Schule in Bewegung - Optimierung der kognitiven Fähigkeiten ...

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Schule in Bewegung - Optimierung der kognitiven Fähigkeiten und der Lernleistung durch Sport Umsetzung des Einradfahrens und der Jonglage in den Schulalltag Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Naturwissenschaften an der Karl- Franzens- Universität vorgelegt von Gudrun BIENER am Institut für Sportwissenschaft Begutachter: Univ.-Prof. Mag. Dr. rer. nat. Markus Tilp Graz, 2016

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Schule in Bewegung - Optimierung der kognitiven

Fähigkeiten und der Lernleistung durch Sport

Umsetzung des Einradfahrens und der Jonglage in den Schulalltag

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades einer

Magistra der Naturwissenschaften

an der Karl- Franzens- Universität

vorgelegt von

Gudrun BIENER

am Institut für Sportwissenschaft

Begutachter: Univ.-Prof. Mag. Dr. rer. nat. Markus Tilp

Graz, 2016

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Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne

fremde Hilfsmittel verfasst habe. Die aus fremden Quellen übernommenen

Gedanken in indirekter und direkter Form sind auch als solche kenntlich

gemacht.

Diese Arbeit wurde bisher weder in gleicher noch ähnlicher Form einer

Prüfungsbehörde im In- oder Ausland vorgelegt und auch nicht veröffentlicht.

Graz, Juni 2016

______________________

Gudrun Biener

3

Kurzfassung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Bedeutung von Bewegung im

Zusammenhang mit den kognitiven Vorgänge im Gehirn und der Steigerung der

Lernfähigkeiten sowie der Lernleistung von SchülerInnen. Der Schwerpunkt in

der praktischen Umsetzung liegt auf den zirzensischen Bewegungskünsten,

insbesondere auf der Jonglage und dem Einradfahren.

Die Arbeit ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil behandelt den Aufbau des

Gehirns und des Gedächtnisses sowie die exekutiven Funktionen, die für den

Lernerfolg eine bedeutende Rolle spielen. Im weiteren Verlauf werden die

konkreten Effekte zwischen körperlicher Aktivität und den geistigen Fähigkeiten

dargelegt.

Danach wird ein Blick auf die Institution Schule und das dortige Bewegungs-

und Lernkonzept geworfen, um im Anschluss, im zweiten Teil der Arbeit, den

praktischen handlungsorientierten Teil der Arbeit umzusetzen.

Dabei steht die Äquilibristik, insbesondere das Einradfahren wie auch die

Jonglage im Vordergrund. Eigens konzipierte Stundenbilder sind vor allem für

den Einsatz im regulären Schulunterricht gedacht.

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Abstract

The present thesis deals with the importance of exercise in connection with the

cognitive processes in the brain and the improvement of the learning ability as

well as the learning performance of pupils.

The focus is put on practical implementation on circencing performing,

particularly on juggling and unicycling.

The present thesis is divided into two pieces. In the first part, the paper deals

with the structure of the brain and the memory as well as the executive functions,

whicht affect the learning success in a positive way. The following part is about

the specific effects between physical activity and mental skills.

Afterwards the focus lies on the institution school and the movement and

learning concept there to deal with the practical action-orientated second part of

the thesis.

Primarly it focus on the equilibristics, in particular unicycling and juggling.

Realizable lesson plans have been added in order to implement the concept in

teaching in regular schools

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Danksagung

Mein erster Dank geht an Herrn Univ.-Prof. Mag. Dr. rer. nat. Markus Tilp, der

kurzfristig als Hauptbetreuer eingesprungen ist und ein großes Dankeschön an

Herrn Mag. Dr. phil. Gerald Payer, der diese Diplomarbeit betreut hat,

Ich möchte all jenen danken, die mich im Laufe meines Studiums begleitet und

unterstützt haben, mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden sind, die Geduld mit

mir niemals verloren haben und mir die spannendste und erfahrungsreichste

Zeit bis jetzt beschert haben.

Ein großes Dankeschön geht an Georg: Danke, dass du mit mir die

Abschlusszeit meines Studiums durchgehalten hast und immer an meiner Seite

warst und bist!

Ein besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mir meine Ausbildung überhaupt

ermöglicht haben, niemals den Glauben an mich verloren haben und immer ein

offenes Ohr für Probleme, Fragen oder Wünsche hatten.

Weiters möchte ich all meinen Geschwistern, meinem Schwager Christof und

meiner Schwägerin Mirli danken.

Danke Johannes für stetige geistige Unterstützung!

Danke Ursula, denn du hast einen großen sportlichen Grundstein für mein

weiteres Leben gelegt!

Danke Christof, für die Korrektur dieser Arbeit!

Danke Andi, für die schöne Zeit mit dir als WG- Kollege während des Studiums,

die Gespräche und die unzähligen Aktivitäten!

Danke Mirli, für all die Gespräche!

Danke, all ihr lieben Freunde und Freundinnen für die wunderschöne

Studienzeit, für euer DASEIN, für den Spaß, das Sporteln, das Zuhören, die

gemeinsame Zeit!

Zuletzt möchte ich mich bei meinen lieben Germanistik-Freundinnen für die

Korrektur dieser Arbeit bedanken! Aber nicht nur das - danke auch für die

unzähligen schönen Stunden während des Studiums mit euch!

Vielen Dank!

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Vorwort

Kann Bewegung unsere Leistungen, vor allem auf kognitiver Ebene, steigern?

Ist es möglich, Bewegung als Ursache für Erfolge im Lernen, somit in der Schule

und im weiteren Leben, zu sehen? Wenn diese Fragen bejaht werden können,

dann wäre es möglich Sport und Bewegung gezielt in der Schule gegen

Konzentrations- und Aufmerksamkeitsprobleme, gegen schlechte Noten und für

ein vermehrtes Wohlbefinden im Klassenraum einzusetzen.

Bereits Johann Wolfgang von Goethe meinte über die Auswirkungen der

Bewegung wie folgt: „Was du dir abläufst auf dem Schuh, das fließt dir geistig

doppelt zu“ (Beck, 2014, S.11).

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich positive Auswirkungen von

Sport und Bewegung in meiner Laufbahn, besonders als Schülerin und

Studentin, spüren durfte. Von klein auf hatte ich einen ausgeprägten

Bewegungsdrang und ging diesem beinahe immer nach. Nie konnte ich lange

still sitzen, sondern musste stets raus in die Natur, um zu laufen, zu toben und

auf Bäume zu klettern.

Als der Ernst des Lebens für mich begann und ich die ersten Schulstunden

erlebte, änderte sich an meinem Bewegungsdrang nur wenig. Aufgrund meiner

Vielzahl an sportlichen Aktivitäten in der Freizeit, vom Gerätturnen über das

Laufen bis hin zum Klettern, war es mir möglich, in der Schule still zu sitzen und

effektiv zu lernen. Ich hatte Zeit ein ausreichendes Bewegungspensum in der

Woche zu absolvieren und so war ich auf körperlicher sowie geistiger Ebene

gleichmäßig belastet und fühlte mich ausgeglichen.

Ich hatte mir persönliche Lösungsstrategien zurecht gelegt, wenn dem Gefühl

nach keine Daten und Fakten oder anderer Lernstoff mehr in meinen Kopf

wollten. Ich hatte ein Ventil, wenn ich nicht mehr weiter wusste, und konnte eine

unterstützende Alternative anwenden, wenn mein Geist keine Energie mehr

aufbringen konnte.

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All das war und ist auch heute noch die Bewegung, der Sport für mich.

Ich konnte einfach besser lernen, wenn ich zehn Minuten mit dem Einrad fuhr,

für 20 Minuten jonglierte oder einen Kilometer lief. Das ist kein enormes Ausmaß

an Bewegung, aber als Lernpause war dies einfach perfekt für mich.

Diese Kombination aus Sport, Bewegung und Lernen und die daraus

resultierenden positiven Effekte, die ich in meiner Kindheit und Jugendzeit

erleben durfte, sind kein Zufall, denn da steckt mehr dahinter.

Die Frage stellt sich nun, welche Auswirkungen Bewegung tatsächlich auf unser

Gehirn hat, welche Prozesse, Vorgänge und Aktivitäten in unserem Denkorgan

ablaufen. Ist es überhaupt möglich, in der Schule Bewegung dahingehend ins

rechte Licht zu rücken, dass es als positive Nachhilfe für SchülerInnen in

Unterrichtsfächern gesehen werden kann? Kann Bewegung beim Lernen

helfen?

Aufgrund meiner eigenen positiven Erfahrungen als Schülerin und Studentin mit

der Kombination aus Bewegung und dem Lernen, aber auch wegen

Erfahrungen durch Bewegungsinterventionen in Schulklassen als angehende

Pädagogin im Zuge meiner Praktika möchte ich mich in dieser Arbeit mit den

Themen ,Kognition, Lernfähigkeiten, Bewegungsmöglichkeiten‘ und deren

Zusammenhänge in Schulen befassen.

Der Schwerpunkt der Bewegung obliegt hier dem Einradfahren und der

Jonglage.

„Bewegung ist das Tor zum Lernen.“

(Paul E. Dennison zit. in Kelber- Bretz, 2002, S. 63)

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung .............................................................................................. 10

1. Unser Gehirn - bewegte Köpfe ....................................................... 12

1.1 Der präfrontale Cortex ......................................................................... 16

1.2 Das Striatum ........................................................................................ 17

1.3 Der Hippocampus ................................................................................ 17

2. Kognition ........................................................................................ 19

3. Exekutive Funktionen ..................................................................... 21

4. Der Zusammenhang zwischen Bewegung und unserem Gehirn .... 24

5. Die Institution Schule - ein Bewegungsort? .................................... 29

5.1 Lernen in und durch Bewegung .............................................................. 31

5.2 Schulische Lernerfolge und das Gehirn ................................................. 33

5.2.1 Emotionen und unser Lernverhalten ............................................... 35

5.2.2 Die Motivation und das Lernen ........................................................ 37

5.3 Einfluss der Bewegung auf die SchülerInnen und ihre Leistungen ........ 38

5.4 Der Mangel an Bewegung in Schulen und ihre Folgen .......................... 41

6. Bewegung im Unterricht außerhalb der Sportstunden ....................... 45

6.1 Die Schule als Bewegungsraum ............................................................. 48

6.2 Der Einfluss von außerschulischen Aktivitäten ...................................... 49

7. Das Koordinationstraining ................................................................. 50

8. Äquilibrisitik – was ist das? ............................................................. 52

8.1 Geschichte der Äquilibristik und Jonglage in Schulen ........................ 52

8.2 Wozu Äquilibristik und Jonglage in der Schule anwenden? ................... 53

8.3 Die Umsetzung in der Schule - ein Ding der Unmöglichkeit?! ................ 54

9. Das Einradfahren ............................................................................ 56

9.1 Vom Anfänger zum Könner .................................................................... 57

10. Jonglage ......................................................................................... 62

10.1 Von einzelnen Kunststücken bis hin zur großen Aufführung ................ 64

11. Der Einfluss der zirzensischen Künste auf die Lernkompetenz ....... 67

11.1 Stundenbilder zur Förderung der kognitiven Leistungen im

Sportunterricht .............................................................................................. 68

11.1.1 Stundenbilder zum Einradfahren im Sportunterricht ..................... 70

9

11.1.2 Stundenbilder zur Jonglage im Sportunterricht ............................. 82

12. Zusammenfassung und Ausblick .................................................... 97

Quellenverzeichnis ................................................................................ 99

Literaturverzeichnis ...................................................................................... 99

Internetverzeichnis ..................................................................................... 104

Abbildungsverzeichnis ........................................................................ 105

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Einleitung

Bewegung und Sport sorgen dafür, dass wir uns wohler, zufriedener und

ausgeglichener fühlen. Die Frage stellt sich nun, warum das so ist, was dahinter

steckt und welche Zusammenhänge zwischen Emotion, Kognition und der

Physiologie unseres Körpers bestehen.

Wenn wir Sport treiben, dann hat das unzählige positive Auswirkungen auf

unsere Gesundheit. Sobald wir uns regelmäßig bewegen, verbessern wir stetig

unser Herz-Kreislauf-System, stärken unsere Muskeln und unser

Immunsystem. Doch das ist noch lange nicht alles, denn ein wesentlicher Faktor

wird immer deutlicher. Bewegung und Sport beeinflussen unseren Geist auf

positive Weise und unser Gehirn funktioniert dadurch am besten.

Diese Arbeit handelt davon, wieso körperliche Bewegung entscheidend für

unser Wohlbefinden, Denken und Fühlen ist. Das Ganze wird sich im Setting

der Schule abspielen, da sich die Frage stellt, inwieweit Bewegung und Sport

eingesetzt werden können, um die kognitiven Leistungen von SchülerInnen zu

verbessern, ihre Motivation für das Lernen anzutreiben und ihnen die

Möglichkeit für ein Leben in einem ausgeglichenen Körper zu geben.

Dass körperliche Aktivität einen bedeutenden positiven Einfluss auf die

kognitiven Fähigkeiten und die Lernleistungen hat, bildet keine neue Erkenntnis.

Die Theorie dahinter reicht bis in das 17. Jahrhundert zurück. Bereits Comenius

stellte die Forderungen, dass Menschen mit allen Sinnen lernen sollten und

auch der Pädagoge Pestalozzi setzte sich für ein Lernen mit Kopf, Herz und

Hand ein (vgl. Archut & Bollow, 2004, 68). Auch Maria Montessori (1912) sprach

in The Montessori Method bereits davon, dass Bildung dazu da ist, die

körperliche Aktivität zu stärken und nicht etwa zu unterdrücken. Sie brachte

bereits pädagogische Ansätze hervor, um Bewegung und Kognition als sich

gegenseitige unterstützende Vorgänge zu sehen und hatte bereits

Vorstellungen, wie dies umsetzbar wäre. Dies sind nur wenige von vielen,

welche Bewegung nicht als hinderlich, sondern als förderlich betrachteten, um

die Lernfähigkeiten zu stärken.

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Den Anfang dieser Arbeit stellt die Theorie dar, insbesondere die Anatomie

unseres Gehirns, welche für das Verständnis der Zusammenhänge von

Kognition und körperlicher Aktivität von Bedeutung ist. Dieser Konnex zwischen

Bewegung und den Leistungen unseres Gehirns und was dahinter steckt wird

in weiterer Folge im vierten Kapitel ausgeführt. Die nachstehenden Kapitel

stellen die Schule in den Mittelpunkt, inwieweit die Bewegung das Lernen und

die Lernleistungen beeinflusst. Weiters soll dargelegt werden, welche Folgen

Bewegungsmangel bereits im schulischen Kontext nach sich ziehen kann.

Darauf folgt schließlich noch der Einfluss der körperlichen Aktivität auf unsere

mentale und körperliche Gesundheit außerhalb des Unterrichtsfaches

Bewegung und Sport und überhaupt außerhalb der Schule.

Der praktische Schwerpunkt in dieser Arbeit wird auf die Äquilibristik, hier

speziell auf das Einradfahren und die Jonglage gelegt. Allerdings mit dem

theoretischen Hintergrund, welche positiven Einflüsse auf die Lernkompetenz

dabei entstehen. Durch umsetzbare Stundenbilder werden diese artistischen

Künste auch für die Schule interessant und praktikabel aufgewertet und

handlungsorientiert dargelegt. Dies soll als Anregung dienen, um Bewegung in

den Schulalltag zu integrieren, denn durch nur wenig Aufwand kann bereits viel

Neues entstehen.

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1. Unser Gehirn - bewegte Köpfe

„Das Gehirn ist die Schaltzentrale unseres Denkens und Handelns“ (Zimmer,

2007, S.27) Es gilt laut der Society for Neuroscience (2010) als die komplexeste

lebendige Struktur des Universums und kontrolliert unzählige Körperaktivitäten,

wie die Herzfrequenz, unsere Emotionen, das Gedächtnis und auch das Lernen.

Das Denkorgan ist nicht isoliert, sondern mit anderen Organen des Körpers

verbunden. Eine der wichtigsten Aufgaben des Gehirns ist, „[…] zwischen den

lebenserhaltenden (vegetativen) Funktionen des inneren Körpermilieus und der

in ständiger Veränderung begriffenen Welt […]“ zu vermitteln (vgl.

Solms/Turnbull, 2004, S. 33).

Allen Zellen in unserem Körper werden bestimmte Aufgaben zuteil. Für das

Gehirn von großer Bedeutung sind die Nervenzellen, welche auf die

Speicherung und Verarbeitung von Informationen spezialisiert sind. Es werden

ständig Nervenimpulse von einem Neuron zum nächsten übertragen und dies

geschieht an einer Synapse. Wie stark diese Synapse ist, hängt von der

synaptischen Verbindung ab und „[…] ob ein Impuls einen großen oder kleinen

Effekt auf die Erregung des nachfolgenden Neurons hat.“ Die Information von

diesen Impulsen wird an den Synapsen gewichtet und entweder stark oder nicht

ganz so heftig übertragen. Je nach Übertragungsstärke kann derselbe Input ein

Neuron erregen oder nicht (vgl. Spitzer, 2002, S. 42 ff.). Das menschliche

Gehirn wiegt nur zwei Prozent des gesamten Körpers, aber verarbeitet laufend

eine große Menge an Informationen, welche über vier Millionen Nervenfasern

geleitet werden (vgl. ebd., S. 54).

Um zu verstehen, wie Bewegung die kognitiven Vorgänge und Funktionen

beeinflussen und unterstützen kann, muss zuerst geklärt werden, wie unser

Gehirn Leistungen wie das Lernen vollbringt und wie das Gedächtnis

funktioniert. Jeder Fortschritt auf geistiger und motorischer Ebene ist davon

abhängig, inwieweit unser Gehirn fähig ist Erfahrungen abzuspeichern, wieder

abzurufen und auf der Basis des erworbenen Wissens auch zu handeln.

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„Das Gedächtnis ist somit der Eckstein der intellektuellen Reifung“ (Korte,

2011, S. 60).

Zunächst kann unser Gedächtnis grob in das Kurz- und das Langzeitgedächtnis

eingeteilt werden. Das Kurzzeitgedächtnis wird nach Brand & Markowitsch

(2016, S.1) auf eine Zeitdauer von Sekunden bis maximal sehr wenige Minuten

reduziert. Im Gegensatz dazu steht das Langzeitgedächtnis, welches an

Aufnahmekapazität und Dauer der Speicherung im Grunde unbegrenzt ist. Dies

heißt für das lebenslange Lernen, dass ständig neue Informationen

aufgenommen werden können und das bereits Gelerntes gelöscht wird. Nun

wird bereits ersichtlich, dass es DAS Gedächtnis nicht gibt, sondern eher von

Gedächtnissystemen gesprochen wird (vgl. Korte, 2011, S. 61).

Wenn wir etwas Neues erleben oder erfahren, dann gelangen alle diese

Wahrnehmungen zuerst in das Arbeitsgedächtnis, welches auf der präfrontalen

Großhirnrinde (siehe Kapitel 1.1) und anderen Großhirnrindenarealen beruht.

Diese Informationen werden dann für das Langzeitgedächtnis aufbereitet. Somit

kann das Arbeitsgedächtnis als Übergangsform zwischen dem Kurz- und

Langzeitgedächtnis gesehen werden (vgl. ebd., S. 1).

Als eine der wichtigsten Funktionen unseres Gedächtnisses wird die

Unterscheidung des Wichtigen vom Unwichtigen gesehen (vgl. Korte, 2011, S.

59).

Die Fähigkeit, zu lernen und sich bewusst alltägliche Fakten und Ereignisse zu

merken beziehungsweise sich daran zu erinnern wird deklaratives Gedächtnis,

auch explizites Wissen, genannt (vgl. Society for Neuroscience, 2010, S. 22).

Folgende Strukturen bilden dieses, auch weiters als kognitives Gedächtnis

bezeichnet: der Hippocampus, die parahippocampale Struktur und Areale der

Großhirnrinde, unter anderem die präfrontale Großhirnrinde. Dies ist bereits ein

System des Langzeitgedächtnisses.

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Zu dem deklarativen Gedächtnis zählt, laut Korte (2011, S. 60), das episodische

Gedächtnis und das Wissenssystem, auch als semantisches Gedächtnis

bezeichnet.

Unsere Erinnerung an bestimmte persönliche Erlebnisse, welche an einem

bestimmten Ort zu bestimmter Zeit geschehen sind, wird als episodisches

Gedächtnis bezeichnet. In diesem Bereich ist der „Film des Lebens“

abgespeichert. Alle Ereignisse werden auch meist emotional bewertet, die in

diesem Teil behalten werden (vgl. Brand & Markowitsch, 2016, S.2). Hierbei

spielt der mediale Schläfenlappen eine bedeutende Rolle, da dieser den Bereich

der ersten Verarbeitung und des Speicherprozesses der Erinnerungen darstellt

(vgl. Society for Neuroscience, 2010, S. 22).

Im Gegensatz dazu wird als semantisches Gedächtnis, welches auch als

Wissenssystem bezeichnet wird, das menschliche Faktenwissen benannt. Das

erworbene Weltwissen und unzählige Fakten werden hier ohne in einen Kontext

eingebettet zu sein, abgespeichert. Weit reichende Großhirnrindenareale sind

dafür zuständig (vgl. ebd./ Brand & Markowitsch, 2016, S.2).

Korte (2011, S.61) geht allerdings insgesamt von vier Gedächntissystemen aus,

die wie folgt lauten und im Anschluss abgebildet sind: Episodisches Gedächtnis,

Wissenssystem, prozedurales Gedächtnis und das Priming.

Abbildung 1: Die Gedächtnissysteme (Korte, M., 2011, S. 60)

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Verschiedene Formen des nicht-deklarativen und Verhaltensgedächtnisses

werden nach Korte als implizites Gedächtnis bezeichnet. Amygdala, Striatum

und das Kleinhirn bilden diese Systeme und dazu zählen das prozedurale

Gedächtnis und das Priming. „Unter Priming wird eine höhere

Wiedererkennungsleistung von zuvor (unbewusst) Wahrgenommenem

verstanden“ (Brand & Markowitsch, S.2). Das prozedurale Gedächtnis

wiederum kann als die unterste Basis der Systeme bezeichnet werden, denn

hier sind motorische Fertigkeiten und Routinehandlungen abgespeichert.

Fest steht, „ […]dass das Gehirn über mehrere Gedächtnissysteme verfügt, die

von verschiedenen Hirnregionen getragen werden“ (Society for Neuroscience,

2010, S. 23).

Keine einzelne Hirnregion speichert Erinnerungen, sondern es kann gesagt

werden, dass jeder Teil des Gehirns zur permanenten Speicherung des

Gedächtnisses beiträgt (vgl. ebd., S. 24).

Gehirne, welche schnell und effizient arbeiten können und somit einen

Grundstein für geistig leistungsfähige Menschen legen, haben eine hohe

Leitungsgeschwindigkeit der Axone. Dies sind faserartige Fortsätze der

Nervenzellen. Weiters herrscht eine effiziente Verbindung zwischen den

einzelnen Arealen des Gehirns vor. Der Arbeitsspeicher ist sehr groß, denn das

heißt, dass man sich viele Dinge in kurzer Zeit merken kann. Außerdem sind

die Synapsen flexibel, was wiederum bedeutet, dass neue Informationen sehr

schnell gespeichert werden können (vgl. Korte, 2011, S. 97).

In den folgenden drei Unterkapiteln werden die wichtigsten anatomischen

Bereiche der Gehirnverschaltung für das Lernen und unser Gedächtnis kurz

behandelt.

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1.1 Der präfrontale Cortex

Zunächst wird nochmals genauer auf den präfrontalen Cortex eingegangen, da

dieser nebst Striatum und Hippocampus wesentlich ist, wenn es um die

exekutiven Funktionen geht (siehe Kapitel 3) und somit unsere

Leistungsfähigkeit beeinflusst.

Er ist das ,oberste Kontrollzentrum‘ des Gehirns, welcher Teil der Großhirnrinde

ist und direkt hinter der Stirn sitzt, im Frontalhirn. Der präfrontale Cortex ist

verantwortlich für das Vorausplanen von Handlungen, wägt Entscheidungen ab

und regelt, welche Informationen zur weiteren Verarbeitung gelangen. Im

präfrontalen Kortex befindet sich das Arbeitsgedächtnis, welches für die

Selbstkontrolle und die Aufmerksamkeit zuständig ist. Hier befinden sich

Nervenzellen, die ständig aktiv sind, wenn ein Thema behandelt wird.

Der Cortex nimmt 30 Prozent der gesamten Fläche der Großhirnrinde und in

etwa die Hälfte des Frontallappens ein. Der präfrontale Cortex wird auf

unterschiedlichste Weise eingeteilt, hier nach Goschke in Kubesch (2008, S.

38) in drei Bereiche:

1. den lateralen präfrontalen Cortex,

2. die ventromediale Region,

3. den anterioren cingulären Cortex.

Bis heute kann allerdings nicht ganz genau geklärt werden, welche

Zusammenhänge zwischen der Funktion des präfrontalen Cortexes und den

exekutiven Funktionen bestehen.

Roberts wird in Kubesch (2008, S. 45) allerdings wie folgt zitiert: „The fact that

prefrontal cortex itself is not a homogeneous structure, having several distinct

cytoachitectonic regions, also has implications for the nature and organization

of executive functions.” Somit besteht eine direkte Verbindung zwischen

exekutiven Funktionen und dem präfrontalen Cortex.

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1.2 Das Striatum

Hier werden alle Informationen aus den verschiedensten Bereichen gesammelt.

Das Striatum ist mit dem gesamten Cortex, also der Großhirnrinde in

Verbindung gesetzt. Dies ist der Ort, an welchem entschieden wird, welche

Handlungen durchgeführt werden. Wichtig zu wissen ist, dass es im Hinblick auf

die Motivation, das Bewegungslernen und den schlussendlichen

Bewegungsvollzug involviert ist (vgl. Beck, 2014, S. 36).

1.3 Der Hippocampus

Die Hippocampi, denn davon gibt es zwei, sind von großer Bedeutung bei der

Übertragung von Inhalten vom Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis.

Allerdings geschieht dies erst innerhalb der folgenden zwölf Stunden.

Beeinflusst wird der Übergang in das Langzeitgedächtnis von dem, was

emotional nach dem erlerntem Wissen noch erlebt wird (vgl. Korte, 2011, S.

274).

Der Weg zum Inhalt unseres Wissens führt immer über das Striatum oder eben

über den Hippocampus zum Cortex. Die Hippocampi spielen eine bedeutende

Rolle bei komplexen kognitiven Leistungen. Die Hippocampi befinden sich an

der Innenseite des Schläfenlappens der Großhirnrinde, einer rechts und einer

links (vgl. Spitzer, 2002, S. 22/36).

Diese kleine Struktur ist für das Lernen von neuen Inhalten ein bedeutender Teil

des Gehirns. Der Hippocampus lernt schnell, vor allem Einzelheiten sehr rasch.

Dadurch werden unvollständige Informationen mit Hilfe gespeicherter

Informationen ergänzt (vgl. ebd., S. 37).

Die Zusammenarbeit aller zuvor erwähnten drei Bereiche, des präfrontalen

Cortexes, des Striatums und der Hippocampi, bildet unsere Leistungsfähigkeit,

insbesondere die Leistung der exekutiven Funktionen (siehe Kapitel 3).

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Abbildung 2: Das menschliche Gehirn (Korte, M., 2011, S.64)

Dieser gezeigte Gehirnschnitt macht die Komplexität der inneren Abläufe des

für unser Lernen bedeutenden Organs deutlich. Die Großhirnrinde bedeckt alle

übrigen Gehirnregionen.

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2. Kognition

Der Begriff der Kognition kann als eine Bezeichnung für alle Geschehnisse oder

Strukturen verwendet werden, die mit Wahrnehmung, Erinnerung, Vorstellung,

aber auch dem Planen und dem Lösen von Problemen zu tun haben (vgl.

Alfermann & Linde, 2012, S. 294).

„Aufmerksamkeit und Konzentration sind wie die Wahrnehmung, das

Gedächtnis, die Sprache sowie die Fähigkeit zur Planung, Entscheidung und

Problemlösung wichtige Teilaspekte der Kognition“ (vgl. Breithecker, 2016, S.

9). Die ersten beiden Begriffe sollten allerdings klar definiert werden, da sie

sonst oftmals synonym gebraucht werden.

Eine uneingeschränkte Aufmerksamkeit stellt eine bedeutende Vorbedingung

für alltägliche Handlungen dar. Allerdings spielt diese auch eine wichtige Rolle

für kognitive Prozesse, wie etwa bei dem Lösen von Problemen oder auch für

das Gedächtnis. Um Informationen entdecken zu können, diese danach zu

vergleichen und auch zu differenzieren, muss Aufmerksamkeit gegeben sein.

Diese wird allerdings in mehrere Bereiche unterteilt, wobei hier nur ein Aspekt

genauer behandelt wird. Jener widmet sich dem am meisten erforschten

Bereich der Aufmerksamkeit - die selektive Form der Aufmerksamkeit. Dadurch

kann aus der unendlichen Dichte der Sinneseindrücke und Informationen das

ausgewählt werden, was bedeutend für Handlugen ist. Es wird die Aktivität

bestimmter Areale gesteigert, die für wichtige Sinnesverarbeitungen die

Voraussetzung darstellen. Denn je aktiver das zuständige Areal beim

Abspeichern ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass man sich auch an das

Wahrgenommen erinnern kann. Worauf sich die Aufmerksamkeit ausrichtet,

wird dabei entweder durch externe Faktoren, welche besonders

hervorstechende Ereignisse sind, oder aber durch interne, wie etwa eine

Erwartung auf einen gewissen Reiz, beeinflusst (vgl. Gauggel & Niemann, 2010,

S. 146 ff.). Dies spielt eine bedeutende Rolle beim Lernen, wenn es darum geht,

was beispielsweise als wichtig erachtet wird.

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Um Erfolg beim Lernen zu haben, gilt es, eine gewisse Bereitschaft und

Fähigkeit zu entwickeln, die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten

Lerngegenstand zu lenken (vgl. Breithecker, 2016, S. 9).

Konzentration hingegen wird als die intensivierte Form der Aufmerksamkeit

bezeichnet, die bereits mit Denkprozessen einhergeht und dabei wird vor allem

das Arbeitsgedächtnis beansprucht. Möglichst viele äußere sowie innere

Störfaktoren werden dabei ausgeschaltet, um den Fokus auf einen geringen

Ausschnitt der Umwelt legen zu können. Es lohnt sich, konzentriert zu sein, da

dies das Lernen beeinflusst. Vor allem spielt die Konzentration beim erstmaligen

Abspeichern eine große Rolle. Denn, „ […]was nicht abgespeichert wird, kann

auch nicht erinnert werden“ (Korte, 2011, S. 51). Welche Funktionen neben den

Komponenten der Kognition konkret die Leistungen der SchülerInnen

beeinflussen, wird im kommenden Kapitel behandelt.

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3. Exekutive Funktionen

Der Lernerfolg in der Schule hängt von den Fähigkeiten der SchülerInnen ab,

sich ihre Zeit einzuteilen, Informationen zu werten, Wesentliches herauszufiltern

und von unwichtigen Fakten zu unterscheiden sowie Lösungsstrategien zu

entwickeln und sich über die eigenen Lernfortschritte bewusst zu sein. Diesen

Fähigkeiten liegen Kompetenzen zugrunde, die auf den exekutiven Funktionen

des präfrontalen Cortexes basieren. Dazu zählen Handlungskompetenz,

Problemlösekompetenz, Einsichtskompetenz, Impulskontrolle, strategische

Kompetenz und Frustrationstoleranz (vgl. Kubesch/ Walk, 2009, S. 309).

In diesem Kapitel sollen nun die basisgebenden exekutiven Funktionen

behandelt werden.

Laut Beck (2014, S. 22) werden alle Gehirnfunktionen, die sich auf mentale

Prozesse beziehen, als exekutive Funktionen bezeichnet. Diese werden als

„[…]kognitive Fähigkeiten höherer Ordnung beschrieben, welche basale

kognitive Funktionen kontrollieren und mit der Aktivität des Frontallappens in

Verbindung stehen“ (Alfermann & Linde, 2012, S. 295).

Exekutive Funktionen stellen keine Einheit dar, wenn es um die Existenz geht,

sondern sie werden mit verschiedenen Strukturen im Gehirn in Verbindung

gebracht (vgl. Kubesch, 2008, S. 21). Die Funktionen beziehen sich nach

Davidson (2006, S. 2037) auf folgende Fähigkeiten: sich Informationen zu

merken und diese auch zu bearbeiten sowie impulsivem Verhalten nicht

nachzugeben, sondern situationsangepasst zu handeln und zu reagieren.

Die exekutiven Funktionen können in drei Kernbereiche unterteilt werden.

Zunächst das Arbeitsgedächtnis, welches bereits im Vorfeld kurz erwähnt

wurde. Dieses befähigt dazu Informationen kurzzeitig zu speichern und damit

auch zu arbeiten, allerdings umfasst der Speicher nur etwa fünf bis sieben

Wörter, Objekte oder Ziffern über wenige Sekunden hinweg.

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Der Unterschied zum Kurzzeitgedächtnis lässt sich dahingehend erkennen,

dass es sich bei Letzterem nur um die reine Speicherung der Informationen

handelt. Das Arbeitsgedächtnis kann uns eine Hilfe sein, wenn es darum geht

sich an eigene Pläne und Anweisungen von anderen zu erinnern und sich diese

zu merken (vgl. Beck, 2014, S. 22). Außerdem werden mit Hilfe des

Arbeitsgedächtnisses Informationen an das Langzeitgedächtnis weiter

gegeben, aber es werden auch wiederum Informationen aus dem

Langzeitgedächtnis zurückgeleitet. Durch die gespeicherten Informationen des

Arbeitsgedächtnisses können komplexe kognitive Funktionen entstehen, wie

etwa Sprache, Lernen oder Handlungsplanung (vgl. Kubesch, 2008, S. 24f.).

Den zweiten Bereich bildet die Inhibition, durch welche die Aufmerksamkeit

willentlich lenkbar ist und man sich nicht durch belanglose Aktivitäten,

Geräusche oder Aufgaben stören lässt. Es geht darum, einem inneren Impuls

zu widerstehen, nichts reflexartig zu tun, sondern etwas gezielt abzuarbeiten.

Flexibles Verhalten wird durch diese wichtige exekutive Funktion ermöglicht, da

überlegene Antworten verzögert oder auch verhindert werden können. Durch

eine gut ausgebildete Inhibition fällt es leichter, langfristig effektiv, gesund und

ausgeglichen zu arbeiten und zu leben (vgl. Diamond 2006, S. 70). Die Inhibition

unterstützt somit das selbstdisziplinierte Verhalten (vgl. Kubesch/ Walk, 2009,

S. 310).

Das letzte Gebiet der exekutiven Funktionen umfasst nach Diamond (2006,

S.70) die kognitive Flexibilität. Diese beschreibt die Fähigkeit, den Fokus der

Aufmerksamkeit schnell zu wechseln und sich auf neue Situationen gut

einstellen zu können. Außerdem fällt es dadurch leichter andere Perspektiven

einzunehmen. Wenn diese Funktion gut ausgebildet ist, kann man sich auf neue

Situationen im Leben besser einstellen. Für Kinder, bei welchen diese Funktion

stärker ausgeprägt ist, ist es leichter sich an den „Wechsel zwischen dem Toben

in der großen Pause und dem Herausholen der Arbeitsmaterialien und der

anschließenden Stillarbeit“ anzupassen (Beck, 2014, S. 24).

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Die drei erwähnten Kernbereiche der exekutiven Funktion:

- das Arbeitsgedächtnis,

- die Inhibition,

- die kognitive Flexibilität,

ergeben gemeinsam „[…] die Fähigkeit der Selbstregulation und damit die

bewusste und gezielte Steuerung von Aufmerksamkeit, Verhalten und

Emotionen“ (ebd.).

Dies bildet, wie bereits erwähnt wurde, die Basis für ein eigenverantwortliches

Arbeiten und Lernen und ist somit ein wichtiger Faktor, um in der Schule positive

Leistungen erbringen zu können. Die Ausprägung der exekutiven Funktionen

bei einem Schuleintritt sagen laut Kubesch und Walk (2009, S. 310) mehr über

die Eignung für die Schule aus als der Intelligenzquotient, die Leseleistung oder

die Fähigkeiten in Mathematik. Außerdem sind diese Funktionen für die ganze

Laufbahn in der Schule wichtig, vor allem in Sprachen, in Mathematik und den

Naturwissenschaften.

Besonders wichtig zu wissen ist, dass exekutive Funktionen trainierbar sind und

am meisten profitiert der Mensch, wenn Verbesserungen in allen Bereichen

stattfinden. Die größten Effekte lassen sich durch Sport erzielen. „Körperliche

Betätigung fördert die exekutiven Funktionen in besonderem Maße - kurz- und

langfristig“ (ebd., S. 29). Direkt während der körperlichen Aktivität zeigen sich

außerdem bereits erkennbare Fortschritte (ebd., S. 33).

„Über neuronale Anpassungen, die durch körperliche Beanspruchung hervoge

rufen werden, können EF beeinflusst werden, die untrennbarer Bestandteil sch

ulischer Lernleistung in allen Unterrichtsfächern sind“ (Kubesch/Walk, 2009, S.

316).

Nun steht fest, dass Bewegung unsere kognitiven Fähigkeiten steigern kann, es

stellt sich allerdings die Frage, warum dies so ist.

24

4. Der Zusammenhang zwischen Bewegung und unserem

Gehirn

„Wer sich bewegt, dem fällt das Denken leichter!“ Dieser viel zitierte Satz von

J.W. von Goethe lässt schon anklingen, dass Bewegung einen positiven

Einfluss auf unser Gehirn hat (vgl. Oppolzer, 2004, S. 9).

Die Hirnforschung vorhergehender Jahre erkannte, dass der Körper im Stande

ist, unseren Geist zu formen. Hormone unseres Körpers sowie Signale des

peripheren Nervensystems haben Einfluss auf Ratio, also unseren Verstand,

und auf Emotio, unsere Gefühle und Empfindungen, und somit sogar auf unsere

Verhaltensweisen (vgl. Hollmann, 2004, S. 34). Denn das Denken und Lernen

vollzieht sich nicht nur im Kopf, sondern der ganze Körper spielt bei allen

kognitiven Prozessen eine große Rolle (vgl. Hannaford, 1996, S.12).

Gezielte körperliche Bewegung kann das Entstehen von Nervenzellen in

unserem Gehirn sowie von neuen Nervenverbindungen, den Synapsen,

fördern. Das Gehirn übertrifft die Skelettmuskulatur hinsichtlich der strukturellen

und funktionalen Anpassung (vgl. ebd.). Wenn die Muskeln beispielsweise beim

Laufen oder Schwimmen beansprucht werden, dann gelangen dadurch

produzierte Botenstoffe, welche am Ende des Kapitels genauer behandelt

werden, in unser Gehirn und unterstützen dort die Aktivität der Zellen. Somit

muss man sich sogar die Frage stellen, ob denn etwa unser Denkorgan nur

dann bestmögliche Leistungen erbringen kann, wenn der Körper regelmäßig

genügend bewegt wird. (vgl. Blech, 2015).

Oppolzer (2004, S.9) spricht davon, dass ein Gehirn nur gut funktioniert, wenn

eine optimale Blutzirkulation vorherrscht, und diese wird erreicht, wenn der

Kreislauf effektiv arbeitet. „Allein der Übergang von der körperlichen Ruhe zur

gesamtkörperlichen Bewegung steigert die Geschwindigkeit der

Informationsverarbeitung“ (ebd., S. 9).

In diesem Kapitel richtet sich der Blick weiter auf die zentralen Bereiche im

Gehirn, welche bei den exekutiven Funktionen eine Rolle spielen und in weiterer

Folge Einfluss auf unsere Bewegung haben.

25

Hierzu zählen der präfrontale Cortex, auch Stirnhirn genannt, das Striatum und

der Hippocampus. Der präfrontale Cortex wurde bereits in vorhergehenden

Kapiteln behandelt.

Das Striatum, welches mit der Großhirnrinde in Kontakt steht, ist wiederum

Anlaufstelle für Informationen aus verschiedensten Bereichen. Vor allem spielt

es, wie bereits erwähnt, eine wichtige Rolle für die Motivation, das

Bewegungslernen sowie die Bewegungsdurchführung.

Pro Hemisphäre gibt es außerdem noch einen Hippocampus, welcher für die

Übertragung von Inhalten vom Kurzzeitgedächtnis auf das Langzeitgedächtnis

zuständig ist (vgl. Beck, 2014, S. 35 ff.)

„Bewegung und Sport fördern nicht nur unsere geistige und psychische Verfassung, sondern

haben auch direkten Einfluss auf das Lernen, und zwar auf der zellularen Ebene, indem sie das

Potenzial des Gehirns verbessern, Dinge aufzunehmen und neue Informationen zu verarbeiten“

(Ratey & Hagerman, 2013, S. 49).

Nun sollen noch abseits der exekutiven Funktionen positive Effekte der

Bewegung auf unser Gehirn aufgezeigt werden. Durch körperliche Aktivität

entstehen neue Nervenverbindungen zwischen rechter und linker Hirnhälfte und

die passenden Synapsen dazu (vgl. Oppolzer, 2004, S. 12), auch

Synaptogenese genannt (vgl. Alfermann & Linde, 2012, S. 310). Die

Synapsenbildung ist vor allem in den frühen Lebensjahren sehr hoch. Diese

Synapsen werden gebildet, wenn die Notwendigkeit dazu besteht, allerdings

agieren sie nach dem Prinzip „use it or lose it“, denn wenn diese Verbindungen

nicht mehr genutzt werden, beginnt der Abbau. (Vgl. Frischenschlager & Gosch,

2012, S. 3)

Grundsätzlich aber gilt: Es bilden sich auch durch Bewegung neue Nervenzellen

(Neurogenes) sowie neue Gefäße aus, denn physische Aktivität führt zu

dauerhaften strukturellen Veränderungen im Gehirn. Laut Beck (2014, S. 39)

lässt Bewegung und körperliches Training, welches aus Eigenmotivation heraus

absolviert wird, Synapsen und Neuronen sprießen. Dies wirkt sich positiv auf

unser Lernvermögen und somit auf unser ganzes Leben aus.

26

„Muskelaktivitäten, speziell koordinierte Bewegungen, scheinen die Produktion von

Neurotrophinen zu stimulieren. Dies sind natürliche Stoffe, die das Wachstum der Nervenzellen

anregen und die Anzahl der neuralen Verbindungen im Gehirn vermehren“ (Hannaford, 1996,

S. 122).

Möglicherweise entstand dies aus einer „vorzivilisatorischen“ Zeit, denn „[…] in

der Vorzeit war eine gesteigerte Merkfähigkeit während körperlicher Aktivität

von Vorteil für die Weitergabe der eigenen Gene“ (ebd., S. 40).

Bedeutend ist, dass diese vielfältigen Verknüpfungen in unserem Gehirn

festlegen, welche Verhaltens- und Lernmuster möglich sind und werden (vgl.

Frischenschlager & Gosch, 2012, S.3).

Früher wurde das Gehirn als Organ gesehen, welches unter keinem starken

Einfluss der Muskeln stand. Jedoch zeigen neuere Forschungen, dass die

Muskulatur und unser Gehirn nicht strikt getrennt werden können (vgl. Blech,

2015). Das Gehirn ist nicht nur Sitz unseres Verstandes, sondern auch von

unseren Gefühlen und von hier aus wird der Hormonhaushalt genauso wie die

Bewegung gesteuert. Somit ist unser Denken eng mit der Bewegung verbunden

und die Lernenden sollten stets ganzheitlich angesprochen werden.

Die Hirndurchblutung wird durch Bewegung bereits mit dem Ausmaß von 25

Watt Leistung um 13,5 Prozent erhöht. Dies entspricht etwa dem Aufstehen und

einem gemütlichen Herumgehen. 100 Watt erhöhen die Durchblutung des

Gehirns bereits um 24,7 Prozent. Dies entspricht dem Hüpfen auf einem

Trampolin oder dem lockeren Joggen. Durch diese gesteigerte Durchblutung

wird das Gehirn vermehrt mit Sauerstoff versorgt und somit wird auch die

Leistungsfähigkeit angekurbelt (vgl. Weineck, 2000, S. 50). Außerdem werden

verschiedenste Hirnregionen durch die Bewegung aktiviert, wie etwa die

Großhirnrinde, die Stammganglien, das Mittelhirn, das verlängerte Mark und

das Kleinhirn.

Zuletzt sei noch gesagt, dass durch Bewegung die Optimierung der Hirnfunktion

erfolgt, denn wenn diese Funktion zu niedrig ist, wird man schläfrig. Wenn dies

zu hoch ist, gerät man in Stress und wird nervös. Aber durch die Bewegung wird

der Zustand immer in die wünschenswerte Richtung gelenkt.

27

Mittels optimalen Bedingungen kommt es schließlich auch zu einer Erhöhung

der Leistungsfähigkeit (vgl. Lütgeharm, 1999, S. 14 f.).

Alfermann & Linde (2012, S. 309) zeigen mögliche Erklärungsmechanismen für

die positiven Effekte von Bewegung auf das Gehirn auf. Zunächst wäre die

Intensivierung der globalen und regionalen Gehirndurchblutung als eine

Ursache der kognitiven Leistungssteigerung zu nennen.

Damit hängt eine erhöhte Versorgung des Gehirns mit bedeutenden

Nährstoffen zusammen und könnte dies bereits begründen. Im weiteren

Forschungsbereich wurde ein Anstieg des Serotonin-, Noradrenalin- und

Endorphinlevels nach physischer Aktivität nachgewiesen. Nachdem mehrmals

trainiert wurde, konnte ein Anstieg des Noradrenalinniveaus gemessen werden

und somit eine höhere Gedächtnisleistung entstehen. Durch eine verbesserte

Sauerstoff- und Nährstoffversorgung aufgrund der Bewegung fallen weniger

Ermüdungsstoffe im Gehirn an und die Aufmerksamkeit steigt (vgl. Weineck,

2000, S. 51).

Körperliche Aktivität zieht das ganze Leben lang neurobiologische Adaptionen

nach sich und hat laut Kubesch (2008, S.9) starken Einfluss auf unsere

kognitiven Prozesse.

Durch motorische Aktivitäten wie etwa Laufen, Rad fahren, Schwimmen oder

Jonglieren wird das Belohnungssystem in unserem Gehirn aktiviert. Dopamin

wird neben den bereits erwähnten Botenstoffen ausgeschüttet (vgl. Korte, 2011,

S. 45). Diese Substanz ist jene, die den Menschen antreibt, denn dieser

Gehirnbotenstoff ist für die Motivation und Belohnung zuständig, die für die

Lernerfolge von großer Bedeutung sind. Dopamin hat laut Korte (ebd., S. 40)

bedeutende Eigenschaften, die für die Lernleistung eine Rolle spielen. Dieser

Neurotransmitter wird noch näher in Kapitel 5.2.2 behandelt werden.

Um auf die anfängliche Frage des Kapitels betreffend der Gehirnleistung und

der körperlichen Aktivität zurückzukommen, sei zusammenfassend gesagt:

Bewegung hat in vielerlei Hinsicht positive Auswirkungen auf unser Denkorgan.

28

Körperliche Betätigung baut Stress ab, welcher bei zu langer Einwirkung zum

Zelltod von Nerven führen kann, und der gesamte Stoffwechsel wird dadurch

positiv beeinflusst (vgl. Dordel & Breithecker, 2003, S.7). Außerdem wird, wie

bereits erwähnt, das Belohnungssystem aktiviert, welches im weiteren Verlauf

ein Glücksgefühl auslösen und bis hin zur Euphorie führen kann (vgl. ebd., S.

45).

29

5. Die Institution Schule - ein Bewegungsort?

„Die Schule als ein „Setting“ im Bildungsprozess von Kindern und Jugendlichen hat vor allem den Erziehungs- und Bildungsauftrag, die aktive und erfolgreiche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an der Gesellschaft und gleichzeitig eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft selbst zu ermöglichen“ (Brägger & Posse, 2014, S. 280).

Zur Initiierung derartiger Erziehungs- und Bildungsprozesse sollten gute

strukturelle Rahmenbedingungen und eine didaktisch - methodische Basis

gegeben sein (vgl. ebd.).

Hier liegt das Augenmerk auf dem Bewegungsschwerpunkt, um Kinder und

Jugendliche in ihrer kognitiven Leistung zu unterstützen und zu fordern, damit

die Schule den Erziehungs- und Bildungsauftrag auch wirksamer umsetzen

kann.

Jedem Kind sind Leistungspotenziale und Fähigkeiten mitgegeben, allerdings

gilt es, diese zu erkennen und zu fördern (vgl. Korte, S. 14). Laut Brezinka

(1975, S. 95 ff.) ist Erziehung „[…] der Prozess der zielgerichteten

Beeinflussung zu einem als wertvoll anerkannten Verhalten.“ Dies kann hier auf

den Sport und die Bewegung umgelegt werden, denn bis zum zehnten

Lebensjahr sollte die Freude und Begeisterung an Bewegung im kindlichen

Gehirn abgespeichert sein, da die Lust an körperlicher Aktivität sonst später

nicht mehr auftauchen kann (vgl. Kleine Zeitung, online, 2016). Dieser Prozess

sollte auch im schulischen Kontext im Zuge des Erziehungs – und

Bildungsauftrages geschehen.

Den Kindern sollte geholfen werden, ihre Kompetenzen und Gaben zu erkennen

und diese auch zu pflegen, so der Psychologe Gardner in Korte (2011, S.132).

Kinder und Jugendliche bewegen sich immer weniger, benötigen aber nicht nur

Bewegung an sich, sondern auch möglichst vielfältige Bewegungsreize für ihre

Entwicklung und gerade darum sollten in Schulen, in welchen die SchülerInnen

den größten Teil ihrer Kindheit und Jugendzeit verbringen, genügend

Bewegungsmöglichkeiten geboten werden. Dies kann als Ausgleich zu

vorrangig geistiger und sitzender Beanspruchung gesehen werden (vgl.

Fischer, 2000, S. 5 ff.).

30

In der heutigen Zeit liegt eine zunehmende Kopflastigkeit vor. Die Informationen

werden oftmals durch Medien vermittelt und die Bewegung wird immer weniger.

Darum tritt nun die Schule in den Vordergrund, in welcher gesichert werden

sollte, dass - auch außerhalb des Sportunterrichts - mit allen Sinnen gelernt

werden kann. In vielen Köpfen der Erwachsenen sitzt allerdings noch immer

das Bild des „idealen Schülers“, welcher geistig präsent dem Lernstoff folgt und

motorisch kaum aktiv ist, wie auch Breithecker (2016, S.3)dies beschreibt.

Laut Breithecker (ebd.) sind folgende Aussagen Fakt:

Konzentrationsschwierigkeiten sowie motorische Aktivitäten im Unterricht sind

Gegenstand von vielen unterschiedlich begründeten Lehrerklagen. Stillsitzende

Kinder, die vom Lehrer für konzentriert gehalten werden, sind dies meistens

nicht. Außerdem fühlen sich viele Lehrkräfte angesichts spontaner motorischer

Aktivitäten (z.B. „Kippeln“) im Unterricht unwohl. Es wurde immer wieder

aufgezeigt, dass die Konzentrationsschwäche ein hervorstechendes

Charakteristikum der heutigen Schüler ist.

Diese Auffälligkeiten sollten das Interesse der LehrerInnen wecken, einen

aktiven Beitrag zur Verbesserung dieser Probleme im Schulunterricht

dahingehend zu leisten, dass SchülerInnen wieder Freude am Lernen haben

und ihre kognitiven Fähigkeiten voll ausschöpfen können. SchülerInnen sollten

zur Bewegung erzogen werden.

Der Schulalltag darf nicht mehr größtenteils durch ruhiges, passives Sitzen

geprägt sein, sondern der Unterricht muss dringend durch

Bewegungsinhalte unterstützt werden. Dadurch ist es möglich, die

Leistungen aller SchülerInnen zu steigern und auch ihre Aufmerksamkeit

kann erhöht werden. LehrerInnen haben die Aufgabe, SchülerInnen

bewegte Lernpausen zu geben und sie so oft wie möglich während, nach

und vor dem Lernen zum Sport zu motivieren. Bewegung soll und kann als

ein „aktiv-dynamisches Unterrichtsprinzip“ verstanden werden und Lernen

muss zum „bewegten Lernen“ werden (vgl. Kleindienst-Cachay, Teubert &

Thiel, 2004, S. 13).

31

Unzählige Konzepte der „Bewegten Schule“ wurden seit den 80er Jahren

erstellt und sind in Österreich, Deutschland und der Schweiz ein Thema.

Zunächst gab es fachdidaktische Entwürfe und bald darauf

unterschiedlichste Projekte (vgl. ebd., S.14/ Frischenschlager & Gosch,

2012, S.2).

Es lassen sich unglaublich viele Begründungen für eine Umsetzung von

mehr Bewegung in der Schule finden, aber die Gesundheit ist mit

Sicherheit das bedeutendste Argument dafür. Außerdem ist die Steigerung

von den Lernleistungen der SchülerInnen ein gewichtiger Punkt.

Daraus resultiert, dass ein/e SchülerIn, die/der sich wohl fühlt und

ausgeglichen ist, auch ihre/seine Leistung steigern kann.

Eine Schule, in welcher für die körperliche motorische Entwicklung und die

Entfaltung der Persönlichkeit der notwendige Bewegungsdrang von

Kindern unterstützt und gefördert wird, kann eine positive Entwicklung der

Lernfähigkeit und Leistungsbereitschaft der SchülerInnen erwarten und

dahingehend einwirken (vgl. Breithecker, 2016, S. 10).

5.1 Lernen in und durch Bewegung

„Wenn es etwas gibt, was Menschen vor allen anderen Lebewesen auszeichnet,

dann ist es die Tatsache, dass wir lernen können und dies auch zeitlebens tun“

(Spitzer, 2002, XIII). Das Nervensystem beginnt bereits sehr lange vor dem

Schuleintritt eines Kindes zu „lernen“. Bereits im Mutterleib entwickelt das

Gehirn die Grundlage für die Fähigkeit des Lernens. (Vgl. Ayres, 2013, S. 57)

Der Prozess des Lernens geschieht in Schulen bislang meist nur durch

Informationsaufnahme über die Analysatoren des äußeren Regelkreises, wie

Müller und Obier (2001, S. 207) dies formulieren. Das bedeutet, dass ein/e

SchülerIn Inhalte, die zu lernen sind, meist nur sieht oder hört, allerdings werden

manchen Sinnen zu wenig Beachtung geschenkt.

32

Vor allem der Bewegungssinn, also die Kinästhesie, sollte nicht unterschätzt

werden und manchmal sogar in den Vordergrund rücken, denn er bildet einen

weiteren Informationszugang. Zusätzlich zur Kinästhesie kommt noch der

Gleichgewichtssinn hinzu, welcher ebenso zu den Sinnen des inneren

Regelkreises zählt. „Die Rezeptoren des kinästhetischen Regelkreises liegen

über den gesamten Körper verteilt in Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenken“

(ebd.). Somit erfährt also der/die SchülerIn Informationen über den ganzen

Körper und die eigenen Bewegungen, welche in der Großhirnrinde angeregt und

vom Kleinhirn konkret geplant werden. Von dort ausgehend erreichen sie über

die Brücke, das Rückenmark und schließlich über die motorischen Nerven,

welche als Stromsignale fungieren, die Muskeln (vgl. Beer & Schwarz, 2012, S.

90).

Nach Spitzer (2007, S. 2) können Inhalte umso besser gelernt werden, je bunter,

bewegter, lustiger, interaktiver und leibhaftiger diese dargestellt und im

wahrsten Sinne des Wortes erlebt werden. Hat Sport und Bewegung nun

tatsächlich Einfluss auf die schulische Leistungsfähigkeit bei Kindern und

Jugendlichen? „Je mehr Erkenntnisse Neurowissenschaftler über diesen

Prozess gewinnen, desto klarer wird, dass körperliche Bewegung oder Sport ein

unvergleichbarer Stimulus sind, um im Gehirn eine Umwelt zu schaffen, in der

es bereit, willens und in der Lage ist, zu lernen“ (Ratey & Hagerman, 2013, S.

18). Es kann allerdings nicht nur durch Bewegung gelernt werden, sondern auch

während der Bewegung.

Kommt es also darauf an, dass geistige mit körperlicher Arbeit verbunden wird?

- Ganz frei nach dem Motto „ora et labora“, wie dies bereits im 6. Jahrhundert

der hl. Benedikt von Nursia für seinen Orden als die Lebensordnung verfasste.-

Laut Frischenschlager und Gosch (2012, S.2) werden „Lernprozesse […]

verstärkt, wenn der ganze Körper in den Prozess der Wissensverarbeitung

miteinbezogen wird.“ SchülerInnen lernen besser, wenn sie beim Lernen

zugleich auch Handeln dürfen. Denn wie heißt es doch so schön: Learning by

doing (vgl. Struck, 2001, S.57).

33

Bereits Gelehrte, Dichter und Philosophen wandelten und spazierten vor rund

2000 Jahren während Diskussionen und Denkprozessen durch große Hallen in

Klöster und Kirchen der Antike sowie entlang Promenaden. Die Bewegung

diente zur Unterstützung der geistigen Arbeit und der Konzentration. Dies ist

derzeit vielerorts noch ungewöhnlich, denn „Bewegung und Lernen werden eher

als Gegensätze empfunden“ (Zimmer, 2007, S.9).

LehrerInnen unterrichten selbst weniger im Sitzen, sondern bewegen sich im

Klassenzimmer oftmals auf und ab. Von den SchülerInnen wird allerdings

erwartet, dass sie ruhig sitzen bleiben (können). Doch es steht außer Frage,

dass bereits geringe Belastungen die Gehirndurchblutung anregen und die

geistige Leistungsfähigkeit dadurch erhöht wird. Vor allem die

Kurzspeicherkapazität und die Lerngeschwindigkeit werden verbessert (vgl.

Müller & Obier, 2001, S. 208).

„Unbewusst und automatisch ablaufende motorische Aktivitäten bilden eine wichtige Handlung des Schülers zur Aufrechterhaltung der körperlichen und geistigen Ressourcen. Zusammenhänge zwischen Motorik und Kognition sind entwicklungspsychologisch, biologisch und neurophysiologisch relevant“, beschreibt dies Breithecker (2016, S. 4, schulebewegt.ch).

Aus den bisher behandelten Kapiteln lässt sich festhalten, dass Bewegung und

Kognition aneinander gekoppelt sind und jeweils der eine für den anderen

Bereich eine Rolle spielt.

5.2 Schulische Lernerfolge und das Gehirn

Jeder Lernvorgang verändert unser Gehirn. Es entstehen neue Verbindungen,

da Nervenzellen miteinander verknüpft werden. Diese Verknüpfungen bilden

dann die bereits erwähnten Synapsen. Je häufiger diese aktiviert werden, desto

stärker werden sie.

„Jedes Mal, wenn ein Signal eine Synapse überquert, verändern sich die

Neurone und Synapsen derart, dass es für ähnliche Botschaften zukünftig

leichter wird, diese Synapsen zu überqueren“ (Ayres, 2013, S. 57). Bei einem

zwölfjährigen Kind hat die Leitungsgeschwindigkeit der Nervenfasern bereits

das Niveau von Erwachsenen erreicht (vgl. Korte, 2011, S. 100).

34

Mit jeder Wiederholung eines zu erlernendem Bereichs können wir uns etwas

besser merken oder besser ausführen und irgendwann funktioniert alles ganz

automatisch. Beinahe jede Nervenzelle ist darauf ausgelegt zu lernen und sich

dahingehend zu (ver-)ändern (vgl. ebd. S. 70). Unser Denkorgan benötigt

dementsprechend viel Energie von außen. Obwohl das menschliche Gehirn nur

2,5% des gesamten Körpergewichts ausmacht, benötigt es im körperlichen

Ruhezustand 25% des Sauerstoffvolumens des Körpers. Somit muss, sofern

die Lernbereitschaft von SchülerInnen gefordert wird, eine optimale

Sauerstoffversorgung gegeben sein. Dies kann wiederum nur durch

regelmäßige unterstützende Bewegung garantiert werden.

In diesem Kapitel wird das Augenmerk auf die schulischen Lernerfolge gelegt

und worauf diese basieren.

Die Leistungsfähigkeit von Menschen ist unbestritten von der „phyischen“, aber

auch von der „psychischen Kondition“ abhängig (vgl. Brägger & Posse, 2014,

S. 281). Die Intelligenz der Menschen ist bis zu 50 Prozent erblich, die anderen

50 Prozent entstehen durch die Einflüsse der Umwelt (vgl. Korte, 2011, S. 103).

Somit kann in der kindlichen Laufbahn noch einiges geschehen – auch und vor

allem in der Schule.

Korte (2011, S. 31 ff.) legt sieben Säulen des kindlichen Lernens fest, welche

wie folgt lauten:

- Motivation und Konzentration,

- das kindliche Gedächtnis,

- die persönliche Intelligenz - sowie bereits vorhandenes Wissen,

- emotionale Intelligenz, um im eigenen Umfeld gut zurecht zu kommen,

- verschiedenste Möglichkeiten der Stressbewältigung

- die Sprache

- sich über die Lernbedingungen der eigenen Person im Klaren sein.

35

Viele Verbindungswege lassen sich im Gehirn zu einem bestimmten Zeitpunkt

gut ausbauen, andernfalls muss hart und um ein vielfaches stärker daran

gearbeitet werden (vgl. Korte, 2011, S. 58). Wann ein Kind, welche Inhalte,

Fähigkeiten und Fertigkeiten am besten und einfachsten lernt, hängt sehr stark

von seinem Alter ab. Nicht immer sind alle Gehirnstrukturen aktiv, die für das

Gedächtnis wichtig sind.

Das Ausbilden der kognitiven Fähigkeiten entsteht im handelnden Umgang mit

unterschiedlichsten Materialien, durch welche Erfahrungen gemacht werden.

Diese bilden die Voraussetzung für eine spätere abstrakte Operation. Durch

derartige Erlebnisse wird ein Grundstein gelegt, um sich in der Welt

zurechtzufinden und diese zu gestalten. Erfahrungen, welche über Bewegung

entstehen, werden als primäre Erfahrungen bezeichnet, da sie mit allen Sinnen

und dem eigenen Körper erlebt werden (vgl. Hundeloh, Kottmann & Pack, 2014,

S. 255).

„Durch Bewegung können zusätzliche Informationszugänge erschlossen und

die Informationsverarbeitung optimiert werden“ (Müller & Obier, 2001, S. 206).

5.2.1 Emotionen und unser Lernverhalten

„Körper, Denken und Emotion sind durch komplizierte neurale Netzwerke eng

miteinander verflochten und funktionieren als Einheit, um unser Wissen zu

bereichern“ (Hannaford, 1996, S.59).

Emotionen spielen eine Rolle beim Erlernen und Lernen von neuen

Sachverhalten, Bewegungen oder etwa einfach nur Buchstaben. Beispielsweise

können starke emotionale Erregungen dazu führen, dass wir uns gewisse

Ereignisse besser merken (vgl. Spitzer, 2002, S. 158). Wenn emotionales

Engagement vorherrscht, dann sprüht die Kreativität und das Lernen und

Denken fällt um einiges leichter (vgl. Hannaford, 1996, S. 66).

Bedeutend beim Erlernen von (Schul-)Wissen ist es auch, dass eine positive

Einstellung gegenüber dem Lernen bei den SchülerInnen besteht, denn

negative Lernerfahrungen können im Gehirn schlechter abgespeichert werden.

36

Jedoch kann laut Korte (2011, S. 139) etwa auf eine gewisse Zeit begrenzter

Stress, sofern SchülerInnen damit umzugehen gelernt haben, positive

Auswirkungen auf das Denken und Lernen haben. Spitzer (2002, S. 160) betont

allerdings ganz deutlich, dass die innere Beteiligung und die Spannung des

Dabei-Seins für das Lernen die größte Wichtigkeit tragen und benötigt werden.

Keineswegs sollte aber mit Angst oder Stress gearbeitet werden.

Denn wer hat das nicht schon einmal selbst erlebt, dass man Bereiche für die

man sich interessiert, mit denen positive Gedanken verbunden sind, leichter

lernt und diese sich auch einfacher merkt?

Für die Prozesse zwischen Kognition und Emotion ist das limbische System

verantwortlich, welches aus fünf Bereichen des Gehirns besteht: dem

Thalamus, dem Hypothalamus, dem Basalganglion, der Amygdala und dem

Hippocampus. Der Thalamus ist sowohl für die Empfindungen bzw. Emotionen

als auch für die Leistung unseres Gedächtnisses verantwortlich. Die Steuerung

der Hirnanhangsdrüse sowie die Kontrolle des Geistes über den Körper, wenn

hohe Leistungen notwendig werden, übernimmt der Hypothalamus. Von der

Amygdala, auch als Mandelkern bezeichnet, gehen Verbindungen zu

Bereichen/Arealen im Gehirn aus, die für kognitive und sensorische sowie

körperliche Zustände verantwortlich sind. In diesem Teil bilden sich außerdem

mit Angst und Sorge verbundene Erinnerungen. Der Hippocampus, welcher

bereits in Kapitel 1.3 behandelt wurde, ist für die Emotionen von besonderer

Bedeutung, denn über diese und über sensorische Inputs, welche vom

Thalamus hinzukommen, wird das Kurzzeitgedächtnis erstellt. Der fünfte und

somit letzte Bestandteil des limbischen Systems ist das Basalganglion. Es

steuert die Feinmotorik, zum Beispiel jene der Gesichts- und Augenmuskeln,

die anderen Menschen unser emotionales Befinden mitteilt (vgl. Hannaford,

1996, 63 ff.).

Dieses komplizierte Konzept des limbischen Systems lässt erahnen, dass für

das Lernen emotionale Beziehung und Bewegung benötigt wird.

37

Die emotional-kognitiven Verarbeitungsmechanismen verlaufen nach

Hannaford (1996, S. 65) biochemisch ab.

Alles, was wir erleben, stellt für uns ein Ereignis dar. Je nachdem wie wir dieses

wahrnehmen, reagieren wir unterschiedlich darauf und ziehen demnach unser

Lernpotential daraus. „Wenn wir die Welt erfahren, durchläuft unsere Sammlung

von Bildern und den dazugehörigen Reaktionen einen emotionalen Filter im

limbischen System, das über Wert, Bedeutung und Überlebenspotential der

Erfahrung im Lichte vergangener Erfahrungen entscheidet“ (ebd.)

5.2.2 Die Motivation und das Lernen

„Der Geist ist kein Schiff, das man beladen kann, sondern ein Feuer, das man

entfachen muss“ (Plutarch zit. in Korte, 2011, 34). Dies bringt zum Ausdruck,

dass effektives und nachhaltiges Lernen nicht nur durch stumpfes „Pauken und

Büffeln“ von unzähligen Fakten und Daten geschehen kann, sondern es mehr

dazu braucht. Vor allem die emotionale Grundstimmung bildet eine bedeutende

Basis für den Schulerfolg. Jede kognitive Kompetenz kann maßgeblich beflügelt

oder gehemmt werden.

„Die beste Motivation, um zu lernen, ist sicher die intrinsische Motivation“

(Korte, 2011, S. 284). Das bedeutet, dass Kinder am leichtesten lernen, wenn

sie dies aus eigener Neugierde heraus tun möchten. Damit lässt sich der Begriff

des Feuers aus dem Beginn dieses Kapitels beschreiben.

Die Kunst in der Schule besteht darin, durch die extrinsische Motivation die

intrinsische nicht zu dämpfen, sondern zu wecken und zusätzlich zu fördern.

Dies kann durch einen abwechslungsreichen und vielfältigen Unterricht

geschehen. Hierbei kann und wird Bewegung auch wieder eine große Rolle

spielen.

Nun muss ein Blick auf die Strukturen des Gehirns geworfen werden, um zu

verstehen, welche Funktionen die Ursachen für die Motivation bilden. Für

motivationale Prozesse ist vor allem das dopaminerge System im Gehirn, das

Belohnungssystem, verantwortlich.

38

Das Neurotransmitter Dopamin wird im ventralen Striatum aktiviert, welches

wiederum die Freisetzung von endogenen Opioiden im frontalen Cortex, im

Frontalhirn, auslöst.

Dadurch entstehen in Folge der Ausschüttung körpereigene, opiatähnliche

Stoffe, ein angenehmes Gefühl, auch benannt als Belohnungseffekt.

Aus diesem Grund wird beispielsweise etwas Neugelerntes oder ein Ereignis

weiterverarbeitet und somit sicherer abgespeichert. Dieser Effekt wird nach

Spitzer (2002, S. 180) als „Türöffner“ beschrieben. Lernen geschieht immer

dann, sobald etwas positiv wahrgenommen wird und durch die Aktivierung

dieses dopaminergenen Systems ist Lernen überhaupt möglich. Allerdings

geschieht dieses Aktiv- Werden des Belohnungssystems nur dann, wenn etwas

besser ausfällt als erwartet (ebd., S. 177).

Dopamin hat zusammenfassend laut Korte (2011, S. 40) bedeutende

Eigenschaften, die auch für das Lernen wichtig sind. Es steuert Wachheit und

Aufmerksamkeit, steigert das Lernvermögen, fördert das Selbstvertrauen,

stimmt optimistisch und obendrein motiviert dieser Botenstoff auch noch, wenn

es darum geht, bestimmte Ziele zu erreichen. „Lernen wird so leichter und

effektiver“ (Korte, 2011, S. 40)

5.3 Einfluss der Bewegung auf die SchülerInnen und ihre Leistungen

„Wie die Hirnforschung mittlerweile weiß, fasst das Gehirn einen methodischen

Wechsel im Unterricht als Neugierde weckende Abwechslung auf und erhöht

die Aufmerksamkeit“ (Korte, 2011, S. 296).

Die Zeit der Entwicklung von Kindern wird durch die Bewegung geprägt (vgl.

Oppolzer, 2004, S 13). Laut Schaffner (1992, S. 129) gehört Bewegung zu den

Grundbedürfnissen des Menschen, denn durch Bewegung erschließt sich der

Mensch schon in frühen Kindheitstagen die Welt. Bewegung wird nach Zimmer

(2007, S. 10) als der Motor und Mittler des Lernens beschrieben.

39

Ein Kind eignet sich dadurch die Welt an – mit allen Sinnen und dem ganzen

Körper. Denn je mehr Lernvorgänge durch das eigene Handeln geschehen,

umso leichter wird gelernt (vgl. Korte, 2011, S. 213).

Oppolzer (2004, S. 13) spricht von den bewegten Kindern, welche

Erfolgserlebnisse durch Sport erfahren und auch Misserfolge aushalten können.

Sie erleben ihre körperlichen Grenzen und spüren am eigenen Leib, wie es

möglich ist, die Leistungsfähigkeit zu steigern.

Kinder, die sich bewegen, können außerdem ihre Gefühle besser ausdrücken

und diese auch verarbeiten. Bewegte Kinder lernen selbstbestimmt zu handeln.

Ohne Bewegungspausen im Unterricht kann ein/e SchülerIn wesentlich weniger

neue Informationen aufnehmen (vgl. Fischer, 2010, S. 30).

Ein nicht außer Acht zu lassender Faktor gilt auch noch besonders für

pubertierende Kinder, welche durch Bewegung beispielsweise ihre

Aggressivität abbauen und ihre Stimmungsschwankungen positiv beeinflussen

können.

„Mehr Bewegung in der Schule dient der Förderung von Gesundheit und Entwicklung der

Kinder. Zudem werden vielfältige weitere positive Effekte erzielt wie die Steigerung der Lern-

und Leistungsfähigkeit. Bewegung trägt darüber hinaus zu einer Rhythmisierung bei – zu einem

kontinuierlichen Wechsel von Statik und Dynamik“ (Breithecker , 2016, S.3, online).

Kinder und Jugendliche, die sich über Bewegung mit Situationen und

Materialien auseinander setzen, benötigen Eigenaktivität und Selbsttätigkeit als

Voraussetzung. Somit ist gesichert, dass sich SchülerInnen selbstbestimmt mit

Problemen konfrontieren. Dies zieht die Entwicklung eines positiven

Selbstkonzepts nach sich und kognitive Fähigkeiten bilden sich aus, welche

neben sozialen Fähigkeiten die Basis für eine stabile Identitätsentwicklung

bilden (vgl. Hundeloh, Kottmann & Pack, 2014, S. 255).

Um die Leistungsfähigkeit der SchülerInnen zu stärken, ist Bewegung ein

bedeutender Faktor, denn nach Oppolzer (2004, S. 18) lassen sich ,zu den

bereits durch Breithecker hervorgehobenen Effekten - weitere folgende positive

Veränderungen erkennen:

40

Die Konzentrationsfähigkeit wird erhöht, die Wahrnehmung und das

Kurzzeitgedächtnis werden verbessert, die Sinne angeregt, bei Stress beruhigt

man sich durch Bewegung und Denkblockaden können verhindert werden.

Weiters wird die Zusammenarbeit der Hirnhälften gefördert, kreative

Denkprozesse werden angekurbelt und Problemlösefähigkeiten verbessert.

Außerdem führt ein durch Sport gestärktes Selbstvertrauen zu einem positiven

Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der SchülerInnen (vgl. Korte 2011, S. 185).

Nach einer kalifornischen landesweiten Studie wurde bereits 2002 erkannt,

dass Kinder, welche gesund und fit sind, bessere Leistungen in der Schule

erreichen (vgl. Buck, Castelli und Hillmann, 2005, S.1967). Hinzukommt, dass

SchülerInnen, welche aufgrund eines täglich gesteigerten Bewegungspensum

weniger Zeit für geistige Aktivitäten hatten, keine Leistungseinbußen in den

mathematischen Fähigkeiten und den Lesekompetenzen aufwiesen. Nebst

diesen Verbesserungen und Förderungen werden, wie bereits erläutert, neue

Synapsen gebildet, die Informationsverarbeitung wird besser und schneller und

das vernetzte Denken und Handeln gefördert. Besonders bei kinästethischen

Lerntypen hilft Bewegung enorm weiter.

Nach einer Studie von Sibley und Etnier (vgl. Alfermann & Linde 2012, S. 296f.)

wurde bereits 2003 festgestellt, dass Kinder im Vorschulalter, welche 4 bis 6

Jahre alt sind, und jene im mittleren Schulalter (11 bis 13 Jahre) signifikant

stärker von physischer Aktivität profitieren als Kinder im Alter von 8 bis 11

Jahren und Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren.

Es wurde angenommen, dass der Schulwechsel von der Grundschule zu einer

weiterführenden Schule sowie der Pubertätsbeginn zu einem höheren Ausmaß

an Stress und sozialer Angst bei den 11 bis 13- Jährigen führen. In dieser

Altersgruppe könnte man die positiven Effekte der körperlichen Aktivität auf die

Angst- und Stressminderung zurückführen. Im Vorschulalter könnte man

hingegen die positiven Einflüsse der Bewegung der hohen Effektstärke in dieser

Altersklasse zuschreiben.

41

Zuletzt sei noch eine Studie mit mehr als fünfhundert kanadischen Kindern

erwähnt (vgl. Hannaford, 1996, S. 122), wobei SchülerInnen, welche eine

zusätzliche Stunde Sport am Tag hatten, deutlich besser in Prüfungen

abschnitten, als weniger aktive Kinder.

Die Vermittlung von kognitiven Kenntnissen und Fertigkeiten kann pädagogisch

bedeutsam auch in und durch Bewegung geschehen. Ein Verzicht auf

Bewegung würde laut Hundeloh, Kottman und Pack (2014, S. 254) den

Erziehungs- von Bildungsauftrag der Schule nicht erfüllen.

Eine gezielte motorische Förderung kann nach Breithecker & Dordel (2003, S.

7) einige positive Einflüsse nach sich ziehen, die nun abschließend kurz

erläutern werden sollen. Die Schulzufriedenheit ist bei den SchülerInnen größer,

die Leistungsbereitschaft ist höher, wobei Zweiteres mit einem besseren

Selbstvertrauen und einer größeren Frustrationstoleranz zusammenhängt.

Denn „[…] der Körper ist kein Feind, sondern ein Verbündeter des Lernens“

(Zimmer, 2007, S.10).

5.4 Der Mangel an Bewegung in Schulen und ihre Folgen

Der Turnunterricht wurde seit 2003 um etwa fünf Prozent gekürzt (vgl. Kleine

Zeitung, 2016, online). Doch nicht nur das, vor allem im Unterricht außerhalb

der Sportstunden wird die Bewegung viel zu wenig integriert. Infolgedessen

wirke sich, so Peter Schober in einem Artiekl der Kleinen Zeitung (2016, online),

mangelnde körperliche Bewegung auf die geistigen Fähigkeiten und somit auf

die Lernerfolge der SchülerInnen aus.

SchülerInnen verbringen laut Oppolzer (2004, S. 15) zehn Stunden am Tag im

Sitzen, was die ungesündeste Position ist, die ein Mensch überhaupt

einnehmen kann. Darum hat es auch auf den Körper und im weiteren Verlauf

auf die Leistungsfähigkeit großen Einfluss. Denn mangelnde

Bewegungserfahrungen führen meist zu Lernschwierigkeiten (vgl. Lütgeharm,

1999, S. 19). „Mit Eintritt in die Schule wird aus dem bewegungsfreudigen

Spielkind ein Sitzkind“, so Breithecker (2001, S. 2009).

42

Die sportliche Leistungsfähigkeit leidet unter dem Bewegungsmangel und

darum ebenso die körperliche Gesundheit. Außerdem fehlen dann ebenso die

„positiven Auswirkungen sportlicher Aktivität aufs allgemeine Wohlbefinden,

was letztlich ein effektiver Schutz vor vielen mentalen und seelischen

Problemen ist, die bei Kindern und Jugendlichen im Vormarsch sind (vgl. Beck,

2014, S. 115).

Immer häufiger klagen Kinder schon in frühesten Schuljahren über Schmerzen

im Kopf und im Rücken und haben viele Ängste bis hin zu depressiven

Stimmungen. Die Aggressivität sowie die Hyperaktivität der SchülerInnen

steigen stetig. „Bewegungsunruhe, Konzentrations- und Lernschwächen

gehören heute zum Alltag in der Schule“ (Lütgeharm, 2007, S. 6).

Oftmals werden motorische Aktivitäten während des Unterrichts meist sehr

undifferenziert als Störung abgetan und SchülerInnen, welche unruhig sind, als

„auffällig“ in ihrem Verhalten eingestuft. Aber man sollte beachten, dass die

kindliche und auch noch die jugendliche Muskulatur für derartige

Dauerbelastungen wie das Sitzen nicht geeignet sind.

Doch nicht nur das, auch der Biorhythmus eines Kindes oder einer/eines

Jugendlichen läuft anders ab als jener einer/eines Erwachsenen und somit sollte

auf die SchülerInnen eingegangen werden und der Schulalltag

dementsprechend gestaltet sein (vgl. Breithecker, 2001, S. 2009 f.).

Früher hatten Kinder genügend Bewegung in ihrer Freizeit und konnten somit

in der Schule, welche allerdings in der Generation der Großeltern auch noch mit

mehr Bewegung kombiniert war, einige Stunden ruhig sitzen. Zu Beginn jeder

Unterrichtsstunde mussten die SchülerInnen beim Eintreffen der Lehrperson

aufstehen. Wenn sie etwas sagen wollten, mussten sie sich ebenso vom Stuhl

erheben. In den Pausen gab es eine verstärkte Spielkultur und jede Zeit zum

Laufen wurde genutzt.

43

Welche Auswirkungen stundenlanges Sitzen haben kann, hat Oppolzer (2004,

S. 16) sehr klar zusammen gefasst: Herz-Kreislauf- Probleme, eine mangelhafte

Sauerstoffversorgung des Gehirns und aller anderen Organe des Körpers sind

bereits gravierende Probleme, die auftreten könnten.

Nebst diesen Erscheinungen kann es zu Problemen mit der Verdauung

kommen. Muskelverspannung, Muskelschwäche, Austrocknung der

Bandscheiben sowie Probleme mit der Wirbelsäule und dem gesamten

Bewegungsapparat sind in Kindheitstagen keine Seltenheit mehr.

„Bewegungsmangel ist bereits zu einer Zivilisationskrankheit geworden“ (ebd.).

Die Wirbelsäule wird durch das ruhige, monotone Sitzen überbeansprucht, da

sie im Gegensatz zum Stehen oder dem In-Bewegung-Sein beim Sitzen um ein

Drittel höher belastet wird. Die Reize für die Muskulatur fehlen aufgrund der

mangelnden Anpassungsanforderungen, die beim Gehen die rhythmischen

Gleichgewichtsverlagerungen auslösen.

Außerdem werden die Bandscheiben schlechter versorgt, da ein

gleichbleibender Druck, durch das Sitzen ausgelöst, die Ernährung der

Bandscheiben verhindert (vgl. Kleindienst-Cachay, Teubert & Thiel, 2004, S.

32).

Inaktivität wie zum Beispiel längeres Stillsitzen während der Schulstunden führt

zur Senkung des Aktivitätsniveaus der SchülerInnen und damit zu einer

vermehrten Müdigkeit sowie reduzierten Aufmerksamkeits- und Lernleistung.

Die restliche - vorhandene Aufmerksamkeit kann oftmals nicht auf den

Lerngegenstand gerichtet werden, da im Unterricht manches Mal möglichst

ruhiges Sitzen verlangt wird und die Aufmerksamkeit bei zunehmendem

Bewegungsdrang vermehrt auf die Situation des Sitzens gelenkt werden muss

(vgl. Dordel & Breithecker, 2003, S. 8). Fehlt die Bewegung in der Schule, dann

sinkt die Aufmerksamkeitsleistung der ersten Stunde so weit, dass

konzentriertes Lernen bis zur fünften Stunde nicht mehr möglich ist (vgl.

Breithecker, 2016, S. 10)

44

Bewegung sollte im Stundenplan der Schule darum einen größeren Stellenwert

haben und den SchülerInnen so häufig wie möglich die Option geboten werden,

haltungsstärkende, gehirnfördernde, die Konzentration unterstützende, aber

auch entspannende Bewegung durchzuführen und zu erleben. Für ein Lernen,

welches mit voller Konzentration möglich sein soll, gelten nach Lütgeharm

(2007, S. 9) folgende Bewegungszeiten:

- 20 Minuten bei sieben- bis zehnjährigen Kindern,

- 25 Minuten bei zehn-bis zwölfjährigen Kindern,

- 30 Minuten bei zwölf bis fünfzehnjährigen Kindern und Jugendlichen.

Vor allem trifft es die SchülerInnen, da sie dem altersspezifischen

Bewegungsdrang nachgehen sollten können, damit sich ihr Bewegungsapparat

und der gesamte Organismus entsprechend entwickeln können (vgl. ebd.).

„Denn Kinder lernen mit all ihren Sinnen, mit Körper, Geist und Seele. Am

Lernen ist immer der ganze Mensch beteiligt“ (Zimmer, 2007, S. 9).

45

6. Bewegung im Unterricht außerhalb der Sportstunden

Bewegungserziehung kann nach Müller & Obier (2001, S. 206) nicht nur einem

Fach zugewiesen werden, sondern muss in allen Unterrichtsgegenständen eine

bedeutende Aufgabe erhalten. Damit stellt die Realisierung der Erziehung zur

Bewegung auch einen Anspruch an jede Pädagogin und jeden Pädagogen.

Zimmer (2007, S. 65) gibt genaue Kriterien vor, die in einer Schule, welche

Bewegung nicht nur im Sportunterricht in den Vordergrund rückt, gegeben sein

sollten:

- Während des Unterrichts sollten Be- und Entlastung einander

abwechseln, denn kurze Bewegungspausen führen wieder zu einer

erhöhten Aufmerksamkeit.

- Beim Lernen können und sollen alle Sinne miteinbezogen werden und

viele Unterrichtsthemen lassen sich auch über Bewegung erschließen.

- In den Pausen sollte die körperliche Aktivität in den Vordergrund rücken.

Genügend Sportgeräte und Bewegungsflächen müssen vorhanden sein.

- Auch die Raumgestaltung, innen wie außen, sollte dem Bewegungsdrang

der SchülerInnen entsprechen.

Die Aktivitäten während des Schulalltags lassen sich nach Fischer (2010, S.

15) in zwei Bereiche einteilen:

- Aktivitäten während des Unterrichts: Hier fallen Pausengestaltungen

innerhalb des Unterrichts hinein, durch welche SchülerInnen neue

Konzentrationsfähigkeit erhalten und somit den Unterrichtsstoff besser

aufnehmen können. Aber auch auf der Basis des Unterrichtsinhalts des

jeweiligen Faches kann Bewegung stattfinden. Bewegen sich die

SchülerInnen intensiv, kann meist eine Steigerung der kognitiven

Leistungsfähigkeit festgestellt werden (vgl. Beck, 2014, S. 117).

46

- Bedeutend für die Leistungsfähigkeit und dem Entgegenwirken von

motorischer Unruhe der SchülerInnen wäre es, die Unterrichtsmethode

immer wieder zu wechseln. Hierbei kann auch die Lehrperson davon

profitieren und motivierter und mit Freude in einen

abwechslungsreicheren Unterricht starten.

- Außerunterrichtliche Bewegungsaktivitäten:

Pausen während des Vormittags, zu Mittag oder am Nachmittag bieten

die Möglichkeit, durch Bewegung wieder fit für die nächsten kognitiven

Anforderungen zu sein.

Ziel der Nutzung der Pausen sollte ein ausreichender Bereich an

Bewegungsräumen sein. Zum einen müssen hierfür genügend

Materialien zur Verfügung stehen und zum anderen sollte versucht

werden, alle schuleigenen, aber auch nahegelegenen Spiel- und

Rasenflächen, beispielsweise von Sportstätten, zu nutzen.

Es könnte auch die Überlegung getätigt werden, dass während der Pausen die

Turnsäle geöffnet werden, damit sich die SchülerInnen (unter Aufsicht) auf den

Flächen frei bewegen können. Wenn der Weg zu einer Turnhalle für kurze

Pausen allerdings zu lang ist, dann könnten eventuell gekennzeichnete

Bewegungsplätze im Schulgelände geöffnet werden (vgl. Beck, 2014, S. 116).

Hier als „Pausensport“ bezeichnet, findet außerhalb des Unterrichts, auch des

Sportunterrichts, statt und sollte somit für frei wählbare Tätigkeiten zur

Verfügung stehen.

Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Förderung der koordinativen Fähigkeiten,

da diese eine bedeutende Basis für die Bewegungs- und Sportentwicklung von

Kindern darstellen. Folgende Punkte sollten nach Fischer (2000, S. 54)

berücksichtigt werden:

- Es sollte ein hoher Aufforderungscharakter zur Erhöhung des Reizes

bestehen, um etwas zu wiederholen, zu erproben, zu riskieren, zu

verbessern und um sich selbst zu steigern.

47

- Die Initiierung von der Beanspruchung des ganzen Körpers sollte

gegeben sein.

- Eine Differenzierbarkeit und Dosierbarkeit der Leistungsanforderungen

muss vorhanden sein.

- Der Spielcharakter darf nicht zu kurz kommen

- Zuletzt sollte stets eine Aktivität gewählt werden, die von vielen

SchülerInnen gleichzeitig ausgeübt werden kann.

Die Auseinandersetzung mit verschiedensten Bewegungssituationen und

Herausforderungen, die durch Bewegung entstehen trägt zu folgenden

Bereichen bei: Stärkung des Selbstbewusstseins sowie des Selbstvertrauens,

Entwicklung von Grundqualifikationen im sozialen Handeln und – für diese

Arbeit am bedeutendsten – Ausbildung kognitiver Fähigkeiten (vgl. Hundeloh,

Kottmann & Pack, 2014, S. 254).

Unterricht bildet die Basis der schulischen Arbeit. Deshalb wird es für die

SchülerInnen nur dann einen nachhaltigen Effekt geben, wenn es gelingt, dass

ein Teil des Unterrichts einen bewegungsfreudigen Charakter mit sich bringt.

Die Bewegungsfreudigkeit in einer Schule wird sich somit daran festmachen,

welche Funktion Bewegung im Unterricht hat. Allerdings sollte der Bewegung in

der Pause eine genauso wichtige Rolle zugeteilt werden (vgl. Hundeloh,

Kottmann & Pack, 2014, S. 259).

Eine Schule, die zur allgemeinen Körperausbildung und zu einem

körpergerechten Verhalten beitragen will, sollte den Kindern ermöglichen, dass

Lernen nicht nur im Stillsitzen geschieht, sondern auch in anderen

Körperhaltungen ablaufen kann. Der Wechsel zwischen An- und Entspannung

kann genutzt werden. Vor allem nach den nicht erbrachten gewünschten

Leistungen bei den Olympischen Spielen in London 2012 wurde die Diskussion

um eine etwaige tägliche Turnstunde entfacht, welche sich bis heute hält (vgl.

Kleine Zeitung online, 2012).

48

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Schule zu einem Ort werden soll,

an dem Leistung und Gesundheit von Schülerinnen und Schülern im Mittelpunkt

stehen sollten. Die Gesundheit sollte, auch im Sinne der World-Health-

Organisation, „als ein Zustand des physischen, psychischen und sozialen

Wohlbefindens verstanden werden“ (vgl. Kleindienst-Cachay, Teubert & Thiel,

2004, S. 33).

Letztlich sollte es so weit kommen, dass nicht nur die Körper der SchülerInnen

bewegt werden, sondern sie dazu motiviert und aktiviert werden, sich aus

eigenem Antrieb zu bewegen. (ebd., S. 35)

6.1 Die Schule als Bewegungsraum

Wenn es so weit kommt, dass Bewegung in und außerhalb des Unterrichts

realisiert wird, sollte auch auf die äußere, bauliche Entwicklung Wert gelegt

werden. Der Raum ist nach Hundeloh, Kottmann und Pack (2014, S. 265) der

dritte Pädagoge in der Schule. Die Gestaltung der Räume kann Bewegung

behindern oder auch unterstützen.

Mit dem Wandel von einer bewegungsarmen zu einer bewegungsfreudigen

Schule wird das Spektrum der Aktivitäten größer. Diese erfordert auch neue

räumliche Konzepte, anstatt der oftmals noch aus dem 19. oder 20. Jahrhundert

bestehenden Grundrisse von Schulen.

Denn wenn die SchülerInnen sich Bewegungskompetenzen aneignen sollen,

muss auch die Schule angepasst werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass

die Räume ausreichend groß sein sollten und die Ausstattung mobil, auf vielerlei

Weise kombinierbar und robust ist.

Weiters sollten gute Licht- und Luftverhältnisse, sowie eine entsprechende

Akustik vorhanden sein. Der Schulhof und die sonstigen freien Flächen, welche

als wichtige Lern- und Lebensräume im Schulalltag gesehen werden, müssen

zu Bewegungsräumen, kommunikativen Treffpunkten und Ruhezonen werden.

Die Sporthalle kann außerhalb des Unterrichts zum Bewegungszentrum

werden.

49

In der Regel sind oftmals die Mittel nicht gegeben, um alles zu ändern und somit

kann in kleinen Schritten begonnen werden, beispielsweise den Pausenhof oder

die sonstigen Freiflächen der Schulen betreffend. In dieser Arbeit, wobei es

schließlich hauptsächlich um die Äquilibristik geht, liegt der Schwerpunkt auf

genügend Fläche und Material.

6.2 Der Einfluss von außerschulischen Aktivitäten

Kinder und Jugendliche sind in ihrem Alltag außerhalb der Schule in

zahlreichen unterschiedlichen Bildungseinrichtungen, Sozialisationsinstanzen,

Gruppen und Netzwerken unterwegs. Ihre Entwicklung findet in einer

zunehmend unübersichtlichen Gesellschaft statt, die allerdings auch einen

großen Pool an Wahlmöglichkeiten für sie bieten kann (vgl. Aschebrock,

Beckers & Pack, 2014, S. 57).

Kinder und Jugendliche wachsen im Alltag an Herausforderungen, die sie sich

selbst stellen oder aber an jenen, die ihnen in den Weg gelegt werden. Dadurch

kann die eigene Kompetenz gesteigert werden, sei dies im geistigen oder

körperlichen Bereich. Bei jeder kleinen erfolgreich bewältigten Aufgabe erfahren

Kinder und Jugendliche ein Erfolgserlebnis. Sie empfinden Glücksgefühle und

erweitern ihre eigenen Grenzen (vgl. Zimmer, 2015, S. 33 ff.). Dies kann auch

in der Schule zu einem längeren Durchhaltevermögen führen, allerdings

vorrangig nur dann, wenn die emotionale Beteiligung gegeben ist (siehe Kapitel

5.2.1).

Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche in verschiedensten Situationen

wieder zur Selbstständigkeit und zu eigenen Initiativen greifen dürfen, die sie

körperlich auch fordern. Dadurch wird ihr Selbstvertrauen gestärkt, womit auch

ihre Motivation und die kognitive Kompetenz gesteigert werden (vgl. ebd.).

50

7. Das Koordinationstraining

Der Bewegungsschwerpunkt in dieser Arbeit liegt auf der Äquilibristik, dem

Jonglieren und Einradfahren. Dabei ist die Fähigkeit der Koordination gefragt,

die einen hohen Anforderungscharakter an die Fertigkeiten unseres Gehirns

stellt.

Dieses Kapitel dient der Erläuterung des koordinativen Trainings, denn die

häufigste Beeinträchtigung in den Lern- und Konzentrationsleistungen bei

Kindern ist eine Bewegungskoordinationsstörung (vgl. Korte, 2011, S. 319).

„Unter dem Begriff der Koordination versteht man Gewandtheit,

Geschicklichkeit, Technik“ (Hollmann, 2004, S. 33). Aus der Sicht des Sportes

wird unter Koordination das Zusammenspiel des Zentralnervensystems mit der

Skelettmuskulatur zur Bewältigung eines komplexen Bewegungsablaufs

verstanden.

Je vielschichtiger eine Bewegung ist, desto mehr Areale werden im Gehirn

aktiviert. Bereits der Gedanke an eine Bewegung führt zu einer gesteigerten

Durchblutung im Gehirn, wodurch das Gehirn aktiver ist.

Koordination wird vor allem für die Gehirnentwicklung als bedeutend angesehen

(vgl. ebd.), denn das Gehirn ist genauso trainierbar wie ein Muskel.

Die koordinativen Fähigkeiten bestehen aus der Gleichgewichtsfähigkeit, der

Orientierungsfähigkeit, der Differenzierungsfähigkeit, der Rhythmisierungs-

sowie Reaktionsfähigkeit und der Umstellungs- und Kopplungsfähigkeit. Diese

Fähigkeiten stehen in enger Wechselbeziehung zum motorischen Lernen und

zur Steuerungsfähigkeit. Die motorische Lernfähigkeit beruht wiederum auf den

Funktionen der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung. Im

Vordergrund stehen hierbei „[…] perzeptive (Analysatoren), kognitive

(Bewerten/Zuordnen) und mnemische Prozesse (gedächtnisabhängige

Vorgänge, die auf neurophysiologischen Syntheseleistungen beruhen)“

(Weineck, 2010, S. 799). Bereits durch diese Erläuterung lässt sich erkennen,

welche Komplexität sich hinter der Koordination verbirgt.

51

„Eine vielseitige Auslastung der unzähligen unterschiedlichen Hirnareale

gewährleistet die Steigerung bzw. den Erhalt der verschiedenen zerebralen

Strukturen“ (vgl. Weineck, 2000, S. 107 f.). Das menschliche Gehirn wird durch

das Trainieren verschiedenster koordinativer Fähigkeiten auf vielseitige Art und

Weise trainiert. Es steigert die Leistungsfähigkeit, wenn es nur einem

ausreichenden und effektiven Training ausgesetzt wird (vgl. Korte, 2011, S.

106).

Durch visuelle Informationen wird die Sehrinde angesprochen, durch akustische

oder taktile Reize werden die jeweils dazugehörigen Hirnbereiche selektiv

aktiviert und somit wird die Leistungsfähigkeit im Einzelnen und schließlich als

Gesamtes gesteigert (vgl. ebd.).

„Kaum ein Training aktiviert das gesamte Gehirn so umfassend wie ein

koordinatives Übungsprogramm, mit seinen so unterschiedlichen und

vielseitigen Anforderungen an die verschiedenen Sinnesmodalitäten“ (vgl.

Weineck, 2000, S. 110). Somit wird auch klar aus welchem Grund in dieser

Arbeit das Jonglieren und das Einradfahren analysiert und beschrieben werden

und was diese Künste dafür prädestiniert:

Der hohe Aufforderungscharakter für die Leistungssteigerung unseres Gehirns

oder wie es Förster (2009, S. 54) ausdrückt: „Das Gehirn lechzt nach

Bewegungsabläufen, die neu sind.“

Nun wurden die Vorteile der Bewegung und die Beeinflussung der körperlichen

Aktivität auf die geistigen Fähigkeiten und Lernerfolge im Setting der Schule

ausführlich besprochen. In den weiteren Kapiteln werden In den weiteren

Kapiteln soll die Äquilibristik, im Speziellen das Einradfahren und das

Jonglieren, als Basis für die Umsetzung in den Schulen bearbeitet werden. Die

anschließenden Stundenbilder sollen eine Hilfe und Unterstützung für den

praktischen Unterricht darstellen.

52

8. Äquilibrisitik – was ist das?

Zirzensische Körper- und Bewegungskünste, wie das Einradfahren und

Jonglieren erfreuen sich laut Kiphard in Bewegungskünste, Zirkuskünste (Gaal,

1999, S. 13) immer wieder neuer Aktivität und ,Ausprobierwut‘. Die Kunst seinen

Körper in Gleichgewicht zu halten, ob mit einem Partner oder auf einem Gerät,

hier auf dem Einrad, ist die Äquilibristik (vgl. Treiber, 1994, S. 7)

In den folgenden Kapiteln wird näher auf das Einradfahren und die Jonglage

eingegangen. Dabei steht nach einer einleitenden Definition und

geschichtlichen Hintergründen insbesondere das Potential dieser zirzensischen

Körper- und Bewegungskünste, kognitive Fähigkeiten und innere

Ausgeglichenheit zu optimieren, im Mittelpunkt. Mittels eigens konzipierter

Stundenbilder sollen Umsetzungsmöglichkeiten im Schulalltag aufgezeigt

werden.

8.1 Geschichte der Äquilibristik und Jonglage in Schulen

„Bereits in den 20er und 30er Jahren entwickelten die Österreichischen

Leibeserzieher Carl Gaulhofer und Margarete Streicher ihr „natürliches Turnen“

(Titel ihres Buches, Wien 1930, wozu auch die „gauklerischen

Bewegungskünste“ gehörten) (Gaal, 1999, S. 13). Das Ziel der Einführung von

für die damalige Zeit neuartigen Bewegungskünsten war es, einen attraktiveren

Turnunterricht mit neuen Methoden zu schaffen, um die SchülerInnen wieder zu

motivieren und ihr Interesse zu wecken. Auch dies kann heutzutage der Fall

sein, wenn es darum geht, die Aufmerksamkeit und Freude an der Bewegung

der SchülerInnen im Sportunterricht zu gewinnen. Sie erhalten dadurch die

Möglichkeit etwas Neues zu probieren, ihre Grenzen auf andere Art und Weise

auszuloten und ihren Körper durch akrobatische Einlagen neu zu erleben.

Immer wieder wird versucht die Bewegungskultur in den Schulen zu beleben.

Lehrplanrevisionen sind oftmals unumgänglich und sollen ermöglichen, dass

der Schulsport wieder Spaß macht und die Motivation der SchülerInnen für die

Bewegung geweckt wird (vgl. Gaal, 1999, S. 13).

53

Die Einführung von Einradfahren und Jonglage in den regulären Turnunterricht

wäre eine Möglichkeit, um dies zu erreichen.

8.2 Wozu Äquilibristik und Jonglage in der Schule anwenden?

Äquilibristik fördert das Erleben neuer Herausforderungen und kann

SchülerInnen dabei helfen ihr Selbstvertrauen zu steigern. Sie lernen ihre

eigenen Grenzen kennen und ihr Potenzial auszuschöpfen. Dies kann auch im

Unterricht dazu beitragen, dass SchülerInnen motivierter, selbstsicherer und mit

mehr Elan an das Erlernen insbesondere neuer Aufgaben heranzugehen (vgl.

Korte, 2011, S. 149). „Die neurobiologische Lernforschung legt größten Wert

darauf, dass bei Lernprozessen beide Gehirnhälften berücksichtigt werden, die

linke und die rechte Hemisphäre“ (vgl. Frischenschlager & Gosch, 2012, S. 4).

Bei der Jonglage werden die rechte und linke Gehirnhälfte gleichermaßen

beansprucht, beide müssen Leistungen erbringen. Durch das Zusammenspiel

von Rechts und Links und durch das Überschreiten der Köpermitte,

beispielsweise bei der Kaskade, werden ständig Informationen zwischen der

linken und rechten Gehirnhälfte ausgetauscht. Die linke Hälfte wird beim

Verfolgen der ‚fliegenden‘ Bälle und beim Analysieren der durchgeführten

Bewegungen beansprucht, während die rechte Gehirnhälfte der Rhythmus und

die Qualität des Jonglierstils bestimmt und korrigiert (vgl. Ballreich & Lang,

2007, S. 37).

Eine weitere Besonderheit der zirzensischen Künste stellt die Offenheit dieser

dar. Heterogenität in der Klasse hat hier kaum negative Auswirkungen und

außerdem gibt es im Gegensatz zu den meisten anderen Sportarten keine

sportartspezifischen Regeln oder etwa Einschränkungen. Bis auf die

Grundtechniken und –formen unterstützen diese Bewegungskünste mit ihrer

Formenvielfalt kreative Prozesse und unterschiedlichste

Bewegungserfahrungen (vgl. Eberherr & Loeffl, 2015, S. 8.)

54

8.3 Die Umsetzung in der Schule - ein Ding der Unmöglichkeit?!

Spektakuläre Kunststücke, atemberaubende Skills und beinahe unmögliche

Bewegungen –diese Beschreibung trifft eindeutig auf die Äquilibristik zu und

lässt vermuten, dass diese Sportart nur von Artisten beherrscht werden kann

und für SchülerInnen zu anspruchsvoll ist.

Es ist jedoch möglich, diese Sportart in der Schule umzusetzen, indem man mit

den Grundlagen startet. Man muss nicht gleich mit der Jonglage auf dem Einrad

beginnen, sondern kann schließlich auch einen methodischen Schritt nach dem

anderen setzen. Denn die Bewegungskünste stellen hohe koordinative

Anforderungen an die SchülerInnen.

So ist der Aufforderungscharakter neuartiger Geräte wie das Einrad oder die

Jonglierbälle für SchülerInnen bereits sehr hoch. Das kann eine starke

Motivation nach sich ziehen, aber auch die Freude an der Bewegung kann laut

Eberherr und Loeffl (2013, S. 8) zu einem selbstständigen Erlernen der

Bewegungsfertigkeiten führen.

Bewegungskünste bieten auch eine gute Möglichkeit, um das gesamte

Schulleben zu bereichern und Schulveranstaltungen beispielsweise zu

gestalten.

Zuletzt sei noch erwähnt, welche Unterrichtsmethoden sich zum Unterrichten

der Bewegungskünste anbieten würden. Dies wird dann nochmals explizit im

Zuge der Stundenbilder ausgeführt.

Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung geeigneter Unterrichtsmethoden;

- Partnerunterricht: viele Partnerübungen sollten gewählt werden,

- Gruppenunterricht: Gruppenübungen gibt es vielfältige und

abwechslungsreiche,

- freier Unterricht: hierbei kann selbstständig geübt werden oder

beispielsweise eine Choreographie erarbeitet werden,

55

- Projektunterricht: wenn es die Zeit zulässt, kann exemplarisch im

Sportunterricht oder auch fächerübergreifend ein Zirkusprojekt gestartet

werden,

- fächerübergreifender Unterricht: in Zusammenarbeit mit Musik,

Bildnerische Erziehung kann beispielsweise gearbeitet werden (vgl. Gaal,

1999, S. 15).

56

9. Das Einradfahren

Bereits vor etwa 120 Jahren wurden mit Hochrädern Wettrennen ausgetragen,

wobei Strecken bis zu 1000 km gefahren wurden. Das Einrad hat somit seinen

Ursprung im Kunstradsport und ist seitdem Träger des Wettkampfs- und

Leistungsgedanken. Heute hat das Einrad diese „Exklusivität“ jedoch verloren,

denn auch im Alltag wird es bereits sehr oft verwendet und als Sportgerät

gesehen (vgl. von Grabowiecki & Lang, 2007, S. 244). Das Einradfahren, das

über die Jahre hinweg zu einer Trendsportart geworden ist, hat den verspielten

Zugang von den Bewegungskünstlern und Artisten übernommen (vgl. Anders-

Wilkens & Mager, 2006, S. 111). Es hat sich als Sportart im Vereins- , aber

auch im Schulsport etabliert (vgl. Eberherr & Loeffl, 2013, S. 223).

Die Frage stellt sich nun, warum das Einradfahren für die Schule gewählt

werden sollte und aus welchem Grund man diese Form der Bewegung während

der Schulzeit einbauen sollte. Das Einradfahren kann sehr viele positive

Lernerfahrungen mit sich bringen, denn laut Höher (2007, S. 10) werden

dadurch sowohl die Konzentration als auch die Koordination geschult. Des

Weiteren wird die Beinkraft und das Gleichgewicht gestärkt sowie die Balance

verbessert.

So muss beim Einradfahren nicht nur die Balance zwischen rechts und links

gefunden werden, sondern auch zwischen vorne und hinten. Schnelle

Ganzkörperreaktionen, Reflexe und unwillkürliche Ausgleichsbewegungen

werden benötigt, um sicher am Einrad zu fahren. Darum eignet sich diese

zirzensische Kunst auch zur Unterstützung aller anderen Sportarten, bei denen

diese Eigenschaften benötigt werden (vgl. Höher, 2007, S. 10). Nebst diesen

Fähigkeiten, die sich durch das Einradfahren ausbilden, wird die körperliche

Vielseitigkeit geschult.

Zusätzlich zur Steigerung der Koordination können die SchülerInnen beim

Einradfahren Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit durch das Präsentieren

vor der Klasse aufbauen.

57

Doch nicht nur das Vorzeigen erfordert und schult die Selbstsicherheit, sondern

auch der Prozess des Erlernens an sich (vgl. Gaal, 1999, S. 15). Das Fahren

mit dem Einrad bringt unweigerlich das Überwinden von Grenzen mit sich. Man

muss und kann ein gewisses Risiko eingehen, um zu „gewinnen“. Mit dem

Einrad kann nicht nur vorwärts gefahren werden, sondern auch rückwärts, über

Slacklines, durch Bäche, über die Alpen. Verrückte Dinge können Wirklichkeit

werden und viele Glückshormone frei gesetzt werden. (vgl. Anders- Wilkens/

Mager, 2006, S. 2).

Einradfahren ist etwas für jeden und jede, denn dabei ist nicht nur die Leistung

wichtig, sondern bereits von Beginn an auch der künstlerische Ausdruck von

Spontaneität und Freiheit. Bereits nach einigen Übungseinheiten lässt sich sehr

schnell Erfolg erleben, denn nach kurzer Zeit können meist bereits einige Meter

zurückgelegt werden. Das Erlernen des Einradfahrens ist nach Höher (2007, S.

12) ungefähr so schwer wie das Erlernen des Zweiradfahrens ohne Stützräder

für ein Kind. Somit ist es leichter, als es zunächst scheint. Nach oben hin ist

dem Einradfahren allerdings keine Schwierigkeitsbegrenzung gelegt. Somit

werden das Gehirn und die Muskulatur immer wieder von neuem

herausgefordert (vgl. Treiber, 1994,S. 37).

Einradfahren ist des Weiteren noch „[… ] Entspannung durch Konzentration“

(Höher, 2007, S. 12), denn sowohl das Erlernen, als auch das Halten des

Gleichgewichts benötigen zunächst die ungeteilte Aufmerksamkeit und

erfordern höchste Konzentration auf den Augenblick.

9.1 Vom Anfänger zum Könner

Es ist möglich sich auf das Einrad zu setzen und gleich loszufahren. Kinder,

welche bewegungsbegabt sind, schaffen dies auch oftmals, jedoch ist es im

schulischen Kontext wichtiger methodisch vorzugehen, um möglichst viele

Kinder zu erreichen.

Das Einradfahren gleicht in vielerlei Hinsicht dem Laufen und nicht etwa dem

Radfahren, welches durch Bewegungen nicht so stark beeinflusst wird.

58

Im Gegensatz zum Fahrrad gilt es beim Einradfahren möglichst viel Gewicht

auf die Pedale zu geben und nicht allzu viel auf den Sattel. Erst dadurch kann

ein längerer Fahrversuch erfolgen und das Gefühl des richtigen Fahrens

entstehen.

„Einradfahren ist wie ununterbrochenes, kontrolliertes Fallen – das dabei

entstehende Schwebegefühlt ist eine tolle Belohnung für die Anstrengungen

des Übens“ (Anders-Wilkens/ Mager 2006, S. 110f.)

Der Einstieg in das Einradfahren

Das ideale Vorbereitungsgerät, das auch in vielen Schulen vorhanden ist, stellt

das Pedalo dar. Diese Geräte haben bereits einen hohen

Aufforderungscharakter und fordern und fördern das Gleichgewicht, die

Koordination und die Rhythmik. Geeignet sind das Doppel- oder Einzel-Pedalo.

Wenn das Einzel-Pedalo gut beherrscht wird, ist es leichter mit dem

Einradfahren zu beginnen (vgl. Gaal, 1999, S. 83).

Zunächst sollte mit dem Einrad das Balancieren geübt werden: Zwischen zwei

Kästen in der Schule, oder in einem Türrahmen können Kinder selbstständig

versuchen das Gleichgewicht zu halten und dabei bereits vorsichtig die Pedale

bewegen, um zu sehen, wie das Rad reagiert. Im Anschluss kann bereits

versucht werden mit Hilfe zu fahren. Dies bedeutet, dass im Turnsaal

beispielsweise die Sprossenwand oder im Pausenhof eine Mauer genutzt wird,

um vorwärts zu kommen. Irgendwann kommt dann der Moment, bei dem sich

zum ersten Mal eine Hand löst und man kurz freihändig fahren kann.

Von großer Bedeutung ist es noch, als Lehrperson auf die Haltung hinzuweisen,

die das Fahren um einiges erleichtern kann, sofern dies nicht ohnehin von selbst

geschieht. Man sollte aufrecht und beinahe gerade auf dem Sattel sitzen. Der

Oberkörper bildet die Verlängerung der Einradgabel. Die Arme werden zur Seite

gestreckt, um das Gleichgewicht besser zu finden und zu halten. Alternativ zu

fixierten Gegenständen können ganz zu Beginn auch zwei Personen links und

rechts von der einradfahrenden Person mitgehen.

59

Wenn ein paar Meter alleine zu fahren gut funktioniert, dann kann im Anschluss

gleich versucht werden mit einer zweiten Person Hand in Hand zu fahren. Durch

das gegenseitige Stützen erlangen beide bessere Stabilität und der Spaß

kommt auch nicht zu kurz.

Wird das Fahren schon gemeistert, so sollte, das Auf- und Absteigen, eines der

schwierigeren Kompetenzen beim Einradfahren, gelernt werden. Beim

Aufsteigen sitzt man bereits leicht im Sattel und ein Fuß steht beinahe

unbelastet auf dem Pedal. Das Pedal wird dann belastet und mit Schwung wird

dann auch der zweite Fuß auf das andere Pedal gesetzt.

Das Absteigen wiederum gestaltet sich einfacher, denn es ist nach vorne oder

hinten möglich und zu Beginn ist es nur wichtig, sich selbst zu schützen.

Allerdings sollte es mit der Zeit auch möglich sein, den Sattel beim Abstieg zu

halten, denn dieser nützt sich durch Stürze sehr schnell ab.

Wenn all dies gelernt ist, sollte versucht werden vermehrt Kurven zu fahren.

Dazu kann ein Slalom im Turnsaal gelegt werden oder die Lehrperson lässt die

SchülerInnen Kreise auf den aufgezeichneten Linien in beide Richtungen

fahren. So erlernen diese, dass das Kurvenfahren einfacher gelingt, wenn sie

das Gewicht verlagern und den Oberkörper in die Fahrtrichtung drehen. (vgl.

Ballreich, 1992, S. 173 f.).

Stabilisierungsübungen sind sehr gut dafür geeignet, die Stabilität im Sattel und

die generell Sicherheit beim Einradfahren zu erhöhen. Beispielsweise gäbe es

Übungen, wie um sich zu schauen, anderen zuzuwinken oder sich zuzurufen.

Zunächst um sich zu schauen, anderen zuzuwinken oder sich zuzurufen. Des

Weiteren sollten danach komplexere Bewegungen eingeführt werden, wie etwa

das Einklatschen, sobald man bei einer anderen Person vorbei fährt. Ebenso

kann ein Ball ins Spiel gebracht werden.

Danach kann die Lehrperson Tempi vorgeben, etwa mit Hilfe von Zahlen, wobei

die Zahl eins das langsamste Tempo vorgibt und fünf das „schnellste Signal“ ist.

Eine weitere Schwierigkeitsstufe wäre ein Hindernisparcour, der die erlernten

Techniken kombiniert.

60

Wenn all diese Dinge im Sportunterricht durchgeführt wurden, kann

anschließend ein längerer Ausflug mit den Einrädern unternommen werden, um

die Ausdauer beim Fahren zu trainieren.

Übungen für Fortgeschrittene

Wenn das Einradfahren schon relativ gut beherrscht wird, können bereits

anspruchsvollere Spiele geplant werden. Gleich zu Beginn könnte man das

klassische Abfangen einbauen und viele verschieden Varianten wählen, auch

das Paar- und Kettenfangen wären hier eine Option. Danach gäbe es die

Möglichkeit des Atomspiels. Hierbei ruft die Lehrperson eine Zahl, die vorgibt,

in welcher Anzahl sich die SchülerInnen zusammenfinden sollen. Diese

verbinden sich dann mit ausgestreckten Armen von Schulter zu Schulter.

Mit der Zeit können dann auch Materialien, wie etwa Bälle, eingesetzt werden.

Durch Ballspiele wird die Aufmerksamkeit weg vom Fahren hin zum Ball an sich

geführt. Zunächst sollte das Zielen und Fangen geübt werden, um daran

Mannschaftsspiele anzuschließen. Auch Sportspiele wie etwa Basketball oder

Handball, Prellball, Badminton oder Völkerball wären in diesem Stadium

geeignet.

Nicht zu vergessen wären Staffelformen in den verschiedensten Varianten. So

wären Pendelstaffeln, eine Staffel die über einen Parcours führt oder aber auch

ein Einrad-Eierlauf ideal.

Neben all diesen Spielformen ist es noch möglich, Gruppenübungen anzuleiten.

Hierbei sind der Propeller, das „Kämmen“ und der Stern erwähnenswert. Bei

der ersten Übung bilden sich Paare, die sich an der Hand oder Schulter halten,

in verschiedene Richtungen blicken und sich dadurch wie ein Propeller drehen.

Bei der zweiten Übung bilden sich zwei gleich große Gruppen, die von beiden

Hallenenden aufeinander zufahren, sich auf einer Linie treffen und dann

aneinander vorbei fahren. Jene Gruppe, die als erste die andere Seite der Halle

erreicht hat, hat gewonnen.

61

Bei der dritten Übung halten sich immer Zweier-, Dreier- oder Vierergruppenan

einem Gymnastikreifen fest und fahren alle gleichzeitig in eine Richtung los. Der

Reifen könnte auch durch Handfassung ersetzt werden. (ebd., S. 174 f.)

Erlernen von Tricks

Nach einigen Übungsstunden können je nach motorischem Können einzelne

Tricks erlernt werden.

Es werden nun hier verschiedene Möglichkeiten der Vermittlung dieser „Tricks“

aufgezeigt, die in den nachfolgenden Stundenbildern (siehe Kapitel 10.1.1)

näher erläutert und methodisch aufbereitet werden.

Ein Trick wird als „Mantelfahren“ bezeichnet. Hierbeibewegen die Füße den

Reifen, indem diese auf dem Mantel laufen. Ein weiterer Trick ist das „Ohne

Sattel-fahren“. Dabei wird ganz gewöhnlich in die Pedale getreten, wobei man

den Sattel vor sich hält, ohne dabei darauf zu sitzen. Eine weitere

fortgeschrittene Übung nach Ballreich ist das sogenannte „Einrad pur“. Dabei

schleift der Sattel am Boden mit, wodurch sich die Gabel parallel zum Boden

befindet und das Einrad nur noch mit Hilfe der Pedale gesteuert wird. Die

folgenden Tricks werden noch zusätzlich in den Stundenbildern unter 10.1.1

näher erläutert: der Kick-up-Start, das Wheel-Walking, das Springen sowie das

Rückwärtsfahren.

Da das Einrad zu den artistischen Geräten gehört, die für Anfänger relativ

schwierig sind, und es relativ lange dauert, bis sie beherrscht werden, gilt es,

die Kinder mit einer methodischen Vielfalt im Unterricht immer wieder zu

motivieren und die Aufmerksamkeit auf den Spaß am Üben und Fahren zu

lenken. Ein regelmäßiger Wechsel zwischen individuellen Trainingsphasen,

Spielen, Gruppenaufgaben und Parcours können dies ermöglichen (vgl. von

Grabowiecki & Lang, 2007, S. 251).

62

10. Jonglage

Jongleur wird vom lateinischen „ioculatur“ abgeleitet, das mit „Spaßmacher“

übersetzt wird. Als Jongleur wird eine Person bezeichnet, die unterschiedlichste

Gegenstände durch Werfen und Fangen in verschiedenste Positionen mit

differenzierten Rhythmen bringt (vgl. Fritz et al., 1986, S.11). Die Kunst, mit

mehreren Bällen gleichzeitig umzugehen, reicht weit in die Vergangenheit

zurück. Die ältesten Aufzeichnungen dazu sind bereits 4000 Jahre alt und

stammen aus Ägypten und China (vgl. Grabowiecki, 1992, S. 113). Laut Gaal

(1999, S. 18) gilt ein Fresko aus der Zeit von 2040 vor Christus, das jonglierende

Frauen zeigt und in den altägyptischen Grabkammern von Beni Hassan

gefunden wurde, als die älteste Abbildung dieser Sportart.

Auch viele Jahre später ist dieses Spiel, das eine komplexe Bewegungsfertigkeit

erfordert und fördert, nach wie vor attraktiv, da es zugleichdie Konzentration, die

(rhythmische) Koordination zwischen den beiden Körper- und Gehirnhälften,

Wahrnehmung, Reaktion, Gleichgewicht und Kreativität fördert (vgl. ebd.). Des

Weiteren schult das Jonglieren die Genauigkeit des Werfens und Fangens, die

Augen-Hand-Koordination, das Zeitgefühl, die Rhythmusfähigkeit und die

motorische Vielseitigkeit.

Zudem wird die Beidseitigkeit trainiert, ein wichtiger Faktor für eine hohe

Leistungsfähigkeit und ein gutes Gleichgewicht im Leben (vgl. Buzan & Gelb,

1996, S. 27). So erklären Buzan und Gelb (ebd.), dass „[…] ein Gleichgewicht

zwischen den Gehirnhälften zu einem ausgeglicheneren Körper führt und dieser

wiederum zu ausgeglicheneren Gehirnfunktionen“. Ergebnisse der

Hirnforschung bestätigen diese positive Wirkung des Jonglierens (vgl. von

Grabowiecki & Lang, 2007, S. 140).

Zusätzlich zur Beidseitigkeit wird die Ausdauer und damit auch die

Zielstrebigkeit geschult. Wie schon in Bezug auf das Einradfahren erwähnt,

werden auch beim Jonglieren durch das Präsentieren und Vorzeigen die

Selbstsicherheit und das Selbstbewusstsein gestärkt.

63

Laut Grabowiecki (1992, S. 114) kann die Jonglage als „Überdisziplin“ in der

Artistik bezeichnet werden, da sie mit vielen anderen Bewegungsaufgaben

kombiniert werden kann.

Neben den bekannten Geräten wie Bällen, Keulen, Tüchern und Ringen zählen

zur Jonglage auch das Diabolo, die Devil Sticks, die Teller und Hüte, die auch

in Schulen eingesetzt werden können. Derartige Gegenstände fordern

geradezu dazu auf, kreative Bewegungsideen zu finden, erstaunliche

Kunststücke zu erfinden, zu üben, zu gestalten und vorzuführen. Die

verschiedenen Gegenstände können auch schon geworfen und getestet

werden, bevor überhaupt die Fähigkeit zum Jonglieren erworben wurde.

Außerdem kann das Jonglieren unglaublich viel Spaß machen, da sich schon

nach kurzer Zeit kleine Erfolge einstellen. Somit tritt der Kunststückeffekt ein.

Es ist möglich, die Grundform der Jonglage mit drei Bällen bereits nach wenigen

Übungsstunden erlernt zu haben. Wenn die Grundform der Kaskade beherrscht

wird, könne - darauf aufbauend - weitere Techniken und Tricks darauf

aufbauend gelernt werden.

Der Vorteil der Jonglage ist, dass sie, vielfältig im Schulleben eingesetzt werden

kann: In der Sportstunde selbst, bei aktiven Schulhofpausen, bei

Bewegungspausen im Unterricht, Projekttagen oder -wochen, bei

Unterrichtsprojekten von einzelnen Klassen, bei Klassenfahrten oder auch bei

Sportfesten (vgl. Oberschachtsiek, 1998, S. 91).

Wie ist es allerdings möglich, SchülerInnen ohne extensiver Anleitung seitens

der Lehrperson zu hochkonzentriertem Üben und Trainieren zu motivieren?

Dazu wird nach Oberschachtsiek (2001, S. 139 f.) behandelt, wie es vom Üben

bis hin zu einer Aufführung mit Jonglagematerialien kommen kann.

64

10.1 Von einzelnen Kunststücken bis hin zur großen Aufführung

Als Leitziel der Jonglage gilt nach Oberschachtsiek (1998, S. 91) das Folgende:

„Kunststücke erfinden, üben, gestalten und vorführen“. Jongliermaterial kann in

angeleiteten Bewegungseinheiten, im Rahmen offener Bewegungsangeboten

oder, was auch in dieser Arbeit das Ziel wäre, in das tägliche Schulleben

integriert werden.

Um mit dem Jonglieren zu beginnen, muss kein großer Materialaufwand

betrieben werden. Einerseits ist es möglich, mit Jonglierbällen zu beginnen,

andererseits können die ersten Jongliersäckchen sogar selbstständig in Form

von Reissäckchen gebastelt werden. Als Alternative eignet sich auch das

anfängliche Üben mit Jongliertüchern. Allerdings muss der Lehrende immer

dafür sorgen, dass das richtige Material für alle vorhanden ist.

Zunächst sollten gute Voraussetzungen für das Erlernen geschaffen werden,

denn die Kinder müssen zu Beginn die Materialien kennen lernen und vielfältige

Bewegungsmöglichkeiten erproben. Dabei hilft es, wenn die Lehrperson

einführende Übungen anleitet, um anschließend die SchülerInnen selbstständig

arbeiten und ausprobieren zu lassen. Aufgabe der Lehrperson ist es, den

SchülerInnen zu vermitteln, dass es viele verschiedene Wege und Zugänge

gibt, um das Jonglieren zu erlernen. Allerdings sollten hinderliche

Bewegungsformen, die das spätere Jonglieren schwierig machen, verhindert

werden (vgl. Oberschachtsiek, 1998, S. 90).

In dieser ersten Phase ist es wichtig, dass die Lernenden bereits dazu angeregt

werden, eigene Kunststücke zu erfinden und mit den Materialien zu

experimentieren. Ein selbstständiges Weiterarbeiten muss auf jeden Fall

möglich sein.

Während der freien Übungszeit der Kinder sollten die Lehrperson in den

Hintergrund treten und lediglich Hilfestellung geben und bei Bedarf

Bewegungskorrekturen. Der Abschluss dieser Phase kann dazu genutzt

werden, um die bereits gefundenen Kunststücke den anderen zu präsentieren.

65

Grundsätzlich gilt, dass die/der Lehrende in jeder Phase stets

Weiterentwicklungsmöglichkeiten aufzeigt und graduell die Schwierigkeit so

steigert, dass die SchülerInnen auch stets Erfolgserlebnisse aus dem Üben

ziehen können (vgl. ebd. S. 91).

In der zweiten Phase muss laut Oberschachtsiek (2011, S. 141 f.) ein kreativer

Rahmen mit passenden Vorgaben gefunden werden. Diese Phase sollte ein

kleines Repertoire an Übungen für eine Aufführung als Ziel haben.

Die SchülerInnen dürfen auch in dieser Phase keinesfalls vollkommen allein

gelassen werden, sondern sollte eingewisser Rahmen gesteckt werden, in dem

sie sich künstlerisch und kreativ austoben können. Dazu zählt, dass die

Materialauswahl eingeschränkt und die Sozialform, angepasst an die

Zusammensetzung der Gruppe, vorgegeben ist. Außerdem sollte auf die

Vorerfahrungen und das Können der Lernenden aufgebaut werden

Bei diesem Lernprozess gibt es keine Sieger oder Verlierer, auch keine

Konkurrenz oder etwa Leistungsdruck. Jede/r Beteiligte kann nach seinen

persönlichen Fähigkeiten Übungen wählen, erlernen und seinem

Anspruchsniveau individuell gerecht werden. Oftmals wird in dieser Phase bei

der Jonglage nicht von der Lehrperson gelernt, sondern voneinander und

miteinander.

In der dritten Phase wird bereits die Rohfassung der Übung für die Aufführung

entwickelt. Die Rohfassung steht meist bereits nach kurzer Zeit, bedarf jedoch

noch einiger Feinabstimmungen und Korrekturen. Als Zwischenschritt kann

beispielsweise die vorläufige Vorführung bereits einer anderen Klasse

präsentiert werden oder aber die Nummer wird gefilmt und anschließend von

den AkteurInnen kritisch betrachtet.

Wenn eine ganze Show mit mehreren Nummern aufgeführt werden soll, dann

sollte im Klassenverband der Gesamtrahmen gemeinsam gestaltet werden.

66

So müssen die einzelnen Aufführungsschwerpunkte zunächst in eine passende

Reihenfolge gebracht werden. Des Weiteren spielen noch die Musik, der Ton,

das Licht und eventuell das Bühnenbild eine nicht unerhebliche Rolle in der

Aufführung. Zuletzt sollte noch eine Generalprobe durchgeführt werden und

dann heißt es „Manege frei“.

Bei einer derartigen Aufführung kann auch fächerübergreifend gearbeitet

werden. So eignen sich zum Beispiel die Unterrichtsfächer Deutsch, Musik oder

die Bildnerische Erziehung für eine Entwicklung des Bühnenbilds, die

musikalische Begleitung oder etwa für die Erstellung des inhaltlichen Ablaufs.

67

11. Der Einfluss der zirzensischen Künste auf die

Lernkompetenz

„Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Bewegungskünste

Abenteuer, Kunst und Sport vereinen und dadurch besondere Chancen für das

Lernen in allen Bereichen bieten“ (Eberherr & Loeffler, 2013, S. 10).

Jonglage wird nach Korte (2011, S. 56) als eine gute Konzentrationsübung

definiert. Aufgrund der ständigen Aktivierung beider Gehirnhälften werden mit

der Zeit Aufmerksamkeit, Konzentration und Planungs- und Merkfähigkeit

geschult und gesteigert, wodurch die SchülerInnen in anderen Fächern ebenso

Vorteile erhalten und sich steigern können (vgl. Ballreich & Lang, 2007, S. 37).

Das Jonglieren kann beispielsweise Kinder mit einer Rechenschwäche positiv

unterstützen, da die Jonglage Reifungsprozesse im Gehirn fördert und vor allem

das räumliche Vorstellungsvermögen verbessert (vgl. Korte, 2011, S. 312).

Besonderer Einfluss auf die kognitiven Leistungen entsteht dadurch, dass jede

Form der Bewegungswahrnehmung, so auch das Jonglieren, die

Zusammenarbeit beider Gehirnhälften enorm fördert.

Bei von Draganski (et al. 2005) durchgeführten Studie wurde zum ersten Mal

festgestellt, dass es bereits während des Erlernens der Jonglage zu

strukturellen Veränderungen im Gehirn kommt.

Gewisse Adaptionen geschehen bereits nach einer Woche des Trainings und

Übens (vgl. Driemeyer et al., 2008, S. 3). Logik und die Fantasie vereinen sich

durch die Jonglage laut Kelber-Bretz (2002, S. 63) und erzeugen neue

Gedanken und Ideen.

Wenn die Lehrperson sich von einer fixen Vorstellung der Vermittlung der

Jonglage und des Einradfahrens löst, dann werden den Kindern und

Jugendlichen vielfältige neue Bewegungserfahrungen ermöglicht

(Oberschachtsiek, 1998, S. 90).

68

Nach Bittmann (et al. 2005), erzielen Kinder, die eine bessere Balancefähigkeit

haben, beispielsweise erreichbar durch das Einradfahren, eine höhere

Lernfähigkeit.

Sofern man die Jonglage in Sportstunden einbaut, kann das Jonglieren unter

dem Gesichtspunkt der Sportmethodik und –didaktik zur Auflockerung und

Abwechslung gesehen werden. Aber auch als Vorbereitung für diverse

Ballspiele kann die Jonglage mit verschiedensten Materialien eingesetzt

werden, denn die Fähigkeiten des Fangens und Werfens sowie die Antizipation,

das periphere Sehen und die Koordination werden geschult (vgl. Kelber- Bretz,

2002, S. 8).

Das Jonglieren sowie das Einradfahren ziehen außerdem psychologische und

pädagogische Effekte nach sich, denn jede/-r Übende kann auf ganz

persönlichem Niveau Lernerfolge erzielen. Die SchülerInnen lernen ihre

Grenzen kennen und diese auch zu überschreiten.

Wenn ein Lernvorgang erfolgreich abgeschlossen und die Übung, hier das

Jonglieren oder Einradfahren, später wiederholt wird, ist ein geringerer Teil des

Gehirns als zuvor aktiv. Dies bedeutet, dass die Informationsverarbeitung in

bestimmten Gehirnarealen effektiver wurde. „Je mehr Anregungen ein Kind

bekommt Neues zu lernen, umso erfolgreicher wird es die Sinnesreize

verarbeiten und die neuen Erfahrungen in bestehendes Wissen einbauen“

(Korte, 2011, S. 73).

11.1 Stundenbilder zur Förderung der kognitiven Leistungen im

Sportunterricht

In den vorhergehenden Kapiteln wurde ein Überblick über die zirzensischen

Künste der Äquilibristik, das Einradfahren und die Jonglage geschaffen. Die

folgenden Stundenbilder sollen Lehrpersonen als Anhaltspunkte dienen, um

SchülerInnen das Einradfahren und das Jonglieren beizubringen.

69

Es wird angedacht, diese Künste später immer wieder in den Unterricht

einzubauen, als Pausengestaltung zu verwenden und in weiterer Folge im

Sportunterricht anzuwenden, um die Fähigkeiten und Fertigkeiten auch weiter

auszubauen. Durch das Bewegungslernen werden bei jeder Übung Spuren im

motorischen Gedächtnis hinterlassen. Aufgrund von jedem weiteren Training

werden diese Spuren tiefer und lassen sich immer leichter abrufen, bald ohne

jegliche Anstrengung.

Auch wenn zunächst kein Erfolg spürbar ist, das Üben war niemals umsonst

(vgl. Höher, 2007, S. 46). Nach Erkenntnissen der Spiegelneuronentheorie ist

bedeutsam, dass die Demonstrationsfähigkeit einer Person, dies kann die

Lehrperson oder auch ein/e MitschülerIn sein, vorhanden ist. Dadurch können

die SchülerInnen bereits die Zielbewegung sehen und daraus lernen (vgl. Payer,

Prossnigg & Rom, 2010, S. 94).

Für alle folgenden Stundenbilder gilt allerdings, dass zwischen den einzelnen

Stunden Übezeit gegeben sein muss, denn nur durch „intelligentes Üben“ (vgl.

Meyer, 2004, S. 104 ff.) kann gesichert werden, dass die SchülerInnen etwas

gelernt sowie erfahren haben und dass der Lernprozess in vollem Gange und

am richtigen Weg ist. Intelligentes Üben der einzelnen methodischen Schritte in

den nachfolgenden Stundenbildern ist nach Meyer (ebd.) daran festzumachen,

dass

- oft, aber kurz geübt wird.

- es gemeinsam eingehaltene Regeln gibt.

- eine angenehme und konzentrierte Atmospähre herrscht.

- nur wenige Unterrichtsstörungen auftreten.

- die SchülerInnen verstanden haben, was sie üben sollen und sich

andernfalls an MitschülerInnen oder an eine Lehrperson wenden.

- die Übungsaufträge personen-, ziel-, themen- und methodendifferenziert

sind.

- Übe-Utensilien vorhanden sind.

70

- die Lehrperson in beobachtender Funktion tätig ist und, wenn es

notwendig ist, fachliche Hilfestellung gibt.

- die Leistungen der SchülerInnen anerkannt werden.

All diese Punkte werden in den Stundenbildern nicht erwähnt, sind aber

notwendig, damit sich ein Lernerfolg einstellt.

11.1.1 Stundenbilder zum Einradfahren im Sportunterricht

Zunächst sei gesagt, dass das Einradfahren vor allem bei jüngeren

SchülerInnen oftmals durch Zuschauen und Nachahmen gelernt werden kann

und unzählige Erklärungen oft zu kompliziert sind (siehe auch 10.1). Schon

kurze Anweisungen und Korrekturen können bereits helfen.

Älteren FahrerInnen kann durch die Biomechanik und das gezielte Einsetzen

der Kräfte das Einradfahren oftmals auf theoretische Weise gelehrt werden. Um

aber den konkreten Aufbau des Einradfahrens zu verstehen, seien hier

Stundenbilder für den Sportunterricht gegeben. Der methodische Aufbau ist für

jede Altersklasse bedeutend, um SchülerInnen Schritt für Schritt an das

Einradfahren heranzuführen.

71

1. Einheit: Gewöhnung und Kennenlernen des Geräts

Materialien: 6 Kästen, Matten

Einleitung:

Atomspiel: Dies wird zum Aufwärmen gespielt. Die SchülerInnen bewegen sich

dabei mit ihrem Einrad laufend vorwärts und sitzen noch nicht am Sattel. Dabei

gibt die Lehrperson Aufgaben vor, wie etwa: Gruppen zu 3 Personen müssen

zusammenkommen und 3 Sättel müssen den Boden berühren, 4 Personen und

nur 2 Sättel dürfen den Boden berühren, usw.

Vorübung: Zur Vorübung für das Einrad kann zunächst das Pedalo verwendet

werden oder die sogenannte Balancerolle, von Artisten auch als „Rola-Bola“

bezeichnet. Hierbei werden bereits das Koordinationsvermögen und das

Gleichgewicht geschult, welche im weiteren Verlauf besonders beim

Einradfahren benötigt werden (vgl. Höher, 2007, S.40). SchülerInnen haben

Zeit, diese Geräte frei auszuprobieren.

Hauptteil:

Je nach Anzahl der SchülerInnen kann im weiteren Verlauf der Stunde die

Lehrperson die Gruppe in Zweierteams aufteilen. Nun gilt es, sich an das Einrad

zu gewöhnen. Es bietet sich an die Möglichkeit entlang der Sprossenwand oder

zwischen zwei aufgestellten Kästen in der Turnhalle zu fahren.

Zu Beginn sollte nur einmal das Auf- und Absteigen probiert werden, wobei zwei

SchülerInnen als Team zusammenhelfen. Die Lehrperson gibt dazu zunächst

ein paar kurze Instruktionen. Danach sollte das Sitzen auf dem Einrad geübt

werden. Im weiteren Verlauf können die SchülerInnen auch versuchen ein paar

Meter mit Anhalten an der Sprossenwand und/oder eventuell zusätzlich mit der

zweiten Person, welche nebenher mitgeht, zu fahren.

Danach werden die Zweierteams zu Dreierteams erweitert.

Nach anfänglichem Ausprobieren dürfen die SchülerInnen bereits versuchen

ein wenig freier zu fahren, während jeweils links und rechts eine Person stützt.

72

Dies geschieht so lange, bis es klappt, bereits ein paar Meter selbstständig zu

fahren. Dieser Schritt wird von ganz alleine kommen.

Schluss:

Feuer, Wasser, Blitz: Die SchülerInnen bewegen sich nach Anleitung der

Lehrperson mit verschiedenen Fortbewegungsarten durch den Raum: vorwärts,

rückwärts, auf allen Vieren usw. Auf das Kommando „Feuer“ müssen sich alle

auf blaue Matten im Turnsaal begeben, auf das Kommando „Wasser“ klettern

alle schnellstmöglich auf die Sprossenwand und auf das Kommando „Blitz“

müssen alle ihr eigenes Einrad berühren. Die letzte Schülerin oder der letzte

Schüler muss eine bestimmte Aufgabe durchführen: 10 Liegestütz, 15

Kniebeugen oder beispielsweise 10 Strecksprünge.

Didaktische - methodische Überlegungen:

In dieser Einführungseinheit geht es darum, das Gerät kennenzulernen und sich

erstmals daran zu gewöhnen. Zunächst gelingt der Einstieg mit einem Spiel,

welches auch dem Kennenlernen untereinander dienen kann und in dem auch

bereits das Einrad miteinbezogen wird, um mit dem Gerät an sich vertraut zu

werden. Im weiteren Verlauf der Stunde gilt es, sich gleich zu Beginn mit dem

Auf- und Abstieg auseinander zu setzen, da dies essentiell ist, um auch das

Einradfahren zu erlernen. Wenn dies ausprobiert wurde sollte man sich mit dem

Sitzen auf dem Einrad vertraut machen und auch bereits einige Tritte in die

Pedale zu versuchen, um zu erfahren, wie das Einrad auf eigene Aktionen

reagiert.

Es ist wichtig, das Fahren auf dem Einrad beidseitig auszuprobieren. Das heißt:

Wenn man beispielsweise an der Sprossenwand entlang fährt, sollte man auch

versuchen sich einmal umzudrehen und in die entgegengesetzte Richtung

fahren. Geschickte SchülerInnen können bereits das Fahren mit Partnern an

der linken und rechten Seite versuchen. Im Allgemeinen geht es in der ersten

Einheit darum, sich auf die Vorwärts-Rückwärts-Balance zu konzentrieren, die

seitliche Balance wird durch die Stützen in Sprossenwand- oder Kastenform

oder auch durch die Stütze der MitschülerInnen noch ausgeklammert.

73

2. Einheit: Die ersten Meter alleine

Materialien: Balken, Barren, Kästen, Schleifen, Bälle

Einleitung:

Im Turnsaal wird ein Parcours aufgebaut, der später zum Erlernen des

Fahrens mit dem Einrad dient.

Dschungelspiel: Bei diesem Abfangspiel gibt es je nach Gruppengröße ein bis

drei FängerInnen (durch Schleifen erkennbar). Keiner darf den Boden berühren

und läuft nur über und auf den Geräten. Wer gefangen ist, wird zum neuen

Fänger.

Variante: Gefangene werden zu FängerInnen und bleiben dies auch solange,

bis es niemanden mehr gibt, der oder die zu fangen ist. Zuletzt gibt es nur noch

FängerInnen.

Hauptteil

Selbstständiges Üben: Nun wird der Parcours genutzt, um selbstständig das

Fahren mit seitlichen fixierten Stützhilfen zu üben. Solche Stützhilfen können,

Kästen, ein Balken, Barren oder die Sprossenwand sein.

Zum Schluss muss jede/r einmal den gesamten Parcours durchfahren haben.

Dreierteams: Die Dreierteams üben gemeinsam das freie Fahren wie bereits in

der ersten Einheit.

Die Herausforderung innerhalb dieser Teams lautet schließlich, wer die meisten

freifahrenden Meter schafft.

Schluss:

Ausräumspiel: Hierbei sitzt jede/r auf dem Einrad und darf sich fortbewegen,

indem er oder sie mit Hilfe der vorhandenen Geräte weiterfährt. Es wird das

klassische Abschießen gespielt. Wird jemand getroffen, muss die- oder

derjenige ein Turngerät wegräumen (das Einrad bleibt inzwischen im Turnsaal

liegen) und danach darf erst wieder mit dem Einrad mitgespielt werden.

74

Didaktisch - methodische Überlegungen:

In dieser Einheit liegt der Fokus auf dem selbstständigen Fahren, aber noch

mittels Stützhilfen, die in diesem Fall im ganzen Raum verteilt aufgebaut

werden. Durch das spielerische Aufwärmen lernt man die Geräte kennen, die

danach für das Fahren mit dem Einrad benötigt werden. Ziel ist es natürlich,

dass die SchülerInnen am Schluss dieser Einheit schon einige Meter allein

fahren können.

Selbstständiges Trainieren und Üben sind die Schwerpunkte, nicht nur in dieser

Einheit, sondern bei dem gesamten Verlauf des Erlernens dieser zirzensischen

Kunst.

75

3. Einheit: Das selbstständige Fahren intensivieren

Materialien: Barren, Kästen, Schleifen

Einleitung:

Schleifenfangen: Hierbei sitzen alle Kinder auf dem Einrad und dürfen sich

fortbewegen. Einige Barren und Kästen stehen für jene SchülerInnen im Raum,

die noch stützende Hilfe benötigen. Alle SchülerInnen erhalten eine Schleife und

befestigen diese im rückwärtigen Hosenbund.

Nun versucht jede/-r so viele Schleifen wie möglich innerhalb kürzester Zeit zu

erwischen. Sobald man eine Schleife gefangen hat, darf man diese ebenso an

ihrer oder seiner Hose befestigen. Das Spiel nach einer bestimmten Zeit

beendet. GewinnerIn ist jene Person mit den meisten Schleifen.

Hauptteil:

Zweierteams: Sobald zwei SchülerInnen ein paar Meter selbstständig fahren

können, gilt es, zu zweit zu fahren. Sie müssen sich gegenseitig am Oberarm

festhalten und bald wird eine erste Turnsaalquerung möglich sein (vgl. von

Grabowiecki & Lang, 2007, S. 246). Eine weitere stabile Zweierverbindung ist

linke Hand an linke Hand des Partners und die rechte Hand an die rechte Hand

des Partners. Für besonders bewegungsbegabte SchülerInnen ist es so auch

möglich die Richtung zu ändern, ohne dass ein Umgreifen notwendig ist.

Zahlen lesen: Ein/e SchülerIn steht auf einer Linie, blickt in die Richtung einer

zweiten Person, die sich von der stehenden Person auf dem Einrad fahrend

entfernt. Der oder die Stehende zeigt eine Zahl und durch Umschauen muss die

einradfahrende Person erkennen, wie viele Finger es sind. Ziel ist es, nicht von

der Linie abzuweichen (vgl. Anders-Wilkens & Mager, 2006, S. 116).

Aufgabenerfüllung: Die SchülerInnen fahren zu laufender Musik durch den

Raum. Bei Musikstopp gibt die Lehrperson Aufgaben, welche es zu erfüllen gilt-

Diese können sein: einer anderen Person die Hand schütteln, sich zuwinken,

klatschen (vor und hinter dem Körper, über dem Kopf etc.).

76

Schluss:

Versteinern: Hierbei können sowohl bereits freifahrende SchülerInnen als auch

jene, die noch Stütze brauchen (in Form des Barrens, der Sprossenwand oder

von Kästen), mitspielen. Eine Person fängt, alle anderen dürfen erlösen. Wenn

eine Person gefangen wird, muss er oder sie vom Einrad absteigen, sich mit

gegrätschten Beinen hinstellen und ist somit versteinert. Erlöst kann man

werden indem ein/e MitspielerIn durch die Beine krabbelt.

Der/die FängerIn ist durch eine Schleife im Turnsaal gut sichtbar.

Didaktisch - methodische Überlegungen:

In dieser Einheit geht es, wie auch in den vorhergehenden Stunden, um die

Distanzverlängerung des selbstständigen Fahrens. Allerdings wird nun ein

Schwerpunkt auf die Stabilisierung während des Einradfahrens gelegt.

Darum werden auch die Spiele „Zahlen lesen“ und „Aufgabenerfüllung“

durchgeführt. Diese dienen dazu, eine gewisse Sicherheit beim Fahren zu

erhalten. Somit werden die Korrekturbewegungen immer selbstverständlicher

und unbemerkter ablaufen. Das Fahren gelingt mit der Zeit immer lockerer (vgl.

von Grabowiecki & Lang, 2007, S. 247).

77

4. Einheit: Kurvenfahren

Materialien: Hütchen

Einleitung:

Achtung, Geschwindigkeitskontrolle!: Bei diesem Spiel gibt die Lehrperson zu

Beginn durch Handzeichen oder Zahlenkärtchen von die Geschwindigkeit von

1 bis 5 an, mit welcher mit dem Einrad gefahren werden kann. Der Vorteil dabei

ist, dass jede/r für sich relativ individuell die Beschleunigung wählt. Die Zahlen

1 bis 5 sind hierbei wie die Gänge bei einem Auto, je höher, desto schneller

fährt man. Dazu können noch Farbkärtchen verwendet werden, denen gewisse

Orte zugewiesen sind: so kann beispielsweise „Blau“ bedeuten zum Fußballtor

zu fahren, „Rot“ heißt, dass man zur Sprossenwand muss usw.

Hauptteil

Hütchenparcours: Nun kommt es darauf an, das Kurvenfahren bewusst zu

üben. Viele der SchülerInnen werden bereits frei fahren können.

Mittels Hütchen wird im Turnsaal eine Strecke aufgebaut, die es abzufahren gilt.

Dabei sind immer wieder Kurven eingebaut. SchülerInnen versuchen diese

durch die Körperlageveränderung zu schaffen.

Teamarbeit: Zu zweit auf dem Einrad, Hand in Hand, wird nun versucht drei

markierte Kreise im Turnsaal abzufahren. Der freie Arm wird einmal seitlich

ausgestreckt, einmal über dem Kopf gehalten und einmal am Körper angelegt.

Slalom- und Achterfahren: Nun lautet die Aufgabe allein Slaloms und Achter in

der Turnhalle nachzufahren, welche wiederum mit Hütchen markiert wurden.

Schattenfahren: Zum Abschluss des Hauptteils gibt es wieder Teams zu zwei

Personen. Eine/r ist der Zauberer und eine/r der Bär. Der Zauberer verfolgt

zunächst den Bären, dann wird nach Ansage der Lehrperson gewechselt.

78

Schluss:

Abfangen: Der Klassiker - diesmal auf dem Einrad. Eine Person ist Fänger und

übergibt so schnell wie möglich die Rolle an eine/n andere/n SchülerIn durch

Abklatschen.

Didaktisch - methodische Überlegungen

Beim einleitenden Spiel „Achtung, Geschwindigkeitskontrolle!“ lernen die

SchülerInnen auf spielerische Art und Weise, wie man vorgehen muss, um

schneller oder langsamer zu werden. Gleichzeitig werden auch die kognitiven

Fähigkeiten bewusst geschult, indem sich die SchülerInnen auch die Farben,

welche mit verschiedenen Orten im Turnsaal verbunden sind, merken müssen.

Im Hauptteil wird das Kurvenfahren geübt. Durch einen methodischen Aufbau

mittels Hütchen, Partnerübungen und auch in Einzelarbeit werden die

SchülerInnen schnell entdecken, dass ihr ganzer Körper bei den

Richtungsänderungen eine Rolle spielt.

Abschließend wird im Hauptteil noch das Schattenfahren durchgeführt, wobei

die SchülerInnen dem Teammitglied genauestens folgen müssen. Hierbei wird

das Erlernen des Kurvenfahrens intensiviert.

Zum Schluss kann erstmalig versucht werden, das klassische Spiel „Abfangen“

durchzuführen. Dies wird vielen bereits enormen Spaß bereiten, vor allem jenen

SchülerInnen, die auf ihren Einrädern schon recht sicher unterwegs sind. Doch

auch jene, die noch nicht ganz so gelassen auf dem Sattel sitzen, lernen dabei

enorm viel und dürfen als Stützhilfe die Sprossenwand verwenden.

79

5. Einheit: Tricks erlernen und einüben

Diese Einheit ist unabhängig von den anderen zu sehen, je nach

Leistungsniveau der SchülerInnen müssen davor eventuell noch einige Stunden

damit verbracht werden den SchülerInnen die notwendige Sicherheit auf dem

Sattel beizubringen.

Nun sollen aber noch einige Tricks methodisch aufbauend erklärt werden, die

dann ohne weiteres im regulären Schulbetrieb gelehrt werden können.

Materialien: Turnmatte, Sprungbretter, Turnbänke, Hütchen, Seile, Reifen

Einstieg:

Ein großes Auf und Ab: Im Turnsaal wird ein Parcours aufgebaut. Die

SchülerInnen müssen dabei über Turnmatten und auf Bänken entlang sowie

über Sprungbretter, Seile oder um Reifen herum fahren. Der Kreativität sind

dabei keine Grenzen gesetzt.

Hauptteil:

Stationenbetrieb: - Erlernen verschiedener Tricks

1. Kick-up: Dies ist ein artistischer Aufstieg, bei dem das mit der rechten

Seite am Boden liegende Einrad händisch zunächst nicht berührt wird.

Ein Fuß steht auf dem Pedal und übt Druck aus (Verlagerung des

Gewichts), während der andere mit dem Spann unter dem Sattel lagert

und mit Entschlossenheit den Sattel nach oben zieht. Das Rad richtet sich

auf und wird in Richtung der rechten Innenseite des Oberschenkels

gebracht. Beide Füße werden auf die Pedale gestellt und das Fahren geht

los.

2. Wheel-Walking: Hierbei wird das Einrad zum „Laufrad“. Durch das Laufen

der Füße auf dem Reifen bewegt sich das Einrad fort. Der Fuß wird von

der Fußspitze bis zur Ferse abgerollt.

80

Diese Bewegung ähnelt sehr stark dem Rückwärtslaufen. Zu Beginn

werden wieder zwei Kästen genützt, um es zu erlernen. Anschließend

erfolgt die Übung nur noch mit einseitigem Stützen.

3. Springen: Zunächst wird das beidbeinige Hüpfen auf verschiedenen

Untergründen ohne das Einrad geübt (nur die Sprunggelenke werden

benützt, Knie sind durchgestreckt), danach das Hüpfen mit leicht

versetzten Beinen (so wie die Position am Einrad ist). Anschließend kann

das Springen bereits mit dem Einrad versucht werden.

4. Rückwärtsfahren: Hierbei werden Dreierteams gebildet. Die Person am

Einrad hält sich an den zwei Partnern an den inneren Schultern fest, die

in Fahrtrichtung mitgehen. Es wird solange geübt, bis es schließlich nur

mit Handfassung gelingt.

Wer diesen Schritt geschafft hat, kann das Ganze mit einem/r Helfer/in

versuchen. Diese/r sollte immer wieder die Seite wechseln, um eine

Einseitigkeit zu vermeiden.

Als nächstes kann versucht werden, an einer Wand entlang zu fahren

(hierbei sollten auch immer die Seite gewechselt werden). Der letzte

Schritt gilt dem freien Fahren. Dabei sollte zunächst nur auf geraden

Flächen gefahren werden, wobei im Anschluss bereits Kreise, Slaloms

und Achter gefahren werden können (gekennzeichnet mittels Hütchen).

Schluss:

Paar fangen & Ketten fangen: Zum Abschluss dieser Stunde wird wieder in der

Gesamtgruppe gespielt. Zunächst das „Paar fangen“, wobei zwei SchülerInnen

Hand in Hand losfahren und versuchen andere MitschülerInnen zu fangen.

Gelingt dies, wird die Kette länger.

Bei einer Anzahl von vier Personen bilden sich zwei Paare, solange bis niemand

mehr allein fährt, geschieht dieser Teilung immer wieder von neuem.

Beim „Ketten fangen“ beginnt eine Person zu fangen und sobald jemand

gefangen ist gilt dieselbe Regel wie beim „Paar fangen“. Allerdings bleibt die

Kette aufrecht bis niemand mehr zu fangen ist, ohne dass sich Paare bilden.

81

Didaktisch - methodische Überlegungen:

Beim Einstiegsspiel geht es darum, dass die SchülerInnen über Unebenheiten

zu fahren lernen. Dabei werden die Koordination und das Gleichgewicht auf

höchstem Niveau geschult.

Im Hauptteil dürfen sich die SchülerInnen individuell aussuchen, welche Tricks

sie gerne lernen möchten. Zu Beginn werden alle Stationen von der Lehrperson

erläutert (bei jeder Station liegen nochmals Erklärungen auf). Während des

Übens steht die Lehrperson mit Tipps und Hilfestellung zur Verfügung.

Bei der ersten Station wird der „Kick-up-Start“ geübt. Diese Variante des

Aufstieges ist bereits eine sehr komplexe Version und erfordert viel

Geschicklichkeit und Geduld.

Die zweite Station: Das „Wheel-Walking“ wird hierbei zunächst einmal

theoretisch verstanden, denn die Praxis benötigt viele Übungsstunden bis diese

Technik beherrscht wird. Doch jede Übungszeit bringt die SchülerInnen dem

Ziel näher.

Bei der dritten Station wird das Springen erlernt. Dabei ist es am Einrad wichtig

stets in Kontakt mit den Pedalen zu sein, die Füße sollten leicht nach innen

gedreht sein, der Sattel wird mit den Oberschenkeln eingeklemmt und somit

kommt der Schwung beinahe nur aus den Sprunggelenken.

Bei der Entscheidung für die vierte Station gibt es die Möglichkeit das

Rückwärtsfahren zu intensivieren oder für manche auch ganz neu zu lernen.

Für den gesamten Stationenbetrieb gilt, dass sich die SchülerInnen individuell

für Stationen entscheiden können. Die Übungszeit für die Stationen ist mittels

Musik vorgegeben. Bei jedem Musikstopp kommt es zu einem

Stationenwechsel (wieder nach Wahl).

Der Grund für die freie Auswahl liegt darin, dass mit großer Sicherheit die

Leistungsniveaus der SchülerInnen unterschiedlich sind. Somit kann aber jede/r

individuell gefördert werden.

82

Den Schluss bilden zwei Abfangspiele, wobei Teamfähigkeit gefragt ist. Die

SchülerInnen müssen versuchen zusammenzuarbeiten. Noch dazu gilt es, das

Fahren als Gruppe in einer langen Kette zu koordinieren. Dies stellt eine große

Herausforderung dar und benötigt immer wieder einige Versuche.

All diese Stundenbilder dienen zur Vorlage, um das Einradfahren in den

Sportunterricht einzuführen. Wenn diese Basis gelegt wurde, folgt der nächste

Schritt - das Fahren mit diesem faszinierenden Fortbewegungsmittel in die

Schule außerhalb des Sportunterrichts zu integrieren.

11.1.2 Stundenbilder zur Jonglage im Sportunterricht

Beim Lehren der Jonglage sind einige Aspekte zu beachten, denn das Erlernen

sollte Spaß machen und nicht allzu lange dauern, bis sich Erfolge einstellen.

Hier ist für die Lehrperson sehr stark ersichtlich, auf welche Art und Weise

gelernt wird, wann die Konzentration nicht mehr vorhanden ist und wo die

Grenzen der Wahrnehmungs- und Koordinationsfähigkeit bei jeder einzelnen

Person liegen.

Der Unterricht sollte die SchülerInnen bei ihren bisherigen Leistungen abholen.

Auf die Augen-Hand-Koordinationserfahrungen, die Bewegungs-

geschicklichkeit und das Alter muss zunächst eingegangen und

dementsprechend gelehrt werden (vgl. von Grabowiecki & Lang, 2007, S. 151).

Nach Grabowiecki und Lang (2007, S. 152) gelten folgende Faustregeln für die

Praxis:

- Jonglieren mit Tüchern sowie Geschicklichkeitsübungen mit Bällen

können bereits in der Volksschule durchgeführt werden.

- Ein sicheres Spielen mit drei Bällen geschieht meist im Alter von 9 oder

10 Jahren.

- Jonglieren mit Keulen oder Ringen ergibt meist erst nach dem Erlernen

der Kaskade mit drei Bällen Sinn.

Beim Lernen des Jonglierens gilt dasselbe wie beim Einradfahren: Die

Grenzen der eigenen Fähigkeiten werden oftmals sehr schnell erreicht und

83

darum sollte ein abwechslungsreicher Aufbau des Unterrichts gegeben sein.

Angeleitete Jonglierspiele und Übungsphasen im Wechsel mit freien

Übungsphasen sowie Partner- und Gruppenübungen können eine Vielfalt

während der Sportstunden garantieren.

Doch nach anfänglichen Schwierigkeiten beginnt bei vielen oftmals eine Art

Wissensdurst im Jonglierbereich, welcher kaum gestillt werden kann. Durch

die Verbindung vom Zusehen und dem eigenständigen Tun entsteht ein

gewisses Bewegungs-Know-how und in weiterer Folge die Bewegungskunst

und damit die Jonglierkunst.

Jonglieren trägt dazu bei „[…] mit dem ganzen Gehirn und somit

harmonischer und ganzheitlicher an (Lern-)Situationen heranzutreten, sich

Problemen zu stellen und so das Leben besser zu bewältigen“ (Kelber-Bretz,

2002, S. 64).

84

1. Einheit: Das Kennenlernen der Materialien

Materialien: keine Zusatzmaterialien notwendig

Einleitung:

Farbenfangen: Es werden Bälle mit unterschiedlichen Farben ausgeteilt. Die

SchülerInnen bewegen sich zur Musik durch den Raum und sollen den Ball

dabei in der Luft halten. Bei Musikstopp wird angesagt, welche Farbe den

Fänger oder die Fängerin kennzeichnet (wechselt immer wieder). Wer gefangen

ist, bleibt an einem Platz wie versteinert stehen und versucht, nur seinen/ihren

Ball mit einer Hand zu werfen und wieder zu fangen. Dann läuft die Musik weiter

und alle SchülerInnen dürfen sich ohne jegliche FängerInnen wieder bewegen

usw.

Farbenaufgabe: Die SchülerInnen müssen sich vier Übungen (jeweils 10 Stück

pro Übung werden durchgeführt) zu den jeweiligen Farben merken:

- Grün: Strecksprung

- Blau: Liegestütz

- Gelb: Kniebeuge

- Rot: Sit-up

Die SchülerInnen bewegen sich wieder mit einem Ball durch den Raum, welcher

ständig geworfen und gefangen wird. Bei Musikstopp werden die Übungen

ausgeführt und gleich danach wird der Ball mit einer anderen Person getauscht.

Hauptteil:

Zweierteams werden gebildet (nach freier Wahl): Bei ersten, zweiten, vierten

und fünften Übung ist das Team dazu da, sich gegenseitig zu korrigieren und

zu motivieren. Hingegen ist bei der vierten Station das Teamspiel gefragt.

Die verschiedenen Übungen werden an unterschiedlichen Plätzen im Turnsaal

durchgeführt, um die Stunde immer wieder ein wenig aufzulockern.

85

1. Fangen und Werfen:

Nur ein Ball wird in eine Hand genommen, eine Unterarmlänge entfernt bis auf

Stirnhöhe geworfen und wieder mit derselben Hand gefangen. Aufgabe ist es,

die Bälle etwa immer gleich hoch zu werfen.

2. 8er-Figur: Ein Ball wird mit kreisenden Bewegungen in einer gedachten

Vertikalebene vor der Brust von Hand zu Hand geworfen. Dabei nimmt die

Wurfkurve etwa eine liegende Acht an.

3. Partnersäule: Zweierteams bilden sich und A hält in beiden Händen einen

Ball, B nur in einer Hand. Es wird im Uhrzeigersinn weiter geworfen und zwar

im Wurfrhythmus der Dreiballkaskadensäulen (gerade nach oben geworfene

Bälle).

4. Kreuzen-Werfen: Nun wird erstmals mit zwei Bällen selbstständig trainiert. In

jeder Hand befindet sich ein Ball. Der erste Ball wird wie bereits geübt

geworfen. Der zweite Ball startet allerdings erst, wenn der erste Ball den

Höhepunkt erreicht hat. Beide Bälle kreuzen sich in der Luft und wechseln

die Hände. Zuerst muss man die Bälle nicht unbedingt fangen, da man sich

zunächst auf den Wurf konzentriert.

5. Kreuzen-Fangen: Nun sollte versucht werden die Bälle auch wieder zu

fangen. Hilfreich kann hierbei auch sein zu zählen oder zu sprechen:

„Werfen, werfen, fangen, fangen“.

Schluss:

Free- Flow- Oddgood (vgl. Hollauf & Sobota, 2013, online):

Die SchülerInnen bilden je nach Anzahl zwei bis drei Kreise (5-8 Personen).

Jeder Kreis steht hierbei für sich. Jede/r SchülerIn hält zwei Bälle in den

Händen, nur ein/e SpielerIn hat noch einen dritten Ball. Diese Person wirft mit

der Hand, in der er/sie zwei Bälle hält, einen Ball zu einer/m MitspielerIn.

Der Wurf soll möglichst genau sein und auf jeden Fall eine hohe Flugbahn

besitzen, sodass der/die FängerIn genügend Zeit zum Reagieren hat.

86

Der/die FängerIn sollte einen seiner/ihrer Bälle rechtzeitig (und wiederum in

einem hohen Bogen) zu einem/r MitspielerIn werfen und möglichst den zu

ihm/ihr geworfenen Ball fangen. Das Spiel ist aus, wenn kein/e SpielerIn einen

Ball werfen kann, bevor der davor geworfene Ball gefangen wird oder den

Boden berührt (kann dann wieder von Neuem begonnen werden).

Didaktisch-methodische Überlegungen:

Zu Beginn liegt das Augenmerk auf der Gewöhnung an die Jonglierbälle und

das Erwärmen des Körpers.

Für den Hauptteil gilt, dass sich die SchülerInnen selbstständig in Zweierteams

zusammenfinden dürfen, da sie in der folgenden Stunde gut und effektiv

zusammenarbeiten und kooperieren sollten, um eine Steigerung der

Lernleistung zu erhalten. Bei der vierten Übung hilft es zunächst, sich nicht auf

das Fangen zu konzentrieren. Aus der Lage der Bälle am Boden und des

Aufprallrhythmus können Ungenauigkeiten erkannt werden.

Grundsätzlich sollte berücksichtig werden, dass die Lehrperson im Hauptteil

dieser Stunde die SchülerInnen besonders differenziert fordern muss. Wenn

jemandem diese Übungen bereits leicht fallen, kann auch schon zur

Dreiballkaskade übergegangen werden. Die Lehrperson soll zudem bedacht

sein, die SchülerInnen immer wieder zu korrigieren, ihnen Hilfestellungen zu

geben und die besseren SchülerInnen zu fördern.

Zum Abschluss werden nochmals das Ballgefühl und die Genauigkeit der

Wurfkurve trainiert, aber auch der Spaß und die Freude an der Jonglage sollte

dabei entfacht werden, sofern dies nicht bereits geschehen ist.

.

87

2. Einheit: Die Dreiballkaskade

Materialien: Kästen, Matten, Reifen, Seile, Teppichfliesen, Turnbänke usw. (für

den Lauf zu Beginn)

Einleitung:

Hindernislauf: Die SchülerInnen sollen zu Beginn einmal den Hindernislauf

durchlaufen haben, welcher je nach Kreativität der Lehrperson gestaltet werden

kann (oder auch gemeinsam mit den SchülerInnen) Danach bekommt jede

Person zwei Bälle. Das Kreuzen und Werfen der vorhergehenden Stunde wird

wiederholt. Wenn dies kurz geschehen ist, soll der Lauf mit den Bällen

geschehen, welche ständig in Bewegung bleiben sollten.

Hauptteil:

1. 3er Werfen: Nun werden zum ersten Mal drei Bälle geworfen. Das Werfen

steht aber noch im Vordergrund und die Bälle sollten zu Beginn sogar am

Boden landen. (Der Rhythmus der fallenden Bälle sollte möglichst

gleichmäßig geschehen.)

2. Dreiballkaskade - 4er-Wurf: Nun wird nur vier Mal geworfen (um zunächst

Kontrolle über das Bewegungsmuster zu haben).

3. Bodenkaskade: Die Bälle werden am Boden im umgekehrten

Kaskadenmuster, also von außen nach innen, geworfen (die äußeren

Bälle über die inneren).

4. Dreiballkaskade: Nun wäre das Ziel so oft wie möglich rhythmisch, in

richtiger Reihenfolge zu werfen. Hierbei kann auch ein kleiner Wettkampf

zwischen der gesamten Klasse entstehen, wenn die Gemeinschaft im

Klassenverband stimmt. Wer schafft die meisten Würfe hintereinander?

Variation: Mit ungewohnten Bällen jonglieren, mit drei unterschiedlichen

Bällen, hoch oder niedrig usw.

88

Schluss:

Rundenwettlauf: Wer schafft in einer vorgegeben Zeit die meisten Runden im

Turnsaal? Die SchülerInnen, welche die Dreiballkaskade noch nicht vollständig

beherrschen, dürfen dies auch mit zwei Bällen ausprobieren (allerdings mit

unterschiedlichen, bspw. Tennis- und Volleyball).

Didaktisch - methodische Überlegungen:

Zu Beginn wird das Spiel mit zwei Bällen nochmals wiederholt und weiters auch

von der totalen Fokussierung auf die Bälle durch einen Hindernislauf abgelenkt.

Darauf aufbauend kann in den Hauptteil gestartet werden. Die Dreiballkaskade

steht bevor und ist das Ziel dieser Stunde. Durch unterschiedlichste Übungen

und eine methodische Reihe ist es für alle möglich, dies zu erlernen. Da jede

und jeder eine andere Zeitspanne dafür benötigen wird, gilt es, immer wieder

Variationen anzubieten und als Lehrperson auf andere Möglichkeiten

hinzuweisen. Die Organisation ist im Hauptteil wieder dieselbe wie in der ersten

Einheit. Dies hat den Vorteil, dass die SchülerInnen die Vorgangsweise bereits

kennen und sich relativ schnell einfinden können. Allerdings soll nun ein

anderes Teammitglied gesucht werden als zuvor.

Um möglichst viele SchülerInnen in ihrem Lernprozess abzuholen, werden

derartig viele differenzierte Übungen angeboten.

Der abschließende Wettkampf im Hauptteil kann je nach Lernfortschritt in der

Klasse durchgeführt werden. Dieser kann dazu dienen, die Motivation der

SchülerInnen zu fördern.

Allerdings ist es auch möglich, dass einige durch den Wettkampfgedanken die

Freude verlieren. Dabei kann man auch die Freiwilligkeit der Teilnahme

anbieten.

Zum Abschluss der Einheit gilt es, beim Rundenlauf nochmals alles zu geben.

Jede Person wird nun für sich bemerken, wo sie im Lernprozess gerade steht

und welche Erfolge bei dem Erlernen des Jonglierens bereits erzielt wurden.

89

3. Einheit: Weitere Basiswürfe

Materialien: Jongliertücher (eventuell für den Schlussteil der Einheit)

Einleitung:

Joggling: Während des Laufens wird mit drei Bällen jongliert. Bei einem

Musikstopp wird am Stand jongliert oder es erfolgt eine Bewegungsaufgabe, wie

bspw.: übergib einen Ball an einen Partner, laufe rückwärts, lasse alle drei Bälle

fallen und mache drei Liegestütz usw.

Joggling - Staffel: Zwei bis vier Teams laufen in Form einer Wendestaffel

jonglierend gegeneinander. Eine Person wartet immer mit 2 Bällen an der

Startlinie. Der dritte Ball wird von dem/der Gelaufenen aus der Jonglage an die

nächste Person übergeben. Regeln: Wer einen Ball verliert, muss diesen

aufheben und darf erst dann weiterlaufen, wenn wieder eine Kaskade jongliert

wird. Welches Team als erstes die Strecke durchlaufen ist, hat gewonnen.

Hauptteil:

Wiederholung der Dreierkaskade: Für alle, besonders aber für diejenigen,

welche dieses Muster noch nicht vollständig beherrschen, gilt es, dies nochmals

zu wiederholen und zu üben. Ziele können gesetzt werden, zum Beispiel 25x

die Kaskade zu werfen, 50x die Kaskade zu werfen usw.

Stationenbetrieb in Zweierteams:

Zweierteams werden diesmal von der Lehrperson eingeteilt.

Säulen werfen: Einen weiteren Basiswurf nebst der Kaskade bilden die Säulen.

Ein Ball wird in der Mitte und zwei Bälle außen geworfen (jeder Ball hat seine

eigene Bahn wie eine „Säule“). Dabei jongliert eine Hand zwei Bälle und die

andere Hand einen Ball.

- Originalsäule:

1. Lernschritt: Dabei wird mit einem parallelen Säulenwurf rechts und links

begonnen.

2. Ein dritter Ball kommt hinzu und wird in der Mitte hochgeworfen.

90

3. Es wird mit dem mittleren Ball begonnen und die äußeren Würfe kommen

hinzu.

Variation Nummer 1: Die Säulen werden jongliert, die Bälle bleiben auf

denselben Plätzen und nur die Hand wird bei jedem Wurf gewechselt. Das

Bild von außen ergibt dasselbe wie bei der originalen Säule, nur etwas

eleganter und symmetrischer.

Variation Nummer 2: Das klassische Säulenmuster wird jongliert, nur die

eine Hand, welche einen Ball bis jetzt geworfen hat, führt ihn nun nach oben.

Dabei können auch mit dieser Hand unterschiedlichste Formen gezeichnet

werden.

Federball/Tennis:

Die normale Kaskade verändert sich ein wenig. Ein Ball wird konkret

ausgesucht und über die anderen Bälle hinweggeworfen (immer von links

nach rechts). Die anderen beiden Bälle werden aber ganz klassisch

weitergeworfen.

Flash:

Alle drei Bälle werden so schnell wie möglich hintereinander in die Luft

geworfen. Dabei hat man für einen kurzen Moment keinen Ball mehr in der

Hand (man kann in die Hände klatschen oder sich um die eigene Achse

drehen).

1. Zwei Bälle werden in die rechte und einer in die linke Hand genommen.

Diese werden dann so schnell losgeworfen, dass alle kurz in der Luft sind,

bevor der erste wieder gefangen wird.

2. Die Kaskade wird jongliert und zwischendurch ein Flash geworfen.

Schluss:

In Viererteams wird für alle anderen SchülerInnen eine kurze Präsentation

der Tricks, welche bis jetzt erlernt wurden, durchgeführt. Die Zeitvorgabe

beträgt 2-3 Minuten.

91

Didaktisch - methodische Überlegungen:

Zu Beginn wird versucht, die Aufmerksamkeit weg von der Jonglage zu

lenken und auf das Laufen, den Wettkampf hin. Die Dreiballkaskade wird

somit bereits zu Beginn der Einheit unbewusst geübt. Für all jene, denen

dieser Basiswurf noch schwer fällt, können zwei Bälle statt drei verwendet

werden.

Im Hauptteil soll zunächst die Dreiballkaskade wiederholt und geübt werden,

welche die Basis für weitere Tricks bildet. Anschließend werden mittels

Stationenbetrieb in Teams verschiedenste klassische Variationen mit den

Bällen erarbeitet. Der Fokus liegt auf der Selbstständigkeit und dem eigenen

Erarbeiten im Unterricht. Die Lehrperson wird Kärtchen mit Bildern auslegen,

welche die einzelnen Variationen erklären, nachdem alles einmal vor der

gesamten Klasse erläutert wurde. Im Hauptteil sollte der oder die LehrerIn

die SchülerInnen relativ alleine in dieser Übungsphase lassen.

Die Kreativität der Lernenden wird dabei gefördert, allerdings kann die

Lehrperson mit Rat und Tat zur Seite stehen und den Überblick behalten,

damit niemand ein falsches Muster erlernt. Das Ziel ist nicht, bereits alle

Muster perfekt zu beherrschen, sondern zunächst einen kleinen Einblick zu

erhalten, was mit den Bällen im Zuge der Jonglage geschehen kann.

Abschließend wird in Viererteams (zwei Gruppen aus dem Hauptteil finden

sich zusammen) eine kurze Vorführung geplant.

Dadurch wird den SchülerInnen bewusst, welches Niveau sie beim

Jonglieren bereits innerhalb kürzester Zeit erreicht haben. Außerdem wird

ihr Selbstbewusstsein durch diese kleine Aufführung gestärkt, welche auch

schon einen Vorgeschmack auf eine eventuelle Abschlussvorführung vor

etwa den Eltern, Freunden usw. gibt.

92

4. Einheit: Die spielerische Einheit

Materialien: Fußbälle, Kleintore

Einleitung:

Tschebetschex Tschellentsch: Die SchülerInnen werden in 6-8er Teams

werden die SchülerInnen eingeteilt und bilden eine Gasse. Während alle die

Dreiballkaskade ausführen, wird mit den Füßen ein Fußball weitergespielt. (vgl.

Hollauf & Sobota, 2013, online).

Hauptteil:

Fußball mit Jonglage: (Teamfindung: Bilder von Zirkusartisten werden in jeweils

drei Teile geschnitten. Die Personen mit den zusammenpassenden Teilen

bilden nach kurzem Suchen ein Bild/Team.)

Zwei Teams zu jeweils drei Personen treten gegeneinander an und spielen mit

dem Fußball auf Kleintore. Während des Fußballspiels wird ständig jongliert.

Wenn ein Jonglierball auf den Boden fällt, darf nicht mit dem Fußball

geschossen werden. Gespielt wird auf fünf Punkte und danach werden die

Teams gewechselt.

Schluss:

Ball Combat:

Innerhalb eines Spielfelds beginnen alle gleichzeitig mit drei Bällen zu

jonglieren. Ziel ist es, den anderen MitspielerInnen die Bälle auf irgendeine Art

und Weise zu entfernen, ohne dass die eigenen Bälle auf den Boden fallen

(nicht erlaubt ist, mit den Füßen zu treten). Die Person, welche zuletzt noch

jongliert, gewinnt (vgl. ebd.).

Didaktisch - methodische Überlegungen:

Diese Einheit steht ganz im Zeichen des Spielens und des Wettkampfes. Dabei

wird die Dreiballkaskade endgültig gelernt und sollte somit bereits zu einer

gewohnten, beinahe automatischen Bewegung werden.

93

In der Einleitung wird die Übung „Tschebetschex Tschellentsch“ durchgeführt.

Dabei wird bereits auf den Hauptteil hintrainiert.

Denn den Mittelpunkt der Einheit stellt das Fußballspiel dar. In Kleingruppen

von sechs Personen wird ein Fußballspiel auf Kleintore ausgetragen, wobei

ständig jongliert wird. Es besteht auch die Möglichkeit, einen richtigen

Turnierplan aufzuhängen, in welchen die Teams jeweils ihre Ergebnisse

eintragen. Jedes Team sollte am Ende der Einheit gegen alle anderen

angetreten sein.

Den Abschluss bildet das Spiel „Ball Combat“. Dabei steht der

Wettkampfgedanke nochmals im Vordergrund. Das Ziel ist es, die

Dreiballkaskade vollständig zu automatisieren. Nebenbei gilt es, die anderen

SpielerInnen an ihrer eigenen Jonglage zu behindern.

94

5. Einheit: Tricks erlernen und üben

Materialien: keine Zusatzmaterialien notwendig

Einleitung:

Ruhestörung: Zwei SchülerInnen stehen sich gegenüber und beginnen

gleichzeitig mit der Dreiballkaskade.

Wer zuletzt noch jongliert, hat gewonnen und erhält einen Punkt. Erlaubt ist es,

die/den MitschülerIn zu stören (kein Fuß darf eingesetzt werden und nichts, was

sich verletzend auswirkt), allerdings dürfen die eigenen Bälle dabei auch nicht

hinunter fallen.

Die gewonnenen Punkte werden gezählt und jene Person, welche als erste fünf

Punkte hat, darf sich eine Aufgabe für die/den MitschülerIn ausdenken,

beispielsweise 10 Liegestütz. Gespielt wird auf 3 gewonnene „Battles“.

Hauptteil:

Tricks erlernen

Shower:

1. Ein Ball wird von der rechten in die linke Hand geworfen und von dort

in die rechte übergeben.

2. Mit zwei Bällen wird in der rechten Hand nun gestartet, um diese schnell

hintereinander zu werfen und mit links zu fangen. Ein Ball wird nach

rechts übergeben.

3. Nun wird versucht, den ersten geworfenen Ball, wenn er mit der linken

Hand gefangen wird, sofort in die rechte zu übergeben. Auf die Art, dass

der nachkommende Ball auch noch mit links gefangen werden kann.

4. Den abschließenden Schritt bildet der Start mit drei Bällen. Zwei in der

rechten und einer in der linken Hand (vgl. Voßkühler, 2007, S. 38).

Krallen:

Die Bälle werden hierbei von oben gegriffen und in dieser Haltung auch

abgeworfen und gefangen (gekrallt).

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Gestartet wird mit einem Ball und danach kommt immer ein Ball hinzu. Das

Wurfmuster ist dasselbe wie bei der klassischen Dreiballkaskade die liegende

Acht (vgl. Gaal, 1999, S. 33).

Körperwürfe:

Bei den Körperwürfen wird ein Ball oder jeder Ball hinter, unter oder um ein

Körperteil geworfen.

Im folgenden Teil werden verschiedene durchführbare Beispiele gebracht:

- Unter dem Bein durchwerfen und wieder fangen

- Hinter dem Rücken schräg nach vorne werfen und fangen

- Hinter der Schulter fangen und gerade nach vor zu derselben Hand

werfen

Wenn die einzelnen Würfe beherrscht werden, können diese Kunststücke

beispielsweise in die Dreiballkaskade integriert werden.

Schluss:

Partnerjonglage

Zuwerfen: Eine Person wirft dem anderen einen Ball nach dem anderen zu und

bei dem dritten wird mit der Kaskade begonnen.

Passing mit sechs Bällen: Zu Beginn jongliert jeder für sich, aber gemeinsam im

selben Rhythmus (beim Erlernen kann mitgezählt werden). Dann kann das

Passen beginnen. Es wird gemeinsam weitergezählt und das Team sollte sich

ein Stichwort überlegen, z.B. „Wurf“, bei dem der rechte Ball in einem hohen

Bogen in die linke Hand des Partners/der Partnerin geworfen wird. Zunächst

sollte sehr langsam begonnen werden, das Tempo kann anschließend noch

gesteigert werden. Welches Team schafft zum Abschluss die meisten Pässe?

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Didaktisch - methodische Überlegungen:

Es wird mit einem Spiel in die Einheit gestartet. Zwei SchülerInnen stehen sich

gegenüber und versuchen, sich gegenseitig die Bälle aus den Händen zu

schlagen.Dabei wird der Kreislauf in Schwung gebracht und auf die kommende

Einheit. Außerdem darf der/die MitschülerIn sich für den/die VerliererIn eine

Übung ausdenken, die auch die Muskulatur kräftigt.

Im Hauptteil liegt das Augenmerk auf dem Kennenlernen und eventuell bereits

Erlernen neuer Tricks. Der Shower, das Krallen und die Körperwürfe sind bereits

sehr anspruchsvolle Jonglagevarianten und benötigen bei manchen ein großes

Maß an Geduld.In dieser Stunde sollen sich die SchülerInnen selbstständig

nach einer kurzen Erklärung der Lehrperson einen Trick aussuchen, welchen

sie gerne erlernen möchten, und können mit den MitschülerInnen diesen dann

an einem gekennzeichneten Platz im Turnsaal üben. Ziel ist es, dass sich die

SchülerInnen untereinander helfen, da alle auf unterschiedlichen

Leistungsniveaus sein werden und sich somit gegenseitig Tipps geben können.

Zum Abschluss steht die Partnerjonglage noch am Programm. Dabei gibt es

grundsätzlich zwei Grundprinzipien, denn entweder werden drei Bälle von

Partnern in unterschiedlichen Variationen jongliert und ausgetauscht oder jede

Person hat drei Bälle und diese werden in einem fortlaufenden Muster jongliert.

Diese Variation wird „Passing“ genannt und auch in dieser Einheit durchgeführt.

Wenn dieses Passing mit zwei Personen gut klappt, dann kann es auch mit

mehreren Personen versucht werden.

Hier wird zunächst die einfachste Variante versucht, indem eine Person der

zweiten Bälle einfach nur zuwirft und diese mit der klassischen Kaskade

beginnt. Im zweiten Schritt wird das Passing zu zweit erlernt und zum Ende hin

kann noch im Klassenverband versucht werden, wer denn die meisten Pässe

schafft.

Viele der bereits erlernten Tricks können auch in das Passing - Muster

eingebaut werden (vgl. Burgstahler & Lang, 2007, S. 157).

97

12. Zusammenfassung und Ausblick

„Lernen, Denken, Kreativität und Intelligenz sind nicht nur Prozeßabläufe [sic!]

unseres Gehirns, sondern des ganzen Körpers“ (Hannaford, 1996, 11).

Zusammenhänge zwischen Kognition und Bewegung, Einflüsse von der

Bewegung auf das Lernen und vor allem auf die Lern- und Leistungsfähigkeit

sind gegeben.

In der vorliegenden Arbeit wurde dargelegt, dass Bewegung absolut notwendig

für das Lernen ist. Durch körperliche Aktivität werden geistige Fähigkeiten

erweckt und auch aktiviert. Bewegung hat direkte Einflüsse auf die Lernleistung,

denn es wird im Gehirn die Fertigkeit erhöht, Dinge aufzunehmen und neue

Informationen zu verarbeiten.

Körper und Geist können und dürfen nicht mehr strikt voneinander getrennt

werden, sondern haben aufeinander unterstützende positive Auswirkungen.

Oftmals wird der Prozess des Denkens vor allem auch in der Schule als ein

körperloser gesehen, jedoch erhält das Gehirn über die Sinnesorgane ständig

Informationen aus der Umgebung. Daraus erleben wir die Welt und somit

können auch die SchülerInnen den Unterrichtsstoff mit Hilfe von Bewegung

besser erleben und behalten.

Für die Förderung der vermehrten Bewegung wurden in dieser Arbeit die

Äquilibristik, hier das Einradfahren, und die Jonglage gewählt. Diese

koordinativen und das Gleichgewicht beanspruchenden Bewegungsabläufe

fördern und fordern die Motorik, aber auch das Gehirn auf höchstem Niveau.

Aufgrund dieser zirzensischen Künste erfahren die SchülerInnen viele positive

Erlebnisse. Sie lernen ihre eigenen Grenzen immer wieder auf ein Neues

kennen, schöpfen ihr persönliches Potenzial aus und gewinnen an

Selbstvertrauen. Daraus entsteht oftmals eine größere Selbstsicherheit im

Auftreten im Klassenverband, die Motivation für das Lernen im Schulalltag wird

gesteigert und somit beginnt den SchülerInnen der Besuch der Schule immer

mehr Freude zu bereiten. Dadurch kann sich auch die Leistung im Unterricht

verbessern und erhöhen.

98

Die vorliegenden praxisnahen Stundenbilder für die Jonglage und das

Einradfahren sollen Lehrpersonen vor allem für den Schulalltag dazu anregen,

Neues auszuprobieren, um Abwechslung zu schaffen und auch den vorwiegend

bewegungsarmen Unterricht aufzulockern. Eventuell können die ersten Inputs

im Sportunterricht erfolgen, um daran in der Pausengestaltung anzuknüpfen.

Allerdings kann vor allem die Jonglage auch im Unterricht selbst eingesetzt

werden.

Darüber hinaus sollte die künstlerische Bewegungsintervention jedoch nicht nur

zu einer Änderung in der Gestaltung des Unterrichts und einem höheren

Pensum an körperlicher Aktivität im Schulbetrieb führen, sondern auch aufgrund

der Leistungssteigerung der kognitiven Kompetenzen eingesetzt werden.

Studien nach Draganski, Buck et al, Sibley und Etnier zeigten in

verschiedensten Bereichen, dass körperliche Aktivität das menschliche Gehirn

positiv beeinflusst. Denn das Lernen fällt durch Bewegung leichter, hier sei

nebst den vielen anderen Gründen einerseits die Methodenvielfalt und

andererseits die Dopaminausschüttung durch Bewegung, welche die Motivation

steigert und Lernerfolge nach sich zieht, erwähnt.

Um nur einen von vielen positiven Einflüsse auf die Lernleistung hervorzuheben,

sei gesagt, dass bei der Jonglage und auch beim Einradfahren das

Zusammenarbeiten beider Gehirnhälften ständig gefordert wird und sich

dadurch das kognitive Niveau steigert.

Diese Arbeit gibt nur einen kleinen Einblick in die Zusammenhänge von

körperlicher Aktivität und den Vorgängen in unserem Gehirn sowie die daraus

resultierende Lernleistung. Allerdings steht eines fest: Bewegung und der

Unterricht dürfen nicht mehr unabhängig voneinander erwähnt werden, sondern

müssen in Zusammenhang stehen. Die SchülerInnen lernen stets mit dem

gesamten Körper. Ziel sollte es sein, das maximale Potential des Lernenden zu

nutzen und dies kann auch durch die Integration von Bewegung in den

Schulalltag geschehen.

99

Quellenverzeichnis

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