Sunufatarungo und die Erfindung des Hilitbrantliedes

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Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik 70 (2013), 65-86 SUNUFATARUNGO UND DIE ERFINDUNG DES HILTIBRANTLIEDES von Diether Schürr Gründau Zusammenfassung Die altenglischen Parallelen zu sunufatarungo legen nahe, dass damit das traditionelle Thema der ‚germanischen’ Heldensagen signalisiert wird: Mord und Totschlag zwischen Verwandten. Dieses Thema dürfte aber nicht erneut durchgeführt, sondern christlich gewendet worden sein. Die verschiedenen Rechtfertigungen des Dogmas der Sohnestötung: die Verwandtschaft mit außergermanischen Sagen, ‚Hildebrands Sterbelied’ in einer dänischen Sage und die „eiserne Geschlossenheit“ (Höfler) des ‚germanischen’ Heldenlieds erweisen sich bei näherer Betrachtung als nicht haltbar. Den Hintergrund des Liedes dürfte die Verbindung Dietrichs mit Ermenrich bilden, nicht eine hypothetische Vorstufe der Exilsage, in der Otacher der Vertreiber war. Diese Sage selbst war im 9. Jh. noch nicht literaturfähig, weil das gänzlich negative Bild des historischen Theoderich dem noch im Wege stand. So wurde die Vaterfigur von Dietrichs „liebstem Degen“ zum Gegenbild Ermenrichs und Gegenstand eines Lieds gemacht, das in einen Bibel-Kodex eingetragen werden konnte. 1. Eine programmatische Wortbildung Zu Beginn des Hiltibrantliedes 1 ist von urhettun die Rede, dann folgen im nächsten Vers die Namen hiltibra<n>t enti hađubrant, dann wird im dritten mit sunu fatarungo ihre Verwandtschaft klargemacht. Wenn diese Form richtig überliefert wäre, müsste es sich wohl um ein Geni- tivattribut zu heriun handeln, dem ein subjektloser Satz folgt: „Ich hörte das sagen, dass sich Urheißer einzeln trafen, Hiltibrant und Hađubrant, unter Heeren zweien von Sohn&Vater. Ihre Sachen richteten“ Oder noch umständlicher: „zwischen den zwei Heeren der Leute von Sohn und Vater“ (Schützeichel 1981: 4) bzw. „zwischen den beiden Heeren der [Gefolgs-]Leute von Sohn und Vater richteten sie ihre 1 Zitiert wird im folgenden nach den Zeilen des Originals (siehe das Faksimile in Neumann 1985) wie in Schürr 2009 und 2011. Für den Hinweis auf Scovazzi 1968 danke ich Massimo Poetto.

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Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik 70 (2013), 65-86

SUNUFATARUNGO UND DIE ERFINDUNG DES HILTIBRANTLIEDES

von Diether Schürr – Gründau

Zusammenfassung Die altenglischen Parallelen zu sunufatarungo legen nahe, dass damit das traditionelle Thema der ‚germanischen’ Heldensagen signalisiert wird: Mord und Totschlag zwischen Verwandten. Dieses Thema dürfte aber nicht erneut durchgeführt, sondern christlich gewendet worden sein. Die verschiedenen Rechtfertigungen des Dogmas der Sohnestötung: die Verwandtschaft mit außergermanischen Sagen, ‚Hildebrands Sterbelied’ in einer dänischen Sage und die „eiserne Geschlossenheit“ (Höfler) des ‚germanischen’ Heldenlieds erweisen sich bei näherer Betrachtung als nicht haltbar. Den Hintergrund des Liedes dürfte die Verbindung Dietrichs mit Ermenrich bilden, nicht eine hypothetische Vorstufe der Exilsage, in der Otacher der Vertreiber war. Diese Sage selbst war im 9. Jh. noch nicht literaturfähig, weil das gänzlich negative Bild des historischen Theoderich dem noch im Wege stand. So wurde die Vaterfigur von Dietrichs „liebstem Degen“ zum Gegenbild Ermenrichs und Gegenstand eines Lieds gemacht, das in einen Bibel-Kodex eingetragen werden konnte. 1. Eine programmatische Wortbildung Zu Beginn des Hiltibrantliedes1 ist von urhettun die Rede, dann folgen im nächsten Vers die Namen hiltibra<n>t enti hađubrant, dann wird im dritten mit sunu fatarungo ihre Verwandtschaft klargemacht. Wenn diese Form richtig überliefert wäre, müsste es sich wohl um ein Geni-tivattribut zu heriun handeln, dem ein subjektloser Satz folgt:

„Ich hörte das sagen, dass sich Urheißer einzeln trafen, Hiltibrant und Hađubrant, unter Heeren zweien von Sohn&Vater. Ihre Sachen richteten“

Oder noch umständlicher: „zwischen den zwei Heeren der Leute von Sohn und Vater“ (Schützeichel 1981: 4) bzw. „zwischen den beiden Heeren der [Gefolgs-]Leute von Sohn und Vater richteten sie ihre

1 Zitiert wird im folgenden nach den Zeilen des Originals (siehe das Faksimile in Neumann 1985) wie in Schürr 2009 und 2011. Für den Hinweis auf Scovazzi 1968 danke ich Massimo Poetto.

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Rüstung“ (Haubrichs 1988: 149). Beides wäre eine merkwürdige Ausdrucksweise und schlechter Stil. Denn das versschließende tuem korrespondiert æ̂non und wäre ein wirkungsvoller Satzschluss. Und es folgt mit helidos / ubar <h>ringa ein Satzschluss, der hilitbra<n>t enti hađubrant. untar heriun tuem entspricht. Man sollte daher schon erwarten, dass mit sunufatarungo ein đat sih urhettun æ̂non muo/tin paralleler Satz beginnt und die bei-den auch direkt und nicht auf dem Umweg über ein Genitivattribut als Sohn und Vater identifiziert werden. Ein nachhinkendes Genitivattri-but stört also – störte schon Lachmann (1833) [1876: 418]: „Natürli-cher ist der Nominativ sunufatarungōs“ –, und es ist kein Wunder, dass in der Regel nicht so übersetzt wird. Dazu kommt ein sachlicher Einwand: Hiltibrant floh miti theotrihhe / enti sinero degano filu (Z. 15f.: „mit Dietrich und seiner Degen vielen“) und sagt, dass man mih eo scerita In folc sceotantero (Z. 40: „man mich immer scharte ins Heer Schießender“). Er war zwar eo folches at ente (Z. 22: „immer an der Spitze des Heeres“), aber es ist nicht wahrscheinlich, dass ein Heer als das seine bezeichnet werden konnte. Wären er und sein Sohn Könige, dann wäre heriun sunu-fatarungo eher verständlich, aber immer noch sonderbar, dass die sich gegenüberstehenden Heere auf diese Weise zusammengefasst würden. Heere „der Leute von Sohn und Vater“ wäre noch seltsamer, und so entschied sich Schützeichel schließlich für einen Dativ Singular: „in einer Sohn und Vater betreffenden Sache“: Das sei die „natürlichste Erklärung“ (S.28), aber sie ist auch reichlich gekünstelt gegenüber ei-ner direkten Identifizierung der beiden als Sohn und Vater. Und die beiden begegnen sich ja gerade nicht in einer Familienangelegenheit. Einen dritten Anstoß liefert die Bildung des Kopulativkompositums mit dem Suffix -ung-, wozu Parallelen fehlen. Daher auch die Ver-suche, darin eine Ableitung von dem Kopulativkompositum zu sehen, seien es Sohn-Vater-Leute oder eine Sohn-Vater-Sache. Im Heliand2 ist auch ein Sohn-Vater-Kompositum belegt, aber es ist ganz anders gebildet: gesunfader in v. 1176. Der Kontext erscheint in manchem vergleichbar:

2 Altsächsische Dichtung wird nach Behaghel 1965 zitiert, angelsächsische nach den

Ausgaben von Krapp und Kirk Dobbie (ASPR I, III, IV und VI), wobei Emendationen sichtbar gemacht werden.

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Thô fundun sie thar ênna frôdan man sittean bi them sêuua endi is suni tuuêne, Iacobus endi Iohannes: uuârun im iunga man. Sâtun im thâ gesunfader an ênumu sande uppen „Da fanden sie dort einen alten Mann sitzen bei dem See und seine Söhne beide, Jakobus und Johannes: Sie waren junge Männer noch. Es saßen Söhn&Vater auf einem Sand oben“

Da enspricht also die Opposition ênna : tuuêne der von æ̂non : tuuem im Hl., und auch da geht ein Namenpaar der Zusammenfassung im Kopulativkompositum voraus. Und hier ist klar, dass es Subjekt eines neuen Satzes ist. Seine Funktion ist aber ganz anders, was die Situa-tion betrifft: Hier sitzen Vater und Söhne zusammen, bilden eine Ein-heit, die so noch deutlicher hervortritt – weil sie ja gleich darauf zer-reißt, und die beiden iro aldan fader ênna forlêtun („ihren alten Va-ter allein ließen“). Im Hl. ist die Einheit aber bereits vor 30 Jahren ge-sprengt worden, und nun treffen Sohn&Vater erstmals wieder zusam-men, als Gegner. Es lässt sich also vermutern, „che il termine sia stato forgiato a bell’apposta da qualche cantore, appunto per accrescere al massimo la tensione drammatica“(Scovazzi 1968: 33).3 Kopulativkomposita, die sich auf Verwandte beziehen, gibt es aber auch in der altenglischen Dichtung, und da beziehen sie sich auf Fi-guren der Heldensage. Mit der Heliand-Stelle vergleichbar ist Beo-wulf (ASPR IV) v.1163f.:

þær þa godan twegen sæton suhtergefæderan; þa gyt wæs hiera sib ætgædere „Dort die guten beide saßen, Neff&Onkel; da hielt noch ihre Sippe zusammen“.

Da sitzen beide also auch „noch“ einträchtig zusammen, und das wird offenbar im Hinblick auf einen künftigen Konflikt betont. Und es geht twegen am Versende voraus wie tuuêne im Heliand und im Hl. tuem. Bemerkenswerterweise führt der altenglische Widsith (ASPR III) am Ende des Königskatalogs das gleiche Verwandtenpaar in ganz ähnlicher Weise vor, in v. 45f.:

3 „dass der Begriff von irgendeinem Sänger in genau der Absicht geprägt wurde, dadurch die dramatische Spannung aufs höchste zu steigern.“

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Hroþwulf ond Hroðgar heoldon lengest sibbe ætsomne, suhtorfædran „Rolf und Roger hielten sehr lang die Sippe zusammen, Neff&Onkel“.

Da gehen also wieder die Namen voraus. Und auch hier reimt das Ko-pulativkompositum mit sib. In beiden Fällen wird hier übrigens der jüngere vor dem älteren genannt. Schließlich erscheint im Beowulf v.84 noch ein weiterer Ausdruck dieser Art:

ne wæs hit lenge þa gen,

þæt se {s}ecghete aþumswe<o>r<um> æfter wælniðe wæcnan scolde.

„noch war es nicht nahe da, dass der Schwerthass Eidam&Schwäher wegen Todfeindschaft erwachen sollte.“

Gemeint sind hier Ingeld und Hroðgar.4 Beide Ausdrücke beziehen sich also auf den gleichen Dänenkönig, der einmal als Vaterbruder, einmal als Schwiegervater figuriert. Und beide beziehen sich auf einen Konflikt zwischen den Verwandten (im ersten Fall mit den Söhnen Hroðgars), auf den vorausgedeutet wird. Die Betonung der engen Zu-sammengehörigkeit der Verwandten durch ein Kopulativkompositum, die in den beiden ersten Fällen noch durch den Reim mit sib verstärkt wird, ist also an ihre Entzweiung gebunden und unterstreicht dessen Fatalität. Die altenglische poetische Tradition bietet also hier wie in anderen Fällen einen Kontext, der die Ausdrucksweise des Hl. erhellt und verständlich macht: Sunufatarungo hat demnach nicht nur eine stilistische Funktion, sondern auch eine inhaltliche Bedeutung – es signalisiert schon ein bestimmtes, sagentypisches Thema. Wenn Meyer (2006: 66) im Gegensatz zu Scovazzi herausstellt, „dass die Vater-Sohn-Thematik so stark ist, dass der Text extra ein neues Wort erfindet, das Vater und Sohn in eine lexikalische Form presst – die Einheit herstellend, die der Text ja gerade destruiert“, dann ist das vollkommen berechtigt, nur hat das eben aufschlussreiche Parallelen.

4 Bei Haubrichs 1988: 145 sind die Paare verwechselt: recte „Neff&Onkel“, genauer

Brudersohn und Vaterbruder, und „Eidam&Schwäher“ oder Schwiegersohn und -vater.

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Bei der Widsith-Parallele geht übrigens auch bei der Namensnen-nung der Jüngere dem Älteren wie im Kopulativkompositum voraus, während im Hiltibrantlied da der Ältere zuerst genannt wird, so dass sich hier „un brillantissimo chiasmo“ ergibt (Scovazzi 1968: 35).5 Was die Bildung des Ausdrucks angeht, sollte man aber *sunu-fatarun analog urhettun erwarten, also die gleiche Bildung wie bei suhtorfædran und *aþumsweoran. Es bietet sich daher an, in dem angehängten -go eine Entstellung zu vermuten, und zwar, wenn man es nicht ersatzlos streichen wollte, am ehesten von *do. Und dann dürfte *sunufatarun allein den Anvers fül-len wie suhtorfædran und *aþumswe<o>r<um> einen Abvers:

sunufatarun <d>o iro saro rihtun

Dem schließt sich dann do sie to dero hiltiu ritun an, wie in der Kampfschilderung mit o lęttun se ærist (Z. 50) und o stop{t}un to-samane (Z. 51) zwei Phasen aufeinanderfolgen: „Da ließen sie erst“ – „Dann liefen zusammen“. Eine inhaltlich vergleichbare Abfolge bietet das Finnsburhfragment (ASPR VI) v. 13f.:

Đa aras mænig goldhladen ðegn, gyrde hine his swurde. Đa to dura eodon drihtlice cempan „Da erhob sich manch goldgeschmückter Degen, gürtete sich sein Schwert um.

Dann zu der Tür eilten die herrlichen Kämpfer.“

Allerdings schließt hier das erste Đa an die vorausgehende Rede an, wie das auch im Hl. bei o lęttun se der Fall ist. Zur Nachstellung des do wäre die Unterbrechung der zweiten Rede Hiltibrants zu vergleichen: want her do a<b> arme (Z.26), „dann wand er vom Arm“, ähnlich wie Satun im thâ gesunfader. Allerdings ist die Stellung nach einem Subjekt ungewöhnlich und viel üblicher, dass mit do am Beginn des Abverses ein neuer Satz einsetzt wie beim folgenden do sie to dero hiltiu ritun. Daher könnte nach *sunufatarun doch ein Punkt zu setzen sein. Aber ich möchte die Auffassung als Subjekt des nächsten Satzes der als zweite Apposition zu urhettun vorziehen. Mit der Korrektur ergibt sich also wohl:

5 „Ein äußerst brillanter Chiasmus“.

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„Ich hörte das sagen, dass sich Urheißer einzeln trafen, Hiltibrant und Hađubrant, unter Heeren zweien. Sohn&Vater da ihre Sachen richteten, anlegten sie ihre Schlachtgewänder, gürteteten sich ihre Schwerter

an, die Kämpen6, über’m Kettenhemd. Dann sie zu dem Kampf ritten.“

2. Ein Vergleich mit dem Beowulf Im Hl. ist also mit *sunufatarun eine alte, exquisite Formel verwen-det, die ebenso inhaltsschwer wie dramatisierend ist. Das Lied stellt aber keine der alten Sagen dar, sondern eine ‚Sprosssage’, deren Held ein ‚Degen’ ist. Die Dietrichsage bleibt im Hintergrund, und darin äh-nelt das Hl. trotz aller Unterschiede dem Beowulf, in dem die blutigen Königssagen nur den Kontext bilden, in den die beiden Heldentaten Beowulfs eingefügt sind, als eine Art Intermezzo. Der zusammenfas-sende und brandmarkende Begriff für das typische Sagenthema ist im Beowulf morðorbealo maga. Das erscheint im Finnsburhlied, das eine solche Sage vorführt (v.1079), während sich der sterbende Beowulf davon ausnimmt (v.2741f.):

for ðam me witan ne ðearf waldend fira morðorbealo maga “denn mir kann vorwerfen nicht der Beherrscher der Menschen Mordverbrechen an Verwandten“.

Er hebt sich von dem düsteren Hintergrund als ein ganz unproble-matischer Held ab, der nur Ungeheuer tötet. Und indem Grendel zum feond on helle (v.101b: „Feind in der Hölle“) und Nachfahren Kains gemacht wird, hat dessen Tötung auch eine theologische Dimension. Es handelt sich also um eine zwar im heidnischen Milieu angesiedelte,

6 Eigentlich ganz unspezifisch „Männer“, aber mit einem altsächsischen Wort, das erst viel später ins Hochdeutsche übernommen wurde und hier auch die altsächsiche Endung hat. Da man es nicht gut dem oberflächlichen Saxonisierer des Textes zu-schreiben kann, wird es so schon im Urtext gestanden haben. Das ist also nicht einfach „hocharchaischer, wohl in Heldendichtung tradierter Wortschatz“ (Haubrichs 1988: 148), sondern belegt im Gegenteil, daß der hochdeutsche Verfasser sich an altsächsische Dichtung anlehnte und daraus Wörter und Wendungen übernahm (siehe Schürr 2009: 30 mit Anm.6). Ich habe daher das ebenfalls dem Niederdeutschen entlehnte „Kämpen“ gewählt.

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aber dezidiert christliche Heldendichtung, die nicht zufällig zusammen mit einem Judith-Epos überliefert ist. Beowulf begibt sich denn auch wie Judith in die ‚Höhle des Löwen’, schlägt diesem mit einem dort vorgefundenen Schwert den Kopf ab und kehrt mit ihm zurück. Alkuin polemisierte 797 gegen den Vortrag von carmina gentilium unter Klerikern, und diese Polemik spitzt sich auf die Frage zu: Quid Hinieldus cum Christo? Es wird kein Zufall sein, dass er gerade In-geld als Beispiel für die „Heiden und Heillosen“ nannte (MGH EP. IV, 2: 183). Eine Antwort auf diese Frage war die Schaffung christ-licher Heldendichtung, wie sie in England außer dem Beowulf auch die Walderefragmente belegen und auf dem Kontinent das Hilti-brantlied und der lateinische Waltharius. Nur das Finnsburhfragment scheint aus einem carmen gentilium im Sinne Alkuins zu stammen, aber von ihm ist nur ein Blatt in einem Druck von 1705 überliefert, dem nicht anzusehen ist, wie das Ganze angelegt war. Erkennbar ist nur, dass es um die Rühmung des Kollektivs der ‚Degen’ geht, was an das späte Gedicht auf die Schlacht von Maldon (991; ASPR VI) er-innert. Es wird da also nicht einfach heilloses Geschehen vorgeführt wie in dem Finnsburhlied, das im Beowulf v.1068ff. vorgetragen wird. Dass dieses Lied in kritischer Absicht vorgeführt wird, geht nicht nur aus seinem elegischen Ton hervor: Danach wird zwar gejubelt und getrunken, aber dann folgt der oben zitierte Vorverweis auf den Kon-flikt zwischen „Neff&Onkel“, wobei zu des letzteren Füßen HunferÞ sitzt, bei dem nicht das H, sondern der Vokal alliteriert, so dass er eigentlich ein ‚Unfried’ ist. Und schließlich heißt es in v.1233:

druncon win weras. Wyrd ne cuþon „Es tranken Wein die Männer. Das Schicksal nicht kannten“.

Das bezieht sich da auf die noch in der gleichen Nacht folgende Rache von Grendels Mutter. In diesem Kontext wird überdeutlich, dass diese Männer taub für die fatale Botschaft des Liedes sind – eben Heiden, wie schon früh und nachdrücklich festgestellt wird: metod hie ne cuþon,

dæda demend, ne wiston hie drihten god, ne hie huru heofena helm herian ne cuþon, wuldres waldend. (v.180ff.)

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„den Schöpfer sie nicht kannten, der Taten Richter, nicht wussten sie den Herrgott, nicht verstanden sie ja zu preisen den Schirmer im Himmel, den Herrn der Herrlichkeit.“

Der Beowulf-Dichter bleibt also zwar im Milieu der Heldensagen, kri-tisiert aber auf diese Weise die carmina gentilium samt den Heiden selbst. Im Hiltibrantlied haben wir es demgegenüber mit einem christ-lichen Helden zu tun, der Gott kennt und also auch auf ihn vertraut.7 Allerdings wird gemeinhin und seit langem angenommen, dass er sei-nen Sohn töten wird, was damit nicht vereinbar ist. 3. Der Werdegang eines Dogmas Das Dogma der Sohnestötung8 ist für die Ideologisierung des Hl. ent-scheidend gewesen. Der Text, dem der Ausgang des Kampfes nicht zu entnehmen ist, wird von dieser fixen Idee her verstanden, d. h. gar nicht ernstgenommen. Wie kam es nun zu diesem Dogma? Bereits die Brüder Grimm verglichen andere Vatersohnkämpfe (1812: 77f.), darunter einen mit tödlichem Ausgang in Ossians Ge-dicht Karthon: Da vermutet Karthon im Gegner seinen Vater, aber Klesamohr verweigert die Namensnennung und tötet seinen Sohn. Der Gedanke, dass auch der Kampf im Hl. so enden könnte, lag den Grimms aber noch fern. Uhland hat dann ab 1830 in seinen Vorlesungen den Radius für solche Vergleiche auf die ganze Indogermania ausgedehnt und auch Vatersohnkämpfe in der persischen, russischen und irischen Sage ver-glichen. Er meinte zwar: „Die tragische Schlusswendung, in der persi-schen und gälischen [= Ossian!] Sage, erscheint als die ältere und ur-sprüngliche“, zog daraus aber zunächst nicht die Konsequenz, diesen Ausgang auch für das Hl. anzunehmen (Uhland 1865: 169). Das änderte sich mit dem 1836 publizierten „Mythus von Thor“. Uhland referiert da eine der Sagen, die Saxo Grammaticus um 1200 in seine Gesta Danorum aufgenommen hatte. Da spricht der von seinem Halb-bruder besiegte Hildigerus in Versen davon, dass er seinen einzigen Sohn getötet habe. Die erst später aufgezeichnete Saga von Ásmund,

7 Siehe Schürr 2011. 8 Ich muß gestehen, daß es mir schon immer widerstrebte, in Hiltibrant einen Schla-

getot zu sehen. Diese Kritik hat also ein subjektives Fundament.

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dem Kämpentöter, macht aus diesem Hildigerus Hildibrandr, den „Hunnenkämpen“, und berichtet außerdem, dass er den Sohn unmittel-bar vor dem Kampf mit dem Halbbruder in Berserkerwut erschlagen habe. Dazu bemerkte Uhland: „Diese kurze Meldung sieht ganz dar-nach aus, als wäre sie erst rückwärts aus dem Vers entstanden, dem sie zur Erklärung dienen soll, wie auch bei Saxo nur in den Versen dieser Tat erwähnt wird, von der es früher eine besondre, dem deutschen Hildbrandslied in dessen vormaliger, mutmaßlich ebenfalls tragischer Gestalt verwandte Dichtung geben mochte“ (Uhland 1984: 302). Eine Anmerkung fügt hinzu: „Dies soll an andrem Orte, unter Ver-gleichung der persischen, irischen und russischen Sage ausgeführt werden“ (Uhland 1984: 838). Begründet hat Uhland diese Mutmaßung aber nicht mehr, und eigentlich ist sie nie ausführlicher begründet worden, sondern hat sich nach und nach weiter verbreitet, bis sie zum Dogma geronnen war, das keiner Begründung mehr bedurfte. Als nächster fragte Wackernagel (1848: 44), ob das Hl. im Gegen-satz zu der späteren Sagenversion „tragischer mit dem Tod des Va-ters“ schloss und berief sich dafür auf die persische Sage. Daran knüpfte Grein 1858 an: Es scheine „alles und namentlich v. 52–53 darauf hinzuweisen, dass der Ausgang des Kampfes ein tragischer war. Eine Bestätigung dieser Vermutung dürfte sich aus einer Verglei-chung der mit unserem Liede bei aller Verschiedenheit so überra-schend ähnlichen persischen Heldendichtung von Rustem und Sohrab ergeben“ (39f.). Er sah den Hauptunterschied darin, „dass Vater und Sohn in Bezug auf die Schuld ihre Rollen wechseln“, und nahm diesen Rollentausch auch für die Mörderrolle an: „wahrscheinlich ward der Sohn, der hier die Schuld trägt, zum Mörder seines Vaters“ (ebenda). Keinen Rollentausch, also den gleichen Ausgang wie in der persi-schen Sage nahm zuerst Köhler an (1856: 474), mit dem zusätzlichen Argument: „der Tod des Sohnes erscheint auch noch tragischer als der des Vaters“. Diese Sohnestötung hat sich durchgesetzt, und dabei spielte immer wieder die Berufung auf die schon von Uhland ange-führte dänische Sage eine ausschlaggebende Rolle, meist als ‚Hilde-brands Sterbelied’ aus dem Zusammenhang gerissen (auch von Haubrichs 1988: 159 und Millet 2008: 38). Dass der Zusammenhang eine gänzlich andere Sage darstellt, ist der Verwertung für das Hl. ja abträglich. Die Sohnestötung hat da ursprünglich gar nichts mit dem Hildebrand der deutschen Sage zu tun, weil sie schon in der Version

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Saxos vorhanden ist. Diese ist ursprünglicher, denn die Saga hat zwar durchwegs andere Namen und nennt die Mutter Hildr – aber in der Vísa I. (Detter 1891: 98) ist dafür Drótt bewahrt, Saxos Drota/ Drot entsprechend. Und die Saga hält ebenda auch daran fest, dass der eine Bruder in Dänemark geboren ist, der andere in Schweden, macht aber aus dem letzteren nicht nur einen „Hunnenkämpen“, sondern geradezu einen Hunnen: Ein entstelltes Echo der deutschen Sage. Nicht ur-sprünglich wird in Saxos Version des Sterbelieds nur sein, dass die Sohnestötung lange zurückliegt:

„Zu meinen Häupten lehnt ein schwedischer Schild (…) Dort zeigt ein vielfarbiges Gemälde die Erlegung der Edlen, die Besiegung der Kämpfer, Kriege, und die glänzenden Thaten meiner Hand. In der Mitte steht in prächtiger Arbeit das Bild meines Sohnes gezeichnet, dem diese meine Hand den Lebensfaden durchschnitt“ (Jantzen 1900: 380f.).

Es ist reichlich makaber, wie da die Sohnestötung mitten unter den „glänzenden Thaten“ erscheint, und hier wird die Vísa III. der Saga (Detter 1891: 99) den ursprünglichen Wortlaut bewahrt haben:

Stendr mér at höfði hlíf in brotna „Es steht mir zu Häupten der geborstene Schild“,

auf dem 80 getötete Gegner abgebildet sind, und dann folgt in v.4: Liggr þar inn svási sonr at höfði „Es liegt dort der eigene Sohn zu Häupten“,

was zur Sohnestötung unmittelbar vor dem Kampf passt. Und es weist nichts in den Versen der Saga oder in den Versen Saxos darauf hin, dass der Sohn in Wirklichkeit im Kampf getötet worden wäre. Dass Hildigerus seinen einzigen Sohn getötet hat, ist also aller Wahrschein-lichkeit nach völlig unabhängig von dem Hildebrand der deutschen Sage, dessen Name samt der Hunnenassoziation erst deutlich nach 1200 und ganz oberflächlich in die Saga aufgenommen wurde. Die Kenntnis des Vatersohnkampfes muss dabei keine Rolle gespielt ha-ben. ‚Hildebrands Sterbelied’ taugt daher nicht als Argument für den Ausgang des Hl., auch wenn der Glaube daran unerschütterlich scheint. Und die Uhlandschen Sagenvergleiche tragen gar nichts zum Verständnis des Hl. bei: Mehr als das bloße Faktum eines Vater-

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sohnkampfes hat das Hl. mit den herangezogenen Sagen ja nicht gemein, Hiltibrant gar nichts mit dem persischen Rustem, dem russischen Ilja Murometz, dem irischen Cúchulainn und dem ossia-nischen Klesamohr, und für diese Vergleiche spielen weder der Text noch sein Sagenkontext eine Rolle: Sie können dabei nur stören. Trotzdem haben diese Vergleiche weitergewirkt und sind weiter aus-gebaut worden (nur die Ossian-Variante hat schon Uhland stillschwei-gend verabschiedet).9 So behauptet noch Millet (2008: 38) nach einem Referat des Handlungsschemas dieser „indoeuropäischen Wandersa-ge“: „Es besteht Einigkeit in der Forschung, dass die Geschichte von Hildebrand und Hadubrand ebenfalls zu dieser Tradition gehört.“ Auf diese Weise erübrigt sich das eigene Urteil. Damit bewegt man aber sich weit jenseits von Literaturgeschichte und Geschichte über-haupt, im Bereich spukhafter Fernwirkung. Es ist bezeichnend, dass Jan de Vries, der Uhland wohl am entschiedensten gefolgt ist, im er-haltenen Text die Sohnestötung nicht motiviert sah: „Der Unwille des Sohnes, ihn als Vater anzuerkennen, ist es, der ihn zum Kampf nötigt. Das genügt kaum zur Rechtfertigung des tragischen Ausgangs.“ Die wird anderswo hergeholt: „Das Motiv, durch das dieser tragi-sche Ausgang erklärt werden soll, haben das jüngere Hildebrandslied und die Paraphrase in der Thidrekssaga erhalten: Es ist der tückische Hieb des jungen Helden“ (1953, wiederabgedruckt bei Hauck 1961: 252). Wirklich verglichen mit den anderen Vatersohnkämpfen wird also eine Version, die keinen tragischen Ausgang kennt. Fazit: „In die Geschichte einer indoeuropäischen Vater-Sohn-Tradition gehört das Hildebrandslied auf keinen Fall“ (Meyer 2006: 79). Es gibt daher nichts, was für den unbeirrbaren Glauben an einen tragischen Ausgang des Hl. spricht: Er entsprang ganz anderen Quellen als dem Text selbst und ging ihm von Anfang an aus dem Wege. Das gilt auch für die Konstruktion eines ‚germanischen’ Heldenlieds im 20. Jh., die von den altisländischen Rachesagenliedern inspiriert war. Auf dieses Pro-krustesbett wurde das schon in der Anlage sehr verschiedene Hilti-brantlied gespannt. Hiltibrant rückte damit neben die nordische Gudrun, die ihre Söhne tötet und Atli davon essen lässt, und es spielte

9 Eine extreme Steigerung bietet Norouzalibeik 2008, der „twenty-five episodes from a variety of sources in twelve Indo-European languages“ und dazu noch „four-teen episodes from eight Arabic folk-epics“ unter einen Hut bringt. Für das Ver-ständnis des Hiltibrantliedes bringt das gar nichts.

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dabei keine Rolle, dass er niemanden zu rächen hat.10 So behauptet Ebbinghaus (1987: 673) apodiktisch: „No student of heroic poetry will consider the conciliatory ending possible.” Das zeigt sehr klar, dass das Festhalten am tödlichen Ausgang nur auf dem Vorurteil beruht. das müsse in der „heroic poetry“ eben so sein. Und so wird auch an dieser Konstruktion hartnäckig festgehalten. Mit wel-chem Furor, zeigt beispielsweise Werner Schröder, der 1991 gegen die „Demontage des germanischen Heldenlieds“ (S. 255) durch Haug und Neuser zu Feld gezogen ist: Es darf nun mal kein „Phantom“ sein, das Hl. muss es verkörpern und somit ein Fossil bleiben, das „nur zufällig“ (S.253) und also auf eine nicht erklärbare Weise in einem Kodex mit den biblischen Weisheitsbüchern gelangte und da auch stehen blieb, obwohl es ja zutiefst unchristlich sein soll. Am extremsten und zwanghaftesten hat aber 1941 der Germanist und SS-Ideologe Otto Höfler formuliert, dass im Heldenlied „die ger-manische Seele eine Kunstform aus eigener tiefer Notwendigkeit ge-schaffen“ habe, die von „eiserner Geschlossenheit“ sei, verwandt dem „Lebensgefüge des heroischen Staates“. Sie stelle nicht „Schurken ge-gen Gerechte“, sondern feiere „den Gang großer Menschen durch große Taten, die geschehen müssen“, folglich auch „Hildebrands frei bewusste Erschlagung des eigenen einzigen Sohnes“.11 Höfler störte es also nicht, dass kein Motiv für einen Sohnesmord erkennbar ist, son-dern er erblickte gerade darin den vollkommenen Ausdruck der „ger-manischen Seele“. In diese schauerliche Perversion mündete die Su-che nach einer Begründung für einen heldenliedgemäßen Ausgang des Kampfes. So gleicht das Hl. einem Palimpsest: Sein Text ist mit der Fiktion eines ‚germanischen’ Heldenlieds von tödlichem Ausgang und ohn-

10 Bezeichnend dafür ist auch Haubrichs Vergleich mit einem der Franken bei Gregor von Tours: „Wie Hildebrand verpflichtet sich Chramnesind nach dieser Beleidigung in feierlicher Selbstverfluchung zur Rache“ (1988: 163) – am Mörder seines Vaters und zweier Brüder. Bemerkenswerter als diese höchst nachvollziehbare Rache ist an der Geschichte, daß er sich zuvor von Gregor nicht nur zum Racheverzicht bereden ließ, sondern mit dem Mörder sogar wie ein Bruder verkehrte. Erst dessen Hohn brachte das Faß zum Überlaufen, und so spaltete er ihm den Schädel.

11 Nach dem demonstrativen Wiederabdruck durch seinen Adepten Hauck 1961: 71, 67, 73, 72 und 66.

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mächtigem Gott überschrieben und überlagert worden. Das ist leider immer noch die herrschende Lesart. Und auch Haug und Neuser, die sich gegen das „Phantom“ wenden, übernehmen die Sohnestötung. Haug geht von Uhlands Sagenvergleichen aus und läßt Hiltibrant sei-nen Sohn einfach deswegen töten, „weil dieser sich weigert, ihn anzu-erkennen“. Daß damit seine Heimkehr „zutiefst sinnlos“ wird, soll ir-gendwie auf die „christliche Umbesetzung des Heimkehrthemas“ zu-rückgehen, und das impliziert paradoxerweise wie gewohnt, daß Hilti-brant Gott mit seinen Anrufungen nicht erreicht (1984:10). Da bleibt Hiltibrant also in der Zwangsjacke einer „Wanderfabel“ gefangen – eine Alternative zum ‚germanischen’ Heldenlied ist das gewiß nicht. Neuser will das Hl. dagegen an die auf der Rückseite des ersten Blattes eingetragene Oratio et preces contra obloquentes anschließen und beide auf die Sachsenmission beziehen: „Widergöttliche Selbst-herrlichkeit des Heidentums muß mit drakonischen Strafen bedroht werden. In diesem Verständnis läßt das Hadubrand-Exempel nicht al-lein das blinde Scheitern des filius obloquens erkennen, sondern stellt das definitive Scheitern des Saxo paganus drastisch und abschreckend vor Augen“ (1990: 15). Das mutet Hiltibrant auch die „frei bewußte Erschlagung“ zu, nur daß sie nun ein christliches Strafgericht sein soll. Und Neuser läßt damit seine Mönche die Liquidierung ihrer wider-spenstigen filii phantasieren – das ist also eigentlich eine psychoana-lytische Deutung. Immerhin hat es wenigstens einen Germanisten gegeben, der unver-dorben und eigensinnig genug war, das Lied ganz anders zu verstehen, nämlich Henrik Becker, der 1953 schrieb: „Zuviele haben sich einge-redet, dass bei Hildebrands Sohnesmord ‚Tragik’ herrsche. Das ist nicht Tragik, das ist nacktes Grausen!“ (S. 65) Das Bruchstück schlie-ße „fast sicher aus, dass einer der beiden Kämpfer erschlagen wird. Diese Möglichkeit kostet Hildebrand im Geiste aus, da wäre das wirk-liche Geschehen nur eine matte Wiederholung, die wir diesem Kunst-werk nicht zutrauen.“ (S.66) Becker verstand das Hl. daher als „Warnlied“, das letztlich die „Kriegergier“ (Becker 1957: 23) anprangert, wenn er dahinter auch nicht christliches Ethos, sondern gut marxistisch „die Urgesellschaft“ (op. cit.: 17) vermutete.

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4. Die Sage im Hintergrund Im Hl. ist aber jedenfalls der Kampf zwischen Verwandten – *sunu-fatarun – das Thema, nur handelt es sich dabei nicht um eine der alten Sagen. Den Hintergrund bildet auch hier ein Konflikt im Königshaus – soweit im Lied selbst erkennbar, zwischen Otacher und Theotrih. Daher wird angenommen, dass hier eine sonst nicht fassbare Sagen-version zugrundeliegt, die den geschichtlichen Vorgängen noch ein Stück näher war: Zwar schon Theoderich mit dem Hunnenkönig Attila verband, aber noch nicht mit dem großen Gotenkönig Ermanarich. Freilich ist diese graduelle Entfernung von der Geschichte, dieses Stufenmodell nur eine Hypothese, und die Annahme, dass Otacher zum Zeitpunkt der Flucht der Herrscher In chunincriche (Z.10: „im Königreich“) war und damit mindestens dreißig Jahre lang geherrscht hätte, hat ja auch kein geschichtliches Fundament. Nach allen in dieser Hinsicht aussagekräftigen Sagenzeugnissen war dieser Herrscher der Sohnes- und Verwandtenmörder Ermenrich. Dafür seien zunächst die altenglischen Sagenzeugnisse angeführt. In den Waldere-Fragmenten (ASPR VI) hat Guðhere ein Schwert, das Ðeodric Widia schicken wollte, und Waldere ist Ætlan ordwyga, „At-tilas Spitzenkrieger“. Da sind also nur Attila und Theoderich synchro-nisiert, sieht man von Widia ab. Dagegen stellt der Widsith in v.18, am Beginn des Herrscherkatalogs, Attila mit Ermanarich zusammen:

Ætla weold Hunum, Eormanric Gotum „Attila herrschte bei den Hunnen, Ermanarich bei den Goten“.

Vor allem aber zählt der Widsith zum innweorud E<o>rmanrices („Hausvolk Ermenrichs“) neben den Harlungen zu Beginn (Here-lingas V.112) und dem Sohn Freoþeric am Ende (v.124) in v.115 auch Þeodric. Und nach dem Ermenrichsohn wird ganz zuletzt das Paar Wudga & Hama angeführt. Ihm sind die folgenden Verse gewidmet, in denen sie als wræccan bezeichnet werden (v.129: „Recken“, d h. Exilanten). Da kehrt also Widia in einer englischeren Lautform wie-der. Und Hama kehrt im Beowulf wieder, wo er es ist, der vor Ermen-rich flieht (und so zum Recken wird):

searoniðas f<lea>h / Eormenrices, geceas ecne ræd (v.1200f.) “die Nachstellungen floh / Ermenrichs, wählte ewiges Heil”.

Sunufatarungo und die Erfindung des Hiltibrantliedes 79

Das Reckenpaar verbindet also Ermenrich und Dietrich. Der ebenfalls im Exeter-Buch überlieferte Deor (ASPR III) schließlich kontrastiert Dietrich im Exil dem Gotenkönig:

Đeodric ahte þritig wintra Mæringa burg; þæt wæs monegum cuþ. (Refrain) We geascodan Eormanrices wylfenne geþoht; ahte wide folc Gotena rices. Þæt wæs grim cyning. „Dietrich besaß dreißig Winter

die Mæringenburg: Das war vielen bekannt.“ (Refrain) „Wir erfuhren von Ermenrichs

wölfischem Sinn – besaß das weite Volk des Gotenreichs: Das war ein grimmer König.“ In der altenglischen Dichtung sind also Ermanarich, Attila und Theo-derich bereits synchronisiert und auf jeden Fall letzterer mit ersterem verbunden, offenbar schon sein Opfer wie die Harlungen und Fried-rich und mit 30jährigem Exil. Wie alt die Verbindung ist, lässt sich diesen Zeugnissen nicht ansehen, aber es spricht nichts dafür, dass sie jünger ist als das Hiltibrantlied. Und eine Sagenversion von Dietrichs Exil ohne Ermenrich ist nicht bekannt und auch nicht erschließbar. Das einzige Sagenzeugnis außer dem Hl., das Otacher ebenfalls erwähnt, sind die Quedlinburger Annalen kurz nach 1000.12 Odoacar ist da wie die Harlungen und wie Theodoricus selbst einer der Bruder-söhne des Ermanricus und stachelt diesen zur Vertreibung an: instimu-lante Odoacro. Bei der Rückkehr nach der Ermordung des Ermanricus besiegt ihn Theodoricus, tötet ihn aber interveniente Attila nicht, son-dern verbannt ihn nur und schenkt ihm einige Dörfer beim Zusam-menfluss von Elbe und Saale. Dieser Lokalbezug wird eine späte Zutat sein, während der Racheverzicht zwar ungeschichtlich ist, aber ein sehr passendes Ende der Mordserie im Königshaus: Attila + Theodoricus werden so dem Schurkenpaar Ermanricus + Odoacar kontrastiert.13 Wenn es im Lied heißt floh her otachres nid (Z.15: „floh er Ota-

12 Siehe Haubrichs 1988: 111, 114, 117f. und 137ff. 13 Und der Attila dieser Sagenversion ist damit weit entfernt von dem goldgierigen

Atli der nordischen Sagentradition.

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ckers Hass“), dann muss das also nicht heißen, dass Otacher die Stelle Ermenrichs einnimmt: Es ist ja mit der Rolle vereinbar, die Odoacar in den Quedlinburger Annalen spielt.14 Und es dürfte m.E. als An-spielung auf die Verwandtenmorde Ermenrichs zu verstehen sein, wenn Dietrich in Z.19f. als so friunt/laos man bezeichnet wird.15 Es wird also schon für das Hl. die in den Quedlinburger Annalen belegte Sagenform anzunehmen sein, allenfalls noch ohne Racheverzicht. Es gehört in den Kontext der erfolgreichen Rückkehr Dietrichs, in dem sich ein Scheitern der Heimkehr Hiltibrants sonderbar ausnehmen würde. Und Hiltibrant ist aus der Dietrichsage noch viel weniger wegzu-denken als Ermenrich, wie Goller 2009 am deutlichsten zeigt: Er ist da strukturell verankert, weil „Dietrich stets unmündig und auf Hil-debrand angewiesen“ bleibt (S.507). Das ist explizit schon im Hl. so:

{d&} sid de<o>trihhe darba gi/stuontu<n> fater{er}es mines · at uuas so friunt/laos man (Z.18ff.) „Seither bedurfte Dietrich meines Vaters: Das war ein so freundloser Mann.“16

Hiltibrant ist also nicht primär Held eines Vatersohnkampfes, sondern eine Vaterfigur, und im Verhältnis zu seinem leiblichen Sohn – dem Hadubrant des Hl. wie dem Alebrant des jüngeren Lieds – dürfte sich sein Verhältnis zu Dietrich spiegeln. 5. Hiltibrant statt Theoderich Der Grund für die Erfindung der Liedfabel dürfte beim historischen Theoderich zu suchen sein: Er war zwar Christ, aber Arianer und für den Tod eines Papstes und des Boethius verantwortlich: Zwar kein heidnischer, aber jedenfalls ein heilloser König – se wælhreowa

14 Das hat zumindest Wilhelm Grimm so gesehen (1889: 35). 15 Gutenbrunner (1976: 20) bemerkt zu friuntlaos: „’ohne vriunt’, ‚ohne Verwand-

te’, auf die sich Dietrich hätte stützen können. Es sieht so aus, als ob schon Ermen-rich, der Verwandtenfeind, im Spiel wäre.“ Doch gleich darauf kommt er wieder da-von ab: „Aber wahrscheinlich ist so zu kombinieren, daß Odoaker die Verwandten des Dietrich getötet hatte“.

16 So z. B. Broszinski in Neumann 1985, mit einem nicht hochdeutschen darba – althochdeutsch wäre das durft.

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cyning nennt ihn die Boethius-Übersetzung Alfreds des Großen.17 Vermutlich 829 schrieb Walahfrid Strabo De imagine Tetrici, ein Gedicht, das sich auf das Reiterstandbild Theoderichs bezieht, das Karl der Große 801 nach Aachen hatte schaffen lassen, um seine Resi-denz damit zu schmücken.18 Walahfrid lässt da an Tetricus kein gutes Haar, um dann Ludwig den Frommen umso heller strahlen zu lassen. Die Dietrichsage selbst war daher im 9. Jh. noch nicht literaturfähig, nicht aufs Pergament zu bringen, und so äußert sich auch der Deor zu Dietrich auffallend neutral, obwohl er ihn Ermenrich gegenüberstellt. Und im Hl. erscheint Dietrich nur als so friuntlaos man, während die Vaterfigur Hiltibrant in den Mittelpunkt rückt. Nur er kehrt im Hl. heim, und sein Ziel ist nicht der Thron, sondern ein ganz Privates: die prut In bure (Z.17: „Frau im Haus“).19 Es ist aber bemerkenswert, dass auch er in Konflikt mit einem Verwandten gebracht wird – und in den schärfstmöglichen: Statt des goldgierigen Königs, dem der ebenfalls vom Hunnenkönig heimkehrende Walther konfrontiert wird, ist es hier der einzige Sohn, der hrusti giwinnan (Z. 44f.: „die Rüstung gewin-nen“) will. Diese Radikalisierung des traditionellen Themas könnte vom Sohnesmord Ermenrichs inspiriert sein, aber offenbar nicht mit dem Ziel, eine Parallele zu bieten, sondern ein Gegenbild. Daher kann das Dogma, dass Hiltibrant seinem Sohn tatsächlich ti banin (Z.43: „zum Mörder“) wird, kaum zutreffen. Wozu wäre denn diese Heim-kehrfabel erfunden, wenn Hiltibrant am Ende wie Ermenrich dastün-de? Dass dies die Konsequenz einer „christlichen Umbesetzung des Heimkehrthemas“ (Haug) sein soll, leuchtet mir nicht ein.20 Und das jüngere Hildebrandslied endet ja unblutig, mit der Heimkehr zu Uote. Dass dies eine Ursache in einem "Umbiegen des tragischen Kampfes in ein versöhnliches Ende" habe, das "dem Geschmack einer späteren rührseligen Zeit" entspreche (so de Vries 1953, bei Hauck 1961: 253),

17 Whitelock (1967: 10). Etwa „der blutrünstige König“. 18 „Sicher nicht, weil er in Theoderich etwas Nachahmenswertes gesehen hätte“,

denn es war „antiker Brauch, Kunstwerke aus den unterworfenen Ländern in der eigenen Residenz aufzustellen, um mit geliehener Pracht die eigene Macht zu dokumentieren“ (Beutler 1982: 96f.).

19 Das muß hier Behauptung bleiben und soll in einem vierten Aufsatz ausgeführt werden.

20 Und Walther schafft ja die Heimkehr, samt Braut und Gold. Daß der Verlust der Hand ein „Denkzettel“ für die im christlichen Verständnis pervertierte Heimkehridee“ (Haug 1984: 11) sein soll, ist auch nicht glaubhaft.

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ist lediglich ad hoc angenommen21 und lässt sich nicht durch Paralle-len stützen. Im Gegenteil: Bei allen Umgestaltungen der Nibelungen-sage endet auch noch das mittelhochdeutsche Epos ganz unversöhn-lich. *Sunufatarun signalisiert also zwar das traditionelle Thema der car-mina gentilium – morðorbealo maga – und weckt damit entsprechen-de Erwartungen, aber es dürfte eben eine andere, christliche Lösung intendiert sein. Und es sei dabei an Abraham erinnert, der seinen einzigen Sohn töten will, weil es Gott verlangt. Das wurde häufig genug im Bild dar-gestellt: Abraham mit erhobenem Schwert, aber zugleich auch Gottes Hand am Himmel, die im letzten Moment Einhalt gebietet. Das hatten Dichter und Publikum des Hl. also vor Augen und im Kopf und be-stimmte ihre Erwartungen, auch außerhalb von Klostermauern. Die altenglische Genesis (ASPR I), vielleicht älter als das Hl., endet mit dieser Szene und der Stimme des Engels ufan of roderum 22 (v. 2912b):

Abraham leofa, ne sleah þin agen bearn (v. 2914) “Abraham, lieber, erschlag nicht dein eigenes Kind!”

Und im Exodus (ebenfalls ASPR I) kehrt das in v. 419f. wieder: Ne sleh þu, Abraham, þin agen bearn, sunu mid sweorde! „Nicht erschlag du, Abraham, dein eigenes Kind, den Sohn mit dem Schwert!“ Bei dieser Gelegenheit wird Isaak v.2872a bearn unweaxen 23 genannt, was die einzige genaue Parallele zum barn unwahsan des Hl. (Z.17) ist, dem noch nicht herangewachsenen Kind zum Zeitpunkt der Flucht. Das könnte natürlich ein Zufall sein, aber im Hl. geht dem prut In bure voraus, und auch das hat eine Parallele in der altenglischen Genesis, wenn Sara erfährt, dass sie eine Sohn gebären soll:

21 Freilich is das die Konsequenz einer Weltanschauung, die Humanität als

Verfallserschenung betrachtet. Auch Höfler behauptet vom 13. Jahrhundert: "Die Tragik der Heldensage wird nicht mehr vertragen. Man läßt in dieser neuen Zeit die ererbten Fabeln ins Heiter-Versöhnlich münden" (1941, bei Hauck 1961: 53).

22 Wie obana ab heuane im Hl. (Z.25): „von oben vom Himmel“. 23 Im Exodus entspricht v.412f. eaferan sinne / unweaxenne.

Sunufatarungo und die Erfindung des Hiltibrantliedes 83

þæt on bure ahof bryd Abrahames hihtleasne hleahtor (v. 2388f.) “dass im Haus erhob die Frau Abrahams freudloses Gelächter“.

Auch das mag lediglich zeigen, wie viel das Hl. dem Vorbild der alt-englischen Stabreimpoesie verdankt.24 Und der Dichter des Hl. musste ja nicht diese Genesis-Version kennen, um an Abraham und Isaak zu denken. Möglich wäre das aber. Und mit dem Vorbild Abrahams ver-bindet sich das kategorische Verbot, den Sohn zu töten. Das ist auch im Hl. vorauszusetzen. Und so konnte das Lied auch in einen Kodex mit den biblischen Weisheitsbüchern eingetragen werden: nicht als Fremdkörper, sondern als eine Schöpfung gleichen Geistes. 6. Ein neues Lied, ein besseres Lied 25 Das Hiltibrantlied ist also christlich inspirierte Heldendichtung, die den Mentor Dietrichs zu ihrem Helden macht, weil Dietrich selbst noch zu negativ besetzt war. Sie spiegelt das Thema der Ermenrich-Dietrich-Sage – den Verwandtenmord –, indem sie Ermenrich Hiltibrant gegenüberstellt. Mit den von Uhland herangezogenen Sagen anderer Völker hat diese Erfindung nichts zu tun, und auch zu dem Sterbelied des nordischen Hildigerus besteht keine Verbindung. Es spricht auch nichts dafür, dass der Dichter des Lieds seinen Stoff vorgefunden hatte, siehe den ausführlichen Bericht, den er Hadubrant vom Schick-sal seines Vater geben lässt: Da wird erklärt, in welchen Sagenkontext diese ‚Sprosssage’ gehört. Die Erfindung dieses Vatersohnkampfes wird also sein Werk sein, und sie wird kaum vor das frühe 9. Jh. zu-rückdatiert werden können (jünger als die hochdeutsche Lautent-wicklung wr- > r-, die der Stabreim riche – reccheo (Z. 37) voraus-setzt, ist das Lied in jedem Fall).26

24 „Mir persönlich ist die genaue Vergleichbarkeit mit englischen Wörtern und For-men in so vielen Fällen einfach unheimlich“, bemerkt Seebold (1985: 272).

25 Heinrich Heine: Deutschland - ein Wintermärchen, Kaput 1, Str. 9. 26 „Etwa 828“ (Schipke 1994: 124) bzw. „frühestens im Jahre 829“ (Bischoff 1981:

63) kam Lupus von Ferrières nach Fulda und brachte wohl einen Codex mit dem Beginn der Consolatio Philosophiae des Boethius mit, die dort zu Ende geschrieben wurde. Wenn der ‚Fatalismus‘ Hiltibrants von der Consolatio inspiriert ist (Schürr 2011: 16), dann müsste das Hl. wohl erst danach entstanden sein. Aber die

84 Diether Schürr

Klar ist außerdem, dass Hiltibrant kein Oberschurke wie Ermenrich ist und keinen Grund hat, seinen Sohn zu töten, schon gar nicht den, dass ein ‚germanisches’ Heldenlied nicht anders enden kann. Mit *sunufatarun wird also kein Automatismus in Gang gesetzt, und für den Dichter ist wie für Hiltibrant der waltant got (Z.38) präsent27 und nicht nur Phrase. Alles weitere hängt von diesem ab.

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27 „Hildebrand erkennt Gott als den Herrn über das Leid, über die ‚wewurt’, die er ihm nun widerfahren läßt“ (Weber 1969: 145) oder aber erspart.

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