Gustave Guillaume: Zeit und Verb. Theorie der Aspekte, der Modi und der Tempora (ed. together with...

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1 Vorwort Gustave Guillaume (1883–1960) ist auf den ersten Blick schwer einzuordnen. Die von ihm vertretene Linguistik hatte immer ihre Anhänger und Bewunderer. Der erste von ihnen war sein Förderer Antoine Meillet, der heute als der Begründer der Grammatikalisierungs- forschung gilt. Sie untersucht die Genese von grammatischen Elementen aus lexikalischen Elementen heraus. Grammatikalisierungsforschung zeichnet darüber hinaus die übereinzelsprachlich zu beobachtenden und unumkehrbaren Stadien ihrer Genese von weniger komplexen zu komplexen grammatischen Kategorien nach. 1 Guillaume stellt in „Temps et verbe / Zeit und Verb“ ebenfalls die Genese von grammatischen Kategorien in den Mittelpunkt seines Arbeitens, hier vor allem von Aspekt, Tempus und Modus. Während in der Grammatikalisierungsforschung die sprachhistorischen und sprachtypologischen Gesichtspunkte im Vordergrund stehen, will Guillaume die „Psychomechanik“ der Genese von grammatischen Kategorien untersuchen. Im Zentrum von „Zeit und Verb“ steht die Versprachlichung von Zeit in Form von unterschiedlichen Tempussystemen. Es geht darum aufzudecken, wie sich Zeit / Tempus (le temps) in unserem Denken (pensée) konstituiert, und welche Phasen (états) durchlaufen werden, bis die Kategorie Tempus entsteht. Es geht also um die Rekonstruktion der mentalen Genese von Zeitvorstellungen. Dafür entwickelt Guillaume einen eigenen Begriff, den der Chronogenese von Tempus. Zu Guillaumes Prämissen gehört vor allem die Annahme der psychologischen Realität von Chronogenese und der empirischen Überprüfbarkeit seiner Thesen zu den Stadien der Chronogenese. Ziel ist eine Universalgrammatik der Tempuskategorie sowie, im 1 Als erste und umfassende Einführung in die Grammatikalisierungsforschung ist Hopper/Traugott (1993) zu empfehlen. In deutscher Sprache gibt Diewald (1997) einen guten Einstieg. Die seither erschienene Literatur

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Vorwort

Gustave Guillaume (1883–1960) ist auf den ersten Blick schwer einzuordnen. Die von ihm

vertretene Linguistik hatte immer ihre Anhänger und Bewunderer. Der erste von ihnen war

sein Förderer Antoine Meillet, der heute als der Begründer der Grammatikalisierungs-

forschung gilt. Sie untersucht die Genese von grammatischen Elementen aus lexikalischen

Elementen heraus. Grammatikalisierungsforschung zeichnet darüber hinaus die

übereinzelsprachlich zu beobachtenden und unumkehrbaren Stadien ihrer Genese von weniger

komplexen zu komplexen grammatischen Kategorien nach.1

Guillaume stellt in „Temps et verbe / Zeit und Verb“ ebenfalls die Genese von

grammatischen Kategorien in den Mittelpunkt seines Arbeitens, hier vor allem von Aspekt,

Tempus und Modus. Während in der Grammatikalisierungsforschung die sprachhistorischen

und sprachtypologischen Gesichtspunkte im Vordergrund stehen, will Guillaume die

„Psychomechanik“ der Genese von grammatischen Kategorien untersuchen. Im Zentrum von

„Zeit und Verb“ steht die Versprachlichung von Zeit in Form von unterschiedlichen

Tempussystemen. Es geht darum aufzudecken, wie sich Zeit / Tempus (le temps) in unserem

Denken (pensée) konstituiert, und welche Phasen (états) durchlaufen werden, bis die

Kategorie Tempus entsteht. Es geht also um die Rekonstruktion der mentalen Genese von

Zeitvorstellungen. Dafür entwickelt Guillaume einen eigenen Begriff, den der Chronogenese

von Tempus. Zu Guillaumes Prämissen gehört vor allem die Annahme der psychologischen

Realität von Chronogenese und der empirischen Überprüfbarkeit seiner Thesen zu den

Stadien der Chronogenese. Ziel ist eine Universalgrammatik der Tempuskategorie sowie, im

1 Als erste und umfassende Einführung in die Grammatikalisierungsforschung ist Hopper/Traugott (1993) zu

empfehlen. In deutscher Sprache gibt Diewald (1997) einen guten Einstieg. Die seither erschienene Literatur

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Prinzip, aller weiteren grammatischen Kategorien (vgl. zum Beispiel die

universalgrammatische Grundlage von Artikelsystemem in Guillaume 1919/1975). Bei

seinem universalgrammatischen Ansatz will Guillaume Mechanismen bzw. Prozesse

aufzeigen, welche die Genese von Tempussystemen in den verschiedenen Einzelsprachen

steuern. Guillaume nimmt, mit anderen Worten, die universalen Prozesse in den Blick, die

hinter der Erzeugung von einzelsprachlicher Varianz stehen. Varianz und Universalien bilden

somit für Guillaume keinen Gegensatz. Er verfällt nicht dem Inventargedanken, wonach man

sprachliche Universalien aufzählen könnte, um ihnen anschließend die Liste der Varianten

gegenüberzustellen.

Zur Explizierung seines Forschungsprojekts entwickelt Guillaume eine Terminologie,

die sich nicht in bekannte Forschungstraditionen einschreibt; dasselbe gilt für die von ihm

vorgeschlagenen Tempussystematiken des Französischen, Lateinischen, Griechischen,

Russischen und Deutschen. Sie sind auch aus der Sicht eines mit der gegenwärtigen

Forschung zu Aspekt, Tempus und Modus vertrauten Linguisten nur mit viel Geduld

nachzuvollziehen. Dennoch hatte und hat Guillaume viele Anhänger, die in der Regel seine

Terminologie übernehmen und es nicht selten ablehnen, sie in aktuelle Terminologie zu

übersetzen. Das hat ihnen den Vorwurf des linguistischen Sektierertums eingebracht und die

Rezeption von Guillaume über lange Zeit behindert.

Gustave Guillaume war und ist vor allem ein Ideengeber. Er entwickelte Gedanken, die

zu keiner der zu seiner Zeit herrschenden Axiomatiken passten. Ein solcher Gedanke war,

dass alle grammatischen Kategorien im Grunde nur EINE sind. Das heißt, Guillaume zählt

grammatische Kategorien nicht als grammatische Entitäten auf, sondern sieht sie als

unterschiedliche Stadien ihrer selbst (vgl. Leiss 1985). Unerwartete Gedanken lösen entweder

zur Grammatikalisierungsforschung bzw. zur Genese von Grammatik ist immens und kann hier nicht genannt

werden.

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Abstoßungsreaktionen oder einen vertieften Reflexionsprozess aus. Nehmen wir an, die

These, dass alle Kategorien nur eine sind, hat einigen Plausibilitätsgrad, dann müsste man die

gesamte Forschung zu grammatischen Kategorien überdenken. Es wäre dann nicht mehr

möglich, grammatische Kategorien als isolierte Entitäten, gleichsam als zählbare Gegenstände

aufzufassen. Vielmehr müsste man von Inklusionsbeziehungen, also Teil-Ganzes-Relationen

zwischen den verschiedenen Kategorien ausgehen, wodurch eine völlig neue Modellierung

von Grammatik entstehen würde. Kennzeichnend für Inklusionsbeziehungen ist nämlich, dass

sie unumkehrbar sind. Wenn beispielsweise Tempus die Kategorie Aspekt inkludiert, bedeutet

das, dass Tempus diese als Baustein voraussetzt, während das Umgekehrte nicht zutrifft:

Aspekt setzt die Kategorie Tempus nicht voraus. Eine solche Relation ist nicht möglich. Das

wird wiederum durch die Unumkehrbarkeit der Richtung der Grammatikalisierung von

grammatischen Kategorien bestätigt, wie sie von Meillet und fast der gesamten heutigen

Grammatikalisierungsforschung angenommen wird. Es gibt zwar Stimmen, die eine

Umkehrung der Richtung (sogenannte Degrammatikalisierung) für möglich halten; die

Beispiele dazu sind allerdings spärlich und betreffen meist Wortartkonversionen (wie in das

Für und Wider), die mit Grammatikalisierung nichts zu tun haben.

Wie ist Guillaumes Beitrag zur Linguistik axiomatisch einzuordnen? Seine Berück-

sichtigung der Mereologie, das heißt der Logik der Teil-Ganzes-Relationen, ist aristotelisch

und charakteristisch für die Spekulative Philosophie einschließlich der Spekulativen

Universalgrammatik der Modisten im späten Mittelalter (1275–1330). Trotzdem lässt sich

Guillaume dieser Tradition nicht eindeutig zuordnen. Seine Sprachtheorie ist in Bezug auf

ihre Axiomatik als durchaus hybrid zu klassifizieren. Guillaume steht nämlich auch in der

Tradition der cartesianisch inspirierten Grammaire générale de Port-Royal (1660) von

Antoine Arnauld und Claude Lancelot, die, wie die scholastische Universalgrammatik,

ebenfalls in Paris entwickelt wurde und von dort aus Europas Universitäten eroberte.

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Cartesianisch ist Guillaumes Sprachtheorie vor allem deshalb, weil er zeit seines Lebens

davon ausgeht, dass Gedanken vor dem Erwerb von Sprache bereits zur Grundausstattung des

Menschen gehören. Das zeigt deutlich folgender Hinweis im Vorwort zur deutschen

Übersetzung von Guillaume (1973):

Schon in seinen frühesten Aufzeichnungen (1911) befaßte er sich mit dem „den Sprechakt leitenden Geist“, und in seiner Vorlesung vom 28. Januar 1960, kaum eine Woche vor seinem Tod, beschreibt er den Sprechakt als „eine Umwandlung des im denkenden Menschen vorhandenen, momentanen Gedankens in Sprache“, und die Sprache selbst als „einen Mechanismus, der Gedachtes in Gesagtes umwandelt“. (Vorwort von Hunger-Tessier / Mader / Pattee zu Guillaume 1973/2000: XIII).

Die Auffassung, dass Sprache Gedanken zum Ausdruck bringe, entspricht dem Rationalismus

der Aufklärung. Sie ist im 17. Jahrhundert die am weitesten verbreitete Vorstellung in Bezug

auf die Konstellation zwischen Sprache und Geist. Diese Auffassung hat sich heute

durchgesetzt und dominiert die meisten linguistischen Ansätze, selbst solche, die sich als

vollständig gegensätzlich definieren.

Guillaumes Ansatz entspricht offensichtlich in einem wesentlichen Punkt nicht dem

Rationalismus der Universalgrammatik der Modisten. Ihnen zufolge drückt Sprache nämlich

Gedanken nicht aus. Sprache ist vielmehr als ein Instrument konzipiert, das humanspezifische

Kognition und damit Denken erst möglich macht. Das lässt sich zugespitzt so formulieren,

dass Sprache Gedanken nicht ausdrückt, sondern in das menschliche Gehirn eindrückt,

wodurch das, was wir „Geist“ nennen, erst möglich wird. Der cartesianische Rationalismus

geht hingegen davon aus, dass die Kategorien keine sprachlichen Kategorien sind, sondern

nichtsprachliche angeborene („eingeborene“) Kategorien, die durch Sprache lediglich

externalisiert werden. Diese werden in Kategorientafeln aufgezählt, beispielsweise bei Kant,

der sie von Aristoteles übernimmt und einfach voraussetzt. Mit diesem cartesianischen

Rationalismus kollidiert jedoch massiv Guillaumes zentraler Theoriebaustein, wonach alle

Kategorien nur EINE Kategorie darstellen. Damit ist, wie gesagt, gemeint, dass zwischen den

grammatischen Kategorien Inklusionsrelationen bestehen. Grammatische Kategorien wie

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Aspekt, Tempus und Modus werden somit nicht als ein Inventar von voneinander isolierten

grammatischen Entitäten, sondern als unterschiedliche Stadien ein- und desselben

Kategorisierungsprozesses verstanden.

Eben diese Idee verbirgt sich hinter dem Begriff der Genese, der bei Gustave Guillaume

zentral ist. Die Reihenfolge der Genese von Kategorien ist bei Gustave Guillaume: Aspekt >

Modus > Tempus. Heute spricht man jedoch vom ATM-Komplex (Aspekt-Tempus-Modus-

Komplex)2 und geht davon aus, dass die Kategorie des Aspekts sich zuerst herausbildet, dann

die Kategorie Tempus und schließlich Modus und Modalität – die empirischen Evidenzen aus

verschiedenen Bereichen der Sprachwissenschaft konvergieren und lassen gegenwärtig nur

auf diese unumkehrbare Richtung der Genese bzw. Grammatikalisierung von ATM schließen.

Gemeint ist damit keine evolutionäre Vorstellung der Genese der Kategorien des ATM-

Komplexes. Was wir wissen, ist, dass grammatische Kategorien „altern“ können. Die

Kategorie Aspekt entwickelt sich sprachhistorisch in die Kategorie Tempus, diese wieder in

Modus. So wird aus dem imperfektiven Aspekt das Tempus Imperfekt oder Präteritum, wobei

sich das Präteritum dann wiederum in einen Irrealis entwickelt (Modus wie Konjunktiv im

Deutschen). In Bezug auf perfektive Aspektformen lässt sich immer wieder die Entwicklung

früher und später Stadien des Perfekts beobachten, wobei die frühen Phasen aspektuell

dominiert sind und gegenwärtigen Zeitbezug aufweisen (Resultativa), die sich dann ihrerseits

langfristig zu Präterita entwickeln können, sobald imperfektive Verben in die Konstruktion

eintreten, mit denen sich keine resultative Bedeutung konstruieren lässt (vgl. Leiss 1992).

So vielfältig und variant solche Entwicklungsprozesse im Einzelnen sein mögen, sie

folgen dennoch einer unumkehrbaren Entwicklungslogik, die rekurrent bei der Herausbildung

von grammatischen Kategorien den Gesamtprozess steuert. Gleichzeitig lässt sich beobachten,

2 Noch verbreiteter ist die Abkürzung TMA, die allerdings nicht die Komplexität der beteiligten Kategorien

abbildet.

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dass die Kategorie, die „altert“, nicht verlorengeht, sondern sich erneut

herausgrammatikalisiert. Wir beobachten somit eine zyklische Entwicklung des ATM-

Komplexes: Die grammatischen Kategorien werden zunehmend erneuert. Von Evolution kann

beim gegenwärtigen Stand der Erkenntnis dabei nicht gesprochen werden, da in den etwa

5000 Jahren dokumentierter Sprachüberlieferung keine Erweiterung der grammatischen

Kategorien stattgefunden hat. Die Tatsache, dass der Bestand sprachlicher Funktionen

unverändert geblieben ist, stellt somit ein robustes Argument dafür dar, dass die sprachlichen

Funktionen, die in den grammatischen Kategorien zum Ausdruck kommen, angeboren sind.

Um die Konstanz der grammatischen Kategorien und der von ihnen transportierten

Funktionen zu verstehen, bedarf es vertiefter vergleichender und sprachtypologisch basierter

grammatiktheoretischer Kompetenzen. Sonst werden auf den ersten Blick zwar einleuchtende,

tatsächlich aber in die Irre führende Einwände vorgebracht, wie derjenige, dass bestimmte

grammatische Kategorien in manchen Sprachen vorhanden sind, in anderen aber fehlen. Ein

scheinbar offensichtlicher Fall ist das Vorhandensein oder Fehlen des Artikels in den

Sprachen der Welt. Guillaume hat sich mit diesem Thema in seinem Buch „Le problème de

l’article et sa solution dans la langue française“ (1919/1975) auseinandergesetzt. Eine Lösung

lässt sich finden, wenn man einen kategorienübergreifenden Ansatz wählt. Interessanterweise

entsteht beim Verlust von Aspekt nicht immer wieder Aspekt, sondern stattdessen die

nominale Kategorie des Artikels (vgl. Leiss 2000). Dieses Phänomen hat Guillaume in „Zeit

und Verb“ zwar nicht prognostiziert, aber denkbar gemacht, denn Aspekt ist für ihn als

Grundbaustein nicht nur in verbalen, sondern auch in nominalen sprachlichen Einheiten

vorhanden. Aspekt stellt eine frühe Phase von Chronogenese dar. Wird der Prozess der

Chronogenese in der Anfangsphase abgebrochen, so entstehen nicht finite Verben, sondern

Partizipien oder auch quasinominale Formen wie der Infinitiv. Bei der Erneuerung der

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Funktionen von Aspekt entsteht somit nicht immer die verbale Kategorie des Aspekts. Es

kann auch ein nominales Korrelat dazu sein (und hier vor allem der Artikel).

Aspekt ist bei Guillaume, wie gesagt, mit einer frühen Phase der Herstellung von

Zeitbildern verknüpft, Tempus mit einer späteren Phase. Die verschiedenen sprachlichen

Formen wie Partizipien, die zwar aspektuelle Qualität haben (das Partizip I im Deutschen ist

imperfektiv, während das Partizip II perfektiv ist), aber kein Tempus zum Ausdruck bringen,

zeugen für Guillaume von einem abgebrochenen Prozess der Chronogenese. Aus diesem

Grund hält er die Bezeichnungen „Partizip Präsens“ oder „Partizip Perfekt / Präteritum“ für

verfehlt, da Temporalität im strengen Sinn noch nicht involviert ist, sondern lediglich

Aspektualität. Das Forschungsprogramm zur Untersuchung von grammatischen Kategorien

umfasst daher bei Guillaume auch die Untersuchung von koverten Kodierungen einer

Kategorie. Meist handelt es sich dabei um noch nicht erkannte Kodierungen einer Kategorie.

Es gibt aber auch Kodierungen von Kategorien ohne materiale Realisierung. So verfügen

einige Sprachen nur über die Kategorie des Aspekts (vgl. die umfassende sprachtypologische

Untersuchung von Bybee 1985); in solchen Fällen übernimmt Aspekt zusätzlich die

Funktionen von Tempus und Modus. Wie ist das möglich? Die verschiedenen Funktionen

werden durch den jeweiligen Skopus („Reichweite“) von Aspekt im Satz kodiert. Aspekt tritt

als solcher in Erscheinung, wenn er nur den Verbalkomplex umfasst. Wird auch das Subjekt

der Proposition umfasst, entsteht eine temporale Lesart der aspektuellen Form. Steht die

gesamte Proposition im Skopus, dann entsteht eine modale Lesart. Meines Wissens wurde

dieser Zusammenhang bislang kaum zur Kenntnis genommen, aber er ist ein schönes Beispiel

für die Kovertheit scheinbar nicht vorhandener Funktionen. Es gibt „unsichtbare“,

nichtmorphologische Mittel der Kodierung wie Skopus und Wortstellung und vermutlich

weitere, noch nicht erkannte Mittel, die auf ökonomische Weise grammatische Kategorien

aufbauen können. Dass dies so konsequent möglich ist, zeigt wiederum die nahe

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Verwandtschaft von Aspekt, Tempus und Modus. Es reicht die Kodierung eines einzigen

zusätzlichen Merkmals durch eine andere Kodierungstechnik, um eine „neue“ Kategorie

innerhalb eines kategorialen Komplexes wie ATM herzustellen.

Die Realisierung von Aspekt – sowohl im nominalen als auch im verbalen Bereich –

war in der modistischen Universalgrammatik sehr gut beschrieben und erklärt. Sie stellt sogar

einen zentralen Punkt bei der Wortartendiskussion dar und fehlt in keiner modistischen

Universalgrammatik. Dabei steht das Phänomen des Wortartwechsels im Fokus der

Argumentation. Wortartwechsel bedingt vielfach Aspektwechsel bzw. Umkodierungen von

nominaler und verbaler Quantifikation – ein Phänomen, das von Verfechtern der

Degrammatikalisierungsthese bis heute nicht begriffen wird. Guillaume dagegen nähert sich

hier dem Diskussionsstand bei den Modisten.

Der Terminus ‚Modismus‘ bezieht sich auf die These, dass die Grammatik sogenannte

modi significandi bereitstellt. Damit sind alternative Arten und Weisen der Darstellung eines

Sachverhalts gemeint. Man kann ein Verbalereignis entweder als perfektiv oder imperfektiv

darstellen. Und man kann etwas, auf das referiert wird, entweder als unteilbaren und

zählbaren Gegenstand (Massennomen wie das Kristall) oder als zählbaren Gegenstand

modellieren (der Kristall). Es handelt sich jeweils um unterschiedliche Perspektivierungen,

die nichts mit der Realität selbst zu tun haben, sondern mit dem Standort des Sprechers.

Perspektivierungen sind somit nach Auffassung der modistischen Grammatiktheorie nicht in

der Welt vorfindbar, sondern Teil der Betrachtung. Beschreibbar und formalisierbar sind diese

Perspektivierungstechniken mit Hilfe der Merkmale der Teilbarkeit / Nichtteilbarkeit und der

Merkmale der Additivität / Nonadditivität, wie sie von den Modisten aus dem fünften Buch

der Metaphysik von Aristoteles übernommen und für die von ihnen entwickelte Grammatik-

theorie genutzt wurden. Dadurch konnten sowohl nominaler wie verbaler Aspekt als nominale

und verbale Quantifikation formalisiert werden. An der Universität Paris wurde dies im 13.

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und 14. Jahrhundert auf hohem Reflexionsniveau gelehrt; bei Guillaume finden sich

Bruchstücke dieser verlorenen Tradition. Es handelt sich um die intellektuell anregendsten

Teile seiner Sprachtheorie.

Die Modisten werden axiomatisch dem Realismus zugeordnet. Ihre Modellierung von

Grammatik als einer Technik der Perspektivierung, die gerade nicht Realität abbildet, sondern

die Perspektive, von der aus die Realität betrachtet wird, macht deutlich, dass wir es hier nicht

mit einer naiven Abbildtheorie zu tun haben, sondern mit einem Realismus auf höchstem

Reflexionsniveau. Ausprägungen des Realismus in der späteren cartesianischen Denkumwelt

können damit nicht verglichen werden. Es handelt sich um eine Art Gewächs, dem die

Denkgrundlagen entzogen sind und das auf anderem axiomatischen, nämlich cartesianischem

Nährboden, wo Sprache nur Ausdrucksfunktion hat und nicht eine komplexe Technik der

Perspektivierung und Bewältigung der Wahrnehmung von Welt ist, nicht wurzeln, sondern

nur verkümmern oder absterben kann. Das erklärt auch die umstrittene Einordnung von

Guillaume. Es dürften die nichtcartesianischen Anteile seiner Sprachtheorie sein, die den

Vorwurf des Sektierertums provoziert haben, zugleich jedoch sind dies die

richtungsweisenden Komponenten.

Im Wesentlichen modistisch ist bei Guillaume der Gedanke, dass die grammatischen

Kategorien unterschiedlich komplex sind. Das heißt konkret, dass sie sich quantitativ durch

die Anzahl von differenzierenden Merkmalen unterscheiden. Durch die Subtraktion eines

Merkmals von der Kategorie Tempus entsteht beispielsweise die Kategorie Aspekt. Durch die

Addition eines Merkmals zur Kategorie Tempus entsteht die Kategorie Modus. Das

Basismerkmal, das alle diese Merkmale vereint, ist das der Distanz, also ein räumliches

Merkmal (vgl. Andersson 1989, der diesen gemeinsamen Nenner als erster explizit

hervorgehoben hat).

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Dass Tempus auf konkreten räumlichen Vorstellungen basiert, ist ein Grundthema von

Guillaume. Diese Annahme ist durch die Grammatikalisierungsforschung umfassend bestätigt

worden, zum Beispiel durch die Untersuchung von räumlichen, temporalen und modalen

Präpositionen: vor dem Haus (räumlich), vor der Vorlesung (temporal), vor Angst (modal),

die im übereinzelsprachlichen Maßstab immer zunächst die räumliche und erst dann die

temporale und modale Bedeutung entwickeln. Das Merkmal der räumlichen Distanz wird

sozusagen in mehreren Stufen re-interpretiert und dabei mit einem je zusätzlichen Merkmal

versehen. Bei Aspekt (Innen- vs. Außenperspektive, wodurch das Merkmal der Begrenztheit /

Nichtbegrenztheit einer Handlung impliziert wird) besteht eine Distanz zwischen dem

Sprecher und dem Gegenstand. Durch die Wahl zwischen zwei verschiedenen Aspekten

(perfektiv / imperfektiv) kommt es dazu, dass der Sprecher sich aufspaltet in Sprecher und

Betrachter. Mit anderen Worten, die grammatische Kategorie ermöglicht es dem Sprecher,

zwei unterschiedliche Perspektiven auf den Gegenstand zu wählen, unabhängig von seinem

realen Standort. Diese Aufspaltung des Sprechers in zwei Personen (Sprecher und Betrachter)

wird auch als double displacement bzw. doppelte Versetzung bezeichnet. Sie ist

charakteristisch für menschliche Kognition und wird durch die Kategorien des ATM-

Komplexes, also durch sprachliche Techniken geleistet.

Doppelte Versetzung liegt auch bei Tempus vor. Hier wird der Sprecher ebenfalls in

Sprecher und Betrachter aufgespalten. Während sich der Sprecher durch die Kategorie Aspekt

vom HIER des Verbalereignisses distanzieren kann, indem er als Betrachter in der Lage ist,

eine Außenperspektive einzunehmen, distanziert er sich mit Hilfe der Kategorie Tempus vom

JETZT der Verbalereignisse und verlegt den Betrachterstandpunkt außerhalb der Gegenwart, in

die Vergangenheit oder Zukunft. Bei Modus (zum Beispiel dem Irrealis in seinen

verschiedenen einzelsprachlichen Ausprägungen als Konjunktiv oder Subjonctif etc.) wird

wieder eine spezifische Form von Distanz modelliert. Diesmal distanziert sich der Sprecher

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nicht vom HIER und JETZT des Verbalereignisses, sondern von sich selbst, dass heißt vom ICH,

da es sich für den Realitätsgehalt der in der Proposition kodierten Inhalte nicht verbürgt und

damit von ihnen distanziert. Was durch die humanspezifischen grammatischen Kategorien

wie Aspekt, Tempus und Modus somit geleistet wird, ist die Auflösung von natürlichen

Präsuppositionen über die Lokalisation des Sprechers (seine „Origo“ im Sinne von Karl

Bühler, vgl. auch Abraham 2012). Fehlen grammatische Markierungen (liegen also

sogenannte Nullmarkierungen vor), nimmt der Hörer an, dass der Sprecher über ein Ereignis

oder einen Gegenstand spricht, der sich gegenwärtig am Ort befindet und real ist (genauer in

Leiss 1994). Diese Präsuppositionen teilen die Menschen, was das Zeigen auf einen

Gegenstand betrifft, mit den höheren Säugetieren. Wenn ein Hund mit einer Leine im Maul

vor uns erscheint, dann lenkt er die Aufmerksamkeit darauf, dass er HIER und JETZT und zwar

wirklich (REAL) ausgeführt werden will. Die grammatischen Kategorien wie Aspekt, Tempus

und Modus steuern ebenfalls die Aufmerksamkeit des Kommunikationspartners, aber eben

auch auf abwesende, nichtgegenwärtige und nichtreale Kontexte. Die natürliche Origo wird

dabei interessanterweise nicht markiert, das heißt nicht durch formale Mittel versprachlicht.

So weisen das Präsens und der Indikativ im übereinzelsprachlichen Maßstab keine Endungen

auf. Sie sind damit unmarkiert. Dem Menschen gelingt mit grammatischen Markierungen,

was Tieren mit ihrem Kommunikationsapparat nicht möglich ist, selbst Bienen nicht (vgl.

Brandt 2009): der Ausbruch aus der natürlichen Origo. Neben Aspekt, Tempus und Modus

leisten das im Deutschen die noch weit komplexer gebauten epistemischen Modalverben und

die Modalpartikeln, die beide nicht zum Bereich Modus, sondern zum Bereich der Modalität

gehören. Mit dem Erwerb dieser komplexesten Kategorien des ATM-Komplexes (eigentlich

ATMM-Komplexes, wenn man Modalität hinzunimmt, vgl. Leiss 2012), die erst im 9.

Lebensjahr erworben wird, ist das Zeitfenster für den Erwerb von Sprache geschlossen. Was

bis dahin an Grammatik nicht erworben wurde, kann nicht mehr erworben werden. Interessant

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wäre die Beantwortung der Frage, welche grammatische Kategorie wir dazugewinnen

könnten, würde sich das Zeitfenster für Spracherwerb nicht schließen. Bezeichnenderweise

haben wir keine Vorstellung davon, welche Kategorie das sein könnte.

Die grammatischen ATMM-Kategorien befreien uns von der Beschränkung auf die

natürliche Origo. Sie befreien uns aus dem Gefängnis der Gegenwart und der unmittelbaren

Realität. Guillaume beschreibt und erklärt in „Zeit und Verb“ die Systeme, die in den

verschiedenen Einzelsprachen entwickelt werden, um diesen Ausbruch aus der unmittelbaren

Gegenwart zu ermöglichen. Vertieft man sich in die verschiedenen Tempussysteme, die

Guillaume skizziert, fällt auf, wie viel Raum die Erklärung des Tempus Präsens einnimmt.

Warum ist das Präsens so interessant, wenn die sprachliche Technik der Erzeugung von

Zeitbildern doch die Überwindung der Beschränkung auf die Gegenwart zum Ziel hat? Bei

der Lektüre von „Zeit und Verb“ wird bald deutlich, dass die Gegenwart von Lebewesen ohne

Sprache nicht mit der Gegenwart in einem sprachlich konstituierten Tempussystem

vergleichbar ist. Das Präsens ist in systematischer Opposition zu den weiteren Tempora

modelliert. Mit anderen Worten, mit der Entwicklung und dem Erwerb der grammatischen

Kategorie Tempus ist die Gegenwart nicht mehr das, was sie vorher war. Sie ist, wenngleich

immer noch merkmallos kodiert, das, was die anderen merkmalhaft kodierten Tempora nicht

sind. Das zeigt sich auch sehr deutlich im kindlichen Spracherwerb, zu dessen wesentlichen

Meilensteinen der Erwerb finiter Verben zählt. Finitheit wird sehr häufig mit dem Erwerb von

Temporalität gleichgesetzt. Das ist im Großen und Ganzen richtig und trifft auf die von

Guillaume in „Zeit und Verb“ beschriebenen Sprachen zu. Bezieht man aber auch Sprachen

mit tempuslosen Verben wie das Japanische mit ein, so lässt sich Finitheit besser als

Kodierung eines raumzeitlichen Koordinatensystems definieren, das ausdrucksseitig auch mit

anderen grammatischen Mitteln kodiert werden kann.

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Mit dem Erwerb von Finitheit, der etwa Ende des 4. Lebensjahres abgeschlossen ist,

können sich Kinder beispielsweise zum ersten Mal an Erlebtes erinnern. Sie bauen eine

spezifische Form des Langzeitgedächtnisses auf, das sogenannte episodische Gedächtnis (vgl.

Tulvings Überblicksdarstellung von 2005). Beim Abbau des episodischen Gedächtnisses, wie

es für die Alzheimersche Krankheit charakteristisch ist (zusammenfassend dazu Leiss 2011),

fallen die Betroffenen in die unmittelbare Gegenwart (und nicht in ein Präsens) zurück. Nichts

kann vielleicht unser Angewiesensein auf den sprachlichen Kategorienapparat im

Allgemeinen und auf die Kategorie Tempus bzw. Finitheit im Besonderen so drastisch

verdeutlichen wie diese Krankheit.

In diesem Zusammenhang stellt sich aktuell folgende Frage: Wenn es die sprachliche

Generierung von Zeitvorstellungen ist, die uns den Ausbruch aus der unmittelbaren

Gegenwart ermöglicht, warum nimmt das Präsens in den Romanen aktuell immer mehr zu?

Es handelt sich um ein Phänomen, das vor einigen Jahrzehnten vereinzelt aufgetreten ist, das

sich aber jetzt zu einem charakteristischen Kennzeichnen aktueller Romanschreibung

entwickelt hat. Handelt es sich um eine grammatische und kognitive Regression? Und

wodurch wäre diese bedingt? Durch eine Mediendynamik der Sprache zwischen Oralität und

Literalität? Zunächst können wir nach dem bisher Gesagten festhalten, dass die These einer

Regression zu weit führt, da ja unmittelbare Gegenwart und das grammatische Präsens nicht

gleichgesetzt werden können. Dennoch ist die Frage, warum für die Herstellung von in der

Vergangenheit, zum Teil auch von in der Zukunft lokalisierten Fiktionen immer mehr das

Präsens und immer weniger das Präteritum als Erzähltempus verwendet wird, eine der

drängendsten. Einen Versuch zur Beantwortung dieser Frage haben von

literaturwissenschaftlicher Seite soeben Armen Avanessian und Anke Hennig mit ihrem Buch

„Präsens – Poetik eines Tempus“ vorgelegt, das, ebenfalls ausgehend von Guillaumes

Tempustheorie, eines der spannendsten Themen der aktuellen Narrativitätsforschung in

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Angriff nimmt.3 Doch handelt es sich überhaupt um ein narratives Präsens? Oder wird

langfristig mit dem Medienwechsel Narrativität als Technik vollständig umformatiert, um

zunehmend episodische Charakteristika anzunehmen? Was macht der Medienwechsel mit

unserer Sprache? Ich denke, dass wir erst am Anfang stehen, was die Beantwortung solcher

Fragen betrifft.

Suzanne Fleischman (1982) war die erste Sprachwissenschaftlerin, die Präsens-

vorkommen in Erzähltexten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit einem

Medienwechsel in Verbindung brachte. Ihr Ausgangspunkt waren die Präsensvorkommen in

altfranzösischen Texten. Man findet sie in vielen älteren Texten, zum Beispiel im

Altisländischen und Altlateinischen. Das Wiederauftreten eines narrativen Präsens in

modernen Erzähltexten brachte Fleischman mit dem Phänomen einer Reoralisierung der

Gesellschaft durch die modernen Medien in Verbindung. Dieser Vorschlag war der erste

ernstzunehmende Versuch, das Zunehmen des narrativen Präsens zu erklären, weist allerdings

viele Probleme auf. Zunächst gibt es die älteren Präsensvorkommen zwar in dominant

mündlichen Kulturen, aber eben nicht in allen, beispielsweise nicht im Alt- und

Mittelhochdeutschen.

Vieles spricht dagegen, dass die Präsensvorkommen in Sprachen wie dem

Altfranzösischen oder dem Altisländischen mit einem Dominieren von Oralität erklärt werden

können. Dagegen spricht, dass das Präsens in ein und demselben Satz mit anderen Tempora

wechselt (ähnlich wie das passé simple und das imparfait in französischen Erzähltexten) und

dass diese Präsensvorkommen eine Art aspektuellen passé simple-Effekt aufweisen, also

Vordergrundierung von Verbalereignissen bewirken. Diesen Effekt können sie haben, weil sie

3 Aus sprachwissenschaftlicher Sicht wurde die Thematik von Benjamin Meisnitzer in seiner Dissertation „Das

Präsens als Erzähltempus in fiktionalen narrativen Texten im Spannungsfeld von Aspektualität und

Temporalität“ (2012) bearbeitet. Die Publikation ist in Vorbereitung.

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nur mit perfektiven Verben konstruiert werden (vgl. Leiss 2000). Nun weiß man inzwischen,

dass perfektive Verben in vielen Sprachen genutzt werden, um einen nichtpräsentischen

Zeitbezug herzustellen. So gibt es aus sprachtypologischer Sicht (Ultan 1978) sogenannte

prospektive Sprachen wie das Russische, das perfektive Präsensformen zur Herstellung

zukünftigen Zeitbezugs nutzt, und es gibt retrospektive Sprachen wie das Altisländische oder

die meisten indigenen Sprachen Nordamerikas, die perfektive Präsensformen zur Herstellung

von vergangenem Zeitbezug nutzen. In Guillaumes Terminologie könnte man von zwei

unterschiedlichen Architektoniken zum Aufbau von Tempussystemen sprechen, wobei der

Systemstelle Aspekt eine zentrale Bedeutung zukommt. Sie entspricht einem Parameter, der

unterschiedlich gesetzt werden kann.

Zur Erklärung des narrativen Präsens spielt im Zusammenhang mit Medienwechsel

wohl mehr die Unterscheidung zwischen Tempusverwendung im dialogischen Diskursmodus

einerseits und im narrativem Diskursmodus andererseits eine Rolle. Zeman (2010)4 hat

gezeigt, dass sich die Tempussystematik in dialogischen Textpassagen grundlegend von

solchen in narrativen Passagen unterscheidet. Mit der Zunahme der Literalisierung durch den

Buchdruck hat man interessanterweise wiederholt vom Verfall der Kunst des Dialogs

gesprochen. Durch die technischen Medien des 20. Jahrhunderts gewinnen nun aber gerade

dialogische Elemente einen neuen Einfluss und werden zunehmend kultiviert. Man kann

durchaus soweit gehen und sagen, dass sogar im Film Narrativität zunehmend durch

Dialogizität ersetzt wird.

Der durchschnittliche Film, wie er in Massen rezipiert wird, enthält im Grunde keine

narrativen Komponenten mehr. Da in dialogischen Texten (damit sind sowohl geschriebene

4 Ich möchte mich an dieser Stelle bei Sonja Zeman für die Durchsicht dieses Vorworts bedanken sowie für ihre

wertvollen Hinweise zu präziseren Formulierungen zum Bereich Narrativität und Dialogizität in Filmen. Ich

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als auch gesprochene Dialoge gemeint) das Präsens dominiert, liegt es nahe, folgende These

zu formulieren: Da der der Dialog zu einer neuen Dominante avanciert ist und da

Nichtleitmedien dominante Elemente imitieren, lässt sich die Zunahme des Präsens in

Romanen bzw. aktuellen Erzähltexten als Übernahme von Dialogizitätsmerkmalen erklären.

Einen vergleichbaren Prozess der Übernahme von Merkmalen des Leitmediums gab es bereits

einmal, nämlich bei der Entstehung von Schriftlichkeit als Leitmedium, das seinen Höhepunkt

vom 17. bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte: „Er spricht wie gedruckt“ war bis vor

ca. 30 Jahren anerkennend gemeint.

Die mündliche Sprache imitierte lange den Satzbau und andere Merkmale von

geschriebener Sprache, was mittlerweile aber als stilistisch antiquiert eingeordnet wird. Gut

bringt das eine Bemerkung in der Süddeutschen Zeitung über die Sprache des

Sportschaureporters Delling vom 31. Dezember 2012 zum Ausdruck: „Delling häkelt

Schachtelsätze, als wäre Thomas Mann nie von uns gegangen.“ Inzwischen nehmen in

aktueller Erzählliteratur nicht nur Dialogizitätsmerkmale zu, diese Texte enthalten auch mehr

Dialoge als je zuvor und damit die tempusspezifischen Merkmale von Dialogizität. Ein gutes

Beispiel für die zunehmende Leitfunktion von Dialogizität ist der 2012 erschienene Roman

„Heimlich, heimlich mich vergiss“ von Angelika Maier.

Veränderte mediale Konstellationen konnten in der Universalgrammatik der Modisten

und auch bei Guillaume noch nicht wahrgenommen und verdiskontiert werden. Mittlerweile

hat man aber zu verrechnen, dass Medienwandel zu anderen Tempussystematiken führen

kann, ohne dass die universale und humanspezifische Technik, solche Systematiken zu

entwerfen, davon tangiert sein muss. Ob das elektronische Zeitalter zu Reoralisierung geführt

hat, lässt sich noch nicht abschließend beantworten. Sicher ist, dass diese erneute

konnte sie hier nicht vollständig berücksichtigen, da meine Darstellung hier weit grobkörniger ist als der

Auflösungsgrad von Zemans Differenzierungen.

17

Dominantsetzung oraler Medien (sekundäre Oralität) anders ausfällt, da sich das gesamte

mediale System seither geändert und diversifiziert hat. Mit anderen Worten, sekundäre

Oralität ist strukturell anders aufgebaut als primäre Oralität.

Auffallend ist aber auch, dass sich gegenwärtig im Bereich der Philosophie der jüngsten

Generation neue Tendenzen eines Spekulativen Realismus entwickeln, die zumindest auf

Grund der gewählten Terminologie Parallelen zur Spekulativen Philosophie des späten

Mittelalters vermuten lassen. Es scheint also eine Schnittmenge zwischen primärer Oralität

und sekundärer Oralisierung durch die elektronischen Medien zu geben, die zu einer neuen

Modellierung unseres Verhältnisses zur Welt sowie der Relationen zwischen Sprache, Denken

und Wirklichkeit führt. In diesem Zusammenhang fällt der sogenannte speculative turn in der

Philosophie auf. Es stellt sich die Frage, ob hier eine ähnliche Annäherung an die Philosophie

und Grammatiktheorie der Spekulativen Philosophie der Modisten stattfindet, wie wir sie

bereits bei Guillaume vorweggenommen finden, wenn auch mit einer Art Mischaxiomatik.

Der speculative turn wird von einer Gruppe von jungen Philosophen reklamiert, die sich

dem Spekulativen Realismus zuordnen. Bevor man sie mit der Spekulativen Philosophie der

Scholastik vergleicht, muss man wissen, wie der Terminus ‚spekulativ‘ in beiden

philosophischen Richtungen jeweils gebraucht wird. Ursprünglich leitet sich das Adjektiv

speculativus vom Substantiv speculum (‚Spiegel‘) ab. Der Spekulative Realismus der

Modisten meint eine Widerspiegelungstheorie, allerdings keine naive

Widerspiegelungstheorie, sondern eine Theorie, die sehr genau zwischen gespiegelten und

nichtgespiegelten Merkmalen unterscheidet. Sprache wird dabei als ein Filter definiert, der

Merkmale der Realität durchlässt und zwar in variabler Weise, wodurch sich eine komplexe

Architektonik des Lexikons mit hyperonymischen und hyponymischen Relationen ergibt.

Diese werden wieder über eine Logik der Teil-Ganzes-Relationen formal erfasst.

18

Auch der spekulative Realismus der aktuellen „spekulativen Wende“ distanziert sich

vom naiven Realismus (Bryant / Srnicek / Harman 2011a:7), wobei die verschiedenen

Beiträge zum spekulativen Realismus sehr heterogen sind. Es bleibt unklar, was mit

„spekulativ“ eigentlich gemeint ist; auch der Status von Sprache wird nicht klar definiert, da

er weitgehend ausgeblendet bleibt. Und die wiederholte gleichzeitige Nennung von Realismus

und Materialismus macht den Vergleich mit dem Realismus der Modisten auch nicht leichter.

Man kann das Ganze als eine Art von Aufbruchsbewegung wilder Denker charakterisieren,

die in alle Richtungen spekulieren wollen (im umgangssprachlichen Sinn von ‚spekulativ‘),

um sich freizudenken von idealistischer Philosophie.5 Man will eine objektorientierte

Ontologie entwerfen und „zurück zu den Dingen“, von denen behauptet wird, dass sie auch

ohne den Menschen existieren, wie schon der Titel Democracy of objects des Buchs von Levi

R. Bryant nahelegt. Man will nicht mehr Textkritik betreiben, sondern weg von den Texten

hin zur Ontologie, was eigentlich keinen Gegensatz darstellen muss, aber immerhin andeutet,

dass die Kommentierung schriftlicher Texte sowie Schriftlichkeit allgemein abgewertet wird

oder zumindest in den Hintergrund rückt. Dabei bleibt opak, wie dieser nichtnaive Realismus

modelliert werden soll. Anders als beim Realismus der Spekulativen Philosophie der

Modisten wird die Funktion von Sprache in Bezug auf die Abbildung von Welt kaum

beachtet.

Der Grund dürfte darin liegen, dass sich der Spekulative Realismus der Gegenwart vor

allem von der cartesianischen Aufklärungsphilosophie und von Kants Idealismus und

Konstruktivismus distanzieren will. Dort spielt Sprache eine untergeordnete Rolle und kann

5 Deutlich ausgedrückt von Alain Badiou: „The rupture with the idealistic tradition in the field of philosophical

study is of great necessitiy today“ (Interview in Bryant / Srnicek / Harman 2011:19). Diese „Rupturen“ fallen

sehr unterschiedlich aus und umfassen auch nihilistische Ansätze, wie den von Ray Brassier (2007). Einzige

Gemeinsamkeit all der Autoren, die sich dem sogenannten Spekulativen Realismus zuordnen, ist die

Opposition zum Rationalismus der Aufklärung.

19

daher bei ersten Distanzierungsentwürfen nicht sofort als relevanter Punkt erfasst werden.

Angriffsgegenstand ist naheliegenderweise die absolut gesetzte Vernunft des Individuums

(„the self-inclosed Cartesian subject“, so Bryant / Srnicek / Harman 2011a:3). Der speculative

turn ersetze den linguistic turn, so die These. Nun war die linguistische Wende, die von

Richard Rorty ausgerufen worden war, ja keine Zuwendung zur Sprache, sondern vielmehr

mit einer radikalen Abwertung von Sprache verbunden, bis ihr schließlich abgesprochen

wurde, irgendetwas zu repräsentieren, schon gar nicht Welt, und unsere Gedanken in radikaler

Zuspitzung letztendlich auch nicht (vgl. Leiss 2009/2012). Die Spekulative Wende grenzt sich

vor allem vom anti-repräsentationalistischen Programm Richard Rortys ab, das in letzter

Konsequenz nicht nur dazu geführt hat, dass Rorty von der Philosophie in die

Literaturwissenschaft gewechselt ist, sondern auch dazu, dass die Philosophie mittlerweile in

den USA zunehmend den literaturwissenschaftlichen Departments zugeordnet wird. In dieser

Hinsicht ist der Spekulative Realismus ein wichtiger Aufbruch, wobei gegenwärtig klarer ist,

wovon er wegführen soll, als dass sich bereits angeben ließe, wohin er führt.

Gibt es eine Verbindung zum Spekulativen Realismus des Mittelalters? Mit Sicherheit

kann man sagen, dass deren Arbeiten vom aktuellen „Spekulativen Realismus“ nicht rezipiert

werden und praktisch unbekannt sind.6 Auch die Axiomatik des Spekulativen Realismus der

6 Bryant / Srnicek / Harman (2011b:1) schreiben enthusiastisch: „In our profession, there has never been a better

time to be young“, was allerdings auch den Umfang der rezipierten Texte, die für diesen vielversprechenden

neuen philosophischen Aufbruch relevant sein dürften, noch deutlich begrenzt. Die Begeisterung der Autoren

für die Demokratisierung der Diskussionsmöglichkeiten in der „Blogosphäre“ des Internets, wo auch

Studierende und Doktoranden gleichberechtigt mitdiskutieren können, ist verständlich. Denn letztendlich

zählt das beste Argument und nicht der Status des Argumentierenden. Doch wer wird künftig das beste

Argument evaluieren können? Dem Spekulativen Realismus der Modisten am nächsten dürfte noch Levi R.

Bryant kommen, der seinem Buch von 2011 ein Zitat von Samuel Alexander voranstellt, ein Philosoph des

Realismus in Manchester, der die Philosophie von Peirce rezipiert hat, der wiederum die Modisten

ausgewertet hat. Wittgenstein hat die Vorlesungen von Samuel Alexander in Manchester gehört und war von

ihm nach meiner Einschätzung zum Realismus des Tractatus logico-philosophicus inspiriert worden.

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Modisten ist so gut wie unbekannt, trotz der terminologischen Nähe in den Selbst-

etikettierungen. Und doch gibt es ein Bindeglied. Dieses ist ganz unerwartet der Außenseiter

Gustave Guillaume. Dessen Sprachtheorie mit Teilkomponenten der Mereologie der

spekulativen Universalgrammatik der Modisten wurde von Gilles Deleuze rezipiert. Deleuze

ist nun aber der Philosoph, auf den sich viele, die sich aktuell als Spekulative Realisten

bezeichnen, mehr oder weniger explizit beziehen. Guillaume ist in diesem Zusammenhang

auch relevant, da der Relation zwischen versprachlichtem Tempus und Zeit ein zentraler

Stellenwert für den Ausbau der Theorie zugewiesen wird: „Temporality is another important

issue for the new materialism and realism, as yet not fully developed“ (Bryant / Srnicek /

Harman 2011b:17).

Zeit ist innerhalb einer realistisch konzipierten Theorie ein wichtiger Gegenstand, da

Physiker ihr keinen ontologischen Status zuweisen, wir sie aber dennoch als real erleben. In

dieser Hinsicht war Guillaume richtungsweisend, der die Abgeleitetheit zeitlicher Konzepte

von räumlichen Konzepten und damit die Abgeleitetheit der Tempuskategorien von

aspektuellen Kategorien untersucht hat. Es handelt sich bei Zeit / Tempus um eine

konzeptuelle Metapher (vgl. Evans 2004, der diesen Bereich aus linguistischer Sicht

umfangreich behandelt). Zeit ist nicht in der Realität enthalten; sie ist standortabhängig und

bildet die Perspektive des Betrachters auf die Welt und nicht die Welt selbst ab. Ein

nichtnaiver Realismus muss diese zwei sprachlichen Techniken – Abbildung von Teilen der

Welt versus Perspektive, die nicht Teil der Realität ist – konsequent trennen. Dass Zeit keinen

Realitätsstatus haben soll, ist auf jeden Fall kontraintuitiv, aber in der Physik wenig

kontrovers. Wenn Tempora „überhaupt erst ein Verständnis von Zeit [schaffen]“ (Avanessian

/ Hennig 2012:262), dann muss bei jeder realistisch orientierten Philosophie der Stellenwert

von Sprache bei der Modellierung des Verhältnisses von Kognition und Sprache ins Zentrum

der Diskussion rücken. Im Spekulativen Realismus der Modisten war das der Fall: Sprache

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wurde als Instrument definiert, das die infinite Realität in finite mentale Repräsentation

überführt. Bei Guillaume finden sich Ansätze für eine solche Modellierung.

Es gibt also viele gute Gründe, Gustave Guillaumes „Zeit und Verb“ zu rezipieren.

Auffallend ist, dass alle wichtigen Denkanstöße zu einem Spekulativen Realismus, auch die

aktuellen, von Frankreich, genauer von Paris ausgegangen sind. Dort wurden die Grundlagen

für einen nichtnaiven Realismus im 13. Jahrhundert gelegt. Untersucht man die Wurzeln

genauer, dann sind es die griechische und arabisch-islamische Philosophie und Wissenschaft,

die an der Universität Paris im 13. und 14. Jahrhundert rezipiert und kommentiert wurden,

nachdem die Texte lange nicht zugänglich, da nicht ins Lateinische übersetzt waren.

Übersetzungen waren und sind für die Tradierung von Wissen unersetzlich. So ist der

überwiegende Teil der hochkomplexen Sprachtheorie der Modisten seit dem Wechsel vom

Lateinischen als Wissenschaftssprache zu den „Volkssprachen“ als Wissenschaftssprachen

der Rezeption entzogen. Der lateinische Wissensbestand, der nicht in moderne

Nationalsprachen übersetzt wurde, kann heute als weitgehend verloren gelten. Das betrifft

beispielsweise die Mehrzahl der Texte der Spekulativen Philosophie des Mittelalters, die als

Manuskripte in Bibliotheken lagern und damit weder die „Gutenberg-Galaxis“ des

Buchdrucks durchquert haben noch übersetzt wurden. Editionen bleiben in der Regel

einsprachig und Spezialisten vorbehalten.

Vergleichbare Entwicklungen beobachten wir heute im Zuge der Globalisierung und der

Ausbreitung des Englischen als Wissenschaftssprache. Mittlerweile werden selbst

französische Texte nur noch dann rezipiert, wenn sie übersetzt sind. Aus diesem Grund ist die

Übersetzung von Gustave Guillaumes Werk „Temps et verbe“, das nicht nur in der Linguistik,

sondern auch in der Philosophie der französischsprachigen Welt einflussreiche Spuren

hinterlassen hat, ein wichtiger Schritt zur Rettung von Texten, die sonst im Zuge einer

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erneuten medialen Revolution für immer verloren gehen könnten, die wir aber zum

Verständnis der medialen Umbrüche brauchen.

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Elisabeth Leiss (LMU München)