Die Geburt des Mose. Die Mose-Figur als Gegenentwurf zur neuassyrischen Königsideologie, in: E....

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Die Geburt des Mose. Die Mose-Figur als Gegenentwurf zur neuassyrischen Königsideologie im 7. Jh. v. Chr. I. Forschungsgeschichtlicher Horizont Die historisch-kritische Bibelwissenschaft hat sich nach der Spätdatierung der mitt- leren Gesetze des Pentateuch durch Reuß, Graf und Kuenen schwer getan mit einer Antwort auf die Frage, wie Mose und das Gesetz zusammenfanden, wenn Ge- schichtserzählung und Gesetz auseinanderfallen 1 . J. Wellhausen hat das Problem in präziser Formulierung auf den Punkt gebracht: „Wie der Jehovist ursprünglich ein reines Geschichtsbuch, so war das Deute- ronomium, als es zuerst aufgefunden wurde, ein reines Gesetzbuch. Diese beiden Schriften, die geschichtliche und die gesetzliche, waren anfangs ganz unabhängig von einander; erst hinterdrein wurden sie verbunden, weil das neue Gesetz die Popularität des alten Volksbuches teilen und dasselbe zu- gleich mit seinem Geiste durchdringen sollte“ 2 . Initialzündung zur Verbindung von Gesetz und Geschichte und damit der Theorie mosaischer Vermittlung der Gesetzesoffenbarung war die Verbindung des „Urdeute- ronomiums“ (Dtn 12-26) mit dem Geschichtswerk des „Jehowisten“, die in der Rahmung des Deuteronomiums durch Dtn 1-4; 27 und Dtn 5-11; 28-30 auf den Be- griff gebracht wurde. Wellhausen erkannte damit weitsichtig die konstitutive Be- deutung des Deuteronomiums für die Formierung von Hexateuch und Pentateuch 3 , war doch die Priesterschrift von der mit dem Deuteronomium vollzogenen Verbin- dung von Gesetz und Geschichtserzählung abhängig: 1 Zur Geschichte der Moseforschung vgl. E. Osswald, Das Bild des Mose (ThA 18), 9ff.; R. Smend, Die Methoden der Moseforschung (BEvTh 100), 45-115; R.J. Thompson, Mose and the Law in a Century of Criticism since Graf (VT.S 19), sowie jüngst E. Zenger, Art. Mose (TRE XXIII), 330f.; Verf., Art. Mose (RGG 4 V), 1534-1538. 2 Vgl. J. Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels (Berlin 6 1905), 343. 3 Diese Einsicht der Forschung des letzten Jahrhunderts ist mit der Einbindung des Deuterono- miums in ein „Deuteronomistisches Geschichtswerk“ verlorengegangen. Die Folge war die Iso- lierung der Pentateuchforschung von der Deuteronomiumsforschung, wobei diese nach immer komplexeren dtr Fortschreibungen im Deuteronomium suchte und den Zusammenhang des Deuteronomiums mit dem Tetrateuch übersah, jene aber mit dem Deuteronomium ihre organi- sierende Mitte verlor; vgl. R. Achenbach/M. Arneth/E. Otto, Einleitung in die Literaturge- schichte der Hebräischen Bibel, Tübingen 2009 (im Druck).

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Die Geburt des Mose. Die Mose-Figur als Gegenentwurfzur neuassyrischen Königsideologie im 7. Jh. v. Chr.

I. Forschungsgeschichtlicher Horizont

Die historisch-kritische Bibelwissenschaft hat sich nach der Spätdatierung der mitt-leren Gesetze des Pentateuch durch Reuß, Graf und Kuenen schwer getan mit einerAntwort auf die Frage, wie Mose und das Gesetz zusammenfanden, wenn Ge-schichtserzählung und Gesetz auseinanderfallen1. J. Wellhausen hat das Problem inpräziser Formulierung auf den Punkt gebracht:

„Wie der Jehovist ursprünglich ein reines Geschichtsbuch, so war das Deute-ronomium, als es zuerst aufgefunden wurde, ein reines Gesetzbuch. Diesebeiden Schriften, die geschichtliche und die gesetzliche, waren anfangs ganzunabhängig von einander; erst hinterdrein wurden sie verbunden, weil dasneue Gesetz die Popularität des alten Volksbuches teilen und dasselbe zu-gleich mit seinem Geiste durchdringen sollte“2.

Initialzündung zur Verbindung von Gesetz und Geschichte und damit der Theoriemosaischer Vermittlung der Gesetzesoffenbarung war die Verbindung des „Urdeute-ronomiums“ (Dtn 12-26) mit dem Geschichtswerk des „Jehowisten“, die in derRahmung des Deuteronomiums durch Dtn 1-4; 27 und Dtn 5-11; 28-30 auf den Be-griff gebracht wurde. Wellhausen erkannte damit weitsichtig die konstitutive Be-deutung des Deuteronomiums für die Formierung von Hexateuch und Pentateuch3,war doch die Priesterschrift von der mit dem Deuteronomium vollzogenen Verbin-dung von Gesetz und Geschichtserzählung abhängig:

1 Zur Geschichte der Moseforschung vgl. E. Osswald, Das Bild des Mose (ThA 18), 9ff.; R.Smend, Die Methoden der Moseforschung (BEvTh 100), 45-115; R.J. Thompson, Mose and theLaw in a Century of Criticism since Graf (VT.S 19), sowie jüngst E. Zenger, Art. Mose (TREXXIII), 330f.; Verf., Art. Mose (RGG4 V), 1534-1538.

2 Vgl. J. Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels (Berlin 61905), 343.3 Diese Einsicht der Forschung des letzten Jahrhunderts ist mit der Einbindung des Deuterono-

miums in ein „Deuteronomistisches Geschichtswerk“ verlorengegangen. Die Folge war die Iso-lierung der Pentateuchforschung von der Deuteronomiumsforschung, wobei diese nach immerkomplexeren dtr Fortschreibungen im Deuteronomium suchte und den Zusammenhang desDeuteronomiums mit dem Tetrateuch übersah, jene aber mit dem Deuteronomium ihre organi-sierende Mitte verlor; vgl. R. Achenbach/M. Arneth/E. Otto, Einleitung in die Literaturge-schichte der Hebräischen Bibel, Tübingen 2009 (im Druck).

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„Durch diese Zusammenarbeitung des Deuteronomiums mit dem Jehovistenist nun zuerst die Verbindung von Erzählung und Gesetz entstanden; und nurweil dem Priesterkodex dieses Muster vorgelegen hat, erklärt es sich, daß er,obwol seine Absicht lediglich auf die Thora geht, doch gleich von vornhereindarauf angelegt ist auch die Geschichte von der Weltschöpfung an zu umfas-sen, als wenn die auch zur Thora gehörte. In der Natur der Sache liegt dieseArt der Darstellung der Thora in Form eines Geschichtsbuches ganz und garnicht, sie bringt im Gegenteil die größten Unzuträglichkeiten mit sich. Sieläßt sich nur auf die oben angegebene Weise begreifen, durch die Vermitt-lung eines vorausgegangenen literargeschichtlichen Processes“4.

Die Verbindung von Gesetz und Geschichtserzählung im Deuteronomium konntenach J. Wellhausens Meinung an die vordeuteronomische Einfügung des Dekalogsin die Sinaiperikope des Jehowisten anknüpfen5, die nicht Mose, sondern die Pro-pheten und deren Geist zur Voraussetzung habe. Wer aber war Mose, wenn nicht derGesetzgeber am Sinai? Bereits für W.M.L. de Wette war die Frage unbeantwortbar,da sich der historische Mose hinter dem „Mythos“6 der Erzählung des Pentateuchverberge und allenfalls noch in Ex 18 seine Spuren erkennbar werden. Hier gehealles natürlich zu, sei Mose ohne „Pfaffen- und Schamanenkünste“ zu Gast beimmidianitischen Priester Jethro7. Kann W.M.L. de Wette als einer der ersten Protago-nisten der „Midianiterhypothese“ bezeichnet werden, so macht sich J. Wellhausendiesen Ansatz zunutze, wenn er mit Ex 18 den historischen Mose in Kadesch vierzigJahre lang eine „Kadijustiz“ ausüben sieht8. Aus dieser Konkursmasse der Mosefor-schung galt es in den Jahren nach de Wette und Wellhausen zu retten, was noch zuretten war, und das war vor allem der ethische Dekalog in der Sinaiperikope (Ex 20),den so unterschiedliche Forscher wie H. Greßmann9 und P. Volz10 wieder auf denhistorischen Mose zurückführten, nachdem bereits 1893 O. Meisner11 den Dekalog

4 Vgl. J. Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels (Berlin 61905, 344; s. auch a.a.O.,363ff.). J. Wellhausen erkannte bereits, daß die Priesterschrift im Kern Gesetz und nicht Ge-schichtserzählung ist, diese vielmehr nur als ätiologisches Sprachspiel für das aaronidischeKultprogramm in der Sinaiperikope dient; vgl. Verf., Forschungen zur Priesterschrift (ThR 62),1-50.

5 Vgl. J. Wellhausen, Die Composition des Hexateuchs (Berlin 31899), 81ff.; ders., Prolegomenazur Geschichte Israels (Berlin 61905), 340ff.

6 Vgl. dazu R. Smend, Wilhelm Martin Leberecht de Wettes Arbeit am Alten und Neuen Testa-ment (Basel 1958), 49ff.

7 Vgl. dazu auch E. Osswald, Das Bild des Mose (ThA 18), 30ff.; R. Smend, Die Methoden derMoseforschung (BEvTh 100), 46ff.; J.W. Rogerson, W.M.L. de Wette (JSOT.S 126), 51ff.

8 Vgl. J. Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels (Berlin 61905), 341f.9 Vgl. Mose und seine Zeit (FRLANT 18), 473ff.

10 Vgl. Mose und sein Werk (Tübingen 21932), 23ff. H. Cazelles (Études sur le Code del’Alliance [Paris 1946], 169ff.) will darüber hinaus auch das „Bundesbuch“ auf Mose zurück-führen; s. dazu i.f.

11 Vgl. Der Dekalog (Diss. phil. Halle 1893), bes. 11.34.

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exilisch datiert hatte12. M. Buber13 schließlich konnte mit Mose wieder ein Pro-gramm einer Politischen Theologie verbinden, die eine „Absage einer aus Ägyptenin die Freiheit ziehenden Hebräer-Schar an das ewige Pharaonentum“14 gewesen sei.Der Gedanke, daß sich mit Mose eine umstürzend neue Gestalt Politischer Theologieverbindet, ist richtig und weiterführend. Doch – so zeigt dieser Beitrag – ist dasProgramm nicht Schöpfung des Mose, sondern die Mosefigur Schöpfung diesesProgramms. Die neuere und neueste Pentateuchforschung gibt nämlich auch derarti-gen Versuchen, aus der Konkursmasse der Moseforschung von W.M.L. de Wette bisM. Noth, der nur noch in der Notiz des Mosegrabs (Dtn 34,6) ein historisch verläßli-ches Datum sah15, noch einen historischen Mose mittels des Dekalogs oder einesProgramms Politischer Theologie, das sich von der des Alten Orients unterscheide,zu retten, keinen Kredit. Der Dekalog ist dtr redigiert erst in der Exilszeit zusam-mengestellt worden16, was keineswegs bedeutet, daß nicht einzelne Bausteine desDekalogs älter sind17. Der Paradigmenwechsel gegenüber einer altorientalischenNormenbegründung, der sich im Dekalog niederschlägt, hat zum Gegenüber nichtdie Politische Theologie Ägyptens, sondern Mesopotamiens18 und ist in die Exilszeitzu datieren, hat aber die Auseinandersetzung judäischer Intellektueller mit neuassy-rischen Herrschaftsansprüchen in spätvorexilischer Zeit zur Voraussetzung. Auchdas Bundesbuch als Ganzes oder eine kasuistische Gesetzessammlung im Bundes-buch sind nicht in die vorstaatliche Geschichtsepoche „Israels“ zu datieren19, son-

12 Zur Wiederaufnahme dieses Ansatzes, in Dtn 5 den ursprünglichen Dekalog, der in Ex 20 unterdem Einfluß von Ex 34 rezipiert wurde, zu sehen, vgl. F.-L. Hoßfeld, Der Dekalog (OBO 45),141ff.214ff.262ff., sowie Verf., Alte und neue Perspektiven in der Dekalogforschung (OBC 8),285-292.

13 Vgl. Mose (Heidelberg 21952), 120ff.14 Vgl. M. Buber, a.a.O., 127. In diesem Sinne hat auch A. Voegelin (Order and History I [Loui-

siana 1956], 388) „the clash between the Yahwist experience of Moses and the cosmologicalorder of the Egyptian empire“ für die „common historical substance“ der von Mose handelndenTexte der Hebräischen Bibel gesehen.

15 Vgl. M. Noth, Überlieferungsgeschichte des Pentateuch (Stuttgart 1948), 189.16 Vgl. Verf., Theologische Ethik des Alten Testaments (ThW 3/2), 208-219. Der Dekalog in Dtn

5,6-21 ist die ältere uns erhaltene Fassung des Dekalogs, die in Ex 20 vom Pentateuchredaktorrezipiert wird. Doch nimmt der Pentateuchredaktor dabei auch eine Dtn 5 vorgegebene Fassungauf und überarbeitet sie, greift aber ebenfalls in Dtn 5 überarbeitend ein. Er wendet dabei dasVerfahren an, das ihn auch das Bundesbuch als Quelle des Deuteronomiums in die Sinaiperi-kope einfügen läßt; s. dazu in diesem Band, 272-283.

17 Vgl. Verf., Der Dekalog als Brennspiegel israelitischer Rechtsgeschichte (OBC 8), 293-303.18 Vgl. Verf., Der Dekalog im Horizont des Alten Orients (WUB 17), 25-29.19 So noch wieder L. Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch (BZAW 188), 238ff.; zur

Monographie von L. Schwienhorst-Schönberger vgl. Verf., Vom Profanrecht zum Gottesrecht.Das Bundesbuch (ThR 56), 412-427; ders., Art. Bundesbuch (RGG4 I), 1876f. Zu der Mono-graphie von Y. Osumi (Die Kompositionsgeschichte des Bundesbuches [OBO 105]) vgl. Verf.,Die Kompositionsgeschichte des alttestamentlichen „Bundesbuches“ Exodus 20,22b-23,33(WZKM 83), 149-165.

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dern in zeitliche Nähe zum spätvorexilischen Deuteronomium in die späte Königs-zeit Judas. Mit einem historischen Mose haben diese Texte also nichts zu tun. DasDeuteronomium wurde mit dem Tetrateuch nicht, wie J. Wellhausen meinte, spätvo-rexilisch verbunden, sondern erst nachexilisch. Voran geht erst die Verbindung desMose mit dem Gesetz und das Programm mosaischer Vermittlung der Gesetze in derexilisch-dtr Rahmung des Deuteronomiums20, während dem spätvorexilischen Ge-setz in Dtn 12-26 die Mosefiktion noch fremd ist21. Erst die dtr Hauptredaktion desDeuteronomiums (DtrD), die die Promulgation des Deuteronomiums an den Horebverlegt, sie mit der Mose-Figur verbindet (Dtn 5; 9-10*) und das dtn Gesetz (Dtn 12-25) als kommentierende Applikation des Dekalogs auf das Neue Israel im Kultur-land nach dem Exil interpretiert, verbindet die Mose-Figur mit dem Gesetz in Gestaltdes Deuteronomiums22. J. Wellhausen war der Meinung, daß die Verbindung desDeuteronomiums mit Mose als Gesetzgeber nicht unvorbereitet geschehen konnte,sondern im Tetrateuch durch die vorpriesterschriftliche Sinaiperikope vorbereitetwar. Wenn aber der Dekalog in Ex 20 als Verbindung zwischen Mose und dem Ge-setz ausfällt, weil der exilisch redigierte Dekalog erst nachexilisch in die Sinaiperi-kope eingeführt wurde23, dann stellt sich die Frage, ob es eine andere Form der Ver-bindung von Mose mit dem Gesetz gab, an die der dtr Hauptredaktor desDeuteronomiums anknüpfen konnte.

II. Die Mose-Erzählungen als Gegenentwurf zur neuassyrischenHerrschaftslegitimation

Im Gegensatz zur älteren an der Neueren Urkundenhypothese ausgerichteten Penta-teuchforschung tun sich neuere Entwürfe schwer, einen vorexilischen Kernbestandder Mose-Erzählungen im Exodusbuch auch dann zu definieren, wenn seine Exi-stenz nicht in Abrede gestellt wird, da entweder mit einem umfangreichen vorexili-schen Textbestand gerechnet, dieser aber nicht genauer ausgegrenzt wird, oder dort,wo er literarkritisch erhoben wird, sich auf unzusammenhängende Fragmente redu-ziert, die literarhistorisch nicht eingeordnet und datiert werden. So rechnet E. Blummit einem „größeren Erzählungszusammenhang“ einer Vita Mosis, die „mit Israel inÄgypten und dem Auszug einsetzte und sodann die Wüstenzeit und den Aufenthaltam Gottesberg umgriff“, deren Schluß „in Entsprechung zum Anfang mit dem Ende

20 Vgl. Verf., Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch (FAT 30), 110ff.21 Vgl. Verf., Das Deuteronomium. Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien

(BZAW 284), 360ff. und passim.22 Vgl. Anm. 20.23 Vgl. Verf., Die nachpriesterschriftliche Pentateuchredaktion im Buch Exodus (BEThL 126),

78ff.

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der Rettergestalt, dem Tod des Mose, zusammenfallen“ soll24. Da Ex 1-15 kompo-sitorisch eindrucksvoll gerundet sei, verweigert E. Blum sich der Aufgabe, diesens.E. KD vorgegebenen Erzählzusammenhang, der in der Terminologie der Urkun-denhypothese nichts anderes als der klassische „Jehowist“ wäre, um der reinenLehre der Kompositionshypothese willen literarkritisch zu fixieren. Dieser Aufgabehat sich R. Albertz25 „tentativ“ unterzogen und als Vorstufe von KD eine „nichtmehr ganz vollständig erhaltene Plagen-Auszugserzählung“ aus exilischer Zeit von„Reste(n) einer Mose-Erzählung“ (Ex 1,9-12.15-2,23aa; 4,19-20a.24-26a[?] …; 5,3-19[?] … 14,5a), die aus dem Nordreich Jerobeams I. stamme, unterschieden. K.Schmid hat sich dem angeschlossen und zur These einer Exodus-Mose-Erzählung inEx 2-5 als Teil einer „Ursprungs- und Legitimationslegende des Nordreichs“ in „Ex– 1 Kön 12(*ff.?)“ weiterentwickelt26. Die ins Feld geführten Argumente einer ter-minologischen Übereinstimmung zwischen Ex 1,11 und 1 Kön 9,19 („Vorrats-städte“) sowie zwischen Ex 5,9.11 und 1 Kön 12,4 („Fronarbeit“)27 wie auch derParallele zwischen der Darstellung von Jerobeams Aufstand und den in Ex 2-5 er-zählten Ereignissen28 reduzieren sich bei genauerem Hinsehen darauf, daß Mose wieJerobeam gegen den Frondienst rebellierte. Wie aber kann Mose Spiegelbild Jero-

24 Vgl. E. Blum, Studien zur Komposition des Pentateuch (BZAW 189), 216f.; s. dazu in diesemBand, 144-158. Dem Mangel einer Differenzierung zwischen Tradition und Redaktion in bezugauf die Großkompositionen KD und KP, wie er hier am Beispiel der Mose-Erzählungen deut-lich wird, entspricht auch die mangelnde Differenzierung in bezug auf die postpriesterschrift-lichen Redaktionen, die Priesterschrift und Deuteronomium im Hexateuch und Pentateuchvermitteln; vgl. dazu jetzt auch J.C. Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung(FRLANT 186), 9ff. und passim.

25 Vgl. Religionsgeschichte Israels in alttestamentlicher Zeit I (GAT 8/1), 71f. R. Albertz schließtsich mit der These, daß diese Auszugserzählung „auf die Begründung des Massotfestes hinaus-lief“ (vgl. a.a.O., 61 Anm. 47), an Verf. (Erwägungen zum überlieferungsgeschichtlichen Ur-sprung und „Sitz im Leben“ des jahwistischen Plagenzyklus [VT 26], 3-27) an.

26 Vgl. K. Schmid, Erzväter und Exodus (WMANT 81), 139ff.27 Vgl. auch W.H. Schmidt (Exodus [BK II/1], 39.249f.) und F. Crüsemann (Widerstand gegen

das Königtum [WMANT 49], 175f.), die mit diesen Argumenten die Frühdatierung eines „Jah-wisten“ stützen. Dagegen hat P. Särkiö (Exodus und Salomo [SESJ 71], 39ff.) dadurch, daß erEx 32 mit diesen Mose-Erzählungen verbunden hat, die Salomokritik in Ex 1-2; 5 in das 7. Jh.v. Chr. datiert. Er sieht Parallelen im Traditionsgebrauch des „Jahwisten“ zu dem von DtrH undmuß doch mit der Verwendung eines vordtr Königsbuches durch DtrH rechnen. So richtig dieDatierung ins 7. Jh. v. Chr. ist, so unsicher ist ihr argumentatives Fundament in den Erzählun-gen der Königsbücher, da deren Datierung selbst strittig ist. Das gilt gleichermaßen für Ex 32.Literarhistorisch unbestimmt bleibt A. Frisch, The Exodus Motif in 1 Kings 1-14 (JSOT 87),14f. Es besteht kein Zweifel, daß 1 Kön 9,19 Teil einer späten Erweiterung der Liste der salo-monischen Baumaßnahmen (1 Kön 9,15-18) durch 1 Kön 9,19-22 ist; vgl. N. Na’aman, Sour-ces and Composition in the History of Solomon (SHANE 11), 70 (mit Anm. 31).79; ferner E.A.Knauf, Le roi est mort, Vive le roi! (SHANE 11), 92f.

28 Vgl. R. Albertz, Religionsgeschichte Israel I (GAT 8/1), 71f. K. Schmid (Erzväter und Exodus[WMANT 81], 141.149) rechnet Ex 5,3-19 zur „Exodus-Mose-Erzählung“ und begründet da-mit die Parallele zu 1 Kön 12,3-15.

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beams sein, wenn der eine nach Ägypten flieht, um dort Schutz vor Verfolgung zufinden, und der andere aus Ägypten, weil er dort verfolgt wird? Und wie ist dasliterarische Verhältnis zwischen der Exodus-Mose-Erzählung und 1 Kön zu be-schreiben? Motivparallelität erweist noch keineswegs einen gemeinsamen Verfasser.Vielmehr wäre zu prüfen, ob die Exoduserzählung die gebende, die in 1 Kön dienehmende war oder umgekehrt. Ohne diese Klärung verbietet sich eine Datierungder Mose-Erzählung in die Frühgeschichte des Nordreichs Israel. Schließlich ist dieliterarische Basis für eine derartige Erzählung im Exodusbuch ungeklärt. Ex 5,3-19wird sowohl der „Plagen-Auszugserzählung“ wie der „Mose-Erzählung“ zuge-schrieben, die ohne diese Szene nicht funktionieren. Doch ist Ex 5,3-6,1 weder Teilder einen noch der anderen Erzählung, sondern postpriesterschriftlicher Redaktionim Exodusbuch29. Darauf weist nicht nur die Anknüpfung an die postpriesterschrift-lichen Überlieferungen Ex 3,1830 in Ex 5,3 und Ex 14,11f.31 in Ex 5,21, sondernauch der Zusammenhang von Ex 5,22f. mit Ex 32,7-14.30-3432. Die Salomo-Jero-beam-Erzählung in 1 Kön ist kein zuverlässiges Fundament für die literarhistorischeEinordnung der Mose-Erzählungen im Exodusbuch, wie überhaupt die Datierungeines biblischen Textes durch einen anderen zu Zirkelschlüssen führt33. Die inzwi-schen für die Geschichtsschreibung Israels etablierte Unterscheidung zwischenprimären und sekundären Quellen34 ist noch um vieles notwendiger in der Literatur-geschichtsschreibung der Hebräischen Bibel, die sich sonst in beliebigen Zirkel-schlüssen verliert.

Setzen wir mit Moses Geburtserzählung in Ex 2,1-10 ein, die sich als Einstiegnicht zuletzt deshalb anbietet, da sie in jeder denkbaren Fabel einer Vita Mosis denAusgangspunkt bildet. Die Geburtserzählung ist eine nach vorn durch den Neuein-satz mit einem bis dahin nicht genannten Subjekt (Ex 2,1) und nach hinten durch dieNamensätiologie (Ex 2,10b) abgeschlossene Einheit, deren Eigenständigkeit nochunterstrichen wird, wenn erkannt wird, daß Ex 1,22 keineswegs die ursprünglicheMotivation für die Aussetzung des Kindes liefert35, sondern die Erzählung Ex 2,1-10

29 Vgl. J.C. Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung (FRLANT 186), 335ff.30 Zu Ex 3 vgl. Verf., Die nachpriesterschriftliche Pentateuchredaktion im Buch Exodus (BEThL

126), 107ff.; K. Schmid, Erzväter und Exodus (WMANT 81), 186ff.31 Vgl. J.C. Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung (FRLANT 186), 201f.225.

340f.32 Vgl. Verf., Die nachpriesterschriftliche Pentateuchredaktion im Buch Exodus (BEThL 126),

83ff.33 Das wohl schlagendste Beispiel dafür ist die Rekonstruktion eines „Urdeuteronomiums“ mittels

eines mit Hilfe des Deuteronomiums rekonstruierten Kernbestands von 2 Kön 22f. im Gefolgeder de Wette’schen Hypothese; vgl. dazu Verf., Das Deuteronomium. Politische Theologie undRechtsreform in Juda und Assyrien (BZAW 284), 8ff.

34 Vgl. E.A. Knauf, From History to Interpretation (JSOT.S 127), 26-64. Zur Anwendung auf dieJosia-Reform vgl. C. Uehlinger, Gab es eine joschijanische Kultreform? (BBB 98), 57-89.

35 So I. Willi-Plein (Ort und literarische Funktion der Geburtsgeschichte des Mose [VT 41],113f.) folgend zuletzt wieder J.C. Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung

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selbst die Aussetzung begründet. Es gilt der Forschung bislang als selbstverständ-lich, „daß der Weg von der Eheschließung bis zur Geburt des ersten Kindes mit derReihenfolge der Verben jql (‚sich zur Frau nehmen‘), hrh (‚schwanger werden‘)und dly (‚gebären‘) in 2,1.2a als durchaus konventionell beschrieben wird“36. Eingenauerer Blick auf das alttestamentliche Eherecht zeigt, daß in der eherechtlichenVertragsformel des Eheschlusses jql nicht ohne den Bezug auf das intransitiveObjekt hV;ail] gebraucht wird und also wie in Gen 4,19; 11,29; 20,2f.; 24,3f.; Dtn21,11; 22,13; 24,1.3.537 hV;ail] NN jql („NN zur Ehefrau nehmen“)38 lautet39. Da-mit entspricht die hebräische Formel der des altbabylonischen Eherechts ana a÷÷¯utima≤@zum40. „In the OB marriage-contracts we find a≤@zum used not alone, but in afull legal formula. The groom as subject is said to perform the following action withrelation to the bride as object: ana a÷÷¯utim u mut¯utim a≤@zum, occasionally reducedto ana a÷÷¯utim a≤@zum“41. Auch ist es auffällig, daß Moses Eltern nicht, wie für eineso zentrale Gestalt zu erwarten, genannt werden. Erst in dem postpentateuchredak-tionellen Mosestammbaum werden in Ex 6,20 mit der Einfügung des intransitivenObjekts hV;ail] und also der Legalisierung der Beziehung von Moses Eltern auchderen Namen „Amram“ und „Jochebed“ nachgetragen, wobei in Auslegung von Ex2,1 Moses Vater seine Tante geheiratet haben soll42. Jedem Leser der Geburtserzäh-lung des Mose war also deutlich, daß Mose einer illegitimen Beziehung zwischeneinem Leviten und einer Levitin entstammt. Moses Geburtserzählung teilt dieseszentrale Motiv mit der neuassyrischen Erzählung von der Geburt des Königs Sar-gon43. Es begründet, warum die Mutter das Kind aussetzt. Damit ist auch eine lite-rarkritische Aussonderung von Ex 2,2b-3*.5ab.6* mit dem Argument, Moses Ge-burtserzählung sei ursprünglich eine selbständige Ätiologie, die Moses israelitische

(FRLANT 186), 374f.36 So zuletzt nach vielen anderen J.C. Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung

(FRLANT 186), 375; anders zu Recht jetzt K. Schmid, Erzväter und Exodus (WMANT 81),154f., sowie bereits E. Meyer, Die Israeliten und ihre Nachbarstämme (Halle 1906), 48; H.Greßmann, Mose und seine Zeit (FRLANT 18), 1ff.

37 Zum Eherecht im Deuteronomium vgl. Verf., Das Eherecht im Mittelassyrischen Kodex und imDeuteronomium (OBC 8), 172-191.

38 Vgl. dazu Verf., Art. Verlobung I. Biblisch (LThK3 X), 693.39 Zu jql ohne intransitives Objekt zur Bezeichnung einer illegitimen sexuellen Beziehung vgl.

Gen 6,2; 2 Sam 11,4; Hos 1,2f. In Hos 1,2f. handelt es sich nicht um eine Ehebeziehung, ausder keine „hurerischen Kinder“ entstehen können.

40 Vgl. BAP 89:5; TIM 4 47:7; VAS 8 92:7. Zur entsprechenden Formel ana a÷÷¯utim nad@numvgl. CT 48 50:5; TCL I 90:6.

41 So R. Westbrook, Old Babylonian Marriage Law (AfO Beih. 23), 10f. (vgl. dazu die Rezensiondes Verf. in ZA 81 [1991], 308-314).

42 Die LXX interpretiert mit Blick auf Lev 18 diese Auslegung um, indem sie von einer Cousi-nenehe ausgeht; vgl. auch J. Ebach, Die Schwester des Mose (Neukirchen-Vluyn 1996), 130-144.

43 S. dazu i.f.

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Herkunft darlege und seinen ägyptischen Namen klären solle, so daß alle Rückbe-züge auf die Verfolgung hebräischer Knaben literarisch sekundär seien, überflüs-sig44. So richtig es ist, die Erzählung zunächst literarisch aus sich heraus zuinterpretieren, so wenig ist es notwendig, V.2b-3*.5ab.6* als Rückbezüge auf Ex 1literarkritisch auszuscheiden, da sich diese Verse aus Ex 2,1f. ausreichend erklären.Das aber bedeutet nun nicht, daß die Erzählung keinerlei literarische Ergänzungenerfahren habe. In V.4.7 tritt überraschend eine ältere Schwester des Mose auf, wasder Exposition der Erzählung in Ex 2,1f., nach der Mose das erste und einzige Kindist45, widerspricht, so daß V.4.7-10aa sekundärer Zusatz ist, der den Zusammenhangzwischen der Auffindung des Kindes (V.5f.) sowie seiner Annahme und Namenge-bung (V.10ab) unterbricht46. Die Ergänzungsschicht will die Bindung Moses an seinVolk stärken, das von den Ägyptern abgegrenzt wird. Mit der Ergänzung (V.4.7-10aa) gehört der literarische Vorbau zu Ex 2,1-10 in Ex 1,11f.15-19.20a.21b.22zusammen47, der mit Ex 1,22b eine neue Motivation für das Aussetzen des Kindes inMoses Geburtserzählung gibt. Nicht mehr die illegitime Herkunft, sondern die Ver-folgung der hebräischen Knaben ist nun der Grund für das Verhalten der Mutter desMose. In dem Augenblick, in dem die Erzählung neuassyrischer Herrschaftslegiti-mation, die in Ex 2,1-10* subversiv rezipiert wurde, als Referenztext nicht mehrerinnert wurde, mußte das aus der neuassyrischen Erzählung stammende Motiv ille-gitimer Herkunft des Mose anstößig und deshalb ersetzt werden.

Wenden wir uns also der auf zwei neuassyrischen und einer neubabylonischenTafel überlieferten Sargon-Legende zu48:

Text Kol. I

1 LUGAL GI.NA (÷arruk¥n) LUGAL (÷arru) dan-nu LUGAL (÷ar) a-ga-dèKI a-na-ku

2 um-mi e-né-tu4 a-bi ul i-di3 SE⁄ (a≤i) AD-ia (abîa) i-ra-mi ÷á-da-a4 a-liURU a-zu-pi-ra-a-ni ÷á i-na a-≤i IDBURANUN (puratti) ÷ak-nu5 i-ra-an-ni um-mu e-né-tu4 i-na pu-uz-ri ú-lid-an-ni6 i÷-kun-an-ni i-na qup-pi ÷á ÷u-ri i-na A.ESÍR (ittî) KÁ-ia (b@bîa) ip-≤i

44 So C. Levin, Der Jahwist (FRLANT 157), 317-321; s. dagegen J.C. Gertz (Tradition und Re-daktion in der Exoduserzählung [FRLANT 186], 374f.), doch geht sein Gegenargument, es seifraglich, „ob das in V.22 anklingende Motiv für die Aussetzung Moses wirklich entbehrlichist“, genau in die falsche Richtung.

45 Vgl. Gen 4,1.17; 38,2f.; Hos 1,3 sowie P. Särkiö, Exodus und Salomo (SESJ 71), 52.46 Vgl. M. Noth, Überlieferungsgeschichte des Pentateuch (Stuttgart 1948), 14f., sowie jüngst P.

Särkiö, Exodus und Salomo (SESJ 71), 52; J.C. Gertz, Tradition und Redaktion in der Exodus-erzählung (FRLANT 186), 376f.

47 Zu Ex 1,20b.21a als Teil der postpriesterschriftlichen Redaktionen im Exodusbuch vgl. J.C.Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung (FRLANT 186), 373f.

48 Zum Text vgl. B. Lewis, The Sargon Legend (ASOR Diss. Ser. 4), 23-29.

Die Geburt des Mose 17

7 id-dan-ni a-na ÍD (nâri) ÷á la e-le-e-a8 i÷-÷á-an-ni ÍD (nâru) a-na UGU (mu≤≤i) Iaq-qí LÚA.BAL (d@lî) ú-bil-an-ni9 Iaq-qí LÚA.BAL (d@lû) i-na ›í-ib da-li-÷u lu ú-÷e-la-an-ni

10 Iaq-qí LÚA.BAL (d@lû) a-na ma-ru ti-÷ú lu ú-rab-ban-ni-ma11 Iaq-qí LÚA.BAL (d@lû) a-na LÚNU.KIRI6-ti-÷ú (nukaribb¯ut¥÷u) lu-u i÷-kun-

an-ni12 A⁄ (ina) LÚNU.KIRI6-ti-iá (nukaribb̄utîa) Di÷-tar lu-u i-ra-man-ni-ma13 55 MU.ME⁄ (÷an@ti) LUGAL-ú-ta (÷arr̄uta) lu-u e-pu-u÷14 UN.ME⁄ (ni÷ê) SAG.GE6.GA (◊alm@t qaqqadi) lu-u a-be-el lu-u á÷-pur15 KUR-e (÷adê) KALA.ME⁄ (dann¯uti) A ⁄ (ina) ak-kul-la-te ÷á URUDU.≥I.A

(erê) lu-u ár-≤i-i◊16 lu e-tel-li ÷á-di-i e-lu-ti17 lu at-ta-tab-lak-ka-ta ÷á-di-i ÷ap-lu-ti18 ma-ti ti-amat lu-ú al-ma-a 3-÷ú19 NI.TUKKI (tilmun) lu-u ik-÷u-ud qa-ti20 a-na BÀD.DINGIRKI (dêr) GAL-i (rabî) [lu e-li] lu-u a[k?]21 [ka?]-zal-lu ú-naq-qir-ma22 [man]-nu LUGAL (÷arru) ÷á i-la-a EGIR-ia (arkîa)23 5[5 MU.ME⁄ (÷an@ti) LUGAL-ú-ta (÷arr̄uta) li-pu-u÷]24 UN.ME⁄ (ni÷ê) SAG.GE6.GA (◊almat qaqqadi) li-b[e-el li-i÷-pur]25 xxx (vgl. Z. 15)26 li-te-tel-li KUR.ME⁄ (÷adê) AN.TA.ME⁄ (el̄uti)27 xxx (vgl. Z. 17)28 ma?-ti ti-amat lil-ma-a 3-÷u (÷al@÷¥÷u)29 xxx (vgl. Z. 19)30 [a-na B]ÀD. DINGIRKI (dêr) GAL-i (rabî) li-li-ma31 [ u]t-tu URU-iá (@lîa) a-ga-[dèKI]Übersetzung49 Kol. I

1 Sargon, der starke König, König von Akkad, bin ich.

2 Meine Mutter war eine Hohepriesterin (enetu), meinen Vater kenne ichnicht.

3 Der Bruder meines Vaters (meine Verwandtschaft väterlicherseits) be-wohnte das Gebirge.

4 Mein (Geburts-)Ort ist Azupir@nu, der am Ufer des Euphrat liegt.5 Meine Mutter, eine Hohepriesterin, wurde mit mir schwanger. Insge-

heim gebar sie mich.6 Sie legte mich in ein Schilfkästchen. Mit Bitumen dichtete sie meine

Behausung ab.

49 Übers. des Verf.

Die Geburt des Mose18

7 Sie setzte mich am Fluß aus, der (mich) nicht überspülte.8 Der Fluß trug mich fort, zu Akki, dem Wasserschöpfer, brachte er mich.9 Akki, der Wasserschöpfer, zog mich heraus, als er seinen Wassereimer

eintauchte.10 Akki, der Wasserschöpfer, zog mich als sein Adoptivkind groß.11 Akki, der Wasserschöpfer, setzte mich in seiner Gartenarbeit ein.12 Während meiner Gartenarbeit verliebte sich die Göttin I÷tar in mich.13 55 Jahre übte ich die Königsherrschaft aus.14 Über die schwarzköpfigen Menschen herrschte ich und regierte (sie).15 Steile Berge überwand ich mit kupfernen Spitzhacken.16 Die Gipfel erklomm ich immer wieder.17 Die Gebirge durchzog ich immer wieder.18 Die Küstenregion belagerte ich dreimal.19 Ich eroberte Dilmun.20 Zur großen (Stadt) Dêr zog ich hinauf, ich …21 Kazallu zerstörte ich.22 Welcher König auch immer nach mir an die Macht kommt,23 er möge 55 Jahre als König herrschen.24 Er möge über die schwarzköpfigen Menschen herrschen und (sie) regie-

ren.25 Steile Berge möge er mit kupfernen Spitzhacken überwinden.26 Er möge immer wieder die Gipfel erklimmen.27 Er möge immer wieder die Gebirge durchziehen.28 Er möge dreimal die Küstenregion belagern.29 Er möge Dilmun erobern.30 Er möge zur großen Stadt Dêr ziehen.31 … von meiner Stadt Akkad …

Sprache und Motivik dieser Legende verraten ihre neuassyrische Herkunft. In derzentralen Herrschaftsaussage in Z. 14 ◊alm@t qaqqadi lu-u a-be-el lu-u á÷-pur istdie Verbindung der Verben bêlu und ÷ap@ru erstmals in neuassyrischen Königsin-schriften aus der Zeit A÷÷urna◊irpals II. (883-859 v. Chr.)50, Sargons II. (721-705 v.Chr.)51 und Asarhaddons (680-669 v. Chr.)52 belegt. Es handelt sich um ein Form-element neuassyrischer Herrschaftslegitimation, das in der Sargon-Legende in das 3.Jt. v. Chr. zurückprojiziert wurde. Das gilt auch für das Motiv der Überquerungeines Gebirges mittels einer Spitzhacke (akkullu), das erstmals mittelassyrisch zurZeit Tukulti-Ninurtas I. (1244-1208 v. Chr.), vor allem aber neuassyrisch belegt

50 Vgl. L.W. King, The Annals of the Kings of Assyria (London 1902), 268,1:42; CTN II 267:25.51 Vgl. H. Winckler, Die Keilschrifttexte Sargons (Leipzig 1889), 38,236ff.; 170,5.52 Vgl. R. Borger, Die Inschriften Asarhaddons (AfO Beih. 9), 67:7.

Die Geburt des Mose 19

ist53. Die Verbindung des vierradikaligen Verbs nabalkutu mit ÷adû ist erstmals beiTiglat-Pileser I. (1115-1077 v. Chr.), dann aber vor allem neuassyrisch belegt54. DasMotiv der Eroberung von Dilmun und Dêr erklärt sich am besten als Reflex auf dieRegierungszeit Sargons II.55 Wo der Text archaisieren will wie mit der Königstitu-latur LUGAL dannu, irrt er sich um einige Jahrhunderte. So ist dieser Titel erst fürAram-Sin in der späten UR III-Zeit, also ein Viertel Jahrtausend nach Sargon vonAkkad, belegt56. Die Sargon-Legende bearbeitet ein Grundproblem der Dynastie derSargoniden, die keinen ihrer erstgeborenen Söhne auf den Thron brachte57. Die Sar-goniden reagierten auf dieses die Frage nach der Legitimation der Herrschaft provo-zierende Problem mit der Rezeption der wohl durch die hethitischen Kleinstaatendes 1. Jt. v. Chr. in Syrien tradierten junghethitischen Gattung des Loyalitätseids58,die bereits hethitisch ihren „Sitz im Leben“ in der Sicherung der Herrschaft bei irre-gulärer Thronnachfolge hatte59. Die Sargon-Legende verarbeitet in anderer Formdieses Legitimationsdefizit der Sargoniden: Selbst Sargon von Akkad, so das Ke-rygma der Legende, der seit Sargon I. als Prototyp des Königs in Assyrien galt, seivon illegitimer Herkunft, dennoch aber von I÷tar geliebt und politisch erfolgreich.Die Frage der Primogenitur in der Thronfolge wurde damit zum Adiaphoron erklärt.An diese im Zentrum sargonidischer Herrschaftslegitimation stehende Legendeknüpft die Mose-Erzählung in Ex 2,1-10* an. Zahlreiche Motive haben beide Er-zählungen der Protagonisten Sargon und Mose gemeinsam:

1. Beide sind nichtehelicher Herkunft.2. Beide werden deshalb von ihrer Mutter ausgesetzt.

53 Vgl. L.W. King, The Annals of the Kings of Assyria (London 1902), 230,12; 322,77; 331,96(A÷÷urna◊irpal II.); Rawlinson, Inscr. III 7 I 19; 8 II 42 (Salmanasser III.); TCL III 6,24; 50,329(Sargon II); OIP II 124,42; 114,37 (Sanherib).

54 Vgl. MAOG 6/1,12:26; L.W. King, The Annals of the Kings of Assyria (London 1902), 230,14(A÷÷urna◊irpal II.); WO 2,30:7; 222,132; WO 1,462:10 (Salmanasser III.); AfO 9,92:19,24(⁄am÷i-Adad V.); TCL III 8:29; 44,280 (Sargon II.).

55 Vgl. B. Lewis, The Sargon Legend (ASOR Diss. Ser. 4), 105f.56 Die mythisch-archaische Dimension der Legende wird durch mehrere Anspielungen an das

Gilgame÷-Epos unterstrichen, so wenn I÷tar in Liebe zu Sargon entbrennt, der als Gärtner ar-beitet. Im Gilgame÷-Epos liebt sie I÷ull@nu, den Gärtner ihres Vaters. Gleichzeitig wird mitdem Motiv der Liebe (r@mu) ein Zentralbegriff der neuassyrischen Herrschaftsideologie, derdie politische Loyalität dem König gegenüber ausdrückt, in der Erzählung verankert; zum Be-griff der Liebe im Horizont Politischer Theologie vgl. auch J. Assmann, Herrschaft und Heil(München 2000), 61f.

57 Vgl. dazu W. Mayer, Politik und Kriegskunst der Assyrer (ALAM 9), 316ff. Die jüngstenMotive in der Erzählung definieren ihre neuassyrische Abfassungszeit.

58 Vgl. Verf., Das Deuteronomium. Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien(BZAW 284), 15ff.

59 Vgl. F. Starke, Zur urkundlichen Charakterisierung neuassyrischer Treueide anhand einschlägi-ger hethitischer Texte des 13. Jh. (ZAR 1), 70-82; ders., Zur „Regierung“ des hethitischenStaates (ZAR 2), 140-182.

Die Geburt des Mose20

3. Beide werden von ihr in einen Kasten aus Schilf gelegt.4. Beide Schilfkästen werden mit Bitumen verstrichen.5. Beide Schilfkästen werden am Flußufer abgelegt.6. Beide Kinder werden durch Zufall gefunden.7. Beide Kinder werden von Stiefeltern adoptiert großgezogen60.8. Beide Kinder haben als Erwachsene eine im Horizont der jeweiligen

Politischen Theologie wichtige Mission zu erfüllen.

Dagegen zeigen andere zum Vergleich mit Ex 2,1-10 herangezogene Geburtserzäh-lungen des Alten Orients keine vergleichbaren Parallelen. M. Greenberg61 hat, nach-dem bereits H. Greßmann62 in Ex 2,1-10 ägyptisches Lokalkolorit entdecken wollte,die ägyptische Erzählung von der Horusgeburt als Referenztext von Ex 2,1-10 he-rangezogen. Doch ist diese Erzählung, wie D.B. Redford63 aufgezeigt hat, erst inptolemäischer Zeit entstanden, und es fehlt ihr als das entscheidende Motiv die Aus-setzung des Kindes, das vielmehr im Schilf geboren wird. Auch die von Herodot(Hist. I 107-122) überlieferte Geburtserzählung des Cyrus kommt als Quelle nichtinfrage, da auch sie nicht von einer Aussetzung des Kindes, sondern seiner Vertau-schung mit einem Leichnam erzählt und eher noch eine Parallele zu Ex 1,22 ist.Dagegen sind Differenzen der Mose-Erzählung gegenüber der Sargon-Legende, diegegen die Abhängigkeitsthese ins Feld geführt werden64, der literarisch sekundärenErgänzung von Ex 2,1-10 im Horizont von Ex 1,22 zuzuschreiben:

1. Der Kindermord als Begründung für die Aussetzung des Kindes2. Die Rolle der Schwester, die in Vertretung der Mutter das Geschehen

aus der Ferne beobachtet.3. Die Beauftragung der Mutter, sich um das Kind zu kümmern.

Auch spricht das über die Sargon-Legende hinausgehende Motiv, die Mutter habedas Kind erst drei Monate nach der Geburt ausgesetzt, für das Bemühen des Verfas-sers der Geburtserzählung, die Liebe der Mutter zu ihrem Kind herauszuarbeiten,nicht aber gegen die Abhängigkeit von der neuassyrischen Sargon-Erzählung. Dasgilt gleichermaßen für das Motiv der Tochter des Pharao, das sich aus der ägypti-schen Situierung der Erzählung ableitet. Der Autor von Ex 2,1-10 hat aber die Sar-gon-Erzählung keineswegs unkritisch rezipiert, sondern in entscheidenden Punktenauf den Kopf gestellt. Die Legende der Geburt des Sargon hat ihren Skopus im Mo-

60 Zur Rechtsinstitution der Adoption im Alten Orient und in der Hebräischen Bibel vgl. Verf.,Altersversorgung im Alten Orient und in der Bibel (BZAR 8), 367-393.

61 S. Understanding Exodus (New York 1969), 36-44.198f.62 Vgl. Mose und seine Zeit (FRLANT 1), 110f., ferner auch B.S. Childs, The Birth of Moses

(JBL 84), 118.63 Vgl. The Literary Motif of the Exposed Child (Numen 14), 220f.64 Vgl. B.S. Childs, The Birth of Moses (JBL 84), 115-118; s. dazu auch C. Cohen, Hebrew tbh

(JANES 4), 46-51; M. Cogan, A Technical Term for Exposure (JNES 27), 133-135.

Die Geburt des Mose 21

tiv von I÷tars Liebe (r@mu) zu Sargon, die sich schon im Namen seines StiefvatersAkki abzeichnet, der sich von n@qu „gießen“ als Kunstname („ich gieße“) ableitet,dann aber vor allem im Motiv, Sargon sei Gärtner geworden, dessen Hintergrund dieLiebe der Göttin I÷tar zum Gärtner ihres Vaters I÷ull@nu im Gilgame÷-Epos ist. Esruft aber auch die in neuassyrischer Herrschaftsideologie dem König und seinemKronprinzen geschuldete Loyalität (SAA II/6.207.266; 9 17.32.r.22; 11 r.14 u.ö.)65

in Erinnerung:

÷umma attunu ana A÷÷ur-b@ni-apli mar’i ÷arri rabi’i ÷a b̄et rid̄utimar’i A÷÷ur-a≤u-iddina ÷ar m@t A÷÷ur b̄el¥kunuk¥ nap÷@t̄ekunu l@ tara’’ am@ni

„wenn ihr Assurbanipal, den Kronprinzen des Nachfolgehauses,Sohn Asarhaddons, Königs von Assyrien, eures Herrn,nicht wie euer Leben liebt …“ (VTE § 24:266-268)66.

Die neuassyrische Sargon-Erzählung hat damit einen paränetischen Skopus. DieMenschen sollen den assyrischen König lieben, d.h. sich ihm gegenüber loyal ver-halten, wie die Göttin I÷tar Sargon liebte, die damit Vorbildfunktion für die Unterta-nen des assyrischen Königs hat67. Diesen für die Sargon-Legende zentralen Aspekt

65 Vgl. S. Parpola/K. Watanabe, Neo-Assyrian Treaties and Loyalty Oaths, SAA II (Helsinki1988), 100.

66 Vgl. S. Parpola/K. Watanabe, a.a.O., 39; K. Watanabe, Die adê-Vereidigung anläßlich derThronfolgeregelung Asarhaddons (BaghM Beih. 3), 156. In der Sargonidenzeit sind „Mythos“und Politik besonders eng aufeinander bezogen worden, wodurch der König in einer bis dahinnicht gekannten Weise in die Nähe der Götter gerückt wird. Charakteristisch für die Mythisie-rung der Politischen Theologie Assyriens in der Sargonidenzeit ist der „Mythos von der Er-schaffung des Menschen und des Königs“ (VAT 17019), der den König mit den Potenzen vonGöttern begabt sein läßt und dazu auf den Atra≤asis-Mythos zurückgreift wie die Sargon-Le-gende auf das Gilgame÷-Epos; vgl. dazu W.R. Mayer, Ein Mythos von der Erschaffung desMenschen und des Königs (Or [N.S.] 56), 55-68; H.-P. Müller, Eine neue babylonische Men-schenschöpfungserzählung (Or [N.S.] 58), 61-85. Assurbanipals Krönungshymnus VAT 13831(SAA III/11), der in der Grundschicht von Ps 72 rezipiert wurde (s.i.f.), knüpft an diesen My-thos an; vgl. auch E. Cancik-Kirschbaum, Konzeption und Legitimation von Herrschaft in neu-assyrischer Zeit (WO 26), 5-20. Schließlich ist auf den neuassyrischen Ritualkommentar VAT8917 (SAA III/39) zu verweisen, der den König vor seiner Inthronisation symbolisch denKampf des Gottes Ninurta gegen das Chaos in Gestalt der Feinde nachvollziehen läßt, fernerauf Sanheribs Beischrift auf der Bronzetür eines ak¥tu-Hauses („Bild des A÷÷ur auf dem Wegezum Kampf mit Tiamat … Bild des Sanherib, Königs von Assyrien, der siegreiche König stehtauf A÷÷urs Kriegswagen“) sowie auf die Feldzugsberichte Asarhaddons, die sein Heer mit demNinurta-Motiv der Flut identifizieren; vgl. Verf., Krieg und Frieden in der Hebräischen Bibelund im Alten Orient (ThFr 18), 38-75; zur Ikonographie vgl. C. Uehlinger, Weltreich und „eineRede“ (OBO 101), 520f. Die mythische Aufladung Politischer Theologie in der Sargon-Le-gende ist ein Charakteristikum der neuassyrischen Königsideologie.

67 Über die Vorbildfunktion der Gottheit wurde schon in der Politischen Theologie Syriens im 2.Jt. v. Chr. reflektiert, wie als ein herausragendes Beispiel die hurritisch-hethitische Bilingue des

Die Geburt des Mose22

Politischer Theologie des neuassyrischen Reiches hat der Autor von Ex 2,1-10 be-wußt nicht rezipiert. Der Grund dafür liegt auf der Hand. So wie in Ex 2,1-10 dieSargon-Erzählung als ein zentraler Text neuassyrischer Herrschaftslegitimationwurde in Dtn 13,2-10*; 28,15*.20-44* als Kernüberlieferung des Deuteronomiumsder Loyalitätseid Asarhaddons rezipiert68. Die in diesem wie in anderen Loyalität-seiden geforderte Solidarität dem assyrischen Großkönig gegenüber wird im Deute-ronomium auf JHWH übertragen. Ihm allein soll absolute Loyalität unter Abwehrfremder Götter zukommen. Für den Adressaten von Ex 2,1-10, der die neuassyrischeSargon-Erzählung kennt, sind also mit der Eliminierung des r@mu-Motivs entschei-dende Weichen zur Kritik an der neuassyrischen Herrschaftsideologie gestellt. DieKritik läßt den Autor von Ex 2,1-10 einen weiteren, für die Sargon-Erzählung cha-rakteristischen Zug auf den Kopf stellen. In der Sargon-Erzählung ist Sargon alsSohn einer Hohenpriesterin von höchster Abstammung. Die Tochter Sargons vonAkkad mit Namen En≤eduanna69, die in der Sargon-Erzählung das Vorbild für Sar-gons Mutter abgab, nahm als Prinzessin das Amt einer Hohenpriesterin wahr. Sar-gon steigt also als Findelkind in niedere soziale Verhältnisse bei einem Wasser-schöpfer ab, um durch I÷tars Liebe an die Spitze des Staates zu treten. Bei Mose istdie Fabel genau umgekehrt angelegt. Der Sohn von Leviten, die im dtn Deuterono-mium unter die der sozialen Solidarität bedürftigen landlosen personae miseraegerechnet werden70, ist er gerade niederer Herkunft und steigt durch die Aufnahmean den Hof des Pharao in die höchsten Kreise des Staatsgefüges auf, wo er als He-bräer eigentlich nicht hingehört. Die Erzählung zielt anders als die Sargon-Legendeauf eine Lösung des durch Verlust der Eltern heraufbeschworenen Problems nichtdurch sozialen Aufstieg, sondern durch die Loslösung aus der fremden Umgebung,in die es Mose verschlagen hat. Das Exodusmotiv ist so in Ex 2,1-10 schon abge-schattet. Vor allem aber wird das, was in der Sargon-Legende von einer Königsge-stalt erzählt wird, mit Mose auf einen Mann übertragen, der nicht zum König auf-steigt. Damit wird eine Erzählung königlicher Herrschaftslegitimation auf einenichtkönigliche Person übertragen und anderen Aufgaben dienstbar gemacht. Wel-

„Epos der Freilassung“ (KBo XXXII) zeigt; vgl. Verf., kirenzi und derôr in der hurritisch-he-thitischen Serie „Freilassung“ (para tarnumar) (StBoT 45), 524-531; ders., Soziale Restitutionund Vertragsrecht (RA 92), 147ff.

68 Vgl. Verf., Das Deuteronomium. Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien(BZAW 284), 15-90; ferner H.-U. Steymans, Deuteronomium 28 und die adê zur Thronfolge-regelung Asarhaddons (OBO 145), 41ff.

69 Sie war als Autorin des Gedichts „Anbetung der Inanna“ eine der ersten nicht anonymen oderpseudonymen Autoren des Alten Orients; vgl. W.W. Hallo/ J.J.A. van Dijk, The Exaltation ofInanna (YNER 3); W.W. Hallo, The Ancient Near Eastern Background of Some Modern We-stern Institutions (SHANE 6), 171f.182f. (s. dazu die Rezension des Verf. in ZAR 3 [1997],250-258).

70 Vgl. Verf., Das Deuteronomium. Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien(BZAW 284), bes. 303ff. Zum Levitenproblem im nachdtn Deuteronomium vgl. R. Achenbach,Levitische Priester und Leviten im Deuteronomium (ZAR 5), 285-309.

Die Geburt des Mose 23

che Aufgaben das sind, wird die weitere Untersuchung zeigen. Der Erzählung Ex2,1-10 geht es also um mehr als nur um „die Erklärung des Sachverhaltes, daß Moseeinen ägyptischen Namen trägt“71. Auch greift es entschieden zu kurz, wollte manmit H. Gunkel und vielen anderen nach ihm in den Sargon- und Mose-Erzählungenein „Märchenmotiv“ am Werk sehen, das „mit den bedeutendsten Helden der Ge-schichte verknüpft worden (ist): die Phantasie der alten Völker wird durch die Vor-stellung beschäftigt, der starke Mann, der so Gewaltiges getan hat, sei als schwachesKind in furchtbarer Gefahr gewesen; dann wäre all das Große, das durch ihn kom-men sollte, niemals geschehen“72. So wird die Sargon-Legende als konstruierter„Mythos“ der Sargonidenzeit, von der auch H. Gunkel sagt, daß sie der Mose-Er-zählung am nächsten kommt, in ihren politischen Intentionen der Herrschaftslegiti-mation gründlich verharmlost. Das gilt gleichermaßen für die Mose-Erzählung in Ex2,1-10 als kritische Auseinandersetzung mit ihrer neuassyrischen Vorlage. BeideErzählungen sind Zeugnisse diametral entgegengesetzter Politischer Theologien inAssyrien und Juda73.

Die in Ex 2,1-10 gelegte Spur, die auf die subversive Rezeption einer neuassyri-schen Königsüberlieferung führt, bewährt sich nun auch für weitere Überlieferungendes vorpriesterschriftlichen Mose-Exodus-Zyklus. In Ex 1,11 wird, den vorpriester-schriftlichen Zyklus eröffnend74, erzählt, daß die Ägypter75 Fronaufseher (µySimi yrec;)einsetzten, um Israel mit den von ihnen beaufsichtigten Fronarbeiten (µt'úlb]si) zu

71 So I. Willi-Plein, Ort und literarische Funktion der Geburtsgeschichte des Mose (VT 41), 117,und zuletzt J.C. Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung (FRLANT 186), 375.

72 So H. Gunkel, Das Märchen im Alten Testament (Frankfurt 21987), 133.73 Daß Ex 2,1-10 die Sargon-Erzählung rezipiert, ist von M. Gerhards, Die Aussetzungs-

geschichte des Mose (WMANT 109), 149-240, bestätigt worden. Daß dies allerdings in spät-babylonischer Zeit geschehen sein soll, ist der Datierung der Quelle eines „Elohisten“ in dieExilszeit geschuldet; vgl. meine Rezension dieser Dissertation in: J. G. van der Watt (Hg.), Re-view of Biblical Literature 2008, Atlanta 2008, 142-144. Ähnlich subversiv wie Ex 2,1-10 aufdie in die Zeit der Sargoniden zu datierende Sargon-Legende reagiert die Turmbau-ErzählungGen 11,1-9 auf den Hegemonialanspruch der neuassyrischen Königsideologie, der entgegen-gehalten wird, daß sie ihrem eigenen Anspruch zuwider die Völker nicht eine, sondern spalte.Die Erzählung ist unter Aufnahme von Motiven neuassyrischer Königsinschriften, so dem der„einen Rede“, des damit verbundenen Bauprojektes von Dur ⁄arrukin, das mit dem Tod Sar-gons II. scheiterte, des „Namenmachens“ und des „einen Volkes“ formuliert worden. Das „setztvoraus, dass ein israelitisch-judäischer Verfasser Kenntnis von neuassyrischer Herrschaftsrhe-torik haben konnte“; s. C. Uehlinger, Weltreich und „eine Rede“ (OBO 101), 533.

74 Zu den Problemen der durch die Redaktion mit der Priesterschrift im Zuge postpriesterschriftli-cher Bearbeitung des Exodusbuches möglicherweise entfallenen ursprünglichen Eröffnung vgl.J.C. Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung (FRLANT 186), 357ff. J.C. Gertzund K. Schmid (Erzväter und Exodus [WMANT 81], 68-73) treffen sich in der richtigen Be-obachtung, daß es keine vorpriesterschriftliche Brücke zwischen Genesis und Exodus gibt,womit die These der Quellen eines „Jahwisten“ von der Genesis bis ins Buch Numeri hinfälligwird; vgl. auch A. de Pury, Abraham (BZAW 294), 163-181.

75 Zu den textkritischen Problemen vgl. C. Houtman, Exodus I (HCOT), 241ff.

Die Geburt des Mose24

bedrücken und Israel die Vorratsstädte (twOnK]s]mi yre[;) Pithom und Ramses bauen zulassen. W.H. Schmidt76 hat noch einmal die Argumente zusammengestellt, die esausschließen, in diesem Vers sowohl sprachlich wie auch sachlich mit einem ägypti-schen Hintergrund zu rechnen, um dann auf die Salomo-Erzählungen als Horizont zuschließen. Viel näher liegt als Referenztext eine neuassyrische Königsinschrift, diedavon berichtet, daß der König Manasse Frondienst beim Bau eines königlichenLagerhauses in Ninive zur Zeit des Königs Asarhaddon zu leiten hatte:

Text77

ina u4-me-÷u-ma êkal ma-÷ar-ti ÷a URUNinuaKI ÷a ÷arr@niME⁄ a-lik ma≤-riabb̄eME⁄ ia ú-÷e-pi-÷ú a-na ÷u-te-÷ur kar@÷i pa-qa-(a-)diAN⁄E mur-ni-is-qi par¯eGI⁄narkab@tiME⁄ BE-li ú-nu-ut t@h@zi ù ÷al-la-at na-ki-ri gi-mir mim-ma ÷um-÷ú ÷a DA÷-÷ur ÷àr il@niME⁄ a-na e÷-qí ÷arru-ti-ia i÷ru-ka a-na ÷it-mur s¥÷êME⁄

÷i-tam-du-u≤ GI⁄narkab@tiME⁄ á÷-ru ÷u-a-ti i-mi-◊a-an-ni-ma ni÷êME⁄ m@t@ti≤u-bu-ut GI⁄qa÷ti-ia (GI⁄)al-lu (u) ›up-÷ik-ku ú-÷a-á÷-÷i-÷ú-nu-ti-ma il-bi-nulibittu≥Á ekalla ◊e≤ra ÷u-a-tú a-na si-≤ir-ti-÷á aq-qur-ma qaq-qa-ru ma-’-duki-ma a-tar-tim-ma ul-tu lìb-bi eql¯eti ab-tuq-ma eli-÷ú u÷-rad-di ina NA4pi-i-liaban ÷ad¥I (dan-ni) u÷-÷i-÷ú ad-di-i-ma tam-la-a ú-mal-li ad-ke-e-ma÷arr@niME⁄ m@t ≥at-ti u e-ber n@ri IBa-’-lu ÷àr URU ˝Sur-ri IMe-na-si-i ÷arURUIa-ú-di ... ka-li-÷u-nu ú-ma-’-ir-÷ú-nu-ti-ma GI⁄gu÷ur̄eME⁄ rab̄utiME⁄ GI⁄tim-me ◊¥r¯utiME⁄ GI⁄a-dáp-pi-÷u-≤u-u-ti ÷a GI⁄erini GI⁄÷urm¯eni tar-bit ÷ad Si-ra-ra u÷ad Lab-na-na ÷a ul-tu u4-me pa-ni ma-gal ik-bi-ru-u-ma i-÷i-≤u la-a-nu a-na≤e-÷e≤ti ¯ekalli-ia ma mar◊i÷ pa-á÷-qi-i÷ a-na NinuaKI @l be-lu-ti-ia ú-÷al-di-du-u-ni

Übersetzung78

„Zur damaligen Zeit war das Vorratshaus von Ninive, das Könige, die vormeinem Vater regierten, errichtet hatten zur Lagerung des Materials für dasFeldlager und zur Unterbringung der Pferde, Maultiere, Streitwagen, Waffen,Schlachtgeräte, Beute von den Feinden und so fort, die der Gott Assur, derKönig der Götter, meiner Majestät zukommen ließ. Für das Galoppieren derKavallerie und zum Exerzieren der Streitwagen war mir jener Ort zu kleingeworden. Die Bewohner der Länder, die mein Bogen erobert hatte, ließ ichHacken und Tragekörbe tragen, und sie strichen Ziegel. Diese zu klein ge-wordene königliche Anlage riß ich vollständig nieder. Ein großes Stück Landtrennte ich zur Vergrößerung von den Feldern ab und fügte es jenem hinzu.Mit Kalkstein, hartem Berggestein schüttete ich sein Fundament auf und legteeine Terrasse an. Ich bot die Könige des Hethiterlandes und des Gebiets jen-

76 S. Exodus (BK II/1), 34f.77 Vgl. R. Borger, Die Inschriften Asarhaddons (AfO Beih. 9), 59-61.78 Übers. d. Verf.

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seits des Flusses auf, Ba‘al, König von Tyrus, Manasse, König von Juda …und sie alle ließen auf meinen Befehl große Balken, hohe Pfähle und Pfeileraus Zedern- und Zypressenstämmen, die im Sisara- und Libanon-Gebirgewachsen … zum Bedarf meines Palastes unter großen Mühen und Beschwer-nissen nach Ninive, meiner Residenzstadt, schleppen“ (Nin A V 40-55.73*-76.82; VI 1).

Der Autor der vorpriesterschriftlichen Mose-Exodus-Erzählung projiziert die vonder neuassyrischen Hegemonialmacht erzwungene Fronleistung in die fiktive Situa-tion Israels in Ägypten und macht auf diese Weise das Geschehen zur Zeit derAdressaten des Mose in Ägypten transparent für die Adressaten der Mose-Exodus-Erzählungen im 7. Jh. v. Chr. In dieser Zeit erhält auch die Salomo-Erzählung in 1Kön ihre herrschaftskritischen Züge. Mag es historisch zutreffend sein, daß SalomoVorratsstädte baute, auch wenn die entsprechende Notiz in 1 Kön 9,19 literarischspät ist79, so geht die Perspektive, daß das eine die Bevölkerung bedrückende Maß-nahme war, nicht auf einen frühköniglichen „Widerstand gegen das Königtum“ alsNachwirkung eines Freiheitsdranges in einer „segmentären Gesellschaft“ des vor-staatlichen Israel zurück, sondern reflektiert die Fronlasten Judas unter den assyri-schen Großkönigen. Der in Ex 1,11 und 1 Kön 9,19 gebrauchte Begriff twOnK]s]mi (yre[;;„Vorratsstädte“) ist assyrisches Lehnwort aus akk. ma÷kanu „Vorratsplatz“80. Istdieser zeitgeschichtliche Hintergrund von Ex 1,11 im 7. Jh. v. Chr. erkannt, so wirddie Mose-Figur zur Antipode des neuassyrischen Großkönigs: Mose legt nicht wiedieser Fronlasten auf, sondern befreit davon. Mit Mose wird also nicht ein Königgeboren, der bedrückt, sondern ein Mann, der aus der Bedrückung befreit.

Damit aber ist die subversive Rezeption neuassyrischer Texte, die der Legitima-tion der Königsherrschaft dienen, als Referenztexte in den vorpriesterschriftlichenMose-Exodus-Erzählungen noch nicht erschöpft. Vielmehr schlägt sie sich auch inderen Zentrum von Exodus und Bundesschluß am Gottesberg nieder. Die propheti-schen Orakel der neuassyrischen Sammeltafel K. 2401 (SAA IX/3)81 zeigen als Fa-bel, die ihren Zielpunkt in der Thronbesteigung Asarhaddons hat, die gleiche Ereig-nisabfolge wie die Mose-Erzählungen. Asarhaddons Flucht vor der Verfolgungdurch die Brüder ins Ausland, seine Rückkehr, die Vernichtung der Feinde durch dieGottheit beim Übergang über den Tigris, seine Ankunft in Ninive und der Bundes-schluß mit dem Gott Assur82, alles das erinnert an die Mose-Erzählungen. Die Sam-

79 Vgl. dazu o. Anm. 27 sowie Verf., Art. ‘îr (ThWAT VI), 65f.80 Vgl. E.A. Knauf, Midian (ADPV), 104 mit Anm. 473 (Lit.); D. Kellermann, Art. mi÷k@n

(ThWAT V), 63.81 Vgl. S. Parpola, Assyrian Prophecies (SAA IX), 22-27; ferner M. Weippert, Assyrische Pro-

phetien zur Zeit Asarhaddons und Assurbanipals (OAC 17), 72f.; ders., „Das Frühere, siehe, isteingetroffen …“ (Paris 1997), 157-160.

82 Zu den historischen Hintergründen vgl. M. Nissinen, References to Prophecy in Neo-AssyrianSources (SAA.S 7), 13-30; S. Parpola, Assyrian Prophecies (SAA IX), LXXIIf.

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meltafel K. 2401 (SAA IX/3) aus Ninive enthält eine Sammlung von Orakeln anläß-lich der Thronbesteigung Asarhaddons. Neben dem Loyalitätseid Asarhaddons ausdem Jahre 669 v. Chr., der neuassyrischen Sargon-Legende und dem Krönungshym-nus Assurbanipals83 ist das ein weiteres Textensemble neuassyrischer Herrschaftsle-gitimation, das in der Hebräischen Bibel rezipiert wurde. Im zweiten Heilsorakel (K.2401 II:10-26) wird dem designierten König die Vernichtung der im Bürgerkriegsich seiner Thronbesteigung widersetzenden Feinde angekündigt84:

a-na-ku kil-la-ka as-se-meTA ⁄À-bi KÀ.GAL.AN-eat-ta-qa-al-lala-ak-ru-ur i-÷á-tu lu-÷á-kil-÷ú-nuat-ta ina bir-tu-÷u-nu ta-za-azTA* pa-ni-ka at-ti-÷ia-na KUR-e us-se-li-÷ú-nuNA4.ME⁄ aq-qu-lu ina UGU-≤i-÷ú-nu a-zu-nu-unLÚ.KÚR.ME⁄-ka u≤-ta-ti-ipda-me-÷ú-nu ÍD um-tal-lile-mu-ru lu-na-i-du-nia-ki Da÷-÷ur EN DINGIR.ME⁄ a-na-ku-ni

„Ich habe deine Klage gehört, mitten aus dem Tor des Himmels warf ich Glutherab. Feuer legte ich, um sie zu fressen. Du aber standest (unversehrt) in ih-rer Mitte. Ich habe dich von ihnen befreit. Ich jagte sie in die Berge. Hagelund Feuer vom Himmel ließ ich auf sie herabregnen. Deine Feinde schlach-tete ich. Mir ihrem Blut füllte ich den Fluß (sc. Tigris). Sie sollen es sehen,sie sollen es künden, daß ich Assur, der Herr der Götter bin“ (K. 2401 II:14-25).

Die Feinde, die wie Schlachtopfer dargebracht werden, mit deren Blut sich der Flußfüllt, sollen die Rettungstat des Gottes Assur bei Asarhaddons Übergang über denTigris sehen, mit anderen Worten ihre eigene Vernichtung. Die historische Situation,in die dieses Orakel hineinspricht, ist eindeutig: Vor dem Einzug in die Stadt Niniveund der anschließenden Thronbesteigung mußte Asarhaddon die Armee seiner Brü-der, die für die Ermordung ihres Vaters Sanherib verantwortlich waren, besiegen.Daß der Übergang über den Tigris nicht kampflos war, zeigt der Hinweis auf den mitdem Blut der Feinde gefüllten Fluß. Im folgenden Orakel K. 2401 II:33-III 15 for-dert die Göttin I÷tar von Arbela die Götter, ihre Väter und Brüder, auf, dem Bund85

83 Vgl. M. Arneth, „Sonne der Gerechtigkeit“ (BZAR 1); Verf., Krieg und Frieden in der Hebräi-schen Bibel und im Alten Orient (ThFr 18), 117ff.

84 Zum Text vgl. S. Parpola, Assyrian Prophecies (SAA IX), 24.85 Zur Übersetzung von adê dem hebr. tyrIB] entsprechend mit „Bund“ vgl. M. de J. Ellis, Obser-

vations on Mesopotamian Oracles and Prophetic Texts (JCS 41), 144: „The tablet that contai-

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zwischen dem Gott Assur und dem assyrischen König beizutreten86. Die assyrischenBürger sollen sich in der Eideszeremonie des kultischen Wassertrinkens an denBund erinnern und ihn halten. In einem weiteren Orakel K. 2401 III:16-IV:35 fordertdie Göttin I÷tar von Arbela vom König die Erfüllung der rituellen Pflichten als Ge-genleistung für ihre Hilfe gegen die Feinde. Im Postskript der ersten Hälfte der Ta-fel87 wird die Sammeltafel als „Bundestafel“ (›uppi adê) bezeichnet. Die Verbindungvon göttlicher Rettung vor dem Feind beim Durchzug durch einen Fluß mit einemBundesschluß, den sich daraus ergebenden rituellen Verpflichtungen und derVerschriftung auf einer Tafel entspricht der vorpriesterschriftlichen Mose-Erzählungin Ex 14*; 19*; 34*, die ihren Höhepunkt erreicht mit dem Bundesschluß (Ex 34,27)auf der Basis der rituellen Verpflichtungen (Ex 34,18-23.25f.), die verschriftet wer-den88. Moses Verbindung mit dem Gesetz wie die Verbindung von Exodus undBundesschluß am Gottesberg vollzieht sich in den Mose-Erzählungen auf dem Hin-tergrund der subversiv rezipierten neuassyrischen Prophetenorakel Asarhaddons, dieder Legitimation seiner Herrschaft dienen. Warum aber werden gerade diese Texte,die Hegemonialansprüche der neuassyrischen Großmacht auch gegenüber Juda absi-chern, rezipiert? Die Antwort liegt im subversiven Charakter der Rezeption. ImStreit um die Überlieferungen werden der assyrischen Macht zentrale Texte ihrerLegitimation genommen und zu Gegentexten umfunktioniert. Der Bund wird nichtwie in der neuassyrischen Tafel K. 2401 zwischen der Gottheit und dem König,sondern mit dem Volk als ganzem geschlossen. Ein König hat darin keine Funktion.Entsprechend werden die rituellen Verpflichtungen, die aus dem Bundesschluß re-sultieren, auch nicht dem König, sondern dem Volk als ganzem auferlegt. Die Funk-tion der Führung des Volkes wird, aller imperialen Züge der Herrschaft über dieVölker89 entkleidet, nicht dem König, sondern Mose als einer Führungsgestalt in

ned that particular oracle was referred to in its descriptive colophon as an adû. This term mustbe translated here in its normal meaning of ‘convenant’“; vgl. auch Verf., Das Deuteronomium.Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien (BZAW 284), 81 Anm. 365 (Lit.).

86 Aus Arslan Ta ¸s ist eine Beschwörungstafel (KAI Nr. 27) bekannt, die von einem Bund einesVerehrerkreises mit dem Gott Assur weiß; vgl. Z. Zevit, A Phoenician Inscription and BiblicalCovenant Theology (IEJ 27), 110-118; zur Bedeutung der Assur-adê für die Bundestheologie inJuda vgl. Verf., Die Ursprünge der Bundestheologie im Alten Testament und im Alten Orient(ZAR 4), 51ff.

87 Zur Gliederung der Orakel vgl. Verf., Das Deuteronomium. Politische Theologie und Rechtsre-form in Juda und Assyrien (BZAW 284), 81ff.

88 Die kultischen Gebote in Ex 34,18-23.25f. werden u.a. in Dtn 16,1-17 vorexilisch-dtn rezipiert(vgl. Verf., Das Deuteronomium. Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien[BZAW 284], 324ff.) und sind der Gebotskern der Sinaiperikope, von dem Ex 23,14-19 abhän-gig ist; vgl. auch L. Schwienhorst-Schönberger, Das Bundesbuch (BZAW 188), 405; Verf., Art.÷æba‘/÷@bû‘ôt (ThWAT VII), 1022f.; F.-L. Hoßfeld, Das Privilegrecht Ex 34,11-26 in der Dis-kussion (FS H. Seebaß), 39-59.

89 Vgl. B. Oded, War, Peace, and Empire (Wiesbaden 1992); Verf., Krieg und Frieden in derHebräischen Bibel und im Alten Orient (ThFr 18), 37-75; ders., Die besiegten Sieger. Von der

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Israels fiktiver Frühgeschichte zugewiesen und damit dem assyrischen König undseinem judäischen Vasall entzogen. Wenn Mose die Gesetze verschriften soll (Ex34,27), so wird ihm eine im Horizont des Keilschriftrechts königliche Aufgabeübertragen90. Hammurapi legt im Epilog seiner Gesetzessammlung nachdrücklichWert auf die Feststellung, daß er die Gesetze niedergeschrieben habe (CH EpilogXLVII 59-78 u.ö.)91. Der Bund bedarf in der Mose-Exodus-Erzählung nicht derVermittlung durch den König als „Leitkanal göttlicher Gnade“. Das Volk wird alsdem Staat gegenüber autonom und gottunmittelbar begriffen. Werden königlicheFunktionen in den Mose-Erzählungen als Leerstellen freigelassen oder auf Moseprojiziert, so sind sie dem aktuellen staatlichen Zugriff und damit, was das Ziel war,auch der assyrischen Hegemonialmacht, die sich des judäischen Königs bedient,entzogen. Es hieße gleichermaßen dem kritischen Potential dieser subversiven Re-zeption neuassyrischer Texte zur Legitimation der Herrschaft des Großkönigs überdie Völker die Spitze abzubrechen, wollte man in Moses Verbindung mit dem Ge-setz nur die Maske der staatlichen Institution eines Obergerichts sehen92 oder denReflex auf den Zusammenbruch des Staates mit dem Exil. Der subversive Charakterder Rezeption des neuassyrischen Referenztextes zeigt sich schließlich auch daran,daß der Durchzug durch das Wasser unter göttlicher Vernichtung der Feinde nichtdem Einzug in das Zentrum der Macht des neuassyrischen Reiches, sondern demAuszug aus dem Machtbereich des ägyptischen Reiches dient93. Die These einer erstexilischen oder nachexilischen Rezeption der neuassyrischen Texte hätte den Nach-weis zur Voraussetzung, daß diese für die Sargonidenzeit so charakteristischen Textespätbabylonisch oder gar persisch tradiert wurden – was für die VTE ausgeschlos-sen94, für die übrigen Texte unwahrscheinlich ist. Auch macht eine derartige subver-

Macht und Ohnmacht der Ideen in der Geschichte am Beispiel der neuassyrischen Großreichs-politik (BZ [N.F.] 43), 180-203. Zu den politischen Konsequenzen vgl. W. Mayer, Politik undKriegskunst der Assyrer (ALAM 9), 259ff.; R. Lamprichs, Die Westexpansion des neuassyri-schen Reiches (AOAT 239), 393ff.; Verf., Zwischen Strafvernichtung und Toleranz (VJJGW86), 9-44.

90 Zu den Verschriftungstheorien im Pentateuch vgl. in diesem Band, 490-496.91 Zur Rahmung der Gesetzessammlung des Hammurapi vgl. V.A. Hurowitz, Inu Anum ״rum

(Philadelphia 1994), 90ff. (vgl. dazu die Rezension von M. Arneth in ZAR 2 [1996], 196-201);Verf., Die Bedeutung der altorientalischen Rechtsgeschichte für das Verständnis des Alten Te-staments (ZThK 88), 155ff.; ders., Art. Recht (TRE XXVIII), 199f.

92 F. Crüsemann, Die Tora (München 1992), 76ff.; s. dazu Verf., Die Tora in der Rechtsge-schichte Israels (ThLZ 118), 903-910.

93 Daß der Autor der Mose-Exodus-Erzählung zur Darstellung des Meerwunders in Ex 14* eineihm vorgegebene Erzählung verwendet hat, bedarf an dieser Stelle keines weiteren Nachweises.

94 Die neuassyrischen Loyalitätseide haben einen eng definierten „Sitz im Leben“, indem sie derSicherung der Herrschaft bei irregulärer Thronfolge dienen. Diese Gattung ist nur junghethi-tisch und davon abhängig neuassyrisch, nicht aber alt- bis spätbabylonisch oder persisch belegt;vgl. Verf., Das Deuteronomium. Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien(BZAW 284), 69ff. Mit der genaueren Erfassung der Gattung des Loyalitätseids in Abgrenzungvon den internationalen Verträgen durch die junghethitischen LÚ.ME⁄SAG-Texte (s. Verf., a.a.O.,

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sive Rezeption neuassyrischer Texte nur Sinn, wenn sie aktuell sind. Solange man inder Tradition der Religionsgeschichtlichen Schule die Rezeption mesopotamischerMotive in der Hebräischen Bibel nur als Adaptierung von Wissensstoffen der „Um-welt“ verstand, konnte man den zeitlichen Abstand des Alten Testaments zu denrezipierten keilschriftlichen Überlieferungen sehr großzügig auslegen95. In dem Au-genblick aber, in dem man sieht, daß nicht nur im kulturhistorischen Raum schwe-bende Motive, sondern wichtige Texte, die exakt datiert sind, direkt übertragenwerden, und zwar in subversiver Form, definiert die Datierung der rezipierten Refe-renztexte die der rezipierenden96. Die Tafel K. 2401 wurde im Jahr 680/79 v. Chr.geschrieben97, das also terminus a quo der Abfassung der Mose-Erzählungen ist. Indas Jahr 673 v. Chr. datiert die Königsinschrift Nin A mit der Erwähnung der Frondes judäischen Königs Manasse beim Bau des Vorratshauses in Ninive. Sie wurdenur ein Jahr vor dem Loyalitätseid Asarhaddons abgefaßt, der im Deuteronomiumrezipiert wurde. Der Zeitraum, in dem die Mose-Erzählung entstand, umfaßt also dieJahre 673 bis 612 v. Chr., dem Jahr des Untergangs des neuassyrischen Reiches alsterminus ad quem der Rezeption der neuassyrischen Königstexte, und entspricht demder Kernüberlieferung des Deuteronomiums98. Eine subversive Rezeption zentralerneuassyrischer Königsüberlieferungen, die dem assyrischen Großkönig die Legiti-mität seiner Herrschaft über Juda bestreitet, ist historisch während der Regierungs-

21ff.) und ihres „Sitzes im Leben“ in der Legitimation der Herrschaft bei irregulärer Thron-folge ist das Argument, altorientalische Vertragsschemata seien bis in römische Zeit tradiertworden und also für die Datierung biblischer Texte unbrauchbar, überholt und und sollte nichtmehr, wie noch wieder von W. Oswald (Israel am Gottesberg [OBO 159]) mit Hinweis auf He-rodot, verwendet werden. Die „Turmbauerzählung“ (Gen 11,1-9*) ist ein weiteres Beispiel fürherrschaftskritische Reflexion judäischer Intellektueller gegen die neuassyrische Hegemonial-macht, deren Ursprung in der Sargonidenzeit als Reflex auf den gescheiterten Bau des Sargon-Palastes von Dur-⁄arrukin eine sichere Datierung in das frühe 7. Jh. v. Chr. ermöglicht; vgl. C.Uehlinger, Weltreich und „eine Rede“ (OBO 101), 514ff.

95 Vgl. dazu Verf., Art. Israel und Mesopotamien (RGG4 IV), 308f.96 Die subversive Rezeption neuassyrischer Texte unterscheidet sich grundlegend von der inner-

biblischen Rezeption judäischer Texte. Das Nebeneinander beider Rezeptionsweisen ist imDeuteronomium zu beobachten, das das Bundesbuch reformuliert und dabei nicht, wie B.M.Levinson (Deuteronomy and the Hermeneutics of Legal Innovation [New York 1997]) meint,subversiv verfährt, sondern gerade die Identität von rezipiertem und rezipierendem Text ver-tritt, indem der auslegende Text als hermeneutischer Schlüssel für den ausgelegten begriffenwird; vgl. Verf., Rechtshermeneutik in der Hebräischen Bibel (ZAR 5), 75-98; ders., Ermeneu-tica giuridica nelle Bibbia ebraica (Ars interpretandi 4), 215-241 (dt. Fassung Münster 2000,223-247); ders., Biblische Rechtsgeschichte als Fortschreibungsgeschichte (BiOr 14), 5-14;ders., Das Deuteronomium. Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien(BZAW 284), 203-378, sowie in diesem Band, 248-256.

97 Vgl. S. Parpola, Assyrian Prophecies (SAA IX), LIX.98 Vgl. Verf., Das Deuteronomium. Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien

(BZAW 284), 69ff.

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zeit des Königs Josia99 in den Jahren zwischen 639 und 612 v. Chr. am wahrschein-lichsten. In diese Zeit fällt auch die Rezeption von Assurbanipals KrönungshymnusVAT 13831 (SAA III/11)100 in der Grundschicht von Ps 72 als Krönungshymnus desKönigs Josia101. Die Autoren dieser, die neuassyrischen Königstexte rezipierendenÜberlieferungen sind jeweils judäische Intellektuelle der Josiazeit, die zwar aus derJerusalemer Priesterschaft kommen102, die aber durchaus vielstimmig Programm-texte schrieben. Während die Grundschicht von Ps 72 als Krönungshymnus desKönigs Josia an Assurbanipals Krönungshymnus anknüpfend die Institution desKönigtums reformiert, indem alle Züge der militärisch durchzusetzenden Herrschaftüber die Völker eliminiert und die Verantwortung des Königs für den Schutz derSchwachen in der Gesellschaft an deren Stelle tritt, sind das Deuteronomium und dieMose-Erzählungen des 7. Jh. v. Chr. radikaler. Um dem Hegemonialanspruch desassyrischen Großkönigs begegnen zu können, setzen sie die absolute Loyalitätsfor-derung JHWHs gegen die des assyrischen Königs und begreifen „Israel“ als nichtdurch Staatsorgane, die durch den König und seine religiösen Funktionen legitimiertsind, konstituiert, sondern durch den Bund, den JHWH nicht mit dem König, son-dern mit dem Volk unmittelbar schließt. Dieses Programm des 7. Jh. v. Chr. aus derFeder judäischer Intellektueller wurde zur Geburtsstunde des Gedankens der Men-schenrechte als Befreiung des Menschen von der Allmacht des Staates103. Jerusalemkommt Athen um Jahrhunderte zuvor.

III. Mose als Offenbarungsmittler und Schriftgelehrter des Gesetzes

In diesem Kapitel geht es um die Wirkungsgeschichte der spätvorexilischen Mose-Konzeption in exilischer und nachexilischer Zeit, vor allem im Deuteronomium. Inden Mose-Exodus-Erzählungen ist die Verbindung der Mose-Gestalt mit dem Gesetznoch eine lockere, die dem Gesetz äußerlich bleibt. Das Gesetz in Gestalt der rituel-len Pflichten (Ex 34,18-23.25f.) wird von JHWH direkt offenbart, während Mose diein Mesopotamien königliche Aufgabe ihrer Verschriftung zukommt. Diese lockereVerbindung ändert sich grundlegend in der Exilszeit mit der dtr Horebredaktion104,

99 Vgl. Verf., Art. Josia/Josiareform (RGG4 IV), 587-589.100 A. Livingstone, Court Poetry and Literary Miscellanea (SAA III), 26f.101 Vgl. M. Arneth, „Sonne der Gerechtigkeit“ (BZAR 1), 18ff.; Verf., Krieg und Frieden in der

Hebräischen Bibel und im Alten Orient (ThFr 18), 117ff.102 Vgl. dazu Verf., Gottes Recht als Menschenrecht (BZAR 2), 57-76; ferner M. Weinfeld, Deu-

teronomy and the Deuteronomic School (Oxford 1972), 158ff.244ff.; ders., Scribes and WiseMen in the Old Testament (Michmanim 10), 7-17(7*); J. Blenkinsopp, Sage, Priest, Prophet(Louisville 1995), 40f.

103 Vgl. Verf., Human Rights: The Influence of the Hebrew Bible (JNSL 25), 1-20; ders., „Men-schenrechte“ im Alten Orient und im Alten Testament (Baden-Baden 2000), 13-45.

104 Vgl. Verf., Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch (FAT 30), 110ff.

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die die direkte Offenbarung auf den Dekalog (Dtn 5,6-21105) einschränkt, das Gesetzdes Deuteronomiums aber als vermittelte Offenbarung, die den Dekalog für dasLeben im verheißenen Land auslegt (Dtn 12,1)106, nach dem Bundesbruch des Vol-kes am Horeb (Dtn 5; 9-10*) auf Mose zurückführt. Erst in dieser Redaktion desDeuteronomiums, die das Gesetz des Deuteronomiums (Dtn 12-25) dekalogischstrukturiert, wird Mose als Offenbarungsmittler vollgültig mit dem Gesetz verbun-den. Der bereits die spätvorexilische Mose-Erzählung prägende Impuls der Abwehrfremder Hegemonialansprüche bleibt auch in dieser dtr Konzeption des Deuterono-miums in der Exilszeit lebendig, insofern die Horebredaktion konsequent an diePolitische Theologie sowohl des spätvorexilischen Deuteronomiums wie der zeit-gleichen Mose-Erzählungen anknüpft. Alles Recht ist in Babylonien auch der spät-babylonischen Zeit Königsrecht. Königsherrschaft und Herrschaft des Rechts sinduntrennbar miteinander verbunden, wie der Prolog der Gesetzessammlung desHammurapi zeigt, deren jüngste Abschrift ein Atarxerxes-Datum des 5. bzw. 4. Jh.v. Chr. trägt. In der Konzeption der Horebredaktion wird Israel als Gemeinschaft(lh…q…; Dtn 5,22) nicht durch Herrschaftsinstanzen eines Staates, die sich durch einenKönig als Repräsentanten der Götter legitimieren, sondern durch einen JHWH-Bundkonstituiert (Dtn 5,3) und also nicht durch eine staatliche Hierarchie, sondern diegemeinsame Erfüllung des Gotteswillens in Gestalt des Dekalogs integriert107. Indieser dtr Konzeption verschriftet Gott selbst den Dekalog (Dtn 5,22) und zieht da-mit eine klassische Königsaufgabe an sich108. Durch die göttliche Offenbarung undderen mosaische Vermittlung wird die Gesetzgebung in dtr Konzeption dem Zugriffdes Staates und damit auch der babylonischen Hegemonialmacht entzogen. Mitdieser Konzeption ändert sich auch der Status des Gesetzes. Königsideologisch ge-rahmte Rechtskorpora dienen in Mesopotamien der Verherrlichung des Königs, derim Auftrag des Sonnen- und Reichsgottes für die Durchsetzung von Gerechtigkeitunter den Menschen zuständig ist109. Derartige Rechtsmonumente haben dabei nichtdie Funktion der Dokumentation positiven Rechts als Grundlage der Gerichtsent-scheide, sondern zeigen, daß der König seinen von den Göttern gegebenen Auftragerfüllt. Dazu werden Rechtssammlungen, die im Schulbetrieb der Ausbildung für

105 Vgl. dazu Verf., Theologische Ethik des Alten Testaments (ThW 3/2), 208-219; ders., Art.Dekalog (RGG4 II), 625-628.

106 Vgl. G. Braulik, Die deuteronomischen Gesetze und der Dekalog (SBS 145; s. dazu die Re-zension des Verf. in ThLZ 119 [1994], 15-17); N. Lohfink, Die ˝huqqîm ûmi÷pa›îm und ihreNeubegrenzung durch Dtn 12,1 (SBAB 12), 229-256.

107 Zur antibabylonischen Perspektive des Dekalogs in seinem Kontext in Dtn 5 vgl. Verf., DerDekalog im Horizont des Alten Orients (WUB 17), 25-29.

108 Nur die Verschriftung der mythischen Schicksalstafeln, die die Sicherung der Königsherr-schaft zum Ziel haben, wird direkt den Göttern zugeschrieben (vgl. J.N. Lawson, The Con-cept of Fate in Ancient Mesopotamia of the First Millennium [OBC 7], 19ff.), nicht aber dieVerschriftung von Gesetzen.

109 Vgl. Verf., Art. Recht (TRE XXVIII), 197ff.

Die Geburt des Mose32

den Rechtsentscheid dienen110, verwendet. Wird aber das Gesetz in der HebräischenBibel direkt auf die Gottheit zurückgeführt und nicht auf einen König, so nimmt esnunmehr Züge des positiven Rechts an, das auf Durchsetzung pocht. Aspekte derköniglichen Rechtsfunktionen, die die Gerichte wahrnehmen, werden biblisch aufdas verschriftete Recht übertragen111. Auch die königliche Funktion der Rechts-verschriftung wird auf JHWH übertragen. An die Stelle der göttlich verschriftetenKönigsideologie in Gestalt der Schicksalstafeln treten die Gebote des Dekalogs, dieunterstreichen, daß die Identität Israels nicht durch einen König, der göttlich legiti-miert wird, und also auch nicht durch den spätbabylonischen Großkönig, sonderndurch den auf JHWHs Gesetz gegründeten ethischen Gestaltungswillen des ganzenVolkes definiert wird. Die Mose-Gestalt hat dabei wie JHWH die Funktion, königli-che Funktionen auf sich zu ziehen, die damit dem staatlichen Zugriff entzogen wer-den112. Daß sich die judäischen Verfasser als Schreiber jeweils auch ein Denkmalgesetzt haben, indem sie zunächst Mose, dann JHWH selbst im Bild eines Schreiberszeichneten, zeigt nur um so deutlicher, daß wir es mit einer Kontinuität zwischenden spätvorexilischen und exilischen Intellektuellen als Verfasser von Deuterono-mium und Mose-Erzählungen zu tun haben.

Mit der Funktion eines Offenbarungsmittlers des Gesetzes legt die dtr Horebre-daktion des Deuteronomiums Mose Züge eines Propheten bei (Dtn 18,15.18)113, derfürbittend für Israel nach dem Bundesbruch am Horeb eintritt (Dtn 9,18f.)114. WirdMose als Gesetzesmittler zum Propheten, soll das Gesetz die Herrschaft über dieProphetie übernehmen. Das Deuteronomium der spätvorexilischen Zeit war nochnicht mit der Mose-Fiktion verbunden, sondern leitete sich wie das ihm vorgegebene

110 Vgl. Verf., Rechtsgeschichte der Redaktionen im Kodex E÷nunna und im Bundesbuch (OBO85), 135ff.177ff.; ders., Kodifizierung und Kanonisierung von Rechtssätzen in keilschriftli-chen und biblischen Rechtssammlungen (Paris 2000), 77-124. Zur Diskussion s. auch J. Ren-ger, Noch einmal: Was war der „Kodex“ ≥ammurapi (ScriptOralia 66), 27-60; B. Kienast,Mündlichkeit und Schriftlichkeit im keilschriftlichen Rechtswesen (ZAR 2), 114-130.

111 J. Assmann (Fünf Stufen auf dem Wege zum Kanon [MThV 1], 16ff.) spricht in diesem Zu-sammenhang – einen Begriff von A. Assmann aufnehmend – von einer „Exkarnation deshöchstrichterlichen (legislativen oder iudikativen) Machtworts“ in das Gesetz; vgl. dazu auchVerf., Exkarnation ins Recht und Kanonsbildung in der Hebräischen Bibel (ZAR 5), 99-110.Dieser Wandlungsprozeß des judäischen Rechts beginnt bereits spätvorexilisch im Bundes-buch; vgl. Verf., Wandel der Rechtsbegründungen in der Gesellschaftsgeschichte des antikenIsrael (StB 3), 45ff.

112 Die Horebredaktion des Deuteronomiums geht mit Jer 7,22f. konform. Auch nach dtr Offen-barungstheorie des Deuteronomiums werden Gebote für Brand- und Schlachtopfer nicht fürdie Zeit vor der Seßhaftwerdung im Kulturland gegeben. Sie sind also von geringerer Digni-tät als die Dekaloggebote, die für Israel allerorten gelten. Jer 7,22f. ist also kaum die Initial-zündung für ein theologisch interpretiertes Gesetz in der Hebräischen Bibel, wie sich dieTheologisierung des Rechts kaum auf einen einzigen Text stützen läßt. Eine erst exilischeDatierung der theologisch interpretierten Tora läßt sich so nicht begründen.

113 Vgl. L. Perlitt, Mose als Prophet (FAT 8), 1-20, sowie in diesem Band, 257-271.114 Vgl. E. Aurelius, Der Fürbitter Israels (CB.OT 27), 8-40.

Die Geburt des Mose 33

Bundesbuch direkt aus dem Gotteswillen ab. Wenn der dtr Hauptredaktor das Deute-ronomium mit Mose als Offenbarungsmittler verbindet, hat er die spätvorexilischenMose-Erzählungen zum Vorbild, die Mose bei der Offenbarung der rituellen Pflich-ten Israels (Ex 34,18-23.25f.) anwesend sein und diese verschriften lassen.

Eine an die dtr Hauptredaktion des Deuteronomiums anknüpfende dtr Moabre-daktion (DtrL) verbindet noch in der Exilszeit das Deuteronomium mit dem Josua-buch115, verlegt die Promulgation des Deuteronomiums vom Horeb an das Ostuferdes Jordans im Land Moab und arbeitet die liturgische Funktion des Mose im Bun-desschluß heraus (Dtn 29-30*). Dieser dtr Autor reagiert mit der Verlegung derPromulgation des Deuteronomiums auf die vom Hauptredaktor nicht beantworteteFrage, inwiefern die Generation im Exil nicht erneut scheitern werde wie die ihrerVäter, die ins Exil geführt wurden. Seine Antwort ist durchschlagend: Die Väterge-neration der Adressaten des dtr Deuteronomiums kannte wie die Vätergeneration derAdressaten des Mose im Deuteronomium nicht das Deuteronomium in mosaischübermittelter Gestalt. Die Vätergeneration der Adressaten des Mose in Moab hatnach der Konzeption von DtrL in der Kundschafterepisode (Dtn 1,19-46*)116 versagtund ist deshalb dazu verurteilt, in der Wüste zu sterben. Erst der zweiten Generation,die keinen Anteil am Versagen der Väter hat (Dtn 1,39abb), wird das Deuterono-mium von Mose zu Kenntnis gegeben. Die Moabredaktion wendet sich mit der Ver-legung der Deuteronomiumspromulgation ins Land Moab auch gegen die Priester-schrift, die Mose als Stifter des aaronidischen Opferkultes mit dem Gottesberg Sinaiverbunden hat. Auch die Priesterschrift knüpft an die spätvorexilischen Mose-Exodus-Erzählungen an. Wird dort der Sinai mit Geboten kultischer Pflichten ver-bunden, so baut die Priesterschrift dies zu einem Programm der Kultgründung alsZiel einer mit der Schöpfung (Gen 1) anhebenden Weltgeschichte aus, in der Moseals Führer des Volkes von Ägypten bis zum Sinai und Mittler des Kultgründungs-programms Funktion hat117.

Eine Hexateuchredaktion gleicht in nachexilischer Zeit die unterschiedlichen,sich aber jeweils auf den Gotteswillen berufenden Konzeptionen von Priesterschriftund Deuteronomium aus. Sie knüpft in literarischer Gestaltung und theologischerIntention an die dtr Moabredaktion im Deuteronomium an und integriert die Priester-schrift in den Verbund des Deuteronomiums mit dem Josuabuch. Sie schafft aufdiese Weise einen von Gen 1 bis Jos 24 reichenden literarischen Zusammenhang. IhrInteresse gilt dem Land als zentralem Heilsgut, dem das Gesetz als Bedingung derMöglichkeit gelingenden Lebens im Land zugeordnet wird. Entsprechend liegt ihr

115 Vgl. Verf., Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch (FAT 30), 129ff.116 Zur Analyse von Dtn 1,19-46 vgl. Verf., Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch

(FAT 30), 12-109, sowie in diesem Band, 334-354.117 Vgl. dazu T. Pola, Die ursprüngliche Priesterschrift (WMANT 70), 257ff.; Verf., Forschun-

gen zur Priesterschrift (ThR 62), 1-50 (Lit.).

Die Geburt des Mose34

Hauptaugenmerk auf Josua, der das Volk in das Land führt und als Höhepunkt desHexateuch in Sichem den Bund ohne Mose schließt (Jos 24)118.

Die Hexateuchredaktion ergänzt den priesterschriftlichen Plagenzyklus (Ex 7,8-13*.19-22*; 8,1-3.11.12-15; 9,8-12)119 durch einen nichtpriesterschriftlichen Erzähl-faden, der umfangreich redaktionell bearbeitet wird. Der Plagenzyklus will aufzei-gen, daß JHWH als einziger Gott geschichtsmächtig ist, was Israel und Ägypten,d.h. die Völker, erkennen sollen. Dem dienen die Erkenntnis- (Ex 7,17; 8,6.18;9,14.29; 10,2) und Verstockungsaussagen (Ex 7,14; 8,11.28; 9,7.34; 10,1), die ihrenächste Parallele in den Erkenntnisaussagen des Ezechielbuches, vor allem aber inden Kyros-Aussagen des Jesajabuches in Jes 44,28; 45,1.13; 48,14 haben. Die The-mafrage des Pharao in Ex 5,1f. ist geradezu antithetisch intertextuell mit Jes 45,13verbunden120. Während Kyros JHWH-Erkenntnis hat und deshalb die Exiliertenentläßt, fehlt dem Pharao diese Gotteserkenntnis, so daß er sich der FreilassungIsraels verweigert. Der Herrscher der ägyptischen Weltmacht ist JHWH unterwor-fen, der ihm noch die Einsicht durch Verstockung nehmen kann (Ex 7,3; 9,12;10,1.20.27; 11,10). Das Konzept Politischer Theologie, das in diese nachexilischeGestalt des Plagenzyklus eingegangen ist, reagiert auf die Reichsideologie der persi-schen Hegemonialmacht. Die Völker der Welt und ihre Könige sind dort von demWeltherrscher Ahuramazda an ihren Ort gesetzt und zu Gehorsam verpflichtet. SeinVertreter in dieser Welt ist der persische Großkönig, der die göttliche Ordnung unterden Völkern durchzusetzen hat und dem der Gehorsam gilt. So heißt es in der Susa-Inschrift DSe:

„Vieles, was übel getan wurde, machte ich gut. Die Hände (dahy@va) warenin Unruhe (yaud-), der eine schlug den anderen. Doch Folgendes führte ichdurch die Stärke Ahuramazdas herauf: daß keiner den anderen schlägt; jedesist an seinem (verordneten) Platz“121.

In der postpriesterschriftlichen Konzeption des Plagenzyklus übernimmt JHWH diePosition des persischen Reichsgottes und Mose die des Großkönigs. Der persischeGroßkönig setzt mit Strafgewalt die Weltherrschaft der Gottheit durch:

„Es kündet Darius, der König: Diese Länder, die mir zugetan sind – nachdem Willen Ahuramazdas wurden sie mir untertan. Sie brachten mir Tribut.

118 Zur post-dtr Abfassung von Jos 24 vgl. M. Anbar, Josué et l’alliance de Sichem (BET 25),117ff.

119 Vgl. dazu L. Schmidt, Studien zur Priesterschrift (BZAW 214), 10ff.; zu den postpriester-schriftlichen Textanteilen vgl. J.C. Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung(FRLANT 186), 74ff.

120 Vgl. K. Schmid, Erzväter und Exodus (WMANT 81), 144.121 Vgl. K. Koch, Weltordnung und Reichsidee im alten Iran und ihre Auswirkungen auf die Pro-

vinz Jehud (OBO 55), 149. Zum Zusammenhang siehe auch Verf., Anti-Achaemenid Propa-ganda in Deuteronomy, in: Festschrift B. Oded, VT.S, Leiden/Boston 2009 (im Druck).

Die Geburt des Mose 35

Was ihnen von mir gesagt wurde, sei es bei Nacht oder bei Tag, das taten sie.Es kündet Darius, der König: In diesen Ländern habe ich einen Mann, dertreu war, reich belohnt. Doch wer treulos war, den habe ich streng bestraft.Nach dem Willen Ahuramazdas haben diese Länder mein Gesetz befolgt.Was ihnen von mir gesagt wurde, taten sie“122.

Mose dagegen wird nicht als König, sondern als Prophet stilisiert. Die Botenformel„so spricht JHWH“ findet sich im Pentateuch neben den postpriesterschriftlichenBelegen in Ex 4,22; 5,1; 32,27 nur im Plagenzyklus in Ex 7,17.26; 8,16; 9,1.13;10,3; 11,4. Nicht um Herrschaft ist es Mose zu tun, sondern darum, Erkenntnis undEinsicht in die Gottheit Gottes als des Einzigen zu wecken. Mose ist also nicht einWerkzeug der Macht der Gottheit unter den Völkern, sondern dient als Gottes Boteder Erkenntnis der Einzigkeit Gottes (Ex 8,6). Damit aber wird die persischeReichsideologie in einem entscheidenden Punkt abgewandelt. Gesetzesgehorsamsoll nicht auf der Anerkenntnis der realen politischen Machtverhältnisse beruhen,sondern auf der Einsicht in die Geschichtsmächtigkeit JHWHs, die die SeßhaftigkeitIsraels in seinem Land will. Noch in der persischen Zeit lebt der Impuls der Anfängeder Mose-Exodus-Erzählung fort, wenn Mose in der nachexilischen Plagenerzählungan die Stelle des persischen Großkönigs tritt. Deutlicher aber noch als in der spätvor-exilischen Mose-Erzählung kann nun, die dtr Theorie des mosaischen Propheten-amtes (Dtn 18,9-22) im Rücken, das mosaische Amt als das eines Propheten imGegensatz zum Amt des persischen Großkönigs treten123 und JHWH die Funktioneines nationalen Staatsgottes zugunsten der eines Rettergottes ablegen, der nicht dortam nächsten ist, wo sich Staatsmacht durchsetzt, sondern die Not am größten ist.

Die Pentateuchredaktion, die dagegen an die Konzeption der dtr Horebredaktiondes Deuteronomiums anknüpft, bringt wieder das Gesetz als zentrales Heilsgut zurGeltung124. Sie entwickelt eine Offenbarungstheorie, nach der abgesehen von dem inEx 20,1-17 unmittelbar offenbarten Dekalog ab Ex 20,22 alle übrigen Gesetze mo-saisch vermittelt sind. Dabei bedient sich die Pentateuchredaktion komplexer Diffe-renzierungen in ihrer Theorie der Offenbarung und damit zusammenhängend derVerschriftung der Gesetze. Der Verschriftungstheorie der Horebredaktion entspre-chend wird auch für die Pentateuchredaktion der Dekalog unmittelbar durch JHWH

122 Vgl. R. Borger/W. Hinz, Die Behistun-Inschrift Darius’ des Großen (TUAT I/4), 424; s. dazuauch Verf., Krieg und Frieden in der Hebräischen Bibel und im Alten Orient (ThFr 18),11f.147f.

123 Auf den ersten Blick sind die großen Differenzen sowohl in der literarischen Technik und derTheologie als auch der Relationierung zur Königsideologie der Hegemonialmacht erkennbar.Hier deutet sich ein fruchtbares Forschungsfeld für die Zukunft an, das auch der Literaturge-schichte des Alten Testaments ein besseres Fundament zu geben vermag, als sie es bis heutehat.

124 Zur Differenzierung zwischen postpriesterschriftlicher Pentateuch- und Hexateuchredaktionvgl. Verf., Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch (FAT 30), 156ff.

Die Geburt des Mose36

(Ex 24,12; 31,18; 32,15.19; 34,1.28; Dtn 4,13), die vermittelte Tora aber durch Moseverschriftet (Ex 24,4.7; 34,27; Dtn 31,9.[19.22.24]125). Doch innerhalb der durchMose verschrifteten Tora wird noch einmal differenziert. Die Gesetzesoffenbarungwird an den Gottesberg Sinai gebunden, während das Deuteronomium nach derTheorie der Pentateuchredaktion in Dtn 4,1-40 mosaische Schriftauslegung der Si-naitora ist126, die aber ebenfalls als Tora des Moabbundes verschriftet (Dtn 31,9)Teil der mosaischen Tora ist. Auch verankert die Pentateuchredaktion das Amt desschriftgelehrten Gesetzeslehrers in der Tora selbst, die damit auf ihre eigene Ausle-gung reflektiert. Mose wird so zum Urbild des Schriftgelehrten, dessen Zeugnis dasDeuteronomium ist. Mit dem nachexilischen Gemeindegesetz (Dtn 23,2-9)127 läßtder Pentateuchredaktor uns als Adressaten des Pentateuch wie die Adressaten desMose in die exegetische Werkstatt Moses als Schriftgelehrter schauen128. Dtn 23,2-9setzt die Hexateuchredaktion in Num 20,14ff. und Dtn 2,18f. voraus und korrigiertsie. Die Pentateuchredaktion greift mit Dtn 23,3 auf Gen 19,30ff. zurück undkombiniert diesen Rückgriff mit Lev 18,17. Eine Aufnahme von Ammonitern undMoabitern als Proselyten in die jüdische Gemeinde wird ausgeschlossen, da sieNachkommen eines blutschänderischen Verhältnisses sind. Die schriftgelehrte Pen-tateuchexegese hat aber einen zeitbedingten Anlaß. Das Gemeindegesetz appliziertmit exegetischen Mitteln eine Position der Nehemia-Denkschrift in Neh 13,4-9(„Ammoniter“ Tobija) und Neh 13,28 („Moabiter“ Sanballat) auf die Proselyten-bestimmungen, nimmt davon aber als Konsequenz der Schriftexegese aufgrund vonGen 25,19-26 die Edomiter von der Regelung aus.

Postredaktionelle Ergänzungen zum Pentateuch konnten daran anknüpfend Moseals Schriftgelehrten strittiger Rechtsfragen wie die der Gotteslästerung (Lev 24,10-23)129, eines zweiten Passa (Num 9,6-14), der Übertretung des Sabbats (Num 15,32-36) oder der Erbtöchter (Num 27,1-11; 36,1-12)130 entscheiden lassen131. In Dtn 31-34 stellt sich die Pentateuchredaktion der hermeneutischen Aufgabe, die Welt derAdressaten des Mose mit der Welt der Adressaten des Pentateuch zu vermitteln132.

125 Dtn 31,19.22.24 ist bereits Teil der postredaktionell mit dem Moselied eingebrachten Rah-mung und also Ergänzung zur Pentateuchredaktion.

126 Vgl. Verf., Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch (FAT 30), 167ff.127 Vgl. Verf., Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch (FAT 30), 203ff.128 Vgl. Verf., Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch (FAT 30), 175ff.129 Vgl. dazu R.R. Hutton, Narrative in Leviticus (ZAR 2), 145-163.130 Vgl. dazu Verf., Rechtshermeneutik in der Hebräischen Bibel (ZAR 5), 96ff.131 Nicht eine Gerichtsinstitution verbirgt sich hinter dieser Funktion des Mose, sondern das

Aufgabenfeld der schriftgelehrten Toraausleger in nachexilischer Zeit.132 Die dtr Schichten des Deuteronomiums enden mit Dtn 29-30, während in Dtn 31-34 die

postdtr Autoren der Hexateuch- und Pentateuchredaktion zu Wort kommen, die das Deutero-nomium in den jeweils größeren literarischen Kontext von Pentateuch und Hexateuch einbin-den; vgl. Verf., Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch (FAT 30), 138ff. Zur Dif-ferenzierung von Hexateuch- und Pentateuchredaktion in Dtn 34 vgl. auch T. Römer,Deuteronomium 34 zwischen Pentateuch, Hexateuch und deuteronomistischem Geschichts-

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Moses politische Führungsfunktion geht auf Josua über133, die des schriftgelehrtenHüters der Tora auf die levitischen Priester, die prophetische Funktion des Offenba-rungsmittlers aber auf die verschriftete Tora. In diesem Sinne kann es nach MosesTod keine Propheten mehr geben. Nicht Mose, wohl aber die verschriftete Tora ziehtüber den Jordan und bleibt im Volk dauerhaft präsent. Die Mose-Figur dient also inden Redaktionen von Deuteronomium und Pentateuch auch dazu, durch die Diffe-renzierung zwischen JHWHs direkt offenbarter, durch Mose vermittelter und durchihn ausgelegter Tora den offenbarungstheologischen Stellenwert der Gesetze zudefinieren.

Das Paradigma der spätvorexilischen Zeit, das durch die subversive Rezeptionzentraler Texte der neuassyrischen Königsideologie Mose zum Gegenbild des assy-rischen Großkönigs werden ließ, hat sich im Pentateuch durchgesetzt. Erst dieserGegenentwurf, der die Religion und damit die Konstituierung des Volkes Israelunabhängig vom Staat denkbar werden ließ, hat dazu beigetragen, daß die Zerstö-rung der staatlichen Identität Judas nicht zum Untergang von Religion und Volkgeführt hat. Vielmehr setzt sich im Exil in Frontstellung gegen die Babylonier dasParadigma der Mose-Erzählungen im Deuteronomium durch, das zur Wiege desPentateuch und insofern zum „Konstitutionsbuch“ der restaurierten Gemeinde desnachexilischen Israel wird134, das ein Überleben unter wechselnden politischen Kon-stellationen ermöglichte, ohne daß die religiöse Identität Schaden nehmen mußte.Martin Buber hat den historischen Mose als die Verkörperung der Absage einer vonÄgypten in die Freiheit ziehenden Hebräer-Schar an das „ewige Pharaonentum“interpretiert135. Er hat das Wichtigste an der Mose-Gestalt gesehen. Daß es sich dannnicht um den historischen Mose, sondern das in der Auseinandersetzung mit denHegemonialmächten seit dem 7. Jh. v. Chr. entworfene Mose-Bild handelt, ist zweit-rangig. Von dieser Absage judäischer Intellektueller an das „ewige Pharaonentum“leben wir noch heute, wenn die Menschenrechte rechtsverbindliche Gestalt gewin-nen136 und die Initiative und Verantwortung des Einzelnen Freiraum gegenüber demStaat beansprucht137.

werk (ZAR 5), 167-178. Daß an Dtn 34 nicht die Priesterschrift beteiligt ist, hat L. Perlitt(Priesterschrift oder Deuteronomium? [FAT 8], 123-143) ausreichend deutlich gemacht. DieErneuerung der gegenteiligen These durch C. Frevel (Mit Blick auf das Land die Schöpfungerinnern [HBS 23], 211ff.) scheitert daran, daß es ihm nicht gelingt, P in Ex 34 literarkritischzu isolieren.

133 Vgl. C. Schäfer-Lichtenberger, Josua und Salomo (VT.S 58), 107ff. Die Autorin rekonstruiertdie Amtsübergabe von Mose auf Josua als nur innerdtr Thema.

134 So G. Hölscher, Komposition und Ursprung des Deuteronomiums (ZAW 40), 161ff.135 Vgl. M. Buber, Mose (Heidelberg 21952), 127.136 Vgl. Verf., Human Rights: The Influence of the Hebrew Bible (JNSL 25), 1-70; ders., Men-

schenrechte im Alten Orient und im Alten Testament (BZAR 8), 120-153.137 Vgl. Verf., Soziale Verantwortung des Einzelnen und Fürsorge des Staates (IThE 10), 25-34.

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