Ambivalenzen einer Beziehung: Das Tier in der Theologie, in: Disziplinierte Tiere? Perspektiven der...

34
Theologie: Ambivalenzen einer Beziehung und ein Plädoyer für eine antispeziesistische Theologie 1 J ULIA EVA WANNENMACHER »Winde wiegen die mir umgetane Schlange, innen in des Baums Gerüst. Sieh, ein Lächeln, spitz durchzückt vom Zahne und beleuchtet vom Gelüst, wagt sich in den Garten wie zur Jagd, und aus meinem Dreieck von Smaragd schlüpft die Doppelzunge, fädig, fein ... Ich bin Tier, doch keins ist scharf wie ich, und mein Gift, obzwar gemein, läßt des Schierlings Weisheit hinter sich …« RAINER MARIA RILKE, ENTWURF EINER SCHLANGE 2 1 Der Kürze und leichteren Lesbarkeit halber ist in diesem Text auch von ‚Mensch‘ und ‚Tier‘ die Rede, statt ausschließlich von menschlichen und nichtmenschlichen Tieren, wie es allerdings der Sache nach zutreffender wäre. - Ich danke Prof. Dr. Jean-Claude Wolf für kritische Lektüre und hilfreiche Hinweise. 2 Valery (1997: 377f.)

Transcript of Ambivalenzen einer Beziehung: Das Tier in der Theologie, in: Disziplinierte Tiere? Perspektiven der...

Theologie:

Ambivalenzen einer Beziehung – und ein Plädoyer für eine

antispeziesistische Theologie1

JULIA EVA WANNENMACHER

»Winde wiegen die mir umgetane

Schlange, innen in des Baums Gerüst.

Sieh, ein Lächeln, spitz durchzückt vom Zahne

und beleuchtet vom Gelüst,

wagt sich in den Garten wie zur Jagd,

und aus meinem Dreieck von Smaragd

schlüpft die Doppelzunge, fädig, fein ...

Ich bin Tier, doch keins ist scharf wie ich,

und mein Gift, obzwar gemein,

läßt des Schierlings Weisheit hinter sich …«

RAINER MARIA RILKE,

ENTWURF EINER SCHLANGE2

1 Der Kürze und leichteren Lesbarkeit halber ist in diesem Text auch von ‚Mensch‘ und

‚Tier‘ die Rede, statt ausschließlich von menschlichen und nichtmenschlichen Tieren, wie

es allerdings der Sache nach zutreffender wäre. - Ich danke Prof. Dr. Jean-Claude Wolf für

kritische Lektüre und hilfreiche Hinweise. 2 Valery (1997: 377f.)

2 | JULIA EVA WANNENMACHER

EXPOSITIO: THEOLOGIE UND HUMAN-ANIMAL STUDIES?

»Ich träumte davon, eine unerhörte Grammatik und eine unerhörte Musik zu erfinden, um

eine Szene zu machen, die weder menschlich noch göttlich noch tierlich wäre, um all die

Diskurse über das besagte Tier, all die anthropo-theomorphen oder anthropo-

theozentrischen Logiken oder Axiomatiken, die Philosophie, die Religion, die Politik, das

Recht, die Ethik anzuprangern, um in ihnen, just im menschlichen Sinne des Wortes, ani-

malische Strategien zu erkennen, Strategeme, Listen und Kriegsmaschinen, Verteidi-

gungs- oder Angriffsmanöver, Operationen des Jagens, Beutemachens oder Verführens, ja

der Auslöschung in einem unerbittlichen Kampf zwischen vorausgesetzten Arten. Als ob

ich, in aller Unschuld, von einem Tier träumte, das dem Tier nichts Böses wollen würde.«

(Derrida 2010: 101)

Wir alle sind Tiere, die Grenze zwischen uns und ihnen ist nicht nur fließend, sie

ist inexistent – spätestens seit Jacques Derridas nachgelassenem Text Das Tier,

das ich also bin ist die anthropologische Differenz, die in der Geschichte der

Neuzeit von Charles Darwin grundsätzlich relativiert wurde und von der Biolo-

gie bis heute täglich weiter minimiert wird, nun auch philosophisch eine Nonen-

tity geworden. Aber was hat die Theologie zur Frage nach dem Tier, oder neuer-

dings auf dem Feld der Human-Animal Studies beizutragen? Am Ende des 20.

Jahrhunderts gaben zwei Theologen darauf ganz unterschiedliche Antworten.

Einer sprach der gegenwärtigen Theologie und ihren Vertreter_innen von Grund

auf jede Voraussetzung dazu ab:

»Alle christliche Theologie scheint noch heute notwendig auf der Voraussetzung zu beru-

hen, daß ausgerechnet wir, die Vertreter der Spezies homo sapiens sapiens, die unüber-

bietbare Kumulation aller Entfaltungsmöglichkeiten der Evolution darstellen; der Grund:

nur in der Gestalt dieser Spezies ist der Christus erschienen. Dieselben Theologen, die aus

der Auferstehung Christi die großartigsten Visionen über das Schicksal einer kommenden

Menschheit herauslesen, scheinen nicht zu merken, daß sie bei all ihren Wunschphanta-

sien, die sie ›Verheißungen‹ nennen und mit ›Glauben‹ verwechseln, im Grunde völlig

statisch das jetzige Bild der Evolution festschreiben. Wer werden wir Menschen, sollten

wir uns nicht selber den Garaus bereiten, in zwei Millionen Jahren sein? – Bei dem heuti-

gen Tempo geschichtlicher Entwicklung eine unbeantwortbare, aber absolut notwendige

Frage! Sicher ist nur, dass wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Evolution den Tieren

noch weit näher stehen als der Ahnung des Menschlichen, die wir bereits in uns tragen.

›Das missing link zwischen Affe und Mensch sind wir selber‹, meinte zu Recht Konrad

Lorenz. Die eigentliche Menschwerdung hat kaum erst begonnen [...] Es ist nicht anders

THEOLOGIE | 3

möglich: der Glaube an die Unsterblichkeit des Menschen müsste uns Theologen zu der

Bereitschaft nötigen, ins Unendliche dazuzulernen und die dogmatischen Grundsätze des

Christentums zu erweitern.« (Drewermann 1990: 39-41)

So zeichnet Eugen Drewermann das Bild einer in Selbstherrlichkeit erstarrten

Disziplin, der ihre Lernfähigkeit, die das eigentliche Kennzeichen eines idealen

Menschseins ist, abhandengekommen ist. Gleichzeitig schreibt er selbst traditio-

nelle Kategorien von Mensch und Tier fest, wobei das Tier als Ausgangspunkt

einer Entwicklung vorgestellt wird, während am Ziel und Ende des Prozesses ein

idealer Mensch steht, von dem die gegenwärtige Menschheit noch weit entfernt

ist. Das Spiegelbild wird zum Ideal, das Tier zum Zerrbild des Menschen; in sei-

ner Kritik am Anthropozentrismus beschwört Drewermann gleichzeitig den idea-

len Menschen oder den Menschen, so wie er sein könnte, als Nonplusultra irdi-

scher Existenz – als Anthropozentrismus through the backdoor; gleichzeitig, in

seiner Darstellung des Status quo, ein nur allzu getreues Abbild der Verhältnisse,

oder des prekären Verhältnisses, in das menschliche Hybris den vermeintlich

klügsten aller Primaten gebracht hat.

Ein anderer zeitgenössischer Theologe meinte im Gegenteil, dass die Theo-

logie zur Frage nach dem Tier sehr viel beizutragen habe oder sogar unabdingbar

sei, indem nämlich die Tierrechtsbewegung ohne die Theologie Gefahr laufe, in

einer philosophischen Zwangsjacke zu enden, die Moralismus und Selbstgerech-

tigkeit heißt. Moralische Vorschriften ohne das grundlegende Bewusstsein der

unbedingten eigenen Fehlbarkeit führen unabwendbar in die Sackgasse eines

moralischen Triumphalismus, meint Andrew Linzey,3 und er rät: »When we

reach strongly held principles that are implicitly critical of the actions of our fel-

low humans, then we always need to look at ourselves and take stock.« (Linzey

1994: 112) Denn, gibt Linzey zu bedenken, wir alle profitieren in so vielfältiger

Weise von Missbrauch und Ausbeutung der Tiere, dass niemand von uns frei

von Schuld ist, einfach indem wir konsumieren oder auch nur Steuern zahlen.

Aus Sicht der Theologie wiederum ist zu fragen, warum sich Theologie mit

Human-Animal Studies beschäftigen sollte? Das ist zunächst eine Frage an die

theologische Ethik. Geht es bei ethischen Fragen nicht auch ohne Theologie?

Karl Barth erklärte zwar, dass Ethik »nicht von Haus und nicht selbstverständ-

3 »Theology provides a way in which animal rights theory can be released from its cur-

rent philosophical straightjacket. Perhaps it is not going too far to say that the contem-

porary animal rights movement needs theology to help save itself from its own degen-

eration into moralism and self-righteousness, the second of which in particular strikes

me as very serious indeed.« Linzey (1994: ix)

4 | JULIA EVA WANNENMACHER

lich gerade theologische Ethik« sein müsse (Barth 1973: 30). Für ihn ist Ethik

»die wissenschaftliche Selbstprüfung der christlichen Kirche hinsichtlich der

Frage, wie sie in ihrem Tun und in ihrer Ordnung dem Inhalt der eigentümlichen

Rede von Gott entsprechen kann« (Ficker Stähelin 2006: 135). Theologie geht

also nicht ohne Ethik. Aber geht es nicht bei der Theologie und damit auch bei

der theologischen Ethik zuerst und vor allem oder gar einzig und allein um den

Menschen – und nicht um das Tier? Wer diese Frage erwägt, muss in Betracht

ziehen, dass der Mensch schlichtweg nicht umhin kann, mit Tieren Umgang zu

haben, ob tot oder lebendig. Ohne Zweifel: Die Frage nach dem rechten Umgang

mit dem Tier ist gegenwärtig aktueller denn je. Wenn Theologie, wie Karl Barth

meinte, von der Frage angetrieben wird »Was sollen wir tun«, dann kann Theo-

logie gar nicht umhin, sich der Frage nach dem Verhältnis zwischen Mensch und

Tier zu stellen (Clough 2012: x): »Lieber soll [die christliche Gemeinde] dreimal

zu viel für die Schwachen eintreten, als einmal zu wenig, lieber unangenehm laut

ihre Stimme erheben, wo Recht und Freiheit gefährdet sind, als angenehm lei-

se!« (Barth 1945: 329)

Theologie verfehlte ihre Aufgabe, entzöge sie sich den Fragen und Anforde-

rungen der Human-Animal Studies und der Aufforderung, ihren Beitrag auf die-

sem Gebiete zu leisten. Dabei gibt es nach Barth weder zeitlose Wahrheiten noch

ein festgeschriebenes Programm für eine theologische Ethik; vielmehr geht es

um das richtige Handeln im Hier und Jetzt, für das der Theologe »in der […]

konkreten Situation neue und mögliche Konsequenzen des Evangeliums« fordert

(Ficker Stähelin 2006: 144).

TIERE ALS SUBJEKTE UND OBJEKTE DER THEOLOGIE

Ambivalenzen ... die Beziehung zwischen Gott und dem Tier, oder dem mensch-

lichen Denken von Gott und demselben sind voll davon. Meine Überlegungen

werden sich auf das letztere Paar beschränken: Tiere als Objekte der Theologie,

nicht als Subjekte. Das heißt, sie werden vorsichtshalber nicht von der Bezie-

hung zwischen Gott und dem Tier handeln, sondern es den beiden selbst überlas-

sen, ob es sie gibt – die Beziehung, natürlich.

Allerdings gibt es in der Theologie seit langem auch Versuche, von Tieren

als Subjekten der Theologie zu sprechen, von Tieren also, die in irgendeiner

Form Religion ausüben. Tiere als religionsausübende Subjekte sind dabei zum

ersten Mal nicht mehr nur Objekt einer wissenschaftlichen Disziplin, die sie er-

forschend und beschreibend vergegenständlicht. Indem nichtmenschliche Tiere

selbst Religion praktizieren, werden sie zu Subjekten ihres eigenen Handelns.

THEOLOGIE | 5

Die Möglichkeit, Tiere nicht mehr als nur als Forschungsobjekt, sondern als

handelnde Subjekte in der Theologie zu sehen, demonstrierte bereits in den

1970er Jahren eindrucksvoll der britische Theologe Stephen Clark.4 Er stellte sie

damit gleichauf mit dem Menschen und zog sogar die Möglichkeit in Betracht,

dass das Praktizieren von Religion den Tieren im Vergleich mit dem Menschen

sogar wesentlich näher liegen könne als dem Menschen, und nichtmenschliche

Tiere möglicherweise nicht nur ebenso religiös sind wie Menschen, sondern so-

gar in höherem Maß.5 Die Geschichte von nichtmenschlichen Tieren als Subjek-

ten der Theologie ist vermutlich so alt wie die Geschichte dieser Tiere selbst.

Wir beginnen nur gerade erst, sie in dieser Rolle in den Blick zu nehmen, ja de-

ren Existenz zu erahnen, und sollten uns dabei hüten, erneut in der Falle der

Verdinglichung zu tappen und Tier und Mensch in den je alten Rollen als Objekt

und Subjekt jeder wissenschaftlichen Disziplin festzuhalten. Das würde das zarte

Pflänzchen einer wahrhaft antispeziesistischen Theologie im Keim ersticken, wo

doch die Schwierigkeit der Nicht-Verdinglichung, wenn menschliche von und

nicht mit nichtmenschlichen Tieren reden, mit den gegenwärtigen Mitteln der

Forschung und Kommunikation kaum zu überwinden ist.

Doch während die Biologie nur beschreibt, dass bei verschiedenen nicht-

menschlichen Tieren Verhaltensweisen beobachtet wurden, die in menschlichen

Kulturen mit Religionsausübung gleichgesetzt werden,6 wie Totengedenken, Alt-

ruismus etc. (wobei zuerst zu klären wäre, welches Verhalten als Religionsaus-

übung angesehen werden kann und welches nicht, mithin also die Frage nach ei-

ner tragfähigen Definition von Religion),7 geht die Theologie mit Stephen Clark

4 Eine der alttestamentlichen Schlüsselstellen, die die Schöpfungsunmittelbarkeit und

Gottesnähe der nichtmenschlichen Tiere betont, ist außer Bileams Eselin im vierten

Buch Mose auch diese im Buch Hiob: »Frage doch das Vieh, das wird dichʼs lehren,

und die Vögel unter dem Himmel, die werden dirʼs sagen; oder rede mit der Erde, die

wird dichʼs lehren, und die Fische im Meer werden dirʼs erzählen. Wer erkennte nicht

an dem allem, daß des HERRN Hand solches gemacht hat?« (Hi. 12:7-9)

5 Zuletzt etwa in Clark 2013: 15-34.

6 Vgl. etwa dieses Interview mit Jane Goodall: http://www.zeit.de/2011/34/Forschung-

Jane-Goodall/seite-3 (abgerufen am 30.08.2014).

7 Tatsächlich war es mit Michel de Montaigne ein Philosoph, der lange vor der moder-

nen Biologie solche Verhaltensweisen beschrieb, wobei er sich allerdings auf Be-

obachtungen des antiken Philosophen Plutarch bezieht: »Ja, wir können auch sagen,

daß die Elephanten etwas von einer Religion haben, weil sie, wenn sie sich erst ver-

schiedentlich gewaschen und gereiniget haben, den Rüssel, wie wir die Arme empor

heben, die aufgehende Sonne steif ansehen, und gewisse Stunden des Tages gleichsam

6 | JULIA EVA WANNENMACHER

und anderen bereits einen Schritt weiter und stellt fest, dass nicht nur nicht-

menschlichen Tieren ebenso wie menschlichen die Fähigkeit zur Ausübung von

Religion zumindest grundsätzlich zugesprochen werden muss, sondern dass die-

se Religionsausübung nichtmenschlicher Tiere möglicherweise nicht weniger

vollkommen oder sogar in vollkommenerer Weise geschieht als es menschlichen

Individuen möglich ist.

So ist ironischerweise gerade die Theologie von allen wissenschaftlichen

Disziplinen diejenige, die die anthropologische Differenz am nachhaltigsten aus

den Angeln hebt. Denn nachdem alle vermeintlichen oder tatsächlichen Unter-

schiede, die wir zwischen nichtmenschlichen Tieren und uns zu konstatieren

meinten, von Werkzeuggebrauch bis hin zu verfeinerten Kulturtechniken, La-

chen, Altruismus oder der Fähigkeit zur Sprache als Unterscheidungsmerkmale

weggefallen sind, blieb uns nur noch dieses eine Alleinstellungsmerkmal: Nur

Menschen haben Religion, glauben an ein Jenseits. Biolog_innen haben nun im

21. Jahrhundert erneut erkannt, was Plutarch und Montaigne in den Jahrtausen-

den vor ihnen bereits beschrieben haben: Soweit wir Menschen es beurteilen

können, müssen wir es anhand unserer Beobachtungen für möglich halten, dass

auch Tiere Religion ausüben. Aber indem die Theologie nichtmenschlichen Tie-

ren ermöglicht, ihrerseits zu Subjekten zu werden, die selbst Religion ausüben,

statt sie nur nach wie vor als Gegenstand der Betrachtung zu verobjektivieren,

hebt sie diese letzte Grenze auf, die uns noch sicher schien, und bereitet zugleich

der Objektivierung der Tiere ein Ende. Nur in der Theologie werden nicht-

menschliche Tiere der Möglichkeit nach vom Gegenstand wissenschaftlichen In-

teresses zum ausübenden Subjekt. Das muss ihr die Biologie, oder jede andere

Naturwissenschaft, erst einmal nachmachen.

Doch letzten Endes wird gerade an diesem Punkt eine Grenze deutlich, über

die wir nicht hinauskönnen: die unseres Redens über Tiere, das auf absehbare

Zeit nicht durch das theologische Reden der Tiere oder unseres Redens mit den

Tieren ersetzt werden kann. Der Verobjektivierung ist noch lange kein Ende.8

nachdenkend und betrachtend stehen. Dieses thun sie aus eigenem Triebe, ohne An-

weisung, und ungeheissen. Bemerken wir nun gleich bey den andern Thieren nichts

dergleichen: so können wir doch deswegen nicht gewiß sagen, daß sie ohne Religion

sind, und nicht über das Verborgene urtheilen.« Montaigne (1992: 65) Montaigne be-

schreibt auch Verhaltensweisen bei Ameisen, die sich als Lösegeldzahlung und Toten-

ritual für den Leichnam einer der ihren beschreiben lassen (ebd.: 65 f.).

8 Allerdings gibt es bereits erste Ansätze dazu, wobei jeweils die nichtmenschlichen

Tiere es sind, die die menschliche Sprache erlernt haben und sich ihrer bedienen, nicht

aber umgekehrt, und so nichtmenschliche Tiere ihren menschlichen Gesprächspart-

THEOLOGIE | 7

Kann daher je von der Überwindung des Speziesismus gesprochen werden – in

der Theologie, oder überhaupt? Oder genauer: Ist nichtspeziesistisches Denken

überhaupt möglich?

DIE GRENZEN DES ANTISPEZIESISMUS

Wenn Naturwissenschaftler_innen wähnen, Geistes- und Kulturwissenschaften

seien aufgrund ihrer mangelnden Selbstreflexion bei starker Selbstreflexivität ih-

rer Disziplin nicht in der Lage, den Speziesismus zu überwinden, übersehen sie,

dass nur der oder die in der Lage ist, eine falsche oder problematische Haltung

zu überwinden, der oder die die Problematik erkennt und sich ihrer bewusst

wird. Um Speziesismus zu überwinden, muss klar sein, worum es sich dabei

überhaupt handelt, erst dann kann nach einer Lösung des Problems gesucht wer-

den. Im Grunde ist das Problem bereits einige Jahrhunderte vor Richard Ryder

beschrieben worden, der 1970 das Wort Speziesismus prägte9 – nämlich von Mi-

chel de Montaigne (1533-1592):

»Wir müssen beobachten, daß jedem Dinge nichts lieber und nichts werther ist, als sein

Wesen; (der Löwe, der Adler, der Delphin, schätzen nichts höher als ihre Art) und daß je-

des die Eigenschaften aller andern Dinge mit seinen eigenen vergleicht. Wir können diese

zwar ausdehnen und zusammen ziehen: allein dieses ist es auch alles. Ohne diese Verglei-

chung und diesen Grundsatz, kann unsere Einbildung nicht fort, und keine andere

errathen; es ist ihr unmöglich, darüber hinaus und weiter zu gehen. Daher entspringen die

alten Schlüsse: ›Unter allen Gestalten ist die menschliche die schönste. Also hat Gott diese

Gestalt. Ohne Tugend kann keiner glücklich seyn. Die Tugend aber kann nicht ohne Ver-

nunft seyn; und die Vernunft kann nicht anders als in menschlicher Gestalt wohnen. Also

ist Gott mit einer menschlichen Gestalt bekleidet.‹ Daher sagte Xenophanes im Scherze,

ner_innen in deren Sprache ihre Vorstellungen von Tod und Jenseits mitteilen können.

Ein Beispiel ist die Goriallafrau Koko, die wie etliche andere Menschenaffen in Ge-

fangenschaft gelernt hat, in menschlicher Gebärdensprache zu kommunizieren. Die

Wochenzeitung DIE ZEIT schrieb über sie: »So lässt Koko uns hoffen, wir könnten

die Welt aus der Sicht der Tiere betrachten. ›Wohin gehen Gorillas, wenn sie ster-

ben?‹, fragte die Trainerin einmal. Koko überlegte, dann antwortete sie: ›Gemütlich –

Höhle – auf Wiedersehen‹.« http://www.zeit.de/zeit-wissen/2014/04/lebenserwartung-

tiere-alter/seite-3 (abgerufen am 30.08.2014).

9 Über Speziesismus, wie es zu diesem Begriff kam und was er darunter verstand, vgl.

Ryder (2005).

8 | JULIA EVA WANNENMACHER

daß die unvernünftigen Thiere, wenn sie sich Götter dichten, wie sie dann wahrscheinli-

cher Weise thun, dieselben ganz gewiß sich gleich dichten, und sich eben so viel einbil-

den, als wir. Warum sollte eine junge Gans nicht auch sagen können: ›Alle Theile der

Welt beziehen sich auf mich, die Erde dient mir zum Gehen, die Sonne mir zu leuchten,

die Sterne mir ihre Einflüsse mitzutheilen. Ich habe den Nutzen von den Winden, und den

von dem Wasser. Keinem ist dieses Gewölbe vortheilhafter, als mir. Ich bin der Liebling

der Natur. Schafft mir nicht der Mensch Futter und Wohnung, und dient mir? Für mich sä-

et und mählt er. Frißt er mich gleich: so macht er es doch wohl auch mit dem Menschen,

seinem Gesellen, nicht anders; und dafür bringe ich Würmer hervor, die ihn tödten und

fressen‹ Auf eben diesen Fuß ist das Schicksal und die Welt unserwegen da. Unser wegen

leuchtet und donnert es. Der Schöpfer und die Geschöpfe, alles ist unserwegen. Dieses ist

das Ziel und der Zweck, worauf dieses Ganze gerichtet ist. Man betrachte einmal das

Verzeichniß, welches die Weltweisheit zweytausend Jahre, und noch länger, über die

Himmelsbegebenheiten gehalten hat.« (Montaigne 1992: 224-6)

So beschreibt Michel de Montaigne hellsichtig die Ausgangslage menschlichen

Denkens und Speziesismus als natürliche Folge des Anthropozentrismus, indem

er der/dem menschlichen Leser_in einen Spiegel vorhält. Denn wenn es uns

lachhaft und unangemessen anmutet, wenn eine junge Gans von sich verkündet,

dass das Universum um ihretwillen da sei, so wird ein_e nachdenkliche_r Le-

ser_in in einem zweiten Schritt darüber nachdenken, ob unsere eigene menschli-

che Haltung in Bezug auf die uns umgebende belebte und unbelebte Natur nicht

ebenso unangemessen sei wie die der Gans, und vielleicht als Konsequenz einen

bisher selbstverständlichen Anthropozentrismus und den Speziesismus als Folge

desselben mindestens in Frage stellen können. Doch nicht nur die menschliche

Existenz als solche, auch das menschliche Erkenntnisvermögen in Bezug auf die

uns umgebende Natur erweist Montaigne wenig später als anthropozentrisch li-

mitiert:

»Wir wollen einmal sehen, ob wir etwas mehr Licht in der Erkenntniß der menschlichen

und natürlichen Dinge haben. Ist es nicht ein lächerliches Unternehmen, daß wir denjeni-

gen Dingen, welche unsere Wissenschaft, wie wir selbst bekennen müssen, nicht erreichen

kann, einen andern Körper andichten, und ihnen eine falsche Gestalt von unserer eigenen

Erfindung zuschreiben? So schreiben wir der Bewegung der Planeten, ungeacht unser

Verstand nicht so weit reichen, und sich ihren natürlichen Lauf nicht vorstellen kann, aus

unserm Gehirne materialische, grobe, und körperliche Treibfedern zu: Man sollte glauben,

wir hätten Kutscher, Zimmerleute, und Maler gehabt, die dort oben Maschinen, von ver-

schiedentlichen Bewegungen verfertiget, das Räderwerk und die Zusammensetzung der

Himmelskörper in Ordnung gebracht, und bunt angestrichen hätten.

THEOLOGIE | 9

Alles dieses sind Träume, und schwärmerische Possen. Warum gefällt es doch nicht ein-

mal der Natur, uns ihren Busen zu öffnen, uns die eigentlichen Mittel und die Ausführung

ihrer Bewegungen sehen zu lassen, und unsere Augen dazu geschickt zu machen? Großer

Gott, was für Falschheit, was für Irrthümer, würden wir in unserer armen Wissenschaft

finden! Ich müßte mich sehr irren, wenn sie eine einzige Sache bey dem rechten Punkte

faßt; und ich will, wenn ich von hier gehe, ehe alle andere Dinge, als meine Unwissenheit,

nicht wissen.« (Ebd. 233 f.)

Was nun die Grenzen der Art und den Speziesismus betrifft, so ist interessanter-

weise zu beobachten, dass die Biologie und die sie umgebenden Naturwissen-

schaften sich selbst in eine aporetische Situation gebracht haben: Mit Darwin

halten sie fest, dass die Grenze zwischen Mensch und Tier nur quantitativ, nicht

aber qualitativ oder gar grundsätzlich sei; wie kann es also eine Haltung geben,

aufgrund derer eine Art die andere verachtet, wenn es die Grenzen zwischen den

Arten, die zur Aufrechterhaltung dieser Verachtung notwendig sind, gar nicht

gibt? Oder vielmehr: Wie kann eine Naturwissenschaft behaupten, etwas über-

wunden zu haben, was es gar nicht gibt?10

Hier handelt es sich, ähnlich wie in

der Theologie, um Gegenstände des Glaubens. Nur dass Theologie dies für ihre

Gegenstände bereits seit einigen Jahrhunderten erkannt hat, während die Natur-

wissenschaftler_innen, die doch längst erfahren haben und auch wiederholen,

dass es diese Grenze zwischen den Arten tatsächlich gar nicht gibt, faktisch im-

mer noch so handeln, als wäre diese Grenze nicht nur nach wie vor existent,

sondern als sei sie sogar ehern, grundsätzlich und unumstößlich. Das wird immer

dann besonders deutlich, wenn auch nur der zaghafteste Versuch, diese Diffe-

renz in Abrede zu stellen (etwa wenn kritisiert wird, dass bestimmte Versuche an

Tieren ohne jeden Zweifel als moralisch akzeptabel gelten, während die gleichen

Versuche an Menschen als zutiefst unmoralisch angesehen würden), als ein Ver-

brechen wider die Menschenwürde tabuisiert und geahndet wird. Den grundsätz-

lichen Unterschied zwischen der einen Art, der der Menschen, und allen anderen

Tieren erhalten Vivisektor_innen besonders gern aufrecht, wenn es um die

Rechtfertigung ihrer Tätigkeit geht, und betonen gern die Höherwertigkeit des

10 Allerdings gab und gibt es auch in den Naturwissenschaften Postulate, Theorien oder

Annahmen, die zwar jedes Beweises entbehren, dennoch aber als naturwissenschaftli-

che Erkenntnisse behandelt werden, nicht selten dennoch mit absolutem Geltungsan-

spruch, trotz ihrer jederzeit möglichen Widerlegbarkeit. Deutlich wurde diese Ar-

beitsweise an der im Jahr 2013 neu aufgeflammten Diskussion in der Physik um das

Higgs-Teilchen, das tatsächlich wohl nicht gefunden, sondern nur dem Beweis seiner

seit einem halben Jahrhundert behaupteten Existenz um ein Kleines näher gerückt ist.

10 | JULIA EVA WANNENMACHER

Menschen, ohne jedoch eine naturwissenschaftliche oder anderweitig sachlich

begründete Herleitung dieser Höherwertigkeit bieten zu können oder zu erläu-

tern, welche moralische Rechtfertigung für das Töten eines nichtmenschlichen

Tieres im Dienste der Wissenschaft herangezogen werden kann, während diese

Möglichkeit, ginge es um einen Menschen, auf gar keinen Fall diskutiert werden

darf.

Doch wie das, wenn es eine scharfe Grenze, die die eine Art von allen ande-

ren trennt, gar nicht gibt? Mit welcher Begründung, wenn nicht der eines blan-

ken Speziesismus, der das Nichtvorhandensein dieser Grenzen ignoriert? In der

Vergangenheit wurde die anthropozentrische, kategorisch unterschiedliche

Sichtweise von Mensch und Tier oft mit der Gottesebenbildlichkeit des Men-

schen begründet, mithin mit religiösen Kategorien. In der Gegenwart fehlt diese

Begründung meist völlig, noch in keinem Fall wurde bekannt, dass Tierversuche

oder andere Formen der Tierausbeutung mit einer christlich-theologisch begrün-

deten Höherwertigkeit des Menschen gerechtfertigt wurden.11

Anthropozentrismus und Speziesismus funktionieren inzwischen längst auch

ohne religiöse Unterfütterung. Ganz im Gegenteil sind es nachgerade sogar häu-

fig religionsbasierte oder philosophische, kaum aber naturwissenschaftliche Be-

gründungen, mit denen oft von Einzelpersonen gegen die Ausbeutung anderer

Lebewesen und der Natur überhaupt argumentiert wird.12

Wie konnte es zu die-

sem erstaunlichen Wandel kommen? Welche Positionen bezieht – und bezog –

die christliche Theologie? Und wie sieht es in anderen Religionen aus?

AMBIVALENZEN ODER: WIE SPEZIESISTISCH IST

RELIGION?

11 Eine erstaunliche Ausnahme ist die Aussage eines muslimischen Ministers in Malay-

sia, der 2010 den geplanten Bau eines Tierversuchslabors in seinem Land mit der

gottgewollten Verwendung der Versuchstiere zum Nutzen des Menschen begründet

hat; ob das Labor angesichts der internationalen Proteste seither tatsächlich errichtet

wurde, ist unbekannt. Vgl. http://www.theguardian.com/world/2010/may/31/malaysia-

minister-animal-testing (abgerufen am 30.08.2014).

12 Ebenso wenig gibt es bisher allgemeine Verlautbarungen der beiden großen Kirchen,

in denen sie sich gegen Tierqual und -ausbeutung aussprächen, wenn sich auch die

Stimmen derer mehren, die sich innerhalb der Kirchen für einen respektvollen Um-

gang mit Mitgeschöpfen oder auch Vegetarismus stark machen.

THEOLOGIE | 11

Das Verhältnis zu Tieren ist in vielen Religionen durchaus ambivalent. Für das

Weltbild des antiken China war es beispielsweise kennzeichnend, dass es zwi-

schen Menschen und übrigen Lebewesen keine scharfe Grenze gab; es gibt sogar

nicht einmal ein Wort, das – im Gegensatz zum Menschen – alle tierlichen Le-

bewesen in eins zusammenfassen würde, sodass schon sprachlich »der« Mensch

und »das« Tier einander nicht gegenübergestellt sind, sondern zusammengehö-

ren.13

Andererseits resultiert daraus weder in der Vergangenheit Chinas und sei-

ner Nachbarn, die von der chinesischen Kultur geprägt wurden, noch in der chi-

nesischen Gegenwart eine besondere Wertschätzung nichtmenschlicher Tiere –

ein Kontrast, der auch von Religions- und Kulturwissenschaftler_innen schwer

zu erklären ist. In der langen Tradition des Buddhismus sind Verallgemeinerun-

gen naturgemäß schwierig, doch scheint dem bekannten Konzept der Achtsam-

keit vor dem Leben, der Vermeidung von Tiertötungen und der Abstinenz von

Fleisch nicht prinzipiell eine besondere Achtung tierlichen Lebens zugrunde zu

liegen. Denn während allgemein eine erneute Wiedergeburt überhaupt als etwas

Negatives gesehen wird, gilt die Wiedergeburt als Tier (oder, in etwas geringe-

rem Maß, als behinderter Mensch) als Folge von Fehlverhalten (Waldau 2002:

153). Die bloße (Fort-)Existenz als Tier gilt als traurig, sie wird für einen Men-

schen zur Strafe (ebd.: 154). Auch verurteilt der Buddhismus Fleischkonsum

weder grundsätzlich noch gar um der Eigeninteressen der Tiere willen, sondern

vor allem, wenn auch nicht ausschließlich, im Interesse spiritueller Reinheit des

Menschen und aus Achtung vor den Seelen Verstorbener, die möglicherweise in

den Tieren weiterleben, und akzeptiert ansonsten Tierleid durch Menschen,

wenn es den Menschen nutzt (ebd.: 155). Antispeziesistisch scheint das nicht.

Die traditionelle Gegenüberstellung von Mensch und allen anderen Tieren ist

eine Besonderheit der abendländischen Kultur, die nicht allein den monotheisti-

schen Religionen zu eigen ist, sondern in der griechischen Philosophie ihren An-

13 Vgl. z.B. Sterckx (2002: 241): »The animal world was subsumed within a moral cos-

mos that constituted the habitat of humans and animals. The notion that both realms

were separated and functioned according to internal and mutually incompatible prin-

ciples was firmly denied. Instead of seeking to delimit its boundaries within the fixity

of ontological definition, the early Chinese primarily sought to explain what animals

meant and signified to the human observer. However, the fact that the Chinese did not

insist on developing a theory of animals and the living species did not imply a human-

istic disinterest toward everything nonhuman: rather it reflected a willingness to dis-

cuss animals as a part of a larger natural world of which humans themselves constitut-

ed but one unstable part.«

12 | JULIA EVA WANNENMACHER

fang nimmt.14

Doch auch in den monotheistischen Religionen ist die Haltung ge-

genüber dem Tier oder den Tieren durchaus vielfältig. Für verwirrende Ambiva-

lenzen sorgten mitunter die größten Theologen – nicht nur im Christentum: Mo-

hammed, so heißt es, liebte seine Katze,15

und Tierliebe ist im Koran und den

Hadithen durchaus positiv konnotiert (vgl. Baghajati 2012: 191 f.). Dennoch hat

das Fleischessen im Islam aus der Sicht vieler Muslim_innen sogar den Charak-

ter einer religiösen Vorschrift,16

und der Himmel ist exklusiv den Menschen vor-

behalten.17

Ähnlich hierarchisch dachte im hohen Mittelalter der gelehrte Dominikaner

Thomas von Aquin, der den Tieren den Verstand und die Gottesebenbildlichkeit

ab- und die Tiere selbst darum dem freien Gebrauch des Menschen zusprach.

Zur Begründung beruft er sich interessanterweise nicht auf eine Stelle der Heili-

gen Schrift, sondern auf Aristoteles (Thomas von Aquin 1888: pars prima,

quaest. 96, art. 1). Ambivalenzen gibt es auch bei Martin Luther, der, selbst

ehemaliger Mönch, dem Fleischessen nicht abgeneigt war,18

seinen Haustieren

hingegen, wie es heißt, im Himmel wieder zu begegnen erwartete.19

Aber galt

14 Möglicherweise ist diese Zweiteilung auch im altägyptischen Weltbild vorhanden,

zumindest ist die Vorstellung, dass die Welt mit allen Geschöpfen um des Menschen

willen erschaffen sei, auch hier anzutreffen, vgl. Störk (1998: 91): »Wohlversorgt sind

die Menschen, das Vieh Gottes. Um ihretwillen hat er Himmel und Erde geschaffen

und für sie den Gierigen des Wassers vertrieben. Er hat die Luft geschaffen, damit ih-

re Nasen leben können. Seine Abbilder sind sie, aus seinem Leibe gekommen. Er geht

um ihretwillen am Himmel auf, für sie hat er die Pflanzen geschaffen, Vieh, Vögel

und Fische, um sie zu ernähren.«

15 So berichtet etwa eine bekannte Legende, dass der Prophet, um den Schlaf seiner Kat-

ze nicht zu stören, lieber den Ärmel seines Mantels abschnitt, als er sich zum Gebet

begab, als dass er zu diesem Zweck die Katze geweckt hätte, vgl. etwa Schimmel

(1984: 8).

16 Gewöhnlich abgeleitet aus Sure 20,81: »Eßt von den guten Dingen, mit denen Wir

euch versorgt haben, und lehnt euch dabei nicht (durch Undankbarkeit) auf, sonst

bricht Mein Zorn über euch herein; denn derjenige, über den Mein Zorn hereinbricht,

wird sicherlich stürzen.«

17 Mehr über Tiere und Islam findet sich in Foltz (2006).

18 An vielen Stellen der Werke Luthers werden Nutztiere, vor allem Schweine, aber auch

Kühe, Gänse, Hühner, Fische etc. ohne weiteres als Nahrungsquellen erwähnt.

19 Der Satz, mit dem Martin Luther dieser Erwartung Ausdruck gegeben haben soll, ist

inzwischen zum geflügelten Wort geworden, vgl. Brüllmann (1983: 173): »Ich glaube,

daß auch die Belferlein in den Himmel kommen und jede Kreatur eine unsterbliche

THEOLOGIE | 13

das nur für den Hund, nicht für das Schwein – oder wie wollte der große Refor-

mator sich dort sonst bei letzterem entschuldigen?20

Haben die beiden, Thomas

und Martin, das etwa nicht recht durchdacht? Wie sieht es in der Theologie aus?

Wo beginnen in der langen Geschichte, die, wie manche meinen, ein einziger

langer Verrat an den Tieren sei21

– und damit zumindest die Möglichkeit andeu-

ten, dass dieser Verrat im Grunde eine Verdrehung einer ursprünglich anderslau-

tenden Botschaft gewesen sei? Könnte das sein?

DIE SCHÖPFUNG

Doch wo beginnen in dieser langen Geschichte? Am besten am Anfang. Bere-

schit bara Elohim et hashamayim veʼet haʼaretz. So beginnt das Alte Testament

mit der Beschreibung der Erschaffung von Himmel und Erde. Danach die der

unbelebten und der belebten Natur, Pflanzen und Tiere: Fische, Vögel, Säugetie-

re und der Menschen, in dieser Reihenfolge – nicht umgekehrt. Die antiken

griechischsprachigen Kommentatoren hatten ihre Probleme damit, der jüdische

Seele hat.« Auch Skriver (1967: 73) zitiert Martin Luther ebenso, gleichfalls ohne

Quellenangabe. Allerdings ist dieser Satz weder wörtlich noch sinngemäß bei Luther

selbst zu finden; lediglich die Wortbildung »belfern« ist bei Luther belegt, vgl. Luther

(1929: WA 22, 100, 24).Auch die in Frage kommenden Wörterbücher kennen für Lu-

ther wohl die Wortbildung »belfern«, nicht aber das Substantiv »Belferlein«, vgl.

Goebel/Reichmann (2002) und Dietz (1870);

https://archive.org/stream/wrterbuchzudrma00dietgoog#page/n347/mode/1up (abgeru-

fen am 05.09.2014). – Woher das Zitat tatsächlich rührt, das spätestens seit Baranzke

(2002: 96 und ebd., Anm. 29) immer wieder in eben dieser Form, meist unter Beru-

fung auf Brüllmann, zitiert wird, ist unklar; bei Luther belegbar ist es anscheinend

nicht.

20 Über Luthers »resolutely anthropocentric« (Clough 2009: 42) Stellung zu Tieren, bei

der er durchaus ambivalent war und auch ein Fortleben der Tiere im Himmel nicht

grundsätzlich ausschloss, wenn auch nicht ernsthaft diskutierte, vgl. ebd.: 41-60.

21 So etwa der evangelische Theologe Skriver (1967: 32, Herv. i. O.): »Der Versuch, das

Tier wirklich vor dem Menschen zu schützen und zu retten, führt zum Zusammenstoß

mit allen Jägern, Fischern, Tierzüchtern, Schlachtern, Pelz- und Lederhändlern, Ärz-

ten, Klein- und Großhändlern und den Milliarden süchtigen Fleischkonsumenten, so

daß die Kirche von vornherein kapituliert vor der Riesenmacht des Heidentums. Das

ist natürlich kein Maßstab und keine Abhilfe, sondern der große V e r r a t, die Preis-

gabe der Tierbrüder an die Hölle.«

14 | JULIA EVA WANNENMACHER

Autor Philo von Alexandrien (Clough 2012: 6-9) ebenso wie die frühen christli-

chen Exegeten (ebd.: 10-13). Denn das Alte Testament selbst interpretiert diese

Reihenfolge nicht, und es stellt auch die den Menschen umgebende und vor ihm

geschaffene Natur in keinerlei definierte Beziehung zu ihm, schon gar nicht in

eine Herrschaftsbeziehung, die sie ihm unterordnet.

Für diese Beziehung hatte jemand anders gesorgt: Aristoteles.22

Im aristoteli-

schen Weltbild waren nicht nur Mensch und Natur klar voneinander geschieden,

Aristoteles definiert auch ihre wechselseitige Beziehung. So ist für ihn das Da-

sein der Tiere durch den Menschen bestimmt. Der Zweck der Tiere, vereinfacht

ausgedrückt, ist der Mensch. Und während das Ziel des einzelnen Tiers die Er-

haltung seiner Art ist, so dient doch die Art dem Menschen, der als einziges Le-

bewesen nicht nur wahrnehmungsfähig, sondern auch mit einem nous, also ver-

nunftbegabt ist. Nur der Mensch ist im geschlossenen System des Aristoteles

selbstreflexiv, seine möglichst glückliche Existenz Selbstzweck.

Das Schöpfungsverständnis der jüdischen und christlichen Exegeten bricht

zwar diese Selbstgenügsamkeit auf, nicht jedoch den aristotelischen Anthropo-

zentrismus (ebd.: 10-15). Das Streben des Menschen nach Glückseligkeit, zu

welchem Zweck er nach der Darstellung des Aristoteles den Staat erfunden hat-

te, ist nun zielgerichtet und definiert als das Streben nach Erlösung, der Vereini-

gung mit dem Schöpfergott.

Obwohl Gott alles geschaffen hat und »sah, dass es gut war« (Gen. 1:25),

nimmt sich nach der Definition der Philosophen bald auch die Theologie heraus,

die Gottesbeziehung an den Vernunftbesitz zu knüpfen und sie damit – da nach

Auskunft der Philosophie nur der Mensch Vernunft besitzt – exklusiv auf den

Menschen zu beschränken.23

Der biblische Schöpfungsbericht gibt diese Inter-

pretation eigentlich nicht her. Eher im Gegenteil. Denn wir wissen, wie die Ge-

schichte mit dem Paradies endete: Gerade das nur vom Menschen betriebene

Streben nach mehr Erkenntnis war Ursache für die Vertreibung aus dem Garten

Eden. Lange Zeit begründete man die Leiden der Tiere in der Welt mit ihrem

Anteil an der Erbsünde, ohne eigenes Zutun, doch in einer Art »mitgegangen,

mitgefangen«. Von Philo von Alexandrien über Thomas von Aquin bis hin zu

Martin Luther sah man die Tiere als an der Sünde unbeteiligt (Clough 2012:

112). Dass sie trotzdem aus dem Paradies vertrieben wurden, dass sie statt fried-

licher Koexistenz nun der Einteilung in Raubtier und Beute unterworfen wurden,

statt im paradiesischen Tierfrieden zu verharren, erklärte man einhellig anthro-

22 Aristoteles kann sich hier auf Platon berufen, der ein ebenso anthropozentrisches

Weltbild vertritt, z. B. im Timaios (vgl. Clough 2012: 7).

23 So Plato, Aristoteles, die Stoiker (passim).

THEOLOGIE | 15

pozentrisch mit ihrer Existenz als bloßer Staffage des Menschen. Sie sind, so

war man überzeugt, um des Menschen willen da, sie mussten also um seinetwil-

len das Paradies verlassen, Seele oder nicht.24

Eine neue Nuance erfuhr diese In-

terpretation erst in der Frühen Neuzeit, und der Zeit der Aufklärung, in der man

den Tieren entschiedener als je zuvor eine Seele absprach.

Nun, da die Tiere nicht mehr nur – wie schon seit Aristoteles – keinen Ver-

stand, sondern auch keine Seele mehr hatten und schon gar keinen Anteil an der

Erbsünde und darum auch keinen Anteil mehr am Leiden, das durch die Erbsün-

de in die zuvor paradiesisch schmerzfreie Welt gekommen sei, konnten Tiere auf

einmal gar nicht mehr leiden. In der Wissenschaftsbegeisterung des 17. und 18.

Jahrhunderts wurde ihnen ihre Unschuld zum Verhängnis: Sie konnten ja gar

nicht leiden, denn unschuldiges Leiden lässt Gott nicht zu. Auch nicht etwa in

Vivisektionen. Keine Seele, kein Leid. Wer schreit, hat Unrecht – bzw. ist nur

ein Automat. Die Unschuld der Tiere, vereint mit dem Postulat der Güte und Ge-

rechtigkeit Gottes, der kein Wesen schuldlos leiden lässt, wurde nun zur Recht-

fertigung von Tierqual in Tierversuchen: denn die Tiere litten ja nicht wirklich.

Natürlich war es nicht René Descartes selber, auf den diese spitzfindige Schluss-

folgerung der Erbsündenfreiheit zurückgeht. Aber von seinem Nachfolger Nico-

las Malebranche wurde die wesensmäßige Unschuld der Tiere als Freibrief für

Tierqual durchaus so aufgefasst (Wild 2007: 208). Die Ethikkommissionen der

Aufklärung hatten ganze Arbeit geleistet, die im Sinn der jungen Naturwissen-

schaften war. Doch ich greife vor.

Die im Schöpfungsbericht genannte Gottesebenbildlichkeit des Menschen,

die im Hinblick auf den körper- und geschlechtslosen Gott der christlichen Theo-

logie Probleme aufwarf, wurde von Augustinus, seinen Zeitgenossen und Lesern

24 Allerdings meint etwa Rainer Hagencord, dass die Tiere genau aus diesem Grund das

Paradies tatsächlich nie verlassen hätten, sondern sich noch dort befänden (vgl. Ha-

gencord 2010: 21-37). Leider ist niemand von uns in der Lage im Paradies nachzuse-

hen; dass die Tiere allerdings denselben irdischen Lebensbedingungen wie wir, von

den Schmerzen der Mütter bei der Geburt bis zu der Mühsal des Nahrungserwerbs,

unterworfen sind, von Fehlbarkeit, Leiden und Tod ganz zu schweigen, dazu für die

Tiere vom Zwang des Beutemachens oder -werdens, steht zumindest aus meiner Per-

spektive außer Frage. Hagencord bezieht sich mit seiner Behauptung, die Tiere hätten

das Paradies nie verlassen, auf die Vorstellung einer kreatürlichen Unschuld der Tiere,

die ihn, ähnlich wie der Anblick von kleinen Kindern, an das verlorene Paradies erin-

nere (ebd. 27); aber ist diese Interpretation der Fähigkeit der Tiere, im und für den

Moment zu leben, nicht auch selbst etwas, das wir mangels genauerer Kenntnis in Tie-

re hineininterpretieren und sie für uns zum Symbol werden lassen?

16 | JULIA EVA WANNENMACHER

bald als Vernunftbegabung des Menschen definiert, die er und nur er mit Gott

teilt.25

In Verbindung mit der Naturphilosophie und Anthropologie, die die

christlichen Denker aus der griechisch-römischen Philosophie kannten, wurde

daraus eine klare Ordnung, die es ihnen erlaubte, die bisher ambivalenten bibli-

schen Quellen nun eindeutig zu interpretieren.

Für Augustinus war daher klar, dass sich das alttestamentliche Tötungsverbot

nicht auch auf Tiere erstrecken könne, weil sie keine Vernunft haben und allein

um des Menschen willen geschaffen seien.26

Ein Kurs, den viele Theologen

jahrhundertelang beibehielten. Wenn daher der Prophet Jesaja sagte: »Wer einen

Ochsen schlachtet, ist eben, als der einen Mann erschlüge« (Jes. 66:3), dann

konnte man das als bloßen Schaden am Besitz eines anderen Menschen interpre-

tieren, nicht jedoch als Schaden, der dem Tier selbst zugefügt wird.27

Wenn da-

rauf hingewiesen wurde, dass sowohl am Anfang des Alten Testaments im Gar-

ten Eden als auch an seinem Ende, als die späten Propheten den paradiesischen

25 Augustinus, Enarrationes in Psalmos, Psalm 29, CCSL 38, Enarratio 2, Par. 2: »Nam

et pecora animam habent, et animalia uocantur; non enim uocarentur animalia nisi ab

anima; et uidemus quia et ipsa uiuunt. sed quid habet amplius homo, unde factus est

ad imaginem dei? quia intellegit et sapit, quia discernit bonum a malo; in hoc factus

est ad imaginem et similitudinem dei. habet ergo aliquid quod non habent pecora.«

26 Augustinus, De civitate Dei, lib. I, cap. 20, CCSL 47: »num igitur ob hoc, cum

audimus: non occides, uirgultum uellere nefas ducimus et manichaeorum errori

insanissime adquiescimus? his igitur deliramentis remotis cum legimus: non occides,

si propterea non accipimus hoc dictum de frutectis esse, quia nullus eis sensus est, nec

de inrationalibus animantibus, uolatilibus natatilibus, ambulatilibus reptilibus, quia

nulla nobis ratione sociantur, quam non eis datum est nobis cum habere communem

(unde iustissima ordinatione creatoris et uita et mors eorum nostris usibus subditur):

restat ut de homine intellegamus, quod dictum est: non occides, nec alterum ergo nec

te.«.

27 Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologica, pars secunda, II, quaest. 64: »Ad

primum ergo dicendum quod ex ordinatione divina conservatur vita animalium et

plantarum non propter seipsam, sed propter hominem. Unde ut Augustinus dicit, in I

de Civ. Dei, iustissima ordinatione creatoris et vita et mors eorum nostris usibus

subditur. Ad secundum dicendum quod animalia bruta et plantae non habent vitam

rationalem, per quam a seipsis agantur, sed semper aguntur quasi ab alio, naturali

quodam impulsu. Et hoc est signum quod sunt naturaliter serva, et aliorum usibus ac-

commodata. Ad tertium dicendum quod ille qui occidit bovem alterius peccat quidem,

non quia occidit bovem, sed quia damnificat hominem in re sua. Unde non continetur

sub peccato homicidii, sed sub peccato furti vel rapinae.«

THEOLOGIE | 17

Tierfrieden beschrieben, von Früchten als Speise die Rede ist, für Mensch und

Tier, dann konnte dies ohne weiteres als Beschreibung eines außerirdischen Zu-

stands gewertet werden, der mit der realen Welt nichts zu tun haben brauchte.

Besonders die Texte Jesajas und Tritojesajas erinnern sehr an das Ende des Neu-

en Testaments, die Beschreibung des Neuen Jerusalem, das am Ende der Welt-

zeit vom Himmel herabkommen wird.

Für das Mittelalter gab es mehrere Paradiese, das verlorene des Alten Testa-

ments und ein neues, in dem die gottseligen Toten auf ihre Auferstehung war-

ten.28

Die Rückkehr ins Paradies und das himmlische Jerusalem sind in mittelal-

terlichen Texten nahe verwandt, und zu beiden gehört die Vorstellung des para-

diesischen Tierfriedens. Doch in einem ist die christliche Theologie sich sicher:

Erst durch den Sühnetod Christi und erst bei seiner zweiten Ankunft wird dieser

paradiesische Zustand für alle Wirklichkeit. Der paradiesische Tierfrieden wird

zum Projektionsziel einer Sehnsucht nach einem Zustand wie am Anfang, ohne

Tod und Gefahr. Kein reales Szenario ist hier angedacht, zu dessen Zustande-

kommen die Menschen je etwas beitragen sollten oder könnten. Und die Tiere

sind im verlorenen Garten von Eden wie im himmlischen Paradies der ewigen

Seligkeit allemal nur Statisten. Mit dem eigentlichen Geschehen haben sie nichts

zu schaffen – sie sind einfach nur da.

VERNUNFT UND SEELE

Darin, dass nur Menschen, nicht aber Tiere über Vernunft verfügen, hat Augus-

tinus kaum jemand widersprochen. Als entscheidendes Kriterium, das den Men-

schen von anderen Lebewesen unterscheidet, findet sie sich in allen einschlägi-

gen Texten von Aristoteles über Thomas von Aquin bis in die Neuzeit. Bei dem

zweiten Kriterium und möglichen Unterscheidungsmerkmal war man sich längst

nicht so sicher. Die kritische Frage, um die es dabei geht, ist in ihrer ausdrucks-

vollsten Form im alttestamentlichen Buch Kohelet formuliert, einem Teil der so-

genannten Weisheitsliteratur, die zu den späten Schriften des Alten Testaments

zählt und von griechischer Philosophie nicht mehr unbeeinflusst ist, nämlich die

Frage nach der Seele. Sie ist selbst bereits eine Definitionsfrage – für Aristoteles

ist sie das sterbliche, an die Organismen der Lebewesen gebundene Prinzip des

Lebens, während es bei Platon Vorstellungen einer Weltseele und der Seelen-

wanderung gibt, wobei nicht nur Menschen, Tiere und sogar der Kosmos selbst

28 Vgl. Luk. 23:42-43; über die mittelalterlichen Paradies- und Höllenvorstellungen vgl.

Wannenmacher (2005: 47-63).

18 | JULIA EVA WANNENMACHER

beseelt sein können, sondern die Seelen von Menschen und Tieren ihrer We-

sensart nach gleich sind (psyche für die Einzelseele, pneuma für die Weltseele).

Auch im Alten Testament ist die Begrifflichkeit zunächst nicht immer ein-

deutig. Die beiden Begriffe des Alten Testaments, die mit Seele übersetzt wur-

den, ruach und nefesch, sind weder eindeutig dem Menschen zugehörig noch

eindeutig begrenzt. Gott verfügt darüber ebenso wie die Tiere, und erst in der

spätjüdischen Zeit beginnen sich die Vorstellungen von einer das Leben über-

dauernden, individuellen Seele durchzusetzen. In dieser Zeit schreibt Kohelet:

»Ich sprach in meinem Herzen von dem Wesen der Menschen, darin Gott anzeigt und läßt

es ansehen, als wären sie unter sich selbst wie das Vieh. Denn es gehet dem Menschen wie

dem Vieh: wie dies stirbt, so stirbt er auch, und haben alle einerlei Odem; und der Mensch

hat nichts mehr denn das Vieh; denn es ist alles eitel. Es fahret alles an einen Ort; es ist al-

les von Staub gemacht und wird wieder zu Staub. Wer weiß, ob der Odem der Menschen

aufwärts fahre und der Odem des Viehes unterwärts unter die Erde fahre?« (Koh. 3:19)

Die Meinung, dass Tiere eine Seele haben, wenn auch keinen Verstand, überleb-

te bis in die Frühe Neuzeit, und es gab im Mittelalter sogar äußerst entschiedene

Verfechter dieser Theorie, so wie im 9. Johannes Scotus Eriugena.29

So stellt

Adelard von Bath in seinen Quaestiones naturales fest: ein Hund hat Urteils-

kraft, er kann gehorchen oder nicht. Er folgt Gerüchen und Spuren. Während die

Elemente sich immer nur in eine Richtung bewegen, ein Hund sich aber in alle,

auch wechselnde Richtungen bewegen kann, lässt sich diese Fähigkeit des Hun-

des nicht aus den Elementen ableiten. Die Ursache für sie muss eine ewige Seele

sein.30

Doch vorherrschend blieb die im frühen Christentum übernommene aristote-

lische Kategorienlehre, der zufolge nur Menschen vernunftbegabt sind, Tiere

zwar wie Menschen Sinneseindrücke wahrnehmen und darauf reagieren können,

jedoch keine Vernunft haben, während Pflanzen mit beiden nur das Leben an

sich, das Werden, Wachsen und Vergehen gemeinsam haben. In dieser Traditi-

on, verstärkt noch durch die stoische Philosophie, sprach die Mehrheit der

29 Vgl. etwa Iohannes Scotus (1999: S. 169). An Tierseelen glaubte, in Anlehnung an

neuplatonische Vorstellungswelten, auch Augustinus, der sich zur Belegung dieser

Ansicht explizit auf Koh. 3:19 stützt, wenn er auch mit Aristoteles den entscheidenden

Unterschied zwischen Mensch und Tiere nicht im Vorhandensein einer Seele, sondern

dem eines Verstandes.

30 Vgl. Adelard von Bath, Quaestiones naturales 13, ed. Charles Burnett, zitiert nach

Köhler (2008: 176f. und ebd. Anm. 43.

THEOLOGIE | 19

Christ_innen zugleich mit der Vernunft auch die Seele exklusiv dem Menschen

zu.

Durch den sich verstärkenden Einfluss der Summa des Thomas von Aquin,

der Tieren Vernunft und Seele absprach, und erst recht durch Descartes, der den

Tieren nicht nur Vernunft und Seele, sondern dessen Nachfolger den Tieren nun

auch jedes Gefühl absprachen, war die Reduzierung der Tiere auf bloße Automa-

ten, Produktionsmaschinen im Dienst des Vernunftwesens Mensch, nicht nur

möglich, sondern scheinbar sogar alternativlos geworden.31

Und wer keine Seele

hat, muss auch nicht erlöst werden.

DIE ERLÖSUNG ...

Von der Seele spricht Paulus selten, weder des Menschen noch des Tiers, und

dennoch findet sich im Römerbrief, einem der unzweifelhaft authentischen Pau-

lusbriefe und einem der ältesten und zugleich »theologischsten« Texte des Neu-

en Testaments, eine der Schlüsselstellen über die Frage der Unsterblichkeit.

Auch dort spricht Paulus nicht explizit von der Seele, sondern noch viel konkre-

ter von der Erlösung des Körpers:

»Ich bin aber davon überzeugt, dass unsere jetzigen Leiden bedeutungslos sind im Ver-

gleich zu der Herrlichkeit, die er uns später schenken wird. Denn die ganze Schöpfung

wartet sehnsüchtig auf jenen Tag, an dem Gott offenbar machen wird, wer wirklich zu

seinen Kindern gehört. Alles auf Erden wurde der Vergänglichkeit unterworfen. Dies ge-

schah gegen ihren Willen durch den, der sie unterworfen hat. Aber die ganze Schöpfung

hofft auf den Tag, an dem sie von Tod und Vergänglichkeit befreit wird zur herrlichen

Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Au-

genblick mit uns seufzt, wie unter den Schmerzen einer Geburt. Und selbst wir, obwohl

wir im Heiligen Geist einen Vorgeschmack der kommenden Herrlichkeit erhalten haben,

seufzen und erwarten sehnsüchtig den Tag.« (Röm. 8:18-23)

Ist die Erlösung nur für Menschen, weil Christus Mensch wurde – und nicht et-

wa Kranich? Karl Barth behauptet diese Exklusivität noch (vgl. Clough 2012:

31 Dass auch diese Formulierung eine grobe und eigentlich unzulässige Vereinfachung

darstellt, die der Fülle der Denkmöglichkeiten über Tiere vom 14. bis ins 18. Jahrhun-

dert eigentlich Hohn spricht, bewiesen zuletzt eindrucksvoll Muratori/Dohm (2013)

vgl. dazu meine Rezension auf http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/

(abgerufen am 03.09.2014).

20 | JULIA EVA WANNENMACHER

16-19). Für den englischen Theologen David Clough ist das ebenso unsinnig wie

die Behauptung, Jesus sei nur für Juden oder Männer in die Welt gekommen,

weil er selbst als jüdischer Mann lebte und starb (ebd.: 83). Gott kam als

Mensch, als Mann, als Einwohner Palästinas, im 1. Jahrhundert zur Welt – aber

die bekannte Formulierung des Johannesevangeliums ist nicht »Gott wurde

Mann«, sondern »das Wort ward Fleisch« (Ioh. 1:33) – wie alle Geschöpfe.

Für Clough ist die Schöpfung so wenig exklusiv um des Menschen willen

geschehen wie die Erlösung, und die Zusammenhänge sind deutlich. Aber min-

dert es nicht die Bedeutung des Menschen, wenn die Tiere nicht um seinetwillen

geschaffen sind? Der jüdische Philosoph Moses Maimonides fand dafür bereits

im Mittelalter ein passendes Bild, mit dem er den Anthropozentrismus kritisiert:

»Für diejenigen, die sich der Wohltaten der Schöpfung erfreuen, mag es scheinen als ob

die göttliche Macht, die ihnen Güte und Liebe erweist, nur um ihretwillen da sei. So mag

ein Bürger einer Stadt sich vorstellen, dass der König nur deshalb gewählt wurde, um sein

Haus in der Nacht vor Dieben zu schützen. Bis zu einem gewissen Grad stimmt das sogar:

denn wenn sein Haus geschützt wird und er sich dieses Schutzes dank des Königs erfreut,

den das Land gewählt hat, dann scheint es, als sei es das alleinige Ziel des Königs, das

Haus dieses Mannes zu schützen.« (Moses Maimonides 1995: pars III, cap. 13).

...VON DEM BÖSEN

Die Schöpfung und die Bedeutung des Menschen darin verlieren nicht an Wert

durch die Annahme, dass nicht alles allein um des Menschen willen geschehen

sei. Das Argument, dass Tiere darum allein um des Menschen willen aus dem

Paradies vertrieben worden seien, der paradiesische Tierfriede allein um des

Menschen willen beendet worden und auch die Sintflut nur um der Verderbnis

des Menschen willen gekommen sei, erledigt sich damit von selbst. Ebenso wie

im Fall der Schöpfung wird auch bei der Sintflut eine kritische Lektüre des Tex-

tes die anthropozentrische Interpretation kippen. Die Begründung für die Sintflut

liegt nicht allein in der Schlechtigkeit der Menschen, so wenig wie die Schöp-

fung um ihretwillen allein geschah. In Gen. 6:13 kündigt Gott das Ende aller

Wesen aus Fleisch an, durch die die Erde voller Gewalttat ist. Doch nicht nur

Gewalttat, auch aktive Buße teilen Tiere mit Menschen – so in Jona 3:7. Auch

das Verhalten der Tiere als positive Beispiele, das sich im Alten wie im Neuen

Testament findet, spricht eine ähnliche Sprache.

Diese Überlegung impliziert jedoch auch, dass Tiere wie Menschen die Wahl

haben, sich gut oder böse, richtig oder falsch zu verhalten. Die Möglichkeit dazu

wurde bereits in der Sintflutgeschichte angedeutet und von manchen Theologen

THEOLOGIE | 21

auch diskutiert.32

Martin Luther wies dies zurück: Die Zerstörung von Mensch

und Tier in der Sintflut sei lediglich ein Beleg dafür, wie vollständig die Zerstö-

rung des Menschen gedacht war – eine höchst anthropozentrische Erklärung

(Clough 2009: 42 und ebd., Anm. 8).

Dass diese Erklärung und die Feststellung von der Sündlosigkeit der Tiere

nicht zu allen Zeiten überzeugend war, dafür legen möglicherweise auch die mit-

telalterlichen und neuzeitlichen Tierprozesse Zeugnis ab, die Tiere vor weltli-

chen wie geistlichen Gerichten für ihre Taten zur Verantwortung zogen und die

Schuldfähigkeit der Tiere damit grundsätzlich voraussetzten. Doch auch moder-

ne Verhaltensforscher_innen beschreiben bei Tieren Verhaltensweisen, die sich

nicht nur durch Instinkt oder Notwendigkeit erklären lassen. Sie beschreiben Alt-

ruismus ebenso wie Mord, und längst nicht immer gibt es für beide zwingende

Gründe, lässt sich das Verhalten der Tiere durch Instinkt oder evolutionsbedingte

Vorteile erklären – ebenso wenig wie bei einer/einem menschlichen Dieb_in

oder Mörder_in. Die neutestamentliche Definition von Sünde als Verfehlung ei-

nes Ziels, die augustinische als Abwesenheit des Guten – sie lässt sich in tieri-

schem Handeln ebenso feststellen wie in menschlichem. Die Zuschreibung eines

individuellen Charakters an Tiere, mit je verschiedenen persönlichen Eigen-

schaften, wie sie allen Menschen selbstverständlich ist, die Tiere als individuelle

Lebewesen kennenlernen, macht diese Schlussfolgerung zwingend. Tiere haben

nicht zufällig mit uns gemein, Teil der auf Erlösung hoffenden Schöpfung zu

sein. Sie sind genau wie wir Teil dieser Schöpfung – mit allen Konsequenzen.

Die alttestamentlichen Texte der Propheten, die den paradiesischen Tierfrieden

beschreiben, machen das ebenso deutlich wie die neutestamentlichen, die die Er-

lösungssehnsucht thematisieren – neben der Stelle aus dem Römerbrief vor al-

lem diese:

»Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung.

Denn in ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Un-

sichtbare, Throne und Herrschaften, Mächte und Gewalten; alles ist durch ihn und auf ihn

hin geschaffen. Er ist vor aller Schöpfung, in ihm hat alles Bestand. Er ist das Haupt des

Leibes, der Leib aber ist die Kirche. Er ist der Ursprung, der Erstgeborene der Toten; so

hat er in allem den Vorrang. Denn Gott wollte mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen, um

durch ihn alles zu versöhnen. Alles im Himmel und auf Erden wollte er zu Christus füh-

32 Zahlreiche Beispiele dafür, dass in der hoch- und spätmittelalterlichen Philosophie dis-

kutiert wurde, ob Tiere Willensentscheidungen treffen, zweckfrei handeln, zu Er-

kenntnisleistungen in der Lage sein oder gar Gut und Böse unterscheiden könnten,

gibt Köhler (2008: 174-6).

22 | JULIA EVA WANNENMACHER

ren, der Friede gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut. [...] In der ganzen Schöpfung unter

dem Himmel wurde das Evangelium verkündet; ihr habt es gehört, und ich, Paulus, diene

ihm.« (Kol. 1:15-23)

UNSCHULDIGE SEELEN?

Auch nach Descartes gab es noch vereinzelte Theologen, die von der Unsterb-

lichkeit der Tiere überzeugt waren. Kein Grund aber, ihnen als Mitgeschöpf

Respekt zu erweisen, gar sie nicht auszubeuten, nicht zu töten – das Jenseits

konnte an den Tierseelen wiedergutmachen, was die unschuldigen Kreaturen

hier hatten erleiden müssen. Auch heute noch vertreten manche Theolog_innen

und Laien die Meinung, das moralische Problem des schuldlosen Leidens von

Tieren könne durch eine Kompensation im Jenseits gelöst werden. Die Unsterb-

lichkeit ihrer Seelen wird so für die Tiere zur Lösung des Theodizeeproblems –

und schlimmstenfalls zur Rechtfertigung der von Christ_innen geduldeten, von

ihnen genutzten oder sogar in Auftrag gegebenen Tierausbeutung.

Kann das die Antwort auf die Frage nach der Vernunft und gar den unsterbli-

chen Seelen der Tiere sein – dass die Aufgabe der Theologie in Bezug auf die

Tiere die ist, mit der Hoffnung auf ein Jenseits unsere unschuldigen Opfer zu

versöhnen, indem wir ihnen das, was wir ihnen im Diesseits vorenthalten, näm-

lich Leben, Freiheit, Glück und Selbstbestimmung, im Jenseits (natürlich in ab-

geschwächter Form) versprechen? Wenn dem so wäre, handelte es sich nicht um

mehr als um einen Freibrief dafür, Tiere weiter als seelen- und gefühllose Ge-

schöpfe zu behandeln, die nicht zählen und deren Leben, Glück und Freiheit wir

ohne schlechtes Gewissen nehmen können.

Nein, es ist mehr als Luthers himmlische Belferlein, oder die Annahme C. S.

Lewisʼ, dass Tiere in den Himmel kämen, damit ihre irdischen Besitzer_innen

sie dort nicht vermissten.33

Es ist die konsequente Durchführung einer Lesart der

biblischen Texte, die bei genauerem Hinsehen deutlich werden lässt, dass diese

Erde von Anfang an nie für uns allein gedacht war, dass es weder unsere

Schlechtigkeit noch unsere Güte oder Genialität ist, die unser Alleinstellungs-

merkmal ausmacht. Das von Albert Schweitzer gewählte Bild ist deutlich:

»Wie die Hausfrau, die die Stube gescheuert hat, Sorge trägt, dass die Türe zu ist, damit ja

der Hund nicht herein komme und das getane Werk durch die Spuren seiner Pfoten ent-

33 Über Lewisʼ Vorstellungen vom Weiterleben der Tierseelen in The Problem of Pain

vgl. Camosy (2012: 115 f.).

THEOLOGIE | 23

stelle, also wachen die europäischen Denker darüber, dass ihnen keine Tiere in der Ethik

herumlaufen. Was sie sich an Torheiten leisten, um die überlieferte Engherzigkeit auf-

rechtzuerhalten und auf ein Prinzip zu bringen, grenzt ans Unglaubliche.« (Schweitzer

1971: 362 f.)

Doch von solchen Versuchen scheint auch die gegenwärtige Theologie nicht frei.

Der evangelische Theologe Erich Gräßer kommentiert:

»Was wir heute erleben, ist ein mit dem Rechenstift ausgeklügeltes schreckliches Höllen-

spiel, in dem wir unsere Nutztiere in der Massentierhaltung zu Tiermaschinen herabstufen.

Die Übermenge an Eiern, Fleisch und Butter, die die westlichen Wohlstandsgesellschaften

auf diese Weise produzieren, ist mit menschenunwürdiger Tierquälerei bezahlt. Gegen-

über dieser überall straflos praktizierten Ungeheuerlichkeit liest sich Albert Schweitzers

Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben wie eine Botschaft von einem anderen Stern. Und eine

Kirche, die zu dem allem schweigt, erklärt damit den Bankrott ihrer Barmherzigkeitspre-

digt! Dabei ist die Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben biblisch. Die Bibel Alten und Neu-

en Testamentes ist voller Zeugnisse von Gottes Fürsorge für alle Geschöpfe. Weil das

Gutsein zu den Tieren eine Selbstverständlichkeit ist, darum hat man das Zentrum des

christlichen Glaubens, die Dahingabe des Lebens Jesu für die Sünden der Menschen, mit

dem Bilde vom guten Hirten umschrieben: ›Ich bin der gute Hirte, der gute Hirte lässt sein

Leben für die Schafe‹.« (Gräßer 2007: o. S.)

Paradoxerweise führt so gerade die behauptete kreatürliche Unschuld nicht-

menschlicher Tiere, die im Diesseits ausschließlich schuldlos leiden, weil sie

nach der Meinung der modernen Theologie gänzlich schuldunfähig seien, zu ei-

ner erneuten Abwertung der Tiere. Wir gestehen ihnen eine Seele zu, sogar die

Unsterblichkeit, und wir sind bereit, ihnen ein Eckchen des auf uns wartenden

jenseitigen Paradieses oder Himmels zuzuweisen, wo sie dann endlich, von

uns(erem) Bösen erlöst, sich der ewigen Seligkeit erfreuen dürfen, wobei sie je-

doch, anders als wir, nicht von eigener Sünde, sondern nur von unseren, an ihnen

begangenen Sünden befreit sind. Das letzte, was wir für uns behalten und nicht

mit den Tieren teilen wollen, ist die Fähigkeit zur Sünde. Denn dann wäre Chris-

tus am Ende nicht mehr nur für uns allein gestorben, und wir nicht mehr Allein-

darsteller_innen und unangefochtener alleiniger Mittelpunkt des Heilsgesche-

hens. So wie die Tiere unserer Meinung nach nicht der Erlösung teilhaftig wer-

den müssen, so dürfen sie dafür zuvor auch nicht an unserer Sünde teilhaftig ge-

worden sein, es sei denn als leidendes Objekt unseres sündhaften Handelns. Wo

kämen wir hin, wenn der Heilsplan Gottes auf einmal nicht mehr nur uns Men-

24 | JULIA EVA WANNENMACHER

schen, sondern auch den Tieren gelten sollte – vielleicht in ein bunteres himmli-

sches Paradies?

DIE FRAGE NACH DER MORAL ODER: DAS LETZTE

ANTHROPINON

Tatsächlich erscheint in dieser Sichtweise die Sünde als das letzte Alleinstel-

lungsmerkmal des Menschen, das wir noch nicht mit den Tieren teilen wollen.

Ein Anzeichen davon, dass dies vielleicht nicht immer so war, können wir viel-

leicht aus der Erinnerung an die Tierprozesse des Spätmittelalters und der Frü-

hen Neuzeit erkennen, bei denen Tiere teils vor weltlichen, teils vor geistlichen

Gerichten angeklagt wurden, geladen wurden, einen Beistand bekamen und so-

wohl schuldig als auch freigesprochen werden konnten. Ganz sicher ist diese In-

terpretation der Tierprozesse allerdings nicht. Denn Strafprozesse gegen Tiere,34

die einen Menschen verletzt oder getötet haben, erinnern an mosaische Gebote,35

bei denen bereits die Tötung eines Menschen durch ein Tier die Todesstrafe für

den Ochsen zur Folge hatte – nicht etwa die Schlachtung, denn der gesteinigte

Ochse sollte ausdrücklich nicht zur Nahrung dienen. Ein ähnliches Urteil scheint

es zu sein, wenn noch in diesem Jahrzehnt in Spanien bei einem für den Matador

tödlich ausgehenden Stierkampf nicht nur der Stier, der den Matador getötet hat,

sondern auch dessen Mutter getötet wird.36

Unmoralisches, gar verbrecherisches

Verhalten traut man Tieren noch heute ebenso zu wie der mittelalterliche Volks-

glaube die Heiligkeit oder Dämonie, hohe Moral oder moralische Schuldfähig-

keit der Tiere für möglich hielt.37

Selbst wenn wir, wie einige Theolog_innen bereit sind zu tun, die Tiere als

um ihrer selbst willen und nicht um unseretwillen geschaffen erklären, gilt das

nicht für alles, was nach der Schöpfung kommt. Die Vertreibung der Tiere aus

34 Über Tierprozesse vgl. Fischer (2005); Dinzelbacher (2006); Evans (1906).

35 Exod. 21:28: »Wenn ein Ochse einen Mann oder ein Weib stößt, dass sie sterben, so

soll man den Ochsen steinigen und sein Fleisch nicht essen; so ist der Herr des Ochsen

unschuldig.«

36 »Sollte jedoch ein Stier einen Torero verletzen oder gar töten, so wird nicht nur der

Toro selbst in der Arena noch getötet, sondern auch die Mutterkuh«,

http://www.jugendundwirtschaft.de/schuelerartikel/archiv/donnerstag-9.-juni-

2011/manche-stiere-haben-schwein-gehabt (abgerufen am 03.09.2014).

37 Für ein eindrückliches Beispiel eines »heiligen« Tieres im Spätmittelalter vgl. Schmitt

(1979).

THEOLOGIE | 25

dem Paradies und ihre Unterwerfung unter Leid und Tod, die Vernichtung der

Tiere in der Sintflut und schließlich die Wiedergutmachung des menschenverur-

sachten Leidens der Tiere im Paradies: All dies, so sind wir gewohnt zu glauben,

geschieht um unseretwillen. Dabei fällt uns gar nicht auf, wie inkonsequent die-

ser milde Anthropozentrismus ist, so sehr ist diese Haltung uns in Fleisch und

Blut übergegangen. Denn warum sollte ein liebender und gerechter Gott, wenn

er die Tiere wirklich nicht um unseretwillen, sondern um ihrer selbst willen er-

schaffen hat, sie dann schuldlos die Folgen der von uns allein verursachten Sün-

de tragen lassen?

Die biblischen Texte sprechen eine andere Sprache. So wenig wie bei der

Begründung der Sintflut unterschieden wird zwischen der von Menschen und

Tieren ausgehenden Gewalt, sondern schlicht von der Gewalt aller Lebewesen

aus Fleisch die Rede ist, so wenig wird bei der Rede von der Erlösung im Neuen

Testament zwischen der Erwartung von Mensch und Tier unterschieden, die Er-

lösungsbedürftigkeit beider unterschiedlich begründet oder gar eine Erlösung in

zwei Klassen auch nur angedeutet. Auch wenn die biblischen Texte, die sich an

menschliche Leser_innen richten, die Sünde der Menschen thematisieren, kann

daraus nicht abgeleitet werden, dass Tiere aus Sicht der Bibel sündlos seien; mit

Gen. 6:13 wird vielmehr das Gegenteil deutlich.

Doch welcher Art sind nun die Sünden der Tiere? Menschliche Sünden wider

Gott, wie mangelnde Gottesliebe, wird man ihnen nicht attestieren können, denn

diese zu diagnostizieren gehört in den Bereich der religiösen Subjektivität der

Tiere, der uns nicht einsehbar ist. Wenn wir mit Stephen Clark und anderen The-

ologen von Tieren als Subjekten der Theologie sprechen, so muss die Ausgestal-

tung dieser Religiosität den Tieren selbst überlassen werden. Wir können sie al-

lenfalls vermutend beobachten, jedoch nicht beurteilen. Wie sieht es mit mögli-

chen Sünden der Tiere wider andere Lebewesen aus? David Clough beschreibt

angesichts der Betrachtung einer Katze, die einen Vogel beobachtet, seine Vor-

stellung eines jenseitigen Tierfriedens, in dem kein Tier mehr einen Jagdtrieb

verspüren und es weder Jäger noch Gejagte mehr geben wird (Clough 2012:

162).

Warum erachten wir den Jagdtrieb der Tiere als etwas Selbstverständliches

und Unhinterfragbares, über das keinerlei moralische Urteile zulässig sind, wäh-

rend wir doch andererseits nichtmenschlichen Tieren einen ebenso individuellen

Charakter wie uns zugestehen, sie an unserer Schöpfungsunmittelbarkeit wie an

unserer Erlösungsbedürftigkeit teilhaben lassen – doch Erlösungsbedürftigkeit

wovon? Natürlich wäre es abwegig, nichtmenschlichen Tieren menschliche Be-

griffe von Moral aufzuoktroyieren, wie die Tötung einer Maus als akzeptabel

und lobenswert, die Tötung eines Singvogels aber als verwerflich anzusehen,

26 | JULIA EVA WANNENMACHER

zumal die jagende Katze die erstere wie den letzteren als Nahrung ansieht und

verwendet, während wir Menschen Mäuse als Schädlinge und damit als Frei-

wild, Singvögel hingegen als schützenswert ansehen. Mit einer menschenge-

machten Moral kommen wir hier nicht weiter.

Was hindert uns jedoch daran zuzugestehen, dass es für die nichtmenschli-

chen Tiere in ihrer Schöpfungsunmittelbarkeit ebenso wie für uns einen Begriff

von Moral geben kann, der ihnen je spezifisch ist und von unsren notwendiger-

weise verschieden? Ist nicht auch die menschliche Moral nicht überall und zu al-

len Zeiten gleich gewesen und ist es auch heute noch nicht? Wie viel haben heu-

tige Moralvorstellungen noch mit der bürgerlichen Moral des 19. Jahrhunderts

gemein oder mit der anderer Völker und Kulturen? Wie sehr also muss unser

Begriff von Moral mit dem anderer Spezies identisch sein? Moralbegriffe, und

damit auch das, was in der Theologie als Sünde oder Verfehlung angesehen

wird, sind durchaus nicht gottgegeben und zeitlos, nicht für Menschen und wo-

möglich auch nicht für Tiere. Es gibt Beispiele, bei denen Raubtiere als Freunde

ihrer Beutetiere geschildert werden, Freundschaften unter Tieren über Artgren-

zen hinweg, und Erzählungen von Tieren, die mit menschlichen und nicht-

menschlichen Tieren zusammenlebend ihren Jagdtrieb eingeschränkt oder zu-

mindest nicht auf nichtmenschliche Mitbewohner_innen ausgedehnt haben, ohne

dass er ihnen jedoch grundsätzlich abhanden gekommen sei. So viele Beispiele

gibt es, in denen sich Tiere altruistisch und damit nach menschlichen Begriffen

hochmoralisch verhalten, und andere, die über Raub und Mord unter nicht-

menschlichen Tieren berichten,38

dass es letzten Endes künstlich und aufgesetzt

erscheint, wenn wir uns beharrlich weigern einzugestehen, dass auch nicht-

menschliche Tiere zu so etwas wie ethischem oder unethischem Handeln in der

Lage sind – auch wenn wir die Grundlagen tierlicher Ethik (nicht zu verwech-

seln mit Tierethik) nicht kennen, und sie vermutlich nur teilweise Überschnei-

dungen mit unseren menschlichen Ethiken aufweisen. Aber das letzte Anthropi-

non, die Sünde, und damit auch die gottgegebene Verantwortung für das eigene

Handeln, die Erlösungsbedürftigkeit, aber auch die vollumfängliche Erlösung

selbst gehören längst nicht mehr nur uns Menschen allein – und haben es, bei

Licht besehen, vermutlich auch nie. Nur treten die nichtmenschlichen Tiere erst

jetzt langsam aus dem langen Schatten unserer menschlichen Sünde und Erlö-

sungssehnsucht heraus, und indem wir sie ansehen, können wir erkennen, dass

38 Über derartige Verhaltensweisen bei Schimpansen berichtet etwa Jane Goodall im In-

terview, http://www.zeit.de/2011/34/Forschung-Jane-Goodall/seite-3 (abgerufen am

30.08.2014) »Es war furchtbar zu sehen, wie ähnlich sie uns sind. Die jungen Männ-

chen waren fasziniert von dem Morden. Sie wollten zusehen, wenn ein anderer starb.«

THEOLOGIE | 27

unsere Schuld, unsere Sünde, nicht nur uns allein bedrückt, sondern dass sie

auch dieses letzte mit uns teilen, und doch unsere Schuld und Sünde, ebenso wie

vorher unsere Würde, darum keineswegs kleiner wird, sondern eher größer, und

ebenso wenig auch der Himmel, der auf die Erlösten aller Spezies wartet.

Damit entfällt auch die Verpflichtung, uns nichtmenschlichen Tieren gegen-

über einfach wohl zu verhalten, um so die Zahl der Leiden, für die sie im Him-

mel Wiedergutmachung erfahren, zu mindern und so den Himmel möglichst

rasch wieder für uns allein zu haben, für uns, die wir seine einzigen rechtmäßi-

gen Bewohner_innen sind. Nichtmenschliche Tiere, die nur darum den Himmel

bevölkern dürfen, um uns dort zur Gesellschaft zu dienen oder damit die ihnen

von uns angetanen Leiden wiedergutgemacht werden, wären Himmelsbewohner

zweiter Ordnung, Untermieter des Paradieses, und indem wir uns ihnen gegen-

über zu Lebzeiten wohl verhalten, mindern wir sowohl die Zahl der Leiden, für

die sie im Himmel Wiedergutmachung erfahren sollen, wie wahrscheinlich auch

die Verweildauer in diesem himmlischen Krankenstift der Tierseelen und die

schiere Zahl der Tiere, die mit uns den Himmel teilen, tumber Kreaturen, die zur

Sünde nicht fähig sind und damit, anders als wir, auch nicht wirklich im Vollsinn

einer Erlösung teilhaft werden könnten. Dass Tiere nicht um ihrer selbst willen,

sondern nur darum in den Himmel kommen, damit wir dort nicht allein sind oder

damit ihnen dort die von uns auf Erden angetanen Leiden vergolten und

wiedergutgemacht werden können, ist eine zutiefst anthropozentrische Sichtwei-

se, die den Tieren die Schöpfungs- wie die Erlösungsunmittelbarkeit vorenthält.

Das wäre eine allzu einfache Lösung für das Theodiezeeproblem, mindestens

soweit es Tiere betrifft, um deren Leid auf Erden wir uns dann keine Gedanken

mehr zu machen brauchten. Und wenn Tiere, anders als wir, nicht um ihrer

selbst willen erlöst werden müssen und in den Himmel kommen, sondern nur zur

Lösung des Theodizeeproblems,39

dann müssten wir Menschen uns keine Sorgen

machen, unsere Einzigartigkeit in theologischer Hinsicht, unsere uns und nur uns

eigentümliche Gottesebenbildlichkeit und unseren theologischen Anthropozent-

rismus auch nur im Geringsten zur Diskussion stellen zu müssen – wir müssen

stattdessen einfach nur gut zu den Tieren sein. Aber lässt sich diese Exklusivität

der menschlichen Schöpfungsunmittelbarkeit, der menschlichen Sündhaftigkeit

und Erlösungsbedürftigkeit in irgendeiner Weise exegetisch stichhaltig begrün-

den? Ist es nicht vielmehr reiner Speziesismus, an der Exklusivität unserer

Sündhaftigkeit, unserer Erlösung und damit auch unserer Aufenthaltsberechti-

39 Zu diesem Thema erschien neuerdings Dougherty (2014); das Buch war mir leider

bisher nicht zugänglich.

28 | JULIA EVA WANNENMACHER

gung im Himmel festzuhalten – und sie sich notfalls mit ein wenig Gutsein zu

den vermeintlichen schuld- und erlösungsunfähigen Tieren zu erkaufen?

SCHLUSS

In der Lesart einer Theologie ohne anthropozentrische Scheuklappen ist es mit

diesem Gutsein gegenüber Tieren nicht mehr getan. Wir haben nicht gute Ver-

walter einer wohlausgestatteten Erde zu sein, die Gott den Menschen zu treuen

Händen übergab, einer Immobilie, deren lebendes Inventar wir gut zu pflegen

haben, um dem Herrn wohl zu gefallen. Es reicht nicht, in paternalistischer Ma-

nier Barmherzigkeit zu üben an den Tieren, sich nach vollbrachter Tat im Glanz

unserer erhabenen Menschlichkeit zu sonnen und so die Tiere erneut zu instru-

mentalisieren, diesmal nicht durch materielle Ausbeutung, sondern als Objekt

unserer Barmherzigkeit, das uns passiv zur Erhaltung der uns eigenen Gotteben-

bildlichkeit verhilft und so wieder nur Mittel zum Zweck ist. Wenn wir vor der

Lektüre der biblischen Texte die anthropozentrische Brille ablegen, können wir

nicht umhin zu erkennen: Nichtmenschliche Tiere teilen mit uns die gleiche

Schöpfungsunmittelbarkeit, die gleiche Sündhaftigkeit und Erlösungsbedürftig-

keit. Sie sind nicht um unseretwillen geschaffen, wurden nicht um unseretwillen

aus dem Paradies vertrieben und werden nicht um unseretwillen erlöst, sondern

um ihrer selbst willen. Vor diesen Erkenntnissen die Augen zu schließen heißt

die biblischen Texte Lügen zu strafen. Es ist Zeit, die Augen zu öffnen, Zeit für

eine unvoreingenommene Lektüre und Zeit für eine Begegnung aller Geschöpfe

auf Augenhöhe. Und wer weiß, vielleicht eröffnen sich aus dieser unvoreinge-

nommenen Begegnung ja auch ganz neue Perspektiven, deren Ergebnisse die

Human-Animal Studies wie die Theologie bereichern könnten.

Nicht ohne Grund: Religionswissenschaft, Philosophie und Theologie von

Philo von Alexandrien über Augustins und Luther bis zu Mircea Eliade oder

Karl Barth und ihren40

Nachfolgern haben als eine ihrer Prämissen, dass die

Grenze zwischen Menschen und den anderen Lebewesen grundlegend und un-

überwindbar sei. Vom alten Ägypten über die griechische und römische Antike

und das Mittelalter bis in die Neuzeit galt, dass es in allen Religionen von An-

fang an, in der christlichen von der Schöpfung bis zur Erlösung, nur um den

Menschen und sein Gottesverhältnis geht, während Tieren von vornherein jede

Fähigkeit oder Neigung zur Ausübung von Religion abgesprochen wurde. Doch

nun haben Philosophen wie Jacques Derrida, Anthropologen wie Tim Ingold und

40 Ingold (2008); vgl. auch Gross (2013).

THEOLOGIE | 29

Theologen wie David Clough dazu aufgefordert, unser Blickfeld zu erweitern,

neue Perspektiven in den Blick zu nehmen und die anthropozentrischen Scheu-

klappen abzunehmen.

Was können nun Human-Animal Studies zur Theologie, was Theologie zu

Human-Animal Studies beitragen? Durch diese neue Perspektive der Human-

Animal Studies kann in der Theologie manches neu positioniert oder gar zu-

rechtgerückt werden, der Mensch kann nicht mehr nur wie bisher höchstens von

den Tieren lernen, sie auch hier wieder instrumentalisierend, sondern sie in die-

sem Lernprozess als seine Brüder und Schwestern auf Augenhöhe erkennen. Der

heillose und scheinbar unheilbare Gegensatz, ja Kampf zwischen Mensch und al-

lem, was wir als Natur bezeichneten, kann aufgehoben werden. Und was kann

der Beitrag der Theologie zu den Human-Animal Studies sein, in einer inzwi-

schen weitgehend säkularen Welt? Spielt es noch eine Rolle, wenn die schwei-

gende Mittäterschaft, die Carl Anders Skriver gar als »Verrat« an den Tieren be-

zeichnete, ermöglicht durch die anthropozentrische Perspektive der Theologie

und des abendländischen Denkens an sich, dadurch abgelöst würde, dass Theo-

logie, Theolog_innen, sich solidarisch mit den Tieren erklärten, statt weiter unse-

re gottgegebene Exklusivität im Heilsplan Gottes zu behaupten? Würde sich das

Abendland neu denken, wenn diese Prämisse endlich aufgegeben würde, mit der

Philosophie und der Anthropologie nun auch von der Theologie? Die Grundla-

gen dafür sind – dank Gelehrten wie zuerst Peter Singer, Andrew Linzey und

Erich Gräßer und zuletzt Stephen Clark, David Clough, Aaaron Gross, Tim In-

gold und anderen – geschaffen. Wir werden sehen.

LITERATUR

Adelard von Bath: Quaestiones naturales 13, ed. Charles Burnett Adelard in:

ders. (1998), Adelard of Bath, Conversations with his nephew. On the Same

and the Different, Questions on Natural Science and On Birds, Cambridge:

Cambridge University Press.

Augustinus, Ambrosius: Enarrationes in Psalmos, ed. Eligius Dekkers, Johannes

Fraipont (1956): Enarrationes in Psalmos I-L, CCSL 38, Turnhout: Brepols.

Augustinus, Ambrosius: De civitate Dei, ed. Bernhard Dombart, Alfons Kalb

(1955): De civitate Dei, CCSL 47, Turnhout: Brepols

Baghajati, Tarafa (2012): Mensch-Tier-Beziehung und Tierschutz im Islam, in:

Edith Riether/Michael Noah Weiss (Hg.), Tier – Mensch – Ethik, Münster:

LIT Verlag, S. 189-198.

30 | JULIA EVA WANNENMACHER

Baranzke, Heike (2002): Würde der Kreatur? Die Idee der Würde im Horizont

der Bioethik, Würzburg: Königshausen & Neumann.

Barth, Karl (1945): Eine Schweizer Stimme 1938-45, Zollikon/Zürich: Evangeli-

scher Verlag.

Barth, Karl (1973): Ethik I, Zürich Theologischer Verlag.

Bernhart, Joseph (1961): Die unbeweinte Kreatur. Reflexionen über das Tier.

Bernhart, München: Joseph Kösel Verlag.

Brüllmann, Richard (1983): Lexikon der treffenden Martin-Luther-Zitate, Thun:

Ott

Camosy, Charles C. (2012): Peter Singer and Christian Ethics: Beyond Polariza-

tion, Cambridge: Cambridge University Press.

Clark, Stephen R. L. (2013): »Ask now the beasts and they shall teach thee«, in:

Celia Deane-Drummond/Rebecca Artinian-Kaiser/David L. Clough (Hg.),

Animals as Religious Subjects, S. 15-34.

Clough, David (2009): »The Anxiety of the Human Animal: Martin Luther on

Non-human Animals and Human Animality«, in: Celia Deane-

Drummond/David Clough (Hg.), Creaturely Theology, S. 41-60.

Clough, David L. (2012): On Animals, Volume 1: Systematic Theology, Lon-

don: T&T Clark International

Deane-Drummond, Celia/Clough, David (Hg.) (2009), Creaturely Theology: On

God, Humans and Other Animals, London: SCM.

Deane-Drummond, Celia/Artinian-Kaiser, Rebecca/Clough, David L. (Hg.)

(2013): Animals as Religious Subjects. Transdisciplinary Perspectives, Lon-

don/New York: Bloomsbury.

Derrida, Jacques (2006): L‘animal que donc je suis, Paris: Èditions Galilée,

übers. v. Marcus Sedlaczek (2010), Wien: Passagen.

Dietz, Philipp (1870): Wörterbuch zu Dr. Martin Luthers deutschen Schriften,

Band 1, Leipzig: Verlag F. C. W. Vogel,

https://archive.org/stream/wrterbuchzudrma00dietgoog#page/n347/mode/1up

(abgerufen am 05.09.2014).

Dinzelbacher, Peter (2006): Das fremde Mittelalter. Gottesurteil und Tierpro-

zess, Essen: Magnus Verlag.

Dougherty, Trent (2014): The Problem of Animal Pain: A Theodicy For All

Creatures Great And Small, London/New York: Palgrave Macmillan.

Drewermann, Eugen (1990): Über die Unsterblichkeit der Tiere. Hoffnung für

die leidende Kreatur, mit einem Geleitwort von Luise Rinser, Olten/Freiburg

i. Br.: Walter-Verlag.

Evans, Edward P. (1906): The criminal prosecution and capital punishment of

animals, London, William Heinemann,

THEOLOGIE | 31

https://archive.org/details/criminalprosecut00evanial (abgerufen am 21. 9.

2014).

Fanciotti, Marco (2007): La Chiesa e gli Animali. La dottrina cattolica nel rap-

porto uomo-animale, Bologna: Oasi Alberto Perdisa.

Ficker Stähelin, Daniel (2006): Karl Barth und Markus Feldmann im Berner

Kirchenstreit 1949-1951, Zürich: Theologischer Verlag.

Fischer, Michael (2005): Tierstrafen und Tierprozesse – zur sozialen Konstrukti-

on von Rechtssubjekten, Münster: LIT-Verlag.

Foltz, Richard C. (2006): Animals in Islamic Traditions and Muslim Cultures,

Oxford: Oneworld.

Goebel, Ulrich/Reichmann, Oskar (2002): Frühneuhochdeutsches Wörterbuch

Band 3, Berlin/New York: De Gruyter.

Gräßer, Erich (1990): »Das Seufzen der Kreatur (Röm. 8,19-22). Auf der Suche

nach einer ›biblischen Tierschutzethik‹«, in: Jahrbuch für biblische Theolo-

gie 5 (1990), S. 93-117.

Gräßer, Erich (2007): Kirche und Tierschutz, http://www.schule-und-

tierschutz.de/load.php?name=Content&pa=showpage&pid=99 (abgerufen

am 15.08.2014).

Gross, Aaron (2013): »The Study of Religion after the Animal«, in: Celia

Deane-Drummond/Rebecca Artinian-Kaiser/David L. Clough (Hg.), Animals

as Religious Subjects, S. 59-78.

Hagencord, Rainer (2010): »Vom verhängnisvollen Irrtum über die Tiere. Zum

Projekt einer theologischen Zoologie«, in: ders. (Hg.), Wenn sich Tiere in

der Theologie tummeln, Regensburg: Pustet, S. 21-37.

Ingold, Timothy (2008): »From Trust to Domination. An alternative history of

human-animal-relations«, in: ders. (Hg.), The Perception of the Environ-

ment: Essays in Livelihood, Dwelling, and Skill, London/New York:

Routledge, S. 61-76.

Iohannes Scotus: Periphyseon (De divisione naturae), ed. Édouard Jeauneau

(1999): Iohannis Scotti seu Eriugenae Periphyseon, Liber tertius, CCCM

163, Turnhout: Brepols.

Köhler, Theodor Wolfram (2008): Homo Animal Nobilissimum: Konturen des

spezifisch Menschlichen in der naturphilosophischen Aristoteleskommentie-

rung des dreizehnten Jahrhunderts, Teil 1 Studien und Texte zur Geistesge-

schichte des Mittelalters 94, Leiden/New York: Brill.

Lewis, Clive Staples (1940): The Problem of Pain, London: The Centenary

Press.

Linzey, Andrew (1994): Animal Theology, London: SCM Press Ltd.

32 | JULIA EVA WANNENMACHER

Luther, Martin (1929): D. Martin Luthers Werke, Abteilung 4, Teil 2, 22. Band,

Weimar: H. Böhlau Nachfolger.

Montaigne, Michel de (1992): Essais [Versuche] nebst des Verfassers Leben

nach der Ausgabe von Pierre Coste ins Deutsche übersetzt von Johann Da-

niel Tietz. Band 2, Nachdr. der Ausg. Leipzig, Lankischens Erben, 1753/54,

Zürich: Diogenes.

Moses Maimonides: Führer der Unschlüssigen, ed. Adolf Weiß (1995), Ham-

burg: Meiner.

Muratori, Cecilia/Dohm, Burkhard (Hg.) (2013): Ethical Perspectives on Ani-

mals in the Renaissance and Early Modern Period (= Micrologus Library

55), Florenz: SISMEL, Edizione del Galluzzo.

Röhrig, Eberhardt (2000): Mitgeschöpflichkeit. Die Mensch-Tier-Beziehung als

ethische Herausforderung im biblischen Zeugnis, in der Theologiegeschichte

seit der Reformation und in schöpfunsgtheologischen Aussagen der Gegen-

wart, Europäische Hochschulschriften Reihe XXIII, Bd. 706, Frankfurt am

Main: Peter Lang.

Ryder, Richard (2005): »All Beings that Feel Pain Deserve Human Rights«, in:

The Guardian vom 06.08.2005, http://www.animal-rights-library.com/texts-

m/ryder04.htm (abgerufen am 30.08.2014).

Schimmel, Annemarie (1984): Die orientalische Katze, Köln: Diederichs.

Schmitt, Jean Claude (1979): Le saint lévrier. Guinefort, guérisseur dʼenfants

depuis le XIIIe siècle, Paris: Flammarion.

Schweitzer, Albert (1971): Kultur und Ethik, in: ders. (Hg.), Ausgewählte Werke

in fünf Bänden, Band 2, Berlin: Union Verlag.

Skriver, Carl Anders (1967): Der Verrat der Kirche an den Tieren, Höhr-

Grenzhausen: Starczewski-Verlag.

Sterckx, Roel (2002): The Animal and the Daemon in Early China, Albany/New

York: State University of New York Press.

Störk, Lothar (1998): »Tiere im Alten Ägypten«, in: Paul Münch (Hg.), Tiere

und Menschen. Geschichte eines prekären Verhältnisses, Paderborn u. a.:

Ferdinand Schöningh, S. 87-120

Thomas von Aquin: Summa Theologica, zitiert nach: Sancti Thomae de Aquino

Summa Theologiae. Textum Leoninum Romae 1888 editum ac automato

translatum a Roberto Busa SJ in taenias magneticas denuo recognovit Enri-

que Alarcón atque instruxit, http://www.corpusthomisticum.org (abgerufen

am 18. 8. 2014).

Valéry, Paul (1997): Ébauche d’un serpent, dt. Entwurf einer Schlange, in der

Übertragung von Rainer Maria Rilke, in: Rilke, Rainer Maria (1997), Sämtli-

THEOLOGIE | 33

che Werke, hg. vom Rilke-Archiv in Verbindung mit Ruth Sieber-Rilke, be-

sorgt durch Ernst Zinn, Siebenter Band, Frankfurt: Insel.

Waldau, Paul (2002): The Specter of Speciesism. Buddhist and Christian Views

of Animals, Oxford/New York: Oxford University Press.

Wannenmacher, Julia Eva (2005): Die Geographie des Unendlichen: (Räumli-

che) Vorstellungen von Paradies und Inferno im Mittelalter, in: Gudrun

Litz/Heidrun Munzert/Roland Liebenberg (Hg.), Frömmigkeit – Theologie –

Frömmigkeitstheologie. Contributions to European Church History. Fest-

schrift für Berndt Hamm zum 60. Geburtstag, Leiden/Boston: Brill, S. 47-63.

Wild, Markus (2007): Die anthropologische Differenz. Der Geist der Tiere in der

frühen Neuzeit bei Montaigne, Descartes und Hume, Berlin: De Gruyter.

Wolf, Jean-Claude (2005): Tierethik. Neue Perspektiven für Menschen und Tie-

re, Erlangen: Harald Fischer Verlag

ZUSÄTZLICHE RESSOURCEN IN AUSWAHL

https://archive.org/stream/wrterbuchzudrma00dietgoog#page/n347/mode/1up

(abgerufen am 3. 9. 2014)

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/ (abgerufen am 3. 9. 2014)

http://www.jugendundwirtschaft.de/schuelerartikel/archiv/donnerstag-9.-juni-

2011/manche-stiere-haben-schwein-gehabt(abgerufen am 3. 9. 2014)

http://www.schule-und-

tierschutz.de/load.php?name=Content&pa=showpage&pid=99 (abgerufen

am 15. 8. 2014)

http://www.theguardian.com/world/2010/may/31/malaysia-minister-animal-

testing(abgerufen am 30. 8. 2014)

http://www.zeit.de/2011/34/Forschung-Jane-Goodall/seite-3 (abgerufen am 30.

8. 2014).

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2014/04/lebenserwartung-tiere-alter/seite-3 (ab-

gerufen am 30. 08. 2014)