Implizites Lernen und LRS: Spielen Defizite im impliziten Lernen eine Rolle bei der Entstehung von...

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Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Lernen und Lernstörungen, 1 (2), 2012, 79 – 97 Übersichtsarbeit Implizites Lernen und LRS: Spielen Defizite im impliziten Lernen eine Rolle bei der Entstehung von Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben? Elena Ise und Gerd Schulte-Körne Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Ludwig-Maximilians-Universität München Zusammenfassung: Zirka fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland leiden an einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS). Bisher ist kaum bekannt, auf welche Art und Weise das Lesen- und Schreibenlernen bei Kindern mit einer LRS beeinträchtigt ist. Studien zeigen, dass der Erwerb der Schriftsprache nicht nur explizit durch Unterrichtung stattfindet, sondern auch implizit (unbewusst) durch häufigen Kontakt mit geschriebenen Wörtern. D. h. Kinder lernen implizit, welche Buchstabenkombinationen häufig vorkommen und wie oft und unter welchen Bedingungen Laute und Buchstaben miteinander assoziiert sind. Möglicherweise können Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben dadurch erklärt werden, dass diese impliziten Lernprozesse beeinträchtigt sind. In aktuellen Studien wurden daher anhand von Serial Reaction Time (SRT) und Artificial Grammar Learning (AGL) Aufgaben implizite Lernprozesse bei Kindern und Erwachsenen mit einer LRS untersucht. In der vorliegenden Arbeit werden die Ergebnisse dieser Studien systematisch zusammengefasst und kritisch diskutiert. Die Mehrzahl der Studien weist darauf hin, dass Kinder mit einer LRS sowohl im impliziten Lernen von Reihenfol- gen (gemessen mit SRT-Aufgaben) als auch im impliziten Lernen von Regeln und Fragmenthäufigkeiten (gemessen mit AGL-Aufgaben) beeinträchtigt sind. Implikationen für die Praxis werden vorgestellt. Schlüsselwörter: Lese-Rechtschreibstörung, implizites Lernen, serial reaction time, artificial grammar learning Einleitung Nach der «Internationalen Klassifikation psychischer Stö- rungen» (ICD-10; Dilling, Mombour & Schmidt, 2011) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt die Le- se-Rechtschreibstörung (LRS) zu den umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten (F.81). Bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen liegt die Leistung im Lesen – und häufig auch im Rechtschreiben – deutlich unter dem Niveau, das aufgrund des Alters, der allgemeinen Intelligenz und der Beschulung zu erwarten wäre. Die LRS ist eine häufige Entwicklungsstörung (Prä- valenz: 4 – 7 %; Hasselhorn & Schuchardt, 2006) mit einer hohen Stabilität (Esser & Schmidt, 1993; Klicpera, Schab- mann & Gasteiger-Klicpera, 2006). Symptomspezifische Förderprogramme können die Lese-Rechtschreibleistung betroffener Kinder zwar nachweislich verbessern (Ise, Engel & Schulte-Körne, in Druck*), Beeinträchtigungen, insbesondere im Rechtschreiben, bleiben jedoch häufig bis ins Erwachsenenalter bestehen (Schulte-Körne, Deimel, Jungermann & Remschmidt, 2003). Die grundlagenorientierte Forschung der letzten 20 Jahre zeigte, dass die LRS eine neurobiologische Störung ist, die durch genetische Faktoren beeinflusst wird (Scerri & Schulte-Körne, 2010; Vellutino, Fletcher, Snowling & Scanlon, 2004*). Unklar ist bisher noch, welche Bedeu- tung schulische Faktoren haben und ob eine Interaktion zwischen den neurobiologischen und schulischen Einfluss- DOI: 10.1024/2235-0977/a000011 * siehe Kommentar im Literaturverzeichnis

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Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

Lernen und Lernstörungen, 1 (2), 2012, 79 – 97

Übersichtsarbeit

Implizites Lernen und LRS: Spielen Defizite im impliziten Lernen

eine Rolle bei der Entstehung von Schwierigkeiten im Lesen und

Rechtschreiben?Elena Ise und Gerd Schulte-Körne

Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Ludwig-Maximilians-Universität München

Zusammenfassung: Zirka fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland leiden an einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS). Bisher ist kaum bekannt, auf welche Art und Weise das Lesen- und Schreibenlernen bei Kindern mit einer LRS beeinträchtigt ist. Studien zeigen, dass der Erwerb der Schriftsprache nicht nur explizit durch Unterrichtung stattfindet, sondern auch implizit (unbewusst) durch häufigen Kontakt mit geschriebenen Wörtern. D. h. Kinder lernen implizit, welche Buchstabenkombinationen häufig vorkommen und wie oft und unter welchen Bedingungen Laute und Buchstaben miteinander assoziiert sind. Möglicherweise können Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben dadurch erklärt werden, dass diese impliziten Lernprozesse beeinträchtigt sind. In aktuellen Studien wurden daher anhand von Serial Reaction Time (SRT) und Artificial Grammar Learning (AGL) Aufgaben implizite Lernprozesse bei Kindern und Erwachsenen mit einer LRS untersucht. In der vorliegenden Arbeit werden die Ergebnisse dieser Studien systematisch zusammengefasst und kritisch diskutiert. Die Mehrzahl der Studien weist darauf hin, dass Kinder mit einer LRS sowohl im impliziten Lernen von Reihenfol-gen (gemessen mit SRT-Aufgaben) als auch im impliziten Lernen von Regeln und Fragmenthäufigkeiten (gemessen mit AGL-Aufgaben) beeinträchtigt sind. Implikationen für die Praxis werden vorgestellt.

Schlüsselwörter: Lese-Rechtschreibstörung, implizites Lernen, serial reaction time, artificial grammar learning

Einleitung

Nach der «Internationalen Klassifikation psychischer Stö-

rungen» (ICD-10; Dilling, Mombour & Schmidt, 2011)

der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt die Le-

se-Rechtschreibstörung (LRS) zu den umschriebenen

Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten (F.81).

Bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen liegt die

Leistung im Lesen – und häufig auch im Rechtschreiben –

deutlich unter dem Niveau, das aufgrund des Alters, der

allgemeinen Intelligenz und der Beschulung zu erwarten

wäre. Die LRS ist eine häufige Entwicklungsstörung (Prä-

valenz: 4 – 7 %; Hasselhorn & Schuchardt, 2006) mit einer

hohen Stabilität (Esser & Schmidt, 1993; Klicpera, Schab-

mann & Gasteiger-Klicpera, 2006). Symptomspezifische

Förderprogramme können die Lese-Rechtschreibleistung

betroffener Kinder zwar nachweislich verbessern (Ise,

Engel & Schulte-Körne, in Druck*), Beeinträchtigungen,

insbesondere im Rechtschreiben, bleiben jedoch häufig bis

ins Erwachsenenalter bestehen (Schulte-Körne, Deimel,

Jungermann & Remschmidt, 2003).

Die grundlagenorientierte Forschung der letzten 20

Jahre zeigte, dass die LRS eine neurobiologische Störung

ist, die durch genetische Faktoren beeinflusst wird (Scerri

& Schulte-Körne, 2010; Vellutino, Fletcher, Snowling &

Scanlon, 2004*). Unklar ist bisher noch, welche Bedeu-

tung schulische Faktoren haben und ob eine Interaktion

zwischen den neurobiologischen und schulischen Einfluss-

DOI: 10.1024/2235-0977/a000011

* siehe Kommentar im Literaturverzeichnis

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E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS80

faktoren besteht. Allgemein anerkannt ist, dass die LRS

mit schwachen phonologischen Fähigkeiten assoziiert ist.

Zahlreiche Studien belegen, dass Kinder, Jugendliche und

Erwachsene mit einer LRS Defizite in der phonologischen

Bewusstheit (Einsicht in die Lautstruktur der gesproche-

nen Sprache) zeigen, welche einen engen, möglicherweise

kausalen, Zusammenhang mit schwachen Lese-Recht-

schreibleistungen aufweisen (Bradley & Bryant, 1983;

Castles & Coltheart, 2004; Schulte-Körne, 2001).

Andere Erklärungsansätze gehen davon aus, dass spe-

zifische Defizite der auditiven oder visuellen Verarbeitung

von schriftsprachlichem und nicht-schriftsprachlichem

Material zu Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben füh-

ren (Übersicht in Schulte-Körne & Bruder, 2010). Hierzu

gehört zum Beispiel die Hypothese einer sequentiellen

Verarbeitungsschwäche akustischer Signale (‹temporal processing deficit hypothesis›; Tallal, 1980*, 2004), welche

auf der Beobachtung basiert, dass Kinder mit einer LRS ein

Defizit bei der Differenzierung schnell aufeinander folgen-

der, kurzer akustischer und sprachlicher Reize zeigen.

Die Automatisierungsdefizithypothese

Die Automatisierungsdefizithypothese (oder Cerebelläre

Defizit-Hypothese) beschreibt hingegen eine allgemeine

Beeinträchtigung in der Automatisierung von motorischen

Fähigkeiten, die ursächlich für die LRS sein soll (Nicolson

& Fawcett, 1999*, 2005). Das Automatisierungsdefizit,

hervorgerufen durch eine cerebelläre Dysfunktion, soll

auch kognitive Fertigkeiten betreffen und zu Schwierig-

keiten im Lesen- und Schreibenlernen führen. Mehrere

Studien berichten, dass Personen mit einer LRS Schwie-

rigkeiten haben bei Aufgaben, bei denen das Cerebellum

beteiligt ist (z. B. Muskelspannung, Balancieren, Zeit-

schätzung; Fawcett, Nicolson & Dean, 1996; Nicolson &

Fawcett, 1995). Da es sich hierbei um komplexe Vorgänge

handelt, die in der Regel stark automatisiert sind, bewer-

teten die Autoren der Studien diese Befunde als empiri-

sche Unterstützung der Automatisierungsdefizithypothe-

se. Andere Studien fanden jedoch keine Hinweise auf ein

allgemeines Automatisierungsdefizit (Ramus, Pidgeon

& Frith, 2003; Wimmer, Mayringer & Landerl, 1998;

Wimmer, Mayringer & Raberger, 1999). Dass die Automa-

tisierung von Buchstaben-Laut-Zuordnungen und Recht-

schreibkonventionen eine wichtige Voraussetzung für das

flüssige Lesen und die sichere Rechtschreibung darstellt,

ist unumstritten. Es ist allerdings unklar, inwiefern cere-

belläre Defizite oder ein allgemeines Automatisierungs-

defizit hierbei eine Rolle spielen.

Vergleichsweise wenige Studien haben bisher unter-

sucht, auf welche Art und Weise das Lesen- und Schreiben-

lernen bei Kindern mit einer LRS beeinträchtigt ist, bzw.

anders verläuft als bei Kindern ohne eine LRS. In der Schu-

le wird das Lesen und Rechtschreiben explizit unterrichtet.

Der Erwerb der Schriftsprache findet jedoch nicht nur im

Unterricht statt, sondern auch unbewusst (implizit) durch

häufigen Kontakt mit geschriebenen Wörtern ( Dixon &

Kaminska, 1997; Martinet, Valdois & Fayol, 2004; Pacton,

Perruchet, Feayol & Cleeremens, 2001*; Pollo, Kessler &

Treiman, 2009*). Bei Kindern mit einer LRS wird häufig

beobachtet, dass sie Wörter direkt nach dem Üben richtig

schreiben, später aber wieder fehlerhaft. Es gelingt ihnen

nicht, die gespeicherte Schreibweise der Wörter abzurufen

(Schulte-Körne, Deimel, Bartling & Remschmidt, 2004).

Beim Lesen zeigt sich, dass die automatisierte Worterken-

nung, d. h. der schnelle Abruf von Wortwissen aus dem

orthographischen Lexikon, beeinträchtigt ist. Kinder mit

einer LRS lesen auch häufig vorkommende Wörter oft

langsam und fehlerhaft (Landerl & Wimmer, 2008). Da

die Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben bei Kindern

mit einer LRS nicht auf mangelnde Unterrichtung oder

Intelligenzminderung zurückzuführen sind, stellt sich die

Frage, ob Kinder mit einer LRS ein Defizit im impliziten

Lernen von Buchstabenfolgen, Wörtern und Buchstaben-

Laut-Assoziationen zeigen.

Im Folgenden wird zunächst erläutert, wie implizites

Lernen in der Literatur definiert wird und welche Aufga-

ben eingesetzt werden, um implizites Lernen experimen-

tell zu erfassen. Im Anschluss wird die Rolle des implizi-

ten Lernens beim Lesen- und Schreibenlernen diskutiert.

Abschließend wird eine Übersicht zu Studien gegeben, in

denen überprüft wurde, ob Kinder mit einer LRS Defizite

im impliziten Lernen zeigen.

Implizites Lernen

Der Begriff implizites Lernen bezeichnet einen unbewuss-

ten Lernprozess. Im Gegensatz zu explizitem Lernen, wel-

ches bewusst und intendiert abläuft (z. B. das Lernen von

Vokabeln), verläuft implizites Lernen eher beiläufig und

unbeabsichtigt (z. B. der Erwerb der Muttersprache; Brei-

tenstein & Knecht, 2003).

Reber prägte den Begriff implizites Lernen und defi-

nierte implizites Lernen als einen Prozess, bei dem der Ler-

nende sich weder des Lernprozesses noch des erworbenen

Wissens bewusst ist (Reber, 1967*; Reber, Walkenfeld &

Hernstadt, 1991). Zudem schrieb Reber, dass das implizit

erworbene Wissen in Form von abstrakten Regeln abge-

speichert wird, welche der Lernende aus einer komplexen

Reizumgebung ableitet (Reber, 1989). Andere Autoren de-

finieren implizites Lernen etwas neutraler als einen unin-

tendierten Lernprozess, bei dem das Erlernte nur schwer

oder unvollständig verbalisiert werden kann (Berry &

Dienes, 1993; Cleeremans, Destrebecqz & Boyer, 1998).

Im täglichen Leben gibt es zahlreiche Beispiele für

Fähigkeiten, die eher beiläufig erworben werden und nur

schwer beschrieben werden können. Als Paradebeispiel gilt

der Spracherwerb. Die meisten Schulkinder sprechen gram-

matikalisch richtig und produzieren Sätze wie «Ich sitze

unter dem Baum» anstelle von «Ich sitze unter den Baum»,

können aber nicht begründen, warum die Sätze gramma-

tisch richtig sind (hier: Dativ). Zumindest nicht, bevor sie

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E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS 81

die Regeln der Grammatik bewusst (explizit) im Deutsch-

unterricht erlernt haben. Es besteht also eine Dissoziation

zwischen dem Verhalten der Kinder und der Fähigkeit, das

Wissen, auf dem das Verhalten basiert, in Worte zu fassen.

Die experimentelle Forschung zum impliziten Lernen

untersucht die Fähigkeit, Regelmäßigkeiten aus angebo-

tenem Stimulusmaterial zu abstrahieren und auf neues

Material anzuwenden. Zu den am häufigsten eingesetz-

ten Untersuchungsdesigns gehören die Serial Reaction

Time (SRT) Aufgabe und die Artificial Grammar Learning

(AGL) Aufgabe. Eine Beschreibung der Aufgaben findet

sich in der Infobox Forschungsmethoden.

Die Rolle des impliziten Lernensbeim Schriftspracherwerb

Beim Lesen- und Schreibenlernen sind sowohl explizite als

auch implizite Lernprozesse involviert. In der Schule und

im Elternhaus werden Buchstaben-Laut-Zuordnungen und

Rechtschreibregeln explizit vermittelt und eingeübt. Auf-

grund der Komplexität der geschriebenen Sprache ist es

jedoch unwahrscheinlich, dass das Lesen- und Schreiben-

lernen allein auf expliziten Lernprozessen beruht (Steffler,

2001). Einen großen Teil des Wissens zu geschriebenen Wör-

tern und der Häufigkeit bestimmter Buchstabenfolgen schei-

nen Kinder eher beiläufig durch vielfältigen Kontakt mit

geschriebenen Wörtern zu erwerben (Pacton et al., 2001*).

Im Erstleseunterricht werden Buchstaben-Laut-Zuord-

nungen üblicherweise anhand von Anlaut-Tabellen vermit-

telt. Dabei lernen Kinder die Verbindung zwischen einem

Buchstaben und dem Laut, der am häufigsten mit diesem

Buchstaben assoziiert ist (z. B. «A wie Apfel»). Ein Buch-

stabe kann jedoch mit mehreren Lauten assoziiert sein.

Zum Beispiel repräsentiert der Buchstabe e in den Wör-

tern Esel, Ente, Hase und schnell unterschiedliche Laute

(siehe Thomé, Siekmann & Thomé, 2011*). Obwohl die

Inkonsistenz der Buchstaben-Laut-Zuordnungen im Unter-

richt selten thematisiert wird, können die meisten Kinder

auch Wörter mit seltenen Buchstaben-Laut-Zuordnungen

flüssig lesen. Eine naheliegende Erklärung ist, dass Kinder

durch häufigen Kontakt mit geschriebenen Wörtern impli-

zit lernen, wie oft und unter welchen Bedingungen Buch-

staben an bestimmte Laute gekoppelt sind. So lernt ein

Kind durch das häufige Lesen von Wörtern wie Löffel, Kar-toffel und Schlüssel, dass die Buchstabenkombination -el am Ende eines Wortes immer gleich ausgesprochen wird

(und dass der Buchstabe e hier mit einem anderen Laut

assoziiert ist als das e in Emil). Implizite Lernprozesse scheinen auch bei der Entwick-

lung der Rechtschreibleistung eine wichtige Rolle zu spie-

len. Insbesondere das Wissen zur Vorkommenshäufigkeit

bestimmter Fragmente (Bi- und Trigramme) in der Schrift-

sprache, das sogenannte Fragmentwissen, scheint implizit

durch Kontakt mit wiederkehrenden Buchstabenmustern

zu entstehen (Pacton et al., 2001*). Aaron, Keetay, Boyd,

Palmatier und Wacks (1998) sprechen in diesem Zusam-

menhang von einem «stochastischen Gedächtnis» für

Buchstabenfolgen. Es gibt Hinweise, dass Kinder schon zu

Beginn des Schriftspracherwerbs über Wissen zur Häufig-

keit von Buchstaben(-kombinationen) verfügen und dass

sie dieses Wissen beim Schreiben unbekannter Wörter

anwenden (Cassar & Treiman, 1997*; Pollo et al., 2009*;

Treiman, 1993). Pacton et al. (2001*) zeigten, dass dieses

Wissen implizit ist und ohne explizite Instruktion erwor-

ben werden kann.

Einen weiteren Hinweis darauf, dass das implizite Ler-

nen eine wichtige Rolle beim Schreibenlernen spielt, lie-

fert eine Studie von Martinet et al. (2004). In dieser Arbeit

wurden französischsprachigen Erstklässlern Wörter dik-

tiert, die entweder häufig oder selten in den bis zu diesem

Zeitpunkt eingesetzten Unterrichtsmaterialien der Kinder

vorkamen. Alle Wörter enthielten eine selten vorkommen-

de Phonem-Graphem-Korrespondenz (Zielgraphem). Es

zeigte sich, dass die Erstklässler bereits in der Mitte des

Schuljahres häufig vorkommende Wörter (z. B. voiture)

deutlich öfter richtig schreiben als selten vorkommende

Wörter (z. B. rêve). Auch die Analyse der Zielgrapheme

zeigte, dass diese in den häufig vorkommenden Wörtern

öfter richtig geschrieben wurden als in den Wörtern, die

die Kinder bisher nur selten gesehen hatten. Dieses Er-

gebnis erlaubt die Schlussfolgerung, dass Kinder seltene

Phonem-Graphem-Korrespondenzen vor allem dann rich-

tig schreiben, wenn diese durch häufigen Kontakt implizit

gelernt werden konnten.

Bei Kindern mit einer LRS könnte dieser implizite Lern-

prozess beeinträchtigt sein. Es gelingt ihnen trotz häufigen

Übens nicht, die Schreibweise von Wörtern zu verinner-

lichen und abzurufen. Zudem lesen sie oft langsam und

fehlerhaft. Bei einer starken Ausprägung der LRS kann

die Worterkennung so sehr beeinträchtigt sein, dass auch

häufig vorkommende Wörter immer wieder Buchstabe für

Buchstabe dekodiert werden müssen. Möglicherweise ist

die Fähigkeit, Regeln bzw. statistische Zusammenhänge

zwischen Buchstabenfolgen und Lauten aus der geschrie-

benen Sprache zu abstrahieren und auf neue Wörter anzu-

wenden, bei Kindern mit einer LRS beeinträchtigt. Um zu

überprüfen, ob ein generelles Defizit im impliziten Lernen

vorliegt, wurde in mehreren Studien untersucht, ob Per-

sonen mit einer LRS bei spezifischen Lernanforderungen

in impliziten Lernaufgaben (SRT- oder AGL-Aufgaben)

Schwächen aufweisen.

Befunde zum impliziten Lernen bei LRS

Eine Reihe von Studien ist der Frage nachgegangen, ob

das implizite Lernen von Regeln bzw. Fragmenten bei Per-

sonen mit einer LRS gestört ist. Diese Studien sollen hier

zusammenfassend dargestellt werden. Dabei soll zunächst

auf Studien eingegangen werden, in denen eine SRT-Auf-

gabe eingesetzt wurde und anschließend auf Studien, die

mit dem AGL-Paradigma gearbeitet haben.

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E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS82

In der Infobox Forschungsmethode finden sich Be-

schreibungen der SRT-Aufgabe und der AGL-Aufgabe.

Beide Aufgaben untersuchen die Fähigkeit, Regelmäßig-

keiten aus angebotenem Stimulusmaterial zu abstrahieren.

Ein wichtiger Unterschied zwischen den Aufgaben besteht

darin, dass Probanden in einer SRT-Aufgabe immer wie-

der dieselbe Reihenfolge sehen, welche verinnerlicht und

so zur Verhaltensoptimierung genutzt werden soll. In einer

AGL-Aufgabe werden hingegen unterschiedliche Stimuli

(z. B. Buchstabenfolgen) präsentiert. Die Probanden ha-

ben die Aufgabe, Regelmäßigkeiten in diesen Stimuli zu

erkennen und auf neues, bisher unbekanntes Material an-

zuwenden. Im Vergleich zur SRT-Aufgabe zeigen die An-

forderungen der AGL-Aufgabe somit eine größere Ähn-

lichkeit mit den Anforderungen des Schriftspracherwerbs.

Studien, die eine SRT-Aufgabe eingesetzt haben

Studien mit Erwachsenen

Empirische Unterstützung für die Hypothese, dass Er-

wachsene mit einer LRS Defizite im impliziten Lernen

von Reihenfolgen zeigen, liefert – unseres Wissens – bis-

her nur eine Studie. In der Studie von Menghini, Hagberg,

Caltagirone, Petrosini und Vicari (2006) wurde eine SRT-

Aufgabe bestehend aus 7 Blöcken mit jeweils 54 Trials

eingesetzt. In Block 2 bis 6 folgten die Positionen der

Stimuli (rote Vierecke) einer festgelegten, einfachen Rei-

henfolge bestehend aus neun Elementen (2-4-3-4-1-3-2-

3-1, wobei die Ziffern jeweils für eine Position stehen),

während die Stimuli in den Blöcken 1 und 7 in zufälli-

ger Reihenfolge angeboten wurden. Die Probanden ohne

LRS (n = 14) zeigten eine typische Lernkurve: Die Re-

aktionszeiten verringerten sich kontinuierlich von Block

1 zu Block 6 und stiegen in Block 7 signifikant an. Im

Gegensatz hierzu reagierten die Probanden mit einer LRS

(n = 14, diagnostiziert nach DSM IV Kriterien) auf Stimu-

li, die in einer festgelegten Reihenfolge angeboten wur-

den, ebenso schnell wie auf Stimuli, die in einer zufälligen

Reihenfolge angeboten wurden. Sie hatten die Reihenfolge

offenbar nicht implizit gelernt und zur Verhaltensoptimie-

rung genutzt. Die Autoren schlussfolgern daher, dass bei

Personen mit einer LRS ein Defizit im impliziten Lernen

von Reihenfolgen vorliegt.

Die Mehrzahl der Studien berichtet jedoch, dass Erwach-

sene mit einer LRS Reihenfolgen implizit lernen können.

Zum Beispiel berichten Kelly, Griffiths und Frith (2002),

dass die Leistung von Personen mit einer LRS in einer

SRT-Aufgabe nicht beeinträchtigt ist. In der Studie wurden

Studenten mit einer diagnostizierten LRS (n = 14) und Stu-

denten ohne LRS (n = 14) mittels einer modifizierten SRT-

Aufgabe untersucht, in der vier komplexe Stimuli (zwei

tierähnliche Figuren, jeweils in rot oder grün) angeboten

wurden. Jedem Stimulus war eine Taste auf der Tastatur

zugeordnet und die Probanden hatten die Aufgabe, per Tas-

tendruck anzugeben, welchen Stimulus sie sahen. Während

in der Studie von Menghini et al. (2006) nur die Positionen

der Stimuli auf dem Bildschirm festgelegt war, folgten in

dieser Studie sowohl die Art der Stimuli als auch die Posi-

tionen der Stimuli einer festgelegten (einfachen) Reihen-

folge bestehend aus 8 bzw. 9 Elementen. Die Aufgabe war

demnach deutlich komplexer. Die Probanden durchliefen

insgesamt 16 Blöcke mit jeweils 76 Trials. In drei Blöcken

wurde die festgelegte Reihenfolge wieder aufgehoben: In

Block 9 war die Art der Stimuli zufällig, in Block 12 war

die Position der Stimuli zufällig und in Block 15 waren

sowohl die Position als auch die Art der Stimuli zufällig.

Beide Gruppen zeigten eine kontinuierliche Reduktion der

Reaktionszeiten im Verlauf des Experiments (Block 1 – 16,

mit Ausnahme der Blöcke 9, 12, und 15). Auch zeigten bei-

de Gruppen einen deutlichen Lerneffekt, gemessen durch

einen Anstieg der Reaktionszeiten in Block 9, 12 und 15 im

Vergleich zum jeweils vorangegangenen Block. Insgesamt

reagierten die Studenten mit einer LRS langsamer als die

Studenten ohne LRS (höhere RT über alle Blöcke hinweg).

Dieses Ergebnis weist möglicherweise auf eine verlang-

samte Informationsverarbeitung bei der LRS hin (Nicolson

& Fawcett, 1994; Wolf, 1991; siehe jedoch Stoodley, Har-

rison & Stein, 2006, für einen gegenteiligen Befund). Inte-

ressanterweise unterschieden sich die Lernkurven der bei-

den Gruppen jedoch nicht signifikant voneinander. Beide

Gruppen hatten die Reihenfolgen implizit gelernt und zur

Verhaltensoptimierung genutzt.

Rüsseler, Gerth und Münte (2006) berichten ebenfalls,

dass Erwachsene mit einer diagnostizierten LRS keine

Beeinträchtigung im impliziten Lernen von Reihenfolgen

zeigen. In der Studie wurde eine SRT-Aufgabe bestehend

aus 11 Blöcken mit jeweils 120 Trials eingesetzt. In Block

1 und 10 waren die Positionen der Stimuli («X») zufällig

bestimmt. In den Blöcken 2 – 9 und 11 erschienen die Sti-

muli in einer Reihenfolge mit 12 Elementen (1-3-2-4-3-

4-1-2-3-1-4-2). Wie in der Studie von Kelly et al. (2002)

wurde auch in dieser Studien keine einfache Reihenfolge

eingesetzt. Stattdessen wurde eine sogenannte «second

order conditional sequence» eingesetzt, bei der auf jede

der vier Positionen jede andere Position mit der gleichen

Wahrscheinlichkeit folgen kann. Um die nächste Position

(n + 1) vorhersagen zu können, muss der Proband daher

nicht nur die aktuelle Position (n), sondern auch die voran-

gegangene Position (n − 1) berücksichtigen. Erwachsene

mit einer LRS (n = 12) und Erwachsene ohne LRS (n = 12)

zeigten eine vergleichbare Lernkurve. Die Reaktionszeiten

verringerten sich von Block 1 zu Block 9 kontinuierlich,

stiegen in Block 10 wieder an und waren in Block 11 wie-

der deutlich niedriger. Dieses Antwortmuster unterschied

sich nicht signifikant zwischen den beiden Gruppen.

Bennett, Romano, Howard und Howard (2008) setz-

ten in ihrer Studie eine «triplet frequency learning task»

(TRIP), eine Modifikation der SRT-Aufgabe, ein. Bei

der TRIP-Aufgabe sind auf dem Bildschirm vier Kreise

zu sehen. In jedem Trial, genannt triplet, verfärben sich

zwei Kreise nacheinander rot und anschließend nimmt ein

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dritter Kreis eine grüne Farbe an. Die Probanden sollen

in 30 Blöcken mit jeweils 50 Trials so schnell wie mög-

lich die Position des grünen Kreises angeben. Die Aufgabe

enthält eine komplexe Reihenfolge (1-r-2-r-3-r-4-r), d. h.

innerhalb eines Triples sagt die Position des ersten Kreises

die Position des dritten Kreises vorher. Auch in dieser Stu-

die wurde demnach eine deutlich komplexere Reihenfolge

eingesetzt als bei Menghini et al. (2006). Die Ergebnisse

zeigen, dass Studenten mit einer diagnostizierten LRS (n =

16) und Studenten ohne LRS (n = 18) eine vergleichbare

Leistung erbringen. Es zeigten sich keine Gruppenunter-

schiede hinsichtlich der Reaktionszeiten, weder in den

Triplets, in denen die Positionen der Kreise konform der

Reihenfolge waren, noch in den Triplets, in denen die Po-

sitionen der Kreise zufällig bestimmt waren. Studenten

mit einer LRS zeigten in dieser Studie demnach keine Be-

einträchtigung im impliziten Lernen von Reihenfolgen.

Es gibt jedoch auch Hinweise darauf, dass das implizite

Lernen bei Personen mit einer LRS geringer ausgeprägt ist

als bei Personen ohne eine LRS. In der Studie von Stoodley

et al. (2006) führten Studenten eine SRT-Aufgabe durch,

die drei Blöcke mit jeweils 100 Trials umfasste. In den Blö-

cken 1 und 3 erschienen die Stimuli (nicht spezifiziert) in

zufälliger Reihenfolge an bestimmten Positionen auf dem

Bildschirm. In Block 2 folgten die Positionen, in denen die

Stimuli auf dem Bildschirm erschienen, einer einfachen

Reihenfolge. Die Reihenfolge umfasste 10 Elemente (4-

3-2-1-3-4-2-3-1-2) und erschien zehn Mal innerhalb des

Blocks (insgesamt 100 Trials). Beide Gruppen zeigten eine

deutliche Abnahme der Reaktionszeiten im Verlauf des

zweiten Blocks, welche als Hinweis auf implizites Lernen

interpretiert wird. In den beiden Blöcken mit zufällig be-

stimmten Positionen (Block 1 und 3) unterschieden sich

die Reaktionszeiten von Studenten mit einer diagnostizier-

ten LRS (n = 19) und Studenten ohne LRS (n = 21) nicht

voneinander. In Block 2 reagierten die Studenten mit einer

LRS jedoch langsamer als die Studenten ohne LRS. Wäh-

rend der Unterschied in den Reaktionszeiten in der ersten

Hälfte von Block 2 (1. – 5. Wiederholung der Reihenfolge)

nicht statistisch signifikant war, erreichte der Unterschied

zwischen den beiden Gruppen im zweiten Teil des Blocks

(6. – 10. Wiederholung der Reihenfolge) statistische Signi-

fikanz. Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass das implizite

Lernen bei Studenten mit LRS zwar vorhanden, aber gerin-

ger ausgeprägt ist als bei Studenten ohne LRS.

Ein ähnliches Ergebnis berichten Howard, Howard,

Japikse und Eden (2006). Die in dieser Studie eingesetzte

SRT-Aufgabe enthielt Stimuli, die in einer komplexen Rei-

henfolge auf dem Bildschirm erschienen. Die Probanden

nahmen an zwei Sitzungen mit jeweils 20 Blöcken teil. Je-

der Block begann mit 10 Trials, in denen die Positionen der

Stimuli zufällig bestimmt waren, gefolgt durch 80 Trials, in

denen die Positionen der Stimuli einer komplexen Reihen-

folge folgten (z. B. A-r-B-r-D-r-C-r). Bei der Auswertung

wurde für jeden Probanden der Median der Reaktionszeiten

für zufällige Trials und für festgelegte Trials bestimmt und

über die Blöcke gemittelt. Wie in der Studie von Kelly et

al. (2002) reagierten Studenten mit LRS (n = 11) auch hier

insgesamt etwas langsamer auf die Stimuli als Studenten

ohne LRS (n = 12). Beide Gruppen zeigten jedoch einen

Lerneffekt, d. h. sie reagierten auf Stimuli, die in zufälliger

Reihenfolge angeboten wurden, signifikant langsamer als

auf Stimuli, die in der komplexen Reihenfolge angeboten

wurden. Eine signifikante Interaktion zwischen den Variab-

len «Gruppe» (LRS/keine LRS) und «Trial-Typ» (zufällig/

festgelegt) zeigt, dass dieser Lerneffekt bei den Studenten

mit LRS geringer ausgeprägt war. Ähnlich wie die Studie

von Stoodley et al. (2006), zeigt daher auch diese Studie,

dass Studenten mit einer LRS Reihenfolgen zwar implizit

lernen können, aber eine weniger stark ausgeprägte Lern-

kurve zeigen als Studenten ohne LRS.

Studien mit Kindern

Mehrere Studien zeigen, dass die SRT-Aufgabe auch bei

Kindern erfolgreich eingesetzt werden kann (Meulemans,

Van der Linden & Perruchet, 1998; Thomas & Nelson,

2001). Studien, die implizite Lernprozesse bei Kindern

mit einer LRS mittels SRT-Aufgaben untersucht haben,

berichten – ähnlich wie die Studien mit erwachsenen Pro-

banden – zum Teil widersprüchliche Ergebnisse.

Eine der ersten Studien (Waber et al., 2003) berichtet,

dass es keinen Zusammenhang gibt zwischen der Lese-

leistung von Kindern und deren Fähigkeit, Reihenfolgen

implizit zu lernen. An der Studie nahmen 7 – 11 jährige

Kinder teil, die zur Abklärung von Lernstörungen in einer

Klinik angemeldet wurden (n = 195), sowie eine Kontroll-

gruppe (n = 227). Um die eingesetzte SRT-Aufgabe kind-

gerecht zu gestalten, erschienen die Stimuli (Sternchen) in

nur drei unterschiedlichen Positionen auf dem Bildschirm.

Die SRT-Aufgabe umfasste 7 Blöcke mit jeweils 60 Trials.

In den Blöcken 1 und 6 waren die Positionen, in denen die

Stimuli auf dem Bildschirm erschienen, zufällig bestimmt.

In den übrigen Blöcken (Block 2 – 5 und 7) folgten die Po-

sitionen der Stimuli einer festgelegten, einfachen Reihen-

folge von 6 Elementen (2-3-1-2-1-3). Die Ergebnisse einer

Regressionsanalyse zeigen, dass die Leseleistung der Kin-

der die Leistung in der SRT-Aufgabe (gemessen anhand

der Reaktionszeit) vorhersagen kann. Allerdings zeigten

sich Gruppenunterschiede zwischen guten und schwachen

Lesern nur in den ersten vier Blöcken (langsamere RT bei

den schwachen Lesern). In den Blöcken 5 – 7, welche als

Indikator für implizites Lernen gesehen werden, zeigten

sich keine Gruppenunterschiede. Zudem zeigte sich, dass

die Leseleistung die implizite Lernleistung nicht signifi-

kant vorhersagen konnte, wenn andere Variablen (Alter,

Geschlecht, kognitive Fähigkeiten und Aufmerksamkeit)

kontrolliert wurden. Die Autoren schlussfolgern daher,

dass das implizite Lernen von Reihenfolgen bei Kindern

mit schwachen Leseleistungen nicht beeinträchtigt ist.

Zu dieser Schlussfolgerung kommt auch eine aktuelle

Studie von Menghini et al. (2010). An dieser Studie nah-

men Kinder und Jugendliche (8 – 17 Jahre) mit sehr schwa-

Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS84

chen Leseleistungen (LS-Gruppe) und mit durchschnittli-

chen Leseleistungen (Kontrollgruppe) teil. Bei keinem der

Teilnehmer lag eine ADHS vor. In der SRT-Aufgabe sahen

die Teilnehmer auf einem Bildschirm vier leere Vierecke.

Nacheinander färbte sich jeweils eines der vier Vierecke

rot. Die Teilnehmer sollten per Tastendruck angeben, wel-

ches Viereck eine rote Farbe annahm. Die Aufgabe um-

fasste 6 Blöcke mit jeweils 54 Trials. In Block 1 und 6 wa-

ren die Positionen der roten Vierecke auf dem Bildschirm

zufällig bestimmt. In Block 2 – 5 folgten die Positionen

der roten Vierecke einer einfachen Reihenfolge mit neun

Elementen. Es zeigte sich, dass Kinder aus der LS-Gruppe

(n = 60) und Kinder aus der Kontrollgruppe (n = 65) eine

vergleichbare Leistung erbrachten: Der Anstieg der Reak-

tionszeiten von Block 5 zu Block 6 unterschied sich nicht

signifikant zwischen den beiden Gruppen. Dieser Befund

überrascht, da Vicari, Finzi, Menghini, Marotta, Baldi und

Petrosini (2005) zuvor Kinder und Jugendliche (Durch-

schnittsalter: 11 Jahre) anhand derselben SRT-Aufgabe un-

tersucht und ein Defizit im impliziten Lernen bei Kindern

mit einer Lesestörung berichtet hatten. In der Studie von

Vicari et al. (2005) zeigten die Kontrollkinder (n = 16) eine

typische Lernkurve. Anders als bei Menghini et al. (2010)

zeigten die Kinder mit einer Lesestörung (n = 16) in die-

ser Studie jedoch keinen Lerneffekt, d. h. sie reagierten auf

Stimuli in einer festgelegten Reihenfolge ebenso schnell

wie auf Stimuli in zufälliger Reihenfolge. Menghini et al.

(2010) geben als mögliche Erklärung für die widersprüch-

lichen Ergebnisse an, dass Defizite im impliziten Lernen

– ähnlich wie Defizite phonologischer Fähigkeiten – bei

einigen, aber nicht bei allen Kindern mit einer Lesestörung

auftreten. Möglicherweise können die unterschiedlichen

Ergebnisse auch dadurch erklärt werden, dass in der Stu-

die von Vicari et al. (2005) Kinder mit einer ADHS nicht

systematisch ausgeschlossen wurden. Es besteht demnach

die Möglichkeit, dass das beschriebene Defizit impliziter

Lernprozesse primär auf Aufmerksamkeitsdefizite zurück-

geführt werden kann.

Diese Hypothese wird durch eine weitere Studie un-

terstützt. Stoodley, Ray, Jack und Stein (2008) über-

prüften implizites Lernen bei Kindern und Jugendlichen

(7 – 15 Jahre) mit schwachen Lese-Rechtschreibleistungen

(LRS-Gruppe) und bei Kontrollkindern. In der eingesetz-

ten SRT-Aufgabe erschien auf einem Bildschirm jeweils

eines von vier verschiedenen Tieren (grüner Fisch, blauer

Vogel, rosa Schwein oder gelbe Katze). Wenn der grüne

Fisch erschien, sollten die Teilnehmer eine grün markierte

Taste drücken, und wenn der blaue Vogel erschien, eine

blau markierte Taste. Bei den anderen beiden Tieren soll-

ten die Teilnehmer nicht reagieren. Die Aufgabe bestand

aus 3 Blöcken. In Block 1 sahen die Teilnehmer 40 Tiere

in zufälliger Reihenfolge. In Block 2 wurden 84 Tiere in

einer einfachen Reihenfolge abgeboten (14 Mal eine Se-

quenz von 6 Elementen: Katze-Fisch-Katze-Vogel-Fisch-

Schwein). Im dritten Block erschienen 30 Tiere in zufälli-

ger Reihenfolge. Die Ergebnisse zeigen, dass – anders als

in bisherigen Studien – die Kinder mit einer LRS (n = 45)

insgesamt schneller reagierten als die Kinder ohne eine

LRS (n = 44). Es zeigte sich also kein Hinweis auf eine

allgemein verlangsamte Informationsverarbeitung bei der

LRS. Während die Kontrollgruppe eine typische Lernkur-

ve zeigte, reagierten die Kinder mit einer LRS bei den Sti-

muli in festgelegter Reihenfolge (Block 2) langsamer als

bei den Stimuli in zufälliger Reihenfolge (Block 1). Die

Kinder mit einer LRS hatten die Reihenfolge der Stimuli

somit nicht implizit gelernt und nicht zur Verhaltensop-

timierung genutzt. Da Kinder mit einer ADHS auch in

dieser Studie nicht systematisch ausgeschlossen wurden,

könnte das berichtete implizite Lerndefizit allerdings auch

in dieser Studie theoretisch Aufmerksamkeitsdefiziten zu-

geschrieben werden.

Zeigt sich ein Defizit im impliziten Lernen von Rei-

henfolgen bei Kindern mit einer LRS demnach nur dann,

wenn Aufmerksamkeitsdefizite nicht systematisch kont-

rolliert wurden? Zwei Studien widersprechen dieser Hy-

pothese und berichten Defizite im impliziten Lernen bei

Kindern mit einer LRS, bei denen keine ADHS vorliegt.

Hierzu gehört die Studie von Vicari, Marotta, Menghini,

Molinari und Petrosini (2003), in der eine modifizierte

SRT-Aufgabe eingesetzt wurde. An dieser Studie nahmen

nur Kinder teil, die kein ADHS hatten (durchschnittliches

Alter: 10 Jahre). In der SRT-Aufgabe sahen die Kinder auf

einem Bildschirm unifarbene Kreise (grün, blau oder rot),

die jeweils einzeln in der Mitte eines Bildschirms erschie-

nen. Die Aufgabe bestand darin, auf einen grünen Kreis

mit einem Tastendruck zu reagieren. Es wurden 6 Blöcke

mit jeweils 74 Trials angeboten. In Block 1 und 6 wurden

die Kreise in zufälliger Reihenfolge angeboten, während

die Reihenfolge der Kreise in den Blöcken 2 bis 5 einer

einfachen Reihenfolge folgten (Sequenz aus 5 Elementen:

rot-blau-grün-rot-blau). Da die Kinder nur auf die grünen

Kreise reagieren sollten, lernten sie eine Reihenfolge vi-

sueller Stimuli und keine motorische Sequenz (Finger-

bewegungen). Während die Kontrollgruppe (n = 18) eine

typische Lernkurve zeigte, war die Differenz zwischen

den Reaktionszeiten in Block 5 und Block 6, welche als

Indikator für implizites Lernen gilt, bei Kindern mit ei-

ner Lesestörung (n = 18) nicht signifikant. In einem zwei-

ten Experiment lernten die Kinder eine neue Reihenfolge

( rot-rot-blau-grün-blau) auswendig, bevor sie die SRT-

Aufgabe bearbeiteten. Hier zeigte sich, dass – ähnlich

wie bei Kelly et al. (2002) und Howard et al. (2006) – die

Kinder mit einer Lesestörung zwar insgesamt langsamer

reagierten, aber eine vergleichbare Lernkurve zeigten wie

die Kontrollkinder. Diese Ergebnisse können so interpre-

tiert werden, dass Kinder mit einer Lesestörung ein Defi-

zit im impliziten Lernen zeigen, aber nicht im expliziten

Lernen. Da die teilnehmenden Kinder kein ADHS hatten,

können die berichteten Schwierigkeiten im impliziten Ler-

nen in dieser Studie nicht auf Aufmerksamkeitsdefizite zu-

rückgeführt werden.

Dieses Ergebnis konnte in der Studie von Jiménez-

Fernández, Vaquero, Jiménez und Defior (2011) repliziert

werden. Jiménez-Fernández et al. (2011, Experiment 2a)

Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS 85

untersuchten 8- und 9-jährige Kinder mit sehr schwachen

Leseleistungen (LS-Gruppe) oder sehr guten Leseleistun-

gen (Kontrollgruppe). Auch in dieser Studie hatte keines

der teilnehmenden Kinder eine diagnostizierte ADHS. Die

Kinder wurden mittels einer SRT-Aufgabe untersucht, in

der die Stimuli (Sterne) nacheinander in drei unterschied-

lichen Positionen auf einem Bildschirm erschienen. Die

Aufgabe umfasst 11 Blöcke mit 48 – 60 Trials. Im ersten

Block wurden die Sterne in zufällig bestimmten Posi-

tionen angeboten. Im zweiten Block wurde die Position

der Sterne durch zwei unterschiedliche Reihenfolgen be-

stimmt, einer Trainingssequenz (3-1-2-1-3-2) und einer

Kontrollsequenz (3-2-1-2-3-1). In diesem Block zeigten

sowohl Kinder ohne LS (n = 14) als auch Kinder mit LS

(n = 14) vergleichbare Reaktionszeiten für die beiden un-

terschiedlichen Sequenzen. In den Blöcken 3 – 9 und 11

folgten die Stimuli einer festgelegten Reihenfolge (der

Trainingssequenz). In Block 10 folgten die Stimuli hin-

gegen der Kontrollsequenz. Die Kontrollkinder (n = 14)

zeigten eine typische Lernkurve: Nach einer kontinuierli-

chen Abnahme der Reaktionszeiten, stiegen die Reaktions-

zeiten in Block 10 (Kontrollsequenz) sprunghaft an und

fielen in Block 11 (Trainingssequenz) wieder zurück auf

das Niveau, dass in Block 9 erreicht war. Die Kinder mit

einer LS (n = 14) zeigten ebenfalls eine leichte Abnahme

der Reaktionszeiten von Block 3 zu Block 9. Der Anstieg

der Reaktionszeiten von Block 9 zu Block 10 war jedoch

nicht signifikant, d. h. die Kinder reagierten auf Stimuli,

die einer intensiv trainierten Reihenfolge folgen ebenso

schnell wie auf Stimuli, in denen diese Reihenfolge auf-

gehoben wurde. Dieses Ergebnis bestätigt die Hypothese

eines impliziten Lerndefizits bei Kindern mit schwachen

Leseleistungen.

In einem Folgeexperiment (Jiménez-Fernández et al.,

2011, Experiment 2b) wurde das gleiche Stimulusmate-

rial in vergleichbaren Blöcken in derselben Stichprobe

eingesetzt. Der Unterschied zwischen den Experimenten

lag darin, dass den Kindern nach dem zweiten Block mit-

geteilt wurde, dass die Positionen der Stimuli einer fes-

ten Reihenfolge folgen und dass sie diese lernen sollen,

um schneller antworten zu können. In diesem Experiment

zeigten die Kinder mit schwachen Leseleistungen (n = 14)

und die Kontrollkinder (n = 14) eine vergleichbare Lern-

kurve. Ähnlich wie Vicari et al. (2003) schlussfolgern da-

her auch Jiménez-Fernández et al. (2011), dass Kinder mit

einer LRS zwar ein Defizit im impliziten Lernen zeigen

(Experiment 2a), aber keine Beeinträchtigung im explizi-

ten Lernen von Reihenfolgen (Experiment 2b).

Zusammenfassung und Diskussion

Studien, in denen anhand einer SRT-Aufgabe überprüft

wurde, ob Kinder und Erwachsene mit einer LRS ein De-

fizit im impliziten Lernen von Reihenfolgen zeigen, be-

richten unterschiedliche Ergebnisse. Tabelle 1 gibt einen

tabellarischen Überblick der Studien und stellt die Ergeb-

nisse zusammenfassend dar. Bei Studien mit erwachsenen

Probanden zeigt die Mehrzahl der Studien, dass Menschen

mit einer LRS in der SRT-Aufgabe eine vergleichbare

Lernleistung erbringen wie Probanden ohne eine LRS

und somit kein Defizit im impliziten Lernen von Reihen-

folgen zeigen (Bennett et al., 2008; Kelly et al., 2002;

Rüsseler et al., 2006). Andererseits wird in zwei Studien

berichtet, dass das implizite Lernen von Reihenfolgen bei

Menschen mit einer LRS weniger stark ausgeprägt als bei

gesunden Kontrollpersonen (Stoodley et al., 2006; How-

ard et al., 2006). In einer der beiden Studien (Howard et

al., 2006) lag jedoch bei 36 % der Probanden mit einer

LRS zusätzlich eine diagnostizierte ADHS vor, während

dies bei keiner der Kontrollpersonen der Fall war. Es ist

daher nicht auszuschließen, dass in dieser Studie die ver-

gleichsweise schwache Leistung von Personen mit einer

LRS durch Aufmerksamkeitsdefizite verursacht wurde. In

der zweiten Studie (Stoodley et al., 2006) werden leider

keine Angaben dazu gemacht, ob bei den Probanden eine

ADHS vorlag oder nicht. Auch in der bislang einzigen Stu-

die, in der Erwachsene mit einer LRS keinen Lerneffekt in

einer SRT-Aufgabe zeigen (Menghini et al., 2006), werden

keine Angaben zur Häufigkeit von Aufmerksamkeitsdefi-

ziten in der Stichprobe gemacht. Da die meisten Studien

kein Defizit in der SRT-Aufgabe berichten (auch dann

nicht, wenn Aufmerksamkeitsdefizite kontrolliert werden,

siehe Howard et al., 2006), lässt sich schlussfolgern, dass

Erwachsene mit einer LRS Reihenfolgen implizit lernen

und zur Verhaltensoptimierung nutzen können.

Bei Studien, in denen Kinder anhand einer SRT-Aufga-

be untersucht wurden, zeichnet sich hingegen ein anderes

Bild ab. Die Mehrzahl der Studien unterstützt die Hypo-

these, dass Kinder mit einer LRS ein Defizit im implizi-

ten Lernen von Reihenfolgen aufweisen. In vier Studien

zeigten Kinder mit einer LRS keinen Lerneffekt, d. h. sie

nutzen die Vorhersagbarkeit der Stimuli nicht zur Verhal-

tensoptimierung (Jiménez-Fernández et al., 2011; Vicari

et al., 2003, 2005; Stoodley et al., 2008). Da Kinder mit

einer ADHS in zwei der Studien nicht systematisch aus-

geschlossen wurden (Vicari et al., 2005; Stoodley et al.,

2008), stellt sich auch hier die Frage, ob die berichteten

Defizite im impliziten Lernen auf Aufmerksamkeitsdefi-

zite zurückgeführt werden können. An den anderen beiden

Studien nahmen jedoch ausschließlich Kinder ohne eine

ADHS teil, so dass Defizite in der SRT-Aufgabe bei Kin-

dern mit einer LRS zumindest nicht vollständig durch Auf-

merksamkeitsdefizite erklärt werden können.

Lediglich zwei Studien berichten, dass das implizi-

te Lernen von Reihenfolgen bei Kindern mit einer LRS

nicht beeinträchtigt ist (Menghini et al., 2010; Waber et

al., 2003). Die Interpretation der Ergebnisse von Waber

et al. (2003) wird jedoch dadurch erschwert, dass in der

SRT-Aufgabe die Vorkommenshäufigkeit bestimmter Po-

sitionen nicht kontrolliert wurde. Jiménez-Fernández et

al. (2011, Experiment 1) setzen die gleiche SRT-Aufgabe

ein und konnten zeigen, dass der berichtete Lernerfolg von

Kinder mit einer LRS in der Studie von Waber et al. (2003)

Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS86

theoretisch darauf zurückgeführt werden kann, dass die

Kinder die Vorkommenshäufigkeit bestimmter Positionen

gelernt hatten, und nicht die spezifische Reihenfolge.

Die Ergebnisse weisen somit mehrheitlich auf Schwie-

rigkeiten im impliziten Lernen von Reihenfolgen (Lernen

sequentieller Informationen) bei Kindern, aber nicht bei

Erwachsenen, mit einer LRS hin. Wie kann dieser Unter-

schiede zwischen den beiden Altersgruppen erklärt wer-

den? Zum einen muss kritisch angemerkt werden, dass die

erwachsenen Probanden in allen sechs Studien überdurch-

schnittlich gebildet waren (z. B. Studenten). Es handelt

sich bei den Teilnehmern um sogenannte high-function-ing dyslexics, also Personen, die ihre Schwierigkeiten

im Lesen und Schreiben gut kompensieren können. Dies

schränkt die Generalisierbarkeit der Ergebnisse deutlich

ein. Es ist durchaus denkbar, dass Erwachsene mit einer

LRS, die weniger gut kompensieren können, bei einer

SRT-Aufgabe eine geringere Leistung erbringen.

Eine weitere mögliche Erklärung für die unterschied-

lichen Befunde ist, dass Defizite im impliziten Lernen

bei einigen, aber nicht bei allen Personen mit einer LRS

auftreten. Ähnlich heterogene Befunde wurden in anderen

Bereichen (u. a. für Defizite in phonologischen Fähigkei-

ten) gefunden, so dass man mittlerweile davon ausgeht,

dass verschiedene Subtypen der LRS existieren.

Es besteht auch die Möglichkeit, dass Unterschiede in

der Durchführung der SRT-Aufgabe die Befunde erklären

können. Zunächst wurde überprüft, ob Variationen in der

Präsentationszeit vorhanden sind. Dies war jedoch nicht

der Fall. In allen SRT-Studien (mit Ausnahme von Vicari et

al., 2003) wurden die Stimuli so lange präsentiert, bis eine

Antwort gegeben wurde. Unterschiede im Interstimulus-

interval (ISI) sind zwar vorhanden, zeigen jedoch keinen

systematischen Zusammenhang mit dem Studienergebnis.

Ein wichtiger Unterschied zwischen den Studien be-

trifft die Komplexität der in der SRT-Aufgabe eingesetzten

Reihenfolge. Während bei Kindern ausschließlich SRT-

Aufgaben mit einfachen Reihenfolgen eingesetzt wurden,

verwendeten die Studien mit Erwachsenen teilweise auch

komplexe Reihenfolgen. Interessanterweise wurde bei

Erwachsenen mit einer LRS nur dann ein Defizit im im-

pliziten Lernen berichtet, wenn die Stimuli in einer einfa-

chen Reihenfolge erschienen (Menghini et al., 2006) und

somit eine Abfolge motorischer Handlungen (Fingerbe-

wegungen) gelernt werden musste. Keine Defizite wurden

hingegen berichtet in Studien, in denen keine motorische

Sequenzen vermittelt wurde, da komplexe Reihenfolgen

eingesetzt wurden (Bennett et al., 2008; Rüsseler et al.,

2006), bzw. zwei einfache Reihenfolgen übereinander ge-

lagert waren (Kelly et al., 2002).

Der Befund, dass in beiden Altersgruppen Defizi-

te im impliziten Lernen vor allem dann auftreten, wenn

eine einfache Reihenfolge einsetzt wird, könnte ein Hin-

weis darauf sein, dass Personen mit einer LRS spezielle

Schwierigkeiten beim Erlernen einer Abfolge motorischer

Handlungen (Fingerbewegungen) haben. Da bei komple-

xen Reihenfolgen die Position eines Stimulus die Position

des übernächsten Stimulus (n + 2) vorhersagt, führen die

Personen hier keine festgelegte Reihenfolge von Fingerbe-

wegungen aus.

Defizite in komplexen motorischen Handlungen wur-

den häufig als Unterstützung der Automatisierungsdefi-

zithypothese (Nicolson & Fawcett, 1999*) bewertet (u. a.

Fawcett et al., 1996). Da das Cerebellum bei der SRT-Auf-

gabe involviert ist (Daselaar, Rombouts, Veltman, Raaij-

makers & Jonker, 2003*; Menghini et al., 2006) haben ei-

nige Autoren ein Defizit in der SRT-Aufgabe ebenfalls als

Folge einer cerebellären Dysfunktion interpretiert (siehe

u. a Vicari et al., 2003). Allerdings wurde in keiner der hier

beschriebenen SRT-Studien überprüft, ob komorbide mo-

torische Defizite vorlagen. Es ist daher fraglich, ob die be-

richteten Defizite von Personen mit einer LRS tatsächlich

auf die motorische Komponente der SRT-Aufgabe oder

auf eine komorbide motorische Störung zurückgeführt

werden können.

Eine weitere mögliche Erklärung für den Befund, dass

Gruppenunterschiede vor allem dann auftreten, wenn eine

einfache Reihenfolge eingesetzt wird, sind Unterschiede

im verbalen Kurzzeit- und Arbeitsgedächtnis. Es ist theo-

retisch denkbar, dass Probanden die Reihenfolgen verbal

kodieren, was sich bei einfachen Reihenfolgen positiv auf

die Lernleistung auswirken könnte. In diesem Fall könnten

Beeinträchtigungen im verbalen Kurzzeit- und Arbeitsge-

dächtnis bei Personen mit LRS (siehe u. a. Smith-Spark &

Fisk, 2007) die berichteten Gruppenunterschiede bei Auf-

gaben mit einfachen Reihenfolgen erklären.

Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Probanden in

den hier beschriebenen Studien die Reihenfolgen verbal

kodiert haben. In den meisten Studien wurde im Anschluss

an die SRT-Aufgabe überprüft, ob die Probanden die ein-

gesetzte Reihenfolge (zumindest teilweise) wiedererken-

nen oder reproduzieren können. Dabei zeigte sich, dass die

Probanden sowohl bei Aufgaben mit komplexen Reihen-

folgen (Kelly et al., 2002; Howard et al., 2006) als auch bei

Aufgaben mit einfachen Reihenfolgen (Jiménez- Fernández

et al., 2011; Menghini et al., 2006, 2010; Stoodley et al.,

2006; Vicari et al., 2003, 2003) kaum explizites Wissen zu

den Reihenfolgen erworben hatten. Bei einer verbalen Ko-

dierung der Reihenfolgen wäre hingegen zu erwarten ge-

wesen, dass die Probanden diese (teilweise) wiedergeben

oder erkennen können. Der Befund, dass Defizite im im-

pliziten Lernen vor allem bei einfachen Reihenfolgen auf-

treten scheint daher nicht durch Unterschiede im verbalen

Kurzzeit- und Arbeitsgedächtnis erklärbar zu sein.

Studien, die ein AGL-Paradigma eingesetzt haben

Studien mit Erwachsenen

Bisher haben nur wenige Studien implizite Lernprozesse

bei Menschen mit einer LRS anhand einer AGL-Aufgabe

untersucht. Die – unseres Wissens – beiden einzigen Studi-

Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS 87

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Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS88

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(2010)

LR

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(2008)

LR

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(2003)

LR

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(2005)

LR

S:

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:

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16

LR

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(2003)

LR

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Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS 89

en mit erwachsenen Probanden kommen zu dem Ergebnis,

dass Erwachsene mit einer LRS keine Beeinträchtigung im

impliziten Lernen einer künstlichen Grammatik zeigen. In

der ersten Studie (Pothos & Kirk, 2004) wurde eine modifi-

zierte AGL-Aufgabe eingesetzt, in der die Buchstaben der

künstlichen Grammatik durch geometrische Formen (z. B.

Kreis, Viereck) ersetzt waren. Mittels dieser Grammatik

wurden Sequenzen bestehend aus 3 – 7 geometrischen

Formen konstruiert. Nach einer Lernphase, bestehend

aus 23 Items, sollten die Studenten in der Testphase 32

Items kategorisieren (16 grammatikalische und 16 nicht-

grammatikalische Items). Die Ergebnisse zeigen, dass die

Studenten mit einer LRS (n = 77) die künstliche Gramma-

tik gelernt hatten: Sie klassifizierten die Items in der Test-

phase überzufällig häufig richtig als grammatikalisch oder

nicht-grammatikalisch (55 % richtig). Im Gegensatz hierzu

lag die Leistung der Studenten ohne LRS (n = 146) nicht

signifikant über der Ratewahrscheinlichkeit (49 % richtig).

Die Autoren erklären dies so, dass die Studenten aus der

Kontrollgruppe möglicherweise explizit nach einer Struk-

tur in den Stimuli gesucht haben, wodurch sich ihre Leis-

tung verschlechterte. Unterstützt wird diese Interpretation

durch die Ergebnisse einer Studie von Reber (1976), in der

sich zeigte, dass explizite Bemühungen, Regelmäßigkeiten

in den Items einer AGL-Aufgabe zu entdecken, negative

Auswirkung auf das Lernen der künstlichen Grammatik

hat. Es ist jedoch unklar, ob die Studenten ohne LRS in

der Studie von Pothos und Kirk (2004) tatsächlich explizit

nach einer Struktur gesucht haben, da sie – anders als bei

Reber (1976) – nicht instruiert wurden dies zu tun.

Auch in der zweiten Studie (Rüsseler et al., 2006) zeig-

ten erwachsene Probanden mit einer diagnostizierten LRS

keine Beeinträchtigung in einer AGL-Aufgabe. In der

Studie sahen die Probanden in der Lernphase 20 Buchsta-

benfolgen bestehend aus 3 – 7 Buchstaben, die nach einer

künstlichen Grammatik konstruiert waren. Die Buchsta-

benfolgen wurden so oft präsentiert, bis die Probanden sie

vollständig reproduzieren (aufschreiben) konnten. Auch

in der Testphase wurden 48 Buchstabenfolgen präsentiert,

davon 24 grammatikalische und 24 nicht-grammatikali-

sche. Die Ergebnisse zeigen, dass Erwachsene mit einer

LRS (n = 12) und Erwachsene ohne LRS (n = 12) in der

Lernphase gleich viele Versuche benötigten, bis sie die

Buchstabenfolgen fehlerfrei aufschreiben konnten. Auch

in der Testphase zeigte sich kein signifikanter Unterschied

zwischen den Gruppen. Beide Gruppen klassifizierten

mehr Buchstabenfolgen korrekt als grammatikalisch rich-

tig oder grammatikalisch falsch, als man aufgrund der Ra-

tewahrscheinlichkeit erwarten würde (LRS: 62.1 % richtig,

Kontrollgruppe: 64.1 % richtig).

Studien mit Kindern

Ebenso wie die SRT-Aufgabe eignet sich auch die AGL-

Aufgabe für den Einsatz bei Kindern (Don, Schellenberg,

Reber, DiGirolamo & Wang, 2003). Bisher haben allerdings

nur sehr wenige Studien implizite Lernprozesse von Kin-

dern mit einer LRS anhand einer AGL-Aufgabe überprüft.

Pavlidou, Williams und Kelly (2009) verglichen in zwei

Experimenten die Leistung von Kindern mit und ohne

LRS in einer AGL-Aufgabe und überprüften, ob die Art

der Instruktion einen Einfluss auf die Lernleistung hat. An

der Studie nahmen ausschließlich Kinder ohne Aufmerk-

samkeitsdefizite teil. Beide Experimente zeigen, dass Kin-

der mit einer diagnostizierten LRS in einer AGL-Aufgabe

eine schwächere Leistung aufweisen als Kinder ohne eine

LRS. Im ersten Experiment führten Kinder (9 – 12 Jahre)

eine AGL-Aufgabe durch, in der – ähnlich wie bei Pothos

& Kirk (2004) – Buchstaben durch geometrische Formen

ersetzt waren (z. B. Kreis, Viereck, Diamant). Anhand der

Grammatik wurden Sequenzen bestehend aus 3 – 6 geo-

metrischen Formen konstruiert. In der Lernphase wurden

23 Lernitems je drei Mal angeboten (insgesamt 69 Lern-

trials). In der Testphase wurden 32 Items angeboten, da-

von 16 grammatikalische und 16 nicht-grammatikalische.

In der Testphase lag die Leistung der Kinder ohne LRS

(n = 16) signifikant über der Ratewahrscheinlichkeit (59 %

richtig). Die Leistung der Kinder mit einer LRS (n = 16)

lag hingegen nicht signifikant über der Ratewahrschein-

lichkeit (52 % richtig).

In einem zweiten Experiment untersuchten Pavlidou et

al. (2009) Kinder (9 – 12 Jahre) anhand derselben AGL-

Aufgabe. Der Unterschied zum ersten Experiment bestand

darin, dass die Kinder vor der Lernphase zwei explizite

Hinweise erhielten. Zum einen wurden sie über Art und

Länge der Items informiert (Reihenfolgen, die zwei bis

sechs geometrische Formen umfassen). Zum anderen er-

hielten die Kindern einen Hinweis auf das Vorhandensein

einer Regelmäßigkeit (auf einige Formen können nur be-

stimmte andere Formen folgen). Die spezifischen Regeln

der künstlichen Grammatik wurden jedoch nicht explizit

vermittelt. Die Ergebnisse zeigen, dass unter diesen Be-

dingungen die Leistung der Kontrollkinder (n = 17) eben-

falls signifikant über der Ratewahrscheinlichkeit lag (55 %

richtig), während die Leistung der Kinder mit einer LRS

(n = 17) sich nicht signifikant von der Ratewahrscheinlich-

keit unterschied (51 % richtig). Die Autoren schlussfol-

gern, dass das implizite Lernen einer künstlichen Gram-

matik bei Kindern mit einer LRS beeinträchtigt ist, und

zwar auch dann, wenn ein Hinweis auf das Vorhandensein

einer künstlichen Grammatik gegeben wird.

In einer weiteren Studie replizierten Pavlidou, Kelly und

Williams (2010) den Befund, dass Kinder mit einer diag-

nostizierten LRS eine schwächere Leistung in einer AGL-

Aufgabe zeigen als Kinder ohne LRS. In dieser Studie

führten Kinder (9 – 12 Jahre) dieselbe AGL-Aufgabe durch,

die Pavlidou und Kollegen vorher (Pavlidou et al., 2009)

eingesetzt hatten. Anders als bei Pavlidou et al. (2009)

lernten die Kinder diesmal in der Lernphase zunächst acht

Lernitems bestehend aus 2 – 5 geometrischen Formen aus-

wendig. Dabei wurde aufgezeichnet, wie viele Versuche

die Kinder benötigen, bis sie die Lernitems anhand von

geometrischen Formen aus Papier vollständig produzieren

Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS90

können. Es zeigte sich, dass die Kinder mit einer LRS (n =

16) und die Kinder ohne LRS (n = 16) die Lernitems gleich

schnell lernten. In der Testphase sollten die Kinder 20 neue

Items (Testitems, ebenfalls bestehend aus 2 – 5 geometri-

schen Formen) als grammatikalisch richtig oder falsch ka-

tegorisieren. Hier lag die Leistung der Kinder ohne LRS

signifikant über der Ratewahrscheinlichkeit (55 % richtig).

Im Gegensatz hierzu lag die Leistung der Kinder mit LRS

im Ratebereich (49 % richtig). Der Gruppenunterschied

war signifikant, d. h. die Kontrollkinder erbrachten eine si-

gnifikant bessere Klassifizierungsleistung.

Zusammenfassung und Diskussion

Nur wenige Studien haben bislang eine AGL-Aufgabe

eingesetzt um zu überprüfen, ob Menschen mit einer LRS

Defizite im impliziten Lernen einer künstlichen Gram-

matik zeigen. Tabelle 2 stellt diese Studien zusammen-

fassend dar. Studien mit erwachsenen Probanden (Pothos

& Kirk, 2004; Rüsseler et al., 2006) berichten, dass Er-

wachsene mit einer LRS keine Schwierigkeiten haben,

Regelmäßigkeiten aus angebotenem Stimulusmaterial zu

abstrahieren und auf neues Material anzuwenden. Studien

mit Kindern (Pavlidou et al., 2009, 2010) zeigen hinge-

gen, dass Kinder mit einer LRS Schwierigkeiten haben,

eine künstliche Grammatik zu lernen und anzuwenden und

zwar auch dann, wenn Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizi-

ten ausgeschlossen wurden.

Pavlidou et al. (2009, Experiment 1, 2010) berichten,

dass Kinder mit einer LRS in der AGL-Aufgabe nicht

signifikant über der Ratewahrscheinlichkeit liegen. Die

Autoren sprechen daher von einem Defizit im impliziten

Lernen einer künstlichen Grammatik. In beiden Studien

wurde nach Abschluss der Testphase ein Interview durch-

geführt. Die meisten Kinder berichteten, bei der Klassi-

fizierung geraten zu haben. Nur wenige Kinder gaben an

eine Strategie eingesetzt zu haben, welche sie allerdings

nicht verbal beschreiben konnten. Dieser Befund unter-

stützt die Annahme, dass die Abfolgen nicht verbal kodiert

wurden. Es ist daher unwahrscheinlich, dass eventuelle

Unterschiede im verbalen Kurzzeit- und Arbeitsgedächt-

nis die berichteten Gruppenunterschiede erklären können.

Bei der Interpretation der Ergebnisse sollte beachtet

werden, dass in beiden Studien die gemessenen Unter-

schiede zwischen Kindern mit einer LRS und Kontroll-

kindern eher gering waren. In der ersten Studie (Pavlidou

et al., 2009) wurden in der Testphase 32 Items angebo-

ten. Die Ratewahrscheinlichkeit lag demnach bei 16

richtig kategorisierten Items. Betrachtet man, wie viele

Items die Kinder richtig kategorisiert haben, so sieht man

in beiden Experimenten, dass der Unterschied zwischen

den Gruppen nicht sehr groß ist. Vor allem im zweiten

Experiment lag die Leistung der Kontrollkinder (M =

17.7) nur geringfügig über der Leistung der Kinder mit

einer LRS (M = 16.2). In der zweiten Studie (Pavlidou et

al., 2010) sollten die Kinder 20 Testitems kategorisieren,

d. h. die Ratewahrscheinlichkeit lag bei 10 richtig kate-

gorisierten Items. Die Leistung der Kontrollgruppe (M =

11.1) war zwar signifikant besser als die der Kinder mit

einer LRS (M = 9.8), insgesamt liegen die Leistungen

jedoch nicht weit auseinander. Aufgrund der schwachen

Datenlage sollte vorerst von einer Beeinträchtigung an-

stelle eines Defizits bei Kindern mit einer LRS gespro-

chen werden.

Allgemeine Diskussion

Implizites Lernen bezeichnet einen Lernprozess, der un-

bewusst abläuft und bei dem das Erlernte nur schwer ver-

balisiert werden kann (Berry & Dienes, 1993). Beim Le-

sen- und Schreibenlernen sind sowohl explizite als auch

implizite Lernprozesse involviert. Durch häufigen Kontakt

mit geschriebenen Wörtern lernen Kinder implizit, wie oft

und unter welchen Bedingungen bestimmte Buchstaben

und Laute aneinander gekoppelt sind und welche Buch-

stabenkombinationen häufig vorkommen (siehe Pacton

et al., 2001*; Steffler, 2001). Möglicherweise können die

Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben bei Kin-

dern mit einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS) dadurch

erklärt werden, dass die Fähigkeit, Regeln bzw. statistische

Zusammenhänge zwischen Lauten und Buchstabenfolgen

aus der geschriebenen Sprache zu abstrahieren und auf

neue Wörter anzuwenden, beeinträchtigt ist.

Es stellt sich daher die Frage, ob es einen Zusammen-

hang gibt zwischen der LRS und Defiziten im impliziten

Lernen von Regeln und Fragmenthäufigkeiten. Um diese

Frage zu beantworten, wurden in der vorliegenden Arbeit

Studien vorgestellt, in denen überprüft wurde, ob Personen

mit einer LRS Schwierigkeiten in experimentellen Auf-

gaben zum impliziten Lernen aufweisen. Es zeigte sich,

dass die Leistung von Kindern mit einer LRS in impliziten

Lernaufgaben tatsächlich beeinträchtigt ist. Studien, in de-

nen eine Serial Reaction Time (SRT) Aufgabe eingesetzt

wurde, berichten mehrheitlich Defizite im impliziten Ler-

nen von Reihenfolgen (Lernen sequentieller Information)

bei Kindern, aber nicht bei Erwachsenen, mit einer LRS.

Interessanterweise treten Defizite in der SRT-Aufgabe

vor allem dann auf, wenn die Positionen der Stimuli einer

einfachen Reihenfolge unterworfen sind (u. a. Jiménez-

Fernández et al., 2011; Menghini et al., 2006). Bei ein-

fachen Reihenfolgen lernen die Probanden eine Abfolge

motorischer Handlungen (Fingerbewegungen). Defizite in

komplexen motorischen Handlungen (z. B. Balancieren)

wurden unter anderem als Unterstützung der Automati-

sierungsdefizithypothese (Nicolson & Fawcett, 1999*) in-

terpretiert (u. a. Fawcett et al., 1996). Da das Cerebellum

bei der SRT-Aufgabe involviert ist (Daselaar et al., 2003*;

Menghini et al., 2006) haben einige Autoren ein Defizit

in der SRT-Aufgabe ebenfalls als Folge einer cerebellären

Dysfunktion interpretiert (u. a. Vicari et al., 2003).

Es ist jedoch fraglich, ob die berichteten Defizite im

impliziten Lernen tatsächlich durch die motorische Kom-

Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS 91

ponente der SRT-Aufgabe erklärt werden können. Studien,

in denen eine Artifial Grammar Learning (AGL) Aufgabe

eingesetzt wurde, zeigen nämlich, dass Kinder mit einer

LRS auch dann Schwierigkeiten im impliziten Lernen auf-

weisen, wenn die Aufgabe keine motorische Komponente

enthält. Die AGL-Aufgabe überprüft die Fähigkeit, kom-

plexe statistische Zusammenhänge in seriell präsentiertem

Material (z. B. Buchstabenfolgen) zu erkennen und auf

neues Material anzuwenden. Sie weist somit eine größere

Ähnlichkeit mit dem Schriftspracherwerb auf als die SRT-

Aufgabe. Die wenigen Studien, in denen eine AGL-Aufga-

be bei Personen mit einer LRS eingesetzt wurde, berichten

eine Beeinträchtigung impliziter Lernprozesse bei Kin-

dern, aber nicht bei Erwachsenen. Während Erwachsene

mit einer LRS eine künstliche Grammatik implizit lernen

und anwenden können (Pothos & Kirk, 2004; Rüsseler et

al., 2006), haben Kinder mit einer LRS offenbar Schwie-

rigkeiten, Regelmäßigkeiten aus komplexem Stimulusma-

terial zu abstrahieren und auf neues Material anzuwenden

(Pavlidou et al., 2009, 2010). Da in der AGL-Aufgabe

keine komplexen motorischen Handlungen erlernt werden

und keine Beteiligung des Cerebellum bekannt ist (Opitz

& Friederici, 2003; Thiel et al., 2003*), ist es eher unwahr-

scheinlich, dass eine cerebelläre Dysfunktion für die be-

richteten Schwierigkeiten verantwortlich ist.

Einige Autoren haben kritisch hinterfragt, ob in einer

SRT-Aufgabe tatsächlich ein impliziter Lernprozess statt-

findet (u. a. Shanks & St. John, 1994; Wilkinson & Shanks,

2004). Die Definition von implizitem Lernen beinhaltet,

dass das Erlernte nicht oder nur schwer verbalisiert werden

kann (Berry & Dienes, 1993). Implizites Lernen zeigt sich

demnach, wenn eine Dissoziation vorliegt zwischen dem

Verhalten von Probanden und der Bewusstheit bezüglich

des Wissens, auf dem das Verhalten basiert. Wenn Proban-

den in einer SRT-Aufgabe zeigen, dass sie die festgelegte

Reihenfolge der Stimuli zur Verhaltensoptimierung nut-

zen, aber die Reihenfolge nicht explizit angeben können,

kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass die

Probanden über implizites Wissen verfügen und somit ein

impliziter Lernprozess stattgefunden hat.

Shanks und St. John (1994) argumentieren hingegen,

dass wenn Probanden die Regeln nicht benennen können,

dies nicht zwingend bedeutet, dass ein impliziter Lern-

prozess stattgefunden hat. Zum Beispiel könnten Proban-

den sich des Erlernten nicht ausreichend sicher sein, um

es korrekt zu benennen. Oder das Wissen des Probanden

könnte zwar ausreichend sein, um das Antwortverhalten zu

erklären, aber es ist ein anderes als das, welches anhand der

Fragen überprüft wird (z. B. Fragen zu Regeln, obwohl die

Probanden Wissen zur Häufigkeit einzelner Fragmente ein-

Tabelle 2

Übersicht der Studien, in denen eine AGL-Aufgabe eingesetzt wurde

Stichprobe Stimuli Anzahl

Elemente

pro

Stimulus

Anzahl

Lernitems/

Testitems

Ergebnis

N Alter

(Jahre)

IQ Bildung ADHS

Erwachsene

Pothos & Kirk

(2004)LRS:

N = 77

KG:

N = 146

Gesamt-

stichprobe:

18 – 30 J.

- Studenten - geome-

trische

Formen

3 – 7 23/32 nur LRS-Gruppe zeigt

sign. Lern effekt1

Rüsseler et al.

(2006)LRS:

N = 12

KG:

N = 12

LRS:

28.8 (11)

KG:

32.8 (10)

LRS:

104 (10)

KG:

112 (7)

years of education

LRS:

11.7 (2)

KG:

13.2 (2)

- Buch-

staben

4 – 7 20/48 beide Gruppen zeigen

sign. Lerneffekt1,

kein signifikanter

Gruppenunterschied

Kinder

Pavlidou et al.

(2009)LRS:

N = 16

KG:

N = 16

Gesamt-

stichprobe:

10.6 (1)

- ausge-

schlossen

geome-

trische

Formen

3 – 6 23/32 nur KG zeigt sign.

Lerneffekt1,

signifikanter

Gruppenunterschied

Pavlidou et al.

(2010)LRS:

N = 16

KG:

N = 16

LRS:

9.3

KG:

9.3

> 85 ausge-

schlossen

geome-

trische

Formen

2 – 5 8/20 nur KG zeigt sign.

Lerneffekt1,

signifikanter

Gruppenunterschied

Anmerkungen: LRS: LRS-Gruppe, KG: Kontrollgruppe. Angabe von Mittelwerten (Standardabweichungen).1 In der Testphase liegt die Leistung der Probanden signifikant über der Ratewahrscheinlichkeit.

Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS92

gesetzt haben). Perruchet und Amorim (1992) und Shanks

und Johnstone (1999) berichten, dass Probanden in einer

SRT-Aufgabe explizites Wissen zu Fragmenten aus der Rei-

henfolge haben, welches dann zutage tritt, wenn ein adäqua-

ter Test zur Überprüfung des expliziten Wissens eingesetzt

wird. Zum Beispiel können Probanden Wissen zu einzelnen

Fragmenten (Bi- oder Trigramme) aus der Reihenfolge ha-

ben, welches nur in einer freien Wiedergabe (‹free genera-tion task›) zum Ausdruck kommt. Andere Studien zeigen

hingegen, dass das in einer SRT-Aufgabe erworbene Wissen

nicht bewusst kontrolliert werden kann und dass das Lernen

in einer SRT-Aufgabe daher unbewusst und implizit verlau-

fen muss (u.a. Destrebecqz & Cleeremans, 2001).

Die Frage, ob es sich bei dem in einer SRT-Aufgabe

erworbenen Wissen um implizites oder explizites Wissen

handelt, ist noch nicht abschließend geklärt. Destrebecqz

und Cleeremans (2001) argumentieren, dass es unrealis-

tisch sei, anzunehmen eine experimentelle Aufgabe könne

«pur» sein, also entweder ausschließlich implizites oder

ausschließlich explizites Wissen beinhalten. Auch bei

Wissen zu geschriebenen Wörtern und Buchstabenfolgen

handelt es sich nicht ausschließlich um implizites Wissen.

Die Möglichkeit, dass das in einer SRT-Aufgabe erworbe-

ne Wissen zumindest teilweise explizit ist, schmälert nicht

die Relevanz der Ergebnisse aus den Studien, in denen

Kinder mit einer LRS anhand einer SRT-Aufgabe unter-

sucht wurden, da Kinder auch beim Schriftspracherwerb

explizites Wissen zu geschriebenen Wörtern erwerben.

In welchem Zusammenhang stehen die hier dargestell-

ten Ergebnisse nun mit den Schwierigkeiten im Lesen und

Rechtschreiben, die bei der LRS beobachtet werden? Aus

den hier vorgestellten Arbeiten lässt sich schlussfolgern,

dass zumindest ein Teil der Kinder mit einer LRS sowohl

im impliziten Lernen von Reihenfolgen (gemessen mit

SRT-Aufgaben) als auch im impliziten Lernen von Regeln

und Fragmenten (gemessen mit AGL-Aufgaben) beein-

trächtigt ist. Diese Kinder haben demnach Schwierigkei-

ten, Informationen aus komplexen Lernsituationen zu abs-

trahieren und auf neues Material anzuwenden.

Die Schriftsprache ist eine solche komplexe Lernsi-

tuation. Aufgrund der Komplexität der Schriftsprache ist

anzunehmen, dass Kinder einen großen Teil des Wissens

zu Wörtern und Buchstabenfolgen eher beiläufig durch

vielfältigen Kontakt mit geschriebenen Wörtern erwerben.

Die hier zusammengefassten Befunde unterstützen die Hy-

pothese, dass dieser implizite Erwerb der Schriftsprache

bei Kindern mit einer LRS beeinträchtigt ist. Die berich-

teten Schwierigkeiten im impliziten Lernen können dazu

führen, dass Kinder mit einer LRS trotz häufigem Kontakt

mit geschriebenen Wörtern nicht implizit lernen, welche

Buchstabenfolgen häufig vorkommen und wie oft bzw.

unter welchen Bedingungen Buchstaben an bestimmte

Laute gekoppelt sind. Mehrere Autoren postulieren, dass

die Kombination aus einem phonologischen Defizit und

einer Beeinträchtigung des impliziten Lernens dazu führt,

dass Kinder Schwierigkeiten haben, stabile Phonemreprä-

sentationen zu entwickeln und zu lernen, welche Graphe-

me häufig mit diesen Phonemen assoziiert sind, so dass

Graphem-Phonem-Korrespondenzen nicht ausreichend

automatisieren (siehe Howard et al., 2006; Sperling, Lu

& Manis, 2004). Es ist anzunehmen, dass die Kombinati-

on aus schwachen phonologischen Fähigkeiten und einer

Beeinträchtigung des impliziten Lernens auch dazu führt,

dass die Entwicklung des «stochastischen Gedächtnisses»

für Buchstabenfolgen (Aaron et al., 1998) verzögert ist.

Die resultierende fehlende Automatisierung von Phonem-

Graphem-Korrespondenzen und Rechtschreibkonventio-

nen gehören zu den Hauptmerkmalen der LRS.

Abschließend ist es noch wichtig zu erwähnen, dass bis-

lang keine Längsschnittstudien vorliegen. Eine eindeutige

Aussage darüber, ob Defizite im impliziten Lernen eine

kausale Rolle bei der Entwicklung von Schwierigkeiten

im Lesen und Rechtschreiben spielen, ist daher momen-

tan nicht möglich. Aufgrund der Schwierigkeiten im Lesen

und Schreiben lesen viele Kinder mit einer LRS vergleichs-

weise wenig und haben folglich weniger Kontakt mit ge-

schriebenen Wörtern. Eine fehlende Automatisierung von

Graphem-Phonem-Korrespondenzen und Rechtschreib-

konventionen könnte theoretisch darauf zurückzuführen

sein, dass Kinder mit einer LRS weniger Gelegenheiten

zum impliziten Lernen der Schriftsprache haben. Die hier

vorgestellten Ergebnisse zeigen jedoch, dass Kinder mit ei-

ner LRS auch dann Schwierigkeiten im impliziten Lernen

zeigen, wenn kein sprachliches Material eingesetzt wird

und eine verbale Kodierung äußerst unwahrscheinlich ist.

Dies legt die Vermutung nahe, dass Schwierigkeiten im

impliziten Lernen von visuell präsentierten Reihenfolgen

und Fragmenten bei der Entstehung von Schwierigkeiten

im Lesen und Rechtschreiben eine wichtige Rolle spielen.

Implikationen für die Praxis

Der aktuelle Stand der Forschung zeigt, dass Kinder

mit einer LRS Schwierigkeiten im impliziten Lernen

haben. Möglicherweise ist dies der Grund dafür, dass

Graphem-Phonem-Korrespondenzen und orthographi-

sches Wissen auch bei häufigem Kontakt mit geschrie-

benen Wörtern nicht automatisieren. Bei der Förderung

der Lese-Rechtschreibleistung sollten Förderprogram-

me eingesetzt werden, die explizites Wissen zu Phonem-

Graphem-Korrespondenzen und Rechtschreibregeln

vermitteln. Förderprogramme, die dieses Kriterium

erfüllen und nachweislich die Lese-Rechtschreibleis-

tung von Kindern mit einer LRS verbessern, sind die

«Lautgetreue Lese-Rechtschreibförderung» (Reuter-

Liehr, 2008; Evaluation siehe Reuter-Liehr, 1993) und

das «Marburger Rechtschreibtraining» (Schulte-Körne

& Mathwig, 2009; Evaluation siehe Schulte-Körne,

Deimel & Remschmidt, 1998, 2003; Schulte-Körne,

Deimel, Hülsmann, Seidler & Remschmidt, 2001).

Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS 93

Forschungsmethoden

Serial Reaction Time (SRT) Aufgabe

In einer typischen SRT-Aufgabe (Nissen & Bullemer,

1984*) sehen die Teilnehmer eine Abfolge von Stimuli

(z. B. Sternchen), die nacheinander in vier unterschied-

lichen Positionen (A, B, C und D) auf einem Bildschirm

erscheinen. Die Probanden haben die Aufgabe, bei jedem

Stimulus per Tastendruck anzugeben, in welcher Posi-

tion der Stimulus erscheint. Hierfür wird jeder Position

auf dem Bildschirm eine korrespondierende Taste auf der

Tastatur zugewiesen. Die Probanden sollen möglichst

schnell und möglichst genau reagieren. Es wird ihnen

nicht mitgeteilt, dass die Stimuli einer festgelegten Rei-

henfolge folgen. Je nach Studie handelt es sich um eine

einfache Reihenfolge (z. B. D-B-C-A-C-B-D-C-B-A)

oder um eine komplexe Reihenfolge («second-order se-quence»), in der die Position eines Stimulus die Position

des übernächsten Stimulus bestimmt (z. B. D-r-B-r-A-r-

C-r-D-r-A-r, wobei «r» für einen Stimulus mit zufällig

(random) bestimmter Position steht). Die abhängigen

Variablen sind die Reaktionsgeschwindigkeit (RT) und

die Anzahl der Fehler. Da die Fehlerzahl üblicherweise

sehr gering ist, basiert die Auswertung in den meisten

Studien auf der Reaktionsgeschwindigkeit.

Eine SRT-Aufgabe besteht aus mehreren Abschnitten

(Blöcken). Im ersten Block erscheinen die Stimuli in

zufällig bestimmten Positionen. In den folgenden Blö-

cken folgen die Positionen der Stimuli einer festgelegten

Reihenfolge. Üblichweise verbessern die Probanden ihre

Reaktionszeiten im Laufe des Experiments kontinuier-

lich. Um zu überprüfen, ob es sich um einen unspezifi-

schen Trainingseffekt handelt, oder ob die Verbesserung

der Reaktionszeiten darauf zurückzuführen ist, dass die

Probanden die Vorhersagbarkeit der Stimuli zur Verhal-

tensoptimierung nutzen, folgt am Ende des Experiments

erneut ein Block mit Stimuli in zufällig bestimmten Po-

sitionen. Typischerweise steigen die Reaktionszeiten nun

wieder an. Die Differenz zwischen den Reaktionszeiten

in dem letzten Block mit festgelegter Reihenfolge und

dem darauf folgenden allerletzten Block mit zufälliger

Reihenfolge wird als Index für implizites Lernen be-

trachtet. Da die Probanden die Reihenfolge der Stimuli

einer SRT-Aufgabe in der Regel nicht verbalisieren oder

reproduzieren können, wird angenommen, dass implizi-

tes Lernen stattgefunden hat.

Artificial Grammar Learning (AGL) Aufgabe

Eine klassische AGL-Aufgabe (Reber, 1967*) besteht

aus einer Lernphase und einer Testphase. In der Lern-

phase lernen Probanden Buchstabenfolgen (Lernitems,

z. B. TPTS, TTXVS). Erst nach Abschluss der Lernphase

erfahren die Probanden, dass die Buchstabenfolgen nach

den Regeln einer künstlichen Grammatik konstruiert

sind (siehe Abb. 1). Die Regeln der Grammatik werden

jedoch nicht erläutert. In der anschließenden Testphase

werden neue Buchstabenfolgen (Testitems) präsentiert

und die Probanden sollen beurteilen, ob diese ebenfalls

nach den Regeln der Grammatik konstruiert sind (z. B.

TTS) oder nicht (z. B. PTTS). Das heißt, sie sollen die

neuen Buchstabenreihen als «grammatisch richtig» oder

«grammatisch falsch» kategorisieren. Üblicherweise

liegt die Leistung der Probanden über der Ratewahr-

scheinlichkeit. Da die Regeln der künstlichen Gram-

matik nur in Ausnahmefällen von den Probanden wie-

dergegeben werden können, geht man davon aus, dass

ein impliziter Lernprozess stattfindet (Reber, 1967*).

In der Literatur wurde diskutiert, was genau in der

Lernphase einer AGL-Aufgabe geschieht. Lernen die

Probanden tatsächlich die Regeln einer künstlichen

Grammatik oder lernen sie die Vorkommenshäufigkeit

einzelner Fragmente? Reber postulierte, dass Probanden

während der Lernphase abstrakte interne Repräsentati-

onen der Regeln formen (Reber & Allen, 1978). Mitt-

lerweile ist die vorherrschende Meinung jedoch, dass

AGL-Aufgaben auch ohne Regelwissen erfolgreich bear-

beitet werden können (siehe Pacton et al., 2001*; Pothos,

2007). So wurde wiederholt gezeigt, dass das Antwort-

verhalten von Probanden vollständig durch die Vorkom-

menshäufigkeiten bestimmter Bi- und Trigamme in der

Lernphase erklärt werden kann (u. a. Channon, Shanks,

Johnstone, Vakili, Chin & Sinclair, 2002; Johnstone &

Shanks, 1999; Redington & Chater, 1996). Es gibt auch

Hinweise darauf, dass Probanden in einer AGL-Aufgabe

sowohl Regelwissen als auch Fragmentwissen erwerben

und beide Arten von Wissen bei der Klassifikation neuer

Buchstabenreihen einsetzen (Knowlton & Squire, 1996;

Meulemans & Van der Linden, 1997). Unabhängig da-

von, ob die Klassifizierung der Testitems auf Regel- oder

auf Fragmentwissen basiert, wird von einem impliziten

Lernprozess ausgegangen.

Abbildung 1. Schematische Darstellung einer künstli-

chen Grammatik nach Reber (1967). Anmerkung: Reproduktion aus Reber (1967) mit Genehmigung

von Elsevier.

S1 S2

S3 S4

S0 S0‘IN OUT

T

V

T

V

S

S

X

X

P

S1 S2

S3 S4

S1 S2S1S1 S2S2

S3 S4S3S3 S4S4

S0 S0‘S0S0 S0‘S0‘IN OUT

T

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T

V

S

S

X

X

P

Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

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Extended abstract

Implicit learning and dyslexia: Are Implicit Learning Defi-cits Involved in the Development of Reading and Spelling Difficulties?

Background: About 5 % of school-aged children are affected by dyslexia. There has been intensive research on the causes of dyslexia, but little is known about how the acquisition of read-ing and spelling skills differs between dyslexic and typically developing children. Teachers and parents usually teach graph-eme-phoneme correspondences and spelling rules explicitly, but the inconsistencies and complexities of written language suggest that implicit learning processes are also involved. Chil-dren have indeed been found to have implicit knowledge about the frequency of letter patterns (bi- and trigrams) in written words (Cassar & Treiman, 1997; Pacton, Perruchet, Fayol, & Cleeremans, 2001). It has therefore been hypothesized that im-plicit learning deficits play a role in the development of read-ing and spelling difficulties. Recent studies have examined the performance of dyslexic children and adults on the serial reac-tion time task (SRTT) and artificial grammar learning (AGL). In the SRTT, a stimulus appears in one of four positions on a screen. Participants are asked to indicate the position by press-ing the corresponding key as rapidly as possible. Unknown to them, the position of the stimulus over trails conforms to a fixed sequence. SRTT has therefore been described as a motor sequence learning task that requires the learning of a sequence of finger movements. In AGL, participants are presented with practice items (usually letter strings) that are generated accord-ing to an artificial grammar. Subsequently, they are told that the items followed a set of rules. Participants are then asked to indicate whether new items conform to these rules or not. AGL has been described as a non-motor task that requires the recognition of complex statistical relationships in serially pre-sented material. In addition, AGL requires the ability to apply the resulting knowledge of frequent bi- and trigrams to new material. These processes are very similar to those involved in the acquisition of reading and spelling skills.Aim: The aim of this review is to provide an overview of stud-ies that have investigated implicit learning in dyslexic children and adults using SRTT or AGL. Methods: A literature search resulted in 12 studies that com-pared performance of dyslexic individuals on the SRTT to the performance of healthy controls. Of these, six studies com-pared dyslexic children's performance to the performance of typically developing children. In addition, four studies were found in which AGL was used to study implicit learning in dyslexic individuals. Two studies compared dyslexic children to typically developing children and two studies investigated the performance of dyslexic adults.

Results: Regarding SRTT performance, most studies report a significant learning curve in dyslexic adults. In contrast, the majority of studies with children report impaired implicit learn-ing in dyslexia. It is important to note that the studies differ with regard to the complexity of the sequence used in the SRTT. Successful learning of a simple sequence is considered to be indicative of the learning of a sequence of finger movements, but successful learning of a complex sequence is not. Interest-ingly, in both age groups, implicit learning impairments were particularly evident if a simple sequence was used, suggesting a specific deficit in motor sequence learning. Regarding AGL performance, no implicit learning impairments in adult dyslex-ics are reported. Studies that compared AGL performance of dyslexic and typically developing children, on the other hand, found impaired implicit learning in children with dyslexia. Their classification performance did not exceed chance levels, suggesting that implicit learning had not taken place.

Discussion: Implicit learning is an unintentional and automatic learning process that seems to be involved in the acquisition of reading and spelling skills. Deficits in implicit learning have therefore been hypothesized to be involved in the development of poor literacy skills. Only few studies have so far investigated implicit learning in dyslexia. Most of these studies demonstrate that implicit learning is impaired in dyslexic children. Studies that used the SRTT report impaired performance on simple sequences, suggesting a deficit in sequence learning. Dyslexic children were also found to be impaired in AGL, suggesting a deficit in the ability to learn about statistical relationships in se-rially presented material. This deficit might lead to difficulties in the implicit learning of frequent letter chunks in written words. Implications for reading and spelling intervention are discussed.

Key words: dyslexia, implicit learning, serial reaction time, artificial grammar learning

Lern. Lernstör. 1 (2) © 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

E. Ise & G. Schulte-Körne: Implizites Lernen und LRS 95

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Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne

Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,

Psychosomatik und Psychotherapie

Ludwig-Maximilians-Universität München

Nußbaumstr. 5a

DE-80336 München

[email protected]