Steigerung der Leistungsdichte und der Wirtschaftlichkeit von ...
Schule in Bewegung - Optimierung der kognitiven Fähigkeiten ...
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Schule in Bewegung - Optimierung der kognitiven
Fähigkeiten und der Lernleistung durch Sport
Umsetzung des Einradfahrens und der Jonglage in den Schulalltag
Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades einer
Magistra der Naturwissenschaften
an der Karl- Franzens- Universität
vorgelegt von
Gudrun BIENER
am Institut für Sportwissenschaft
Begutachter: Univ.-Prof. Mag. Dr. rer. nat. Markus Tilp
Graz, 2016
2
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne
fremde Hilfsmittel verfasst habe. Die aus fremden Quellen übernommenen
Gedanken in indirekter und direkter Form sind auch als solche kenntlich
gemacht.
Diese Arbeit wurde bisher weder in gleicher noch ähnlicher Form einer
Prüfungsbehörde im In- oder Ausland vorgelegt und auch nicht veröffentlicht.
Graz, Juni 2016
______________________
Gudrun Biener
3
Kurzfassung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Bedeutung von Bewegung im
Zusammenhang mit den kognitiven Vorgänge im Gehirn und der Steigerung der
Lernfähigkeiten sowie der Lernleistung von SchülerInnen. Der Schwerpunkt in
der praktischen Umsetzung liegt auf den zirzensischen Bewegungskünsten,
insbesondere auf der Jonglage und dem Einradfahren.
Die Arbeit ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil behandelt den Aufbau des
Gehirns und des Gedächtnisses sowie die exekutiven Funktionen, die für den
Lernerfolg eine bedeutende Rolle spielen. Im weiteren Verlauf werden die
konkreten Effekte zwischen körperlicher Aktivität und den geistigen Fähigkeiten
dargelegt.
Danach wird ein Blick auf die Institution Schule und das dortige Bewegungs-
und Lernkonzept geworfen, um im Anschluss, im zweiten Teil der Arbeit, den
praktischen handlungsorientierten Teil der Arbeit umzusetzen.
Dabei steht die Äquilibristik, insbesondere das Einradfahren wie auch die
Jonglage im Vordergrund. Eigens konzipierte Stundenbilder sind vor allem für
den Einsatz im regulären Schulunterricht gedacht.
4
Abstract
The present thesis deals with the importance of exercise in connection with the
cognitive processes in the brain and the improvement of the learning ability as
well as the learning performance of pupils.
The focus is put on practical implementation on circencing performing,
particularly on juggling and unicycling.
The present thesis is divided into two pieces. In the first part, the paper deals
with the structure of the brain and the memory as well as the executive functions,
whicht affect the learning success in a positive way. The following part is about
the specific effects between physical activity and mental skills.
Afterwards the focus lies on the institution school and the movement and
learning concept there to deal with the practical action-orientated second part of
the thesis.
Primarly it focus on the equilibristics, in particular unicycling and juggling.
Realizable lesson plans have been added in order to implement the concept in
teaching in regular schools
5
Danksagung
Mein erster Dank geht an Herrn Univ.-Prof. Mag. Dr. rer. nat. Markus Tilp, der
kurzfristig als Hauptbetreuer eingesprungen ist und ein großes Dankeschön an
Herrn Mag. Dr. phil. Gerald Payer, der diese Diplomarbeit betreut hat,
Ich möchte all jenen danken, die mich im Laufe meines Studiums begleitet und
unterstützt haben, mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden sind, die Geduld mit
mir niemals verloren haben und mir die spannendste und erfahrungsreichste
Zeit bis jetzt beschert haben.
Ein großes Dankeschön geht an Georg: Danke, dass du mit mir die
Abschlusszeit meines Studiums durchgehalten hast und immer an meiner Seite
warst und bist!
Ein besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mir meine Ausbildung überhaupt
ermöglicht haben, niemals den Glauben an mich verloren haben und immer ein
offenes Ohr für Probleme, Fragen oder Wünsche hatten.
Weiters möchte ich all meinen Geschwistern, meinem Schwager Christof und
meiner Schwägerin Mirli danken.
Danke Johannes für stetige geistige Unterstützung!
Danke Ursula, denn du hast einen großen sportlichen Grundstein für mein
weiteres Leben gelegt!
Danke Christof, für die Korrektur dieser Arbeit!
Danke Andi, für die schöne Zeit mit dir als WG- Kollege während des Studiums,
die Gespräche und die unzähligen Aktivitäten!
Danke Mirli, für all die Gespräche!
Danke, all ihr lieben Freunde und Freundinnen für die wunderschöne
Studienzeit, für euer DASEIN, für den Spaß, das Sporteln, das Zuhören, die
gemeinsame Zeit!
Zuletzt möchte ich mich bei meinen lieben Germanistik-Freundinnen für die
Korrektur dieser Arbeit bedanken! Aber nicht nur das - danke auch für die
unzähligen schönen Stunden während des Studiums mit euch!
Vielen Dank!
6
Vorwort
Kann Bewegung unsere Leistungen, vor allem auf kognitiver Ebene, steigern?
Ist es möglich, Bewegung als Ursache für Erfolge im Lernen, somit in der Schule
und im weiteren Leben, zu sehen? Wenn diese Fragen bejaht werden können,
dann wäre es möglich Sport und Bewegung gezielt in der Schule gegen
Konzentrations- und Aufmerksamkeitsprobleme, gegen schlechte Noten und für
ein vermehrtes Wohlbefinden im Klassenraum einzusetzen.
Bereits Johann Wolfgang von Goethe meinte über die Auswirkungen der
Bewegung wie folgt: „Was du dir abläufst auf dem Schuh, das fließt dir geistig
doppelt zu“ (Beck, 2014, S.11).
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich positive Auswirkungen von
Sport und Bewegung in meiner Laufbahn, besonders als Schülerin und
Studentin, spüren durfte. Von klein auf hatte ich einen ausgeprägten
Bewegungsdrang und ging diesem beinahe immer nach. Nie konnte ich lange
still sitzen, sondern musste stets raus in die Natur, um zu laufen, zu toben und
auf Bäume zu klettern.
Als der Ernst des Lebens für mich begann und ich die ersten Schulstunden
erlebte, änderte sich an meinem Bewegungsdrang nur wenig. Aufgrund meiner
Vielzahl an sportlichen Aktivitäten in der Freizeit, vom Gerätturnen über das
Laufen bis hin zum Klettern, war es mir möglich, in der Schule still zu sitzen und
effektiv zu lernen. Ich hatte Zeit ein ausreichendes Bewegungspensum in der
Woche zu absolvieren und so war ich auf körperlicher sowie geistiger Ebene
gleichmäßig belastet und fühlte mich ausgeglichen.
Ich hatte mir persönliche Lösungsstrategien zurecht gelegt, wenn dem Gefühl
nach keine Daten und Fakten oder anderer Lernstoff mehr in meinen Kopf
wollten. Ich hatte ein Ventil, wenn ich nicht mehr weiter wusste, und konnte eine
unterstützende Alternative anwenden, wenn mein Geist keine Energie mehr
aufbringen konnte.
7
All das war und ist auch heute noch die Bewegung, der Sport für mich.
Ich konnte einfach besser lernen, wenn ich zehn Minuten mit dem Einrad fuhr,
für 20 Minuten jonglierte oder einen Kilometer lief. Das ist kein enormes Ausmaß
an Bewegung, aber als Lernpause war dies einfach perfekt für mich.
Diese Kombination aus Sport, Bewegung und Lernen und die daraus
resultierenden positiven Effekte, die ich in meiner Kindheit und Jugendzeit
erleben durfte, sind kein Zufall, denn da steckt mehr dahinter.
Die Frage stellt sich nun, welche Auswirkungen Bewegung tatsächlich auf unser
Gehirn hat, welche Prozesse, Vorgänge und Aktivitäten in unserem Denkorgan
ablaufen. Ist es überhaupt möglich, in der Schule Bewegung dahingehend ins
rechte Licht zu rücken, dass es als positive Nachhilfe für SchülerInnen in
Unterrichtsfächern gesehen werden kann? Kann Bewegung beim Lernen
helfen?
Aufgrund meiner eigenen positiven Erfahrungen als Schülerin und Studentin mit
der Kombination aus Bewegung und dem Lernen, aber auch wegen
Erfahrungen durch Bewegungsinterventionen in Schulklassen als angehende
Pädagogin im Zuge meiner Praktika möchte ich mich in dieser Arbeit mit den
Themen ,Kognition, Lernfähigkeiten, Bewegungsmöglichkeiten‘ und deren
Zusammenhänge in Schulen befassen.
Der Schwerpunkt der Bewegung obliegt hier dem Einradfahren und der
Jonglage.
„Bewegung ist das Tor zum Lernen.“
(Paul E. Dennison zit. in Kelber- Bretz, 2002, S. 63)
8
Inhaltsverzeichnis
Einleitung .............................................................................................. 10
1. Unser Gehirn - bewegte Köpfe ....................................................... 12
1.1 Der präfrontale Cortex ......................................................................... 16
1.2 Das Striatum ........................................................................................ 17
1.3 Der Hippocampus ................................................................................ 17
2. Kognition ........................................................................................ 19
3. Exekutive Funktionen ..................................................................... 21
4. Der Zusammenhang zwischen Bewegung und unserem Gehirn .... 24
5. Die Institution Schule - ein Bewegungsort? .................................... 29
5.1 Lernen in und durch Bewegung .............................................................. 31
5.2 Schulische Lernerfolge und das Gehirn ................................................. 33
5.2.1 Emotionen und unser Lernverhalten ............................................... 35
5.2.2 Die Motivation und das Lernen ........................................................ 37
5.3 Einfluss der Bewegung auf die SchülerInnen und ihre Leistungen ........ 38
5.4 Der Mangel an Bewegung in Schulen und ihre Folgen .......................... 41
6. Bewegung im Unterricht außerhalb der Sportstunden ....................... 45
6.1 Die Schule als Bewegungsraum ............................................................. 48
6.2 Der Einfluss von außerschulischen Aktivitäten ...................................... 49
7. Das Koordinationstraining ................................................................. 50
8. Äquilibrisitik – was ist das? ............................................................. 52
8.1 Geschichte der Äquilibristik und Jonglage in Schulen ........................ 52
8.2 Wozu Äquilibristik und Jonglage in der Schule anwenden? ................... 53
8.3 Die Umsetzung in der Schule - ein Ding der Unmöglichkeit?! ................ 54
9. Das Einradfahren ............................................................................ 56
9.1 Vom Anfänger zum Könner .................................................................... 57
10. Jonglage ......................................................................................... 62
10.1 Von einzelnen Kunststücken bis hin zur großen Aufführung ................ 64
11. Der Einfluss der zirzensischen Künste auf die Lernkompetenz ....... 67
11.1 Stundenbilder zur Förderung der kognitiven Leistungen im
Sportunterricht .............................................................................................. 68
11.1.1 Stundenbilder zum Einradfahren im Sportunterricht ..................... 70
9
11.1.2 Stundenbilder zur Jonglage im Sportunterricht ............................. 82
12. Zusammenfassung und Ausblick .................................................... 97
Quellenverzeichnis ................................................................................ 99
Literaturverzeichnis ...................................................................................... 99
Internetverzeichnis ..................................................................................... 104
Abbildungsverzeichnis ........................................................................ 105
10
Einleitung
Bewegung und Sport sorgen dafür, dass wir uns wohler, zufriedener und
ausgeglichener fühlen. Die Frage stellt sich nun, warum das so ist, was dahinter
steckt und welche Zusammenhänge zwischen Emotion, Kognition und der
Physiologie unseres Körpers bestehen.
Wenn wir Sport treiben, dann hat das unzählige positive Auswirkungen auf
unsere Gesundheit. Sobald wir uns regelmäßig bewegen, verbessern wir stetig
unser Herz-Kreislauf-System, stärken unsere Muskeln und unser
Immunsystem. Doch das ist noch lange nicht alles, denn ein wesentlicher Faktor
wird immer deutlicher. Bewegung und Sport beeinflussen unseren Geist auf
positive Weise und unser Gehirn funktioniert dadurch am besten.
Diese Arbeit handelt davon, wieso körperliche Bewegung entscheidend für
unser Wohlbefinden, Denken und Fühlen ist. Das Ganze wird sich im Setting
der Schule abspielen, da sich die Frage stellt, inwieweit Bewegung und Sport
eingesetzt werden können, um die kognitiven Leistungen von SchülerInnen zu
verbessern, ihre Motivation für das Lernen anzutreiben und ihnen die
Möglichkeit für ein Leben in einem ausgeglichenen Körper zu geben.
Dass körperliche Aktivität einen bedeutenden positiven Einfluss auf die
kognitiven Fähigkeiten und die Lernleistungen hat, bildet keine neue Erkenntnis.
Die Theorie dahinter reicht bis in das 17. Jahrhundert zurück. Bereits Comenius
stellte die Forderungen, dass Menschen mit allen Sinnen lernen sollten und
auch der Pädagoge Pestalozzi setzte sich für ein Lernen mit Kopf, Herz und
Hand ein (vgl. Archut & Bollow, 2004, 68). Auch Maria Montessori (1912) sprach
in The Montessori Method bereits davon, dass Bildung dazu da ist, die
körperliche Aktivität zu stärken und nicht etwa zu unterdrücken. Sie brachte
bereits pädagogische Ansätze hervor, um Bewegung und Kognition als sich
gegenseitige unterstützende Vorgänge zu sehen und hatte bereits
Vorstellungen, wie dies umsetzbar wäre. Dies sind nur wenige von vielen,
welche Bewegung nicht als hinderlich, sondern als förderlich betrachteten, um
die Lernfähigkeiten zu stärken.
11
Den Anfang dieser Arbeit stellt die Theorie dar, insbesondere die Anatomie
unseres Gehirns, welche für das Verständnis der Zusammenhänge von
Kognition und körperlicher Aktivität von Bedeutung ist. Dieser Konnex zwischen
Bewegung und den Leistungen unseres Gehirns und was dahinter steckt wird
in weiterer Folge im vierten Kapitel ausgeführt. Die nachstehenden Kapitel
stellen die Schule in den Mittelpunkt, inwieweit die Bewegung das Lernen und
die Lernleistungen beeinflusst. Weiters soll dargelegt werden, welche Folgen
Bewegungsmangel bereits im schulischen Kontext nach sich ziehen kann.
Darauf folgt schließlich noch der Einfluss der körperlichen Aktivität auf unsere
mentale und körperliche Gesundheit außerhalb des Unterrichtsfaches
Bewegung und Sport und überhaupt außerhalb der Schule.
Der praktische Schwerpunkt in dieser Arbeit wird auf die Äquilibristik, hier
speziell auf das Einradfahren und die Jonglage gelegt. Allerdings mit dem
theoretischen Hintergrund, welche positiven Einflüsse auf die Lernkompetenz
dabei entstehen. Durch umsetzbare Stundenbilder werden diese artistischen
Künste auch für die Schule interessant und praktikabel aufgewertet und
handlungsorientiert dargelegt. Dies soll als Anregung dienen, um Bewegung in
den Schulalltag zu integrieren, denn durch nur wenig Aufwand kann bereits viel
Neues entstehen.
12
1. Unser Gehirn - bewegte Köpfe
„Das Gehirn ist die Schaltzentrale unseres Denkens und Handelns“ (Zimmer,
2007, S.27) Es gilt laut der Society for Neuroscience (2010) als die komplexeste
lebendige Struktur des Universums und kontrolliert unzählige Körperaktivitäten,
wie die Herzfrequenz, unsere Emotionen, das Gedächtnis und auch das Lernen.
Das Denkorgan ist nicht isoliert, sondern mit anderen Organen des Körpers
verbunden. Eine der wichtigsten Aufgaben des Gehirns ist, „[…] zwischen den
lebenserhaltenden (vegetativen) Funktionen des inneren Körpermilieus und der
in ständiger Veränderung begriffenen Welt […]“ zu vermitteln (vgl.
Solms/Turnbull, 2004, S. 33).
Allen Zellen in unserem Körper werden bestimmte Aufgaben zuteil. Für das
Gehirn von großer Bedeutung sind die Nervenzellen, welche auf die
Speicherung und Verarbeitung von Informationen spezialisiert sind. Es werden
ständig Nervenimpulse von einem Neuron zum nächsten übertragen und dies
geschieht an einer Synapse. Wie stark diese Synapse ist, hängt von der
synaptischen Verbindung ab und „[…] ob ein Impuls einen großen oder kleinen
Effekt auf die Erregung des nachfolgenden Neurons hat.“ Die Information von
diesen Impulsen wird an den Synapsen gewichtet und entweder stark oder nicht
ganz so heftig übertragen. Je nach Übertragungsstärke kann derselbe Input ein
Neuron erregen oder nicht (vgl. Spitzer, 2002, S. 42 ff.). Das menschliche
Gehirn wiegt nur zwei Prozent des gesamten Körpers, aber verarbeitet laufend
eine große Menge an Informationen, welche über vier Millionen Nervenfasern
geleitet werden (vgl. ebd., S. 54).
Um zu verstehen, wie Bewegung die kognitiven Vorgänge und Funktionen
beeinflussen und unterstützen kann, muss zuerst geklärt werden, wie unser
Gehirn Leistungen wie das Lernen vollbringt und wie das Gedächtnis
funktioniert. Jeder Fortschritt auf geistiger und motorischer Ebene ist davon
abhängig, inwieweit unser Gehirn fähig ist Erfahrungen abzuspeichern, wieder
abzurufen und auf der Basis des erworbenen Wissens auch zu handeln.
13
„Das Gedächtnis ist somit der Eckstein der intellektuellen Reifung“ (Korte,
2011, S. 60).
Zunächst kann unser Gedächtnis grob in das Kurz- und das Langzeitgedächtnis
eingeteilt werden. Das Kurzzeitgedächtnis wird nach Brand & Markowitsch
(2016, S.1) auf eine Zeitdauer von Sekunden bis maximal sehr wenige Minuten
reduziert. Im Gegensatz dazu steht das Langzeitgedächtnis, welches an
Aufnahmekapazität und Dauer der Speicherung im Grunde unbegrenzt ist. Dies
heißt für das lebenslange Lernen, dass ständig neue Informationen
aufgenommen werden können und das bereits Gelerntes gelöscht wird. Nun
wird bereits ersichtlich, dass es DAS Gedächtnis nicht gibt, sondern eher von
Gedächtnissystemen gesprochen wird (vgl. Korte, 2011, S. 61).
Wenn wir etwas Neues erleben oder erfahren, dann gelangen alle diese
Wahrnehmungen zuerst in das Arbeitsgedächtnis, welches auf der präfrontalen
Großhirnrinde (siehe Kapitel 1.1) und anderen Großhirnrindenarealen beruht.
Diese Informationen werden dann für das Langzeitgedächtnis aufbereitet. Somit
kann das Arbeitsgedächtnis als Übergangsform zwischen dem Kurz- und
Langzeitgedächtnis gesehen werden (vgl. ebd., S. 1).
Als eine der wichtigsten Funktionen unseres Gedächtnisses wird die
Unterscheidung des Wichtigen vom Unwichtigen gesehen (vgl. Korte, 2011, S.
59).
Die Fähigkeit, zu lernen und sich bewusst alltägliche Fakten und Ereignisse zu
merken beziehungsweise sich daran zu erinnern wird deklaratives Gedächtnis,
auch explizites Wissen, genannt (vgl. Society for Neuroscience, 2010, S. 22).
Folgende Strukturen bilden dieses, auch weiters als kognitives Gedächtnis
bezeichnet: der Hippocampus, die parahippocampale Struktur und Areale der
Großhirnrinde, unter anderem die präfrontale Großhirnrinde. Dies ist bereits ein
System des Langzeitgedächtnisses.
14
Zu dem deklarativen Gedächtnis zählt, laut Korte (2011, S. 60), das episodische
Gedächtnis und das Wissenssystem, auch als semantisches Gedächtnis
bezeichnet.
Unsere Erinnerung an bestimmte persönliche Erlebnisse, welche an einem
bestimmten Ort zu bestimmter Zeit geschehen sind, wird als episodisches
Gedächtnis bezeichnet. In diesem Bereich ist der „Film des Lebens“
abgespeichert. Alle Ereignisse werden auch meist emotional bewertet, die in
diesem Teil behalten werden (vgl. Brand & Markowitsch, 2016, S.2). Hierbei
spielt der mediale Schläfenlappen eine bedeutende Rolle, da dieser den Bereich
der ersten Verarbeitung und des Speicherprozesses der Erinnerungen darstellt
(vgl. Society for Neuroscience, 2010, S. 22).
Im Gegensatz dazu wird als semantisches Gedächtnis, welches auch als
Wissenssystem bezeichnet wird, das menschliche Faktenwissen benannt. Das
erworbene Weltwissen und unzählige Fakten werden hier ohne in einen Kontext
eingebettet zu sein, abgespeichert. Weit reichende Großhirnrindenareale sind
dafür zuständig (vgl. ebd./ Brand & Markowitsch, 2016, S.2).
Korte (2011, S.61) geht allerdings insgesamt von vier Gedächntissystemen aus,
die wie folgt lauten und im Anschluss abgebildet sind: Episodisches Gedächtnis,
Wissenssystem, prozedurales Gedächtnis und das Priming.
Abbildung 1: Die Gedächtnissysteme (Korte, M., 2011, S. 60)
15
Verschiedene Formen des nicht-deklarativen und Verhaltensgedächtnisses
werden nach Korte als implizites Gedächtnis bezeichnet. Amygdala, Striatum
und das Kleinhirn bilden diese Systeme und dazu zählen das prozedurale
Gedächtnis und das Priming. „Unter Priming wird eine höhere
Wiedererkennungsleistung von zuvor (unbewusst) Wahrgenommenem
verstanden“ (Brand & Markowitsch, S.2). Das prozedurale Gedächtnis
wiederum kann als die unterste Basis der Systeme bezeichnet werden, denn
hier sind motorische Fertigkeiten und Routinehandlungen abgespeichert.
Fest steht, „ […]dass das Gehirn über mehrere Gedächtnissysteme verfügt, die
von verschiedenen Hirnregionen getragen werden“ (Society for Neuroscience,
2010, S. 23).
Keine einzelne Hirnregion speichert Erinnerungen, sondern es kann gesagt
werden, dass jeder Teil des Gehirns zur permanenten Speicherung des
Gedächtnisses beiträgt (vgl. ebd., S. 24).
Gehirne, welche schnell und effizient arbeiten können und somit einen
Grundstein für geistig leistungsfähige Menschen legen, haben eine hohe
Leitungsgeschwindigkeit der Axone. Dies sind faserartige Fortsätze der
Nervenzellen. Weiters herrscht eine effiziente Verbindung zwischen den
einzelnen Arealen des Gehirns vor. Der Arbeitsspeicher ist sehr groß, denn das
heißt, dass man sich viele Dinge in kurzer Zeit merken kann. Außerdem sind
die Synapsen flexibel, was wiederum bedeutet, dass neue Informationen sehr
schnell gespeichert werden können (vgl. Korte, 2011, S. 97).
In den folgenden drei Unterkapiteln werden die wichtigsten anatomischen
Bereiche der Gehirnverschaltung für das Lernen und unser Gedächtnis kurz
behandelt.
16
1.1 Der präfrontale Cortex
Zunächst wird nochmals genauer auf den präfrontalen Cortex eingegangen, da
dieser nebst Striatum und Hippocampus wesentlich ist, wenn es um die
exekutiven Funktionen geht (siehe Kapitel 3) und somit unsere
Leistungsfähigkeit beeinflusst.
Er ist das ,oberste Kontrollzentrum‘ des Gehirns, welcher Teil der Großhirnrinde
ist und direkt hinter der Stirn sitzt, im Frontalhirn. Der präfrontale Cortex ist
verantwortlich für das Vorausplanen von Handlungen, wägt Entscheidungen ab
und regelt, welche Informationen zur weiteren Verarbeitung gelangen. Im
präfrontalen Kortex befindet sich das Arbeitsgedächtnis, welches für die
Selbstkontrolle und die Aufmerksamkeit zuständig ist. Hier befinden sich
Nervenzellen, die ständig aktiv sind, wenn ein Thema behandelt wird.
Der Cortex nimmt 30 Prozent der gesamten Fläche der Großhirnrinde und in
etwa die Hälfte des Frontallappens ein. Der präfrontale Cortex wird auf
unterschiedlichste Weise eingeteilt, hier nach Goschke in Kubesch (2008, S.
38) in drei Bereiche:
1. den lateralen präfrontalen Cortex,
2. die ventromediale Region,
3. den anterioren cingulären Cortex.
Bis heute kann allerdings nicht ganz genau geklärt werden, welche
Zusammenhänge zwischen der Funktion des präfrontalen Cortexes und den
exekutiven Funktionen bestehen.
Roberts wird in Kubesch (2008, S. 45) allerdings wie folgt zitiert: „The fact that
prefrontal cortex itself is not a homogeneous structure, having several distinct
cytoachitectonic regions, also has implications for the nature and organization
of executive functions.” Somit besteht eine direkte Verbindung zwischen
exekutiven Funktionen und dem präfrontalen Cortex.
17
1.2 Das Striatum
Hier werden alle Informationen aus den verschiedensten Bereichen gesammelt.
Das Striatum ist mit dem gesamten Cortex, also der Großhirnrinde in
Verbindung gesetzt. Dies ist der Ort, an welchem entschieden wird, welche
Handlungen durchgeführt werden. Wichtig zu wissen ist, dass es im Hinblick auf
die Motivation, das Bewegungslernen und den schlussendlichen
Bewegungsvollzug involviert ist (vgl. Beck, 2014, S. 36).
1.3 Der Hippocampus
Die Hippocampi, denn davon gibt es zwei, sind von großer Bedeutung bei der
Übertragung von Inhalten vom Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis.
Allerdings geschieht dies erst innerhalb der folgenden zwölf Stunden.
Beeinflusst wird der Übergang in das Langzeitgedächtnis von dem, was
emotional nach dem erlerntem Wissen noch erlebt wird (vgl. Korte, 2011, S.
274).
Der Weg zum Inhalt unseres Wissens führt immer über das Striatum oder eben
über den Hippocampus zum Cortex. Die Hippocampi spielen eine bedeutende
Rolle bei komplexen kognitiven Leistungen. Die Hippocampi befinden sich an
der Innenseite des Schläfenlappens der Großhirnrinde, einer rechts und einer
links (vgl. Spitzer, 2002, S. 22/36).
Diese kleine Struktur ist für das Lernen von neuen Inhalten ein bedeutender Teil
des Gehirns. Der Hippocampus lernt schnell, vor allem Einzelheiten sehr rasch.
Dadurch werden unvollständige Informationen mit Hilfe gespeicherter
Informationen ergänzt (vgl. ebd., S. 37).
Die Zusammenarbeit aller zuvor erwähnten drei Bereiche, des präfrontalen
Cortexes, des Striatums und der Hippocampi, bildet unsere Leistungsfähigkeit,
insbesondere die Leistung der exekutiven Funktionen (siehe Kapitel 3).
18
Abbildung 2: Das menschliche Gehirn (Korte, M., 2011, S.64)
Dieser gezeigte Gehirnschnitt macht die Komplexität der inneren Abläufe des
für unser Lernen bedeutenden Organs deutlich. Die Großhirnrinde bedeckt alle
übrigen Gehirnregionen.
19
2. Kognition
Der Begriff der Kognition kann als eine Bezeichnung für alle Geschehnisse oder
Strukturen verwendet werden, die mit Wahrnehmung, Erinnerung, Vorstellung,
aber auch dem Planen und dem Lösen von Problemen zu tun haben (vgl.
Alfermann & Linde, 2012, S. 294).
„Aufmerksamkeit und Konzentration sind wie die Wahrnehmung, das
Gedächtnis, die Sprache sowie die Fähigkeit zur Planung, Entscheidung und
Problemlösung wichtige Teilaspekte der Kognition“ (vgl. Breithecker, 2016, S.
9). Die ersten beiden Begriffe sollten allerdings klar definiert werden, da sie
sonst oftmals synonym gebraucht werden.
Eine uneingeschränkte Aufmerksamkeit stellt eine bedeutende Vorbedingung
für alltägliche Handlungen dar. Allerdings spielt diese auch eine wichtige Rolle
für kognitive Prozesse, wie etwa bei dem Lösen von Problemen oder auch für
das Gedächtnis. Um Informationen entdecken zu können, diese danach zu
vergleichen und auch zu differenzieren, muss Aufmerksamkeit gegeben sein.
Diese wird allerdings in mehrere Bereiche unterteilt, wobei hier nur ein Aspekt
genauer behandelt wird. Jener widmet sich dem am meisten erforschten
Bereich der Aufmerksamkeit - die selektive Form der Aufmerksamkeit. Dadurch
kann aus der unendlichen Dichte der Sinneseindrücke und Informationen das
ausgewählt werden, was bedeutend für Handlugen ist. Es wird die Aktivität
bestimmter Areale gesteigert, die für wichtige Sinnesverarbeitungen die
Voraussetzung darstellen. Denn je aktiver das zuständige Areal beim
Abspeichern ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass man sich auch an das
Wahrgenommen erinnern kann. Worauf sich die Aufmerksamkeit ausrichtet,
wird dabei entweder durch externe Faktoren, welche besonders
hervorstechende Ereignisse sind, oder aber durch interne, wie etwa eine
Erwartung auf einen gewissen Reiz, beeinflusst (vgl. Gauggel & Niemann, 2010,
S. 146 ff.). Dies spielt eine bedeutende Rolle beim Lernen, wenn es darum geht,
was beispielsweise als wichtig erachtet wird.
20
Um Erfolg beim Lernen zu haben, gilt es, eine gewisse Bereitschaft und
Fähigkeit zu entwickeln, die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten
Lerngegenstand zu lenken (vgl. Breithecker, 2016, S. 9).
Konzentration hingegen wird als die intensivierte Form der Aufmerksamkeit
bezeichnet, die bereits mit Denkprozessen einhergeht und dabei wird vor allem
das Arbeitsgedächtnis beansprucht. Möglichst viele äußere sowie innere
Störfaktoren werden dabei ausgeschaltet, um den Fokus auf einen geringen
Ausschnitt der Umwelt legen zu können. Es lohnt sich, konzentriert zu sein, da
dies das Lernen beeinflusst. Vor allem spielt die Konzentration beim erstmaligen
Abspeichern eine große Rolle. Denn, „ […]was nicht abgespeichert wird, kann
auch nicht erinnert werden“ (Korte, 2011, S. 51). Welche Funktionen neben den
Komponenten der Kognition konkret die Leistungen der SchülerInnen
beeinflussen, wird im kommenden Kapitel behandelt.
21
3. Exekutive Funktionen
Der Lernerfolg in der Schule hängt von den Fähigkeiten der SchülerInnen ab,
sich ihre Zeit einzuteilen, Informationen zu werten, Wesentliches herauszufiltern
und von unwichtigen Fakten zu unterscheiden sowie Lösungsstrategien zu
entwickeln und sich über die eigenen Lernfortschritte bewusst zu sein. Diesen
Fähigkeiten liegen Kompetenzen zugrunde, die auf den exekutiven Funktionen
des präfrontalen Cortexes basieren. Dazu zählen Handlungskompetenz,
Problemlösekompetenz, Einsichtskompetenz, Impulskontrolle, strategische
Kompetenz und Frustrationstoleranz (vgl. Kubesch/ Walk, 2009, S. 309).
In diesem Kapitel sollen nun die basisgebenden exekutiven Funktionen
behandelt werden.
Laut Beck (2014, S. 22) werden alle Gehirnfunktionen, die sich auf mentale
Prozesse beziehen, als exekutive Funktionen bezeichnet. Diese werden als
„[…]kognitive Fähigkeiten höherer Ordnung beschrieben, welche basale
kognitive Funktionen kontrollieren und mit der Aktivität des Frontallappens in
Verbindung stehen“ (Alfermann & Linde, 2012, S. 295).
Exekutive Funktionen stellen keine Einheit dar, wenn es um die Existenz geht,
sondern sie werden mit verschiedenen Strukturen im Gehirn in Verbindung
gebracht (vgl. Kubesch, 2008, S. 21). Die Funktionen beziehen sich nach
Davidson (2006, S. 2037) auf folgende Fähigkeiten: sich Informationen zu
merken und diese auch zu bearbeiten sowie impulsivem Verhalten nicht
nachzugeben, sondern situationsangepasst zu handeln und zu reagieren.
Die exekutiven Funktionen können in drei Kernbereiche unterteilt werden.
Zunächst das Arbeitsgedächtnis, welches bereits im Vorfeld kurz erwähnt
wurde. Dieses befähigt dazu Informationen kurzzeitig zu speichern und damit
auch zu arbeiten, allerdings umfasst der Speicher nur etwa fünf bis sieben
Wörter, Objekte oder Ziffern über wenige Sekunden hinweg.
22
Der Unterschied zum Kurzzeitgedächtnis lässt sich dahingehend erkennen,
dass es sich bei Letzterem nur um die reine Speicherung der Informationen
handelt. Das Arbeitsgedächtnis kann uns eine Hilfe sein, wenn es darum geht
sich an eigene Pläne und Anweisungen von anderen zu erinnern und sich diese
zu merken (vgl. Beck, 2014, S. 22). Außerdem werden mit Hilfe des
Arbeitsgedächtnisses Informationen an das Langzeitgedächtnis weiter
gegeben, aber es werden auch wiederum Informationen aus dem
Langzeitgedächtnis zurückgeleitet. Durch die gespeicherten Informationen des
Arbeitsgedächtnisses können komplexe kognitive Funktionen entstehen, wie
etwa Sprache, Lernen oder Handlungsplanung (vgl. Kubesch, 2008, S. 24f.).
Den zweiten Bereich bildet die Inhibition, durch welche die Aufmerksamkeit
willentlich lenkbar ist und man sich nicht durch belanglose Aktivitäten,
Geräusche oder Aufgaben stören lässt. Es geht darum, einem inneren Impuls
zu widerstehen, nichts reflexartig zu tun, sondern etwas gezielt abzuarbeiten.
Flexibles Verhalten wird durch diese wichtige exekutive Funktion ermöglicht, da
überlegene Antworten verzögert oder auch verhindert werden können. Durch
eine gut ausgebildete Inhibition fällt es leichter, langfristig effektiv, gesund und
ausgeglichen zu arbeiten und zu leben (vgl. Diamond 2006, S. 70). Die Inhibition
unterstützt somit das selbstdisziplinierte Verhalten (vgl. Kubesch/ Walk, 2009,
S. 310).
Das letzte Gebiet der exekutiven Funktionen umfasst nach Diamond (2006,
S.70) die kognitive Flexibilität. Diese beschreibt die Fähigkeit, den Fokus der
Aufmerksamkeit schnell zu wechseln und sich auf neue Situationen gut
einstellen zu können. Außerdem fällt es dadurch leichter andere Perspektiven
einzunehmen. Wenn diese Funktion gut ausgebildet ist, kann man sich auf neue
Situationen im Leben besser einstellen. Für Kinder, bei welchen diese Funktion
stärker ausgeprägt ist, ist es leichter sich an den „Wechsel zwischen dem Toben
in der großen Pause und dem Herausholen der Arbeitsmaterialien und der
anschließenden Stillarbeit“ anzupassen (Beck, 2014, S. 24).
23
Die drei erwähnten Kernbereiche der exekutiven Funktion:
- das Arbeitsgedächtnis,
- die Inhibition,
- die kognitive Flexibilität,
ergeben gemeinsam „[…] die Fähigkeit der Selbstregulation und damit die
bewusste und gezielte Steuerung von Aufmerksamkeit, Verhalten und
Emotionen“ (ebd.).
Dies bildet, wie bereits erwähnt wurde, die Basis für ein eigenverantwortliches
Arbeiten und Lernen und ist somit ein wichtiger Faktor, um in der Schule positive
Leistungen erbringen zu können. Die Ausprägung der exekutiven Funktionen
bei einem Schuleintritt sagen laut Kubesch und Walk (2009, S. 310) mehr über
die Eignung für die Schule aus als der Intelligenzquotient, die Leseleistung oder
die Fähigkeiten in Mathematik. Außerdem sind diese Funktionen für die ganze
Laufbahn in der Schule wichtig, vor allem in Sprachen, in Mathematik und den
Naturwissenschaften.
Besonders wichtig zu wissen ist, dass exekutive Funktionen trainierbar sind und
am meisten profitiert der Mensch, wenn Verbesserungen in allen Bereichen
stattfinden. Die größten Effekte lassen sich durch Sport erzielen. „Körperliche
Betätigung fördert die exekutiven Funktionen in besonderem Maße - kurz- und
langfristig“ (ebd., S. 29). Direkt während der körperlichen Aktivität zeigen sich
außerdem bereits erkennbare Fortschritte (ebd., S. 33).
„Über neuronale Anpassungen, die durch körperliche Beanspruchung hervoge
rufen werden, können EF beeinflusst werden, die untrennbarer Bestandteil sch
ulischer Lernleistung in allen Unterrichtsfächern sind“ (Kubesch/Walk, 2009, S.
316).
Nun steht fest, dass Bewegung unsere kognitiven Fähigkeiten steigern kann, es
stellt sich allerdings die Frage, warum dies so ist.
24
4. Der Zusammenhang zwischen Bewegung und unserem
Gehirn
„Wer sich bewegt, dem fällt das Denken leichter!“ Dieser viel zitierte Satz von
J.W. von Goethe lässt schon anklingen, dass Bewegung einen positiven
Einfluss auf unser Gehirn hat (vgl. Oppolzer, 2004, S. 9).
Die Hirnforschung vorhergehender Jahre erkannte, dass der Körper im Stande
ist, unseren Geist zu formen. Hormone unseres Körpers sowie Signale des
peripheren Nervensystems haben Einfluss auf Ratio, also unseren Verstand,
und auf Emotio, unsere Gefühle und Empfindungen, und somit sogar auf unsere
Verhaltensweisen (vgl. Hollmann, 2004, S. 34). Denn das Denken und Lernen
vollzieht sich nicht nur im Kopf, sondern der ganze Körper spielt bei allen
kognitiven Prozessen eine große Rolle (vgl. Hannaford, 1996, S.12).
Gezielte körperliche Bewegung kann das Entstehen von Nervenzellen in
unserem Gehirn sowie von neuen Nervenverbindungen, den Synapsen,
fördern. Das Gehirn übertrifft die Skelettmuskulatur hinsichtlich der strukturellen
und funktionalen Anpassung (vgl. ebd.). Wenn die Muskeln beispielsweise beim
Laufen oder Schwimmen beansprucht werden, dann gelangen dadurch
produzierte Botenstoffe, welche am Ende des Kapitels genauer behandelt
werden, in unser Gehirn und unterstützen dort die Aktivität der Zellen. Somit
muss man sich sogar die Frage stellen, ob denn etwa unser Denkorgan nur
dann bestmögliche Leistungen erbringen kann, wenn der Körper regelmäßig
genügend bewegt wird. (vgl. Blech, 2015).
Oppolzer (2004, S.9) spricht davon, dass ein Gehirn nur gut funktioniert, wenn
eine optimale Blutzirkulation vorherrscht, und diese wird erreicht, wenn der
Kreislauf effektiv arbeitet. „Allein der Übergang von der körperlichen Ruhe zur
gesamtkörperlichen Bewegung steigert die Geschwindigkeit der
Informationsverarbeitung“ (ebd., S. 9).
In diesem Kapitel richtet sich der Blick weiter auf die zentralen Bereiche im
Gehirn, welche bei den exekutiven Funktionen eine Rolle spielen und in weiterer
Folge Einfluss auf unsere Bewegung haben.
25
Hierzu zählen der präfrontale Cortex, auch Stirnhirn genannt, das Striatum und
der Hippocampus. Der präfrontale Cortex wurde bereits in vorhergehenden
Kapiteln behandelt.
Das Striatum, welches mit der Großhirnrinde in Kontakt steht, ist wiederum
Anlaufstelle für Informationen aus verschiedensten Bereichen. Vor allem spielt
es, wie bereits erwähnt, eine wichtige Rolle für die Motivation, das
Bewegungslernen sowie die Bewegungsdurchführung.
Pro Hemisphäre gibt es außerdem noch einen Hippocampus, welcher für die
Übertragung von Inhalten vom Kurzzeitgedächtnis auf das Langzeitgedächtnis
zuständig ist (vgl. Beck, 2014, S. 35 ff.)
„Bewegung und Sport fördern nicht nur unsere geistige und psychische Verfassung, sondern
haben auch direkten Einfluss auf das Lernen, und zwar auf der zellularen Ebene, indem sie das
Potenzial des Gehirns verbessern, Dinge aufzunehmen und neue Informationen zu verarbeiten“
(Ratey & Hagerman, 2013, S. 49).
Nun sollen noch abseits der exekutiven Funktionen positive Effekte der
Bewegung auf unser Gehirn aufgezeigt werden. Durch körperliche Aktivität
entstehen neue Nervenverbindungen zwischen rechter und linker Hirnhälfte und
die passenden Synapsen dazu (vgl. Oppolzer, 2004, S. 12), auch
Synaptogenese genannt (vgl. Alfermann & Linde, 2012, S. 310). Die
Synapsenbildung ist vor allem in den frühen Lebensjahren sehr hoch. Diese
Synapsen werden gebildet, wenn die Notwendigkeit dazu besteht, allerdings
agieren sie nach dem Prinzip „use it or lose it“, denn wenn diese Verbindungen
nicht mehr genutzt werden, beginnt der Abbau. (Vgl. Frischenschlager & Gosch,
2012, S. 3)
Grundsätzlich aber gilt: Es bilden sich auch durch Bewegung neue Nervenzellen
(Neurogenes) sowie neue Gefäße aus, denn physische Aktivität führt zu
dauerhaften strukturellen Veränderungen im Gehirn. Laut Beck (2014, S. 39)
lässt Bewegung und körperliches Training, welches aus Eigenmotivation heraus
absolviert wird, Synapsen und Neuronen sprießen. Dies wirkt sich positiv auf
unser Lernvermögen und somit auf unser ganzes Leben aus.
26
„Muskelaktivitäten, speziell koordinierte Bewegungen, scheinen die Produktion von
Neurotrophinen zu stimulieren. Dies sind natürliche Stoffe, die das Wachstum der Nervenzellen
anregen und die Anzahl der neuralen Verbindungen im Gehirn vermehren“ (Hannaford, 1996,
S. 122).
Möglicherweise entstand dies aus einer „vorzivilisatorischen“ Zeit, denn „[…] in
der Vorzeit war eine gesteigerte Merkfähigkeit während körperlicher Aktivität
von Vorteil für die Weitergabe der eigenen Gene“ (ebd., S. 40).
Bedeutend ist, dass diese vielfältigen Verknüpfungen in unserem Gehirn
festlegen, welche Verhaltens- und Lernmuster möglich sind und werden (vgl.
Frischenschlager & Gosch, 2012, S.3).
Früher wurde das Gehirn als Organ gesehen, welches unter keinem starken
Einfluss der Muskeln stand. Jedoch zeigen neuere Forschungen, dass die
Muskulatur und unser Gehirn nicht strikt getrennt werden können (vgl. Blech,
2015). Das Gehirn ist nicht nur Sitz unseres Verstandes, sondern auch von
unseren Gefühlen und von hier aus wird der Hormonhaushalt genauso wie die
Bewegung gesteuert. Somit ist unser Denken eng mit der Bewegung verbunden
und die Lernenden sollten stets ganzheitlich angesprochen werden.
Die Hirndurchblutung wird durch Bewegung bereits mit dem Ausmaß von 25
Watt Leistung um 13,5 Prozent erhöht. Dies entspricht etwa dem Aufstehen und
einem gemütlichen Herumgehen. 100 Watt erhöhen die Durchblutung des
Gehirns bereits um 24,7 Prozent. Dies entspricht dem Hüpfen auf einem
Trampolin oder dem lockeren Joggen. Durch diese gesteigerte Durchblutung
wird das Gehirn vermehrt mit Sauerstoff versorgt und somit wird auch die
Leistungsfähigkeit angekurbelt (vgl. Weineck, 2000, S. 50). Außerdem werden
verschiedenste Hirnregionen durch die Bewegung aktiviert, wie etwa die
Großhirnrinde, die Stammganglien, das Mittelhirn, das verlängerte Mark und
das Kleinhirn.
Zuletzt sei noch gesagt, dass durch Bewegung die Optimierung der Hirnfunktion
erfolgt, denn wenn diese Funktion zu niedrig ist, wird man schläfrig. Wenn dies
zu hoch ist, gerät man in Stress und wird nervös. Aber durch die Bewegung wird
der Zustand immer in die wünschenswerte Richtung gelenkt.
27
Mittels optimalen Bedingungen kommt es schließlich auch zu einer Erhöhung
der Leistungsfähigkeit (vgl. Lütgeharm, 1999, S. 14 f.).
Alfermann & Linde (2012, S. 309) zeigen mögliche Erklärungsmechanismen für
die positiven Effekte von Bewegung auf das Gehirn auf. Zunächst wäre die
Intensivierung der globalen und regionalen Gehirndurchblutung als eine
Ursache der kognitiven Leistungssteigerung zu nennen.
Damit hängt eine erhöhte Versorgung des Gehirns mit bedeutenden
Nährstoffen zusammen und könnte dies bereits begründen. Im weiteren
Forschungsbereich wurde ein Anstieg des Serotonin-, Noradrenalin- und
Endorphinlevels nach physischer Aktivität nachgewiesen. Nachdem mehrmals
trainiert wurde, konnte ein Anstieg des Noradrenalinniveaus gemessen werden
und somit eine höhere Gedächtnisleistung entstehen. Durch eine verbesserte
Sauerstoff- und Nährstoffversorgung aufgrund der Bewegung fallen weniger
Ermüdungsstoffe im Gehirn an und die Aufmerksamkeit steigt (vgl. Weineck,
2000, S. 51).
Körperliche Aktivität zieht das ganze Leben lang neurobiologische Adaptionen
nach sich und hat laut Kubesch (2008, S.9) starken Einfluss auf unsere
kognitiven Prozesse.
Durch motorische Aktivitäten wie etwa Laufen, Rad fahren, Schwimmen oder
Jonglieren wird das Belohnungssystem in unserem Gehirn aktiviert. Dopamin
wird neben den bereits erwähnten Botenstoffen ausgeschüttet (vgl. Korte, 2011,
S. 45). Diese Substanz ist jene, die den Menschen antreibt, denn dieser
Gehirnbotenstoff ist für die Motivation und Belohnung zuständig, die für die
Lernerfolge von großer Bedeutung sind. Dopamin hat laut Korte (ebd., S. 40)
bedeutende Eigenschaften, die für die Lernleistung eine Rolle spielen. Dieser
Neurotransmitter wird noch näher in Kapitel 5.2.2 behandelt werden.
Um auf die anfängliche Frage des Kapitels betreffend der Gehirnleistung und
der körperlichen Aktivität zurückzukommen, sei zusammenfassend gesagt:
Bewegung hat in vielerlei Hinsicht positive Auswirkungen auf unser Denkorgan.
28
Körperliche Betätigung baut Stress ab, welcher bei zu langer Einwirkung zum
Zelltod von Nerven führen kann, und der gesamte Stoffwechsel wird dadurch
positiv beeinflusst (vgl. Dordel & Breithecker, 2003, S.7). Außerdem wird, wie
bereits erwähnt, das Belohnungssystem aktiviert, welches im weiteren Verlauf
ein Glücksgefühl auslösen und bis hin zur Euphorie führen kann (vgl. ebd., S.
45).
29
5. Die Institution Schule - ein Bewegungsort?
„Die Schule als ein „Setting“ im Bildungsprozess von Kindern und Jugendlichen hat vor allem den Erziehungs- und Bildungsauftrag, die aktive und erfolgreiche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an der Gesellschaft und gleichzeitig eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft selbst zu ermöglichen“ (Brägger & Posse, 2014, S. 280).
Zur Initiierung derartiger Erziehungs- und Bildungsprozesse sollten gute
strukturelle Rahmenbedingungen und eine didaktisch - methodische Basis
gegeben sein (vgl. ebd.).
Hier liegt das Augenmerk auf dem Bewegungsschwerpunkt, um Kinder und
Jugendliche in ihrer kognitiven Leistung zu unterstützen und zu fordern, damit
die Schule den Erziehungs- und Bildungsauftrag auch wirksamer umsetzen
kann.
Jedem Kind sind Leistungspotenziale und Fähigkeiten mitgegeben, allerdings
gilt es, diese zu erkennen und zu fördern (vgl. Korte, S. 14). Laut Brezinka
(1975, S. 95 ff.) ist Erziehung „[…] der Prozess der zielgerichteten
Beeinflussung zu einem als wertvoll anerkannten Verhalten.“ Dies kann hier auf
den Sport und die Bewegung umgelegt werden, denn bis zum zehnten
Lebensjahr sollte die Freude und Begeisterung an Bewegung im kindlichen
Gehirn abgespeichert sein, da die Lust an körperlicher Aktivität sonst später
nicht mehr auftauchen kann (vgl. Kleine Zeitung, online, 2016). Dieser Prozess
sollte auch im schulischen Kontext im Zuge des Erziehungs – und
Bildungsauftrages geschehen.
Den Kindern sollte geholfen werden, ihre Kompetenzen und Gaben zu erkennen
und diese auch zu pflegen, so der Psychologe Gardner in Korte (2011, S.132).
Kinder und Jugendliche bewegen sich immer weniger, benötigen aber nicht nur
Bewegung an sich, sondern auch möglichst vielfältige Bewegungsreize für ihre
Entwicklung und gerade darum sollten in Schulen, in welchen die SchülerInnen
den größten Teil ihrer Kindheit und Jugendzeit verbringen, genügend
Bewegungsmöglichkeiten geboten werden. Dies kann als Ausgleich zu
vorrangig geistiger und sitzender Beanspruchung gesehen werden (vgl.
Fischer, 2000, S. 5 ff.).
30
In der heutigen Zeit liegt eine zunehmende Kopflastigkeit vor. Die Informationen
werden oftmals durch Medien vermittelt und die Bewegung wird immer weniger.
Darum tritt nun die Schule in den Vordergrund, in welcher gesichert werden
sollte, dass - auch außerhalb des Sportunterrichts - mit allen Sinnen gelernt
werden kann. In vielen Köpfen der Erwachsenen sitzt allerdings noch immer
das Bild des „idealen Schülers“, welcher geistig präsent dem Lernstoff folgt und
motorisch kaum aktiv ist, wie auch Breithecker (2016, S.3)dies beschreibt.
Laut Breithecker (ebd.) sind folgende Aussagen Fakt:
Konzentrationsschwierigkeiten sowie motorische Aktivitäten im Unterricht sind
Gegenstand von vielen unterschiedlich begründeten Lehrerklagen. Stillsitzende
Kinder, die vom Lehrer für konzentriert gehalten werden, sind dies meistens
nicht. Außerdem fühlen sich viele Lehrkräfte angesichts spontaner motorischer
Aktivitäten (z.B. „Kippeln“) im Unterricht unwohl. Es wurde immer wieder
aufgezeigt, dass die Konzentrationsschwäche ein hervorstechendes
Charakteristikum der heutigen Schüler ist.
Diese Auffälligkeiten sollten das Interesse der LehrerInnen wecken, einen
aktiven Beitrag zur Verbesserung dieser Probleme im Schulunterricht
dahingehend zu leisten, dass SchülerInnen wieder Freude am Lernen haben
und ihre kognitiven Fähigkeiten voll ausschöpfen können. SchülerInnen sollten
zur Bewegung erzogen werden.
Der Schulalltag darf nicht mehr größtenteils durch ruhiges, passives Sitzen
geprägt sein, sondern der Unterricht muss dringend durch
Bewegungsinhalte unterstützt werden. Dadurch ist es möglich, die
Leistungen aller SchülerInnen zu steigern und auch ihre Aufmerksamkeit
kann erhöht werden. LehrerInnen haben die Aufgabe, SchülerInnen
bewegte Lernpausen zu geben und sie so oft wie möglich während, nach
und vor dem Lernen zum Sport zu motivieren. Bewegung soll und kann als
ein „aktiv-dynamisches Unterrichtsprinzip“ verstanden werden und Lernen
muss zum „bewegten Lernen“ werden (vgl. Kleindienst-Cachay, Teubert &
Thiel, 2004, S. 13).
31
Unzählige Konzepte der „Bewegten Schule“ wurden seit den 80er Jahren
erstellt und sind in Österreich, Deutschland und der Schweiz ein Thema.
Zunächst gab es fachdidaktische Entwürfe und bald darauf
unterschiedlichste Projekte (vgl. ebd., S.14/ Frischenschlager & Gosch,
2012, S.2).
Es lassen sich unglaublich viele Begründungen für eine Umsetzung von
mehr Bewegung in der Schule finden, aber die Gesundheit ist mit
Sicherheit das bedeutendste Argument dafür. Außerdem ist die Steigerung
von den Lernleistungen der SchülerInnen ein gewichtiger Punkt.
Daraus resultiert, dass ein/e SchülerIn, die/der sich wohl fühlt und
ausgeglichen ist, auch ihre/seine Leistung steigern kann.
Eine Schule, in welcher für die körperliche motorische Entwicklung und die
Entfaltung der Persönlichkeit der notwendige Bewegungsdrang von
Kindern unterstützt und gefördert wird, kann eine positive Entwicklung der
Lernfähigkeit und Leistungsbereitschaft der SchülerInnen erwarten und
dahingehend einwirken (vgl. Breithecker, 2016, S. 10).
5.1 Lernen in und durch Bewegung
„Wenn es etwas gibt, was Menschen vor allen anderen Lebewesen auszeichnet,
dann ist es die Tatsache, dass wir lernen können und dies auch zeitlebens tun“
(Spitzer, 2002, XIII). Das Nervensystem beginnt bereits sehr lange vor dem
Schuleintritt eines Kindes zu „lernen“. Bereits im Mutterleib entwickelt das
Gehirn die Grundlage für die Fähigkeit des Lernens. (Vgl. Ayres, 2013, S. 57)
Der Prozess des Lernens geschieht in Schulen bislang meist nur durch
Informationsaufnahme über die Analysatoren des äußeren Regelkreises, wie
Müller und Obier (2001, S. 207) dies formulieren. Das bedeutet, dass ein/e
SchülerIn Inhalte, die zu lernen sind, meist nur sieht oder hört, allerdings werden
manchen Sinnen zu wenig Beachtung geschenkt.
32
Vor allem der Bewegungssinn, also die Kinästhesie, sollte nicht unterschätzt
werden und manchmal sogar in den Vordergrund rücken, denn er bildet einen
weiteren Informationszugang. Zusätzlich zur Kinästhesie kommt noch der
Gleichgewichtssinn hinzu, welcher ebenso zu den Sinnen des inneren
Regelkreises zählt. „Die Rezeptoren des kinästhetischen Regelkreises liegen
über den gesamten Körper verteilt in Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenken“
(ebd.). Somit erfährt also der/die SchülerIn Informationen über den ganzen
Körper und die eigenen Bewegungen, welche in der Großhirnrinde angeregt und
vom Kleinhirn konkret geplant werden. Von dort ausgehend erreichen sie über
die Brücke, das Rückenmark und schließlich über die motorischen Nerven,
welche als Stromsignale fungieren, die Muskeln (vgl. Beer & Schwarz, 2012, S.
90).
Nach Spitzer (2007, S. 2) können Inhalte umso besser gelernt werden, je bunter,
bewegter, lustiger, interaktiver und leibhaftiger diese dargestellt und im
wahrsten Sinne des Wortes erlebt werden. Hat Sport und Bewegung nun
tatsächlich Einfluss auf die schulische Leistungsfähigkeit bei Kindern und
Jugendlichen? „Je mehr Erkenntnisse Neurowissenschaftler über diesen
Prozess gewinnen, desto klarer wird, dass körperliche Bewegung oder Sport ein
unvergleichbarer Stimulus sind, um im Gehirn eine Umwelt zu schaffen, in der
es bereit, willens und in der Lage ist, zu lernen“ (Ratey & Hagerman, 2013, S.
18). Es kann allerdings nicht nur durch Bewegung gelernt werden, sondern auch
während der Bewegung.
Kommt es also darauf an, dass geistige mit körperlicher Arbeit verbunden wird?
- Ganz frei nach dem Motto „ora et labora“, wie dies bereits im 6. Jahrhundert
der hl. Benedikt von Nursia für seinen Orden als die Lebensordnung verfasste.-
Laut Frischenschlager und Gosch (2012, S.2) werden „Lernprozesse […]
verstärkt, wenn der ganze Körper in den Prozess der Wissensverarbeitung
miteinbezogen wird.“ SchülerInnen lernen besser, wenn sie beim Lernen
zugleich auch Handeln dürfen. Denn wie heißt es doch so schön: Learning by
doing (vgl. Struck, 2001, S.57).
33
Bereits Gelehrte, Dichter und Philosophen wandelten und spazierten vor rund
2000 Jahren während Diskussionen und Denkprozessen durch große Hallen in
Klöster und Kirchen der Antike sowie entlang Promenaden. Die Bewegung
diente zur Unterstützung der geistigen Arbeit und der Konzentration. Dies ist
derzeit vielerorts noch ungewöhnlich, denn „Bewegung und Lernen werden eher
als Gegensätze empfunden“ (Zimmer, 2007, S.9).
LehrerInnen unterrichten selbst weniger im Sitzen, sondern bewegen sich im
Klassenzimmer oftmals auf und ab. Von den SchülerInnen wird allerdings
erwartet, dass sie ruhig sitzen bleiben (können). Doch es steht außer Frage,
dass bereits geringe Belastungen die Gehirndurchblutung anregen und die
geistige Leistungsfähigkeit dadurch erhöht wird. Vor allem die
Kurzspeicherkapazität und die Lerngeschwindigkeit werden verbessert (vgl.
Müller & Obier, 2001, S. 208).
„Unbewusst und automatisch ablaufende motorische Aktivitäten bilden eine wichtige Handlung des Schülers zur Aufrechterhaltung der körperlichen und geistigen Ressourcen. Zusammenhänge zwischen Motorik und Kognition sind entwicklungspsychologisch, biologisch und neurophysiologisch relevant“, beschreibt dies Breithecker (2016, S. 4, schulebewegt.ch).
Aus den bisher behandelten Kapiteln lässt sich festhalten, dass Bewegung und
Kognition aneinander gekoppelt sind und jeweils der eine für den anderen
Bereich eine Rolle spielt.
5.2 Schulische Lernerfolge und das Gehirn
Jeder Lernvorgang verändert unser Gehirn. Es entstehen neue Verbindungen,
da Nervenzellen miteinander verknüpft werden. Diese Verknüpfungen bilden
dann die bereits erwähnten Synapsen. Je häufiger diese aktiviert werden, desto
stärker werden sie.
„Jedes Mal, wenn ein Signal eine Synapse überquert, verändern sich die
Neurone und Synapsen derart, dass es für ähnliche Botschaften zukünftig
leichter wird, diese Synapsen zu überqueren“ (Ayres, 2013, S. 57). Bei einem
zwölfjährigen Kind hat die Leitungsgeschwindigkeit der Nervenfasern bereits
das Niveau von Erwachsenen erreicht (vgl. Korte, 2011, S. 100).
34
Mit jeder Wiederholung eines zu erlernendem Bereichs können wir uns etwas
besser merken oder besser ausführen und irgendwann funktioniert alles ganz
automatisch. Beinahe jede Nervenzelle ist darauf ausgelegt zu lernen und sich
dahingehend zu (ver-)ändern (vgl. ebd. S. 70). Unser Denkorgan benötigt
dementsprechend viel Energie von außen. Obwohl das menschliche Gehirn nur
2,5% des gesamten Körpergewichts ausmacht, benötigt es im körperlichen
Ruhezustand 25% des Sauerstoffvolumens des Körpers. Somit muss, sofern
die Lernbereitschaft von SchülerInnen gefordert wird, eine optimale
Sauerstoffversorgung gegeben sein. Dies kann wiederum nur durch
regelmäßige unterstützende Bewegung garantiert werden.
In diesem Kapitel wird das Augenmerk auf die schulischen Lernerfolge gelegt
und worauf diese basieren.
Die Leistungsfähigkeit von Menschen ist unbestritten von der „phyischen“, aber
auch von der „psychischen Kondition“ abhängig (vgl. Brägger & Posse, 2014,
S. 281). Die Intelligenz der Menschen ist bis zu 50 Prozent erblich, die anderen
50 Prozent entstehen durch die Einflüsse der Umwelt (vgl. Korte, 2011, S. 103).
Somit kann in der kindlichen Laufbahn noch einiges geschehen – auch und vor
allem in der Schule.
Korte (2011, S. 31 ff.) legt sieben Säulen des kindlichen Lernens fest, welche
wie folgt lauten:
- Motivation und Konzentration,
- das kindliche Gedächtnis,
- die persönliche Intelligenz - sowie bereits vorhandenes Wissen,
- emotionale Intelligenz, um im eigenen Umfeld gut zurecht zu kommen,
- verschiedenste Möglichkeiten der Stressbewältigung
- die Sprache
- sich über die Lernbedingungen der eigenen Person im Klaren sein.
35
Viele Verbindungswege lassen sich im Gehirn zu einem bestimmten Zeitpunkt
gut ausbauen, andernfalls muss hart und um ein vielfaches stärker daran
gearbeitet werden (vgl. Korte, 2011, S. 58). Wann ein Kind, welche Inhalte,
Fähigkeiten und Fertigkeiten am besten und einfachsten lernt, hängt sehr stark
von seinem Alter ab. Nicht immer sind alle Gehirnstrukturen aktiv, die für das
Gedächtnis wichtig sind.
Das Ausbilden der kognitiven Fähigkeiten entsteht im handelnden Umgang mit
unterschiedlichsten Materialien, durch welche Erfahrungen gemacht werden.
Diese bilden die Voraussetzung für eine spätere abstrakte Operation. Durch
derartige Erlebnisse wird ein Grundstein gelegt, um sich in der Welt
zurechtzufinden und diese zu gestalten. Erfahrungen, welche über Bewegung
entstehen, werden als primäre Erfahrungen bezeichnet, da sie mit allen Sinnen
und dem eigenen Körper erlebt werden (vgl. Hundeloh, Kottmann & Pack, 2014,
S. 255).
„Durch Bewegung können zusätzliche Informationszugänge erschlossen und
die Informationsverarbeitung optimiert werden“ (Müller & Obier, 2001, S. 206).
5.2.1 Emotionen und unser Lernverhalten
„Körper, Denken und Emotion sind durch komplizierte neurale Netzwerke eng
miteinander verflochten und funktionieren als Einheit, um unser Wissen zu
bereichern“ (Hannaford, 1996, S.59).
Emotionen spielen eine Rolle beim Erlernen und Lernen von neuen
Sachverhalten, Bewegungen oder etwa einfach nur Buchstaben. Beispielsweise
können starke emotionale Erregungen dazu führen, dass wir uns gewisse
Ereignisse besser merken (vgl. Spitzer, 2002, S. 158). Wenn emotionales
Engagement vorherrscht, dann sprüht die Kreativität und das Lernen und
Denken fällt um einiges leichter (vgl. Hannaford, 1996, S. 66).
Bedeutend beim Erlernen von (Schul-)Wissen ist es auch, dass eine positive
Einstellung gegenüber dem Lernen bei den SchülerInnen besteht, denn
negative Lernerfahrungen können im Gehirn schlechter abgespeichert werden.
36
Jedoch kann laut Korte (2011, S. 139) etwa auf eine gewisse Zeit begrenzter
Stress, sofern SchülerInnen damit umzugehen gelernt haben, positive
Auswirkungen auf das Denken und Lernen haben. Spitzer (2002, S. 160) betont
allerdings ganz deutlich, dass die innere Beteiligung und die Spannung des
Dabei-Seins für das Lernen die größte Wichtigkeit tragen und benötigt werden.
Keineswegs sollte aber mit Angst oder Stress gearbeitet werden.
Denn wer hat das nicht schon einmal selbst erlebt, dass man Bereiche für die
man sich interessiert, mit denen positive Gedanken verbunden sind, leichter
lernt und diese sich auch einfacher merkt?
Für die Prozesse zwischen Kognition und Emotion ist das limbische System
verantwortlich, welches aus fünf Bereichen des Gehirns besteht: dem
Thalamus, dem Hypothalamus, dem Basalganglion, der Amygdala und dem
Hippocampus. Der Thalamus ist sowohl für die Empfindungen bzw. Emotionen
als auch für die Leistung unseres Gedächtnisses verantwortlich. Die Steuerung
der Hirnanhangsdrüse sowie die Kontrolle des Geistes über den Körper, wenn
hohe Leistungen notwendig werden, übernimmt der Hypothalamus. Von der
Amygdala, auch als Mandelkern bezeichnet, gehen Verbindungen zu
Bereichen/Arealen im Gehirn aus, die für kognitive und sensorische sowie
körperliche Zustände verantwortlich sind. In diesem Teil bilden sich außerdem
mit Angst und Sorge verbundene Erinnerungen. Der Hippocampus, welcher
bereits in Kapitel 1.3 behandelt wurde, ist für die Emotionen von besonderer
Bedeutung, denn über diese und über sensorische Inputs, welche vom
Thalamus hinzukommen, wird das Kurzzeitgedächtnis erstellt. Der fünfte und
somit letzte Bestandteil des limbischen Systems ist das Basalganglion. Es
steuert die Feinmotorik, zum Beispiel jene der Gesichts- und Augenmuskeln,
die anderen Menschen unser emotionales Befinden mitteilt (vgl. Hannaford,
1996, 63 ff.).
Dieses komplizierte Konzept des limbischen Systems lässt erahnen, dass für
das Lernen emotionale Beziehung und Bewegung benötigt wird.
37
Die emotional-kognitiven Verarbeitungsmechanismen verlaufen nach
Hannaford (1996, S. 65) biochemisch ab.
Alles, was wir erleben, stellt für uns ein Ereignis dar. Je nachdem wie wir dieses
wahrnehmen, reagieren wir unterschiedlich darauf und ziehen demnach unser
Lernpotential daraus. „Wenn wir die Welt erfahren, durchläuft unsere Sammlung
von Bildern und den dazugehörigen Reaktionen einen emotionalen Filter im
limbischen System, das über Wert, Bedeutung und Überlebenspotential der
Erfahrung im Lichte vergangener Erfahrungen entscheidet“ (ebd.)
5.2.2 Die Motivation und das Lernen
„Der Geist ist kein Schiff, das man beladen kann, sondern ein Feuer, das man
entfachen muss“ (Plutarch zit. in Korte, 2011, 34). Dies bringt zum Ausdruck,
dass effektives und nachhaltiges Lernen nicht nur durch stumpfes „Pauken und
Büffeln“ von unzähligen Fakten und Daten geschehen kann, sondern es mehr
dazu braucht. Vor allem die emotionale Grundstimmung bildet eine bedeutende
Basis für den Schulerfolg. Jede kognitive Kompetenz kann maßgeblich beflügelt
oder gehemmt werden.
„Die beste Motivation, um zu lernen, ist sicher die intrinsische Motivation“
(Korte, 2011, S. 284). Das bedeutet, dass Kinder am leichtesten lernen, wenn
sie dies aus eigener Neugierde heraus tun möchten. Damit lässt sich der Begriff
des Feuers aus dem Beginn dieses Kapitels beschreiben.
Die Kunst in der Schule besteht darin, durch die extrinsische Motivation die
intrinsische nicht zu dämpfen, sondern zu wecken und zusätzlich zu fördern.
Dies kann durch einen abwechslungsreichen und vielfältigen Unterricht
geschehen. Hierbei kann und wird Bewegung auch wieder eine große Rolle
spielen.
Nun muss ein Blick auf die Strukturen des Gehirns geworfen werden, um zu
verstehen, welche Funktionen die Ursachen für die Motivation bilden. Für
motivationale Prozesse ist vor allem das dopaminerge System im Gehirn, das
Belohnungssystem, verantwortlich.
38
Das Neurotransmitter Dopamin wird im ventralen Striatum aktiviert, welches
wiederum die Freisetzung von endogenen Opioiden im frontalen Cortex, im
Frontalhirn, auslöst.
Dadurch entstehen in Folge der Ausschüttung körpereigene, opiatähnliche
Stoffe, ein angenehmes Gefühl, auch benannt als Belohnungseffekt.
Aus diesem Grund wird beispielsweise etwas Neugelerntes oder ein Ereignis
weiterverarbeitet und somit sicherer abgespeichert. Dieser Effekt wird nach
Spitzer (2002, S. 180) als „Türöffner“ beschrieben. Lernen geschieht immer
dann, sobald etwas positiv wahrgenommen wird und durch die Aktivierung
dieses dopaminergenen Systems ist Lernen überhaupt möglich. Allerdings
geschieht dieses Aktiv- Werden des Belohnungssystems nur dann, wenn etwas
besser ausfällt als erwartet (ebd., S. 177).
Dopamin hat zusammenfassend laut Korte (2011, S. 40) bedeutende
Eigenschaften, die auch für das Lernen wichtig sind. Es steuert Wachheit und
Aufmerksamkeit, steigert das Lernvermögen, fördert das Selbstvertrauen,
stimmt optimistisch und obendrein motiviert dieser Botenstoff auch noch, wenn
es darum geht, bestimmte Ziele zu erreichen. „Lernen wird so leichter und
effektiver“ (Korte, 2011, S. 40)
5.3 Einfluss der Bewegung auf die SchülerInnen und ihre Leistungen
„Wie die Hirnforschung mittlerweile weiß, fasst das Gehirn einen methodischen
Wechsel im Unterricht als Neugierde weckende Abwechslung auf und erhöht
die Aufmerksamkeit“ (Korte, 2011, S. 296).
Die Zeit der Entwicklung von Kindern wird durch die Bewegung geprägt (vgl.
Oppolzer, 2004, S 13). Laut Schaffner (1992, S. 129) gehört Bewegung zu den
Grundbedürfnissen des Menschen, denn durch Bewegung erschließt sich der
Mensch schon in frühen Kindheitstagen die Welt. Bewegung wird nach Zimmer
(2007, S. 10) als der Motor und Mittler des Lernens beschrieben.
39
Ein Kind eignet sich dadurch die Welt an – mit allen Sinnen und dem ganzen
Körper. Denn je mehr Lernvorgänge durch das eigene Handeln geschehen,
umso leichter wird gelernt (vgl. Korte, 2011, S. 213).
Oppolzer (2004, S. 13) spricht von den bewegten Kindern, welche
Erfolgserlebnisse durch Sport erfahren und auch Misserfolge aushalten können.
Sie erleben ihre körperlichen Grenzen und spüren am eigenen Leib, wie es
möglich ist, die Leistungsfähigkeit zu steigern.
Kinder, die sich bewegen, können außerdem ihre Gefühle besser ausdrücken
und diese auch verarbeiten. Bewegte Kinder lernen selbstbestimmt zu handeln.
Ohne Bewegungspausen im Unterricht kann ein/e SchülerIn wesentlich weniger
neue Informationen aufnehmen (vgl. Fischer, 2010, S. 30).
Ein nicht außer Acht zu lassender Faktor gilt auch noch besonders für
pubertierende Kinder, welche durch Bewegung beispielsweise ihre
Aggressivität abbauen und ihre Stimmungsschwankungen positiv beeinflussen
können.
„Mehr Bewegung in der Schule dient der Förderung von Gesundheit und Entwicklung der
Kinder. Zudem werden vielfältige weitere positive Effekte erzielt wie die Steigerung der Lern-
und Leistungsfähigkeit. Bewegung trägt darüber hinaus zu einer Rhythmisierung bei – zu einem
kontinuierlichen Wechsel von Statik und Dynamik“ (Breithecker , 2016, S.3, online).
Kinder und Jugendliche, die sich über Bewegung mit Situationen und
Materialien auseinander setzen, benötigen Eigenaktivität und Selbsttätigkeit als
Voraussetzung. Somit ist gesichert, dass sich SchülerInnen selbstbestimmt mit
Problemen konfrontieren. Dies zieht die Entwicklung eines positiven
Selbstkonzepts nach sich und kognitive Fähigkeiten bilden sich aus, welche
neben sozialen Fähigkeiten die Basis für eine stabile Identitätsentwicklung
bilden (vgl. Hundeloh, Kottmann & Pack, 2014, S. 255).
Um die Leistungsfähigkeit der SchülerInnen zu stärken, ist Bewegung ein
bedeutender Faktor, denn nach Oppolzer (2004, S. 18) lassen sich ,zu den
bereits durch Breithecker hervorgehobenen Effekten - weitere folgende positive
Veränderungen erkennen:
40
Die Konzentrationsfähigkeit wird erhöht, die Wahrnehmung und das
Kurzzeitgedächtnis werden verbessert, die Sinne angeregt, bei Stress beruhigt
man sich durch Bewegung und Denkblockaden können verhindert werden.
Weiters wird die Zusammenarbeit der Hirnhälften gefördert, kreative
Denkprozesse werden angekurbelt und Problemlösefähigkeiten verbessert.
Außerdem führt ein durch Sport gestärktes Selbstvertrauen zu einem positiven
Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der SchülerInnen (vgl. Korte 2011, S. 185).
Nach einer kalifornischen landesweiten Studie wurde bereits 2002 erkannt,
dass Kinder, welche gesund und fit sind, bessere Leistungen in der Schule
erreichen (vgl. Buck, Castelli und Hillmann, 2005, S.1967). Hinzukommt, dass
SchülerInnen, welche aufgrund eines täglich gesteigerten Bewegungspensum
weniger Zeit für geistige Aktivitäten hatten, keine Leistungseinbußen in den
mathematischen Fähigkeiten und den Lesekompetenzen aufwiesen. Nebst
diesen Verbesserungen und Förderungen werden, wie bereits erläutert, neue
Synapsen gebildet, die Informationsverarbeitung wird besser und schneller und
das vernetzte Denken und Handeln gefördert. Besonders bei kinästethischen
Lerntypen hilft Bewegung enorm weiter.
Nach einer Studie von Sibley und Etnier (vgl. Alfermann & Linde 2012, S. 296f.)
wurde bereits 2003 festgestellt, dass Kinder im Vorschulalter, welche 4 bis 6
Jahre alt sind, und jene im mittleren Schulalter (11 bis 13 Jahre) signifikant
stärker von physischer Aktivität profitieren als Kinder im Alter von 8 bis 11
Jahren und Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren.
Es wurde angenommen, dass der Schulwechsel von der Grundschule zu einer
weiterführenden Schule sowie der Pubertätsbeginn zu einem höheren Ausmaß
an Stress und sozialer Angst bei den 11 bis 13- Jährigen führen. In dieser
Altersgruppe könnte man die positiven Effekte der körperlichen Aktivität auf die
Angst- und Stressminderung zurückführen. Im Vorschulalter könnte man
hingegen die positiven Einflüsse der Bewegung der hohen Effektstärke in dieser
Altersklasse zuschreiben.
41
Zuletzt sei noch eine Studie mit mehr als fünfhundert kanadischen Kindern
erwähnt (vgl. Hannaford, 1996, S. 122), wobei SchülerInnen, welche eine
zusätzliche Stunde Sport am Tag hatten, deutlich besser in Prüfungen
abschnitten, als weniger aktive Kinder.
Die Vermittlung von kognitiven Kenntnissen und Fertigkeiten kann pädagogisch
bedeutsam auch in und durch Bewegung geschehen. Ein Verzicht auf
Bewegung würde laut Hundeloh, Kottman und Pack (2014, S. 254) den
Erziehungs- von Bildungsauftrag der Schule nicht erfüllen.
Eine gezielte motorische Förderung kann nach Breithecker & Dordel (2003, S.
7) einige positive Einflüsse nach sich ziehen, die nun abschließend kurz
erläutern werden sollen. Die Schulzufriedenheit ist bei den SchülerInnen größer,
die Leistungsbereitschaft ist höher, wobei Zweiteres mit einem besseren
Selbstvertrauen und einer größeren Frustrationstoleranz zusammenhängt.
Denn „[…] der Körper ist kein Feind, sondern ein Verbündeter des Lernens“
(Zimmer, 2007, S.10).
5.4 Der Mangel an Bewegung in Schulen und ihre Folgen
Der Turnunterricht wurde seit 2003 um etwa fünf Prozent gekürzt (vgl. Kleine
Zeitung, 2016, online). Doch nicht nur das, vor allem im Unterricht außerhalb
der Sportstunden wird die Bewegung viel zu wenig integriert. Infolgedessen
wirke sich, so Peter Schober in einem Artiekl der Kleinen Zeitung (2016, online),
mangelnde körperliche Bewegung auf die geistigen Fähigkeiten und somit auf
die Lernerfolge der SchülerInnen aus.
SchülerInnen verbringen laut Oppolzer (2004, S. 15) zehn Stunden am Tag im
Sitzen, was die ungesündeste Position ist, die ein Mensch überhaupt
einnehmen kann. Darum hat es auch auf den Körper und im weiteren Verlauf
auf die Leistungsfähigkeit großen Einfluss. Denn mangelnde
Bewegungserfahrungen führen meist zu Lernschwierigkeiten (vgl. Lütgeharm,
1999, S. 19). „Mit Eintritt in die Schule wird aus dem bewegungsfreudigen
Spielkind ein Sitzkind“, so Breithecker (2001, S. 2009).
42
Die sportliche Leistungsfähigkeit leidet unter dem Bewegungsmangel und
darum ebenso die körperliche Gesundheit. Außerdem fehlen dann ebenso die
„positiven Auswirkungen sportlicher Aktivität aufs allgemeine Wohlbefinden,
was letztlich ein effektiver Schutz vor vielen mentalen und seelischen
Problemen ist, die bei Kindern und Jugendlichen im Vormarsch sind (vgl. Beck,
2014, S. 115).
Immer häufiger klagen Kinder schon in frühesten Schuljahren über Schmerzen
im Kopf und im Rücken und haben viele Ängste bis hin zu depressiven
Stimmungen. Die Aggressivität sowie die Hyperaktivität der SchülerInnen
steigen stetig. „Bewegungsunruhe, Konzentrations- und Lernschwächen
gehören heute zum Alltag in der Schule“ (Lütgeharm, 2007, S. 6).
Oftmals werden motorische Aktivitäten während des Unterrichts meist sehr
undifferenziert als Störung abgetan und SchülerInnen, welche unruhig sind, als
„auffällig“ in ihrem Verhalten eingestuft. Aber man sollte beachten, dass die
kindliche und auch noch die jugendliche Muskulatur für derartige
Dauerbelastungen wie das Sitzen nicht geeignet sind.
Doch nicht nur das, auch der Biorhythmus eines Kindes oder einer/eines
Jugendlichen läuft anders ab als jener einer/eines Erwachsenen und somit sollte
auf die SchülerInnen eingegangen werden und der Schulalltag
dementsprechend gestaltet sein (vgl. Breithecker, 2001, S. 2009 f.).
Früher hatten Kinder genügend Bewegung in ihrer Freizeit und konnten somit
in der Schule, welche allerdings in der Generation der Großeltern auch noch mit
mehr Bewegung kombiniert war, einige Stunden ruhig sitzen. Zu Beginn jeder
Unterrichtsstunde mussten die SchülerInnen beim Eintreffen der Lehrperson
aufstehen. Wenn sie etwas sagen wollten, mussten sie sich ebenso vom Stuhl
erheben. In den Pausen gab es eine verstärkte Spielkultur und jede Zeit zum
Laufen wurde genutzt.
43
Welche Auswirkungen stundenlanges Sitzen haben kann, hat Oppolzer (2004,
S. 16) sehr klar zusammen gefasst: Herz-Kreislauf- Probleme, eine mangelhafte
Sauerstoffversorgung des Gehirns und aller anderen Organe des Körpers sind
bereits gravierende Probleme, die auftreten könnten.
Nebst diesen Erscheinungen kann es zu Problemen mit der Verdauung
kommen. Muskelverspannung, Muskelschwäche, Austrocknung der
Bandscheiben sowie Probleme mit der Wirbelsäule und dem gesamten
Bewegungsapparat sind in Kindheitstagen keine Seltenheit mehr.
„Bewegungsmangel ist bereits zu einer Zivilisationskrankheit geworden“ (ebd.).
Die Wirbelsäule wird durch das ruhige, monotone Sitzen überbeansprucht, da
sie im Gegensatz zum Stehen oder dem In-Bewegung-Sein beim Sitzen um ein
Drittel höher belastet wird. Die Reize für die Muskulatur fehlen aufgrund der
mangelnden Anpassungsanforderungen, die beim Gehen die rhythmischen
Gleichgewichtsverlagerungen auslösen.
Außerdem werden die Bandscheiben schlechter versorgt, da ein
gleichbleibender Druck, durch das Sitzen ausgelöst, die Ernährung der
Bandscheiben verhindert (vgl. Kleindienst-Cachay, Teubert & Thiel, 2004, S.
32).
Inaktivität wie zum Beispiel längeres Stillsitzen während der Schulstunden führt
zur Senkung des Aktivitätsniveaus der SchülerInnen und damit zu einer
vermehrten Müdigkeit sowie reduzierten Aufmerksamkeits- und Lernleistung.
Die restliche - vorhandene Aufmerksamkeit kann oftmals nicht auf den
Lerngegenstand gerichtet werden, da im Unterricht manches Mal möglichst
ruhiges Sitzen verlangt wird und die Aufmerksamkeit bei zunehmendem
Bewegungsdrang vermehrt auf die Situation des Sitzens gelenkt werden muss
(vgl. Dordel & Breithecker, 2003, S. 8). Fehlt die Bewegung in der Schule, dann
sinkt die Aufmerksamkeitsleistung der ersten Stunde so weit, dass
konzentriertes Lernen bis zur fünften Stunde nicht mehr möglich ist (vgl.
Breithecker, 2016, S. 10)
44
Bewegung sollte im Stundenplan der Schule darum einen größeren Stellenwert
haben und den SchülerInnen so häufig wie möglich die Option geboten werden,
haltungsstärkende, gehirnfördernde, die Konzentration unterstützende, aber
auch entspannende Bewegung durchzuführen und zu erleben. Für ein Lernen,
welches mit voller Konzentration möglich sein soll, gelten nach Lütgeharm
(2007, S. 9) folgende Bewegungszeiten:
- 20 Minuten bei sieben- bis zehnjährigen Kindern,
- 25 Minuten bei zehn-bis zwölfjährigen Kindern,
- 30 Minuten bei zwölf bis fünfzehnjährigen Kindern und Jugendlichen.
Vor allem trifft es die SchülerInnen, da sie dem altersspezifischen
Bewegungsdrang nachgehen sollten können, damit sich ihr Bewegungsapparat
und der gesamte Organismus entsprechend entwickeln können (vgl. ebd.).
„Denn Kinder lernen mit all ihren Sinnen, mit Körper, Geist und Seele. Am
Lernen ist immer der ganze Mensch beteiligt“ (Zimmer, 2007, S. 9).
45
6. Bewegung im Unterricht außerhalb der Sportstunden
Bewegungserziehung kann nach Müller & Obier (2001, S. 206) nicht nur einem
Fach zugewiesen werden, sondern muss in allen Unterrichtsgegenständen eine
bedeutende Aufgabe erhalten. Damit stellt die Realisierung der Erziehung zur
Bewegung auch einen Anspruch an jede Pädagogin und jeden Pädagogen.
Zimmer (2007, S. 65) gibt genaue Kriterien vor, die in einer Schule, welche
Bewegung nicht nur im Sportunterricht in den Vordergrund rückt, gegeben sein
sollten:
- Während des Unterrichts sollten Be- und Entlastung einander
abwechseln, denn kurze Bewegungspausen führen wieder zu einer
erhöhten Aufmerksamkeit.
- Beim Lernen können und sollen alle Sinne miteinbezogen werden und
viele Unterrichtsthemen lassen sich auch über Bewegung erschließen.
- In den Pausen sollte die körperliche Aktivität in den Vordergrund rücken.
Genügend Sportgeräte und Bewegungsflächen müssen vorhanden sein.
- Auch die Raumgestaltung, innen wie außen, sollte dem Bewegungsdrang
der SchülerInnen entsprechen.
Die Aktivitäten während des Schulalltags lassen sich nach Fischer (2010, S.
15) in zwei Bereiche einteilen:
- Aktivitäten während des Unterrichts: Hier fallen Pausengestaltungen
innerhalb des Unterrichts hinein, durch welche SchülerInnen neue
Konzentrationsfähigkeit erhalten und somit den Unterrichtsstoff besser
aufnehmen können. Aber auch auf der Basis des Unterrichtsinhalts des
jeweiligen Faches kann Bewegung stattfinden. Bewegen sich die
SchülerInnen intensiv, kann meist eine Steigerung der kognitiven
Leistungsfähigkeit festgestellt werden (vgl. Beck, 2014, S. 117).
46
- Bedeutend für die Leistungsfähigkeit und dem Entgegenwirken von
motorischer Unruhe der SchülerInnen wäre es, die Unterrichtsmethode
immer wieder zu wechseln. Hierbei kann auch die Lehrperson davon
profitieren und motivierter und mit Freude in einen
abwechslungsreicheren Unterricht starten.
- Außerunterrichtliche Bewegungsaktivitäten:
Pausen während des Vormittags, zu Mittag oder am Nachmittag bieten
die Möglichkeit, durch Bewegung wieder fit für die nächsten kognitiven
Anforderungen zu sein.
Ziel der Nutzung der Pausen sollte ein ausreichender Bereich an
Bewegungsräumen sein. Zum einen müssen hierfür genügend
Materialien zur Verfügung stehen und zum anderen sollte versucht
werden, alle schuleigenen, aber auch nahegelegenen Spiel- und
Rasenflächen, beispielsweise von Sportstätten, zu nutzen.
Es könnte auch die Überlegung getätigt werden, dass während der Pausen die
Turnsäle geöffnet werden, damit sich die SchülerInnen (unter Aufsicht) auf den
Flächen frei bewegen können. Wenn der Weg zu einer Turnhalle für kurze
Pausen allerdings zu lang ist, dann könnten eventuell gekennzeichnete
Bewegungsplätze im Schulgelände geöffnet werden (vgl. Beck, 2014, S. 116).
Hier als „Pausensport“ bezeichnet, findet außerhalb des Unterrichts, auch des
Sportunterrichts, statt und sollte somit für frei wählbare Tätigkeiten zur
Verfügung stehen.
Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Förderung der koordinativen Fähigkeiten,
da diese eine bedeutende Basis für die Bewegungs- und Sportentwicklung von
Kindern darstellen. Folgende Punkte sollten nach Fischer (2000, S. 54)
berücksichtigt werden:
- Es sollte ein hoher Aufforderungscharakter zur Erhöhung des Reizes
bestehen, um etwas zu wiederholen, zu erproben, zu riskieren, zu
verbessern und um sich selbst zu steigern.
47
- Die Initiierung von der Beanspruchung des ganzen Körpers sollte
gegeben sein.
- Eine Differenzierbarkeit und Dosierbarkeit der Leistungsanforderungen
muss vorhanden sein.
- Der Spielcharakter darf nicht zu kurz kommen
- Zuletzt sollte stets eine Aktivität gewählt werden, die von vielen
SchülerInnen gleichzeitig ausgeübt werden kann.
Die Auseinandersetzung mit verschiedensten Bewegungssituationen und
Herausforderungen, die durch Bewegung entstehen trägt zu folgenden
Bereichen bei: Stärkung des Selbstbewusstseins sowie des Selbstvertrauens,
Entwicklung von Grundqualifikationen im sozialen Handeln und – für diese
Arbeit am bedeutendsten – Ausbildung kognitiver Fähigkeiten (vgl. Hundeloh,
Kottmann & Pack, 2014, S. 254).
Unterricht bildet die Basis der schulischen Arbeit. Deshalb wird es für die
SchülerInnen nur dann einen nachhaltigen Effekt geben, wenn es gelingt, dass
ein Teil des Unterrichts einen bewegungsfreudigen Charakter mit sich bringt.
Die Bewegungsfreudigkeit in einer Schule wird sich somit daran festmachen,
welche Funktion Bewegung im Unterricht hat. Allerdings sollte der Bewegung in
der Pause eine genauso wichtige Rolle zugeteilt werden (vgl. Hundeloh,
Kottmann & Pack, 2014, S. 259).
Eine Schule, die zur allgemeinen Körperausbildung und zu einem
körpergerechten Verhalten beitragen will, sollte den Kindern ermöglichen, dass
Lernen nicht nur im Stillsitzen geschieht, sondern auch in anderen
Körperhaltungen ablaufen kann. Der Wechsel zwischen An- und Entspannung
kann genutzt werden. Vor allem nach den nicht erbrachten gewünschten
Leistungen bei den Olympischen Spielen in London 2012 wurde die Diskussion
um eine etwaige tägliche Turnstunde entfacht, welche sich bis heute hält (vgl.
Kleine Zeitung online, 2012).
48
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Schule zu einem Ort werden soll,
an dem Leistung und Gesundheit von Schülerinnen und Schülern im Mittelpunkt
stehen sollten. Die Gesundheit sollte, auch im Sinne der World-Health-
Organisation, „als ein Zustand des physischen, psychischen und sozialen
Wohlbefindens verstanden werden“ (vgl. Kleindienst-Cachay, Teubert & Thiel,
2004, S. 33).
Letztlich sollte es so weit kommen, dass nicht nur die Körper der SchülerInnen
bewegt werden, sondern sie dazu motiviert und aktiviert werden, sich aus
eigenem Antrieb zu bewegen. (ebd., S. 35)
6.1 Die Schule als Bewegungsraum
Wenn es so weit kommt, dass Bewegung in und außerhalb des Unterrichts
realisiert wird, sollte auch auf die äußere, bauliche Entwicklung Wert gelegt
werden. Der Raum ist nach Hundeloh, Kottmann und Pack (2014, S. 265) der
dritte Pädagoge in der Schule. Die Gestaltung der Räume kann Bewegung
behindern oder auch unterstützen.
Mit dem Wandel von einer bewegungsarmen zu einer bewegungsfreudigen
Schule wird das Spektrum der Aktivitäten größer. Diese erfordert auch neue
räumliche Konzepte, anstatt der oftmals noch aus dem 19. oder 20. Jahrhundert
bestehenden Grundrisse von Schulen.
Denn wenn die SchülerInnen sich Bewegungskompetenzen aneignen sollen,
muss auch die Schule angepasst werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass
die Räume ausreichend groß sein sollten und die Ausstattung mobil, auf vielerlei
Weise kombinierbar und robust ist.
Weiters sollten gute Licht- und Luftverhältnisse, sowie eine entsprechende
Akustik vorhanden sein. Der Schulhof und die sonstigen freien Flächen, welche
als wichtige Lern- und Lebensräume im Schulalltag gesehen werden, müssen
zu Bewegungsräumen, kommunikativen Treffpunkten und Ruhezonen werden.
Die Sporthalle kann außerhalb des Unterrichts zum Bewegungszentrum
werden.
49
In der Regel sind oftmals die Mittel nicht gegeben, um alles zu ändern und somit
kann in kleinen Schritten begonnen werden, beispielsweise den Pausenhof oder
die sonstigen Freiflächen der Schulen betreffend. In dieser Arbeit, wobei es
schließlich hauptsächlich um die Äquilibristik geht, liegt der Schwerpunkt auf
genügend Fläche und Material.
6.2 Der Einfluss von außerschulischen Aktivitäten
Kinder und Jugendliche sind in ihrem Alltag außerhalb der Schule in
zahlreichen unterschiedlichen Bildungseinrichtungen, Sozialisationsinstanzen,
Gruppen und Netzwerken unterwegs. Ihre Entwicklung findet in einer
zunehmend unübersichtlichen Gesellschaft statt, die allerdings auch einen
großen Pool an Wahlmöglichkeiten für sie bieten kann (vgl. Aschebrock,
Beckers & Pack, 2014, S. 57).
Kinder und Jugendliche wachsen im Alltag an Herausforderungen, die sie sich
selbst stellen oder aber an jenen, die ihnen in den Weg gelegt werden. Dadurch
kann die eigene Kompetenz gesteigert werden, sei dies im geistigen oder
körperlichen Bereich. Bei jeder kleinen erfolgreich bewältigten Aufgabe erfahren
Kinder und Jugendliche ein Erfolgserlebnis. Sie empfinden Glücksgefühle und
erweitern ihre eigenen Grenzen (vgl. Zimmer, 2015, S. 33 ff.). Dies kann auch
in der Schule zu einem längeren Durchhaltevermögen führen, allerdings
vorrangig nur dann, wenn die emotionale Beteiligung gegeben ist (siehe Kapitel
5.2.1).
Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche in verschiedensten Situationen
wieder zur Selbstständigkeit und zu eigenen Initiativen greifen dürfen, die sie
körperlich auch fordern. Dadurch wird ihr Selbstvertrauen gestärkt, womit auch
ihre Motivation und die kognitive Kompetenz gesteigert werden (vgl. ebd.).
50
7. Das Koordinationstraining
Der Bewegungsschwerpunkt in dieser Arbeit liegt auf der Äquilibristik, dem
Jonglieren und Einradfahren. Dabei ist die Fähigkeit der Koordination gefragt,
die einen hohen Anforderungscharakter an die Fertigkeiten unseres Gehirns
stellt.
Dieses Kapitel dient der Erläuterung des koordinativen Trainings, denn die
häufigste Beeinträchtigung in den Lern- und Konzentrationsleistungen bei
Kindern ist eine Bewegungskoordinationsstörung (vgl. Korte, 2011, S. 319).
„Unter dem Begriff der Koordination versteht man Gewandtheit,
Geschicklichkeit, Technik“ (Hollmann, 2004, S. 33). Aus der Sicht des Sportes
wird unter Koordination das Zusammenspiel des Zentralnervensystems mit der
Skelettmuskulatur zur Bewältigung eines komplexen Bewegungsablaufs
verstanden.
Je vielschichtiger eine Bewegung ist, desto mehr Areale werden im Gehirn
aktiviert. Bereits der Gedanke an eine Bewegung führt zu einer gesteigerten
Durchblutung im Gehirn, wodurch das Gehirn aktiver ist.
Koordination wird vor allem für die Gehirnentwicklung als bedeutend angesehen
(vgl. ebd.), denn das Gehirn ist genauso trainierbar wie ein Muskel.
Die koordinativen Fähigkeiten bestehen aus der Gleichgewichtsfähigkeit, der
Orientierungsfähigkeit, der Differenzierungsfähigkeit, der Rhythmisierungs-
sowie Reaktionsfähigkeit und der Umstellungs- und Kopplungsfähigkeit. Diese
Fähigkeiten stehen in enger Wechselbeziehung zum motorischen Lernen und
zur Steuerungsfähigkeit. Die motorische Lernfähigkeit beruht wiederum auf den
Funktionen der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung. Im
Vordergrund stehen hierbei „[…] perzeptive (Analysatoren), kognitive
(Bewerten/Zuordnen) und mnemische Prozesse (gedächtnisabhängige
Vorgänge, die auf neurophysiologischen Syntheseleistungen beruhen)“
(Weineck, 2010, S. 799). Bereits durch diese Erläuterung lässt sich erkennen,
welche Komplexität sich hinter der Koordination verbirgt.
51
„Eine vielseitige Auslastung der unzähligen unterschiedlichen Hirnareale
gewährleistet die Steigerung bzw. den Erhalt der verschiedenen zerebralen
Strukturen“ (vgl. Weineck, 2000, S. 107 f.). Das menschliche Gehirn wird durch
das Trainieren verschiedenster koordinativer Fähigkeiten auf vielseitige Art und
Weise trainiert. Es steigert die Leistungsfähigkeit, wenn es nur einem
ausreichenden und effektiven Training ausgesetzt wird (vgl. Korte, 2011, S.
106).
Durch visuelle Informationen wird die Sehrinde angesprochen, durch akustische
oder taktile Reize werden die jeweils dazugehörigen Hirnbereiche selektiv
aktiviert und somit wird die Leistungsfähigkeit im Einzelnen und schließlich als
Gesamtes gesteigert (vgl. ebd.).
„Kaum ein Training aktiviert das gesamte Gehirn so umfassend wie ein
koordinatives Übungsprogramm, mit seinen so unterschiedlichen und
vielseitigen Anforderungen an die verschiedenen Sinnesmodalitäten“ (vgl.
Weineck, 2000, S. 110). Somit wird auch klar aus welchem Grund in dieser
Arbeit das Jonglieren und das Einradfahren analysiert und beschrieben werden
und was diese Künste dafür prädestiniert:
Der hohe Aufforderungscharakter für die Leistungssteigerung unseres Gehirns
oder wie es Förster (2009, S. 54) ausdrückt: „Das Gehirn lechzt nach
Bewegungsabläufen, die neu sind.“
Nun wurden die Vorteile der Bewegung und die Beeinflussung der körperlichen
Aktivität auf die geistigen Fähigkeiten und Lernerfolge im Setting der Schule
ausführlich besprochen. In den weiteren Kapiteln werden In den weiteren
Kapiteln soll die Äquilibristik, im Speziellen das Einradfahren und das
Jonglieren, als Basis für die Umsetzung in den Schulen bearbeitet werden. Die
anschließenden Stundenbilder sollen eine Hilfe und Unterstützung für den
praktischen Unterricht darstellen.
52
8. Äquilibrisitik – was ist das?
Zirzensische Körper- und Bewegungskünste, wie das Einradfahren und
Jonglieren erfreuen sich laut Kiphard in Bewegungskünste, Zirkuskünste (Gaal,
1999, S. 13) immer wieder neuer Aktivität und ,Ausprobierwut‘. Die Kunst seinen
Körper in Gleichgewicht zu halten, ob mit einem Partner oder auf einem Gerät,
hier auf dem Einrad, ist die Äquilibristik (vgl. Treiber, 1994, S. 7)
In den folgenden Kapiteln wird näher auf das Einradfahren und die Jonglage
eingegangen. Dabei steht nach einer einleitenden Definition und
geschichtlichen Hintergründen insbesondere das Potential dieser zirzensischen
Körper- und Bewegungskünste, kognitive Fähigkeiten und innere
Ausgeglichenheit zu optimieren, im Mittelpunkt. Mittels eigens konzipierter
Stundenbilder sollen Umsetzungsmöglichkeiten im Schulalltag aufgezeigt
werden.
8.1 Geschichte der Äquilibristik und Jonglage in Schulen
„Bereits in den 20er und 30er Jahren entwickelten die Österreichischen
Leibeserzieher Carl Gaulhofer und Margarete Streicher ihr „natürliches Turnen“
(Titel ihres Buches, Wien 1930, wozu auch die „gauklerischen
Bewegungskünste“ gehörten) (Gaal, 1999, S. 13). Das Ziel der Einführung von
für die damalige Zeit neuartigen Bewegungskünsten war es, einen attraktiveren
Turnunterricht mit neuen Methoden zu schaffen, um die SchülerInnen wieder zu
motivieren und ihr Interesse zu wecken. Auch dies kann heutzutage der Fall
sein, wenn es darum geht, die Aufmerksamkeit und Freude an der Bewegung
der SchülerInnen im Sportunterricht zu gewinnen. Sie erhalten dadurch die
Möglichkeit etwas Neues zu probieren, ihre Grenzen auf andere Art und Weise
auszuloten und ihren Körper durch akrobatische Einlagen neu zu erleben.
Immer wieder wird versucht die Bewegungskultur in den Schulen zu beleben.
Lehrplanrevisionen sind oftmals unumgänglich und sollen ermöglichen, dass
der Schulsport wieder Spaß macht und die Motivation der SchülerInnen für die
Bewegung geweckt wird (vgl. Gaal, 1999, S. 13).
53
Die Einführung von Einradfahren und Jonglage in den regulären Turnunterricht
wäre eine Möglichkeit, um dies zu erreichen.
8.2 Wozu Äquilibristik und Jonglage in der Schule anwenden?
Äquilibristik fördert das Erleben neuer Herausforderungen und kann
SchülerInnen dabei helfen ihr Selbstvertrauen zu steigern. Sie lernen ihre
eigenen Grenzen kennen und ihr Potenzial auszuschöpfen. Dies kann auch im
Unterricht dazu beitragen, dass SchülerInnen motivierter, selbstsicherer und mit
mehr Elan an das Erlernen insbesondere neuer Aufgaben heranzugehen (vgl.
Korte, 2011, S. 149). „Die neurobiologische Lernforschung legt größten Wert
darauf, dass bei Lernprozessen beide Gehirnhälften berücksichtigt werden, die
linke und die rechte Hemisphäre“ (vgl. Frischenschlager & Gosch, 2012, S. 4).
Bei der Jonglage werden die rechte und linke Gehirnhälfte gleichermaßen
beansprucht, beide müssen Leistungen erbringen. Durch das Zusammenspiel
von Rechts und Links und durch das Überschreiten der Köpermitte,
beispielsweise bei der Kaskade, werden ständig Informationen zwischen der
linken und rechten Gehirnhälfte ausgetauscht. Die linke Hälfte wird beim
Verfolgen der ‚fliegenden‘ Bälle und beim Analysieren der durchgeführten
Bewegungen beansprucht, während die rechte Gehirnhälfte der Rhythmus und
die Qualität des Jonglierstils bestimmt und korrigiert (vgl. Ballreich & Lang,
2007, S. 37).
Eine weitere Besonderheit der zirzensischen Künste stellt die Offenheit dieser
dar. Heterogenität in der Klasse hat hier kaum negative Auswirkungen und
außerdem gibt es im Gegensatz zu den meisten anderen Sportarten keine
sportartspezifischen Regeln oder etwa Einschränkungen. Bis auf die
Grundtechniken und –formen unterstützen diese Bewegungskünste mit ihrer
Formenvielfalt kreative Prozesse und unterschiedlichste
Bewegungserfahrungen (vgl. Eberherr & Loeffl, 2015, S. 8.)
54
8.3 Die Umsetzung in der Schule - ein Ding der Unmöglichkeit?!
Spektakuläre Kunststücke, atemberaubende Skills und beinahe unmögliche
Bewegungen –diese Beschreibung trifft eindeutig auf die Äquilibristik zu und
lässt vermuten, dass diese Sportart nur von Artisten beherrscht werden kann
und für SchülerInnen zu anspruchsvoll ist.
Es ist jedoch möglich, diese Sportart in der Schule umzusetzen, indem man mit
den Grundlagen startet. Man muss nicht gleich mit der Jonglage auf dem Einrad
beginnen, sondern kann schließlich auch einen methodischen Schritt nach dem
anderen setzen. Denn die Bewegungskünste stellen hohe koordinative
Anforderungen an die SchülerInnen.
So ist der Aufforderungscharakter neuartiger Geräte wie das Einrad oder die
Jonglierbälle für SchülerInnen bereits sehr hoch. Das kann eine starke
Motivation nach sich ziehen, aber auch die Freude an der Bewegung kann laut
Eberherr und Loeffl (2013, S. 8) zu einem selbstständigen Erlernen der
Bewegungsfertigkeiten führen.
Bewegungskünste bieten auch eine gute Möglichkeit, um das gesamte
Schulleben zu bereichern und Schulveranstaltungen beispielsweise zu
gestalten.
Zuletzt sei noch erwähnt, welche Unterrichtsmethoden sich zum Unterrichten
der Bewegungskünste anbieten würden. Dies wird dann nochmals explizit im
Zuge der Stundenbilder ausgeführt.
Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung geeigneter Unterrichtsmethoden;
- Partnerunterricht: viele Partnerübungen sollten gewählt werden,
- Gruppenunterricht: Gruppenübungen gibt es vielfältige und
abwechslungsreiche,
- freier Unterricht: hierbei kann selbstständig geübt werden oder
beispielsweise eine Choreographie erarbeitet werden,
55
- Projektunterricht: wenn es die Zeit zulässt, kann exemplarisch im
Sportunterricht oder auch fächerübergreifend ein Zirkusprojekt gestartet
werden,
- fächerübergreifender Unterricht: in Zusammenarbeit mit Musik,
Bildnerische Erziehung kann beispielsweise gearbeitet werden (vgl. Gaal,
1999, S. 15).
56
9. Das Einradfahren
Bereits vor etwa 120 Jahren wurden mit Hochrädern Wettrennen ausgetragen,
wobei Strecken bis zu 1000 km gefahren wurden. Das Einrad hat somit seinen
Ursprung im Kunstradsport und ist seitdem Träger des Wettkampfs- und
Leistungsgedanken. Heute hat das Einrad diese „Exklusivität“ jedoch verloren,
denn auch im Alltag wird es bereits sehr oft verwendet und als Sportgerät
gesehen (vgl. von Grabowiecki & Lang, 2007, S. 244). Das Einradfahren, das
über die Jahre hinweg zu einer Trendsportart geworden ist, hat den verspielten
Zugang von den Bewegungskünstlern und Artisten übernommen (vgl. Anders-
Wilkens & Mager, 2006, S. 111). Es hat sich als Sportart im Vereins- , aber
auch im Schulsport etabliert (vgl. Eberherr & Loeffl, 2013, S. 223).
Die Frage stellt sich nun, warum das Einradfahren für die Schule gewählt
werden sollte und aus welchem Grund man diese Form der Bewegung während
der Schulzeit einbauen sollte. Das Einradfahren kann sehr viele positive
Lernerfahrungen mit sich bringen, denn laut Höher (2007, S. 10) werden
dadurch sowohl die Konzentration als auch die Koordination geschult. Des
Weiteren wird die Beinkraft und das Gleichgewicht gestärkt sowie die Balance
verbessert.
So muss beim Einradfahren nicht nur die Balance zwischen rechts und links
gefunden werden, sondern auch zwischen vorne und hinten. Schnelle
Ganzkörperreaktionen, Reflexe und unwillkürliche Ausgleichsbewegungen
werden benötigt, um sicher am Einrad zu fahren. Darum eignet sich diese
zirzensische Kunst auch zur Unterstützung aller anderen Sportarten, bei denen
diese Eigenschaften benötigt werden (vgl. Höher, 2007, S. 10). Nebst diesen
Fähigkeiten, die sich durch das Einradfahren ausbilden, wird die körperliche
Vielseitigkeit geschult.
Zusätzlich zur Steigerung der Koordination können die SchülerInnen beim
Einradfahren Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit durch das Präsentieren
vor der Klasse aufbauen.
57
Doch nicht nur das Vorzeigen erfordert und schult die Selbstsicherheit, sondern
auch der Prozess des Erlernens an sich (vgl. Gaal, 1999, S. 15). Das Fahren
mit dem Einrad bringt unweigerlich das Überwinden von Grenzen mit sich. Man
muss und kann ein gewisses Risiko eingehen, um zu „gewinnen“. Mit dem
Einrad kann nicht nur vorwärts gefahren werden, sondern auch rückwärts, über
Slacklines, durch Bäche, über die Alpen. Verrückte Dinge können Wirklichkeit
werden und viele Glückshormone frei gesetzt werden. (vgl. Anders- Wilkens/
Mager, 2006, S. 2).
Einradfahren ist etwas für jeden und jede, denn dabei ist nicht nur die Leistung
wichtig, sondern bereits von Beginn an auch der künstlerische Ausdruck von
Spontaneität und Freiheit. Bereits nach einigen Übungseinheiten lässt sich sehr
schnell Erfolg erleben, denn nach kurzer Zeit können meist bereits einige Meter
zurückgelegt werden. Das Erlernen des Einradfahrens ist nach Höher (2007, S.
12) ungefähr so schwer wie das Erlernen des Zweiradfahrens ohne Stützräder
für ein Kind. Somit ist es leichter, als es zunächst scheint. Nach oben hin ist
dem Einradfahren allerdings keine Schwierigkeitsbegrenzung gelegt. Somit
werden das Gehirn und die Muskulatur immer wieder von neuem
herausgefordert (vgl. Treiber, 1994,S. 37).
Einradfahren ist des Weiteren noch „[… ] Entspannung durch Konzentration“
(Höher, 2007, S. 12), denn sowohl das Erlernen, als auch das Halten des
Gleichgewichts benötigen zunächst die ungeteilte Aufmerksamkeit und
erfordern höchste Konzentration auf den Augenblick.
9.1 Vom Anfänger zum Könner
Es ist möglich sich auf das Einrad zu setzen und gleich loszufahren. Kinder,
welche bewegungsbegabt sind, schaffen dies auch oftmals, jedoch ist es im
schulischen Kontext wichtiger methodisch vorzugehen, um möglichst viele
Kinder zu erreichen.
Das Einradfahren gleicht in vielerlei Hinsicht dem Laufen und nicht etwa dem
Radfahren, welches durch Bewegungen nicht so stark beeinflusst wird.
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Im Gegensatz zum Fahrrad gilt es beim Einradfahren möglichst viel Gewicht
auf die Pedale zu geben und nicht allzu viel auf den Sattel. Erst dadurch kann
ein längerer Fahrversuch erfolgen und das Gefühl des richtigen Fahrens
entstehen.
„Einradfahren ist wie ununterbrochenes, kontrolliertes Fallen – das dabei
entstehende Schwebegefühlt ist eine tolle Belohnung für die Anstrengungen
des Übens“ (Anders-Wilkens/ Mager 2006, S. 110f.)
Der Einstieg in das Einradfahren
Das ideale Vorbereitungsgerät, das auch in vielen Schulen vorhanden ist, stellt
das Pedalo dar. Diese Geräte haben bereits einen hohen
Aufforderungscharakter und fordern und fördern das Gleichgewicht, die
Koordination und die Rhythmik. Geeignet sind das Doppel- oder Einzel-Pedalo.
Wenn das Einzel-Pedalo gut beherrscht wird, ist es leichter mit dem
Einradfahren zu beginnen (vgl. Gaal, 1999, S. 83).
Zunächst sollte mit dem Einrad das Balancieren geübt werden: Zwischen zwei
Kästen in der Schule, oder in einem Türrahmen können Kinder selbstständig
versuchen das Gleichgewicht zu halten und dabei bereits vorsichtig die Pedale
bewegen, um zu sehen, wie das Rad reagiert. Im Anschluss kann bereits
versucht werden mit Hilfe zu fahren. Dies bedeutet, dass im Turnsaal
beispielsweise die Sprossenwand oder im Pausenhof eine Mauer genutzt wird,
um vorwärts zu kommen. Irgendwann kommt dann der Moment, bei dem sich
zum ersten Mal eine Hand löst und man kurz freihändig fahren kann.
Von großer Bedeutung ist es noch, als Lehrperson auf die Haltung hinzuweisen,
die das Fahren um einiges erleichtern kann, sofern dies nicht ohnehin von selbst
geschieht. Man sollte aufrecht und beinahe gerade auf dem Sattel sitzen. Der
Oberkörper bildet die Verlängerung der Einradgabel. Die Arme werden zur Seite
gestreckt, um das Gleichgewicht besser zu finden und zu halten. Alternativ zu
fixierten Gegenständen können ganz zu Beginn auch zwei Personen links und
rechts von der einradfahrenden Person mitgehen.
59
Wenn ein paar Meter alleine zu fahren gut funktioniert, dann kann im Anschluss
gleich versucht werden mit einer zweiten Person Hand in Hand zu fahren. Durch
das gegenseitige Stützen erlangen beide bessere Stabilität und der Spaß
kommt auch nicht zu kurz.
Wird das Fahren schon gemeistert, so sollte, das Auf- und Absteigen, eines der
schwierigeren Kompetenzen beim Einradfahren, gelernt werden. Beim
Aufsteigen sitzt man bereits leicht im Sattel und ein Fuß steht beinahe
unbelastet auf dem Pedal. Das Pedal wird dann belastet und mit Schwung wird
dann auch der zweite Fuß auf das andere Pedal gesetzt.
Das Absteigen wiederum gestaltet sich einfacher, denn es ist nach vorne oder
hinten möglich und zu Beginn ist es nur wichtig, sich selbst zu schützen.
Allerdings sollte es mit der Zeit auch möglich sein, den Sattel beim Abstieg zu
halten, denn dieser nützt sich durch Stürze sehr schnell ab.
Wenn all dies gelernt ist, sollte versucht werden vermehrt Kurven zu fahren.
Dazu kann ein Slalom im Turnsaal gelegt werden oder die Lehrperson lässt die
SchülerInnen Kreise auf den aufgezeichneten Linien in beide Richtungen
fahren. So erlernen diese, dass das Kurvenfahren einfacher gelingt, wenn sie
das Gewicht verlagern und den Oberkörper in die Fahrtrichtung drehen. (vgl.
Ballreich, 1992, S. 173 f.).
Stabilisierungsübungen sind sehr gut dafür geeignet, die Stabilität im Sattel und
die generell Sicherheit beim Einradfahren zu erhöhen. Beispielsweise gäbe es
Übungen, wie um sich zu schauen, anderen zuzuwinken oder sich zuzurufen.
Zunächst um sich zu schauen, anderen zuzuwinken oder sich zuzurufen. Des
Weiteren sollten danach komplexere Bewegungen eingeführt werden, wie etwa
das Einklatschen, sobald man bei einer anderen Person vorbei fährt. Ebenso
kann ein Ball ins Spiel gebracht werden.
Danach kann die Lehrperson Tempi vorgeben, etwa mit Hilfe von Zahlen, wobei
die Zahl eins das langsamste Tempo vorgibt und fünf das „schnellste Signal“ ist.
Eine weitere Schwierigkeitsstufe wäre ein Hindernisparcour, der die erlernten
Techniken kombiniert.
60
Wenn all diese Dinge im Sportunterricht durchgeführt wurden, kann
anschließend ein längerer Ausflug mit den Einrädern unternommen werden, um
die Ausdauer beim Fahren zu trainieren.
Übungen für Fortgeschrittene
Wenn das Einradfahren schon relativ gut beherrscht wird, können bereits
anspruchsvollere Spiele geplant werden. Gleich zu Beginn könnte man das
klassische Abfangen einbauen und viele verschieden Varianten wählen, auch
das Paar- und Kettenfangen wären hier eine Option. Danach gäbe es die
Möglichkeit des Atomspiels. Hierbei ruft die Lehrperson eine Zahl, die vorgibt,
in welcher Anzahl sich die SchülerInnen zusammenfinden sollen. Diese
verbinden sich dann mit ausgestreckten Armen von Schulter zu Schulter.
Mit der Zeit können dann auch Materialien, wie etwa Bälle, eingesetzt werden.
Durch Ballspiele wird die Aufmerksamkeit weg vom Fahren hin zum Ball an sich
geführt. Zunächst sollte das Zielen und Fangen geübt werden, um daran
Mannschaftsspiele anzuschließen. Auch Sportspiele wie etwa Basketball oder
Handball, Prellball, Badminton oder Völkerball wären in diesem Stadium
geeignet.
Nicht zu vergessen wären Staffelformen in den verschiedensten Varianten. So
wären Pendelstaffeln, eine Staffel die über einen Parcours führt oder aber auch
ein Einrad-Eierlauf ideal.
Neben all diesen Spielformen ist es noch möglich, Gruppenübungen anzuleiten.
Hierbei sind der Propeller, das „Kämmen“ und der Stern erwähnenswert. Bei
der ersten Übung bilden sich Paare, die sich an der Hand oder Schulter halten,
in verschiedene Richtungen blicken und sich dadurch wie ein Propeller drehen.
Bei der zweiten Übung bilden sich zwei gleich große Gruppen, die von beiden
Hallenenden aufeinander zufahren, sich auf einer Linie treffen und dann
aneinander vorbei fahren. Jene Gruppe, die als erste die andere Seite der Halle
erreicht hat, hat gewonnen.
61
Bei der dritten Übung halten sich immer Zweier-, Dreier- oder Vierergruppenan
einem Gymnastikreifen fest und fahren alle gleichzeitig in eine Richtung los. Der
Reifen könnte auch durch Handfassung ersetzt werden. (ebd., S. 174 f.)
Erlernen von Tricks
Nach einigen Übungsstunden können je nach motorischem Können einzelne
Tricks erlernt werden.
Es werden nun hier verschiedene Möglichkeiten der Vermittlung dieser „Tricks“
aufgezeigt, die in den nachfolgenden Stundenbildern (siehe Kapitel 10.1.1)
näher erläutert und methodisch aufbereitet werden.
Ein Trick wird als „Mantelfahren“ bezeichnet. Hierbeibewegen die Füße den
Reifen, indem diese auf dem Mantel laufen. Ein weiterer Trick ist das „Ohne
Sattel-fahren“. Dabei wird ganz gewöhnlich in die Pedale getreten, wobei man
den Sattel vor sich hält, ohne dabei darauf zu sitzen. Eine weitere
fortgeschrittene Übung nach Ballreich ist das sogenannte „Einrad pur“. Dabei
schleift der Sattel am Boden mit, wodurch sich die Gabel parallel zum Boden
befindet und das Einrad nur noch mit Hilfe der Pedale gesteuert wird. Die
folgenden Tricks werden noch zusätzlich in den Stundenbildern unter 10.1.1
näher erläutert: der Kick-up-Start, das Wheel-Walking, das Springen sowie das
Rückwärtsfahren.
Da das Einrad zu den artistischen Geräten gehört, die für Anfänger relativ
schwierig sind, und es relativ lange dauert, bis sie beherrscht werden, gilt es,
die Kinder mit einer methodischen Vielfalt im Unterricht immer wieder zu
motivieren und die Aufmerksamkeit auf den Spaß am Üben und Fahren zu
lenken. Ein regelmäßiger Wechsel zwischen individuellen Trainingsphasen,
Spielen, Gruppenaufgaben und Parcours können dies ermöglichen (vgl. von
Grabowiecki & Lang, 2007, S. 251).
62
10. Jonglage
Jongleur wird vom lateinischen „ioculatur“ abgeleitet, das mit „Spaßmacher“
übersetzt wird. Als Jongleur wird eine Person bezeichnet, die unterschiedlichste
Gegenstände durch Werfen und Fangen in verschiedenste Positionen mit
differenzierten Rhythmen bringt (vgl. Fritz et al., 1986, S.11). Die Kunst, mit
mehreren Bällen gleichzeitig umzugehen, reicht weit in die Vergangenheit
zurück. Die ältesten Aufzeichnungen dazu sind bereits 4000 Jahre alt und
stammen aus Ägypten und China (vgl. Grabowiecki, 1992, S. 113). Laut Gaal
(1999, S. 18) gilt ein Fresko aus der Zeit von 2040 vor Christus, das jonglierende
Frauen zeigt und in den altägyptischen Grabkammern von Beni Hassan
gefunden wurde, als die älteste Abbildung dieser Sportart.
Auch viele Jahre später ist dieses Spiel, das eine komplexe Bewegungsfertigkeit
erfordert und fördert, nach wie vor attraktiv, da es zugleichdie Konzentration, die
(rhythmische) Koordination zwischen den beiden Körper- und Gehirnhälften,
Wahrnehmung, Reaktion, Gleichgewicht und Kreativität fördert (vgl. ebd.). Des
Weiteren schult das Jonglieren die Genauigkeit des Werfens und Fangens, die
Augen-Hand-Koordination, das Zeitgefühl, die Rhythmusfähigkeit und die
motorische Vielseitigkeit.
Zudem wird die Beidseitigkeit trainiert, ein wichtiger Faktor für eine hohe
Leistungsfähigkeit und ein gutes Gleichgewicht im Leben (vgl. Buzan & Gelb,
1996, S. 27). So erklären Buzan und Gelb (ebd.), dass „[…] ein Gleichgewicht
zwischen den Gehirnhälften zu einem ausgeglicheneren Körper führt und dieser
wiederum zu ausgeglicheneren Gehirnfunktionen“. Ergebnisse der
Hirnforschung bestätigen diese positive Wirkung des Jonglierens (vgl. von
Grabowiecki & Lang, 2007, S. 140).
Zusätzlich zur Beidseitigkeit wird die Ausdauer und damit auch die
Zielstrebigkeit geschult. Wie schon in Bezug auf das Einradfahren erwähnt,
werden auch beim Jonglieren durch das Präsentieren und Vorzeigen die
Selbstsicherheit und das Selbstbewusstsein gestärkt.
63
Laut Grabowiecki (1992, S. 114) kann die Jonglage als „Überdisziplin“ in der
Artistik bezeichnet werden, da sie mit vielen anderen Bewegungsaufgaben
kombiniert werden kann.
Neben den bekannten Geräten wie Bällen, Keulen, Tüchern und Ringen zählen
zur Jonglage auch das Diabolo, die Devil Sticks, die Teller und Hüte, die auch
in Schulen eingesetzt werden können. Derartige Gegenstände fordern
geradezu dazu auf, kreative Bewegungsideen zu finden, erstaunliche
Kunststücke zu erfinden, zu üben, zu gestalten und vorzuführen. Die
verschiedenen Gegenstände können auch schon geworfen und getestet
werden, bevor überhaupt die Fähigkeit zum Jonglieren erworben wurde.
Außerdem kann das Jonglieren unglaublich viel Spaß machen, da sich schon
nach kurzer Zeit kleine Erfolge einstellen. Somit tritt der Kunststückeffekt ein.
Es ist möglich, die Grundform der Jonglage mit drei Bällen bereits nach wenigen
Übungsstunden erlernt zu haben. Wenn die Grundform der Kaskade beherrscht
wird, könne - darauf aufbauend - weitere Techniken und Tricks darauf
aufbauend gelernt werden.
Der Vorteil der Jonglage ist, dass sie, vielfältig im Schulleben eingesetzt werden
kann: In der Sportstunde selbst, bei aktiven Schulhofpausen, bei
Bewegungspausen im Unterricht, Projekttagen oder -wochen, bei
Unterrichtsprojekten von einzelnen Klassen, bei Klassenfahrten oder auch bei
Sportfesten (vgl. Oberschachtsiek, 1998, S. 91).
Wie ist es allerdings möglich, SchülerInnen ohne extensiver Anleitung seitens
der Lehrperson zu hochkonzentriertem Üben und Trainieren zu motivieren?
Dazu wird nach Oberschachtsiek (2001, S. 139 f.) behandelt, wie es vom Üben
bis hin zu einer Aufführung mit Jonglagematerialien kommen kann.
64
10.1 Von einzelnen Kunststücken bis hin zur großen Aufführung
Als Leitziel der Jonglage gilt nach Oberschachtsiek (1998, S. 91) das Folgende:
„Kunststücke erfinden, üben, gestalten und vorführen“. Jongliermaterial kann in
angeleiteten Bewegungseinheiten, im Rahmen offener Bewegungsangeboten
oder, was auch in dieser Arbeit das Ziel wäre, in das tägliche Schulleben
integriert werden.
Um mit dem Jonglieren zu beginnen, muss kein großer Materialaufwand
betrieben werden. Einerseits ist es möglich, mit Jonglierbällen zu beginnen,
andererseits können die ersten Jongliersäckchen sogar selbstständig in Form
von Reissäckchen gebastelt werden. Als Alternative eignet sich auch das
anfängliche Üben mit Jongliertüchern. Allerdings muss der Lehrende immer
dafür sorgen, dass das richtige Material für alle vorhanden ist.
Zunächst sollten gute Voraussetzungen für das Erlernen geschaffen werden,
denn die Kinder müssen zu Beginn die Materialien kennen lernen und vielfältige
Bewegungsmöglichkeiten erproben. Dabei hilft es, wenn die Lehrperson
einführende Übungen anleitet, um anschließend die SchülerInnen selbstständig
arbeiten und ausprobieren zu lassen. Aufgabe der Lehrperson ist es, den
SchülerInnen zu vermitteln, dass es viele verschiedene Wege und Zugänge
gibt, um das Jonglieren zu erlernen. Allerdings sollten hinderliche
Bewegungsformen, die das spätere Jonglieren schwierig machen, verhindert
werden (vgl. Oberschachtsiek, 1998, S. 90).
In dieser ersten Phase ist es wichtig, dass die Lernenden bereits dazu angeregt
werden, eigene Kunststücke zu erfinden und mit den Materialien zu
experimentieren. Ein selbstständiges Weiterarbeiten muss auf jeden Fall
möglich sein.
Während der freien Übungszeit der Kinder sollten die Lehrperson in den
Hintergrund treten und lediglich Hilfestellung geben und bei Bedarf
Bewegungskorrekturen. Der Abschluss dieser Phase kann dazu genutzt
werden, um die bereits gefundenen Kunststücke den anderen zu präsentieren.
65
Grundsätzlich gilt, dass die/der Lehrende in jeder Phase stets
Weiterentwicklungsmöglichkeiten aufzeigt und graduell die Schwierigkeit so
steigert, dass die SchülerInnen auch stets Erfolgserlebnisse aus dem Üben
ziehen können (vgl. ebd. S. 91).
In der zweiten Phase muss laut Oberschachtsiek (2011, S. 141 f.) ein kreativer
Rahmen mit passenden Vorgaben gefunden werden. Diese Phase sollte ein
kleines Repertoire an Übungen für eine Aufführung als Ziel haben.
Die SchülerInnen dürfen auch in dieser Phase keinesfalls vollkommen allein
gelassen werden, sondern sollte eingewisser Rahmen gesteckt werden, in dem
sie sich künstlerisch und kreativ austoben können. Dazu zählt, dass die
Materialauswahl eingeschränkt und die Sozialform, angepasst an die
Zusammensetzung der Gruppe, vorgegeben ist. Außerdem sollte auf die
Vorerfahrungen und das Können der Lernenden aufgebaut werden
Bei diesem Lernprozess gibt es keine Sieger oder Verlierer, auch keine
Konkurrenz oder etwa Leistungsdruck. Jede/r Beteiligte kann nach seinen
persönlichen Fähigkeiten Übungen wählen, erlernen und seinem
Anspruchsniveau individuell gerecht werden. Oftmals wird in dieser Phase bei
der Jonglage nicht von der Lehrperson gelernt, sondern voneinander und
miteinander.
In der dritten Phase wird bereits die Rohfassung der Übung für die Aufführung
entwickelt. Die Rohfassung steht meist bereits nach kurzer Zeit, bedarf jedoch
noch einiger Feinabstimmungen und Korrekturen. Als Zwischenschritt kann
beispielsweise die vorläufige Vorführung bereits einer anderen Klasse
präsentiert werden oder aber die Nummer wird gefilmt und anschließend von
den AkteurInnen kritisch betrachtet.
Wenn eine ganze Show mit mehreren Nummern aufgeführt werden soll, dann
sollte im Klassenverband der Gesamtrahmen gemeinsam gestaltet werden.
66
So müssen die einzelnen Aufführungsschwerpunkte zunächst in eine passende
Reihenfolge gebracht werden. Des Weiteren spielen noch die Musik, der Ton,
das Licht und eventuell das Bühnenbild eine nicht unerhebliche Rolle in der
Aufführung. Zuletzt sollte noch eine Generalprobe durchgeführt werden und
dann heißt es „Manege frei“.
Bei einer derartigen Aufführung kann auch fächerübergreifend gearbeitet
werden. So eignen sich zum Beispiel die Unterrichtsfächer Deutsch, Musik oder
die Bildnerische Erziehung für eine Entwicklung des Bühnenbilds, die
musikalische Begleitung oder etwa für die Erstellung des inhaltlichen Ablaufs.
67
11. Der Einfluss der zirzensischen Künste auf die
Lernkompetenz
„Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Bewegungskünste
Abenteuer, Kunst und Sport vereinen und dadurch besondere Chancen für das
Lernen in allen Bereichen bieten“ (Eberherr & Loeffler, 2013, S. 10).
Jonglage wird nach Korte (2011, S. 56) als eine gute Konzentrationsübung
definiert. Aufgrund der ständigen Aktivierung beider Gehirnhälften werden mit
der Zeit Aufmerksamkeit, Konzentration und Planungs- und Merkfähigkeit
geschult und gesteigert, wodurch die SchülerInnen in anderen Fächern ebenso
Vorteile erhalten und sich steigern können (vgl. Ballreich & Lang, 2007, S. 37).
Das Jonglieren kann beispielsweise Kinder mit einer Rechenschwäche positiv
unterstützen, da die Jonglage Reifungsprozesse im Gehirn fördert und vor allem
das räumliche Vorstellungsvermögen verbessert (vgl. Korte, 2011, S. 312).
Besonderer Einfluss auf die kognitiven Leistungen entsteht dadurch, dass jede
Form der Bewegungswahrnehmung, so auch das Jonglieren, die
Zusammenarbeit beider Gehirnhälften enorm fördert.
Bei von Draganski (et al. 2005) durchgeführten Studie wurde zum ersten Mal
festgestellt, dass es bereits während des Erlernens der Jonglage zu
strukturellen Veränderungen im Gehirn kommt.
Gewisse Adaptionen geschehen bereits nach einer Woche des Trainings und
Übens (vgl. Driemeyer et al., 2008, S. 3). Logik und die Fantasie vereinen sich
durch die Jonglage laut Kelber-Bretz (2002, S. 63) und erzeugen neue
Gedanken und Ideen.
Wenn die Lehrperson sich von einer fixen Vorstellung der Vermittlung der
Jonglage und des Einradfahrens löst, dann werden den Kindern und
Jugendlichen vielfältige neue Bewegungserfahrungen ermöglicht
(Oberschachtsiek, 1998, S. 90).
68
Nach Bittmann (et al. 2005), erzielen Kinder, die eine bessere Balancefähigkeit
haben, beispielsweise erreichbar durch das Einradfahren, eine höhere
Lernfähigkeit.
Sofern man die Jonglage in Sportstunden einbaut, kann das Jonglieren unter
dem Gesichtspunkt der Sportmethodik und –didaktik zur Auflockerung und
Abwechslung gesehen werden. Aber auch als Vorbereitung für diverse
Ballspiele kann die Jonglage mit verschiedensten Materialien eingesetzt
werden, denn die Fähigkeiten des Fangens und Werfens sowie die Antizipation,
das periphere Sehen und die Koordination werden geschult (vgl. Kelber- Bretz,
2002, S. 8).
Das Jonglieren sowie das Einradfahren ziehen außerdem psychologische und
pädagogische Effekte nach sich, denn jede/-r Übende kann auf ganz
persönlichem Niveau Lernerfolge erzielen. Die SchülerInnen lernen ihre
Grenzen kennen und diese auch zu überschreiten.
Wenn ein Lernvorgang erfolgreich abgeschlossen und die Übung, hier das
Jonglieren oder Einradfahren, später wiederholt wird, ist ein geringerer Teil des
Gehirns als zuvor aktiv. Dies bedeutet, dass die Informationsverarbeitung in
bestimmten Gehirnarealen effektiver wurde. „Je mehr Anregungen ein Kind
bekommt Neues zu lernen, umso erfolgreicher wird es die Sinnesreize
verarbeiten und die neuen Erfahrungen in bestehendes Wissen einbauen“
(Korte, 2011, S. 73).
11.1 Stundenbilder zur Förderung der kognitiven Leistungen im
Sportunterricht
In den vorhergehenden Kapiteln wurde ein Überblick über die zirzensischen
Künste der Äquilibristik, das Einradfahren und die Jonglage geschaffen. Die
folgenden Stundenbilder sollen Lehrpersonen als Anhaltspunkte dienen, um
SchülerInnen das Einradfahren und das Jonglieren beizubringen.
69
Es wird angedacht, diese Künste später immer wieder in den Unterricht
einzubauen, als Pausengestaltung zu verwenden und in weiterer Folge im
Sportunterricht anzuwenden, um die Fähigkeiten und Fertigkeiten auch weiter
auszubauen. Durch das Bewegungslernen werden bei jeder Übung Spuren im
motorischen Gedächtnis hinterlassen. Aufgrund von jedem weiteren Training
werden diese Spuren tiefer und lassen sich immer leichter abrufen, bald ohne
jegliche Anstrengung.
Auch wenn zunächst kein Erfolg spürbar ist, das Üben war niemals umsonst
(vgl. Höher, 2007, S. 46). Nach Erkenntnissen der Spiegelneuronentheorie ist
bedeutsam, dass die Demonstrationsfähigkeit einer Person, dies kann die
Lehrperson oder auch ein/e MitschülerIn sein, vorhanden ist. Dadurch können
die SchülerInnen bereits die Zielbewegung sehen und daraus lernen (vgl. Payer,
Prossnigg & Rom, 2010, S. 94).
Für alle folgenden Stundenbilder gilt allerdings, dass zwischen den einzelnen
Stunden Übezeit gegeben sein muss, denn nur durch „intelligentes Üben“ (vgl.
Meyer, 2004, S. 104 ff.) kann gesichert werden, dass die SchülerInnen etwas
gelernt sowie erfahren haben und dass der Lernprozess in vollem Gange und
am richtigen Weg ist. Intelligentes Üben der einzelnen methodischen Schritte in
den nachfolgenden Stundenbildern ist nach Meyer (ebd.) daran festzumachen,
dass
- oft, aber kurz geübt wird.
- es gemeinsam eingehaltene Regeln gibt.
- eine angenehme und konzentrierte Atmospähre herrscht.
- nur wenige Unterrichtsstörungen auftreten.
- die SchülerInnen verstanden haben, was sie üben sollen und sich
andernfalls an MitschülerInnen oder an eine Lehrperson wenden.
- die Übungsaufträge personen-, ziel-, themen- und methodendifferenziert
sind.
- Übe-Utensilien vorhanden sind.
70
- die Lehrperson in beobachtender Funktion tätig ist und, wenn es
notwendig ist, fachliche Hilfestellung gibt.
- die Leistungen der SchülerInnen anerkannt werden.
All diese Punkte werden in den Stundenbildern nicht erwähnt, sind aber
notwendig, damit sich ein Lernerfolg einstellt.
11.1.1 Stundenbilder zum Einradfahren im Sportunterricht
Zunächst sei gesagt, dass das Einradfahren vor allem bei jüngeren
SchülerInnen oftmals durch Zuschauen und Nachahmen gelernt werden kann
und unzählige Erklärungen oft zu kompliziert sind (siehe auch 10.1). Schon
kurze Anweisungen und Korrekturen können bereits helfen.
Älteren FahrerInnen kann durch die Biomechanik und das gezielte Einsetzen
der Kräfte das Einradfahren oftmals auf theoretische Weise gelehrt werden. Um
aber den konkreten Aufbau des Einradfahrens zu verstehen, seien hier
Stundenbilder für den Sportunterricht gegeben. Der methodische Aufbau ist für
jede Altersklasse bedeutend, um SchülerInnen Schritt für Schritt an das
Einradfahren heranzuführen.
71
1. Einheit: Gewöhnung und Kennenlernen des Geräts
Materialien: 6 Kästen, Matten
Einleitung:
Atomspiel: Dies wird zum Aufwärmen gespielt. Die SchülerInnen bewegen sich
dabei mit ihrem Einrad laufend vorwärts und sitzen noch nicht am Sattel. Dabei
gibt die Lehrperson Aufgaben vor, wie etwa: Gruppen zu 3 Personen müssen
zusammenkommen und 3 Sättel müssen den Boden berühren, 4 Personen und
nur 2 Sättel dürfen den Boden berühren, usw.
Vorübung: Zur Vorübung für das Einrad kann zunächst das Pedalo verwendet
werden oder die sogenannte Balancerolle, von Artisten auch als „Rola-Bola“
bezeichnet. Hierbei werden bereits das Koordinationsvermögen und das
Gleichgewicht geschult, welche im weiteren Verlauf besonders beim
Einradfahren benötigt werden (vgl. Höher, 2007, S.40). SchülerInnen haben
Zeit, diese Geräte frei auszuprobieren.
Hauptteil:
Je nach Anzahl der SchülerInnen kann im weiteren Verlauf der Stunde die
Lehrperson die Gruppe in Zweierteams aufteilen. Nun gilt es, sich an das Einrad
zu gewöhnen. Es bietet sich an die Möglichkeit entlang der Sprossenwand oder
zwischen zwei aufgestellten Kästen in der Turnhalle zu fahren.
Zu Beginn sollte nur einmal das Auf- und Absteigen probiert werden, wobei zwei
SchülerInnen als Team zusammenhelfen. Die Lehrperson gibt dazu zunächst
ein paar kurze Instruktionen. Danach sollte das Sitzen auf dem Einrad geübt
werden. Im weiteren Verlauf können die SchülerInnen auch versuchen ein paar
Meter mit Anhalten an der Sprossenwand und/oder eventuell zusätzlich mit der
zweiten Person, welche nebenher mitgeht, zu fahren.
Danach werden die Zweierteams zu Dreierteams erweitert.
Nach anfänglichem Ausprobieren dürfen die SchülerInnen bereits versuchen
ein wenig freier zu fahren, während jeweils links und rechts eine Person stützt.
72
Dies geschieht so lange, bis es klappt, bereits ein paar Meter selbstständig zu
fahren. Dieser Schritt wird von ganz alleine kommen.
Schluss:
Feuer, Wasser, Blitz: Die SchülerInnen bewegen sich nach Anleitung der
Lehrperson mit verschiedenen Fortbewegungsarten durch den Raum: vorwärts,
rückwärts, auf allen Vieren usw. Auf das Kommando „Feuer“ müssen sich alle
auf blaue Matten im Turnsaal begeben, auf das Kommando „Wasser“ klettern
alle schnellstmöglich auf die Sprossenwand und auf das Kommando „Blitz“
müssen alle ihr eigenes Einrad berühren. Die letzte Schülerin oder der letzte
Schüler muss eine bestimmte Aufgabe durchführen: 10 Liegestütz, 15
Kniebeugen oder beispielsweise 10 Strecksprünge.
Didaktische - methodische Überlegungen:
In dieser Einführungseinheit geht es darum, das Gerät kennenzulernen und sich
erstmals daran zu gewöhnen. Zunächst gelingt der Einstieg mit einem Spiel,
welches auch dem Kennenlernen untereinander dienen kann und in dem auch
bereits das Einrad miteinbezogen wird, um mit dem Gerät an sich vertraut zu
werden. Im weiteren Verlauf der Stunde gilt es, sich gleich zu Beginn mit dem
Auf- und Abstieg auseinander zu setzen, da dies essentiell ist, um auch das
Einradfahren zu erlernen. Wenn dies ausprobiert wurde sollte man sich mit dem
Sitzen auf dem Einrad vertraut machen und auch bereits einige Tritte in die
Pedale zu versuchen, um zu erfahren, wie das Einrad auf eigene Aktionen
reagiert.
Es ist wichtig, das Fahren auf dem Einrad beidseitig auszuprobieren. Das heißt:
Wenn man beispielsweise an der Sprossenwand entlang fährt, sollte man auch
versuchen sich einmal umzudrehen und in die entgegengesetzte Richtung
fahren. Geschickte SchülerInnen können bereits das Fahren mit Partnern an
der linken und rechten Seite versuchen. Im Allgemeinen geht es in der ersten
Einheit darum, sich auf die Vorwärts-Rückwärts-Balance zu konzentrieren, die
seitliche Balance wird durch die Stützen in Sprossenwand- oder Kastenform
oder auch durch die Stütze der MitschülerInnen noch ausgeklammert.
73
2. Einheit: Die ersten Meter alleine
Materialien: Balken, Barren, Kästen, Schleifen, Bälle
Einleitung:
Im Turnsaal wird ein Parcours aufgebaut, der später zum Erlernen des
Fahrens mit dem Einrad dient.
Dschungelspiel: Bei diesem Abfangspiel gibt es je nach Gruppengröße ein bis
drei FängerInnen (durch Schleifen erkennbar). Keiner darf den Boden berühren
und läuft nur über und auf den Geräten. Wer gefangen ist, wird zum neuen
Fänger.
Variante: Gefangene werden zu FängerInnen und bleiben dies auch solange,
bis es niemanden mehr gibt, der oder die zu fangen ist. Zuletzt gibt es nur noch
FängerInnen.
Hauptteil
Selbstständiges Üben: Nun wird der Parcours genutzt, um selbstständig das
Fahren mit seitlichen fixierten Stützhilfen zu üben. Solche Stützhilfen können,
Kästen, ein Balken, Barren oder die Sprossenwand sein.
Zum Schluss muss jede/r einmal den gesamten Parcours durchfahren haben.
Dreierteams: Die Dreierteams üben gemeinsam das freie Fahren wie bereits in
der ersten Einheit.
Die Herausforderung innerhalb dieser Teams lautet schließlich, wer die meisten
freifahrenden Meter schafft.
Schluss:
Ausräumspiel: Hierbei sitzt jede/r auf dem Einrad und darf sich fortbewegen,
indem er oder sie mit Hilfe der vorhandenen Geräte weiterfährt. Es wird das
klassische Abschießen gespielt. Wird jemand getroffen, muss die- oder
derjenige ein Turngerät wegräumen (das Einrad bleibt inzwischen im Turnsaal
liegen) und danach darf erst wieder mit dem Einrad mitgespielt werden.
74
Didaktisch - methodische Überlegungen:
In dieser Einheit liegt der Fokus auf dem selbstständigen Fahren, aber noch
mittels Stützhilfen, die in diesem Fall im ganzen Raum verteilt aufgebaut
werden. Durch das spielerische Aufwärmen lernt man die Geräte kennen, die
danach für das Fahren mit dem Einrad benötigt werden. Ziel ist es natürlich,
dass die SchülerInnen am Schluss dieser Einheit schon einige Meter allein
fahren können.
Selbstständiges Trainieren und Üben sind die Schwerpunkte, nicht nur in dieser
Einheit, sondern bei dem gesamten Verlauf des Erlernens dieser zirzensischen
Kunst.
75
3. Einheit: Das selbstständige Fahren intensivieren
Materialien: Barren, Kästen, Schleifen
Einleitung:
Schleifenfangen: Hierbei sitzen alle Kinder auf dem Einrad und dürfen sich
fortbewegen. Einige Barren und Kästen stehen für jene SchülerInnen im Raum,
die noch stützende Hilfe benötigen. Alle SchülerInnen erhalten eine Schleife und
befestigen diese im rückwärtigen Hosenbund.
Nun versucht jede/-r so viele Schleifen wie möglich innerhalb kürzester Zeit zu
erwischen. Sobald man eine Schleife gefangen hat, darf man diese ebenso an
ihrer oder seiner Hose befestigen. Das Spiel nach einer bestimmten Zeit
beendet. GewinnerIn ist jene Person mit den meisten Schleifen.
Hauptteil:
Zweierteams: Sobald zwei SchülerInnen ein paar Meter selbstständig fahren
können, gilt es, zu zweit zu fahren. Sie müssen sich gegenseitig am Oberarm
festhalten und bald wird eine erste Turnsaalquerung möglich sein (vgl. von
Grabowiecki & Lang, 2007, S. 246). Eine weitere stabile Zweierverbindung ist
linke Hand an linke Hand des Partners und die rechte Hand an die rechte Hand
des Partners. Für besonders bewegungsbegabte SchülerInnen ist es so auch
möglich die Richtung zu ändern, ohne dass ein Umgreifen notwendig ist.
Zahlen lesen: Ein/e SchülerIn steht auf einer Linie, blickt in die Richtung einer
zweiten Person, die sich von der stehenden Person auf dem Einrad fahrend
entfernt. Der oder die Stehende zeigt eine Zahl und durch Umschauen muss die
einradfahrende Person erkennen, wie viele Finger es sind. Ziel ist es, nicht von
der Linie abzuweichen (vgl. Anders-Wilkens & Mager, 2006, S. 116).
Aufgabenerfüllung: Die SchülerInnen fahren zu laufender Musik durch den
Raum. Bei Musikstopp gibt die Lehrperson Aufgaben, welche es zu erfüllen gilt-
Diese können sein: einer anderen Person die Hand schütteln, sich zuwinken,
klatschen (vor und hinter dem Körper, über dem Kopf etc.).
76
Schluss:
Versteinern: Hierbei können sowohl bereits freifahrende SchülerInnen als auch
jene, die noch Stütze brauchen (in Form des Barrens, der Sprossenwand oder
von Kästen), mitspielen. Eine Person fängt, alle anderen dürfen erlösen. Wenn
eine Person gefangen wird, muss er oder sie vom Einrad absteigen, sich mit
gegrätschten Beinen hinstellen und ist somit versteinert. Erlöst kann man
werden indem ein/e MitspielerIn durch die Beine krabbelt.
Der/die FängerIn ist durch eine Schleife im Turnsaal gut sichtbar.
Didaktisch - methodische Überlegungen:
In dieser Einheit geht es, wie auch in den vorhergehenden Stunden, um die
Distanzverlängerung des selbstständigen Fahrens. Allerdings wird nun ein
Schwerpunkt auf die Stabilisierung während des Einradfahrens gelegt.
Darum werden auch die Spiele „Zahlen lesen“ und „Aufgabenerfüllung“
durchgeführt. Diese dienen dazu, eine gewisse Sicherheit beim Fahren zu
erhalten. Somit werden die Korrekturbewegungen immer selbstverständlicher
und unbemerkter ablaufen. Das Fahren gelingt mit der Zeit immer lockerer (vgl.
von Grabowiecki & Lang, 2007, S. 247).
77
4. Einheit: Kurvenfahren
Materialien: Hütchen
Einleitung:
Achtung, Geschwindigkeitskontrolle!: Bei diesem Spiel gibt die Lehrperson zu
Beginn durch Handzeichen oder Zahlenkärtchen von die Geschwindigkeit von
1 bis 5 an, mit welcher mit dem Einrad gefahren werden kann. Der Vorteil dabei
ist, dass jede/r für sich relativ individuell die Beschleunigung wählt. Die Zahlen
1 bis 5 sind hierbei wie die Gänge bei einem Auto, je höher, desto schneller
fährt man. Dazu können noch Farbkärtchen verwendet werden, denen gewisse
Orte zugewiesen sind: so kann beispielsweise „Blau“ bedeuten zum Fußballtor
zu fahren, „Rot“ heißt, dass man zur Sprossenwand muss usw.
Hauptteil
Hütchenparcours: Nun kommt es darauf an, das Kurvenfahren bewusst zu
üben. Viele der SchülerInnen werden bereits frei fahren können.
Mittels Hütchen wird im Turnsaal eine Strecke aufgebaut, die es abzufahren gilt.
Dabei sind immer wieder Kurven eingebaut. SchülerInnen versuchen diese
durch die Körperlageveränderung zu schaffen.
Teamarbeit: Zu zweit auf dem Einrad, Hand in Hand, wird nun versucht drei
markierte Kreise im Turnsaal abzufahren. Der freie Arm wird einmal seitlich
ausgestreckt, einmal über dem Kopf gehalten und einmal am Körper angelegt.
Slalom- und Achterfahren: Nun lautet die Aufgabe allein Slaloms und Achter in
der Turnhalle nachzufahren, welche wiederum mit Hütchen markiert wurden.
Schattenfahren: Zum Abschluss des Hauptteils gibt es wieder Teams zu zwei
Personen. Eine/r ist der Zauberer und eine/r der Bär. Der Zauberer verfolgt
zunächst den Bären, dann wird nach Ansage der Lehrperson gewechselt.
78
Schluss:
Abfangen: Der Klassiker - diesmal auf dem Einrad. Eine Person ist Fänger und
übergibt so schnell wie möglich die Rolle an eine/n andere/n SchülerIn durch
Abklatschen.
Didaktisch - methodische Überlegungen
Beim einleitenden Spiel „Achtung, Geschwindigkeitskontrolle!“ lernen die
SchülerInnen auf spielerische Art und Weise, wie man vorgehen muss, um
schneller oder langsamer zu werden. Gleichzeitig werden auch die kognitiven
Fähigkeiten bewusst geschult, indem sich die SchülerInnen auch die Farben,
welche mit verschiedenen Orten im Turnsaal verbunden sind, merken müssen.
Im Hauptteil wird das Kurvenfahren geübt. Durch einen methodischen Aufbau
mittels Hütchen, Partnerübungen und auch in Einzelarbeit werden die
SchülerInnen schnell entdecken, dass ihr ganzer Körper bei den
Richtungsänderungen eine Rolle spielt.
Abschließend wird im Hauptteil noch das Schattenfahren durchgeführt, wobei
die SchülerInnen dem Teammitglied genauestens folgen müssen. Hierbei wird
das Erlernen des Kurvenfahrens intensiviert.
Zum Schluss kann erstmalig versucht werden, das klassische Spiel „Abfangen“
durchzuführen. Dies wird vielen bereits enormen Spaß bereiten, vor allem jenen
SchülerInnen, die auf ihren Einrädern schon recht sicher unterwegs sind. Doch
auch jene, die noch nicht ganz so gelassen auf dem Sattel sitzen, lernen dabei
enorm viel und dürfen als Stützhilfe die Sprossenwand verwenden.
79
5. Einheit: Tricks erlernen und einüben
Diese Einheit ist unabhängig von den anderen zu sehen, je nach
Leistungsniveau der SchülerInnen müssen davor eventuell noch einige Stunden
damit verbracht werden den SchülerInnen die notwendige Sicherheit auf dem
Sattel beizubringen.
Nun sollen aber noch einige Tricks methodisch aufbauend erklärt werden, die
dann ohne weiteres im regulären Schulbetrieb gelehrt werden können.
Materialien: Turnmatte, Sprungbretter, Turnbänke, Hütchen, Seile, Reifen
Einstieg:
Ein großes Auf und Ab: Im Turnsaal wird ein Parcours aufgebaut. Die
SchülerInnen müssen dabei über Turnmatten und auf Bänken entlang sowie
über Sprungbretter, Seile oder um Reifen herum fahren. Der Kreativität sind
dabei keine Grenzen gesetzt.
Hauptteil:
Stationenbetrieb: - Erlernen verschiedener Tricks
1. Kick-up: Dies ist ein artistischer Aufstieg, bei dem das mit der rechten
Seite am Boden liegende Einrad händisch zunächst nicht berührt wird.
Ein Fuß steht auf dem Pedal und übt Druck aus (Verlagerung des
Gewichts), während der andere mit dem Spann unter dem Sattel lagert
und mit Entschlossenheit den Sattel nach oben zieht. Das Rad richtet sich
auf und wird in Richtung der rechten Innenseite des Oberschenkels
gebracht. Beide Füße werden auf die Pedale gestellt und das Fahren geht
los.
2. Wheel-Walking: Hierbei wird das Einrad zum „Laufrad“. Durch das Laufen
der Füße auf dem Reifen bewegt sich das Einrad fort. Der Fuß wird von
der Fußspitze bis zur Ferse abgerollt.
80
Diese Bewegung ähnelt sehr stark dem Rückwärtslaufen. Zu Beginn
werden wieder zwei Kästen genützt, um es zu erlernen. Anschließend
erfolgt die Übung nur noch mit einseitigem Stützen.
3. Springen: Zunächst wird das beidbeinige Hüpfen auf verschiedenen
Untergründen ohne das Einrad geübt (nur die Sprunggelenke werden
benützt, Knie sind durchgestreckt), danach das Hüpfen mit leicht
versetzten Beinen (so wie die Position am Einrad ist). Anschließend kann
das Springen bereits mit dem Einrad versucht werden.
4. Rückwärtsfahren: Hierbei werden Dreierteams gebildet. Die Person am
Einrad hält sich an den zwei Partnern an den inneren Schultern fest, die
in Fahrtrichtung mitgehen. Es wird solange geübt, bis es schließlich nur
mit Handfassung gelingt.
Wer diesen Schritt geschafft hat, kann das Ganze mit einem/r Helfer/in
versuchen. Diese/r sollte immer wieder die Seite wechseln, um eine
Einseitigkeit zu vermeiden.
Als nächstes kann versucht werden, an einer Wand entlang zu fahren
(hierbei sollten auch immer die Seite gewechselt werden). Der letzte
Schritt gilt dem freien Fahren. Dabei sollte zunächst nur auf geraden
Flächen gefahren werden, wobei im Anschluss bereits Kreise, Slaloms
und Achter gefahren werden können (gekennzeichnet mittels Hütchen).
Schluss:
Paar fangen & Ketten fangen: Zum Abschluss dieser Stunde wird wieder in der
Gesamtgruppe gespielt. Zunächst das „Paar fangen“, wobei zwei SchülerInnen
Hand in Hand losfahren und versuchen andere MitschülerInnen zu fangen.
Gelingt dies, wird die Kette länger.
Bei einer Anzahl von vier Personen bilden sich zwei Paare, solange bis niemand
mehr allein fährt, geschieht dieser Teilung immer wieder von neuem.
Beim „Ketten fangen“ beginnt eine Person zu fangen und sobald jemand
gefangen ist gilt dieselbe Regel wie beim „Paar fangen“. Allerdings bleibt die
Kette aufrecht bis niemand mehr zu fangen ist, ohne dass sich Paare bilden.
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Didaktisch - methodische Überlegungen:
Beim Einstiegsspiel geht es darum, dass die SchülerInnen über Unebenheiten
zu fahren lernen. Dabei werden die Koordination und das Gleichgewicht auf
höchstem Niveau geschult.
Im Hauptteil dürfen sich die SchülerInnen individuell aussuchen, welche Tricks
sie gerne lernen möchten. Zu Beginn werden alle Stationen von der Lehrperson
erläutert (bei jeder Station liegen nochmals Erklärungen auf). Während des
Übens steht die Lehrperson mit Tipps und Hilfestellung zur Verfügung.
Bei der ersten Station wird der „Kick-up-Start“ geübt. Diese Variante des
Aufstieges ist bereits eine sehr komplexe Version und erfordert viel
Geschicklichkeit und Geduld.
Die zweite Station: Das „Wheel-Walking“ wird hierbei zunächst einmal
theoretisch verstanden, denn die Praxis benötigt viele Übungsstunden bis diese
Technik beherrscht wird. Doch jede Übungszeit bringt die SchülerInnen dem
Ziel näher.
Bei der dritten Station wird das Springen erlernt. Dabei ist es am Einrad wichtig
stets in Kontakt mit den Pedalen zu sein, die Füße sollten leicht nach innen
gedreht sein, der Sattel wird mit den Oberschenkeln eingeklemmt und somit
kommt der Schwung beinahe nur aus den Sprunggelenken.
Bei der Entscheidung für die vierte Station gibt es die Möglichkeit das
Rückwärtsfahren zu intensivieren oder für manche auch ganz neu zu lernen.
Für den gesamten Stationenbetrieb gilt, dass sich die SchülerInnen individuell
für Stationen entscheiden können. Die Übungszeit für die Stationen ist mittels
Musik vorgegeben. Bei jedem Musikstopp kommt es zu einem
Stationenwechsel (wieder nach Wahl).
Der Grund für die freie Auswahl liegt darin, dass mit großer Sicherheit die
Leistungsniveaus der SchülerInnen unterschiedlich sind. Somit kann aber jede/r
individuell gefördert werden.
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Den Schluss bilden zwei Abfangspiele, wobei Teamfähigkeit gefragt ist. Die
SchülerInnen müssen versuchen zusammenzuarbeiten. Noch dazu gilt es, das
Fahren als Gruppe in einer langen Kette zu koordinieren. Dies stellt eine große
Herausforderung dar und benötigt immer wieder einige Versuche.
All diese Stundenbilder dienen zur Vorlage, um das Einradfahren in den
Sportunterricht einzuführen. Wenn diese Basis gelegt wurde, folgt der nächste
Schritt - das Fahren mit diesem faszinierenden Fortbewegungsmittel in die
Schule außerhalb des Sportunterrichts zu integrieren.
11.1.2 Stundenbilder zur Jonglage im Sportunterricht
Beim Lehren der Jonglage sind einige Aspekte zu beachten, denn das Erlernen
sollte Spaß machen und nicht allzu lange dauern, bis sich Erfolge einstellen.
Hier ist für die Lehrperson sehr stark ersichtlich, auf welche Art und Weise
gelernt wird, wann die Konzentration nicht mehr vorhanden ist und wo die
Grenzen der Wahrnehmungs- und Koordinationsfähigkeit bei jeder einzelnen
Person liegen.
Der Unterricht sollte die SchülerInnen bei ihren bisherigen Leistungen abholen.
Auf die Augen-Hand-Koordinationserfahrungen, die Bewegungs-
geschicklichkeit und das Alter muss zunächst eingegangen und
dementsprechend gelehrt werden (vgl. von Grabowiecki & Lang, 2007, S. 151).
Nach Grabowiecki und Lang (2007, S. 152) gelten folgende Faustregeln für die
Praxis:
- Jonglieren mit Tüchern sowie Geschicklichkeitsübungen mit Bällen
können bereits in der Volksschule durchgeführt werden.
- Ein sicheres Spielen mit drei Bällen geschieht meist im Alter von 9 oder
10 Jahren.
- Jonglieren mit Keulen oder Ringen ergibt meist erst nach dem Erlernen
der Kaskade mit drei Bällen Sinn.
Beim Lernen des Jonglierens gilt dasselbe wie beim Einradfahren: Die
Grenzen der eigenen Fähigkeiten werden oftmals sehr schnell erreicht und
83
darum sollte ein abwechslungsreicher Aufbau des Unterrichts gegeben sein.
Angeleitete Jonglierspiele und Übungsphasen im Wechsel mit freien
Übungsphasen sowie Partner- und Gruppenübungen können eine Vielfalt
während der Sportstunden garantieren.
Doch nach anfänglichen Schwierigkeiten beginnt bei vielen oftmals eine Art
Wissensdurst im Jonglierbereich, welcher kaum gestillt werden kann. Durch
die Verbindung vom Zusehen und dem eigenständigen Tun entsteht ein
gewisses Bewegungs-Know-how und in weiterer Folge die Bewegungskunst
und damit die Jonglierkunst.
Jonglieren trägt dazu bei „[…] mit dem ganzen Gehirn und somit
harmonischer und ganzheitlicher an (Lern-)Situationen heranzutreten, sich
Problemen zu stellen und so das Leben besser zu bewältigen“ (Kelber-Bretz,
2002, S. 64).
84
1. Einheit: Das Kennenlernen der Materialien
Materialien: keine Zusatzmaterialien notwendig
Einleitung:
Farbenfangen: Es werden Bälle mit unterschiedlichen Farben ausgeteilt. Die
SchülerInnen bewegen sich zur Musik durch den Raum und sollen den Ball
dabei in der Luft halten. Bei Musikstopp wird angesagt, welche Farbe den
Fänger oder die Fängerin kennzeichnet (wechselt immer wieder). Wer gefangen
ist, bleibt an einem Platz wie versteinert stehen und versucht, nur seinen/ihren
Ball mit einer Hand zu werfen und wieder zu fangen. Dann läuft die Musik weiter
und alle SchülerInnen dürfen sich ohne jegliche FängerInnen wieder bewegen
usw.
Farbenaufgabe: Die SchülerInnen müssen sich vier Übungen (jeweils 10 Stück
pro Übung werden durchgeführt) zu den jeweiligen Farben merken:
- Grün: Strecksprung
- Blau: Liegestütz
- Gelb: Kniebeuge
- Rot: Sit-up
Die SchülerInnen bewegen sich wieder mit einem Ball durch den Raum, welcher
ständig geworfen und gefangen wird. Bei Musikstopp werden die Übungen
ausgeführt und gleich danach wird der Ball mit einer anderen Person getauscht.
Hauptteil:
Zweierteams werden gebildet (nach freier Wahl): Bei ersten, zweiten, vierten
und fünften Übung ist das Team dazu da, sich gegenseitig zu korrigieren und
zu motivieren. Hingegen ist bei der vierten Station das Teamspiel gefragt.
Die verschiedenen Übungen werden an unterschiedlichen Plätzen im Turnsaal
durchgeführt, um die Stunde immer wieder ein wenig aufzulockern.
85
1. Fangen und Werfen:
Nur ein Ball wird in eine Hand genommen, eine Unterarmlänge entfernt bis auf
Stirnhöhe geworfen und wieder mit derselben Hand gefangen. Aufgabe ist es,
die Bälle etwa immer gleich hoch zu werfen.
2. 8er-Figur: Ein Ball wird mit kreisenden Bewegungen in einer gedachten
Vertikalebene vor der Brust von Hand zu Hand geworfen. Dabei nimmt die
Wurfkurve etwa eine liegende Acht an.
3. Partnersäule: Zweierteams bilden sich und A hält in beiden Händen einen
Ball, B nur in einer Hand. Es wird im Uhrzeigersinn weiter geworfen und zwar
im Wurfrhythmus der Dreiballkaskadensäulen (gerade nach oben geworfene
Bälle).
4. Kreuzen-Werfen: Nun wird erstmals mit zwei Bällen selbstständig trainiert. In
jeder Hand befindet sich ein Ball. Der erste Ball wird wie bereits geübt
geworfen. Der zweite Ball startet allerdings erst, wenn der erste Ball den
Höhepunkt erreicht hat. Beide Bälle kreuzen sich in der Luft und wechseln
die Hände. Zuerst muss man die Bälle nicht unbedingt fangen, da man sich
zunächst auf den Wurf konzentriert.
5. Kreuzen-Fangen: Nun sollte versucht werden die Bälle auch wieder zu
fangen. Hilfreich kann hierbei auch sein zu zählen oder zu sprechen:
„Werfen, werfen, fangen, fangen“.
Schluss:
Free- Flow- Oddgood (vgl. Hollauf & Sobota, 2013, online):
Die SchülerInnen bilden je nach Anzahl zwei bis drei Kreise (5-8 Personen).
Jeder Kreis steht hierbei für sich. Jede/r SchülerIn hält zwei Bälle in den
Händen, nur ein/e SpielerIn hat noch einen dritten Ball. Diese Person wirft mit
der Hand, in der er/sie zwei Bälle hält, einen Ball zu einer/m MitspielerIn.
Der Wurf soll möglichst genau sein und auf jeden Fall eine hohe Flugbahn
besitzen, sodass der/die FängerIn genügend Zeit zum Reagieren hat.
86
Der/die FängerIn sollte einen seiner/ihrer Bälle rechtzeitig (und wiederum in
einem hohen Bogen) zu einem/r MitspielerIn werfen und möglichst den zu
ihm/ihr geworfenen Ball fangen. Das Spiel ist aus, wenn kein/e SpielerIn einen
Ball werfen kann, bevor der davor geworfene Ball gefangen wird oder den
Boden berührt (kann dann wieder von Neuem begonnen werden).
Didaktisch-methodische Überlegungen:
Zu Beginn liegt das Augenmerk auf der Gewöhnung an die Jonglierbälle und
das Erwärmen des Körpers.
Für den Hauptteil gilt, dass sich die SchülerInnen selbstständig in Zweierteams
zusammenfinden dürfen, da sie in der folgenden Stunde gut und effektiv
zusammenarbeiten und kooperieren sollten, um eine Steigerung der
Lernleistung zu erhalten. Bei der vierten Übung hilft es zunächst, sich nicht auf
das Fangen zu konzentrieren. Aus der Lage der Bälle am Boden und des
Aufprallrhythmus können Ungenauigkeiten erkannt werden.
Grundsätzlich sollte berücksichtig werden, dass die Lehrperson im Hauptteil
dieser Stunde die SchülerInnen besonders differenziert fordern muss. Wenn
jemandem diese Übungen bereits leicht fallen, kann auch schon zur
Dreiballkaskade übergegangen werden. Die Lehrperson soll zudem bedacht
sein, die SchülerInnen immer wieder zu korrigieren, ihnen Hilfestellungen zu
geben und die besseren SchülerInnen zu fördern.
Zum Abschluss werden nochmals das Ballgefühl und die Genauigkeit der
Wurfkurve trainiert, aber auch der Spaß und die Freude an der Jonglage sollte
dabei entfacht werden, sofern dies nicht bereits geschehen ist.
.
87
2. Einheit: Die Dreiballkaskade
Materialien: Kästen, Matten, Reifen, Seile, Teppichfliesen, Turnbänke usw. (für
den Lauf zu Beginn)
Einleitung:
Hindernislauf: Die SchülerInnen sollen zu Beginn einmal den Hindernislauf
durchlaufen haben, welcher je nach Kreativität der Lehrperson gestaltet werden
kann (oder auch gemeinsam mit den SchülerInnen) Danach bekommt jede
Person zwei Bälle. Das Kreuzen und Werfen der vorhergehenden Stunde wird
wiederholt. Wenn dies kurz geschehen ist, soll der Lauf mit den Bällen
geschehen, welche ständig in Bewegung bleiben sollten.
Hauptteil:
1. 3er Werfen: Nun werden zum ersten Mal drei Bälle geworfen. Das Werfen
steht aber noch im Vordergrund und die Bälle sollten zu Beginn sogar am
Boden landen. (Der Rhythmus der fallenden Bälle sollte möglichst
gleichmäßig geschehen.)
2. Dreiballkaskade - 4er-Wurf: Nun wird nur vier Mal geworfen (um zunächst
Kontrolle über das Bewegungsmuster zu haben).
3. Bodenkaskade: Die Bälle werden am Boden im umgekehrten
Kaskadenmuster, also von außen nach innen, geworfen (die äußeren
Bälle über die inneren).
4. Dreiballkaskade: Nun wäre das Ziel so oft wie möglich rhythmisch, in
richtiger Reihenfolge zu werfen. Hierbei kann auch ein kleiner Wettkampf
zwischen der gesamten Klasse entstehen, wenn die Gemeinschaft im
Klassenverband stimmt. Wer schafft die meisten Würfe hintereinander?
Variation: Mit ungewohnten Bällen jonglieren, mit drei unterschiedlichen
Bällen, hoch oder niedrig usw.
88
Schluss:
Rundenwettlauf: Wer schafft in einer vorgegeben Zeit die meisten Runden im
Turnsaal? Die SchülerInnen, welche die Dreiballkaskade noch nicht vollständig
beherrschen, dürfen dies auch mit zwei Bällen ausprobieren (allerdings mit
unterschiedlichen, bspw. Tennis- und Volleyball).
Didaktisch - methodische Überlegungen:
Zu Beginn wird das Spiel mit zwei Bällen nochmals wiederholt und weiters auch
von der totalen Fokussierung auf die Bälle durch einen Hindernislauf abgelenkt.
Darauf aufbauend kann in den Hauptteil gestartet werden. Die Dreiballkaskade
steht bevor und ist das Ziel dieser Stunde. Durch unterschiedlichste Übungen
und eine methodische Reihe ist es für alle möglich, dies zu erlernen. Da jede
und jeder eine andere Zeitspanne dafür benötigen wird, gilt es, immer wieder
Variationen anzubieten und als Lehrperson auf andere Möglichkeiten
hinzuweisen. Die Organisation ist im Hauptteil wieder dieselbe wie in der ersten
Einheit. Dies hat den Vorteil, dass die SchülerInnen die Vorgangsweise bereits
kennen und sich relativ schnell einfinden können. Allerdings soll nun ein
anderes Teammitglied gesucht werden als zuvor.
Um möglichst viele SchülerInnen in ihrem Lernprozess abzuholen, werden
derartig viele differenzierte Übungen angeboten.
Der abschließende Wettkampf im Hauptteil kann je nach Lernfortschritt in der
Klasse durchgeführt werden. Dieser kann dazu dienen, die Motivation der
SchülerInnen zu fördern.
Allerdings ist es auch möglich, dass einige durch den Wettkampfgedanken die
Freude verlieren. Dabei kann man auch die Freiwilligkeit der Teilnahme
anbieten.
Zum Abschluss der Einheit gilt es, beim Rundenlauf nochmals alles zu geben.
Jede Person wird nun für sich bemerken, wo sie im Lernprozess gerade steht
und welche Erfolge bei dem Erlernen des Jonglierens bereits erzielt wurden.
89
3. Einheit: Weitere Basiswürfe
Materialien: Jongliertücher (eventuell für den Schlussteil der Einheit)
Einleitung:
Joggling: Während des Laufens wird mit drei Bällen jongliert. Bei einem
Musikstopp wird am Stand jongliert oder es erfolgt eine Bewegungsaufgabe, wie
bspw.: übergib einen Ball an einen Partner, laufe rückwärts, lasse alle drei Bälle
fallen und mache drei Liegestütz usw.
Joggling - Staffel: Zwei bis vier Teams laufen in Form einer Wendestaffel
jonglierend gegeneinander. Eine Person wartet immer mit 2 Bällen an der
Startlinie. Der dritte Ball wird von dem/der Gelaufenen aus der Jonglage an die
nächste Person übergeben. Regeln: Wer einen Ball verliert, muss diesen
aufheben und darf erst dann weiterlaufen, wenn wieder eine Kaskade jongliert
wird. Welches Team als erstes die Strecke durchlaufen ist, hat gewonnen.
Hauptteil:
Wiederholung der Dreierkaskade: Für alle, besonders aber für diejenigen,
welche dieses Muster noch nicht vollständig beherrschen, gilt es, dies nochmals
zu wiederholen und zu üben. Ziele können gesetzt werden, zum Beispiel 25x
die Kaskade zu werfen, 50x die Kaskade zu werfen usw.
Stationenbetrieb in Zweierteams:
Zweierteams werden diesmal von der Lehrperson eingeteilt.
Säulen werfen: Einen weiteren Basiswurf nebst der Kaskade bilden die Säulen.
Ein Ball wird in der Mitte und zwei Bälle außen geworfen (jeder Ball hat seine
eigene Bahn wie eine „Säule“). Dabei jongliert eine Hand zwei Bälle und die
andere Hand einen Ball.
- Originalsäule:
1. Lernschritt: Dabei wird mit einem parallelen Säulenwurf rechts und links
begonnen.
2. Ein dritter Ball kommt hinzu und wird in der Mitte hochgeworfen.
90
3. Es wird mit dem mittleren Ball begonnen und die äußeren Würfe kommen
hinzu.
Variation Nummer 1: Die Säulen werden jongliert, die Bälle bleiben auf
denselben Plätzen und nur die Hand wird bei jedem Wurf gewechselt. Das
Bild von außen ergibt dasselbe wie bei der originalen Säule, nur etwas
eleganter und symmetrischer.
Variation Nummer 2: Das klassische Säulenmuster wird jongliert, nur die
eine Hand, welche einen Ball bis jetzt geworfen hat, führt ihn nun nach oben.
Dabei können auch mit dieser Hand unterschiedlichste Formen gezeichnet
werden.
Federball/Tennis:
Die normale Kaskade verändert sich ein wenig. Ein Ball wird konkret
ausgesucht und über die anderen Bälle hinweggeworfen (immer von links
nach rechts). Die anderen beiden Bälle werden aber ganz klassisch
weitergeworfen.
Flash:
Alle drei Bälle werden so schnell wie möglich hintereinander in die Luft
geworfen. Dabei hat man für einen kurzen Moment keinen Ball mehr in der
Hand (man kann in die Hände klatschen oder sich um die eigene Achse
drehen).
1. Zwei Bälle werden in die rechte und einer in die linke Hand genommen.
Diese werden dann so schnell losgeworfen, dass alle kurz in der Luft sind,
bevor der erste wieder gefangen wird.
2. Die Kaskade wird jongliert und zwischendurch ein Flash geworfen.
Schluss:
In Viererteams wird für alle anderen SchülerInnen eine kurze Präsentation
der Tricks, welche bis jetzt erlernt wurden, durchgeführt. Die Zeitvorgabe
beträgt 2-3 Minuten.
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Didaktisch - methodische Überlegungen:
Zu Beginn wird versucht, die Aufmerksamkeit weg von der Jonglage zu
lenken und auf das Laufen, den Wettkampf hin. Die Dreiballkaskade wird
somit bereits zu Beginn der Einheit unbewusst geübt. Für all jene, denen
dieser Basiswurf noch schwer fällt, können zwei Bälle statt drei verwendet
werden.
Im Hauptteil soll zunächst die Dreiballkaskade wiederholt und geübt werden,
welche die Basis für weitere Tricks bildet. Anschließend werden mittels
Stationenbetrieb in Teams verschiedenste klassische Variationen mit den
Bällen erarbeitet. Der Fokus liegt auf der Selbstständigkeit und dem eigenen
Erarbeiten im Unterricht. Die Lehrperson wird Kärtchen mit Bildern auslegen,
welche die einzelnen Variationen erklären, nachdem alles einmal vor der
gesamten Klasse erläutert wurde. Im Hauptteil sollte der oder die LehrerIn
die SchülerInnen relativ alleine in dieser Übungsphase lassen.
Die Kreativität der Lernenden wird dabei gefördert, allerdings kann die
Lehrperson mit Rat und Tat zur Seite stehen und den Überblick behalten,
damit niemand ein falsches Muster erlernt. Das Ziel ist nicht, bereits alle
Muster perfekt zu beherrschen, sondern zunächst einen kleinen Einblick zu
erhalten, was mit den Bällen im Zuge der Jonglage geschehen kann.
Abschließend wird in Viererteams (zwei Gruppen aus dem Hauptteil finden
sich zusammen) eine kurze Vorführung geplant.
Dadurch wird den SchülerInnen bewusst, welches Niveau sie beim
Jonglieren bereits innerhalb kürzester Zeit erreicht haben. Außerdem wird
ihr Selbstbewusstsein durch diese kleine Aufführung gestärkt, welche auch
schon einen Vorgeschmack auf eine eventuelle Abschlussvorführung vor
etwa den Eltern, Freunden usw. gibt.
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4. Einheit: Die spielerische Einheit
Materialien: Fußbälle, Kleintore
Einleitung:
Tschebetschex Tschellentsch: Die SchülerInnen werden in 6-8er Teams
werden die SchülerInnen eingeteilt und bilden eine Gasse. Während alle die
Dreiballkaskade ausführen, wird mit den Füßen ein Fußball weitergespielt. (vgl.
Hollauf & Sobota, 2013, online).
Hauptteil:
Fußball mit Jonglage: (Teamfindung: Bilder von Zirkusartisten werden in jeweils
drei Teile geschnitten. Die Personen mit den zusammenpassenden Teilen
bilden nach kurzem Suchen ein Bild/Team.)
Zwei Teams zu jeweils drei Personen treten gegeneinander an und spielen mit
dem Fußball auf Kleintore. Während des Fußballspiels wird ständig jongliert.
Wenn ein Jonglierball auf den Boden fällt, darf nicht mit dem Fußball
geschossen werden. Gespielt wird auf fünf Punkte und danach werden die
Teams gewechselt.
Schluss:
Ball Combat:
Innerhalb eines Spielfelds beginnen alle gleichzeitig mit drei Bällen zu
jonglieren. Ziel ist es, den anderen MitspielerInnen die Bälle auf irgendeine Art
und Weise zu entfernen, ohne dass die eigenen Bälle auf den Boden fallen
(nicht erlaubt ist, mit den Füßen zu treten). Die Person, welche zuletzt noch
jongliert, gewinnt (vgl. ebd.).
Didaktisch - methodische Überlegungen:
Diese Einheit steht ganz im Zeichen des Spielens und des Wettkampfes. Dabei
wird die Dreiballkaskade endgültig gelernt und sollte somit bereits zu einer
gewohnten, beinahe automatischen Bewegung werden.
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In der Einleitung wird die Übung „Tschebetschex Tschellentsch“ durchgeführt.
Dabei wird bereits auf den Hauptteil hintrainiert.
Denn den Mittelpunkt der Einheit stellt das Fußballspiel dar. In Kleingruppen
von sechs Personen wird ein Fußballspiel auf Kleintore ausgetragen, wobei
ständig jongliert wird. Es besteht auch die Möglichkeit, einen richtigen
Turnierplan aufzuhängen, in welchen die Teams jeweils ihre Ergebnisse
eintragen. Jedes Team sollte am Ende der Einheit gegen alle anderen
angetreten sein.
Den Abschluss bildet das Spiel „Ball Combat“. Dabei steht der
Wettkampfgedanke nochmals im Vordergrund. Das Ziel ist es, die
Dreiballkaskade vollständig zu automatisieren. Nebenbei gilt es, die anderen
SpielerInnen an ihrer eigenen Jonglage zu behindern.
94
5. Einheit: Tricks erlernen und üben
Materialien: keine Zusatzmaterialien notwendig
Einleitung:
Ruhestörung: Zwei SchülerInnen stehen sich gegenüber und beginnen
gleichzeitig mit der Dreiballkaskade.
Wer zuletzt noch jongliert, hat gewonnen und erhält einen Punkt. Erlaubt ist es,
die/den MitschülerIn zu stören (kein Fuß darf eingesetzt werden und nichts, was
sich verletzend auswirkt), allerdings dürfen die eigenen Bälle dabei auch nicht
hinunter fallen.
Die gewonnenen Punkte werden gezählt und jene Person, welche als erste fünf
Punkte hat, darf sich eine Aufgabe für die/den MitschülerIn ausdenken,
beispielsweise 10 Liegestütz. Gespielt wird auf 3 gewonnene „Battles“.
Hauptteil:
Tricks erlernen
Shower:
1. Ein Ball wird von der rechten in die linke Hand geworfen und von dort
in die rechte übergeben.
2. Mit zwei Bällen wird in der rechten Hand nun gestartet, um diese schnell
hintereinander zu werfen und mit links zu fangen. Ein Ball wird nach
rechts übergeben.
3. Nun wird versucht, den ersten geworfenen Ball, wenn er mit der linken
Hand gefangen wird, sofort in die rechte zu übergeben. Auf die Art, dass
der nachkommende Ball auch noch mit links gefangen werden kann.
4. Den abschließenden Schritt bildet der Start mit drei Bällen. Zwei in der
rechten und einer in der linken Hand (vgl. Voßkühler, 2007, S. 38).
Krallen:
Die Bälle werden hierbei von oben gegriffen und in dieser Haltung auch
abgeworfen und gefangen (gekrallt).
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Gestartet wird mit einem Ball und danach kommt immer ein Ball hinzu. Das
Wurfmuster ist dasselbe wie bei der klassischen Dreiballkaskade die liegende
Acht (vgl. Gaal, 1999, S. 33).
Körperwürfe:
Bei den Körperwürfen wird ein Ball oder jeder Ball hinter, unter oder um ein
Körperteil geworfen.
Im folgenden Teil werden verschiedene durchführbare Beispiele gebracht:
- Unter dem Bein durchwerfen und wieder fangen
- Hinter dem Rücken schräg nach vorne werfen und fangen
- Hinter der Schulter fangen und gerade nach vor zu derselben Hand
werfen
Wenn die einzelnen Würfe beherrscht werden, können diese Kunststücke
beispielsweise in die Dreiballkaskade integriert werden.
Schluss:
Partnerjonglage
Zuwerfen: Eine Person wirft dem anderen einen Ball nach dem anderen zu und
bei dem dritten wird mit der Kaskade begonnen.
Passing mit sechs Bällen: Zu Beginn jongliert jeder für sich, aber gemeinsam im
selben Rhythmus (beim Erlernen kann mitgezählt werden). Dann kann das
Passen beginnen. Es wird gemeinsam weitergezählt und das Team sollte sich
ein Stichwort überlegen, z.B. „Wurf“, bei dem der rechte Ball in einem hohen
Bogen in die linke Hand des Partners/der Partnerin geworfen wird. Zunächst
sollte sehr langsam begonnen werden, das Tempo kann anschließend noch
gesteigert werden. Welches Team schafft zum Abschluss die meisten Pässe?
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Didaktisch - methodische Überlegungen:
Es wird mit einem Spiel in die Einheit gestartet. Zwei SchülerInnen stehen sich
gegenüber und versuchen, sich gegenseitig die Bälle aus den Händen zu
schlagen.Dabei wird der Kreislauf in Schwung gebracht und auf die kommende
Einheit. Außerdem darf der/die MitschülerIn sich für den/die VerliererIn eine
Übung ausdenken, die auch die Muskulatur kräftigt.
Im Hauptteil liegt das Augenmerk auf dem Kennenlernen und eventuell bereits
Erlernen neuer Tricks. Der Shower, das Krallen und die Körperwürfe sind bereits
sehr anspruchsvolle Jonglagevarianten und benötigen bei manchen ein großes
Maß an Geduld.In dieser Stunde sollen sich die SchülerInnen selbstständig
nach einer kurzen Erklärung der Lehrperson einen Trick aussuchen, welchen
sie gerne erlernen möchten, und können mit den MitschülerInnen diesen dann
an einem gekennzeichneten Platz im Turnsaal üben. Ziel ist es, dass sich die
SchülerInnen untereinander helfen, da alle auf unterschiedlichen
Leistungsniveaus sein werden und sich somit gegenseitig Tipps geben können.
Zum Abschluss steht die Partnerjonglage noch am Programm. Dabei gibt es
grundsätzlich zwei Grundprinzipien, denn entweder werden drei Bälle von
Partnern in unterschiedlichen Variationen jongliert und ausgetauscht oder jede
Person hat drei Bälle und diese werden in einem fortlaufenden Muster jongliert.
Diese Variation wird „Passing“ genannt und auch in dieser Einheit durchgeführt.
Wenn dieses Passing mit zwei Personen gut klappt, dann kann es auch mit
mehreren Personen versucht werden.
Hier wird zunächst die einfachste Variante versucht, indem eine Person der
zweiten Bälle einfach nur zuwirft und diese mit der klassischen Kaskade
beginnt. Im zweiten Schritt wird das Passing zu zweit erlernt und zum Ende hin
kann noch im Klassenverband versucht werden, wer denn die meisten Pässe
schafft.
Viele der bereits erlernten Tricks können auch in das Passing - Muster
eingebaut werden (vgl. Burgstahler & Lang, 2007, S. 157).
97
12. Zusammenfassung und Ausblick
„Lernen, Denken, Kreativität und Intelligenz sind nicht nur Prozeßabläufe [sic!]
unseres Gehirns, sondern des ganzen Körpers“ (Hannaford, 1996, 11).
Zusammenhänge zwischen Kognition und Bewegung, Einflüsse von der
Bewegung auf das Lernen und vor allem auf die Lern- und Leistungsfähigkeit
sind gegeben.
In der vorliegenden Arbeit wurde dargelegt, dass Bewegung absolut notwendig
für das Lernen ist. Durch körperliche Aktivität werden geistige Fähigkeiten
erweckt und auch aktiviert. Bewegung hat direkte Einflüsse auf die Lernleistung,
denn es wird im Gehirn die Fertigkeit erhöht, Dinge aufzunehmen und neue
Informationen zu verarbeiten.
Körper und Geist können und dürfen nicht mehr strikt voneinander getrennt
werden, sondern haben aufeinander unterstützende positive Auswirkungen.
Oftmals wird der Prozess des Denkens vor allem auch in der Schule als ein
körperloser gesehen, jedoch erhält das Gehirn über die Sinnesorgane ständig
Informationen aus der Umgebung. Daraus erleben wir die Welt und somit
können auch die SchülerInnen den Unterrichtsstoff mit Hilfe von Bewegung
besser erleben und behalten.
Für die Förderung der vermehrten Bewegung wurden in dieser Arbeit die
Äquilibristik, hier das Einradfahren, und die Jonglage gewählt. Diese
koordinativen und das Gleichgewicht beanspruchenden Bewegungsabläufe
fördern und fordern die Motorik, aber auch das Gehirn auf höchstem Niveau.
Aufgrund dieser zirzensischen Künste erfahren die SchülerInnen viele positive
Erlebnisse. Sie lernen ihre eigenen Grenzen immer wieder auf ein Neues
kennen, schöpfen ihr persönliches Potenzial aus und gewinnen an
Selbstvertrauen. Daraus entsteht oftmals eine größere Selbstsicherheit im
Auftreten im Klassenverband, die Motivation für das Lernen im Schulalltag wird
gesteigert und somit beginnt den SchülerInnen der Besuch der Schule immer
mehr Freude zu bereiten. Dadurch kann sich auch die Leistung im Unterricht
verbessern und erhöhen.
98
Die vorliegenden praxisnahen Stundenbilder für die Jonglage und das
Einradfahren sollen Lehrpersonen vor allem für den Schulalltag dazu anregen,
Neues auszuprobieren, um Abwechslung zu schaffen und auch den vorwiegend
bewegungsarmen Unterricht aufzulockern. Eventuell können die ersten Inputs
im Sportunterricht erfolgen, um daran in der Pausengestaltung anzuknüpfen.
Allerdings kann vor allem die Jonglage auch im Unterricht selbst eingesetzt
werden.
Darüber hinaus sollte die künstlerische Bewegungsintervention jedoch nicht nur
zu einer Änderung in der Gestaltung des Unterrichts und einem höheren
Pensum an körperlicher Aktivität im Schulbetrieb führen, sondern auch aufgrund
der Leistungssteigerung der kognitiven Kompetenzen eingesetzt werden.
Studien nach Draganski, Buck et al, Sibley und Etnier zeigten in
verschiedensten Bereichen, dass körperliche Aktivität das menschliche Gehirn
positiv beeinflusst. Denn das Lernen fällt durch Bewegung leichter, hier sei
nebst den vielen anderen Gründen einerseits die Methodenvielfalt und
andererseits die Dopaminausschüttung durch Bewegung, welche die Motivation
steigert und Lernerfolge nach sich zieht, erwähnt.
Um nur einen von vielen positiven Einflüsse auf die Lernleistung hervorzuheben,
sei gesagt, dass bei der Jonglage und auch beim Einradfahren das
Zusammenarbeiten beider Gehirnhälften ständig gefordert wird und sich
dadurch das kognitive Niveau steigert.
Diese Arbeit gibt nur einen kleinen Einblick in die Zusammenhänge von
körperlicher Aktivität und den Vorgängen in unserem Gehirn sowie die daraus
resultierende Lernleistung. Allerdings steht eines fest: Bewegung und der
Unterricht dürfen nicht mehr unabhängig voneinander erwähnt werden, sondern
müssen in Zusammenhang stehen. Die SchülerInnen lernen stets mit dem
gesamten Körper. Ziel sollte es sein, das maximale Potential des Lernenden zu
nutzen und dies kann auch durch die Integration von Bewegung in den
Schulalltag geschehen.
99
Quellenverzeichnis
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