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SE: Freitheit und Gleichheit
SE-Leiter: Prof. Dr. Florian Uhl
Dr. med. univ. Martin Gollner
Katholische Universität Linz SS 2014
SPHÄREN DER
GERECHTIGKEIT Schafft der Mensch von sich heraus, Gerechtigkeit, Freiheit und
Gleichheit für alle Menschen herzustellen?
Peuerbach, den 13.Juli 2014
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INHALTSVERZEICHNIS
Inhalt INHALTSVERZEICHNIS ............................................................................................................................................................. 2
EINLEITUNG ............................................................................................................................................................................ 3
HINFÜHREN ZUM THEMA ........................................................................................................................................................ 4
THEMA .................................................................................................................................................................................... 8
LIEBE .................................................................................................................................................................................... 8
ERZIEHUNG UND BILDDUNG .............................................................................................................................................. 8
DISKUSSION .......................................................................................................................................................................... 10
ZUSAMMENFASSUNG .......................................................................................................................................................... 15
LITERATUR ............................................................................................................................................................................. 16
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EINLEITUNG
Mit dem jüdisch-christlich-muslimischen Zitat: „Als Adam grub und Eva spann, Wo
war da der Edelmann?“ wird vorweg der soziale Skeptizismus weltlichen Ranges
walten. Die Realität von Erbtiteln findet sich in dieser jetzigen Welt, auch die
Ungleichheit der Verteilung der Güter dieser irdischen Welt. Der New Yorker
Philosoph Michael Walzer hat sich bereits 1983 mit dieser Fragestellung befasst.
Wieweit jedoch der Mensch von sich aus, damit ist nicht gemeint ohne Gott, sondern
ohne Gottes unmittelbarer Rückkehr auf Erden, dies schafft. Neue Medien und
Soziale Netzwerke können bereits von sich heraus sanfte Korrekturen an Erziehung
und Charakter der Menschen zur Toleranz als ersten Schritt der Gleichheit
vollziehen. Die New Age Generation der westlichen privilegierten Welt in einer
Friedenszeit seit bald 70 Jahren lassen hoffen, dass nun die Zeit erfüllt ist, in einer
intelligenten, zivilisierten Gesellschaft Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichheit im
Sinne von Walzers Empfehlung von sich heraus zu schaffen. Diese Arbeit beleuchtet
anhand des vorliegenden Werkes genannten Autors in Vergleich zu theologischer,
philosophischer Sekundärliteratur die Fragestellung, ob es der Mensch in all seiner
geschichtlichen Erfahrung und ethischer Tradition seit Genesis alleine schaffen kann.
Das heißt ob er nun im Sinne einer Vereinten Nation religiöse, genetische und
soziale Unterschiede überwinden kann, oder wiederum wie die Geschichte lehrt in
Trennendes verfällt. Besonderes Augenmerk dieser Arbeit wird auf die Erziehung
durch Lehrerinnen und Lehrer in der frühen Entwicklungsphase des Kindes gelegt,
inwieweit Charakterbildung primär durch Eltern oder sekundär durch Schule
beeinflusst wurde und wird und welche Lösungsvorschläge es neben sozialen
Medien zur Meinungsbildung in der heutigen Zeit gibt.
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HINFÜHREN ZUM THEMA
Stellen wir uns dazu eine Gesellschaft vor, eine komplexe, egalitäre Gesellschaft,
die ein radikal vereinfachtes Verteilungssystem entwickelt hat mittels eigener
Kompetenz- und Kontrollsphären ohne ausgreifende staatliche Intervention.1
Eine Möglichkeit der Begrenzung von politischer Macht liegt in ihrer breiten
Verteilung. Theoretisch gesprochen ist die politische Macht in einer Demokratie das
dominante und in jeder von ihren Bürgen gewünschte Weise konvertibles Gut,2
wenn man das Monopol und nicht die Dominanz als Kernproblem der distributiven
Gerechtigkeit ansieht.3 Es ist leicht nachvollziehbar, warum Philosophen (und auch
politische Aktivisten) bevorzugt das Monopol ins Zentrum stellen. Wenn jede Frau
und jeder Mann sozusagen zu Kleingrundbesitzern auf der Welt werden, würde das
Geburtsrecht aufhören dominantes Gut zu sein.4 Bildung würde anstelle von Macht
und Reichtum in den Vordergrund treten und Qualifikation. Einfache Gleichheit
impliziert einfache Distributionsverhältnisse, soll heißen, wenn ich meinerseits 14
Hüte besäße und Sie ebenfalls 14, dann sind wir beide gleich. Wenn die Hüte aber
dominant sind, besitzen wir allerdings nur die gleiche Anzahl von Hüten und es ist
unwahrscheinlich, dass sich dies Hüte über längeren Zeitpunkt dominant halten.5
Das heißt wir sind nur jetzt gleich, sie könnten einen verlieren, mir könnte ein
Missgeschick mit einem Hut passieren, sie kommen aus der Mode, verlieren an Wert.
Gleichheit ist eine komplexe Relation zwischen Menschen, vermittelt durch die
Güter, die sie erzeugen, miteinander gemein haben und unter sich verteilen.6 Die
1 Michael, Walzer, Sphären der Gerechtigkeit, Ein Plädoyer für Pluralität und Gleichheit.
Frankfurt/Main 22006 46 2 ebd. 44 3 ebd. 45 4 ebd. 45 5 ebd. 47 6 Ebd. 47
5
Argumentation zugunsten komplexer Gleichheit ist von Pascal in einer seiner
Pensées sehr gut formuliert im Zitat angeführt:
„Die Tyrannei besteht in dem Verlangen, überall und auch außerhalb seines eigenen Bereichs zu
herrschen. Verschiedene Gruppen: Starke, Schöne, Kluge, Fromme, jede herrscht bei sich zu Haus
und nicht anderswo. Und mitunter treffen sie aufeinander, und der Starke und der Schöne schlagen
sich völlig töricht darum, wer Herr des andern sein solle, denn ihrer Herrschaft ist
unterschiedlicher Art. Sie können sich nicht verständigen und ihr Fehler ist, überall herrschen zu
wollen. Nichts kann das, nicht einmal die macht, sie hat nichts in dem Königreich der Gelehrten
zu bestellen; … Tyrannei ist: auf eine Weise haben zu wollen, was man nur auf andere haben
kann.“7
Marx stellte in seinen Frühschriften eine ähnliche Überlegung an, vielleicht kannte
er Pascals Zitat, tatsächlich wurde es von Adam Smith bereit 1813 in Edinburgh in
seiner „Theory of Moral Sentiments“ aufgenommen. Wie dem auch sei, Marx
Überlegungen zum Thema ebenfalls zitiert:
„ Setze den Menschen als Menschen und sein Verhältnis zur Welt als ein menschliches voraus, so
kannst du Liebe nur gegen Liebe austauschen, Vertrauen nur gegen Vertrauen etc. Wenn du die
Kunst genießen willst, musst du ein künstlerisch gebildeter Mensch sein; wenn du Einfluß auf
andere Menschen ausüben willst, mußt du ein wirklich anregend und fördernd auf andere
Menschen wirkender Mensch sein. Wenn du liebst, ohne Gegenliebe hervorzurufen, d.h., wenn
dein Lieben als Lieben nicht die Gegenliebe produziert, wenn du durch deine Lebensäußerung als
liebender Mensch dich nicht zum geliebten Menschen machst, so ist dein Liebe ohnmächtig, ein
Unglück.“8
Pascal und Marx führen uns zum Thema in ihrer Feststellung, dass persönliche
Qualitäten und soziale Güter ihre eigenen Operationssphären hätten, in denen sie
ihre Wirkung frei, spontan und rechtmäßig entfalten. Es gebe impulsive oder
natürliche Umwandlungen, die sich sozusagen logisch aus der sozialen Bedeutung
7 Blaise, Pascal, Pensées, in: Pascal. 332 Frankfurt-Hamburg 1954 184‒185 8 Karl, Marx, Ökonomische-philosophische Manuskripte von 1844, in: Marx Engels Werke. 1 567
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spezieller Güter ergäben und damit jeder Frau und jedem Mann intuitiv einleuchten.
So gesehen appellieren die Überlegungen beider Denker an unser ganz normales
Alltagsverständnis, doch ist dies nicht alles, denn sie richten sich auch gegen unsere
allgemeine Ergebung in unrechtmäßige Umwandlungsmuster.9
Nur schafft das der Mensch allein aus sich heraus? Es stimmt nämlich etwas nicht,
so macht Pascal deutlich, mit der Umwandlung von Macht in Glauben.10 Zu oft
wurde dies im Laufe der Geschichte missbraucht als sogenannte von Gott
eingesetzte Herrscher berufen auf David oder auch in den Kirchen der Welt.
Es gebe laut Walzer für das rechtmäßige Umverteilungsmuster nur 3 nötige
Prinzipien:
1. Der freie Austausch
2. Das Verdienst
3. Das Bedürfnis
Der freie Austausch muss weltweit sein und ohne Grenzen gelten. Walzer spricht
jedoch noch von verschiedenen Staaten, in einer Zeit wo es noch nicht diese heutigen
Möglichkeiten der Globalisierung gab, dies sei als Erweiterung seiner Ansicht zu
sehen. Das Verdienst muss uneingeschränkt pluralistisch sein und ein dominantes
Gut würde es nicht geben und nach Marxsche Maxime die Verteilung des Reichtums
der Gemeinschaft muss an den Bedürfnissen ihrer Mitglieder ausgerichtet sein.11
Zitiert nach Walzer:
9 Michael, Walzer, Gerechtigkeit 22006 48 10 ebd. 48 11 Marx, Gothaer Programm, 19, 21
7
„Wenn wir der Besitzerschaft, dem Expertentum, der religiösen Erleuchtung usw. erst einmal den
ihnen zukommenden Platz angewiesen und ihre Autonomie institutionalisiert haben, dann gibt es
in der Sphäre der Politik zur Demokratie keine Alternative mehr.“12
muss deshalb Im Zentrum unserer Überlegungen die Frage stehen, wie der Schutz
vor Unterdrückung durch Partei oder Mitgliedschaft und Staat oder Staatenbund
hergestellt und gewährleistet werden kann und von wem.13 Die heutigen Formen von
egalitärer Politik haben ihren Ursprung im Kampf gegen den speziellen Typus der
Tyrannei des Geldes. 14 Bis zum Jahr X waren Ärzte Fachexperten und freie
Unternehmer, im darauffolgenden Jahr waren sie Fachexperten und
Staatsbedienstete. Dies ist in Großbritannien nach dem zweiten Weltkrieg passiert.
Die einmal gezogenen Grenzlinien stehen nicht unwandelbar fest, sondern
verschieben sich, wenn sich die Bedeutungen wandeln, sagt Walzer.15
12 Walzer, Gerechtigkeit, 429 13 Walzer, Gerechtigkeit, 445 14 ebd. 445 15 ebd. 449
8
THEMA
Wie kann der Mensch, beziehungsweise könnte er es in eben genanntem Kontext
einer globalisierten Welt ohne Staaten in einer wie vorhin genannten demokratischen
Verwaltung für Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit aller Weltenbürger sorgen?
2 Dinge müssen zur Beantwortung dieser Frage noch geklärt werden, weil sie
Fixwerte , d.h. eine für den Menschen unveränderbare Größe darstellen.
LIEBE
Menschen lieben so gut sie können, und ihre Gefühle lassen sich nicht umverteilen.
Es wäre aber falsch, sich Verwandtschaft und Liebe als Sphäre vorzustellen, die von
allen anderen völlig verschieden ist – tatsächlich ist diese Sphäre mit allen anderen
eng verbunden. Einerseits durch Einmischung von außen schutzlos ausgesetzt,
andererseits aber nimmt sie selbst Einfluss auf alles.16 Zitiert nach unserem Rektor
an dieser Stelle:
„Keine andere Emotion bewegt und berührt so sehr wie die Liebe. Sie ist das Ur-Thema der
Literatur, der Kunst, der Religion. Das große Gefühl, auf dem unsere intimen Beziehungen ruhen.
Die Macht, die das Leben verzaubern soll.“17
ERZIEHUNG UND BILDUNG
Jede menschlich Gesellschaft erzieht und unterrichtet ihre Kinder seit jeher.
Aristoteles meinte jede Generation reproduziert ihren eigentümlichen
Charakter.18Ein exotisches, aber nicht untypisches Erziehungssystem ist das der
aztekischen Indianer.19Ein Negativbeispiel von Schule orientiert sich an George
Orwells Schilderung.20 Erziehung bleibt in der Familie, Bildung in den Schulen heißt
es. Walzer sagt, Erziehung wird über jedes Kind gleich verteilt. Ausgangspunkt der
16 Regina, Krenn, Referat: Verwandtschaft und Liebe in:SE: Gerechtigkeit und Gleichheit, Uhl 2014 17 Gruber, Franz, Lieben, Leben mit Leidenschaft und Sinn, Regensburg 2011 18 Aristoteles, Politik 1337a Berlin 1958 282 19 Walzer, Gerechtigkeit, 291 20 George, Orwell, 1984 (Originaltitel: Nineteen Eighty-Four), London 1949
9
demokratischen Erziehung und Wissensvermittlung ist die einfache Gleichheit.21
Die Lehrtätigkeit wird gemeinhin mit einem öffentlichen Amt, dem Lehramt
assoziiert, mit der Implikation, dass es mit qualifizierten Personen besetzt werden
muss. Darüber hinaus ist das Lehramt ein spezielles Amt, als es spezielle
Qualifikationen erfordert, die im Einzelnen von Gemeindevertretern,
Regierungsbehörden und Personalausschüssen diskursiv festgelegt werden
müssen.22 Dies war schon immer so, da Schulen eine soziale Sonderwelt mit eigenen
normativen Strukturen darstellt.23
Und vorausgesetzt dies wird wie bisher idealisiert mit den begleitenden
Erziehungsmaßnahmen der sozialen Netzwerke im Globalweb vollzogen, schafft er,
der Mensch, das nun unter genannten Voraussetzungen einer Familienstruktur durch
Liebe und einer Erziehungs- und Bildungsstruktur durch genannte Schulen, schafft
er das aus sich heraus eine gerechte Welt für alle Menschen zu haben, oder bedarf
es einer höheren Ordnung?
21 Walzer, Gerechtigkeit, 300 22 Walzer, Gerechtigkeit, 291 23 ebd. 291Es
10
DISKUSSION
Der Überwachungsstaat im Sinne von Orwells Prophezeiungen ist uns 1984 erspart
geblieben, der große Bruder hat sich nur im Fernsehen als Reality-Show bewährt
und die Soviet-Union ist 1991 zerfallen. Dennoch hat das Internet eine Revolution
weitreichender als in den 68er Jahren in der gesamten Welt hervorgebracht. Durch
Facebook, welches 1 Milliarde Nutzer hat, konnte sogar eine diktatorische
Militärregierung in Ägypten weitgehend friedlich 2012 zu freien demokratischen
Wahlen geführt werden. Alex Pentland, der US Informatiker, vertritt die These, dass
menschliche Kommunikationsverhalten mathematischen Regeln folge. Mit
Computerhilfe sei es möglich, Menschen genau genug zu überwachen, um diese
Regeln aufzudecken. Er sagt, dass Big Data unseres globalen Zeitalters sich dabei
für die Sozialwissenschaftler als so bedeutsam erweise, wie es einst das Teleskop
für die Astronomen war.24 Am Institute of Technology Human Dynamics Lab in
Massachusetts wurde 2004/2005 die Mobiltelefon-Daten von 100 MIT-Studenten
über 9 Monate ausgewertet, um auf das soziale Verhalten der Probanden zu
schließen.25 2007 wurden ein Monat lang 23 Angestellte einer Chicagoer IT-Firma
überwacht mithilfe von Mikrofonen und Sensoren, die sie bei sich trugen um
Lautstärke der Sprache sowie Bewegung und Körperhaltung sekundengenau zu
protokollieren um nonverbale Kommunikation zu erfassen. 26 2008 zeichneten
Forscher Verbindungsdaten der Handys von etwa 60 Bewohner eines
Studentenheimes parallel fragten sie ihre Probanden zu deren politischen Ansichten,
Essgewohnheiten und sportlichen Aktivitäten. Die Studie wies einen
24 Pentland, Alex, Social physic, how good ideas spread-the lessons from a new science in: Der
Spiegel 21 Hamburg 2014 100 25 ebd. 101 26 ebd. 102
11
Zusammenhang zwischen dem Kommunikationsverhalten und den Ergebnissen der
Befragung signifikant nach. 27 2010/11 wurden 185 Probanden aus dutzenden
Familien für 18 Monate lang via Mobilfunk und gleichzeitig erforschten
Kreditkartendaten und Befragungen der Familienmitglieder festgestellt, wie sich das
Einkommen, soziale Kontakte oder die Wohnsituation auf persönliche
Alltagsentscheidungen auswirke. 28 Diese Entscheidungen sind demnach
beeinflussbar durch soziale Freundschaftsplattformen im Internet und es wird
vermutet, dass desgleichen bei Charakterfehleinstellungen und bei unverhältmässige
Meinungen dies auch der Fall ist. Es komme natürlich auf eine gute Führung in
diesen Gruppen an, diese muss Einigkeit herstellen können und es gibt auch
durchaus fruchtbare Formen der Führung, Frauen sind dafür prädestiniert, weil sie
dafür sorgen, dass niemand die Debatte dominiert und das jeder etwas beitragen
kann, sagt Pentland.29 In der Facebook Community wurde 2012 von London aus ein
Psycho-Experiment durchgeführt, mit der Fragestellung, ob Facebook unglücklich
macht, dazu wurde bei 700 000 Nutzer einer Gruppe nur positive Statusmeldungen
ihrer Freunde, der anderen Gruppe desgleichen nur negative Meldungen präsentiert.
Adam Kramer, Leiter der Gruppe Facebook Datenteam musste sich wegen der
fehlenden Aufklärung der Betroffenen für den begangenen Machtmissbrauch
öffentlich entschuldigen. Die Gefahr ist immer, wer die Macht hat zu leiten,
insbesondere im World-Wide-Web, das er sie missbraucht Als dennoch
ausgewertetes Ergebnis wurde festgestellt, dass, die Leute die Positives lesen, auch
selbst messbar heiterer schreiben. 30 Eine große Nutzerstudie ergab, dass im
Netzwerk die meisten Nachrichten zwischen Mitgliedern ausgetauscht werden, die
27 Pentland, lessons froma new science. 101 28 ebd. 102 29 ebd. 100 30 Dworschak, Manfred, Hexenmeister am Regler. Wie weit könne Facebook und Google das
Verhalten ihrer Nutzer manipulieren? In: Der Spiegel 28 Hamburg 2014 114
12
einander eher fern stehen und dass unter engsten Freunden die Kommunikation zwar
intensiver sei, aber zahlenmäßig die Nachrichten der flüchtigen Bekannten
überwiegen. Somit ist garantiert, dass das gut durchmischte Milieu einer
multikulturellen Gesellschaft repräsentativ sei. 31 Diese Sozialstudien lassen
vermuten, dass Nutzung sozialer Medien die Meinungsvielfalt und die Toleranz im
Menschen fördern kann. Der Nutzer lernt Defizite seiner privaten Einstellung zu
aktuellen Themen in der sozialen Plattform seiner im Schnitt 400 Freunde durch
Kommentare der anderen zu hinterfragen und eventuell durch Argumente andere zu
verändern. Er sieht seine Fehler im sozialen Umgang und lernt interaktiv besser bei
den anderen anzukommen. Die Charakterbildung seines Elternhauses und die
ethische Erziehung seiner Schule und Berufsausbildung kann in Mark Zuckerbergs
Facebook mit mittlerweile 1,3 Milliarden User positive Veränderung finden. Die
Regeln des Netzwerkes legen die Erfüllung diese Vermutung nahe. Erfüllt aber das
ausreichend eine globale Gerechtigkeit im Sinne von Michael Walzers Modell ? In
Dtn 15,4 heißt es: „ Freilich sollte unter Dir ja kein Dürftiger sein.“ Das ist der
Maßstab, nach dem das Deuteronomium aufgrund von Lev 25 die Ökonomie in
Israel ausrichtet.32 Und das ist das Ziel, das Lukas für das erneuerte Israel vor Augen
hat. „Und wo dann kein Dürftiger mehr ist, sind alle wirklich ein Herz und eine
Seele.“33 Bisher hat die ganze Geschichte der Menschen das Gegenteil gezeigt. Es
gibt Armut, Demütigung, Krieg und gewaltvolle Umverteilungen seit jeher und auch
jetzt. Die Moderne hat gerade im 20. und 21. Jahrhundert trotz allen Negativen auch
Gutes bewirkt. Der Mensch fliegt schneller als ein Vogel, bewegt schneller als ein
Tier, der Mensch hat sich die Erde laut Genesis mit Erlaubnis des Herrn untertan
31 ebd. 114 32 Jankowski, Gerhard, … und hatten alles gemeinsam (Apg 4,32), Ökonomische Fragen in der
Apostelgeschichte. In: Füssel, Kuno, Segbers Franz (Hg.), … und so lernen die Völker des
Erdkreises Gerechtigkeit, Ein Arbeitsbuch zu Bibel und Ökonomie. Salzburg 1995 141 33 ebd. 141
13
gemacht. Er hat den Umgang mit global zerstörenden Waffen gelernt, hat zur
Verbindung der Völker durch neue Medien beigetragen, hat Frieden zumindest in
Europa und Amerika seit 70 Jahren geschaffen. Und dennoch bleibt der Zweifel
aufrecht für eine Erfüllbarkeit der Sphäre der Gerechtigkeit. Das Thema der
Apokalypse findet auch in vorliegender Arbeit ihre Bedeutung, da die ganze
Geschichte der Menschen unter dem Anbruch dieses Tages, des Tages des Herrn,
das Thema der Prophetie im Alten wie im Neuen Testament angebrochen sieht und
auf sein Ende hin verläuft.34
34 Fischer, Gerhard, erfüllt ist die zeit, Weg ins Neue Testament, Werkhefte zur Bibelarbeit 3
Stuttgart 1964 109
15
ZUSAMMENFASSUNG
In der Gesamtschau der verwendeten Literatur sind die Leistungen des Menschen
im letzten und diesem Jahrhundert beachtlich. Sie/Er schafft vieles allein aus sich
heraus zum Guten und der Herr ist sicherlich sehr stolz auf sie oder ihn. Das
philosophische Werk von Michael Walzer erlaubt in Anbetracht von Liebe und
Bildung als höchste Güter einen gangbaren Weg zur Erziehung der Gesellschaft zu
Gleichheit und Freiheit und damit Gerechtigkeit der Gesamtbevölkerung der Erde.
Die Überwachungsmöglichkeit der Neuzeit erfordert einen guten, demokratischen
Menschenrat um Güter und Positionen gerecht zu verteilen. Die neuen sozialen
Plattformen erlauben Korrekturen im Kollektiv bei Charakterdefiziten oder
Erziehungsfehler jedoch nur, wenn diese in einer guten Hand liegen bleiben. Die
Erfahrungen der Menschheitsgeschichte im Beispiel des römisch-griechischen
Reiches der Antike und deren Nachahmung in absolut-monarchistische Königreiche
bis ins frühe 20. Jahrhundert und im Beispiel der NS-Zeit der Deutschen lehrten uns
anderes in Hinblick auf die Gefahren neuer Manipulationsmöglichkeit des Volkes
mittels Medien. Jedes Regime wusste auch immer um die Bedeutung der Lehrer in
ihren Schulen, und nutze sie entsprechend aus. Scheinbar ist Facebook anders. Es
kann eine positive Möglichkeit schaffen um Menschen zu vereinen und für
zumindest Ansätze von Gerechtigkeit, wie in Ägypten bereits passiert, sorgen. Die
verwendeten repräsentativen Socialstudien weisen darauf hin. Dies lässt hoffen, dass
der Mensch von sich aus, einen Weltenstaat gründen kann um einer weiteren
Parusieverzögerung entgegen zu blicken. Zu tatsächliche Gerechtigkeit und
Gleichheit wird es jedoch nur nach eben dieser, von allen Menschen ersehnten,
Ankunft des Herrn kommen können, an seinem Tag. Diese Zweifel kann mir auch
ein hervorragender Philosoph wie Michael Walzer nicht nehmen.
16
LITERATUR
Aristoteles, Politik 1337a Berlin 1958
Blaise, Pascal, Pensées, in: Pascal. 332 Frankfurt-Hamburg 1954
Dworschak, Manfred, Hexenmeister am Regler. Wie weit könne Facebook und
Google das Verhalten ihrer Nutzer manipulieren? In: Der Spiegel 28 Hamburg 2014
Fischer, Gerhard, erfüllt ist die zeit, Weg ins Neue Testament, Werkhefte zur
Bibelarbeit 3 Stuttgart 1964
Gruber, Franz, Lieben, Leben mit Leidenschaft und Sinn, Regensburg 2011
Jankowski, Gerhard, … und hatten alles gemeinsam (Apg 4,32), Ökonomische
Fragen in der Apostelgeschichte. In: Füssel, Kuno, Segbers Franz (Hg.), … und so
lernen die Völker des Erdkreises Gerechtigkeit, Ein Arbeitsbuch zu Bibel und
Ökonomie. Salzburg 1995
Krenn, Regina, Referat: Verwandtschaft und Liebe in: SE: Gerechtigkeit und
Gleichheit, Prof. Dr. Uhl Linz 2014
Marx, Karl, Ökonomische-philosophische Manuskripte von 1844, in: Marx Engels
Werke. 1 Berlin 1968
Marx, Karl, Ökonomische-philosophische Manuskripte von 1844. in : Marx Engels
Werke. Gothaer Programm 19 Berlin 1968
Orwell, George, 1984 (Originaltitel: Nineteen Eighty-Four), London 1949
Pentland, Alex, Social physic, how good ideas spread-the lessons from a new science
in: Der Spiegel 21 Hamburg 2014 100