Zápotocká, M. 2009: Der Übergang von der Linear- zur Stichbandkeramik in Böhmen. In: Zeeb-Lanz,...

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Krisen – Kulturwandel – Kontinuitäten Zum Ende der Bandkeramik in Mitteleuropa Beiträge der Internationalen Tagung in Herxheim bei Landau (Pfalz) vom 14.–17. 06. 2007

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Krisen – Kulturwandel – Kontinuitäten

Zum Ende der Bandkeramik in Mitteleuropa

Beiträge der Internationalen Tagung in Herxheim bei Landau (Pfalz)vom 14.–17. 06. 2007

Arbeitsgemeinschaft, Symposium,Tagung, Kongress

Band 11

INTERNATIONALE ARCHÄOLOGIE

Begründet vonClaus Dobiat und Klaus Leidorf

Herausgegeben vonClaus Dobiat, Peter Ettel

und Friederike Fless

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Krisen – Kulturwandel – Kontinuitäten

Zum Ende der Bandkeramik in Mitteleuropa

Beiträge der Internationalen Tagung in Herxheim bei Landau (Pfalz)vom 14.–17. 06. 2007

Verlag Marie Leidorf GmbH . Rahden/Westf.2009

Herausgegeben vonAndrea Zeeb-Lanz

Rahden/Westf.

http://[email protected]

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Zeeb-Lanz, Andrea (Hrsg.):Krisen – Kulturwandel – Kontinuitäten. Zum Ende der Bandkeramik in MitteleuropaBeiträge der Internationalen Tagung in Herxheim bei Landau (Pfalz) vom 14.–17. 6. 2007 /hrsg. von Andrea Zeeb-Lanz .Rahden/Westf.: Leidorf, 2009

(Internationale Archäologie : Arbeitsgemeinschaft, Symposium, Tagung,Kongress ; Bd. 10)ISBN 978-3-89646-440-8

Alle Rechte vorbehalten© 2009

Verlag Marie Leidorf GmbHGeschäftsführer: Dr. Bert Wiegel

Stellerloh 65 . D-32369

Tel: +49/(0)5771/ 9510-74Fax: +49/(0)5771/ 9510-75

E-Mail: Internet:

ISBN 978-3-89646-440-8ISSN 1434-6427

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oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Umschlagentwurf: Dirk Bevermann und Bert Wiegel, Bad Laer und Rahden/Westf.Satz, Layout und Bildbearbeitung: Thomas Link & Ulrike Lorenz-Link GbR, Margetshöchheim

Redaktion: Andrea Zeeb-Lanz, Speyer

Druck und Produktion: DSC-Heinz J. Bevermann KG, Fleethweg 1, D-49196 Bad Laer

340 Seiten inklusive 168 Abbildungen und 10 Tabellen

Gedruckt mit Unterstützung derDeutschen Forschungsgemeinschaft

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Alexander GramschDie Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen: Überlegungen zum Kulturwandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Fabian HaackZur Komplexität der Verfüllungsprozesse der Grubenanlage von Herxheim: Zwei Konzentrationen aus Menschenknochen, Keramik, Tierknochen und Steingeräten der Grabungen 2005 bis 2008 . . . . . . . . . . . 27

Jörg Orschiedt, Miriam Noël HaidleHinweise auf eine Krise? Die menschlichen Skelettreste von Herxheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Rose-Marie ArbogastLes vestiges de faune associés au site et structures d’enceinte du site rubané de Herxheim (Rhénanie-Palatinat, Allemagne) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

Christian Jeunesse, Philippe Lefranc, Samuel van WilligenDie pfälzische Bandkeramik: Definition und Periodisierung einer neuen Regionalgruppe der Linearbandkeramik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Anthony DenaireRemontage de la céramique des fossés / Zusammensetzungen von Keramik in den Grubenringen . . . . . . . . . . 79

Andrea Zeeb-LanzGewaltszenarien oder Sinnkrise? Die Grubenanlage von Herxheim und das Ende der Bandkeramik . . . . . . . 87

Claudia GerlingSchwetzingen, ein „reguläres“ Gräberfeld der jüngeren Linearbandkeramik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

Corinne ThevenetLes sépultures rubanées du Bassin parisien: composition de l’échantillon funéraire et implantation sépulcrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

Jens LüningBandkeramische Kultanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

Helmut J. WindlZur Stratigraphie der bandkeramischen Grabenwerke von Asparn an der Zaya-Schletz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

Philippe Lefranc, Eric BoёsLes restes humains manipulés du site rubané d’Ittenheim «Complexe sportif» (Bas-Rhin) . . . . . . . . . . . . . . 197

Hans-Christoph StrienDie „jüngerbandkeramische Gruppenbildung“ – ein Requiem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

Eszter Bánffy, Krisztián OrossEntwicklung und Dynamik der Linearbandkeramik in Transdanubien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

Christian Jeunesse, Hans-Christoph StrienBemerkungen zu den stichbandkeramischen Elementen in Hinkelstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

Juraj PavúkDie Entwicklung der Želiezovce-Gruppe und die Entstehung der Lengyel-Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Dieter KaufmannAnmerkungen zum Übergang von der Linien- zur Stichbandkeramik in Mitteldeutschland . . . . . . . . . . . . . . 267

Ivan Pavlů, Petr KvětinaDie kulturelle Entwicklung in Böhmen am Ende des 6. Jahrtausends v. Chr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

Marie ZápotockáDer Übergang von der Linear- zur Stichbandkeramik in Böhmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

Christoph BreitwieserDie Hinkelsteingruppe – Kulturgruppe? Sekte? Phantom? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

Nils Müller-Scheessel, Jessica Schmitz, Robert Hofmann, Zilka Kujundžić-Vejzagić, Johannes Müller, Knut RassmannDie Toten der spätneolithischen Tellsiedlung von Okolište / Bosnien-Herzegowina: Massaker, Seuche oder Bestattungsbrauch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327

A. Zeeb-Lanz (Hrsg.), Krisen – Kulturwandel – Kontinuitäten. Zum Ende der Bandkeramik in Mitteleuropa. Beiträge der internationalen Tagung in Herxheim bei Landau (Pfalz) vom 14.–17. 06. 2007. Internationale Archäologie. Arbeitsgemeinschaft, Symposium, Tagung, Kongress 10 (Rahden / Westf. 2009) 303–315.

Der Übergang von der Linear- zur Stichbandkeramik in Böhmen

Marie Zápotocká

ZusammenfassungAm Ende der Linearbandkeramik-Kultur (LnK) beobachten wir den Auftritt eines neuen Verzierungsstils – die Ornamentierung der Gefässe durch eine Einstichtechnik. Markant zeigt sich dieser Prozess besonders in Mitteleuropa, wo die Linearkeramik von der Stich-bandkeramik (StK) abgelöst wurde. Im Jahre 1978 führte J. Muška eine Grabung in Hrbovice (Nordböhmen) durch, die für dieses Thema grundlegende Erkenntnisse erbrachte. Die beobachtete Fläche war von der II. Stufe der LnK bis in die jüngere Phase der StK besiedelt. Hauptsächliche Bedeutung besitzen diejenigen Objekte, an deren Fundmaterial die Übergangsphase von der LnK zur StK herausgearbeitet werden kann. Genau diese Übergangsphase stellt den Beginn der sich neu konstituierenden stichbandkeramischen Kultur dar. Die Phase StK I können wir heute nur in Nordwestböhmen, die klassische Phase II bereits vom sächsischen Elbegebiet bis nach Mittelböhmen belegen. In Ostböhmen, in Mähren, Östereich, Schlesien und im Saalegebiet treffen wir nur auf eine fortgeschritte-nere dritte Phase (Stk III). Wir nehmen darum an, dass es zur Umwandlung der Linear- zur Stichbandkeramik in einem Gebiet gekom-men ist, in dem wir ein merkliches Vorkommen der Phasen StK I und II registrieren. Die Welle der neu formierten Kultur verbreitete sich gemeinsam mit der für sie charakteristischen Verzierungstechnik von hier weiter in alle Gebiete, in denen sich zu diesem Zeitpunkt noch die jüngste Linearkeramik hielt.

Schlüsselwörter: Linearbandkeramik, Stichbandkeramik, Übergangsphase LnK-StK, Ausgrabung Hrbovice, Entstehung und Ausbrei-tung der StK.

AbstractThe final phases of the Linear Pottery Culture development see the emergence of a new decoration style – ornamentation of pots by way of strokes. This process is particularly marked in Central Europe where the Stroke Pottery Culture replaces the Linear Pottery Culture. Excavations at Hrbovice (North Bohemia), lead by J. Muška in 1978, contributed significantly to this theme. The examined site was occupied from the middle phase of the Linear Pottery Culture to the late period of the Stroke Pottery Culture. Its main importance consists in the features whose pottery shows the formation of the transitional phase between both cultures. This phase (StK I) represents the actual beginning of the newly constituting Stroke Pottery Culture. Today StK I is documented only in Northern Bohemia, while the second classical phase StK II spreads from the Saxonian Elbe region to Central Bohemia. Only finds dating to the advanced phase III are known from Eastern Bohemia, Moravia, Austria, Silesia and the Saale region. This leads us to the conclusion that the stroke pottery originated in the territory where its phases I and II are documented, and that from this region the newly formed culture spread to the areas where late Linear Pottery groups still persisted.

Keywords: Linear Pottery Culture, Stroke Pottery Culture, transitional phase LnK-StK, excavation at Hrbovice, origin and spread of the StK.

Einleitung

Am Ende der Linearkeramik-Kultur (LnK) beobach-ten wir das Auftreten eines neuen Verzierungsstils – die Dekoration der Gefäße durch eine Einstichtech-nik. Zu verfolgen ist ein sich allmählich verbreitender, aber dennoch so rasanter Prozess, dass die ursprüng-liche Verzierung mit geritzten Linien in den meisten mitteleuropäischen Regionen völlig verschwand. Als grundlegendes Argument für die Verwandtschaft und direkte Sequenz der Linear- und Stichbandkeramik-Kultur (StK) betrachten wir, dass sich kein Aspekt

des Wirtschaftslebens (Struktur der Siedlungsareale, Getreide- und Haustierarten, Formen der Fein- und Grobkeramik, Silex- und geschliffene Steingeräte) im zentralen Gebiet der älteren StK ändert. Verän-derungen beobachten wir eher in der geistigen und rituellen Sphäre, wie zum Beispiel an Verzierungsstil und -technik der Keramik, an der Verwendung neuer Ornamente auf den Gefäßen sowie an der Totenbe-handlung (Leichenverbrennung). Das Endstadium der LnK wird in einigen Regionen von Erscheinungen wie Befestigung der Ansiedlungen durch umlaufende Erd-werke und auch Nachweisen für gewaltsame Ausein-

304 M. Zápotocká, Der Übergang von der Linear- zur Stichbandkeramik in Böhmen

andersetzungen begleitet (Rixheim, Schletz, Talheim, Vaihingen). Aufgrund dieser Erscheinungen wird über eine Krise der linearbandkeramischen Gesellschaft dis-kutiert (Farruggia 2002; Wunn 2004). Die Ursa-chen für diese Krise sucht man u. a. in einer Klimaände-rung, in Nahrungsmittelressourcenverknappung auf-grund schlechter Bodenwirtschaft oder auch in einer Übervölkerung (Spatz 1998, 10; Windl 2001, 137). Bisher ist es nicht gelungen, irgendwelche äußeren Einflüsse aus dem Umfeld des bandkeramischen Kul-turkreises zu identifizieren; die gesamte Veränderung fand innerhalb der ursprünglichen Kultur statt. Wir können nur vermuten, dass es sich um tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen und die Umwandlung traditioneller Werte handelte, die in manchen Gebie-ten ruhig verliefen, an anderen Stellen aber offenbar auch unter Gewaltanwendung durchgesetzt wurden (Zápotocká 1998, 139; Spatz 2003, 575).

Die Änderung des Verzierungsstils vollzog sich, allen Indizien und den sich deckenden 14C-Daten nach zu urteilen, sehr schnell, besonders in Mittel-europa, wo die Linearbandkeramik von der eigent-lichen Stichbandkeramik abgelöst wurde. Hier war der ganze Prozess offenbar innerhalb nur eines, höchstens zweier Jahrhunderte, um die Wende des 6. zum 5. Jt. v. Chr., beendet. Am Ostrand der band-keramischen Ökumene (Kleinpolen), ebenso wie in einigen Teilen des Rheintals und weiter nach Westen zeigt sich diese Stilveränderung schon nicht mehr so eindeutig; die geritzte Linie blieb hier teilweise bis

zur zweiten Periode des Jungneolithikums (Mittel-neolithikum in deutscher Periodisation), charakteri-siert durch die Kulturgruppen Samborzec-Opatów und Grossgartach (Zápotocká 1998 / 1999, 286), integraler Teil des Zierspektrums.

Die Frage nach der Entstehung einer Kultur oder der Metamorphose einer Kultur zu einer anderen ist sehr schwer zu beantworten und die Bestimmung der Zeit, zu der wir schon von einer neuen Entität spre-chen können, disputabel. Wir haben als den kritischen Moment das erste Auftreten eines neuen Elements bestimmt (Zierelement, Motiv, Gefäßform), das zur Zeit der größten Blüte der neu entstandenen Kultur charakteristisch für sie ist und in der Zeit davor unbe-kannt gewesen war (Steklá 1959, 216).

Die Gliederung der böhmischen Stichband­keramik

Auf dieser Grundlage haben wir die Entwicklung der böhmischen Stichbandkeramik-Kultur in fünf Phasen eingeteilt (Zápotocká 1970). Während die Phasen II–IV, d. h. die Perioden der schon völlig ausgeformten Kultur, in den folgenden Jahren allgemein anerkannt wurden (auch weil sie gut erkennbar waren), blieben die Stufe I – die Übergangsphase von der Linear- zur Stichbandkeramik – und die Stufe V – die Spätphase der StK mit fast nicht mehr verzierter Keramik – strittig. Seit der Erweiterung und Präzisierung der Funde aus dem sog. späten Lengyel-Horizont wird die

Abb. 1. Hrbovice, Kreis Ústí nad Labem, Nordböhmen.

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Phase V im Rahmen des europäischen Neolithikums als tatsächlich existent anerkannt (Kaufmann 1976, Abb. 25; Riedhammer 2005, 70). Die Übergangs-phase (StK I), ausgearbeitet anhand der Keramik der jüngsten Phase der Šárka-Stufe mit dem ersten Auftreten der Doppelstichtechnik, wird dagegen

bislang von einigen Autoren abgelehnt. Nach ihrer Auffassung sollte die Stichbandkeramik in Böhmen erst mit der voll ausgeformten zweiten – der klas-sischen – Phase beginnen. Eine gewisse Rolle spielt hier die Tatsache, dass sich der Übergang der späten LnK zur jungneolithischen (mittelneolithischen)

Abb. 2. Ausgrabungen 1978–1979 im Dreieck zwischen den Gemeinden Chabařovice-Český Újezd-Hrbovice (vgl. Kruta / Neustupný / Vencl 1959).

306 M. Zápotocká, Der Übergang von der Linear- zur Stichbandkeramik in Böhmen

Hinkelstein-Gruppe am Westrand der neolithischen Ökumene (Spatz 1999, Abb. 138; Strien 2000, 71) im keramischen Material nicht sehr deutlich äußert und daher schlechter nachweisbar ist. Ähnlich verhält es sich östlich von Böhmen mit dem Übergangssta-

dium der Želiezovce-Keramik zur Lengyel-Keramik (Pavúk 1990, 263; Cheben 2000), das sich ebenfalls nicht so nachweislich äußert.

Als Hauptkriterien für die Übergangsphase StK I sind folgende Merkmale zu nennen:

Abb. 3. Hrbovice. Grabungsplan von 1978 im Bereich der Ziegelei Pless. Neolithische Objekte hervorgehoben..

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– Die für die LnK charakteristischen Elemente tauchen in dieser Phase nur noch sporadisch auf: bom-benförmige Gefäße, geritzte Linien, dichte Notenkopf-verzierung, Einstiche an der Linie, Bogenornamente.– Für die Phase StK I charakteristische Elemente: Kümpfe mit S-Profilierung, Reihen einzelner Ein-stiche und breite Winkelbänder.– Neue Elemente, die wir in der späten LnK nicht kennen: birnenförmige Gefäße, Verzierung mit einem zweizinkigem Gerät und mehrfache, von einem Tren-nungsmotiv unterbrochene Winkelbänder.

Die Grobkeramik, oft mit plastischer Verzierung, unterscheidet sich weder in den Formen noch in der Verzierung von der späten Linearkeramik.

Hrbovice, Kreis Ústí nad Labem

Zur Erarbeitung dieser Phase trugen auch alte Funde aus den Braunkohleabbaugebieten zwischen Hrbo-vice und Chabařovice bei (Abb. 1), gelagert in den Museen von Teplice und Ústí nad Labem. Bereits 1899 hatte R. Weinzierl Übergangselemente von der Linear- zur Stichbandkeramik an diesen Funden beo-bachtet (Simbriger 1932; 1936; Weinzierl 1899; 1909).

1959–1967 führte an diesem Fundort die Neben-stelle des ARÚ (Archäologisches Institut) in Most Rettungsgrabungen im Vorfeld des schnell voran-schreitenden Tagebaubetriebes Petri durch; diese sind jedoch bis heute nur unvollständig publiziert (Kruta / Neustupný / Vencl 1966, 60; Popelka 1987, 9). Zehn Jahre später, 1978, führte J. Muška, Mitarbeiter der Archäologischen Abteilung des Tepli-cer Museums, eine Grabung an der Stelle der ehema-ligen Ziegelei Pless durch, deren Bearbeitung wir nun gemeinsam beendet haben (Zápotocká / Muška 2007). Die Analyse erbrachte für das hier behandelte Thema grundlegende Erkenntnisse.

Die Ausgrabung verlief an einem langgezogenen, nach SO gerichteten Lösskamm zwischen zwei Bächen, im Südteil eines ausgedehnten polykultu-rellen Siedlungsareals mit einem Ausmaß von ca. 90 ha (Abb. 2). Die Ausgrabung auf einer Fläche von ca 6000 m2 auf beiden Seiten der ehemaligen Ziege-lei Pless wurde bei vollem, auch nächtlichem Betrieb schwerer Maschinen durchgeführt, wobei es natürlich zu Beschädigungen und Zerstörungen einer Reihe von Objekten kam (Abb. 3).

Während der Ausgrabung wurden 121 Objekte dokumentiert: 36 von ihnen (29 %) datieren in die LnK, 18 (15 %) sind stichbandkeramisch, 9 (7 %) all-gemein neolithisch, 6 (5 %) äneolithisch, 24 (20 %)

gehören zur Aunjetitzer Kultur,11 (9 %) sind hall-stattzeitlich und 19 (15 %) können nur allgemein als vorgeschichtlich eingestuft werden und sind nicht näher datierbar (Abb. 4).

Die Objekte mit Linearkeramik

Die Datierung der LnK-Objekte beruht auf der Technik und Art der linearen Ornamente auf der Keramik (Pavlů / Rulf / Zápotocká 1986, Fig. 8–10) und hier differenziert nach den Stufen LnK I–IV. Die älteste Stufe LnK I ist im Ausgrabungsbereich nicht durch Befunde oder Keramik nachgewiesen, konnte aber auf den in den sechziger Jahren erforschten Flächen dokumentiert werden. Die mittlere Stufe LnK II, für die die älteren Formen des ausgefüllten Bandes cha-rakteristisch sind, ist durch mehrere Gruben vertreten; gleiches gilt für die jüngere Stufe LnK III mit vorwie-gender Notenkopf-Verzierung und jüngeren Varianten des ausgefüllten Bandes. Markant ist die Besiedlung in der späten Stufe LnK IV und der nachfolgenden Übergangs periode (StK I). Dichte Einstiche an der Linie, gemeinsam mit dem jungen Typ des ausgefüllten Bandes (Leitermotiv), der für die nordböhmische und mitteldeutsche LnK typisch ist, wurden in den fund-reichen Objekten 36 und 47 gehäuft angetroffen. In einigen weiteren Gruben und in dem einzigen Körper-grab 44 (Zápotocká / Muška 2004, 47) überwiegt bereits die Technik der Einzelstichreihen; vereinzelt taucht auch ein paralleler Doppelstich auf.

Der Analyse der LnK-Funde zufolge war die unter-suchte Fläche also in mindestens drei aufeinanderfol-genden Stufen belegt. Ob die Besiedlung kontinuier-lich verlief oder ob einige Siedlungsphasen fehlen, kann aufgrund der geringen Anzahl qualitätvoller Objekte nicht bestimmt werden.

36; 29%

18; 15%

9; 7%6; 5%

24; 20%

11; 9%

19; 15%

LnKStKNeoÄneoÚKHa CD?

Abb. 4. Hrbovice. Datierung der einzelnen Objekte auf der Grabungsfläche von 1978.

308 M. Zápotocká, Der Übergang von der Linear- zur Stichbandkeramik in Böhmen

Abb. 5. Hrbovice. Objekt 31, Keramikauswahl. A einfache Ritzlinie und dichte Notenkopfverzierung; B Einzelstichreihen; C parallele Doppelstiche.

309Krisen – Kulturwandel – Kontinuitäten. Zum Ende der Bandkeramik in Mitteleuropa. Tagung Herxheim 14.–17. 06. 2007.

Abb. 6. Hrbovice. Objekt 31, Keramikauswahl. A kleine und mittlere abwechselnde Doppelstiche, Dreifachstiche; B grobe Keramik mit plastischer und technischer Verzierung.

310 M. Zápotocká, Der Übergang von der Linear- zur Stichbandkeramik in Böhmen

Die Objekte mit Stichbandkeramik

Die Datierung der Objekte mit Stichbandkeramik gründet auf den für die StK-Gliederung ausgearbei-teten Kriterien, vor allem auf der Verzierungstechnik (Zápotocká 1998, Abb. 29–31). Wenn die Fund-menge es erlaubte, wurden die Objekte in die einzel-nen Phasen I–IV oder zumindest in zwei Stufen – ältere und jüngere – eingeteilt.

StK I – Übergangsphase von der Linear- zur Stich-bandkeramik

Die für unser Thema hauptsächliche Bedeutung der Grabung in Hrbovice liegt in den Befunden, die außer Elementen der jüngsten LnK und der älteren StK einige Gefäße mit parallelem Doppelstich enthielten. Diese Technik war bisher in Böhmen nicht als Haupt-verzierungstechnik, sondern lediglich als Begleitmo-tivtechnik bekannt. Es handelt sich um den Inhalt des fundreichen Silos 31 / 78 und der fünf Objekte 3, 26B, 32, 54 und 89 (Zápotocká / Muška 2007, Abb. 46–58). Eine Analyse dieser Objekte erlaubt die neuerliche genaue Ausarbeitung und Definition der Phase StK I und trägt in erheblichem Maße zur Untermauerung ihrer Existenz bei.

Aus Objekt 31 wurden 768 Scherben von 214 Gefäßen gewonnen, davon 101 (47 %) verzierte und 113 (53 %) unverzierte Einheiten. Die für die späte LnK-Stufe charakteristischen Verzierungstechniken – eine einfache Linie und dichte Einstiche auf der Linie (Abb. 5A) – nehmen 9,9 % der Summe verzierter Keramik ein, Einzelstichreihen 20,8 % (Abb. 5B). Die neu diagnostizierten parallelen Doppelstiche sind auf 9,9 % der Gefäße anzutreffen (Abb. 5C). Die Verzie-rungstechnik der klassischen StK – kleine bis mittlere alternierende Doppelstiche – ist mit 59,4 % vertreten (Abb. 6A). Gefäße, zu deren Verzierung ein Werkzeug mit einer Spitze verwendet wurde, sind mit 30,7 % nachgewiesen. 69,3 % der Gefäße weisen eine Verzie-rung mit mehrzinkigen Geräten auf und stellen eine jüngere Entwicklung dar. Alle drei präsenten Gefäß-formen (1 bombenförmige Typen, 2 Kümpfe mit S-Profilierung [Šárka-Typ] und der neue Typ 3, breite birnenförmige Gefäße, immer mit rundem Boden) sind mit allen vier genannten Techniken verziert. Sie weisen auch alle gemeinsame Verzierungsmotive auf: ein umlaufendes Band unter dem Rand, das Haupt-motiv aus mehrfachen umlaufenden Winkelbändern am Bauch und ein Trennmotiv. Die reiche plastische Verzierung auf der gröberen Keramik (Abb. 6B) ist ebenfalls allen drei Gefäßformen gemeinsam. Über-einstimmende Merkmale bezüglich Verzierung und

Formen treten wie in Befund 31 auch in den oben genannten fünf kleineren Objekten auf, die sich von-einander nur durch die prozentuale Vertretung der einzelnen Elemente unterscheiden.

Ein Vergleich der quantitativen Anteile der einzel-nen Verzierungstechniken in der Zeit des Übergangs von der LnK zur StK belegt den markanten Zuwachs der Doppelstichverzierung in der Phase StK I. In der älteren Stufe der Stichbandkeramik stellt dann der alternierende Doppelstich fast das einzige Zierelement dar; die geritzte Linie kommt nur als anthropomor-phes Motiv auf dem Boden der Schalen vor (Abb. 7).

Auch auf der von E. Neustupný und S. Vencl 1959 untersuchten Fläche ca. 200 m nördlich der Ziegelei Pless finden sich Gruben mit Keramik der Phase StK I. Auf der Grundlage einer vorläufigen Durchsicht des im Museum von Ústí nad Labem deponierten Mate-rials handelt es sich um vier Objekte. Insgesamt können wir also mit mindestens zehn in die Übergangsphase datierbaren Befunden rechnen. Die Funde aus den Aus-grabungen von V. Kruta sind leider nicht zugänglich.

Die Objekte aus der Phase StK II bis IV

Die übrigen zwölf Objekte mit StK waren eher fundarm – lediglich 119 Gefäßeinheiten, davon 44 verzierte, konnten gewonnen werden. Eine Einteilung auf statistischer Grundlage ist bei dieser kleinen Menge nicht möglich, so dass hier Vergleiche mit Objekten aus anderen Fundstellen sowie das Vorkommen zuver-lässig datierbarer Elemente die Grundlage der chrono-logischen Zuordnung der einzelnen Befunde bilden müssen. In die Phase StK I oder die ältere Phase StK II können zwei Objekte eingeordnet werden, in die ältere Stufe StK II–III fünf Objekte. Die jüngere Stufe StK IV ist an der Fundstelle nur durch ein einziges Objekt (Nr. 92) sowie Lesefunde vertreten. Vier Objekte mit einer geringen Anzahl verzierter Funden werden nur allgemein in die StK eingeordnet.

Die Verhältnisse zwischen der Linear- und der Stich-bandkeramik

Abb. 8 zeigt die zahlenmäßige und prozentuale Menge der einzelnen Keramikarten im Laufe der gesamten Entwicklung dieses Ortes von der mittleren Line-arbandkeramik bis zur jüngeren Stichbandkeramik. Alle Schlussfolgerungen sind aufgrund der ungleich-mäßigen Verteilung der Objekte und Funde auf die einzelnen Stufen und Phasen in gewissem Maße ver-zerrt. Wir schließen darum die nur allgemein in LnK oder StK datierten Objekte aus.

311Krisen – Kulturwandel – Kontinuitäten. Zum Ende der Bandkeramik in Mitteleuropa. Tagung Herxheim 14.–17. 06. 2007.

Abb. 7. Hrbovice. Vorkommen der einzelnen Verzierungs-techniken beim Übergang von LnK zur StK. LO – Linearorna-

mentation, ES – Einzelstiche, Code 28 – parallele Doppelstiche, SO – Stichbandornamentation (abwechselnde Doppelstiche).

0,0%

20,0%

40,0%

60,0%

80,0%

100,0%

LO ES Code 28 SO

LnK IV

0,0%

20,0%

40,0%

60,0%

80,0%

100,0%

LO ES Code 28 SO

LnK IV – StK I

0,0%

20,0%

40,0%

60,0%

80,0%

100,0%

LO ES Code 28 SO

StK I

0,0%

20,0%

40,0%

60,0%

80,0%

100,0%

LO ES Code 28 SO

StK II − III

Das Verhältnis verzierte Keramik – unverzierte Keramik (Abb. 8A)

Die LnK ist mit insgesamt 22 in einzelne Stufen datierte Befunde mit einer Gesamtzahl von 923 Gefäßeinheiten (GE) vertreten (LnK II: 7 Objekte mit 503 GE; LnK III: 7 Objekte mit 224 GE; LnK IV: 3 Objekte mit 118 GE; LnK IV / VK I: 5 Objekte mit 78 GE). In beiden älteren Stufen überwiegt die unver-zierte Keramik gegenüber der verzierten im Verhält-nis 60,7 % zu 39,1 % (LnK II) und 63,4 % zu 36,6 %, (LnK III); in der jüngeren Stufe erhöht sich der Anteil der verzierten Keramik auf 49,0 %.

Die StK ist mit insgesamt 14 in einzelne Phasen datierten Objekten mit einer Gesamtzahl von 414 GE vertreten (StK I: 6 Objekte mit 319 GE; StK II–III: 7 Objekte mit 76 GE; StK IV: 1 Objekt mit 19 GE). Den für die Stufe StK I höchsten Prozentwert an ver-zierter Keramik weist mit 47, 2 % das insgesamt sehr fundreiche Objekt 31 auf. Ein Verhältnis von eben-falls genau diesem Prozentwert von 47,2 % ergibt eine Addition aller sechs in diese Phase eingeordneten Objekte. In den Phasen II–III sinkt der Anteil an verzierter Keramik auf 42,1 %; gleiches gilt für das einzige Objekt der Phase IV.

Das Verhältnis von Fein- zu Grobkeramik (Abb. 8B)

Der Anteil an Feinkeramik übertrifft den an Grobke-ramik in allen Stufen und Phasen deutlich (LnK II: 81,2 %: LnK III: 77,2 %; LnK IV: 76,3%; StK I: 79,2 %; StK II-III: 80,3 %; StK IV: 84,2 %). Ein beträchtlicher Teil der Feinkeramik ist unverziert (um 30 %), aber die Unterschiede zwischen beiden Kul-turen sind in dieser Hinsicht unerheblich.

Das Vorkommen von Knubben (Abb. 8C)

Von der Stufe LnK II bis LnK IV steigt die Anzahl der Knubben auf den Gefäßen von 5,4 % (Stufe II und III), über 7,6 bis auf 9,0 %. Am häufigsten sind sie in der Phase StK I – 14,4 %. In den Phasen StK II–IV sinkt ihr Vorkommen wieder von 6,6 bis auf 5,3 % ab.

Plastische Ornamentierung (Abb. 8D)

Die plastische Verzierung steigt von 0,2 % in der Stufe LnK II über 1,3 % in LnK III zum Ende der Entwick-lung der Linearbandkeramik in LnK IV auf 2,4 und in LnK IV-VK I nochmals rapide auf 10,3 %. In der Phase StK I sinkt der Anteil plastischer Leistenzier auf 5,9 %; in der weiteren Entwicklung der Stichbandkeramik registrieren wir sie in Hrbovice überhaupt nicht mehr.

312 M. Zápotocká, Der Übergang von der Linear- zur Stichbandkeramik in Böhmen

Technische (eingetiefte) Ornamentierung (Abb. 8E)

Die technische Verzierung wird allgemein häufiger in der Linearkeramik als in der Stichbandkeramik ver-wendet. Am häufigsten begegnet sie uns in der späten LnK-Stufe , in der ihr Anteil 20,3 % erreicht (gegen-über 7,3 % bzw. 12,6 % in den früheren Stufen). In der Phase StK 1 erreicht sie 17,3 %, sinkt dann aber in den folgenden Phasen (II–III; IV) wieder markant auf nur 5,3 % ab.

Aus den erwähnten Fakten geht hervor, dass sich die späte Stufe der Linearkeramik und die älteste Phase der Stichbandkeramik von der vorhergehenden und der nachfolgenden Entwicklung fast in allen Aspekten relativ deutlich unterscheiden. Diese Dif-ferenzierung lässt sich sowohl durch ein erhöhtes Vorkommen an linear und mit Stichen verzierter Keramik, als auch durch die Verwendung von pla-stischer und technischer Verzierung und die Anzahl an Gefäßen mit verschiedenen Arten von Knubben belegen.

Wir nehmen an, dass diese Tatsache kein Zufall ist, aber auch nicht von irgendeiner Krise in der damaligen Gesellschaft zeugt. Das Auftreten des neuen Verzierungsstils, der sich schnell ausbrei-tete und das Gebiet von der Saale über Bayern bis Mähren und Niederosterreich restlos einnahm, weist ebenfalls eher auf eine Blütezeit als auf einen Verfall hin.

Zusammenfassend erbrachte die Analyse der von J. Muška 1978 untersuchten Fläche folgende Ergeb-nisse:

Es konnten Belege für eine Besiedelung von der II. bis zur IV. Stufe der Linearkeramik dokumentiert werden.

Die Keramikanalyse detaillierte und ergänzte grundlegend den Inhalt der Übergangsphase von der Linear- zur Stichbandkeramik, die den genauen Beginn einer sich neu konstituierenden Kultur dar-stellt – die Phase StK I.

Die Aufdeckung der gesamten Siedlungfläche dieser Periode an der hiesigen Fundstelle bestätigte ihre eigenständige Existenz im Rahmen der Entwick-lung und Einteilung der Stichbandkeramik-Kultur (StK I–V).

Eine sporadische Besiedelung der Stichbandke-ramik-Kultur der II.–III. Phase auf der Fundstelle konnte erfasst werden.

Eine weitergehende Besiedlung des Fundplatzes in der Stufe StK IV wird von nur wenigen vereinzel-ten Funden angedeutet und kann nicht als gesichert gelten.

Abb. 8. Hrbovice. Vorkommen von A verzierter Keramik; B Feinkeramik; C Anzahl der Knubben; D plastischer Verzierung; E technischer (eingetiefter) Verzierung von LnK II bis zu StK IV.

0,0%

20,0%

40,0%

60,0%

80,0%

100,0%

LnK II LnK III LnK IV LnK IV-StK I

StK I StK II-III StK IV

A

0,0%

4,0%

8,0%

12,0%

16,0%

20,0%

LnK II LnK III LnK IV LnK IV-StK I

StK I StK II-III StK IV

E

0,0%

5,0%

10,0%

15,0%

20,0%

LnK II LnK III LnK IV LnK IV-StK I

StK I StK II-III StK IV

D

0,0%

5,0%

10,0%

15,0%

20,0%

LnK II LnK III LnK IV LnK IV-StK I

StK I StK II-III StK IV

C

0,0%

20,0%

40,0%

60,0%

80,0%

100,0%

LnK II LnK III LnK IV LnK IV-StK I

StK I StK II-III StK IV

B

313Krisen – Kulturwandel – Kontinuitäten. Zum Ende der Bandkeramik in Mitteleuropa. Tagung Herxheim 14.–17. 06. 2007.

Die Übergangsphase, weitere Entwicklung und Ver-breitung der Stichbandkeramik-Kultur

Die Übergangsphase StK I auf dem gesamten Gebiet der böhmischen LnK ist bis jetzt mit reichen geschlos-senen Funden nur in Hrbovice belegt. Ihre weniger deutlichen Erscheinungen kann man aber auch sowohl in Nordwestböhmen (Malá Černoc), in Mit-telböhmen (Praha-Šárka) und Ostböhmen (Úhřetice) als auch in Mähren (Nová Ves) in den Komplexen der späten Šárka-Stufe beobachten (Vencl 1961, Abb. 13–16, 20–23, 26–27; 1963, Tab. I–VI). Objekte mit Keramik der älteren Phase der StK IIa in ihrer reinen Erscheinung, so wie sie in Hrbovice in der Phase I auf-taucht, aber schon ohne Merkmale einer linearen Ver-zierung, sind reichhaltig in Nordwest- (Litoměřice, Prosetice, Vikletice: Zápotocká 1986, Taf. 106–107; 1998, Taf. 98; 106–107) und in Mittelböhmen (Gräberfeld Praha-Bubeneč: Horáková-Jansová 1934) sowie im sächsischen Elbgebiet (Dresden-Nickern: Hoffmann 1963, Taf 41–42; Pratsch 1999, Taf. 4,27) vertreten. Die Phase IIb finden wir auch in Bayern (Nieszery 1995, Taf. 64; Ried-hammer 1994, 132; Schmotz 2002, 213; Zápo-tocká 2005, Abb. 2). In Ostböhmen (Vokolek 1993, obr. 6), in Mähren (Podborský et al. 1993, obr. 54), Schlesien (Wojciechowski 1977, 353; Kulczycka 2002, 179), aber auch im Saalege-biet (Kaufmann 1976, Taf. 1–2) und Österreich (Lenneis 1977, 48–49; Lenneis / Neugebauer-Maresch / Ruttkay 1995, Abb. 20) treffen wir nur auf eine fortgeschrittenere und nach nord- und mittelböhmischen Verhältnissen jüngere Form der

Stichbandkeramik der Phase StK III, für die einfache Winkelbänder charakteristisch sind.

Wir nehmen darum zum einen an, dass es zur Umwandlung der Linear- zur Stichbandkeramik in einem Gebiet gekommen ist, in dem wir neben der jüngsten Šárka-Stufe der LnK das zunehmende Vor-kommen der Phasen StK I und IIa registrieren. Zum anderen dürfte sich die Welle der neu formierten Kultur gemeinsam mit der für sie charakteristischen Verzierungstechnik von hier weiter in all diejenigen Gebiete verbreitet haben, in denen parallel noch Träger der jüngsten Linearkeramik beheimatet waren. Im Rheinland hatte der Einfluss der frühesten StK einen Anteil an der Entstehung der regional begrenzten Hinkelstein-Gruppe, mit der sie z. B. Verzierungsmo-tive, aber auch die ungewöhnlich reich ausgestatteten Gräber verbinden (Zápotocká 1972, 305; Spatz 1999; 2003, 575). Weiter im Osten (Kleinpolen, Ostslowakei) und im Westen (Elsass, Niederrhein, Frankreich) überleben späte Gruppen der LnK bis zur zweiten Entwicklungsperiode der Kulturgruppen mit Stichbandverzierung, repräsentiert durch die Kul-turgruppen Grossgartach und Samborzec-Opatów (Dohrn-Ihmig 1979, 51; Stehli 1994, 92; Con-stantin / Illet 1997, 281; Jeunesse 1998–1999, 337; Pavlů 1998 / 1999, 274; Kamieńska 1967, 257; Kaczanowska / Kozłowski 1994, 85).

Deutsch von Bettina Žídková

Dieser Beitrag entstand mit Unterstützung der Grant-Agentur der Tschechischen Republik in Prag (Nr. 404 / 07 / 1085).

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Marie ZápotockáArcheologický ústav AV ČR, Praha, V.V.I.

Letenská 4CZ – 118 01 Praha 1

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