„Animal“ und „Bestia“: Die symbolische Rolle der Tiere in den römischen Spielen
Transcript of „Animal“ und „Bestia“: Die symbolische Rolle der Tiere in den römischen Spielen
Freie Universität Berlin
Friedrich-Meinecke-Institut
Seminar: „Commodus: Kaiser und Gladiator“
Hon. Prof. Dr. Matthäus Heil
Wintersemester 2013/14
„Animal“ und „Bestia“:
Die symbolische Rolle der Tiere in den Spielen
Fabio Catanese
Matrikelnummer: 4812121
Italienische Philologie (Kernfach) / Geschichte (Module)
Tel. 015785370949
[email protected] 30. April 2014
Inhaltverzeichnis
Einleitung …………………………………………………………………………... S. 3
1. Tiere in der Arena: lebendige Symbole der Macht…………………………….…S. 5
2. Tier und Mensch in dem römische Gedanke…………………………………..….S. 8
Fazit…………………………………………………………………………….…....S. 12
Literaturverzeichnis……………………………………………………………..…..S. 13
3
Einleitung
Ist es nützlich in einer Sacharbeit über Tiere zu sprechen? Meiner Meinung nach ist es
nützlich nur, wenn der Schwerpunkt sich in den Beziehungen zwischen Tiere und
Menschen findet. Allerdings ist es schwierig in der Historiographie, etwas über diese
Beziehungen zu finden: Tiere sind kein Historiographisches Thema1. Das Verhältnis
von Mensch und Tier gehört zu den ältesten sozialen Beziehungen. Es hat Bedeutung
für beide, doch nur für den Menschen ist der Zusammenhang existentiell: „Die Natur
braucht den Menschen nicht, doch der Mensch braucht die Natur“ hat Paul Münch
gesagt2. In diesem Kontext könnte das Tier als „interaktive Natur“ beschrieben werden:
der Mann kann mit dem Tier interagieren und umgekehrt. Der lateinische Begriff
Animal - Tier - zeigt ein Geschöpf, das eine Seele hat und das durch den „lebendige
Hauch“ animiert wird3. Das heißt: nicht nur ein Austausch von Anreizen zwischen
Mensch und Tier möglich ist, sondern auch wird dem Tier bereits durch sein Name die
Existenz einer möglichen „Seele“ anerkennt. Aber es gibt auch ein anderes Wort auf
Latein, die das Tier zeigt: Bestia. Diese Wort zeigte sowohl die in der Arena
angewendete Tiere, als auch ein wildes Tier, und sogar einen blöden oder rohen
Mensch.
Während eine fast religiöse Bedeutung in der Wort Animal sich beobachten lässt, hat
der Begriff Bestia einen negativen, konkreten, „säkularisierten“ Sinn. Die Bestiae sind
die Opfers und Henkers der Arena und die Protagonisten meiner Arbeit.
Welche Rolle spielte die Idee von „Tier“ in der römischen Gesellschaft? Ist diese Rolle
mit dem Prozess von Säkularisierung der römischen Gesellschaft und durch die
zunehmende Verwendung von Tiere in den Spielen verändert?
In diesem Text werde ich mich beschäftigt mit der Beziehungen zwischen Mensch und
1 „Das Thema „Tier“ ist der anthropozentrisch orientierten Historiographie entschwunden, genauer: Es
ist nie ihr Thema gewesen. Im Gegensatz zum erheblichen Interesse, mit dem sich eine Reihe von historischen Disziplinen in anderen Ländern dem Verhältnis von Menschen und Tier widmet, spielt es in der deutschen Geschichtswissenschaft traditionell nur eine marginale Rolle. Es ist bezeichnend, dass man in Deutschland unter „allgemeiner Geschichte“ noch immer fast ausschließlich Politik -, allenfalls noch Sozial- und Wirtschaftsgeschichte versteht, während die übergreifenden Grundlagenproblemen des menschlichen Umgangs mit der Natur erst unter modernen ökologischen Gesichtspunkten wahrgenommen werden. […] Für die etablierte Geschichtswissenschaft ist die Teilhabe der Tiere an der Lebenswelt des Menschen jedenfalls keine erhebliche historische Tatsache. Dies gilt selbst für die Kultur- und Alltagsgeschichte, die Tiere gewöhnlich nur als pittoreske Bestandteile der Freizeit- und Festkultur und, wenn es hoch kommt, als kuriose Symbole adliger Repräsentation wahrnimmt.“ - Münch, Paul (Hg.): “Tiere und Menschen. Geschichte und Aktualität eines prekären Verhältnisses“; ed. Schöningh – München 1998; S. 15 ff. 2 Münch 1998; S. 14
3 vgl. griechisch Anemos: Wind, Hauch
4
Tier in Rom und mit der Veränderung des symbolischen Wert des Tiers, zu beweisen,
wie die „Vorstellung“ von Tiere in der Römische Gedanke hätte sich in erste Linie
auch durch die Spielen verwandelt. Natürlich kann diese Arbeit wegen meiner
Sprachschwierigkeiten und der Breite des Themas nur eine Einleitung sein.
In diesem Text werde ich nicht – direkt – über die Rolle des Tieres in dem Ritus im
alten Rom sprechen, weil diese Behandlung bräuchte eine genauere Untersuchung.
Außerdem, werde ich nicht über alt römische Haustiere und Arbeitstiere schreiben , da
diese Aspekt spielt keine Rolle für mein Ziel . Ich werde in einem ersten Teil die
Venationes beschreiben, welche ihre Rolle war und weil sie eine starke Symbolik hatte,
in Bezug zu Werte Roms. Im zweiten Teil werde ich das Denken einiger römischen
Autoren über die Idee von „Tier“ beschreiben und die Reaktionen von einigen dieser
Denker vor der großen Schauspiel von Venationes. Schließlich werde ich die
Schlussfolgerungen meiner Arbeit erläutern.
5
1. Tiere in der Arena: lebendige Symbolen der Macht
Die Venationes sollen nicht mit der Ausführung von damnatio ad bestias verwechselt
werden. Ein Venator war ein speziell ausgebildeter Tier Jäger, der bewaffnet war.
Diejenigen, die den Tieren verurteilt wurden, hatten keine Waffen und wurden
manchmal gebunden. Venationes und damnatio ad bestias beschreiben die zwei
Perspektiven der Beziehungen zwischen der Mensch und das Tier in der Arena:
einerseits gibt es das Tier als „Henker“ und der Mann als „Opfer“, andererseits gibt es
das exakte Gegenteil. Tierhetzen fanden dabei sowohl als Begleitprogramm eines
Gladiatorenkampfes als auch unabhängig davon statt. Die Tiere wurden der
Öffentlichkeit am Tag vor ihrem Tod in der Arena ausgesetzt . Diese Ausstellung der
Tiere sollte meiner Meinung nach mit der heutige Funktion von Zoos nicht verwechselt
werden. Es gab keinen Wille, die Menschen über die Existenz von exotischen Tiere zu
erziehen oder einfach zu unterhalten. Sinnvoller ist der Vergleich mit der Ausstellung
der Schätze des Feindes während der Triumphus. In Rom geschah dies im Vivarium in
der Nähe von Porta Maggiore. Es war gleichzeitig ein Teil der Unterhaltung und ein
Beweis der Macht Roms, diese Tiere zu zeigen: ein Stück der römischen
"Reichsherrschaft" widerspiegelte sich in den Venationes, außerdem repräsentierten die
zur Schau gestellten Tierarten eindrucksvoll die Provinzen oder zumindest den
Herrschaftsanspruch Roms. Man kann die Verbindung zwischen politische Propaganda
und Unterhaltung bemerkt.
Aber Kämpfen zwischen Menschen und Tiere waren nicht nur Spiel und Propaganda,
sondern auch die Evolution einer rituelle Funktion. Eine kultische Funktion des
Kampfes zwischen Menschen und Tieren ist auch oft in etruskischen Spielen betont
worden, weil sie offenbar mit Totenritualen verbunden waren4. Die Tierhetzen in der
frühen Republik war keine ad hoc geschaffene Institution, sondern bildete sie sich erst
nach und nach heraus. Die erste aufgezeichnete Venatio in Rom fand 186 vor Christus
4 „In diesem Zusammenhang sei auf das blutige, sogenannte Phersu-Spiel hingewiesen: Einem Mann, der
mit einer Keule bewaffnet ist, wird eine Kapuze über den Kopf gestülpt. Er muss gegen einen wilden Hund kämpfen, der von einer zweiten, maskierten Person an einer Leine geführt wird. Das Spiel, sowie der Name des maskierten Hundeführers, Fersu, ist durch ein Fresko mit Inschrift in der spätarchaischen, gegen 520 vor Christus zu datierenden Tomba degli Auguri in Tarquinia bezeugt“ - Bernstein, Frank: “Untersuchungen zur Entstehung und Entwicklung der öffentlichen Spiele in republikanischen Rom”; Franz Steiner Verlag - Stuttgart 1998; S. 28
6
statt, als Marcus Fulvius Nobilior eine Jagd mit Löwen und Panter im Rahmen von
zehn Tagen von ludi organisierte um seinem Sieg in der Aetolian Krieg zu feiern5.
Auch in der späten Republik, waren die Venationes besonders verbreitet. Aus den
entlegensten Winkeln des Reichs und darüber hinaus wurden vor allem aus Afrika, dem
Nahen Osten und Indien die Tiere nach Rom geschafft. Die getöteten Tiere wurden oft
der hungrigen plebs urbana überlassen. Im ersten Jahrhundert n. Chr. erreichen die
Venationes ein Höhepunkt von Popularität. Magnus Wistrand beschreibt die Spielen in
den Arenen, dann auch die Tierhetzen, als die beliebteste Form von Unterhaltung für
die Römische Plebs der Zeit6: das Plebs liebte die Gewalt: es wurde immer wichtiger,
die Schauspiele mit immer mehr und immer exotischer Tieren zu darstellen und
langsam werden die Tiere nicht nur ein Symbol des Macht Roms sondern auch ein
Symbol von persönlichen Macht7. Nicht nur in den Venationes, sondern auch in der
private Jagd ein symbolische Aspekt nachweisbar war: Der Kaiser Hadrian (reg. 118 –
138 n. Chr.), nach dem Beispiel der hellenistischen Adels, jagte Löwen aus dem Rücken
seines Pferdes. Diese Topos, die in vielen adelig römischen Gräben gefunden werden
kann, wurde zu einem Symbol für Tugend8. Ist dann die Rituelle Funktion in der späten
Republik verloren? Es ist nicht einfach so, weil es nicht einfach ist, für alle die
Tierhetzen eine Rolle zu finden. Beispielweise schreibt Ovid in seinen Fasti, dass in
augusteischer Zeit am 19. April, dem Tag der ludi circenses, Füchse mit brennenden
Schweif im Circus Maximus losgelassen wurden9. Sie war auch in der ludi Ceriales
circensens als Programmpunkt angesehen . Die Bedeutung dieser Fuchshetze sind noch
5 Bernstein 1998; S. 276
6 Wistrand, Magnus: „Entertainment and violence in ancient Rome. The attitudes of Roman writers of
the first century” in “Studia graeca et latina gothoburgensia”; LVI, Acta universitatis gothoburgensis – Göteborg 1992; S. 56 7 „Die Überlieferung nennt Namen und Schauspiel oft in Zusammenhang : im Jahre 99 ließ der
curulische Aedil Gaius Claudius Pulcher erstmals einen Elephanten im Circus gegen Stiere antreten. […] Im Jahre 61 ließ der Curulische Aedil Lucius Domitius Ahenobarbus numidische Bären, ursos Numidicos, auftreten. […] In diesem Zusammenhang müssen auch die prunkvollen Spiele des M. Aemilius Scaurus aus dem Jahre 58 zitiert werden: Gezeigt wurden Tiere des Nils, das Krokodil und der Hippopotamus. […] Pompeius veranstaltete drei Jahre später anlässlich der Einweihung seines steinernen Theaters fünftätige Tierhetzen, indem ein Rhinozeros, ein gallischer Luchs sowie eine seltene Affenart vorgeführt wurden. 700 Tiere waren in dem Kampf .[…] Unter Sulla wurden 100 Löwen in die Arena gelassen, um dort von afrikanischen Bogenschützen getötet zu werden. […] Während der Caesars Ludi Veneris Genetricis, nahm allein die Tierhetzen fünf Tage in Anspruch und präsentierte einer staunenden Öffentlichkeit neben Löwen recht unbekannte Tierarten. So sollen allein 400 Löwen, zum ersten Mal eine Giraffe und ebenfalls erstmalig Stierkämpfe gezeigt worden sein. In diesem Zusammenhang, gab es im Rahmen der cincensischen Darbietungen einen Kampf von Infanteristen, Reitern und Elephanten, der drei Tage dauerte.“ -Bernstein 1998; S. 304 ff. 8 Martini, Wolfram; Kuppers, Jochem; Landfester, Manfred: „III. Römische Antike“ in Dinzelbacker, Peter
(Hg.): “Mensch und Tier in der Geschichte Europas”; ed. Alfred Kröner – Stuttgard 2000; S. 94 9 Bernstein 1998; S. 166 f.
7
unklar: sie waren vielleicht eine Frühform der Venatio, aber heute nicht klar ist, ob diese
Hetzen tatsächlich im Rahmen der Spiele veranstaltet wurden oder ob es sich enin teil
einer Ritus, wie die Cerialia war. Die gleiche Frage gilt für die Ziegenhetze und die
Hasenhetzen: waren sie ein teil der Liturgie, Vegetationsriten oder einfach ein
Schauspiel?
Neben dem rituelle Wert kann man in den Venationes auch einen kriegerische Wert
identifiziert werden. Nämlich wurden die Tierhetzen in einigen Fallen als Beweise von
kriegerische Fähigkeit betrachtet: vor einem wilden Tier musste der Venator Mut,
Wachsamkeit und Kampffähigkeiten zeigen: diese Qualitäten gehörten zu dem Ethos
des Kriegers10
. Oft wurde dieser kriegerischer Wert auch den Kriegspferden zuerkannt.
Der Macht der Pferde wurde in Friedenszeiten in der Arena durch Reiterwettkämpfe
oder Dressurkampfspiele - hyppika gymnasia, lusus Troiae - gefeiert. In diesem Fall
können wir sehen, dass das Pferd, das Zentrum einet ausführlichere Diskussion sein
könnte, einen Mittelweg zwischen „Rüstung“ und einem treuen Kamerad des Ritter
verkörpert11
.
10 “There were special connections between the army and the slaughter of animals in the arena. Hunting was recognized as a useful training for war. Men of the praetorian guard gave exhibitions of beast-fighting under Claudius and Nero. In the third century, the praetorians had their own hunters and game-enclosure.” Beagon 1992; S. 148 11
Dinzelbacher 2000; S. 100
8
2. Tier und Mensch in dem römische Gedanke
Es ist unmöglich, über die Rolle der Tiere in der römische Literatur zu sprechen, ohne
die Tierfabel zu erwähnen. Diese Gattung kommt wahrscheinlich vom Orient aber wird
in Westen dem griechischen Aesop zurückgeführt. Am Anfang gab es noch keine direkt
moralische Belehrung am Schluss: die Fabeln sind einfache Geschichte für einfache
Leute, die die menschliche Schwächen demaskieren. In dem römische Kontext mit
Phaedrus (gest. um 50 n. Chr.) haben wir die bekannte fabula docet12. Diese Autor
kennte die Erklärungswert des Tiers als lebendige Metapher des Mensch. Auch heute
wird diesen Wert anerkennt in der Pädagogie und ist einfach, eine menschliche
Eigenschaft durch eine „tierische“ Analogie zu beschreiben: man kann „mutig wie ein
Löwe“ oder „schlau wie ein Fuchs“ sein.
Auch in Bezug zur Spiele ist diese „analogische wert“ anerkennt. Vielen Autoren haben
uns das Zeugnis des Erfolgs der Spiele in den Arenen gelassen. Die Venationes wurden
einfach geliebt. In Plinius der Ältere (23 oder 24 – 79 n. Chr.) finden wir keine Kritik
gegen die Tierhetzen, die von den Autoren für eine lehrreich Vorstellung gehalten
werden13
. Es wäre fehlerhaft, diese Stellung als „mitleidlos“ zu beurteilen: man muss
unterstreichen die philosophischen Hintergrund Plinys (Stoizismus) und man muss
daran denken, dass die Idee von Tiere in alten Rom oft mit ihre Rolle als Feindes in der
Wildnis oder als Arbeitstools in der Landwirtschaft gebunden wurde14
. In seine
Naturalis Historia fünf Bücher werden zu den Tieren gewidmet. Zentral ist in Plinius
das Konzept von Mirabilia (Wunder) in der Beobachtung der Ähnlichkeiten zwischen
Mensch und Tier während der Schauspiele in der Arena. Aber diese Ähnlichkeiten sind
keine Beweis der Intelligenz der Tiere, tatsächlich ist in Plinius stark die Idee, dass die
Schönheit der Natur durch die zivilisatorische Kraft des Menschen verbessert werden
kann15
: das gilt auch für Tiere, die durch die Dressur ihre Fähigkeiten verbessern
können. Wir können beobachten, dass es undenkbar für Plinius ist, das Tier als
Geschöpf an sich, sondern nur durch das Eingreifen des Menschen, der die Natur des
Tiers adelt. Die einzige Fälle, in denen das Tier eine Tugend zeigt, ist nach Plinius,
wenn das Tier einen symbolische Wert erhält: Plinius schreibt, dass die Tiere nie mit
12 Münch 1998; S. 39 f. 13 Wistrand 1992; S. 16 14
Beagon, Mary: “Roman Nature. The thought of Pliny the Elder”; ed. Clarendon Press – Oxford 1992; S. 125 15
Beagon 1992; S. 131 f.
9
ihrer eigenen Spezies kämpfen und dass ihr Appetit nicht übertrieben ist16
. Man kann
beobachten dann, dass Plinius, wie in den Tierfabeln, das Tier als symbolische
„Stichwort“ in Anspruch nimmt, um menschliche Begabungen zu beschreiben.
Eine ganz besonderes Ansicht kann in Martial (40 – 102 n.Chr.) gefunden werden: in
seine Dichtung gibt es eine symbolische Interpretation der Spielen in der Arena,
besonders in Bezug zur Tiere. Laut des Autors seien die komische und gegen die Natur
Verhaltens der trainierten Tiere zu erklären, wie ein Beweis des Göttliche Macht des
Kaisers, der auch die Natur beeinflussen könne. Die Tiere in den Darstellungen von
Episoden aus dem Mythologie seien nach Martial „lebendige“ Symbolen des Kaisers
Numen. Nach Martial sei die Unterwerfung von den wilden Tieren unter der Herrschaft
des Kaisers ein echten Beweis der Fortentwicklung der Gesellschaft unter der selben
Herrschaft. Man muss unterstreichen, dass es in Martial keine „pietistische“ Idee des
Tiere gibt: wilde Tiere sind eine Grenze für die Zivilisation, deshalb ist ein Symbol des
Fortschritts, sie in der Arena zu töten17
. In Martial findet man dann nicht nur eine
religiöse Funktion – durch die Wiedergabe des Mythos – , sondern auch eine
fortschreitende und „utilitaristische“ Vision des besiegten Tieres als Symbol der
Niederlage der Natur.
Unter den lateinischen Autoren, gab es auch kritische Zuschauer der Spiele: Cicero
schreibt in seinen Briefen von „Mitgefühl„ vor der Verschwendung von Menschlichen
und tierischen Lebens.18
Die Idee des Tieres und seine Beziehungen mit dem Menschen hat auch die
philosophische Debatte in dem Alten Rom belebt.
Die Stoa formuliert nachdrücklich die Unterschied zwischen Mensch und Tier: der
Besitz der Vernunft. Keine philosophische Schule hat fester die Vernunftlosigkeit des
Tiers betont. In Gegensatz zu Aristoteles haben die römische Stoiker kaum spezielle
Werk über Zoologie geschrieben, deshalb wird diese Unterschied durch „ethischen“
Gründen bewiesen. „Was ist im Menschen das Beste? Die Vernunft: mit dieser
übertrifft er die Tiere und folgt den Göttern“ schreibt Seneca (Epist. 76,9/10). Da auch
16 Beagon 1992; S. 138 17 Wistrand, 1992; S. 20 – 22 18
Dierauer, Urs: „Das Verhältnis von Mensch und Tier im griechisch-römischen Denken“, in: Paul Münch (Hg.) : „Tiere und Menschen. Geschichte und Aktualität eines prekären Verhältnisses“, ed. Schöningh – München 1998; S.80
10
die Leidenschaften sind nach den Stoikern in Verbindung mit der Vernunft, findet sich
bei Tieren keine reale Emotion aber nur eine unvollkommene Nachahmung19
. Laut den
Stoikern, seien alle Tiere nur zum Vorteil des Menschen geschaffen worden. Meiner
Meinung nach kann man spricht für diese Vernunftlose Tiere von eine Verdinglichung,
die vielleicht ist, als eine der Wurzel eines „Protoutilitaristische“ Gedankens zu sehen.
Während die Stoiker sehen das höchstes Ziel in der Tugend, ist die höchste Lust das
Ziel der Epikureer. Cicero schreibt, dass „Jedes Lebewesen erstrebt die Lust, sobald es
geboren ist, und freut sich an ihr als am höchsten Gut: andererseits, verschmäht es den
Schmerz als das höchste Übel“20
. Laut dieser Ansicht habe das Tier di Fähigkeit zu
leiden und Freunde zu erleben: die Emotionen sind nicht mehr abhängig von der
Vernunft. Allerdings wird bei den Epikureern betont, dass die Tiere mangels der
Vernunft nie den Glückszustand der Menschen erreichen können.21 Den Tiere wird von
verschiedenen Autoren eine akute sensorische Fähigkeit, um ihre Mangel an Vernunft
zu kompensieren: Vergil schreibt in den Georgica, dass Krähen durch eine göttliche
Gabe in der Lage sind, Stürme vorherzusagen22
. Die Vernunft denn, das Vorrecht des
Menschen, würde dem Menschen selbst verhindern, in Kontakt mit den „magische“
Kräften der Natur zu kommen. Noch Plinius sagt, dass der Mangel an Vernunft des
Tiere bedeutet, dass sie näher an die magischen Kräfte der Natur sind23
.
Die Ansicht, nach der Tiere keine Vernunft besitzen würden, wurde von anderen
Philosophen kritisiert. Plutarch (ca. 46- ca.120 n. Chr.) beschreibt die Tiervernunft als
„tierische Klugheit“ durch einen direkten Vergleich zwischen die Besonderheiten eines
Mannes und die von einem Tier24
. Laut Plutarch, seien unter einige Aspekte die Tiere
sogar „besser“: Tiere brauchen kein Luxus und Reichtum und sie müssen nicht von
andern ihre Kenntnisse lernen, weil die Nature ihre einzige, perfekte Lehrerin ist. In
Plutarch ist auch ein ganz Aktuell Argument zu finden: wer sich gegenüber den
menschlich verhalte, werde keinem Mensch Unrecht antun.25
Schon in diesem Autor
19
München 1998; S.61 20
Cicero, De finibus 1, 30 zit. n. München 1998; S.69 21
Münch 1998; S. 70 22
Beagon 1992; S. 144 23
Beagon 1992; S. 145 24 “Das, womit die Philosophen zeigen, dass die Tiere an der Vernunft Anteil haben, sind deren Eintschlüsse, Vorbereitungen, Gedächtnisleistungen, Leidenschaften, Fürsorge für Kinder, Dankbarkeit gegenüber Wohltalten, Erinnerungen an das, was ihnen wehgetan hat […]“; Plutarchs, De sollertia animalium“, 966B, zit.n. Münch 1998; S. 72 25
Munch 1998: S.81
11
finden wir dann die Idee, nach der das Verhältnis zwischen Mensch und Tier eine starke
Verbindung mit dem Verhältnis zwischen Mensch miteinander hätten. Die Wahl des
Vegetarismus Plutarchs ist unter dieser Ansicht, zu betrachten: es gibt keine
Entscheidung in Bezug zum körperliche und geistige Wohl des Mensch, sowie für den
Pythagoreismus oder den Neoplatonismus, sondern eine ethische Entscheidung. Man
muss erinnern, dass auch für Plutarch die für den Mensch schädliche und gefährliche
Tiere getötet werden müssen. Die überraschende Aktualität seines Gedankens darf nicht
außerhalb des historischen Kontext analysiert werden: die wilde Tiere waren eine reale
Bedrohung im landwirtschaftlichen Kontext und der Mensch erinnerte noch die Zeiten,
als er sie zu fürchten hatte.
In diesem Kontext man muss auch den neoplatoniker Porphyrius (gest. um 305 n.
Chr.) erwähnen. Der Philosoph schrieb sogar ein Werk über das Vegetarianismus ( „
De abstinentia“ ). Die Wichtigkeit dieser Arbeit liegt nicht nur in der innovativen
Stellung - man sollte keine Fleisch essen auf Gerechtigkeitsgründen -, sondern auch in
der Tatsache, dass der Besitz der Vernunft ist, als Ursprung des Besitzes der Rechte zu
sehen. Meiner Meinung nach ist es in dieses Fall möglich, von einer proto-
Tiergerechtigkeit zu sprechen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Faktoren für die Bestimmung der Idee der
Tier in den untersuchten philosophischen Gedanken zwei seien: der Besitz der Vernunft
als Ursprung der Rechte und die Fähigkeit, Freude, Schmerz und Emotionen zu erleben.
Während die erste Idee auf einem anthropozentrischen Begriff der Vernunft basiert ist,
finden wir als Zentrum der zweiten Reflexion das Tier.
12
Fazit
Wir haben die symbolische Bedeutung der Tierhetzen und ihre Herkunft aus dem Ritus
analysiert. Wir haben dann gesehen, wie neben diesem rituellen Wert einen weiteren,
„säkularisierten“ symbolischen Wert sich entwickelt hat. Diese symbolische Wert
verkörpert nicht nur die Ruhm Roms, sondern auch die Macht der glorreichen
Protagonisten seiner Geschichte.
Wir haben dann gesehen, was das „Tier“ für einige römische Denker sei. Während für
einige der Besitz der Vernunft die entscheidende Faktor ist, ist diese Faktor für andere,
die Fähigkeit positive und negative Empfindungen zu erleben. Aber wir haben auch
abweichende Meinungen analysiert, die unglaublich originell und neben dem aktuellen
Konzept von „Animalismus“ stehen.
Wir haben gesehen, dass der symbolische Wert des Tieres in der römischen Gedanke
durch die Venationes absolut lebendig und gegenwärtig ist. Es ist möglich diesen Wert
nicht nur in der pädagogische Funktion der Tierfabeln zu entdecken, sondern auch in
der Darstellung der Macht Roms. Zusammenfassend können wir also sagen, dass die
öffentliche Nutzung des Tieres in Shows und Spielen ist nicht einfach eine Form der
Unterhaltung: nämlich darstellen die Tierhetzen den Sieg des Menschen über die Natur,
sei es durch das Töten des Tieres oder sei es durch seine Dressur mit der folgenden
Gehorsam den Befehlen des Menschen. Das Brüllen des Löwen in der Arena ist daher
ohne Zweifel, das mächtigen Brüllen Roms selbst.
13
Literaturverzeichnis
Beagon, Mary: “Roman Nature. The thought of Pliny the Elder”; ed. Clarendon Press –
Oxford 1992
Bernstein, Frank: “Ludi Publici. Untersuchungen zur Entstehung und Entwicklung der
Öffentlichen Spiele im Republikanischen Rom”; ed. Franz Steiner – Stuttgart 1998
Dinzelbacker, Peter: “Mensch und Tier in der Geschichte Europas”; ed. Alfred Kröner
– Stuttgart 2000
Hönle, Augusta und Henze, Anton: “Römische Amphitheater und Stadien.
Gladiatorenkämpfe und Circusspiele”; ed.Raggi-Verlag – Basel 1981
Köhne, Eckart und Ewigleben, Cornelia: “Caesaren und Gladiatoren. Die Macht der
Unterhaltung im antiken Rom”; ed. Philipp von Zabern – Mainz am Rhein 2000
Münch, Paul (Hg.): “Tiere und Menschen. Geschichte und Aktualität eines prekären
Verhältnisses“; ed. Schöningh – München 1998
Wiedemann, Thomas: “Kaiser und Gladiatoren. Die Macht der Spiele im antiken Rom”;
ed.WBG – Darmstadt 1992
Wistrand, Magnus: „Entertainment and violence in ancient Rome. The attitudes of
Roman writers of the first century” in “Studia graeca et latina gothoburgensia”; LVI,
Acta universitatis gothoburgensis – Göteborg 1992