom. Diese Ef-fekte müssen bei der Auswertung mit berück-sichtigt werden. Wie zu erwarten, zeigte sich

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ferner, dass auch der Magerungsanteil einen Einfluss auf das Messergebnis hat. So erhöht sich der Variationskoeffizient bei einem Ma-gerungsanteil von 20 % im Vergleich zu 5 und 10 % sichtbar (siehe Abb. 6). Bei der Frage, welche Keramikproben mit der portablen RFA problemlos gemessen werden können, ist somit festzuhalten, dass Keramikmaterial mit einer Korngröße von kleiner als 1,6 mm und einem Magerungsanteil von weniger als 20 % unproblematisch ist. Dabei ist aber zu beachten, dass abhängig vom verwendeten Magerungsmaterial Variationen auftreten können. Diese Aussagen gelten aber nur für Messungen mit dem portablen Messgerät ›Niton XL3tGOLDD+ Hybrid‹, dass einem Messfleck von 8 mm hat. Beim ›Tracer Tur-bo SD‹, (Messfleck von 4 mm), würden sich wahrscheinlich andere Werte ergeben. Um diese Variationen zu vermindern, sollten un-bedingt Mehrfachmessungen angestrebt wer-den. Außerdem ist für die Interpretation der Messergebnisse unbedingt ein tiefergehendes

geochemisches und petrographisches Wissen über die oben dargestellten Zusammenhänge notwendig. Der dritte Grund für höhere Streuungen der Messergebnisse liegt an der inhomogenen Elementverteilung. Aufgefallen sind derartige inhomogene Verteilungen bei Mehrfachmes-sungen an ein und denselben Keramikscher-ben aus den Fundorten Eythra (Sachsen) so-wie Frienstedt und Haarhausen (Thüringen). Die Ergebnisse der Mehrfachmessungen wur-den ausgewertet, indem die relative Standard-abweichungen (im Bereich 2 Sigma) gebildet wurden. Dabei zeigte das Element Zirkonium, bis auf zwei Ausreißer, eine enge Verteilung (Abb. 7). Das heißt, Zirkonium ist an der aus-gewählten Messfläche der p-RFA homogen verteilt. Strontium dagegen zeigt eine größe-re relative Standardabweichung und ist somit inhomogen verteilt. Dieses Resultat wurde zusätzlich mit der Mikro-RFA anhand von Elementverteilungsbilder an Keramikmate-rial aus Haarhausen bestätigt. Zur Aufnahme

Abb. 6: Einfluss des Magerungsanteils von Granit mit einer Korngröße von 2 mm. Aufgetragen ist die relative Standardabweichung (2 Sigma) der Mehrfachmessungen.

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Abb. 7: Relative Standard-abweichungen (2 Sigma) für die Mehrfachmessun-gen an Keramikscherben aus Eythra, Frienstedt und Haarhausen.

der Elementverteilungsbilder wird ein Punkte-raster (300 µm Spot) über die Kernfläche der Scherbe gelegt. Anschließend werden die Intensitäten der Messungen in Farbinforma-tionen umgesetzt. Konnte das entsprechende Element nicht nachgewiesen werden, so wird dies in Form eines schwarzen Farbwertes ausgedrückt. Je heller der Farbwert ist, desto höher ist die Konzentration des Elementes. Strontium ist bei dieser Probe (Ker 460) in Form von punktuellen Hotspots vorzufinden (Abb. 8). Bei Zink liegt genau wie bei Stron-

tium eine breitere Verteilung vor. Die Ursa-chen dafür können auf die schlechte Zählsta-tistik des Messsignals zurückgeführt werden. Eisen dagegen liegt relativ homogen, aber breiter als Zirkonium, verteilt in der Keramik vor. Bei Calcium treten indessen deutlich mehr Ausreißer auf und die Verteilung zieht sich in die Breite. Die Begründung dafür ist die geringe Ausdringtiefe von Calcium. Glei-ches gilt auch für Kalium (SPEAKMAN ET AL. 2011). Derartige Variationen der Elementver-teilung treten bei der untersuchten Keramik

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Abb. 8: Elementverteilungsbildern einer Keramikscherbe aus Haarhausen (Thüringen). Die Länge der unteren Bildkante beträgt im Original 16 mm.

häufig auf. Insgesamt 32 Prozent der betrach-teten Keramikscherben haben für mindestens ein Element eine relative Standardabwei-chung von mehr als 40 Prozent. Bei 43 % der untersuchten Scherben ist für mindestens ein Element die Standardabweichung größer als 30 Prozent und 61 Prozent der Scherben haben mindestens ein Element mit mehr als 20 Prozent Varianz (2 Sigma). Als Fazit heißt dies, dass die Elemente in der Keramik nicht gleichmäßig verteilt vorliegen. Die Ursache dafür ist wahrscheinlich in der Zubereitung der Tonmasse zu suchen, die nach analyti-schen Maßstäben nicht gleichmäßig durch-mischt werden konnte. Demzufolge sollten Doppel- bzw. Mehrfachmessungen vorge-nommen werden, um ein repräsentatives Er-gebnis der chemischen Zusammensetzung der Keramik zu erhalten4. Aber trotz Doppel-messungen ist die Präzision der Messwerte schlechter. Dies soll am Beispiel der Scher-ben aus Haarhausen dargestellt werden. Die relative Standardabweichung (2 Sigma) be-trägt für Fe2O3 für die p-RFA Messung über alle Scherben ca. 40 Prozent und für K2O ca. 45 Prozent. Die relative Standardabweichung

für die gleichen Scherben, die mit der klassi-schen Laboranalytik vermessen wurden, liegt bei Fe2O3 bei 31 Prozent und für K2O bei 25 Prozent. Dieses zeigt die größere Steuung der Messwerte. Diese Werte unterscheiden sich von Fundplatz zu Fundplatz und je nach be-trachtetem Element.

Fazit

Nach den geschilderten Erkenntnissen stellt sich die Frage, in welchem Maße das neue Verfahren neben der herkömmlichen Labor-analytik sinnvoll in der Keramikforschung eingesetzt werden kann. Dazu seien noch einmal die zwei wesentlichen Einschränkun-gen der p-RFA genannt: Zum einem ist die Genauigkeit geringer, d. h. die Messwerte streuen stärker als bei Laborverfahren und zum anderem ist die Anzahl der zuverlässig messbaren Elemente geringer. KULEFF/DJIN-GOVa (1996, 61) bemerkten im Zusammen-hang mit einer ausreichenden Elementanzahl für die statistische Auswertung folgendes: „These principles encourage the specialists

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working in the field of provenance study of pottery to increase continuously the number of determined elements. The justification of this approach was determined by Harbottle (1991) who proved that at less than 10 ele-ments the probability for misclassification increase significantly. Usually nowadays it is accepted that for a representative clas-sification of archaeological ceramics about 20-25 elements should be determined. (Some authors suggest at least 15 elements see SCHNEIDER, 1993).“ Da die Anzahl der Ele-mente bei der p-RFA bei Maximal vierzehn5 liegt, muss mit Fehlern bei der geochemi-schen Herkunftszuordnung gerechnet wer-den. Je ähnlicher sich die Tonrezepturen in ihrer chemischen Zusammensetzung sind, desto stärker fällt die geringere Anzahl an messbaren Elementen ins Gewicht. Dies ist eine Erklärung für die sehr schlechte Über-einstimmung der Ergebnisse vom Fundort Eythra, denn wie die Laboranalytik gezeigt hat, wurden hier geochemisch ähnliche Ton-rezepturen verwendet, die mit Hilfe der p-RFA nicht mehr sicher voneinander getrennt werden konnten. Im Gegensatz zu den neoli-thischen Keramikobjekten aus Eythra sehen die Ergebnisse bei der phönizischen Keramik und der grauen Drehscheibenware aus Thü-ringen besser aus, da von der Fragestellung her der Fokus erweitert wurde. Hier konnte ein Großteil der Keramik richtig klassifiziert werden. Nur ca. 10 bis 30 % der Scherben wurden bei diesen Beispielen fehlklassifi-ziert. Die zweite Einschränkung der p-RFA betrifft die größere Streuung der Messwerte (siehe dazu auch HELFERT ET AL. 2011, Abb. 2-4). Aufgrund der höheren Messwertstreu-ungen können einzelne Keramikscherben bei der statistischen Auswertung fehlgruppiert werden. Am besten lassen sich derartige Fol-

gen am Beispiel der untersuchten kaiserzeit-lichen Keramik von Frienstedt und Haarhau-sen darlegen. Aus anderen Untersuchungen im Labor des TLDA sind Kalium und Eisen wichtige Elemente für die Herkunftsbe-stimmung von grauer Drehscheibenware in Thüringen (siehe dazu auch BIEGERT 2002). Trägt man Eisen und Kalium in einem Dia-gramm gegeneinander auf (Abb. 9a und b), so können elf Scherben eindeutig nicht mit der Töpferei von Haarhausen in Verbindung gebracht werden. Anders gestaltet sich die-ses Bild, wenn anstatt der Laborwerte, die Messdaten der p-RFA von Eisen und Kali-um gegeneinander aufgetragen werden. Hier können je nach Interpretation des Diagramms nur fünf bis neun Scherben nicht aus Haar-hausen stammen. Ziel dieses Beitrages war es die wichtigsten Parameter zu umreißen, die bei der Anwen-dung der portablen-RFA in der Keramikana-lytik beachtet werden müssen. Ein Pauschal-urteil für den Einsatz der Geräte – positiv oder negativ – lässt sich nicht ohne weiteres formulieren. Der sinnvolle Einsatz von Hand-spektrometern ist vor allem abhängig von der zu untersuchenden Keramikart und der Fra-gestellung. Hervorzuheben ist aber, dass mit Hilfe der p-RFA in kurzer Zeit große Men-gen an Keramik gemessen werden können. Je nach Güte der Messdaten werden letztlich zwischen 70 bis 90 Prozent der Scherben richtig klassifiziert. Dafür ist es aber unab-dingbar, dass keine grob gemagerte Keramik gemessen wird und ferner Mehrfachmessun-gen, die die Repräsentativität der Messungen verbessern, vorgenommen werden. Zudem erhöht sich das Potential, wenn abhängig von der Fragestellung her hier ein größerer Fokus vorliegt, also von vornherein mit chemisch deutlich voneinander unterscheidbaren Ton-

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Abb. 9a: Eisen gegen Kalium-Diagramm für die graue Drehscheibenware bestimmt mit der klassischen Analytik.

Abb. 9b: Eisen gegen Kalium-Diagramm für die graue Drehscheibenware bestimmt mit der p-RFA.

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rezepturen gerechnet werden kann. Abgese-hen davon ist für die Auswertung ein umfang-reiches geochemisches Wissen notwendig, damit die Daten und die Beeinflussungen der Spurenelemente durch die Magerung berück-sichtigt werden können. Zur Einschätzung der Qualität der gemessenen Daten muss die Messtechnik des Gerätes verstanden und bestens beherrscht werden. Für zukünftige Studien ist es empfehlenswert, die jeweilige Referenzgruppe der Keramik mit der klassi-schen Laboranalytik aufzustellen. Weiterhin ist es sinnvoll die Messergebnisse der p-RFA anhand einer Stichprobe von Keramikscher-ben mittels Laboranalytik zu überprüfen, um zu sehen wie weit die Scherben richtig klassifiziert werden (vgl. hierzu HELFERT ET AL. 2011). Unter Beachtung der geschilder-ten methodenspezifischen Voraussetzungen hat die portable Röntgenfluoreszenzanalyse das Potential ein wesentlicher Bestandteil im Spektrum der angewandten archäometrischen Methoden zu werden.

1 Im Rahmen unserer Forschungen nutzten wir zwei verschiedene portable RFA-Geräte. Die meisten Untersuchungen wurden mit dem ›Niton XL3tGOLDD+ Hybrid‹ des Herstellers Thermo Scientific durchgeführt. Der Messfleck dieses Gerätes beträgt 8 mm und die quantitative Aus-wertung der Messung erfolgte durch einen Fun-damentalparameter, der mit Standards angepasst wurde. Für die Messungen an phönizischer Ke-ramik wurde der ›Tracer Turbo SD‹ der Firma Bruker mit einem 4 mm Messfleck verwendet, bei dem die Quantifizierung durch Kalibrierung mit externen Standards erfolgte. 2 Für den Vergleich zu den Laborgeräten siehe EHRHARTDT ET AL. 1989, POTTS ET AL. 2005 mit dem Verweis auf weitere Literatur. Für die ange-geben Vergleiche siehe MECKING 2010. 3 Dazu wurde das Ausgangsmaterial zerkleinert und über Siebe der angegeben Größe getrennt. So enthält z.B. die Fraktion mit der Bezeichnung

1,6 mm Magerungspartikel von einer Größe zwi-schen 1 bis 1,6 mm.4 Bei der klassischen Analyse wird das Problem umgangen, indem eine genügend große Probe ho-mogenisiert und dann analysiert wird (SCHNEIDER ET AL. 1989)5 In der Regel verwenden wir für die statistische Auswertung die Elemente Kalium, Calcium, Ti-tan, Eisen, Chrom, Nickel, Kupfer, Blei, Zink, Rubidium, Strontium, Yttrium, Zirkonium und Niob. Allerdings variiert die Auswahl und somit Anzahl der gewählten Elemente je nachdem wie präzise diese bei der vorliegenden Keramik ge-messen werden können. Je nach Gehalt der Ele-mente konnten nicht alle Elemente für die Aus-wertung genutzt werden.

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Adressen:

Dr. Oliver MeckingThüringisches Landesamt für Denkmalpflege und ArchäologieArchäometrielaborHumboldtstraße 11D-99423 [email protected]

Dr. Dirk Paul Mielke M.A.Westfälische Wilhelms-Universität MünsterHistorisches SeminarAbteilung für Ur- und Frühgeschichtliche ArchäologieRobert-Koch-Straße 29D-48149 Mü[email protected]

Dipl.-Arch. Sonja BehrendtThüringisches Landesamt für Denkmalpflege und ArchäologieArchäometrielaborHumboldtstraße 11D-99423 [email protected]