Danteske Landschaften als visionärer Ort des Glaubenskriegs: Bellini, Carpaccio, Mantegna und...

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REICHERT VERLAG WIESBADEN 2013

TRIERER BEITRÄGE

ZU DEN HISTORISCHEN KULTURWISSENSCHAFTEN

herausgegeben im Auftrag des Historisch-Kulturwissenschaftlichen

Forschungszentrums (HKFZ) Trier

von Hilary Dannenberg, Gottfried Kerscher, Ursula Lehmkuhl, Claudine Moulin, Ulrich Port und Martin Przybilski

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REICHERT VERLAG WIESBADEN 2013

Herausgegeben von Ulrich Port und Martin Przybilski

Orts-Wechsel

Reale, imaginierte und virtuelle Wissensräume

© 2013 Dr. Ludwig Reichert Verlag WiesbadenISBN: 978-3-89500-???-?

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.dnb.de abrufbar.

Der vorliegende Band ist im Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrum (HKFZ) Trier

entstanden und wurde auf dessen Veranlassung unter Verwendung der ihm von der Forschungsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz

zur Verfügung gestellten Mittel gedruckt.

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Inhalt

Nikolaus Ruge/Martin PrzybilskiCoutume Arthurisches Erzählen von Orten und Ordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Marius HeiduckDer Ostlettner des Trierer Domes. Gestaltung, Funktion, Symbolik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Thomas Schauerte‚Ercules‘ Celtis, Dürer und das römische Nürnberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Birgit Ulrike MünchDanteske Landschaften als visionärer Ort des Glaubenskriegs: Bellini, Carpaccio, Mantegna und Dürers ‚Marter der zehntausend Christen‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

Ulrich PortGegenreformatorischer Katholizismus und postrevolutionäres Theater Schillers ‚Jungfrau von Orleans‘ und die Ortswechsel militanter Marienfrömmigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

Dorit MüllerZum Südpol und nach Grönland: Raum und Wissen in Polarfiktionen von Georg Heym, Alfred Döblin und Arnold Fanck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

Johannes PauseTatort und Bildlabor. Die epistemischen Räume des politischen Kriminalfilms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

Hilary DannenbergCounter-Narratives of Empire Revisioning History in Contemporary British Television . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Tafeln

Birgit Ulrike Münch

Danteske Landschaften als visionärer Ort des Glaubenskriegs: Bellini, Carpaccio, Mantegna und Dürers ‚Marter der zehntausend Christen‘1

Das ‚Rosenkranzfest‘, das Dürer 1506 im Auftrag deutscher Kaufleute des Fondaco dei Tedeschi für die Kirche San Bartolomeo geschaffen hatte, wird gemeinhin als sein „ve-nezianischstes Gemälde“ eingestuft.2 Diese Ansicht geht primär auf Dürers Anlehnung an die vor allem durch Bellini zum Kanon geführte Sacra Conversazione mit von Putten gehaltenem Baldaccino zurück. Joachim von Sandrart berichtet relativ ausführlich über den Erwerb des Werkes durch Kaiser Rudolf II.3 Die Kaufverhandlungen für Rudolf führte primär der kaiserliche Botschafter in Venedig, Thomas Perrenot de Granvelle, Conte Cantecroy.4 Möglicherweise verdankte Cantecroy den lukrativen Botschafter-posten ebenfalls der großen Dürer-Leidenschaft des Kaisers. Der später in Misskredit geratene Cantecroy hatte die Kunstsammlung seines Onkels, des Kardinals Granvelle geerbt, die, neben mehreren Dürer-Gemälden, auch Werke von Raffael, Titian, Giam-bologna, Leone Leoni und Michelangelo aufwies.5 Unter diesen Stücken findet sich ein weiteres Werk Dürers, das im Zentrum meiner Überlegungen steht: das 1508 ausge-führte und heute in Wien befindliche Gemälde ‚Die Marter der zehntausend Christen‘ (Abb. 1).6 Das Bild war von Friedrich dem Weisen für die neu erbaute Schlosskirche in Wittenberg in Auftrag gegeben worden und über den Neffen Friedrichs, Johann Friedrich von Sachsen, in Brüssel als Geschenk in Granvelles Kunstsammlung gelangt. Im Gegensatz zum ‚Rosenkranzfest‘ stand das Werk weitaus seltener im Zentrum des Interesses.7 Neben der postulierten, in vielen Jahrzehnten nicht dem Zeitgeschmack entsprechenden abschreckenden Wiedergabe der Brutalität und der Drastik der ster-

1 Dieser Aufsatz stellt die in der Schwerpunktsetzung veränderte deutsche Fassung meines englischen Aufsatzes dar: MÜNCH, Saints. Das Buch erscheint voraussichtlich Mitte des Jahres 2013.

2 Albrecht Dürer, Rosenkranzfest, 1506, Öl auf Leinwand, 16,2 x 19,4 cm, Prag, Narodní Galerie; KOT-KAVÁ, Dürer; LUBER, Dürer; LÜBBEKE, Desgleichen; MORRALL, Dürer, stellte heraus, dass Dürer selbst den Auftrag als ‚das deutsche Bild‘ bezeichnete. Es ist auch möglich, dass die Familie Fugger bei dem Auftrag mitwirkte, siehe dazu besonders S. 108.

3 SANDRART, Akademie, S. 223; ANZELEWSKY, Dürer I, S. 126–130. 4 Für alle relevanten zeitgenössischen Quellen und Literatur zu den Kunstgeschäften von Rudolf II. in

Venedig und zu Cantecroy siehe: NIEDERKORN, Kaiser, besonders S. 130–134. 5 DINARD, Collection.6 Albrecht Dürer, Die Marter der zehntausend Christen, 1508, Öl auf Leinwand, 99 x 87 cm, Wien,

Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie. Mein Dank gilt Dr. Christof Metzger (Wien), der mir freundlicherweise einige detaillierte Abbildungen der ‚Marter‘ bereitstellte.

7 Es gibt nur wenige Texte und Aufsätze die sich mit der Ikonographie von ‚Die Marter der zehntausend Christen‘ auseinandersetzen, siehe etwa: PANOFSKY, Celtis; ANZELEWSKY, Dürer II, S. 75–77, S. 216–221; BENESCH, Writings, S. 314–319; STÖCKER, Dürer; WUTTKE, Dürer, S. 73–129, besonders S. 116f.; NIEDERKORN, Kaiser. Gümbels Aufsatz von 1926 kann als Problemtext gesehen werden, da der Au-

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benden Leiber ist dies wohl auch bedingt durch die Seltenheit und die Komplexität des Bildthemas.8 Während einige Forscher das Fehlen einer einheitlichen Bildsprache bemängelten, äußerte sich rund 300 Jahre zuvor Joachim von Sandrart 1675 sehr wohl-wollend über das Gemälde: die Marterungen / von Steinigen / Todschlagen und derglei-chen [sei]/ über die massen schön und wolständig.9

Im folgenden Verlauf meines Aufsatzes werde ich einige Fragen aufgreifen, die schon Gegenstand der früheren Forschung zum Gemälde waren, und auch neue Fragen zu seiner Ikonographie, seinem Auftraggeber sowie seiner Funktion stellen. Meiner Ansicht nach fanden einige äußerst wichtige Details bisher keinerlei Beachtung.

Des Weiteren, so meine zentrale Prämisse, beinhaltet ‚Die Marter der zehntausend Christen‘ verschiedene Zitatebenen, die sich wechselseitig bedingen – einige Bilddetails können und müssen sogar, wie ich zeigen werde, auf verschiedenen Ebenen interpre-tiert werden, da das Bild an den Betrachter einen wesentlich höheren Anspruch stellt als auf den ersten Blick zu vermuten ist. Darüber hinaus ist das Gemälde ein überaus aufschlussreiches Fragment des Kulturtransfers zwischen Wittenberg und Italien: Nach Aby Warburg ist es ein Beispiel für ‚Kreislaufvorgänge‘ zwischen dem Norden und Italien.10 Die Unterbewertung einiger Details und Elemente in der kunsthistorischen Forschung sind, meiner Ansicht nach, auch durch die politisch-religiöse Perspektive des preußischen Kulturprostestantismus im 19. Jahrhundert bedingt.11

I. Die Legende im Verhältnis zu ihrer bildlichen Umsetzung

Die Verwirrung beginnt bereits bei der Beschäftigung mit der Ikonographie der ‚Mar-ter der zehntausend Christen‘, denn der Versuch, die präskriptive Version der Legen-de zu finden, entpuppt sich als unlösbares Problem: vielmehr sind mehrere stark va-riierende Legendenstränge nachweisbar. Der Text ist auch nicht in der Mehrheit der ‚Legenda Aurea‘-Ausgaben aufgenommen worden. Entstanden ist die Legende im 12. Jahrhundert zum Ansporn der Kreuzfahrer nach dem hagiographischen Vorbild der Thebäischen Legion:12 Der heidnische Fürst Achatius, der in Kleinasien für die römischen Kaiser Hadrian und Antonius kämpft, bekehrt sich mit seinen 9.000 Krie-gern zum Christentum und besiegt die Feinde. Als er sich weigert, dem neuen Glauben abzuschwören, lassen die Kaiser ihn und das Heer grausam foltern und hinrichten. Die Marterung und Tötung der Konvertiten wird durchgeführt von einem weiteren ange-worbenen heidnischen Heer unter Sapor. Aus diesem Heer bekehren sich, in Anleh-nung an die imitatio Passionis, nochmals 1.000 Krieger zum Christentum, die ebenfalls im Anschluss den Märtyrertod erleiden und so die Summe von zehntausend Märtyrern komplettieren.

tor die Szene als ironische Rache (sic!) für Degenharts Geiz interpretiert, siehe GÜMBEL, Degenhart, S. 38–44.

8 WÖLFFLIN, Kunst, S. 192–195; ANZELEWSKY, Dürer II, S. 217 und 220. 9 SANDRART, Akademie, S. 224.10 WARBURG, Götterwelt.11 Zur protestantischen Einweihung der Wittenberger Schlosskirche und dem Ende der katholischen Jah-

re, siehe: LAUBE, Kult, besonders S. 14–16. Zum Problem der Kategorisierung in ‚typische‘ protestan-tische oder katholische Kunst, siehe: MÜNCH, Leid, S. 14–23.

12 O’REILLY, Legion.

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Die lateinische Version in den ‚Acta Sanctorum‘ hebt die imitatio Christi hervor (si digni fuerimus expiar italibus tormentis, quiam erebimur communicare passionibus Christi), beschreibt dass die Märtyrer gekreuzigt wurden (simili modo praecipimus, ut hi scelesti patiantur eamdem poenam) und dass man ihre Häupter mit Dornenkronen versah (et ponebant sinulis coronas in capitibus eorum).13

Andere Traditionen der Legende – aber nicht der lateinische Text der ‚Acta Sanc-torum‘ – erwähnen auch, dass die Märtyrer ins Dornengestrüpp geworfen wurden: Si wuerden iemerlich gechrenchet, / vber ein ander geschrenchet14. Dieses Bild aus dem Text wurde populär und verlieh Agathius seine Attribute: Zweige oder manchmal eine Dornenkrone, zum Beispiel in einer Zeichnung vom Meister von 1483,15 oder im Pul-kauer Altarbild von 1515.16 Die Mehrheit der Illustrationen zur Legende zeigen diese dramatische Szene, zum Beispiel das Altarbild von 1330 im Wallraf-Richartz-Museum in Köln, oder die bebilderte ‚Elsässische Legenda Aurea‘ erhalten in einem codex pala-tinus germanicus von 1419.17

Schon allein aus der Schilderung der Legende ergibt sich ein Personenapparat, der in dieser Größenordnung nur wenige Ikonographien auszeichnet, und der einige Künstler sicherlich überfordert hätte. Dürer hat das Thema drei Mal ausgeführt: Zuerst in einem von der Forschung auf 1496 bis 1498 datierten Holzschnitt (Abb. 2).18 Undatiert, wohl aber ebenso wie das Gemälde selbst nach der Rückkehr aus Venedig nach Nürnberg im Januar 1507 entstanden, ist eine Entwurfszeichnung, die nur noch in Kopie vorliegt, heute in der Wiener Albertina.19 Das Format des Gemäldes folgt dem Holzschnitt und nicht der Zeichnung, einige Details sind spiegelverkehrt wiedergegeben.

Im Gegensatz zu den wenigen vorausgehenden Darstellungen der Märtyrer, die meist nur das charakteristische Martyrium des Auf-Dornen-Aufgespießt-Werdens illustrierten, zeigt Dürers Gemälde die verschiedenen, in den Texten erwähnten Lei-densstationen: Während im Bildvordergrund links Kreuzigungen und die Bekrönung mit Dornenkronen der Passion Christi folgen, werden im Bildvordergrund auch Ent-

13 Acta Sanctorum, S. 151–162, hier S. 159 u. 161: „Adrianus vero furia succensus dixit sanctis: ‚Testor omnes deos meos, quoniam non effugietis manus meas: et quia vos cuncta creditis Christo, procul dubio illius sustinebitis poenas.‘ Unus autem ex collegio sanctorum Pharetrius nomine, campiductor, respondit: ‚Beati erimus, si digni fuerimus expiarit alibus tormentis, quia merebimur communicare passionibus Christi.‘ […] Turbatus caesar Maximianus a constantia sanctorum dixit ministris: ‚Au-divi de Christo crucifixo, quem isti vocant Deum, quia capite gestavit spineam coronam et qui alatus ejus lancea, velut alii volunt asseverare, calamo fuerit apertum: simili modo praecipimus, ut hi scelesti patiantur eamdem poenam.‘ […] Tenente sit a que in minibus acutissimos calamos, aperiebant latera sanctorum, et ponebant singulis coronas in capitibus eorum. Postea tulerunt dena millia virorum et bis per universam civitatem verberant esillos flagris et nimiis injuriis.“

14 ZATOCIL, Studien, S. 170–179.15 Meister von 1483, Agathius, Blasius, Leonard und Antonius Eremita, Zeichnung, Erlangen, Universi-

tätsbibliothek.16 Anonym, Detail mit Agathius, Altarbild, Filialkirche hl. Blut, Pulkau, Österreich, 1515.17 Anonym, Die Marter der zehntausend Christen, 1330, Köln, Wallraf-Richartz-Museum; ‚Elsässische

Legenda Aurea‘, 1419, Universitätsbibliothek Heidelberg, cpg 144, fol. 307r.18 Albrecht Dürer, Die Marter der zehntausend Christen, 1496–98, Holzschnitt, 38 x 24,8 cm; MEDER,

Dürer-Katalog, S. 218; SCHOCH u.a., Dürer, Katalognr. 104, S. 41–44.19 Albrecht Dürer, Die Marter der zehntausend Christen (Kopie), 1507–1508, Zeichnung, Bleistift und

Tinte, 27,4 x 42,8 cm, Wien, Albertina, 3108, D. 84. Aus den Sammlungen von Crozat, Ticino, der kaiserlichen Sammlung und Graf Albert von Sachsen-Teschen; W 438; für die Illustrationen siehe: STRAUSS, Drawings, S. 1000f.

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Abb. 2: Albrecht Dürer, ‚Martyrium der 10.000 Christen‘, 1496–1498, Holzschnitt, 38 x 24.8 cm

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hauptung und Zertrümmerung der Knochen geschildert. Durch Peitschenhiebe getrie-ben setzt sich von der rechten Bildmitte ein Zug der fast unbekleideten Märtyrer in Bewegung, der hinter einer großen Felsformation auf einem bewaldeten Felsvorsprung zu stehen kommt, um, von dort herab geworfen, in dem bereits erwähnten Dornen-gestrüpp aufgespießt den Tod zu finden. Die Märtyrer sind in einer Kreisformation angeordnet, die in einem Doppelporträt Dürers mit seinem Freund, dem Humanisten Konrad Celtis, mündet (Abb. 3).

Von den historischen Persönlichkeiten lässt sich wohl der als Bischof gewandete Täufer der Heidenchristen, Hermelaus, identifizieren, ferner im Bildvordergrund in osmanischer Gewandung zu Pferde einer der römischen Kaiser und mit Zeigegestus Sapor. Achatius wurde bislang nicht im Bild erkannt, doch wie einige Texte ausführen, erfuhr er als Martyrium eine Blendung und wurde hiernach getötet. Die gelbe Augen-binde, die bei Tötungen von Heiligen nicht vorkommt, und ansonsten äußerst selten ist, etwa in italienischen Gemälden des Isaakopfers, deutet vermutlich die vorausge-hende Blendung an. Die Gekreuzigten ganz links finden Parallelen in den zahlreichen Schächer-Darstellungen Albrecht Dürers.20 Weitaus interessanter sind jedoch jene Bil-delemente, die Dürer eindeutig durch die Kenntnisse der oberitalienischen Malerei ge-wonnen hat, wie sich gerade auch im Vergleich mit dem Holzschnitt belegen lässt. In gleicher Weise wie er sich entschieden hat, in seinem Gemälde sämtliche Folterungen zu zeigen, wie sie in den verschiedenen Legenden erwähnt wurden, so ist er auch be-reit, ein Bild als exegetisches Instrument zu präsentieren, das auf unterschiedliche Art und Weise interpretiert werden muss. Eine solche Leseart ist seine Annäherung an die venezianische Kunst – eine Tatsache die so noch nie belegt wurde.

II. Bellini, Mantegna und das Martyrium

Während nämlich die Kleidung der Türken des Holzschnitts Dürers noch unspezifisch auf das ‚Fremde‘ verweist, finden sich im Gemälde Details, die auf eine eingehende Auseinandersetzung mit dem aus Venedig vertrauten Türkenbild – etwa der Bellini-Werkstatt – hinweisen.21 Dürer selbst verehrte die Arbeiten von Giovanni, Jacopo und Gentile Bellini und besuchte die Werkstatt der Künstlerdynastie in Venedig.

Deutlich wird dies beispielsweise an der Kleidung der Figur im Bildvordergrund sowie am Osmanen auf dem Pferd. Auch die Wiedergabe des wiehernden Pferdes so-wie der Schmuck des Zaumzeugs finden sich in Werken italienischer Künstler, so etwa bei Mantegna.22 Die Kappe der türkischen Krieger findet sich hingegen als wollene ‚osmanische Kappe‘ in zahlreichen Gemälden Vittore Carpaccios wieder, ebenfalls ein in Venedig arbeitender Künstler der Bellini-Werkstatt (Abb. 4).23

20 So z.B. der reuelose Schächer in der Zeichnung für das Altarbild von Ober St. Veith, 1505, Wien, Al-bertina.

21 Z.B. Gentile Bellini, Porträt von Mehmed II, 1480, Öl auf Leinwand, 70 x 52 cm, National Gallery, London; Gentile Bellini, Prozession auf der Piazza San Marco, 1496, Tempera und Öl auf Leinwand, 36,7 x 74,5 cm, Galleria dell‘Accademia, Venedig, mit drei Osmanen im Hintergrund.

22 Zu nennen wären etwa die diversen Illustrationen von Pferden im Palazzo Ducale in Mantua von An-drea Mantegna, beispielsweise in der Camera degli Sposi, Fresko, Ostwand, 1472.

23 Etwa die Musiker in Vittore Carpaccio, Die Taufe der Seleniten, 1507, Öl auf Leinwand, 14,1 x 28,5 cm, Scuola di San Giorgio degli Schiavoni, Venedig.

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Die Signatur der ‚Marter der Zehntausend‘ steht auf einem cartellino (italienisch für kleiner Zettel) geschrieben, der an einem Holzstock angebracht ist und lautet: Iste faciebat anno Domini 1508 / Albertus Dürer alemanus AD. Während Dürer in anderen Gemälden als Zeuge im Bildhintergrund erscheint und manchmal später hinzugefügt wird,24 ist er hier gemeinsam mit Celtis im Zentrum dargestellt und tritt als kommen-tierender Botschafter auf.

Vergleiche für die Signatur auf einem vormals gefalteten Zettel an einem Ast findet sich vielfach in der venezianischen Malerei, etwa bei Vittore Carpaccios ‚Begegnung der Pilger mit Papst Cyriakus‘ von 1492, heute in der Accademia, oder bei der ‚Rückkehr der englischen Gesandten‘, entstanden zwischen 1495 und 1500 (Abb. 5).25 Der italie-nische Cartellino an einem Stab ist im Werk Dürers nur in der ‚Marter der zehntausend Christen‘ zu sehen. In anderen Fällen findet man etwa am Arm hängende oder am Bo-den aufgestellte Schrifttafeln, so etwa im Fall des Heller-Altars, der zeitgleich mit dem Marterbild entstand, oder dem Landauer Altar von 1511. Der Bezug zu den Signaturen italienischer Künstler ist mit Sicherheit ganz bewusst von Dürer intendiert worden, jedoch modifizierte er das italienische Vorbild: Der Stab, der den Zettel hält, ist bei Dü-rer ein Ast, der aufgrund seiner Form an einen so genannten Briefvogel erinnert, eine Gerätschaft von Boten, die es ermöglichte, Würdenträgern ohne Berührung Briefe zu überreichen. Im von Burgkmair illustrierten ‚Weisskunig‘ von 1515 findet sich in einem Holzschnitt auf Blatt 109 eine Wiedergabe eines solchen Briefvogels (Abb. 6).26 Ein weiteres Indiz für Dürers enge Bezugnahme auf venezianisch-italienische Vorbilder ist im Personenapparat der Märtyrer zu finden: Aus einem der drei Märtyrer, der im Holzschnitt nach unten blickte, wird im Gemälde, eindeutig angelehnt an italienische Sebastian-Darstellungen eines Perugino oder Mantegna, der in seiner Glaubensstärke das Gesicht zum Himmel wendende Märtyrer des Gemäldes.27

Die italienischen Einflüsse finden sich jedoch noch in einem weiteren Detail, das bislang in der Forschung nicht berücksichtigt wurde: die Rede ist von dem kleinen Kind im rechten Bildvordergrund (Abb. 7). Es wird geführt von einem der beiden mit roten zotteligen Fellkappen ausgestatteten Soldaten. Während der eine dieser Männer das Kind an der Hand hält, ist der andere gerade dabei, die Märtyrer auf den Berg Ara-rat zu treiben.

In keinem anderen Gemälde Dürers findet sich ein solches Kind. Innerhalb des Passionsgeschehens der graphischen Zyklen ist das Kind mithin – etwa beim ‚Ecce ho-mo‘28 – negativ besetzt und unterstreicht mit seinem Tun die opinio communis von chri-stusfeindlichen Übergriffen. In Dürers ‚Marter der zehntausend Christen‘ ist das Kind jedoch deutlich positiv konnotiert, es hat den Blick auf den Betrachter gerichtet, wo-durch es auch als eine Figur agiert, die die Betrachterführung maßgeblich beeinflusst.

24 ANZELEWSKY, Dürer I, Tafel 91, 96, oder Tafel 130, 138 (‚Landauer Altar‘). Zum Konzept des Künstlers als Augenzeugen, siehe: YIU, Maler; KOERNER, Moment, S. 112.

25 Vittore Carpaccio, Die Rückkehr der Botschafter zum englischen Hof, um 1495, Öl auf Leinwand, 2,97 x 5,27 m, Galleria dell´Accademia, Venedig, siehe: SGARBI, Carpaccio, S. 88f.

26 Hans Burgmair, Weisskunig, 1515, fol. 109, signiert mit HB, siehe TREISSAURWEIN, Kunig, S. 212. Ich danke Stefan Heinz M.A. (Trier) für das Bereitstellen der Abbildung.

27 Z.B. Pietro Perugino, St. Sebastian, 1495, Musée du Louvre, Paris.28 Albrecht Dürer, Ecce homo, 1504, Bleistiftzeichnung auf grün grundiertem Papier, 29,1 x 18,3 cm, Al-

bertina, Wien.

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Bei Durchsicht italienischer Beispiele und vor allem beim Vergleich der Kleidung mit dem zweifach gerafften Oberteil werden Verbindungen zu Bellini und Mantegna deut-lich, wie etwa als Detail in Mantegnas ‚Beschneidung Christi‘, einem Triptychon in den Uffizien in Florenz (Abb. 8).29

29 Andrea Mantegna, Die Beschneidung Christi, 1470, Holztafel, wahrscheinlich aus der Kapelle vom Castello di San Giorgio in Mantua, siehe: GREENSTEIN, Mantegna, S. 181–222.

Abb. 6: Hans Burgkmair, Holzschnitt signiert: HB, in: Der WeißKunig, 1515, fol. 109

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Verschiedentlich wurde die Visualisierung der Türkengefahr innerhalb der ‚Marter der zehntausend Christen‘ benannt, jedoch nur bezogen auf die minutiöse Wiederga-be der türkischen Kleidung der Glaubensfeinde und die Tatsache, dass der Auftrag-geber Friedrich der Weise nach seiner Jerusalemfahrt den Kreuzzugsgedanken wach halten wollte.30 Folgt man der Vermutung, dass das Marterbild ganz bewusst die alten Glaubensfeinde mit den neuen, den Türken,31 gleichsetzen wollte, so ist eine weitere Deutung des Kindes denkbar: In vielen Einblattholzschnitten und Flugblättern in den ersten beiden Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts wird als stereotype Charakteristik der Türken genannt, dass sie Christenkinder raubten.32 Die Janitscharen, die Elite-Einheit des Sultans, rekrutierte seit 1438 systematisch Knaben unterworfener christlicher Völ-

30 LUDOLPHY, Friedrich, S. 355f.31 FUCHS, Expansion; HÖFERT, Feind, S. 76–78.32 Hans Guldenmund, Osmanischer Krieger und gefangene Bauern mit einem toten Kind, Holzschnitt,

1529.

Abb. 7: Albrecht Dürer, ‚Martyrium der 10.000 Christen‘, 1508, Öl auf Leinwand, 99 x 87 cm, Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie, Detail: Soldat mit Kind

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ker, wobei hauptsächlich vom Balkan stammende Jungen ausgewählt und zur Erzie-hung und Islamisierung in das Osmanische Reich gebracht wurden.33

Ein weiteres Indiz für eine subversive Auseinandersetzung mit der Türkengefahr könnte in der Gestalt des Hundes links oberhalb der Celtis-Figur gesehen werden (Abb. 9). Türken wurden in der zeitgenössischen polemischen Publizistik, aber auch in Reichstagsreden nach dem Fall Konstantinopels 1453, oft als schwarze Hunde bezeich-net. Als solche tierischen Ungeheuer zeichnen sie sich durch besondere Grausamkeit aus: Die Osmanen dürste es nach Christenblut, nach der effusio sanguinis Christiani,34 ebenso wie der auffällige schwarze Hund im Gemälde das christliche Märtyrerblut leckt. Die Betonung der Köpfung im Bildvordergrund könnte ebenfalls auf die Tür-kengefahr verweisen, da in zeitgenössischen Berichten das Köpfen der Feinde als klas-sischer orientalischer Brauch galt. So taucht diese Tötungsart auch in den Kartons und Tapisserien zum berühmten Kriegszug Kaiser Karls V. auf.35 Die knapp umrissenen Beispiele verdeutlichen, dass das Gemälde der ‚Marter der Zehntausend‘ bewusst vene-zianische Vorbilder verarbeitet, und dies in weitaus größerer Zahl als im ‚Rosenkranz-fest‘.

Dürer wollte in der ‚Marter der zehntausend Christen‘ darüber hinaus zeigen, dass er die Proportionsstudien der stehenden und liegenden Figur beherrschte, die er in Italien in vielfältiger Weise kennen gelernt hatte. Jean Pèlerin veröffentlichte 1505 in seinen ‚De Artificiali Perspectiva‘ seine Kenntnisse über das Verhältnis von Größe und Distanz im Bild, das er mit dem Verhältnis 2:1 benannte: Les quantitez et les distances ont concordables différences.36 Das Buch war mit verschiedenen Holzschnitten in Nürnberg 1509, also unmittelbar nach Fertigstellung des Gemäldes aufgelegt worden.37 Pèlerin übernahm Dürers Konstruktionsschema und dieser kannte das Buch gegebe-nenfalls schon vor der Veröffentlichung während er am Märtyrergemälde arbeitete. Die Figuren im Vorder-, Mittel- und Hintergrund am Berg Ararat stehen im richtigen Grö-ßenverhältnis von 1:2 zueinander.

III. Dürer – Dante, Celtis – Vergil: Humanismus in Wittenberg

Es sollte mittlerweile deutlich geworden sein, dass Dürer im Gemälde eine hochkom-plexe und anspruchsvolle Gesamtkomposition geschaffen hat. Dies wird durch den Anspruch des Auftraggebers und den Ort der Präsention noch unterstrichen. Friedrich der Weise erschuf in Wittenberg mit der Trias Schloss, Schlosskirche und Universität ein humanistisches Zentrum nördlich der Alpen und legte besonderen Wert auf die Beteiligung italienischer Künstler – etwa des Hofmalers Jacopo de’Barbari und ita-

33 GOODWIN, Janissaries, S. 34–76.34 Etwa visualisiert in einem polemischen Holzschnitt einer Badeszene mit Türken als schwarze Hunde:

Türkisches Schweißbad oder Vorstellung der Großen Angst, 1686, Kupferstich, 40,8 x 26,4 cm, Staats-bibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz YA 11347, siehe: HARMS u.a., Flugblätter, S. 145.

35 Jan Cornelisz Vermeyen – Wilhelm de Pannemaker, Tunesienzug Kaiser Karls V., Tapisserie-Zyklus, 1548–1554.

36 Zitiert nach dem letzten Abschnitt (ohne Paginierung) des französischen Textes von PÈLERIN, Perspec-tiva.

37 WÖLFFLIN, Kunst, S. 196; ANZELEWSKY, Dürer II, Bd. I, S. 217.

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lienischer Wissenschaftler an der neugegründeten Universität wie beispielsweise der Jurist Petrus Ravenna.38

Der Kurfürst erfüllte seine Bestrebungen, indem er ein mythologisches und christ-liches Gesamtkunstwerk schuf.39 Leider ist es heute nur noch in Fragmenten erhalten, wie zum Besispiel Dürers ‚Herkules und die Symphalischen Vögel‘. Die ‚Marter der zehntausend Christen‘ war ebenso wie dieser Altar für die Wittenberger Schlosskir-che gedacht, deren Patrozinium Allerheiligen war (Abb. 10). Nach der Gründung der Universität 1502 wurde die Schlosskirche zur akademischen Weihestätte, in der die Studierenden ihre Promotionen erhielten und Antrittsvorlesungen gehalten wurden. Die Schlosskirche beherbergte jedoch auch das Wittenberger Heiltum Friedrichs des Weisen. Diese Reliquiensammlung Friedrichs des Weisen kann nicht – wie Stefan Lau-be darlegte – als überholtes, spätmittelalterliches Relikt gewertet werden, sondern hatte eine wichtige politische Bedeutung.40 Das Sammeln von wundersamen Dingen betonte Friedrichs Streben nach Anerkennung im Heiligen Römischen Reich und kann als ein frühes Beispiel für ein Kuriositätenkabinett gesehen werden. 1520 bestand seine Samm-lung aus etwa 19.013 Gegenständen und da sie enzyklopädisch erfasst waren, entspra-chen sie den humanistischen Anforderungen.41 In der Forschung – so etwa von Borg-grefe – wird oft betont, dass die Reliquien der zehntausend Märtyrer und des Heiligen Achatius die wichtigsten Stücke gewesen seien, und aus diesem Grund sei auch das Bild in Auftrag gegeben worden. Bei Betrachtung des Wittenberger Heiltumsbuches von 1509 zeigt sich auf fol. 17r. ein gross obergult kast mit vielen mermelstein, in dem ganze 23 Reliquien der zehntausend Märtyrer zu finden seien, und in einem weiteren Reliquiar ganze drei Partikel des Achatius (Abb. 11).

Den Höhepunkt des Heiltums bilden aber Reliquien der Passion Christi, Partikel der Arma Christi, Partikel vom Bart des Herren und vor allem Kreuzespartikel so-wie ein Dorn in einer Königsstatuette – nicht irgendein Dorn, sondern eben jener, der sich direkt in Christi Gehirn gebohrt habe, wie der Text des Heiltums erläutert. Beim Vergleich zwischen Holzschnitt und Gemälde wird dies meiner Ansicht nach überaus deutlich: die linke vordere Bildhälfte des Gemäldes ist spezifisch christologisch mit Blick auf die Wittenberger Hauptreliquien gestaltet: Kreuz und Dornen (Abb. 12). Das Thema der zehntausend Märtyrer mit Christus als dem ersten Märtyrer kann stellver-tretend für alle heiligen Gebeine der Kirche stehen; auch diesem Anspruch wird Dürer somit mehr als gerecht.

Kehren wir in das Zentrum des Gemäldes zurück. Dürer und Celtis schreiten ge-meinsam durch die grausame Szenerie der Tötung. Celtis war einen Monat vor Voll-endung des Bildes gestorben, weshalb Dürer – so die opinio communis der Forschung – seine Bildkomposition geändert und ihn noch schnell in das Bild integriert habe, um so ein Quasi-Epitaph für den Dichterfürsten zu schaffen. Aufgrund der Komplexität des Themas ist dies meiner Ansicht nach jedoch unwahrscheinlich: Celtis war von Be-ginn an als Bestandteil des Bildes vorgesehen, zumindest jedoch nach Versand seines berühmten Sterbebildes, das er im Spätsommer 1507 bereits an Freunde wie Hartmann

38 FERRARI, Dürer; BÖCKEM, Barbari, besonders S. 27–30; LEVENSON, Barbari; BRUCK, Friedrich.39 BORGGREFE, Bildausstattung.40 LAUBE, Hybris; MERKEL, Reliquien.41 KLEIN, Things.

63Danteske Landschaften als visionärer Ort des Glaubenskriegs

Abb. 10: Lucas der Ältere, ‚Schlosskirche Wittenberg‘, Holzschnitt aus dem Wittenberger Heiltumsbuch, 1509, o.F.

64 Birgit Ulrike Münch

Abb. 11: Lucas Cranach der Ältere, ‚obergult kast mit vielen mermelstein‘, Holzschnitt aus dem Wittenberger Heiltumsbuch, 1509, fol. 17r

65Danteske Landschaften als visionärer Ort des Glaubenskriegs

Schedel oder Friedrich den Weisen verschickt hatte.42 Erste knappe Hinweise auf die Ähnlichkeit der Darstellung Dürers und Celtis innerhalb der ‚Marter der Zehntausend‘ mit Dante und seinem Führer Vergil, wurden bereits 1935 von Waetzold gegeben.43 Fri-derike Klauner wiederholte diese Idee 1978 in ihrem bedeutenden Aufsatz zu ‚Dürers Allerheiligenbilder‘,44 jedoch wurde dies von der Forschung nicht weiter verfolgt. So bezeichnet Anzelewsky die Verbindung zu Dantes ‚Divina commedia‘ in einem Halb-satz als „wenig überzeugend“45 – meines Erachtens zu Unrecht: ich beschreite im Ge-genteil diesen Weg weiter und beziehe den Vergleich nicht nur auf die beiden zentralen Figuren, sondern möchte ihn auf das gesamte Programm des Gemäldes ausweiten.

Ein Vergleich mit frühen Drucken der ‚Divina Commedia‘, etwa mit dem auch für Botticelli als Vorlage relevanten Druck von 1481, der in Florenz von Nicolaus Lorenz herausgegeben worden war, könnte Dürer inspiriert haben (Abb. 13): Neben Dante und Vergil, die in ähnlicher Weise durch das Bild schreiten wie Celtis und Dürer im Gemälde, finden sich hier auch in zahlreichen Illustrationen Marterungen und Peini-gungen oder herabstürzende Körper. Vor 1500 wurden fünfzehn Versionen der ‚Divina Commedia‘ seit dem Jahr 1472 gedruckt.46

Noch eindeutiger wird die Auseinandersetzung mit dem Thema bei Betrachtung einer im Jahr 1502 von Sebastian Brant herausgegebenen Vergil-Ausgabe, die zugleich die erste überhaupt illustrierte Werkausgabe des lateinischen Dichters darstellt, die die Forschung aber bislang nicht mit Dürers Werk in Verbindung gebracht hat (Abb. 14). Auf Blatt CCLXXIIIIr der Schilderung der Unterwelt bei Vergil finden sich zahlreiche Details, die in den Holzschnitt zur Marter und hiernach teilweise in das Gemälde über-nommen wurden: So zum Beispiel der am rechten unteren Bildrand liegende Gemar-terte, die an den Baum gefesselten und gegeißelten Märtyrer, oder die Peiniger, die die Märtyrerkörper mit Pflöcken traktieren oder an den Haaren ziehen. Die Übernahmen aus dem sogenannten Straßburger Vergil beweisen darüber hinaus, dass die geläufige Datierung des Holzschnitts auf um 1498 gegebenenfalls einer Revision bedarf.

Aber nicht nur stilistisch, sondern auch inhaltlich sind die Bezüge zwischen Cel-tis und Vergil überzeugend. In Celtis ‚Ars versificandi‘, die 1486 gedruckt wurde und Friedrich dem Weisen gewidmet war, findet sich eine Ode an Apoll, in der die Über-tragung der Dichtkunst von den Römern auf die Deutschen beschworen wird. Damit greift Celtis einen Gedanken Vergils (Georgica III, 10f.) auf, der analog die translatio artium von den Griechen auf die Römer besungen hatte. 1487 wurde Celtis auf Be-treiben des Kurfürsten durch Friedrich III. als erster Deutscher zum poeta laureatus gekürt: der Prototyp des poeta laureatus ist stets Vergil.

42 Hans Burgkmair d. Ä., Sterbebild Konrad Celtis, 1507, 25,2 x 14,5 cm, Germanisches Nationalmuse-um, Nürnberg, Inventarnr. H 7491, 31; LUH, Kaiser, S. 281–312.

43 WAETZOLDT, Dürer, S. 37f.: „Oder – was ich glaube – wandelt das Freundespaar durch die Hölle der Menschenquälerei wie Dante und Vergil durch die Schrecknisse der Hölle? Der humanistischen Denk-weise Pirckheimers hätte auch eine solche Wiederbelebung eines erhabenen Motives nahegelegen.“

44 KLAUNER, Gedanken.45 ANZELEWSKY, Dürer II, Bd. I, S. 221: „Weniger überzeugend ist Frau Klauners Vermutung, dass es einen

Zusammenhang mit Dantes Divina comedia gebe.“46 DIONISOTTI, Dante; LAUE, Drucker.

66 Birgit Ulrike Münch

Abb. 13: Anonymus, Holzschnitt aus der Divina Commedia von Dante Alighieri, Nachdruck 1481, Florenz, Canto XIX della Prima Cantica

67Danteske Landschaften als visionärer Ort des Glaubenskriegs

Abb. 14: Anonymus, Holzschnittillustration, in: Sebastian Brant, Vergilius, Opera, Liber sextus cclxxiiii r., Straßburg (gedruckt bei Grüninger), fol. 274r

68 Birgit Ulrike Münch

So wie im 4. Gesang der Göttlichen Komödie von la selva, […] di spiriti spessi,47 vom Wald der dicht gedrängten Seelen die Rede ist, vereint Dürer in seinem Bild die Seelen der zehntausend Märtyrer. Genannt werden die größten Dichter Homer, Horaz, Ovid und Lukan. In Dürers Werk wird nun Celtis als neuer Vergil in diese Reihung aufgenommen. Auch in der ‚Aeneis‘ werden Bezüge zum Bild deutlich, etwa die Tat-sache, dass Aeneas im 6. Gesang nur mit Hilfe eines Astes die Unterwelt betreten darf:

latet arbore opaca Aureus et foliis et lento vimineramus, Iunoni infernae dictus sacer; hunc tegit omnis Lucus et obscuris claudunt convallibus umbrae. Sed non antedatur telluris oerta subire, auricomos quam qui decerpserit arbore fetus.48

Ist es wirklich Zufall, dass Dürer den Briefvogel oder Botenstab in Astform trägt? Und eine noch eindeutigere Parallele zu Celtis – und zwar zu dem kurz vor dem Tod ste-henden und nicht bereits bestatteten Dichter – stellt die zweite Bedingung dar, die die cumaeische Sybille Aeneas vor seinem Gang in die Unterwelt auferlegt, nämlich die ehrenvolle Bestattung seines kurz zuvor verstorbenen Freundes:

praeterea iacet exanimum tibi corpus amici heunescis – totam quein cestat funere classem, dum consulta petis nostroque in limine pendes. Sedibus hunc refer ante suis et conde sepulcro.49

Celtis mit Vergil gleichzusetzen, war die größte Ehre, die dem poeta laureatus zuteil werden konnte, denn, Celtis, der von Maximilian in Wien zum Lehrer der antiken Poesie eingesetzt wurde, verkörperte ein Leitbild des transalpinen Humanismus. So kritisierte er, im Norden scheue man die Bücher Vergils und Ciceros ebenso sehr, wie ein Jude sich vor dem Geschmack eines Stücks Schweinefleisch fürchte. Dürer in der Malkunst, Friedrich im Rückgriff auf Maximilian als politischer Führer und Celtis in der Dichtkunst, möchten sich allesamt als Boten der humanistischen Kultur im Norden verstehen.

Und in Verbindung mit dem gesamten ikonographischen Programm des Gemäldes ist es, besonders in der italienischen Kunst, nicht wirklich neu Dante mit einem religi-ösen Kunstwerk zu vergleichen. So zeigt zum Beispiel das ambitiöse thomasische oder dominikanische Programm des Freskos in der Capella Strozzi di Mantova in Santa Maria Novella von Nardo di Cione, entstanden zwischen 1350 und 1357, die verschie-denen Stadien der Hölle basierend auf der ‚Divina Commedia‘ (Abb. 15).50 Die Iko-nographie der ‚Marter der zehntausend Christen‘ wurde auch von anderen Künstlern mit Dantes opus magnum in Verbindung gebracht und das schließlich in der Tradition Dürers. Vittore Carpaccios ‚Marter‘ von 1515 zeigt eine trichterförmige Erscheinung direkt über dem Berg, verbindet den Berg von Ararat direkt mit Dantes Vision des

47 DANTE, Commedia, V. 66.48 VERGILIUS, Aeneis VI, V. 137–142.49 VERGILIUS, Aeneis VI, V. 149–152.50 PITTS, Cione.

69Danteske Landschaften als visionärer Ort des Glaubenskriegs

Fegefeuers und erlaubt den Märtyrern den Aufstieg in den Himmel (Abb. 16). Die Nähe von Carpaccios und Dürers Auslegung der Legende zur Commedia wird noch offensichtlicher durch den Vergleich mit anderen Versionen des Themas, zum Beispiel ein Holzschnitt von Lucantinio degli Uberti aus den Jahren 1512 bis 1515: Seine Dar-stellung zeigt eine eher textnahe Interpretation der Legende.

Ein abschließender Punkt, der diese These nochmals unterstreicht, ist ein Detail, das bislang auch unerwähnt blieb: der Hund, der an dem blonden Kind hochspringt. Das Tier taucht mehrere Jahre lang in verschiedenen Werken Dürers auf und wurde von dem passionierten Hundekenner Erwin Panofsky – dem ich in diesem Punkt gerne folge – als eine „Art Affenpinscher“ identifiziert, der wie stark angenommen wird, Dürers eigener Hund war.51 Das Tier findet sich bemerkenswerterweise auch in einem Autorbildnis des Celtis von Dürer aus den ‚Quatuor libri amorum‘, wo es zu Füßen des Dichters Platz genommen hat, und sogar mit dem griechischen Namen Lachne, übersetzt Wolle, wolliges Haar, Flocke bezeichnet wird (Abb. 17). Dieser Hundename ist jedoch keinesfalls zufällig gewählt, sondern bezeichnet einen von Aktaions Hunden der Metamorphosen. Direkt hinter dem sitzenden jugendlichen Dichter ist analog ein-deutig eine Ovidausgabe im Regal platziert, ebenso wie die Werke von Horaz, Juvenal und Vergil.52 Eine Verbindung besteht darüber hinaus zu einem kurzen Epigramm, das Celtis auf Dürer verfasst hatte, wie es 1967 von Dieter Wuttke herausgearbeitet wurde:

Tantus peniculo est, sic lineamenta colorant Albertus miro preditus ingenio Ut, cum se nuper ficto depinxerat ore Expressa et facies jam suatota foret, Mox canis accurrit dominum et vivum esse putabat Blandiciasque sibi corpora et ore dabat.53

Es trägt den Titel ‚De cane eiusdem‘ und bildet eine auf den Nürnberger Künstler über-tragene Variation der Zeuxis-Legende des Plinius. Dürers Hund habe ein Selbstporträt Dürers gesehen und sei gekommen, um das Gesicht des Künstlers abzulecken, da er nicht bemerkt habe, dass es nur ein Bild sei. Dürer bildet den Lachne-Hund auch in einem Druck für Scheuerl ab, der ein Celtis-Schüler ist (Abb. 18).54 Durch die Einfü-gung der wollenen Lachne am Bildrand im Marterbild erinnert Dürer meines Erachtens an dieses mit Celtis geführte Gelehrtenspiel, das ihn zum ‚alter apelles‘ erhoben hatte.

Wie konnte es sein, dass die Komplexität des Bildprogramms mit Bezügen zum führenden humanistischen Ideal inklusive der aktuellen habsburgischen Türkenpolitik und dem Novum dieses nordalpinen Rätselbildes, wie es Aby Warburg wohl bezeich-net hätte, bislang nicht erkannt wurde? Meiner Ansicht nach passte die Vorstellung vom innovativ-humanistischen Kurfürsten nicht in das propagandistisch gefärbte Bild, das mit der Durchsetzung der Reformation manifestiert werden sollte: Friedrich wurde

51 EISLER, Animals, S. 56.52 Konrad Celtis, Quattuor libri amorum, Holzschnitt von Albrecht Dürer oder dem Meister der Celtis-

Illustration, 1502, 26,1 x 18,2 cm, fol. a7r.53 WUTTKE, Celtis-Epigramme, besonders S. 323, Nr. 71.54 Das Wappen der Familie Scheuerl wurde lange Zeit Albrecht Dürer zugeschrieben, während Schoch

den Meister der Celtis-Illustration als Schöpfer angibt, siehe: SCHOCH u.a., Dürer, A 14.

70 Birgit Ulrike Münch

zum geduldigen und belehrbaren Förderer Luthers stilisiert, seine Reliquiensammlung ein altmodisches vorreformatorisches Relikt und die Schlosskirche, für die die ‚Mar-ter der zehntausend Christen‘ geschaffen worden war, zur ‚Kultstätte‘ des protestan-tischen Glaubens,55 nachdem – und dies war wohl eine bewusst inszenierte Umnutzung – just am Allerheiligenfest 1517 die 95 Thesen Luthers an die Kirchentüren geschlagen worden waren.

Die sich polyvalent überlagernden Sinn- und Deutungsebenen des Gemäldes, die inversen Zitate, die Dürer in großen wie kleinen Details für die humanistische Öffent-lichkeit Wittenbergs eingeschrieben hat, konnten in einem postreformatorischen, auf Eindeutigkeit und Übereinstimmung von Aussage und Überzeugung hin orientierten

55 NIEHR, Memorialmaßnahmen.

Abb. 17: Albrecht Dürer oder der ‚Meister der Celtis-Illustrationen‘, in: Konrad Celtes, Quattuor libri amorum, 1502, fol. a7r

71Danteske Landschaften als visionärer Ort des Glaubenskriegs

Abb. 18: Albrecht Dürer (?), ‚Wappen der Familien Scheuerl und Tucher‘, Holzschnitt, 1512

72 Birgit Ulrike Münch

Klima nicht mehr goutiert werden. Für uns heute ist es nun die Aufgabe, die verschie-denen Sinnebenen zu dechiffrieren – Hinweise bietet das Kunstwerk – wie ich versucht habe darzulegen – mehr als genug.

Quellen und Literatur

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Bildnachweise

Abb. 1: Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie, Wien.Abb. 2: JOSEPH MEDER: Dürer-Katalog. Ein Handbuch über Albrecht Dürers Stiche, Radie-

rungen, Holzschnitte, deren Zustände, Ausgaben und Wasserzeichen, Wien 1932. Abb. 3: Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie, Wien.Abb. 4: Scuola di San Giorgio degli Schiavoni, Venedig.Abb. 5: Galleria dell’Accademia, Venice.Abb. 6: MARX TREISSSAURWEIN: Der WeißKunig. Eine Erzehlung von den Thaten Kaiser Maxi-

milian des Ersten, ed. M. Treißsaurwein (Vienna: 1775) 212, fol. 109.Abb. 7: Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie, Wien.Abb. 8: Galleria degli Uffizi, Florenz.Abb. 9: Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie, Wien.Abb. 10: JOHANNES JAHN (Hrsg.): 1472–1553: Lucas Cranach d. Ä. Das gesamte graphische Werk,

München 1972, S. 461.Abb. 11: JOHANNES JAHN (Hrsg.): 1472–1553: Lucas Cranach d. Ä. Das gesamte graphische Werk,

München 1972, S. 489.

75Danteske Landschaften als visionärer Ort des Glaubenskriegs

Abb. 12: Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie, Wien.Abb. 13: DANTE ALIGHIERI: Divina Commedia, Canto XIX della Prima Cantica, 1481, Florenz.Abb. 14: SEBASTIAN BRANT (Hrsg.):Vergilius, Opera, Liber sextuscclxxiiii r., 1502, Straßburg.Abb. 15: CapellaStrozzi di Mantova, Santa Maria Novella, Florenz.Abb. 16: Gallerie dell´Accademia, Venedig.Abb. 17: Graphische Sammlung der Stadt Nürnberg.Abb. 18: Graphische Sammlung der Stadt Nürnberg.

Tafeln

Tafel 1

Abb. 1: Albrecht Dürer, ‚Martyrium der 10.000 Christen‘, 1508, Öl auf Leinwand, 99 x 87 cm, Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie

Tafel 2

Abb. 3: Albrecht Dürer, ‚Martyrium der 10.000 Christen‘, 1508, Öl auf Leinwand, 99 x 87 cm, Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie. Detail: Dürer und Celtis

Tafel 3

Abb. 4: Vittore Carpaccio, ‚Taufe der Ungläubigen durch den Hl. Georg‘, 1507, Öl auf Leinwand, 14.1 x 28.5 cm, Scuola di San Giorgio degli Schiavoni, Venedig. Detail: Musizierende

Tafel 4

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Tafel 5

Abb. 8: Andrea Mantegna, ‚Beschneidung Christi‘, möglicherweise ursprünglich Kapelle des Castello di San Giorgio in Mantua,

1470, Öl auf Holz, 86 x 43 cm, Galleria degli Uffizi, Florenz

Tafel 6

Abb. 9: Albrecht Dürer, ‚Martyrium der 10.000 Christen‘, 1508, Öl auf Leinwand, 99 x 87 cm, Wien,

Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie, Detail mit dem blutleckenden Hund

Abb. 12: Albrecht Dürer, ‚Martyrium der 10.000 Christen‘, 1508, Öl auf Leinwand, 99 x 87 cm, Wien,

Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie. Detail: Kreuz und mit Dornenkrone Gekrönter

Tafel 7

Abb. 15: Nardo di Cione, die Kreise der Hölle nach Dantes ‚Divina Commedia‘, Ausmalung der Capella Strozzi di Mantova, zwischen 1350–1357, Fresko, Santa Maria Novella, Florenz

Tafel 8

Abb. 16: Vittore Carpaccio, ‚Die Kreuzigung der Märtyrer auf dem Berg Ararat‘, 1515, Öl auf Leinwand, 307 x 205 cm, Gallerie dell’Accademia, Venedig