Vorangestellte Attribute und Relativsätze im Deutschen: Wettbewerb und Zusammenspiel.

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1 To appear (2015) in Hennig, Mathilde (Hg.), Attribution, Komplexität und Komplikation Cathrine Fabricius-Hansen Vorangestellte Attribute und Relativsätze im Deutschen: Wettbewerb und Zusammenspiel 1 1 Einleitung Gegenstand der folgenden Überlegungen sind Relativsätze und Adjektiv- bzw. Partizipialattribute als unterschiedliche Formen adnominaler Modifikation im weitesten Sinne dieses Begriffs. 2 Der Beitrag beschränkt sich auf das heutige Deutsch, wo Adjektiv-/Partizipialattribute grundsätzlich in pränominaler Position erscheinen und zugleich stark ausbaufähig sind. Dadurch unterscheidet sich Deutsch ganz klar von den romanischen Sprachen (Enriqes 2002; Schlenker 2013), aber auch vom Englischen – und im Hinblick auf die Ausbaufähigkeit vorangestellter Attribute zugleich mehr oder weniger stark von anderen modernen germanischen Sprachen (Fabricius- Hansen 2010; Harbert 2007; Mertzlufft 2010; Schuster 2010; Solfjeld 2004). Über Relativsätze (RS) und pränominale Attribute (PRAT) im Deutschen ist im Laufe der Jahre aus wechselnder Perspektive viel geschrieben worden, sei es in breit angelegten Grammatiken wie (Zifonun et al. 1997), in empi- risch-deskriptiven Einzeluntersuchungen wie (Adam & Schecker 2011; Blühdorn 2007; Brandt 1993; Eroms 2011; Lötscher 1990; Schierholz 2001; Schmidt 1993; Weber 1971; Weber 1994), in stärker formal ausgerichteten Arbeiten wie u.A. (Holler 2005; Lübbe & Rapp 2011; Stechow 1979; Struckmeier 2007) und in typologisch orientierten Untersuchungen (s. vor allem (Lehmann 1984; Zifonun 2001; Zifonun 2007)). Dabei ist oft darauf hingewiesen worden, dass vorangestellte Attribute sich in einfacher und geregelter Weise ohne (wesentliche) Bedeutungsänderungen in Relativsätze umwandeln lassen und dass unter bestimmten Bedingungen auch das 1 Dem Beitrag liegen u. A. Vorträge, die ich in Tübingen (2011), Stuttgart (2012), Frank- furt (2012), Rauischholzhausen (2013) und Berlin (ZAS) (2013) gehalten habe, zugrunde. Ich danke den Teilnehmern, und zwar insbesondere Carla Umbach und Caroline Féry, für sehr nützliche Diskussionen – und Mathilde Hennig auch dafür, dass jetzt endlich eine Publikation daraus wird. 2 Modifikation als eine Erweiterung von Determinatoren-/Nominalphrasen, die deren syntaktisch-semantische Kategorie nicht ändert, nachgestellte Appositionen etc. mit eingeschlossen. Für solche Erweiterungen werden im Folgenden die Termini ’Supplement’ und ’Adjunkt’ als gleichbedeutende Sammelbegriffe verwendet.

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To appear (2015) in Hennig, Mathilde (Hg.), Attribution, Komplexität und Komplikation

Cathrine Fabricius-Hansen

Vorangestellte Attribute und Relativsätze im Deutschen: Wettbewerb und Zusammenspiel1

1 Einleitung  

Gegenstand der folgenden Überlegungen sind Relativsätze und Adjektiv- bzw. Partizipialattribute als unterschiedliche Formen adnominaler Modifikation im weitesten Sinne dieses Begriffs.2 Der Beitrag beschränkt sich auf das heutige Deutsch, wo Adjektiv-/Partizipialattribute grundsätzlich in pränominaler Position erscheinen und zugleich stark ausbaufähig sind. Dadurch unterscheidet sich Deutsch ganz klar von den romanischen Sprachen (Enriqes 2002; Schlenker 2013), aber auch vom Englischen – und im Hinblick auf die Ausbaufähigkeit vorangestellter Attribute zugleich mehr oder weniger stark von anderen modernen germanischen Sprachen (Fabricius-Hansen 2010; Harbert 2007; Mertzlufft 2010; Schuster 2010; Solfjeld 2004).

Über Relativsätze (RS) und pränominale Attribute (PRAT) im Deutschen ist im Laufe der Jahre aus wechselnder Perspektive viel geschrieben worden, sei es in breit angelegten Grammatiken wie (Zifonun et al. 1997), in empi-risch-deskriptiven Einzeluntersuchungen wie (Adam & Schecker 2011; Blühdorn 2007; Brandt 1993; Eroms 2011; Lötscher 1990; Schierholz 2001; Schmidt 1993; Weber 1971; Weber 1994), in stärker formal ausgerichteten Arbeiten wie u.A. (Holler 2005; Lübbe & Rapp 2011; Stechow 1979; Struckmeier 2007) und in typologisch orientierten Untersuchungen (s. vor allem (Lehmann 1984; Zifonun 2001; Zifonun 2007)). Dabei ist oft darauf hingewiesen worden, dass vorangestellte Attribute sich in einfacher und geregelter Weise ohne (wesentliche) Bedeutungsänderungen in Relativsätze umwandeln lassen und dass unter bestimmten Bedingungen auch das

1 Dem Beitrag liegen u. A. Vorträge, die ich in Tübingen (2011), Stuttgart (2012), Frank-furt (2012), Rauischholzhausen (2013) und Berlin (ZAS) (2013) gehalten habe, zugrunde. Ich danke den Teilnehmern, und zwar insbesondere Carla Umbach und Caroline Féry, für sehr nützliche Diskussionen – und Mathilde Hennig auch dafür, dass jetzt endlich eine Publikation daraus wird. 2 Modifikation als eine Erweiterung von Determinatoren-/Nominalphrasen, die deren syntaktisch-semantische Kategorie nicht ändert, nachgestellte Appositionen etc. mit eingeschlossen. Für solche Erweiterungen werden im Folgenden die Termini ’Supplement’ und ’Adjunkt’ als gleichbedeutende Sammelbegriffe verwendet.

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Umgekehrte gilt (s. stellvertretend für viele (Heringer 1988: 317-20) und Weber (1994); vgl. die Satzpaare (1)/(2) und (3)/(4).

(1) Bei Hängegletschern kommt es regelmäßig zu großen Eisabbrüchen. Dadurch ausgelöste Eislawinen oder Eisstürze können […] gefährliche Flutwellen, die am Meeresgrund entlanglaufen, sogenannte Tsunamis, auslösen. (WikiG3)

(2) … Eislawinen oder Eisstürze, die dadurch ausgelöst werden / worden sind, können gefährliche am Meeresgrund entlanglaufende Flutwellen, sogenannte Tsunamis, auslösen.

(3) Eis mit einem so geringen Luftanteil besitzt meist eine bläuliche, seltener auch leicht grünliche Farbe. (ebd.)

(4) Eis mit einem Luftanteil, der so gering ist, besitzt meist eine bläuliche, seltener auch leicht grünliche Farbe.

Das bedeutet, dass Relativsatz und pränominales Attribut unter Umständen als verschiedene Ausdrucksformen für denselben Inhalt zu betrachten sind. Es erhebt sich dann die Frage, wie die Wahl zwischen den beiden Alternativen (im Überschneidungsbereich) bestimmt wird. Dies ist die zentrale Fragestellung meines Beitrags; sie wird im Abschnitt 3 behandelt.

In der einschlägigen Literatur werden (individual)stilistische und texsortenbedingte Präferenzen als zentrale Einflussfaktoren identifiziert (Lötscher 2013; Mertzlufft 2010; Thurmayr 2007; Weber 1994). Das kann aber kaum die ganze Geschichte sein – zumindest nicht in so pauschaler Form (Doherty 2006; Weber 1994). Vor allem sollte beachtet werden, dass Wettbewerb zwischen Ausdrucksalternativen nicht im freien Raum stattfindet: RS und PRAT werden immer in natürlichen Kontexten verwendet und sollten deswegen (auch) in solchen verglichen werden. Da erweiterte vorangestellte Attribute eine eher schriftsprachliche Erscheinung sind, beschränke ich mich auf geschriebene Texte. Ich werde in Übereinstimmung mit Doherty (2006) dafür argumentieren, dass neben dem unmittelbaren vo-rangehenden und nachfolgenden Kontext der durch den weiteren Kontext bedingte Informationsstatus des Supplements eine wichtige Rolle spielt und dass prosodische Regularitäten innerhalb der Nominalphrase mit einzubezie-hen sind.

RS und PRAT konkurrieren nicht nur miteinander: Sie können – gerade wegen ihrer unterschiedlichen Position – auch als Supplemente bei ein und demselben Kopfnomen auftreten, wie in (1) veranschaulicht wird (…

3 Die so annotierten Beispiele sind der Webseite http://de.wikipedia.org/wiki/Gletscher entnommen; Zugriff 15.1.2014.

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gefährliche Flutwellen, die am Meeresgrund entlanglaufen). Wie die beiden Supplementkategorien in solchen Fällen miteinander interagieren, ist eine hochinteressante Teilfrage, die hier leider nur kurz angesprochen werden kann Abschnitt 4).

Unter der hier angelegten textbezogenen Perspektive wäre allgemeiner nach dem Rationale adnominaler Adjunkte zu fragen, die ja die syntaktische Struktur verkomplizieren und demzufolge vermutlich auch die Verarbeitung des betreffenden Satzes – isoliert betrachtet – erschweren. Welche Rolle(n) spielen prä- und postnominale Supplemente aus diskursstruktureller oder –relationaler Sicht – und zwar insbesondere sogenannte nichtrestriktive Adjunkte, die ja nicht nur syntaktisch, sondern in gewissem Sinne auch semantisch als Supplemente einzustufen sind (Schlenker 2013)? Warum wird die in einem nichtrestriktiven RC oder PRAT vermittelte Information in dieser syntaktisch heruntergestuften Position und nicht etwa in einem selbstständigen Satz realisiert – oder überhaupt ausgedrückt? Diese Thematik muss ich aus Platzgründen hier liegen lassen; s. dazu u.A. (Gloning & Seim 2013; Lötscher 1998; Lötscher 2013).

Vor dem Hauptteil des Beitrags werden im Abschnitt 2 einerseits die wesentlichen strukturellen Unterschiede zwischen RS und PRAT kurz zusammengefasst und im Anschluss daran die Bedingungen präzisiert, unter denen Wettbewerb überhaupt in Frage kommt; andererseits wird eine Explikation des Restriktivitätsbegriff vorgelegt, die den Ausführungen in den Abschnitten 3.4 und 3.5 zugrundeliegt. Der Aufsatz, der mehr Fragen stellt, als er beantwortet, schließt mit einer Zusammenfassung der Hauptergebnisse und einer Liste von Forschungsdesideraten (Abschnitt 5).

2 Vorüberlegungen  

2.1 Strukturelle  Voraussetzungen    

PRAT zeichnen sich gegenüber RS vor allem durch ihre reduzierte Satzartig-keit aus (Lehmann 1984; Zimmermann 2011):4

RS sind finite Sätze mit eigenem explizitem und zum großen Teil frei wählbarem Tempus-Modus, PRAT hingegen nichtfinite Phrasen mit adjekti-vischem oder partizipialem Kopf, die im Hinblick auf ihre temporal-modale 4 Die folgenden Formulierungen sind weitgehend theorieneutrale deskriptive Generalisie-rungen.

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Interpretation einerseits weniger explizit sind, anderseits insgesamt eine ge-ringere Spannbreite aufweisen (s. für Partizipialphrasen (Lübbe & Rapp 2011; Rapp 2001; Zimmermann 2011)).

Mit der Finitheit hängt zusammen, dass das externe – das „letztanzubin-dende“ (Zifonun et al. 1997) – Argument des verbalen Kopfes im RS explizit als (nominativisches) Subjekt im RS realisiert ist. Partizipial- und Adjektiv-phrasen können, da sie kein finites Verb enthalten, auch kein Subjekt enthal-ten; das externe Argument des (adjektivischen bzw. partizipialen) Kopfes ist innerhalb von PRAT nicht explizit realisierbar.

Das Relativpronomen, das mit dem externen Argument des übergeordne-ten Kopfnomens identifiziert oder von ihm ‚gebunden’ wird, kann innerhalb des RS (fast) jede beliebige syntaktische Funktion ausüben, muss also nicht das externe Argument des verbalen Kopfes im RS kodieren (Zifonun 2001). Das unausgedrückte Argument in PRAT hingegen ist unweigerlich das exter-ne Argument des adjektivischen oder partizipialen Prädikats und entspricht somit einem Relativpronomen im Nominativ (Struckmeier 2007; Zimmermann 2011).

Partizipialattribute unterliegen im Hinblick auf Prädikatstyp und Argu-mentstruktur Beschränkungen, die aus der eingeschränkten Attribuierbarkeit des Partizips II folgen und bei RS keine Entsprechung haben (Rapp 1997; Rapp 2001; Struckmeier 2007).

Über die formale Struktur von Determinatoren- bzw. Nominalphrasen be-steht in der grammatiktheoretischen Literatur wenig Einigkeit (Bücking 2012; Haider 1992; Sternefeld 2007: 236ff.); s. auch Abschnitt 2.2 unten). Wie auch immer jedoch die Anbindung von PRAT und RS an die DP/NP analysiert wird, fest steht, dass Adjektiv-/Partizipialattribute in pränominaler kopfadja-zenter Stelle erscheinen und diese (Oberflächen-) Position zwischen Determi-nator und Kopfnomen nicht verlassen können, während Relativsätze dem nominalen Kopf und in sogenannter Extraposition sogar dem ganzen Mat-rixsatz nachfolgen. Insofern sind pränominale Attribute syntaktisch stärker in den Matrixsatz und die Träger- bzw. Bezugs-DP integriert als Relativsätze.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass vorangestellte Adjektiv-/Partizipialattribute mit Relativsätzen vergleichbar sind, in denen das Relativ-pronomen als Subjekt dient und die eine (einfache oder komplexe) ‚finitisier-te’ Entsprechung des (adjektivischen bzw. partizipialen) Attributkopfs als Prädikat enthalten. Als Ausdrucksalternativen (Konkurrenten) sollen PRAT-RS-Paare gelten, wenn der RS und das PRAT sich sonst (von der flektierten Form des Attributs abgesehen) nicht unterscheiden und im gegebenen Kontext auch in temporal-modaler Hinsicht gleich interpretiert werden können; s. (1)/(2) (Partizip II, Partizip I) und (3)/(4) (Adjektiv) im Abschnitt 1.

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Es sei abschließend betont, dass das oben Gesagte sich auf pränominale Attribute bezieht, die im Sinne von (Dang i.Dr.) indiskutabel normkonform sind, indem es sich beim Attributkern um ein Adjektiv oder eine Partizipial-form eines lexikalischen Verbs (Vollverbs) handelt. Wie Dang (i.Dr.) und Andere bezeugen, kommen in der Praxis jedoch auch Partizipialattribute mit komplexen Köpfen vor, die aus dem Partizip I eines temporalen oder modalen Auxiliars und einer dazu passenden infiniten Form des lexikalischen Verbs bestehen – vgl. (die) schon bei der Nationalratswahl kandidiert habenden (Par-teien), (des) nun stärker ins Rampenlicht treten werdenden (Label Audio Chocolate), (die) doch arg in ihre Taschen greifen müssende (Berliner Bevölke-rung)– oder noch komplexer sind. Partizipialattribute dieser Art erweitern das temporal-modale Spektrum von PRAT und gleichen somit das Partizipialattribut noch stärker dem Relativsatz an.5

2.2 Die  Restriktivitätsdichotomie  

Die einschlägige Literatur unterscheidet bei RS wie bei PRAT restriktive und nichtrestriktive (appositive, explikative) Verwendungen (s. stellvertretend für viele (Weber 1994; Zifonun et al. 1997: 1987ff.)). Über die Explikation der Dichotomie besteht allerdings keine Einigkeit, und zwar weder in syntakti-scher noch in semantischer Hinsicht (Holler 2013; Morzycki 2008; Potts 2005; Riester 2012; Schlenker 2013; Umbach 2006).6

Bei Relativsätzen wird traditionell ein syntaktischer Unterschied ange-nommen: Nichtrestriktive RS sind oberhalb des Determinators, d.h. an die Determinatorenphrase (DP) angeschlossen, wie in (5), restriktive Relativsätze hingegen unterhalb des Determinators, an die aus dem Kopfnomen und des-sen etwaigen Komplementen bestehende NP, wie in (6); s. etwa Sternefeld (2007: 375ff.), Poschmann (2013) und, in einer anderen, kategorialen Forma-lisierung, Zifonun et al. (1997: 2007ff.).

(5) [DP[DP Die [NP Studierenden]], [die weitgehend von Stipendien leben]], erhalten einen Mietzuschuss.7

(6) [DP Die [NP Studierenden, [die weitgehend von Stipendien leben]]], erhalten einen Mietzuschuss.

5 Die Beispiele sind nach Dang (i.Dr.: 20ff.) zitiert, die sogar (als ihr Typ 8) ein finites Partizipialattribut belegen kann: … dass der von Alessandro hätte ausgehen müssende Wolfsburger Kombinationsfußball nicht zustande kam (die tageszeitung 2005), 6 Vgl. auch http://www.ims.uni-stuttgart.de/~arndt/restrictivity.html 7 Die Beispiele (5)/(6) und (7) sind Fabricius-Hansen (2009) entnommen.

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Dem syntaktischen Unterschied entspricht ein semantischer: Im restriktiven RS wird das Relativpronomen als eine gebundene Variable und der RS als ein Prädikat repräsentiert, das die Domäne des Determinators (oder Quantors), die von vorneherein durch das Kopfnomen beschränkt ist, auf die Menge derjenigen Elemente einschränkt, auf die auch der RS-Inhalt zutrifft (Schnittmengenbildung). Im nichtrestriktiven Fall ist das Relativpronomen semantisch betrachtet ein anaphorisches Pronomen, das bei der Interpretation mit dem Referenten der Bezugs-DP identifiziert wird und so „zusätzliche“ Information über diesen Referenten liefert (Poschmann 2013; Zifonun et al. 1997). Neben dieser Standardanalyse gibt es andere Vorschläge, wie bei Ster-nefeld (2007: 375ff.), der, ohne auf die Semantik einzugehen, restriktive und nichtrestriktive RS syntaktisch gleich, und zwar als Komplemente des Deter-minators, repräsentiert.8

Die Standardanalyse für RS lässt sich nicht unmittelbar auf PRAT über-tragen, denn nichtrestriktive PRAT stehen genau wie restriktive zwischen dem Determinator und dem Kopfnomen und können folglich nicht ohne komplizierte Zusatzannahmen als Adjunkte auf der DP-Ebene analysiert wer-den; die Einführung einer zusätzlichen funktionalen Projektion – einer ‚Kon-gruenzphrase’ o. dgl. – als Komplement des Determinators (s. Haider 1992, Sternefeld 2007, Bücking 2012) hilft da auch nicht weiter. Wie die (5) und (6) entsprechenden Lesarten von (7) einigermaßen oberflächennah syntaktisch zu differenzieren wären, bleibt äußerst unklar (Fabricius-Hansen 2009).

(7) Die schlecht verdienenden Studierenden erhalten einen Mietzuschuss.

Ein in theoretischer Hinsicht radikaler Vorschlag liegt mit der „zweidimensi-onalen Semantik“ von Potts (2005) vor, dem zufolge nichtrestriktive Supple-mente syntaktisch keine Sonderstellung einnehmen, aber als „not at issue“ einer eigenen semantischen Dimension zugewiesen werden; vgl. auch (Morzycki 2008). Einen Gegenvorschlag bringt Schlenker (2013), der (auf einer unorthodoxen Syntax basierend) nichtrestriktiven Supplementen einen präsuppositionsähnlichen Status zuschreibt (s. Abschnitt 3.5). Andere wiede-rum argumentieren für einen informationsstrukturellen Restriktivitätsbegriff, indem sie Restriktivität mit (engem) Fokus korrelieren (Baumann & Riester 2013; Umbach 2001; Umbach 2006); demnach wäre das Attribut dänischen in (8) als restriktiv, in (9) hingegen als nichtrestriktiv einzustufen.

8 Als Komplement von D wird der RS unmittelbar rechts vom Determinator basisgeneriert und muss aus dieser Position herausbewegt werden, um seine postnominale Stellung zu erlangen.

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(8) (Das Forschungsteam hatte einen langen Tag hinter sich.) Am Abend in der Bar hat Paul nur den DÄnischenF Geologen gesehen. (Umbach 2001)

(9) (Das Forschungsteam hatte einen langen Tag hinter sich) Am Abend in der Bar hat Paul nur [den DÄnischen GeoLOgen gesehen]F (ebd.)

Ich werde im Folgenden davon ausgehen, dass (Nicht-)Restriktivität zumin-dest bei PRAT nicht in der syntaktischen Struktur verankert ist, und zum Teil in Weiterführung von (Fabricius-Hansen 2009) eine kontextorientierte Dicho-tomie zugrundelegen, die gewissermaßen die traditionelle Vorstellung von Domänenrestriktion (oder Intersektivität) versus „Zusatzinformation“ mit der informationsstrukturellen Explikation verknüpft. Demnach sei ein Supple-ment nichtrestriktiv genannt, wenn es im gegebenen Kontext zur Identifikati-on oder Distinktion des von der betreffenden Nominalphrase – der Träger- oder Bezugs-DP – etablierten Diskursreferenten gegenüber anderen Referen-ten im Diskursunivers nichts beiträgt und insofern entbehrlich ist;9 andernfalls ist das Supplement restriktiv (ähnlich (Riester 2013)). Oder anders gesagt: im nichtrestriktiven Fall passen die DP mit und die entsprechende DP ohne Supplement in den gleichen (Vor-)Kontext, im restriktiven Fall setzt die DP mit Supplement einen anderen Kontext voraus als ihre supplementlose Ent-sprechung.

Betrachten wir zur Veranschaulichung den Textauszug in (10):

(10) Die elektrischen Zitronen aus dem VEB “Narva”, (a) mit denen der Baum dekoriert war, hatten einen Defekt, flatterten hin und wieder auf und löschten die (b) elbabwärts liegende Silhouette Dresdens. Christian zog die (c) feucht gewordenen, (d) an den wollenen Innenseiten mit Eiskügelchen bedeckten Fäustlinge aus und rieb die (e) vor Kälte fast taub gewordenen Finger rasch gegeneinander, hauchte sie an – der Atem verging als Nebelstreif vor dem (f) finster liegenden, (g) in den Fels gehauenen Buchensteig, (h) der hinauf zu Arbogasts Instituten führte. (Uwe Tellkamp, Der Turm, 2008. S. 15)

Hier sind die vorangestellten Attribute (b) – (g) alle nichtrestriktiv, sie haben keinen Effekt auf die anaphorische Resolution der jeweiligen definiten Trä-ger-DP und können ohne referenzielle Konsequenzen ausgelassen werden. Die beiden Relativsätze (a) und (h) braucht der Leser hingegen, um zu verste-hen, von welchen elektrischen Zitronen bzw. welchem Buchensteig im gege-benen Kontext die Rede ist. In (11) und (12) liegen umgekehrt jeweils ein nichtrestriktiver RS und (zwei) restriktive PRAT vor.

9 Vgl. Schlenkers (2013) „Eliminability Principle“.

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(11) Die Gletscher der Alpen, die in den Kaltzeiten sogar bis ins Alpenvorland vorstoßen konnten, formten gewaltige Trogtäler und prägen die Landschaft bis heute. (WikiG)

(12) Üben die orografisch höher liegenden Teile eines Gletschers eine ausreichende Schubspannung auf die tiefer und damit vor ihnen liegenden Gletscherabschnitte aus, so … . (WikiG)

Im Zusammenhang mit definiten Nominalphrasen wie den obigen lässt sich die (Nicht-)Restriktivität des Supplements über die mit der Definitheit ver-bundene Bekanntheits- und Unikalitätspräsupposition erklären: Misslingt die Antezedenten-/Referentenfindung beim Auslassen des Supplements, oder führt sie zu einem anderen Ergebnis als bei dessen Vorhandensein, so ist das Supplement restriktiv; spielt es in dieser Hinsicht keine Rolle, so ist es nicht-restriktiv, und sein Inhalt wird sozusagen unter der Hand der im Vorkontext gegebenen Information über den Referenten hinzugeschlagen (akkommo-diert) (Fabricius-Hansen 2009, Schlenker 2013) – wenn sie nicht schon gege-ben ist (s. Abschnitt 3.5).

Im Gegensatz zu definiten führen (referenziell-)indefinite Nominalphra-sen normalerweise neue Referenten ein (Heim 2011). Die Nichtrestriktivität muss dort folglich einen anderen Hintergrund haben als bei definiten DPs – wenn es sie denn gibt. Genau das wird im Rahmen der auf Domänenrestrikti-on basierten Theorien oft abgestritten (s. beispielsweise Zifonun et al. 1997). Bei dem hier angenommenen, etwas weiter gefassten Restriktivitätsverständ-nis sind die beiden Supplemente in (13) jedoch eindeutig nichtrestriktiv: die in ihnen enthaltene Information ist für die Etablierung des Loch-Referenten entbehrlich und kann in selbstständigen Sätzen nachgetragen werden; vgl. (14).

(13) Der zweite [Mann] hatte ein riesiges Loch in der Brust, durch das man hindurchschauen konnte. (ME1D10)

(14) Der zweite [Mann] hatte ein Loch in der Brust. (Es war riesig. Man konnte dadurch hindurchschauen.)

Demgegenüber müssen die Adjektivattribute feinkörniges und größere in (15), die miteinander kontrastiert werden und dementsprechend (eng) fokus-siert sind, als restriktiv eingestuft werden – wie die relevanten Supplemente in (12). Der RS in (16) ist gleichfalls in unserem Sinne restriktiv: Die ent-

10 Dieses und ähnlich annotierte Beispiele entstammen dem Oslo Multilingual Corpus (OMC); s. http://www.hf.uio.no/ilos/english/services/omc/.

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sprechende DP ohne RS (17) ist im gegebenen Kontext uninformativ – oder ruft ganz andere semantische Alternativen (Heusinger 2007) auf – und setzt in dem Sinne einen anderen Kontext (im weiteren Sinne) voraus als die modifi-zierte DP in (16).

(15) Durch im Gletschereis mitgeführtes Gesteinsmaterial verschiedenster Korngrößen … können im Gesteinsuntergrund deutliche Spuren hinterlassen werden. Feinkörniges Material bewirkt dabei in der Regel vergleichbar mit der Wirkung von Sandpapier einen Schliff, während größere Partikel … deutliche Kratzspuren und Rillen im Fels hinterlassen können.

(16) Davids leiblicher Vater […] hatte in zweiter Ehe eine Frau geheiratet, die seiner eigenen Art entsprach […]. (DL1TD)

(17) Davids leiblicher Vater hatte in zweiter Ehe eine Frau geheiratet. (Sie entsprach seiner eigenen Art.)

Halten wir fest: (i) PRAT und RS können im hier zugrunde gelegten kontextbezogenen

Sinne restriktiv und nichtrestriktiv verwendet werden, und zwar in definiten wie in indefiniten Nominalphrasen.

(ii) Enger Fokus auf dem Supplement ist eine hinreichende, aber keine notwendige Bedingung für Restriktivität (Fabricius-Hansen 2009); vgl. (8), (12) und (15) mit (9) 11, (10a, h), und (16).

Auf die Relevanz der Restriktivitätsdimension für die Wahl zwischen PRAT und RS kommen wir unten (Abschnitt 3.4-5) zu sprechen.

3 Wettbewerb:  Einflussfaktoren  

In diesem Abschnitt wird eine Reihe von Parametern diskutiert, von denen anzunehmen ist, dass sie die Wahl zwischen PRAT und RS-Realisierung eines Supplements in natürlichen geschriebenen Texten beeinflussen. Geziel-te Studien zu diesem Thema gibt es meines Wissens kaum.12 Eine wichtige

11 Die Prosodie in (9) signalisiert, dass sich im Forscherteam sowohl Nicht-Geologen als auch Nicht-Dänen befinden. Das Adjektivattribut differenziert somit den aktuellen Refe-renten gegenüber möglichen nichtdänischen Alternativen, seien es Geologen oder Nicht-Geologen. 12 An der Universität des Saarlands läuft unter der Leitung von Matthew Crocker und in Zusammenarbeit mit Ingo Reich derzeit ein einschlägiges experimentell orientiertes Pro-jekt an.

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Ausnahme bildet jedoch (Doherty 2006). Sie untersucht in einem rele-vanztheoretischen Rahmen, welche Prinzipien das Übersetzen komplexer englischer Nominalphrasen ins Deutsche steuern, und befasst sich in dem Zusammenhang u. A. mit der Wahl zwischen Partizipialattributen und Rela-tivsätzen (bei Doherty jeweils als VP und CP symbolisiert). Dabei nimmt sie ein übergeordnetes Prinzip der „Balanced Information Distribution (BID)“ an, das die Integration des aktuellen Satzes in den Diskurs optimieren soll, und leitet die in ihrem Übersetzungskorpus beobachteten Präferenzen im Wesent-lichen aus der Interaktion zwischen allgemeinen relevanzorientierten Prinzi-pien der Informationsorganisation, einschließlich BID, und sprachspezifi-schen syntaktischen und prosodischen Beschränkungen ab. Ihr Erklärungsan-satz ist mit meinen Überlegungen in den Abschnitten 3.2 und 3.4 voll verträg-lich, ihre Generalisierungen zur Distribution von Partizipialattributen und Relativsätzen (s. Abschnitt 3.4) kann ich jedoch nur zum Teil nachvollziehen. Dies mag teilsweise mit einer gewissen Vagheit zentraler Begriffe wie „givenness“, „informativity“ und „focus“ zusammenhängen, liegt aber sicher-lich auch an der komplizierten Interaktion zwischen diesen Parametern und anderen Einflussfaktoren, von denen unten die Rede sein wird.

3.1 Modifikationstyp  und  Wortart  

Die Domäne der durch adnominale Supplemente ausgedrückten semantischen Modifikation zerfällt nach (Rijkhoff 2001) und Anderen in verschiedene Sub-domänen. So unterscheidet Zifonun (Zifonun 2010; Zifonun 2013) z.T. in Anlehnung an Rijkhoff qualifikative (qu), klassifikatorische (kl), referentiell-verankernde (ref) und propositionale (prop) Subdomänen; vgl. (18).

(18) die [ganz hervorragenden]qu [schulischen]kl Leistungen [dieses Kindes]ref [in der 5. Klasse]ref, [die ihm den Zugang zum Gymnasium eröffnet]prop (Zifonun i.d.B.)

Klassifikation und insbesondere Qualifikation sind sprachübergreifend typi-sche Domänen der Wortart Adjektiv und beziehen sich zum Teil auf inhärente Dimensionen der von den modifizierten Nomina bezeichneten Entitäten (Far-be, Größe, Alter, …). Die Adjektive scheinen dabei als Modifikatoren in Nominalphrasen im Allgemeinen einem ‚natürlichen’ (ikonischen) Serialisie-rungsprinzip zu folgen ((Bouchard 2005; Rijkhoff 2001; Schecker 1993) und Andere):

The more the property expressed by an adjective makes it likely to form with the noun a relevant and usual Concept, the more this adjective tends to be close to the noun,

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i.e., to modify the noun more directly than another adjective (Bouchard 2005, zitiert nach (Bouchard 2011).

Klassifikatorische und qualifikative Adjektivattribute gehen dementsprechend im Deutschen typisch dem Kopfnomen in der Abfolge qualifikativ < klassifi-katorisch voran, mit dem klassifikatorischen Attribut adjazent zum Kopf – wie in (18) veranschaulicht. Es ist für solche prototypischen Adjektive anzu-nehmen, dass PRAT-Realisierung im Default-Fall der RS-Realisierung, wo das Adjektiv in prädikativischer Funktion auftritt, vorgezogen wird, d.h. dass es besondere Gründe für die RS-Realisierung geben muss (s. 3.2 ff.). Dem-nach wäre bei (19)/(20) wie bei (3)/(4) (Abschnitt 1) eine klare Präferenz für die (authentische) PRAT-Variante (19) bzw. (3) vorherzusagen, wenngleich möglicherweise etwas weniger ausgesprochen im Fall (3)/(4), wo das Adjek-tiv mit der Gradpartikel so versehen ist (s. 3.2).

(19) Die Gletscher der Alpen formten gewaltige Trogtäler und prägen die Landschaft bis heute. (Nach WikiG)

(20) Die Gletscher der Alpen formten Trogtäler, die gewaltig waren/sind, …

3.2 Umfang  

In (19) ist das Adjektivattribut gewaltige syntaktisch einfach: es verzweigt nicht, sondern besteht aus dem Adjektiv allein. In solchen Fällen enthält die RS-Alternative zwangsläufig (mindestens) dreimal so viele Wörter, da zu dem – jetzt prädikativischen – Adjektiv das Relativpronomen als Subjekt und eine je nach den Umständen einfache oder komplexe Form des Kopulaverbs hinzukommen; vgl. (20). Entsprechendes gilt mutatis mutandis für einfache Partizipialattribute wie in streunende Polarbären, ein verlassenes Haus, die eingeschlossenen Gegenstände; vgl. (21b) vs. (22).

(21) Der Vorteil dieser stationären Eisflächen liegt darin, dass (a) die beim Fließen eines Gletschers entstehenden Kräfte auf (b) die eingeschlossenen Gegenstände entfallen. (WikiG)

(22) … dass die beim Fließen eines Gletschers entstehenden Kräfte auf die Gegenstände, die eingeschlossen (worden) sind, entfallen

Als Wortratio gemessen ist der Längenunterschied zwischen PRAT und RS in solchen Fällen beachtlich (mindestens 1:2 bzw. 1:3). Es scheint plausibel, dass dies die RS-Alternative unnötig umständlich erscheinen lässt und dass nichtverzweigende PRAT deswegen gemäß einem allgemeinen Ökonomie-

12

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prinzip gemeinhin über ihre RS-Konkurrenten ‚gewinnen’.13 Demnach wäre zu erwarten, dass attribuierbare Adjektive und Partizipien in beliebigen Tex-ten häufiger als nichtverzweigende vorangestellte Attribute verwendet werden denn als lexikalische Köpfe in entsprechenden einfachen Relativsätzen.

Für verzweigende PRAT – sogenannte erweiterte vorangestellte Attribute wie in (21a) – gilt, dass die Wortratio PRAT: RS mit dem Umfang von PRAT abnimmt. Insofern sollten die RS-Chancen, der oben angedeuteten Argumen-tation zufolge, proportional mit dem Umfang der PRAT-Alternative steigen, wenn auch möglicherweise etwas weniger ausgeprägt für adjektivische als für partizipiale Köpfe (s. Abschnitt 3.1). So müsste etwa das Präferenzverhältnis zwischen die [beim Fließen eines Gletschers entstehenden] Kräfte in (21a) und der RS-Entsprechung die Kräfte, [die beim Fließen eines Gletschers ent-stehen] (Ratio 5: 6) ausgeglichener sein als zwischen die [eingeschlossenen] Gegenstände in (21b) und die Gegenstände, [die eingeschlossen (worden) sind] (22); man vergleiche auch den Wechsel zwischen voll ausgebautem RS und elliptischem PRAT in (23).

(23) An der Seite des Felsens, die der Fließrichtung des Eises zugewandt ist (Luv), erhöht sich der Druck im Eis […]. Auf der abgewandten Seite (Lee) ist der Druck wiederum deutlich geringer. (WikiG)

Es stellt sich nun allerdings die Frage, was eher nach einer Erklärung ver-langt: dass ein erweitertes vorangestelltes Attribut anstelle eines Relativsatzes verwendet wird, oder dass ein RS gebraucht wird, wenn ein erweitertes PRAT möglich wäre. Oder anders gefragt: Warum sollte der Komplexitätsparameter in dem Sinne eine Rolle spielen, dass sich die Präferenzen bei erweiterten PRAT versus RS in Richtung RS verschieben? Verteilen sich erweiterte PRAT und ihre RS-Alternativen in natürlichen Texten tatsächlich anders als nichtverzweigende, und zwar stärker zugunsten von RS?

Die zweite Frage ist empirischer Art und kann hier nicht weiter verfolgt werden. Was die erste Frage betrifft, wird allgemein angenommen, dass er-weiterte PRAT schwer prozessierbar seien und folglich die rezeptive Verar-

13 Hinzu kommt, dass einfache pränominale Attribute vielleicht nicht in allen Fällen als (Adjektiv-/Partizipial)Phrasen (AP) analysiert werden müssen; es könnte sich unter Um-ständen, obwohl die Morphologie dagegen spricht, um Adjunktion auf „schwach“ lexikali-scher Ebene im Sinne von Sadler/Arnold (1994) handeln, d.h. [N [A] [N]] eher als [NP [AP] [N’/NP]]. Eine solche Möglichkeit ist bei Relativsätzen gänzlich ausgeschlossen.

13

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beitung behindern (Doherty 2006; (Heringer 1988: 312).14 Umfangreiche vorangestellte Attribute zerren den Determinator (wenn vorhanden15) und das Kopfnomen auseinander und belasten das Arbeitsgedächtnis, falls sie dort gespeichert werden müssen, bis der Kopf verarbeitet werden kann. Meines Wissens hat es jedoch bis jetzt (s. Fn. 11) keine Untersuchungen zum Deut-schen gegeben, die gezielt und in variierenden Kontexten pränominale Attri-bution unterschiedlicher Komplexität und Länge mit entsprechenden Rela-tivsätzen vergleichen.

Auffällig ist, dass satzartige PRAT ausgerechnet im Deutschen, einer re-lativ morphologiereichen OV-Sprache, möglich und in der Schriftsprache auch verbreitet sind, in den anderen, linksköpfigen und/oder morphologieär-meren germanischen Sprachen hingegen ausgeschlossen sind oder deutlich strengeren Restriktionen unterliegen (s. Abschnitt 1 und für Englisch auch (Huddleston & Pullum 2002: 51; Sadler & Arnold 1994). Ein Grund könnte sein, dass pränominaler Ausbau (Linkslastigkeit) in der Nominalphrase im Deutschen mit der grundlegenden Linksorientierung der Verbalphrase im Einklang steht, die sich nicht nur auf Satzebene, sondern auch im kopffinalen Attribut selber manifestiert (Hawkins 2004: 125). So gesehen sollte PRAT-Komplexität allein, unabhängig von der Verarbeitungsproblematik, nicht automatisch die ‚Chancen’ der RS-Alternative erhöhen.

3.3 Mehrfache  Attribuierung  

Bisher wurden mit einer Ausnahme Beispiele diskutiert, in denen die ein-schlägigen Nominalphrasen nur ein einziges Supplement enthalten. Die Aus-nahme liegt bei gefährliche Flutwellen, die am Meeresgrund entlanglaufen in (1) vor, wo ein Adjektivattribut und ein Relativsatz beim selben Kopfnomen auftreten. Mehrfache Attribuierung ist zweifelsohne ein wichtiger Einfluss-faktor im Wettbewerb zwischen PRAT und RS: Wenn ein vorangestelltes Attribut schon vorhanden bzw. geplant ist, wird für ein zusätzliches Supple-ment wahrscheinlich von unseren Alternativen eher die RS- als die PRAT-

14 Dass erweiterte PRAT in der gesprochenen Sprache vermieden werden, dürfte auf jeden Fall damit zusammenhängen: sie fordern schon wegen der komplizierten Morphologie mehr Planung als RS. 15 Wird die Nominalphrase nicht durch einen Determinator eingeleitet, können garden-path-Effekte entstehen wie in (45b) … dass die hektisch lauten Rufe von oben in den Wolken ziehenden Vögeln kamen.

14

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Realisierung gewählt;16 und umgekehrt, wenn das Kopfnomen schon mit einem postnominalen Attribut verbunden ist bzw. ein solches vorgesehen ist. So ist zu erwarten, dass die erweiterte PRAT-Variante (b) in (24), wo Flut-wellen nur ein Attribut hat, bei einer Bewertung vergleichsweise besser ab-schneiden würde als im Fall (2); desgleichen lässt sich das erweiterte PRAT gerade flügge gewordene in (26a) wohl eher durch die RS-Entsprechung die gerade flügge geworden war ersetzen als in (25), wo ein RS schon vorhanden ist.

(24) Dadurch ausgelöste Eislawinen oder Eisstürze können (a) Flutwellen, die am Meeresgrund entlanglaufen, / (b) am Meeresgrund entlanglaufende Flutwellen, sogenannte Tsunamis, auslösen.

(25) Im Sandkasten lag (a) eine junge, gerade flügge gewordene Krähe, die der Fuchs erbeutet hatte (Cord Riechelmann, Krähen. Berlin 2013. S. 16.) / (b) eine junge Krähe, die gerade flügge geworden war [und] die der Fuchs erbeutet hatte.

(26) Im Sandkasten lag (a) eine junge, gerade flügge gewordene Krähe / (b) eine junge Krähe, die gerade flügge geworden war.

Allgemein gilt, dass die im Deutschen gegebenen Ausbauoptionen im präno-minalen Bereich die Möglichkeit der Informationshäufung innerhalb der No-minalphrase insgesamt kräftig erhöhen. Wie oben gezeigt, macht die Anwen-dung von PRAT statt RS sozusagen Platz für ein zusätzliches postnominales Supplement in Form eines RS (oder einer Präpositionalphrase). Mehrfache Attribuierung im postnominalen Bereich kann Anbindungskomplikationen bei der Verarbeitung verursachen (Doherty 2006; Féry 2005; Hemforth et al. 2000; Heringer 1988: 211ff.; Schmidt 1993)‚ die sich u. U. durch die Vertei-lung von Information auf ein vorangestelltes Attribut und einen Relativsatz (oder ein postnominales Attribut anderer Art) vermeiden lassen. Entsprechen-de Probleme gibt es bei mehrfacher Attribuierung im pränominalen Bereich nicht; vgl. (27), wo das vorangestellte Attribut eindeutig zu Öffnung (dem Kern der DP) gehört, mit (28), wo der entsprechende Relativsatz sich gram-matisch betrachtet auch auf den Kopf (Gletscherzunge) des nachgestellten Präpositionalattributs beziehen kann.

16 Das schließt natürlich nicht aus, dass PRAT koordiniert oder gleichstufig gereiht werden können, auch wenn keine nachgestellten Attribute vorkommen. Der Modifikationstyp und die interne Beziehung zwischen den Supplementen (vgl. Abschnitt 3.6) spielen sicherlich auch eine Rolle für die Verteilung der Informationen auf den pränominalen und den post-nominalen Bereich.

15

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(27) Subglaziale Schmelzwässer treten meist aus einer als Gletschertor bezeichneten Öffnung in der Gletscherzunge aus … . (WikiG)

(28) Subglaziale Schmelzwässer treten meist aus einer Öffnung in der Gletscherzunge aus, die als Gletschertor bezeichnet wird.

3.4 Informationsstrukturelle  und  prosodische  Einbettung    

Doherty (2006) hat überzeugend dafür argumentiert, dass informationsstruk-turelle und damit auch prosodische Faktoren die Wahl zwischen Partizipial-attributen und Relativsätzen mit beeinflussen. Dabei spielt die Prosodie be-kanntlich nicht nur in der gesprochenen Sprache, sondern auch beim „stillen“ (oder „leisen“) Lesen eine wichtige Rolle. Dies gilt insbesondere für die un-markierte, mit weitem Fokus korrelierte Prosodie, die nach (Féry 2005) beim „leisen Lesen“ vorausgesetzt wird:

Eine abstrakte prosodische Struktur wird auf geschriebenen Texten aufgebaut, die der unmarkierten Informationsstruktur entspricht, es sei denn, kontextuelle Faktoren lösen spezielle diskursstrukturelle Merkmale aus und somit eine markierte prosodische Struktur. (Féry 2005: 164)

Leider scheinen komplexe Nominalphrasen im Deutschen in dieser Hinsicht wenig erforscht. Relativsätze bilden zwar eine Ausnahme, aber auch da bleibt vieles noch unklar. Die folgenden Überlegungen sind demzufolge zum Teil recht spekulativ und auf jeden Fall vereinfachend. Vor allem kann die von Riester/Baumann (2013) vorgeschlagene feinkörnige Differenzierung des Begriffs Informationsstatus („given“, „new“, usw.) nicht genügend berück-sichtigt werden.

Fangen wir mit den vorangestellten Attributen an. Wichtig ist hier der Umstand, dass PRAT im Normalfall prosodisch voll in die Nominalphrase integriert ist, und zwar in den Teil, der mit dem nominalen Kopf schließt – wie auch immer er syntaktisch zu analysieren ist (s. Abschnitt 2.1). Der no-minale Kopf und das Attribut sind bei neutralem Fokus beide betont (promi-nent), wie in (29).17 Fokussierung von PRAT geht, wie im Abschnitt 2.2 er-wähnt, mit einer restriktiven Interpretation des Attributs einher (Fabricius-Hansen 2009; Riester & Baumann 2013; Umbach 2006). Sie äußert sich pro-sodisch darin, dass PRAT den Nuklear- oder Fokusakzent trägt und alles

17 Ich gehe davon aus, dass PRAT syntaktisch grundsätzlich als eine Phrase analysiert werden muss und deshalb eine eigene Akzentphrase (phonologische Phrase) bildet (Féry/Schubö 2010; Truckenbrodt 2007); s. jedoch Fn. 12.

16

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nachfolgende Material (innerhalb der Intonationsphrase), einschließlich des nominalen Kopfes, postfokaler Deakzentuierung unterliegt (s. etwa (Féry & Schubö 2010; Truckenbrodt 2007);18 s. (30). Enger Fokus auf dem Kopf sel-ber ist demgegenüber nicht so deutlich markierbar, da das Kopfnomen bei neutralem wie bei engem Fokus einen Akzent trägt und präfokale Deakzentu-ierung nicht erforderlich ist; vgl. (31) mit (29).19

(29) {[Die unbemittelten Studierenden erhalten einen Mietzuschuss] F.} (30) {Die [unbemittelten]F Studierenden erhalten einen Mietzuschuss.} (31) {Die unbemittelten [Studierenden]F erhalten einen Mietzuschuss.}

Nichtrestriktiver Gebrauch eines vorangestellten Attributes kann in der Schrift durch Gedankenstriche oder umrahmende Kommas signalisiert und prosodisch dementsprechend durch Pausen und gesenkte Tonlage intonato-risch abgesetzt werden (Parentheseprosodie); vgl. (41) weiter unten. Nötig ist das jedoch nicht. Im Normalfall bleibt Nichtrestriktivität bei PRAT unmar-kiert.

Die Lage ist bei Relativsätzen viel verworrener. Erstens sind Relativsätze postnominal und können demzufolge prosodisch nicht im selben Sinne – oder nicht so tief – integriert sein wie pränominale Attribute,20 die sich ja zwischen dem Determinator und dem Kopfnomen befinden. Zweitens können RS ext-raponiert werden. Und drittens stellt intonatorische Desintegration bei nicht-restriktiver Deutung, anders als bei PRAT, eher den Normalfall als eine Aus-nahme dar: Nach gängigen Annahmen werden nichtrestriktive RS regelmäßig als eigene Intonationsphrasen mit einem Intonationsbruch gegenüber der Bezugs-DP bzw. dem Matrixsatz und eigener Fokus-Hintergrund-Gliederung realisiert (Lehmann 1984; Zifonun 2001; Zifonun et al. 1997: 2007f.), wäh-rend restriktive RS als prosodisch integriert betrachtet werden; vgl. (32) und (33) unten. Empirische Untersuchungen zum gesprochenen Deutsch können diese Annahmen nicht ganz bestätigen: Schaffranietz’ (Schaffranietz 1999) Instruktionsexperimente weisen fast 25% Abweichungen von den angenom-menen Mustern auf, und zwar weitgehend so, dass nichtrestriktive RS „rest-riktiv“ intoniert werden. Bei (Birkner 2008), die Big-Brother-Aufnahmen und Vorstellungsgespräche analysiert hat, waren hingegen fast 85% der nichtrest-riktiven RS prosodisch desintegriert; von den restriktiven Relativsätzen waren 18 Vorausgesetzt, dass kein Doppelfokus vorliegt. 19 Ich verzichte auf die Markierung der Endverstärkung. Zur Vereinfachung wird das topikalisierte Subjekt nicht als eine eigene Intonationsphrase repräsentiert. Unterstreichung mit Pünktchen zeigt an, dass die Silbe betont sein kann, aber nicht muss. 20 Siehe Féry/Schubö (2010) zur prosodischen Integration.

17

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63% integriert, während 31% dem nichtrestriktiven Prototyp entsprachen. Und Riester (2013) stellt für das aus gesprochenen Nachrichtentexten beste-hende DIRNDL-Korpus21 fest, dass sämtliche eindeutig nichtrestriktive RS (28:28), aber auch die meisten restriktiven (25:31), Desintegration aufweisen. Nehmen wir an, dass die Widersprüchlichkeiten zum Teil mit begrifflichen Unklarheiten zusammenhängen, so dürfen die gängigen Annahmen für Nicht-Restriktivität insgesamt doch als ganz gut (vgl. auch (Dehé 2009) zu nicht-restriktiven RS im Englischen), für Restriktivität jedoch höchstens als ten-denziell bestätigt gelten.

Es ist bei dieser Sachlage schwer zu sagen, was als allgemein unmarkierte RS-Prosodie zu gelten hat. Beschränken wir uns jedoch auf kopfadjazente, prosodisch integrierte RS, so ist anzunehmen, dass sie sich – wie z.B. nachge-stellte Präpositionalattribute – im Hinblick auf die prosodische Markierung von enger Fokussierung des Adjunkts bzw. des nominalen Kopfes spiegel-bildlich zu PRAT verhalten: Kopffokussierung löst Deakzentuierung des postnominalen Adjunkts aus, Supplementfokussierung hingegen ist von neut-ralem Fokus schlecht unterscheidbar;22 vgl. (33) – (35) mit (29) – (31) oben.

(32) {Die Studierenden, {die unbemittelt sind,} erhalten einen Mietzuschuss.} (33) {[Die Studierenden, die unbemittelt sind, erhalten einen Mietzuschuss.]F} (34) {Die Studierenden, [die unbemittelt sind,]F …} (35) {Die [Studierenden]F, die unbemittelt sind, …}

Die oben dargelegten Regularitäten lassen sich tabellarisch wie folgt zusam-menfassen (Endverstärkung ist nicht angegeben):23

21 URL: http://www.ims.uni-stuttgart.de/forschung/ressourcen/korpora/dirndl.html. 22 Bei RS-Fokussierung gibt es allerdings alternativ zu dem Muster in (34) u. U. die Mög-lichkeit, auch den Determinator mit einem Kontrastakzent zu markieren (Birkner 2008), so dass die DP eine sogenannte Hutkontur erhält: /Die(jenigen) Studierenden die un\bemittelt sind. 23 SU und KOPF bilden zusammen eine NP: [NP SU KOPF] bzw. [NP KOPF SU].

18

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Supplement Fokus

I Pränominales Adjektiv-/ Partizipialattribut

II Adjazenter prosodisch integrierter Relativsatz

A Weiter Fokus

… [… SU KOPF …]F … (29)

… […KOPF SU…]F … (34)

B Fokus auf Supplement … [SU]F KOPF … (30)

… KOPF [SU]F … (35)

C Fokus auf Kopf … SU [KOPF ]F … (31)

… [KOPF]F SU… (36)

Es sei noch ergänzt, dass die DP als ganzes kontrastierend fokussiert sein kann. In dem Fall bestehen sowohl für das Supplementprädikat als auch für das Kopfprädikat kontextuell eingeschränkte semantische Alternativen (Fabricius-Hansen 2009); vgl. (36).

(36) Eine Krähengruppe, die, wenn sie gegen Füchse oder Greifvögel vorgeht, wie eine gut koordinierte Gemeinschaft agiert, wird, wenn man sie innerartlich, unter Krähen betrachtet, zu einem von widerstrebenden Interessen durchzogenen Gebilde. (Cord Riechelmann, Krähen. Berlin 2013. S. 19)

Die Frage ist nun, wie sich die prosodischen Konsequenzen ihrer unterschied-lichen Linearisierung auf die Wahl zwischen PRAT und RS auswirken.

Die Muster BI und CII sind prosodisch insofern gegenüber den anderen markiert, als sie Deakzentuierung der letzten Konstituente in der NP involvie-ren, diese also keine Endbetonung – nach Doherty (2006) keinen „Endfokus“ – aufweist. Da der Prominenzverlust im Normalfall durch (lexikalische) „givenness“ (Riester/Baumann 2013) ausgelöst sein wird, verstoßen BI und CII auch gegen ein allgemeines Linearisierungsprinzip „given before new“.

Vor diesem Hintergrund und mit Férys (2005) Überlegungen zum „lei-sen“ Lesen vor Augen (s. oben) scheinen folgende Hypothesen zum Wettbe-werb zwischen PRAT und RS in geschriebenen Texten plausibel:

(i) Bei Supplementfokussierung ist PRAT-Realisierung (BI) nur dann zu erwarten, wenn der enge Fokus durch den Vorkontext oder durch den nomi-nalen Kopf nahe gelegt wird; sonst wird die RS-Variante (BII), die mit der neutraleren Prosodie einhergeht, bevorzugt.

(ii) Bei Kopffokussierung muss umgekehrt die prosodisch auffälligere RS-Realisierung (CII) kontextuell gut vorbereitet sein, um gegenüber der PRAT-Variante (CI) vorgezogen zu werden.

In beiden Fällen gilt die Einschränkung „wenn nichts anderes dagegen spricht“. Und was dagegen – bzw. für die jeweils andere Variante – sprechen kann, sind nicht zuletzt die in den Abschnitten 3.1 – 3.3 erwähnten Faktoren:

19

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Modifikationstyp und Umfang/Komplexität des Supplements sowie Supple-menthäufung beim selben Kopfnomen. Hinzu kommt für Relativsätze die Interaktion mit dem Matrixsatz: Nicht-finale Relativsätze können den Mat-rixsatz in rhythmisch unangemessener Weise unterbrechen, wie in (42b) un-ten, und zugleich schlecht extraponierbar sein, so dass PRAT-Realisierung (wenn möglich) vorzuziehen ist.

Die Interaktion der verschiedenen Einflussfaktoren macht es praktisch unmöglich, deren Wirkung in natürlichen Texten zu isolieren. Die Beispiele (37) und (38) dürften jedoch das Wirken von (i), z.T. in Kombination mit dem Umfangs-/Komplexitätsparameter, ganz gut veranschaulichen: In (37) (≈ (23)) ist das kontrastierend-restriktive Supplement in (a), dessen Fokussie-rung nicht durch den Kontext vorbereitet wird, als RS realisiert (was aller-dings auch an seiner Komplexität liegen kann), sein nachfolgendes Gegen-stück in (b) hingegen als (elliptisches) PRAT. In (38) wird der Kontrastfokus schon durch den Kopf der ersten DP (Teile eines Gletschers) – und den Inhalt des Supplements – ausgelöst.

(37) Gletscher können ihren Untergrund stark formen. Ragt aus dem felsigen Untergrund ein Hindernis im Pfad eines Gletschers, so entsteht eine charakteristische Form. An (a) der Seite des Felsens, die der Fließrichtung des Eises zugewandt ist (Luv), erhöht sich der Druck im Eis, […]. […] Auf (b) der abgewandten Seite (Lee) ist der Druck wiederum deutlich geringer, […]. (WikiG)

(38) Üben (a) die orografisch höher liegenden Teile eines Gletschers eine ausreichende Schubspannung auf (b) die tiefer und damit vor ihnen liegenden Gletscherabschnitte aus, so … . (WikiG)

Die zweite Hypothese sagt voraus, dass (39) eher zu erwarten wäre als (40). Dies dürfte freilich nur dann zutreffen, wenn das Supplement (auch) bei Al-leinstehenden restriktiv gemeint ist. Denn wie oben angemerkt, wird Nicht-Restriktivität (in unserem Sinne, s. Abschnitt 2.2) bei PRAT anders als bei RS normalerweise nicht prosodisch signalisiert.

(39) Die schlecht verdienenden Studierenden erhalten einen Mietzuschuss. Die Alleinstehenden, die schlecht verdienen, erhalten keinen.

(40) Die Studierenden, die schlecht verdienen, erhalten einen Mietzuschuss. Die schlecht verdienenden Alleinstehenden erhalten keinen.

Aus dem unterschiedlichen prosodischen Verhalten von nichtrestriktiven PRAT und RS lässt sich eine dritte Annahme ableiten:

20

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(iii) PRAT-Realisierung kann präferiert werden, um den Restriktivitäts-status des Supplements offen zu lassen, d.h., um Adressaten beim „stillen Lesen“ die Wahl zwischen typisch nichtrestriktiver und eher restriktiver Pro-sodie zu ersparen, oder um einer durch prosodische Integration ausgelösten nicht intendierten restriktiven Interpretation vorzubeugen. Man vergleiche dazu (41) mit (42), wo der RS auf Anhieb vielleicht eher restriktiv als nicht-restriktiv verstanden wird.24

(41) Ich stand an der Reeling … und sah, wie er [ein Golfspieler] die rote Flagge im Mittelpunkt des Kreises aus dem Schnee zog und durch sein Golftee ersetzte, auf das er dann den ersten, für mich aus der Entfernung und in seinem Weiß unsichtbaren, Ball legte. (Ch. Ransmayr, Atlas eines ängstlichen Mannes. Frankfurt a.M. 2012. S. 160)

(42) … (a) auf das er den ersten Ball legte, der für mich aus der Entfernung und in seinem Weiß unsichtbar war./ … (b) auf das er dann den ersten Ball, der für mich aus der Entfernung und in seinem Weiß unsichtbar war, legte.

Doherty (2006) findet in ihrem Übersetzungskorpus25 folgende Tendenzen in der Distribution von Partizipialattributen und Relativsätzen:

(i) If the head is given, we tend to find a CP [d.h. RS] modifier. […] (ii) If the head is more informative, we find a VP modifier [d.h. Partizipialattribut] in the German trans-lation. […] (iii) If both head and modifier is highly informative, we need a CP modifi-er.“ […] (iv) If the informativity of head and modifier is low, we find a VP modifier. (Doherty 2006: 93-97)

Die ersten beiden Generalisierungen scheinen unseren in (i) und (ii) oben formulierten Annahmen zur Präferenz für prosodisch nicht markierte Struktu-ren beim Fehlen kontextueller Signale zu entsprechen, vgl. (37a), können aber Fälle wie (37b) und (38) nicht erklären. Die dritte Generalisierung ist unseres Erachtens schlecht begründet: Warum sollte die RS-Realisierung allgemein der PRAT-Realisierung vorgezogen werden, wenn Kopf und Supplement gleich prominent sind (Fall A in unserer Tabelle oben)? Viel eher ist anzu-nehmen, dass andere Parameter als Informationsstruktur und Prosodie, d.h. Modifikationstyp usw. (3.1. – 3.3) und auch der nachfolgende Kontext (3.6),

24 Die nichtrestriktive Lesart des vorangestellten Attributs ist zwar in (41) durch die Inter-punktion gesichert; aber auch ohne die umrahmenden Kommas scheint die restriktive Interpretation sich nicht so automatisch einzustellen wie für die RS-Varianten in (42). 25 Es handelt sich um Übersetzungen von zwölf Texten aus der Zeitschrift New Scientist, die von Studierenden erstellt und anhand sogenannter kontrollierter Paraphrasen stilistisch optimalisiert wurden (Doherty 2006: ix).

21

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in solchen Fällen entscheiden. Die vierte von Doherty (2006) beobachtete Tendenz, die sich mit dem unten diskutierten Beispiel (43) veranschaulichen lässt und die mit unserer Hypothese (iii) verträglich ist, könnte damit zusam-menhängen, dass bei „givenness“ Kürze angesagt ist – und Kürze spricht für PRAT-Realisierung (Abschnitt 3.2). Sie kann aber auch darauf zurückzufüh-ren sein, dass PRAT sich besser für ‚alte’ Information eignet als RS. Und damit sind wir beim Thema des nächsten Abschnittes.

3.5 Informationsstatus  nichtrestriktiver  Supplemente  in  definiten  DPs  

Gehen wir davon aus, dass der intendierte Referent einer definiten Nomin-alphrase mit nichtrestriktivem Adjunkt sich im gegebenen Kontext auch un-abhängig vom Adjunkt identifizieren lässt (Abschnitt 2.2), so stellt sich die Frage, welchen Stellenwert die vom Adjunkt vermittelte Information über diesen Referenten besitzt und inwieweit die beiden Supplementkategorien in dieser Hinsicht voneinander abweichen.

Was PRAT betrifft, kann das Attribut eine Information über den Referen-ten enthalten, die eindeutig aus dem nahen Kontext erschließbar ist, vielleicht sogar in identischer Form gebracht wurde, und insofern nicht nur als diskurs-alt, sondern sicherlich auch als leser-alt einzustufen ist; vgl. den jungen Ver-suchspersonen in (43), wo von einem Experiment mit Kindern und Jugendli-chen die Rede ist. Oder die Information kann zweifellos diskurs- und leser-neu sein, wie in (44c-e) (= (10c-e)). Sie wird dann als „not at issue“-Information (Potts 2005) – als Information, die nicht zur Debatte steht – dem hinzugefügt, was über den Referenten schon bekannt ist (Fabricius-Hansen 2009).

(43) Um etwas über die Wohnwünsche von jüngeren Menschen zu erfahren, ließ der Sozialpsychologe R. Steven Schiavo […] 1990 Kinder und Jugendliche zunächst die wirkliche Aufteilung ihrer Wohnung skizzieren. Anschließend sollten sie den Grundriss aufmalen, den die sich selbst wünschen. Wie sich zeigte, teilten die jungen Versuchspersonen in ihrer Idealvorstellung die Wohnfläche häufig anders und differenzierter auf. (GuG 9/2006: 23)

(44) Die elektrischen Zitronen aus dem VEB “Narva” […] flatterten hin wieder auf und löschten die (b) elbabwärts liegende Silhouette Dresdens. Christian zog die (c) feucht gewordenen, (d) an den wollenen Innenseiten mit Eiskügelchen bedeckten Fäustlinge aus und rieb die (e) vor Kälte fast taub gewordenen Finger rasch gegeneinander […].

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Sofern keine lexikalische Wiederholung vorliegt (Riester/Baumann 2013), hängt der Informationsstatus des Attributs jedoch nicht nur vom Vorkontext, sondern auch von den kognitiven und epistemischen Voraussetzungen der einzelnen Leser ab. Beispielsweise werden nicht alle Leser des Romans „Der Turm“ sich gut genug in Dresden auskennen oder sorgfältig genug gelesen haben, um zu erkennen, dass die Silhouette Dresdens von dort aus, wo der Protagonist sich gerade auf seiner Wanderung befindet, elbabwärts liegt, oder um überhaupt zu wissen, dass Dresden an der Elbe liegt. In dem Fall vermit-telt elbabwärts liegende in (44b) natürlich leserneue Information; bei anderen Lesern wird das jedoch nicht der Fall sein. In (45) wiederum hängt der Infor-mationsstatus von hektisch lauten in (b) davon ab, ob man ‚hektisch laut’ unter die in (a) gegebene Beschreibung der Rufe subsumiert oder nicht.

(45) Es schienen wirklich Himmelsschreie zu sein. Es waren (a) hastig, wie atemlos aufeinanderfolgende kurze hohe „arr arr“-Rufe, die in einem mehrstimmigen Chor über den Bäumen an der Kindertagesstätte am Victoria-Park in der Methfesselstraße im Berliner Stadtteil Kreuzberg erschallten. Da der Himmel wolkig verhangen war und man deshalb keine Vögel sehen konnte, hätte es sein können, dass (b) die hektisch lauten Rufe von oben in den Wolken ziehenden Vögeln kamen. (C. Riechelmann, Krähen. Berlin 2013. S. 15)

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass nichtrestriktive vorangestellte Attribute in definiten Nominalphrasen sich im Hinblick auf ihren Informati-onsstatus neutral verhalten.

Nichtrestriktive Relativsätze können wie PRAT offensichtlich diskurs- und leserneue Informationen über den aktuellen Referenten liefern, wie die in (46) gegebenen RS-Entsprechungen von (44c-e) und der RS in (47) (= (11)) bezeugen (s. unter Anderen Riester/Baumann 2013; Schlenker 2013).

(46) Christian zog die Fäustlinge aus, (c) die feucht geworden und (d) an den wollenen Innenseiten mit Eiskügelchen bedeckt waren, und rieb die Finger, (e) die vor Kälte fast taub geworden waren, rasch gegeneinander

(47) Die Gletscher der Alpen, die in den Kaltzeiten sogar bis ins Alpenvorland vorstoßen konnten, formten gewaltige Trogtäler und prägen die Landschaft bis heute.

Nach Schlenker (2013) sollte die in nichtrestriktiven Relativsätzen vermittelte Information leicht akkommodierbar („translucent“), d.h. im vorliegenden Kontext nicht allzu überraschend sein. Dies trifft sicherlich auf die obigen RS-Beispiele, wie auch auf die PRAT-Beispiele, zu. So schildert der Text,

23

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dem (44) entnommen ist, wie der Protagonist in einer kalten Dezembernacht durch Dresden wandert, und dass er dabei kalte Hände kriegt, kann nicht wundernehmen. Aber möglicherweise lässt sich die „translucency“-Restriktion letztlich auf allgemeine Kohärenz- oder Relevanzprinzipien zu-rückführen; und auf jeden Fall betrifft sie PRAT nicht weniger als RS.

Eine zweite von (Potts 2005; Schlenker 2013) und Anderen angenomme-ne pragmatische Beschränkung besagt, dass die in nichtrestriktiven RS ent-haltene Information nicht „trivial“ sein darf. Wenn wir ‚trivial’ im Sinne von ‚im unmittelbaren Vorkontext erwähnt’ oder ‚zweifellos leserbekannt’ verste-hen, wie die in der einschlägigen Literatur diskutierten Beispiele nahelegen, gehen RS und PRAT in diesem Punkt auseinander (s. dazu auch Schmidt 1993): Dass die RS-Konstruktion die Versuchspersonen, die jung waren im Kontext von (43) weniger angemessen ist als die jungen Versuchspersonen, hängt sicherlich nicht nur mit dem Modifikationstyp (3.1) und der Einfachheit (3.2) des modifizierenden Prädikats ‚jung (sein)’ zusammen, sondern auch damit, dass der DP-Referent (die Versuchspersonen) im nahen Vorkontext als ‚Kinder und Jugendliche’ – d.h. als jung – eingeführt wurde.26 Aber auch die schwächeren Varianten der Bekanntheitsbedingung scheinen gegen die RS-Realisierung zu sprechen; vgl. die Paare (44b)/(48) und (45b)/(49). Davon ausgenommen sind natürlich Relativsätze, die mit metatextuellen oder adres-satenbezogenen Diskursmarkern wie erwähnt, bekanntlich, ja, also explizit auf die „Trivialität“ der Information hinweisen. Man vergleiche dazu (50): die Adressaten der Website vom Herbst 2002 werden schon den Namen des da-maligen Europameisters im Springsport gekannt haben.

(48) Die elektrischen Zitronen […] löschten die Silhouette Dresdens, die elbabwärts lag.

(49) […] dass die Rufe, die hektisch laut waren, von oben in den Wolken ziehenden Vögeln kamen.

(50) Auch 2002 können die Veranstalter der STUTTGART GERMAN MASTERS wieder sämtliche amtierenden Titelträger im Springsport präsentieren. So ist der Olympiasieger Jeroen Dubbeldam (Niederlande) ebenso am Start, wie der Weltmeister Dermott Lennon (Irland) oder der Europameister, der bekanntlich Ludger Beerbaum heißt. (http://stuttgart-german-masters.de/aktuell/ )

26 (43) entspricht Dohertys (2006) Generalisierung (iv) (s. Zitat am Ende von Abschnitt 3.4): Kopf und Supplement sind in der definiten DP die jungen Versuchspersonen wenig informativ – die ganze DP lässt sich als unakzentuiertes „identity anaphor“ (Umbach 2002) auffassen.

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Das „Trivialitätsverbot“ entspricht der pragmatisch begründeten Forderung nach Informativität, die für selbstständige Äußerungen besteht: Jeder neue Satz sollte im Prinzip neue Informationen enthalten, d.h. zu einer Änderung der bis dahin konstruierten Diskursrepräsentation führen. Nichtrestriktive Relativsätze verhalten sich m.a.W. in dieser Hinsicht wie assertorische Hauptsätze – in Übereinstimmung mit ihrer Finitheit und ihrer informations-strukturellen Selbstständigkeit (Holler 2005, Schmidt 1993).

Aus diesen Beobachtungen können wir folgende Bilanz ziehen: (i) Unter sonst gleichen Umständen werden nichtrestriktive PRAT in de-

finiten DPs gegenüber RS vorgezogen, wenn die Adjunktinformation nicht zweifelsfrei (adressaten-)neu ist. Ist sie zweifelsfrei nicht neu und wird trotz-dem die RS-Alternative gewählt, so besteht das Bedürfnis nach einem explizi-ten Hinweis darauf, dass der/die Autor/in sich dessen bewusst ist.

(ii) PRAT ist aus diesem Grunde besser geeignet als RS, um bei einem anonymen und/oder heterogenen Adressatenkreis potentiellen Verstehensde-fiziten der Leser in unauffälliger Weise vorzubeugen oder abzuhelfen.

3.6 Kontexteinbettung:  Zugänglichkeit  

Bei der Wahl zwischen PRAT und RS spielen nicht nur informationsstruktu-relle, sondern auch andere Aspekte der kontextuellen Einbettung eine wichti-ge Rolle. Einer dieser Aspekte betrifft die Zugänglichkeit des Supplements für anaphorische Wiederaufnahme im folgenden satzinternen oder –externen Kontext.

Ein Vergleich von (51)-(53) und (54)-(55) deutet darauf hin, dass voran-gestellte Attribute nicht so leicht zugänglich sind wie kopfadjazente Relativs-ätze – wenn sie nicht gar anaphorische Inseln darstellen: Die Anapher es kann sich in (51) schwerlich auf den im Partizipialattribut eingeführten Diskursre-ferenten ‚das Alpenvorland’ beziehen; in (52), wo der intendierte Antezedent im Relativsatz erscheint, lässt sich der Bezug nach meiner Einschätzung leichter etablieren. Noch deutlicher treten die Unterschiede im Satzpaar (53)/(54) hervor, wo die Anapher da(durch) sich auf den mit dem Adjunkt etablierten abstrakten (Ereignis- oder Propositions-)Referenten bezieht (bzw. beziehen soll).

(51) Die zeitweise sogar bis ins Alpenvorlandi vorgestoßenen Gletscher haben #esi mit der Zeit umgeformt.

(52) Die Gletscher, die zeitweise sogar bis ins Alpenvorlandi vorgestoßen sind, haben ?esi mit der Zeit umgeformt.

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(53) Die zeitweise sogar bis ins Alpenvorland vorgestoßenen Gletscher haben #dadurch die Landschaft geändert.

(54) Die Gletscher, die zeitweise sogar bis ins Alpenvorland vorgestoßen sind, haben dadurch die Landschaft geändert.

In (51)-(54) erscheint die relevante DP als Subjekt am Satzanfang (im soge-nannten Vorfeld), und die satzinterne Anapher folgt im Mittelfeld nach. Be-trachten wir nun (55) und (56), wo die DP einschließlich des RS sich im Mit-telfeld befindet und die abstrakte Anapher das den nachfolgenden Satz einlei-tet. Hier muss die Anapher sich in beiden Fällen auf den Inhalt des vorausge-henden (Matrix-) Satzes beziehen; die Supplementinformation scheint auch in RS-Gestalt (56) kaum oder gar nicht zugänglich zu sein. Der (nichtrestriktive) RS verhält sich in dieser Hinsicht wie eine Parenthese; vgl. (57). Wird der RS ausgeklammert, sieht es gleich anders aus: In (58) ist die Anapher referenziell mehrdeutig.

(55) Gewaltige Trogtäler sind von den zeitweise sogar bis ins Alpenvorland vorgestoßenen Gletschern der Alpen geformt worden. Das ist jedoch nicht oft vorgekommen.

(56) Gewaltige Trogtäler sind von den Gletschern der Alpen, die zeitweise sogar bis ins Alpenvorland vorgestoßen sind, geformt worden. Das ist jedoch nicht oft vorgekommen

(57) Gewaltige Trogtäler sind von den Gletschern der Alpen – diese sind zeitweise sogar bis ins Alpenvorland vorgestoßen – geformt worden. Das ist jedoch nicht oft vorgekommen.

(58) Gewaltige Trogtäler sind von den Gletschern der Alpen geformt worden, die zeitweise sogar bis ins Alpenvorland vorgestoßen sind. Das ist jedoch nicht oft vorgekommen.

Aus diesen Beobachtungen lässt sich folgende tentative Bilanz ziehen: (i) RS kann gegenüber PRAT vorgezogen werden, um die Zugänglichkeit

des Supplements für anaphorische Wiederaufnahme zu erhöhen. (ii) In nicht finaler Position unterliegen RS in dieser Hinsicht Beschrän-

kungen, die für satzfinale RS nicht gelten, und zwar auch dann, wenn der kopfadjazente RS nur noch durch den lexikalischen Kopf der Matrix-VP (d.h. ein ausgefülltes Schlussfeld) vom nachfolgenden Satz getrennt wird.

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4 Interaktion    

Vorangestellte Attribute und Relativsätze sind nicht ausschließlich als Kon-kurrenten interessant – sie können, wie wir gesehen haben (Abschnitt 3.3), auch kooperieren, indem sie als Supplemente desselben Kopfnomens auftre-ten. Das ist natürlich nichts Neues. Während aber die Beziehungen zwischen pränominalen Adjektivattributen und die Abhängigkeitsverhältnisse in nach-gestellten Attributketten jeweils ganz gut erforscht sind (s. etwa Adam/Schecker 2011; Rijkhoff 2004; Schmidt 1993), scheint es kaum Unter-suchungen zu geben zur Interaktion zwischen vorangestellten und nachge-stellten Supplementen. Die folgenden Kommentare mögen als Anregung dazu dienen.

PRAT und RS verteilen bei gleichzeitigem Vorkommen im Normalfall die Information nach dem Muster von Beispiel (18) (Abschnitt 3.1): klassifi-katorische und qualifikative Modifikationen in Form von (meist unerweiter-ten) pränominalen Adjektivattributen, situationell oder „propositional“ veran-kernde Spezifizierungen in Form von nachgestellten Relativsätzen. Dabei sind im Hinblick auf Skopusverhältnisse und Restriktivität verschiedene Konstellationen zu beobachten (vgl. Zifonun et al. 1997: 1994f. für vorange-stellte Attribute und nachgestellte Präpositionalattribute). So dient der situati-onell verankernde RS in (59) zur kontextuellen Identifizierung des DP-Referenten, d.h. er ist restriktiv zu verstehen; die vorangestellten qualifikati-ven Adjektive reichen, wie aus (60) vs. (61) hervorgeht, zur Identifikation nicht aus und tragen auch nicht weiter dazu bei, sie liefern vielmehr zusätzli-che Informationen über den DP-Referenten und sind insofern nichtrestriktiv. Dem entspricht, dass, wenn die PRAT-Information als RS mit dem vorhande-nen RS koordiniert würde, sie dann als zweites Konjunkt erscheinen müsste; vgl. (62) vs. (63). In solchen Fällen hat PRAT nach traditioneller Analyse Skopus über den RS, der direkt an das Kopfnomen (oder die mit diesem an-fangenden NP) adjungiert sein muss (vgl. Zifonun et al., ebd., und Abschnitt 3.1).

(59) Wir standen auf einem Kartoffelfeld. Den schmalen, tiefen Graben, der uns von der Straße trennte, mußte der Wagen übersprungen haben. (SH1D)

(60) … Den schmalen, tiefen Graben mußte der Wagen übersprungen haben. (61) … Den Graben, der uns von der Straße trennte, mußte der Wagen übersprungen

haben. (62) … Den Graben, der uns von der Straße trennte und der schmal und tief war,

mußte der Wagen übersprungen haben

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(63) … Den Graben, der schmal und tief war und der uns von der Straße trennte, mußte der Wagen übersprungen haben.

In (64) ist das Partizipialattribut wahrgenommene (Umgebung) umgekehrt restriktiv, und zwar kontrastierend zu nicht-wahrgenommene (Horizonte) innerhalb des RS, während der RS selber als nichtrestriktive Zusatzinformati-on über den DP-Referenten verstanden wird. Nach gängigen Annahmen ist der RS dann oberhalb des Artikels –auf jeden Fall oberhalb des Partizipialatt-ributs – angebunden (Abschnitt 2.2).

(64) Den Mittelpunkt der Sprechsituation bildet die wahrgenommene Umgebung, die in nicht-wahrgenommene, konzentrisch angeordnete raumzeitliche Horizonte eingebettet ist. (JHA1D)

In anderen Fällen ist die ‚Arbeitsteilung’ zwischen PRAT und RS weniger durchsichtig. Einschlägige Beispiele sind (65) bis (67): In (65), wo das Kopf-nomen generisch verwendet wird, ist PRAT deutlich restriktiv, beim RS bleibt jedoch unklar, ob er die Frauenkategorie, von der die Rede ist, weiter einschränken oder eher kreativen Frauen allgemein die Eigenschaft, ein er-fülltes Leben zu leben, zuschreiben soll. Das heißt, die Konstruktion ist mehrdeutig – der RS kann restriktiv oder nichtrestriktiv gedeutet werden; wäre die adjektivische Modifikation kreative (Frauen) nicht da, würde man den RS jedoch eher restriktiv verstehen.

(65) Der Altersprozeß verläuft für kreative Frauen, die ein ausgefülltes Leben leben, anders, als man allgemein annimmt. (SUK1D)

In (66) liegt eine referentiell-indefinite DP vor, deren kontextuell wenig in-formatives Kopfnomen einer Spezifizierung bedarf. Die beiden Supplemente erfüllen diese restringierende Funktion gleich gut und sind insofern gleich-rangig, obwohl das syntaktisch-strukturell nicht der Fall sein kann: nach gän-gigen Annahmen muss vielmehr entweder der RS an (ein) herrliches Gericht oder herrliches an die um den RS erweiterte NP Gericht, das ... angebunden sein. Ähnliches gilt für (67), nur sind die beiden Supplemente hier eher in unserem Sinne (Abschnitt 2.2) nichtrestriktiv.

(66) Wir aßen ein herrliches Gericht, das mit Garnelen und Fleisch zubereitet war. Der Reis hatte ein zartes Zimtaroma. Die gebratenen Bananen rochen nach wilden Kräutern. Das gebratene Hähnchen schmeckte nach köstlichem Zauber. (BO1TD)

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(67) Aus dem Wald kamen drei Borkentrolle auf ihn zu, bei deren Anblick ihm ein kalter Schauder über den Rücken lief. Dem ersten fehlten die Beine und der Unterleib […]. Der zweite hatte ein riesiges Loch in der Brust, durch das man hindurchschauen konnte. Der dritte hüpfte auf seinem einzigen rechten Bein […] (ME1D)

Betrachtet man die Beziehungen zwischen PRAT und RS etwas genauer aus einer diskursbezogenen Perspektive, so fällt auf, dass die besprochenen Bei-spiele sich sozusagen auf lokaler diskursrelationaler Ebene teilweise vonei-nander unterscheiden: In (59) scheinen RS und PRAT unabhängig voneinan-der den Referenten jeweils situationell zu verankern und qualifikativ zu be-schreiben – obwohl der Umstand, dass der Graben tief ist, auch als Erklärung für seine trennende Wirkung verstanden werden kann. In (64) stellt der RS wie erwähnt den Kontrast zum restriktiven PRAT bereit. Der RS in (65) wie-derum spezifiziert in seiner nichtrestriktiven Lesart eine Begleit- oder Folge-erscheinung der im PRAT beschriebenen Eigenschaft. Und in (66) und (67) liefert der RS eine Art begründende Spezifizierung der im PRAT vermittelten Charakterisierung des DP-Referenten. Eine ähnliche erklärende Funktion hat der RS auch in (68), wo es sich bei PRAT um ein erweitertes Partizipialattri-but handelt.

(68) Ich stand an der Reeling … und sah, wie er [ein Golfspieler] die rote Flagge im Mittelpunkt des Kreises aus dem Schnee zog und durch sein Golftee ersetzt, auf das er dann den ersten, für mich aus der Entfernung und in seinem Weiß unsichtbaren, Ball legte. Ein mit einem Gewehr bewaffneter Matrose, der ihn vor streunenden Polarbären schützen sollte, hatte auf einer Eisklippe außerhalb des Kreises Stellung bezogen und richtete sein in die Weite gerichtetes Fernglas immer wieder ab, um nach seinem Schützling zu sehen. (Ch. Ransmayr, Atlas eines ängstlichen Mannes. Frankfurt a.M. 2012. S. 160-161)

Die hier gemachten Einzelbeobachtungen zum Zusammenspiel zwischen PRAT und RS legen folgende allgemeine Fragen nahe:

(i) Wie werden mit PRAT und RS ausgebaute Nominalphrasen online verarbeitet? Inwiefern spiegelt sich die angenommene syntaktisch-semantische Struktur solcher Phrasen in Prozessierungsschritten wieder? Wann erreicht der DP-Referent den Status als identifiziert bzw. hinreichend spezifiziert – und wie ist das erkennbar? Wie wirkt sich der Stellungsunter-schied zwischen PRAT und RS aus? Hat die Restriktivitätsdichotomie ein psychologisches Pendant, oder ist sie eher ein theoretisches Konstrukt? Un-terscheiden sich PRAT und RS gegebenenfalls in dieser Hinsicht?

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(ii) Inwieweit lassen nichtrestriktive PRAT und RS sich als Diskursein-heiten (Aussagen über den DP-Referenten) beschreiben, die wie selbstständi-ge Sätze oder Texteinheiten Diskursrelationen (etwa im Sinne von (Asher & Lascarides 2003)) eingehen können? Welche Diskursrelationen können gege-benenfalls zwischen ihnen bestehen? Oder anders gesagt: In welchem Aus-maß können mit PRAT und RS als eingebettete Diskursstrukturen beschrie-ben werden?

5 Zusammenfassung  und  Ausblick  

Die obigen Ausführungen haben, wie mehrmals angedeutet, einen recht spe-kulativen Charakter. Sie lassen sich in folgenden Hauptpunkten zusammen-fassen, die nicht als Feststellungen, sondern als zu überprüfende Hypothesen verstanden werden sollten:

Die Wahl zwischen PRAT- und RS-Kodierung einer Modifikation ist durch die Interaktion verschiedener Parameter bestimmt, die sich zum Teil aus einem übergeordneten Prinzip der „Balanced Information Distribution“ (Doherty 2006) ableiten lassen, deren relative Gewichtung jedoch nach Genre und individualstilistischen Präferenzen variieren kann. Zu diesen Parametern gehören der Modifikationstyp (3.1), der Umfang bzw. die Komplexität der Modifikation (3.2), das Bedürfnis nach Informationshäufung in der DP (3.3) oder anaphorischer Wiederaufnahme im Nachkontext (3.6) und nicht zuletzt die informationsstrukturelle und prosodische Einbettung der DP (3.4) sowie der Informationsstatus des Supplements (3.5) – beides Parameter, die sich mit dem Restriktivitätsfaktor (2.2) berühren. Etwas konkreter wurde dafür argu-mentiert, – dass PRAT der allgemeinen Rechtsperipherizität des Deutschen entge-

genkommt und insofern typologisch angemessen ist, aber im Hinblick auf Umfang und Komplexität prozessierungsbezogenen Beschränkungen un-terliegt (3.2);

– dass erweiterte PRAT in Kombination mit nachgestellten Attributen eine beachtliche, aber trotzdem balancierte Informationshäufung in der DP ermöglichen (3.3);

– dass eine kontrastierend-restriktive Deutung (d.h. enge Fokussierung) des Supplements im PRAT-Fall mit deutlich markierter Prosodie verknüpft ist und deswegen stärkere kontextuelle Indikatoren erfordert als bei der RS-Realisierung, während es sich bei Fokussierung des nominalen Kopf-es umgekehrt verhält (3.4);

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– dass PRAT keine prosodische Markierung nichtrestriktiver Anwendung verlangt und besser geeignet ist als RS, um eindeutig diskurs- und leseral-te Informationen und Informationen mit unklarem Status unterzubringen (3.4 und 3.5);

– dass RS-Realisierung anaphorische Wiederaufnahme im Nachkontext ermöglicht (3.6).

Ferner habe ich zu zeigen versucht, dass die Interaktion von vorangestellten Attributen und Relativsätzen in komplexen Nominalphrasen aus der Verarbei-tungsperspektive wie auch aus diskursfunktionaler Sicht einer näheren Unter-suchung bedarf (Abschnitt 4).

Wie schon in der Einleitung angedeutet wurde, stellt dieser Beitrag insge-samt mehr Fragen, als er beantwortet. Es besteht meines Erachtens ein drin-gender Bedarf nach (weiterer) Forschung auf drei Gebieten: – Theoretisch orientierte Forschung zur Syntax, Semantik und Pragmatik

komplexer Nominalphrasen im allgemeinen und zur Restriktivitätsthema-tik im Besonderen; erforderlich ist unter Anderem eine angemessene Fo-kus- oder Alternativensemantik für Nominalphrasen (vgl. (Heusinger 2007; Riester & Kamp 2010; Umbach 2006).

– Korpusbasierte diskursorientierte Untersuchungen zum faktischen Ge-brauch von vorangestellten und nachgestellten Attributen in verschiede-nen Textsorten und Sprachen.

– Experimentelle Forschung zur Prosodie und Prozessierung komplexer Nominalphrasen (vgl. Fragenkatalog im Abschnitt 4), zur Interpretation von vorangestellten und nachgestellten Supplementen bezüglich Restrik-tivität/Nichtrestriktivität und Informationsstatus, zur relativen Stärke der Parameter, die die Wahl zwischen PRAT und RS steuern – und zur Über-prüfung konkreter Präferenzhypothesen, wie sie in diesem Beitrag formu-liert worden sind.

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