Deutsches und europäisches Markenrecht

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DEUTSCHES UND EUROPÄISCHES MARKENRECHT PROF. DR. ANSGAR OHLY SS 2020 Deutsches und europäisches Markenrecht I. Grundlagen 1. Begriff und Überblick 2. Stellung im deutschen Rechtssystem 3. Historische Entwicklung 4. Philosophische und ökonomische Grundlagen 5. Unions- und völkerrechtlicher Rahmen (Überblick) II. Schutzvoraussetzungen und Entstehung der Kennzeichenrechte 1. Materielle Schutzvoraussetzungen 2. Formelle Schutzvoraussetzungen: Eintragungsverfahren III. Schutzbereich der Kennzeichenrechte und Verletzung 1. Markenverletzung 2. Die Verletzung sonstiger Kennzeichenrechte 3. Verhältnis zwischen MarkenG und UWG bei der Verletzung IV. Schranken des Schutzes V. Übertragung und Lizenzen VI. Ende des Schutzes VII. Rechtsfolgen der Verletzung VIII. Internationale Registrierung und Unionsmarke 1. Überblick 2. Die IR-Marke 3. Die Unionsmarke

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DEUTSCHES UND EUROPÄISCHES MARKENRECHT

PROF. DR. ANSGAR OHLY

SS 2020

Deutsches und europäisches Markenrecht

I. Grundlagen

1. Begriff und Überblick

2. Stellung im deutschen Rechtssystem

3. Historische Entwicklung

4. Philosophische und ökonomische Grundlagen

5. Unions- und völkerrechtlicher Rahmen (Überblick)

II. Schutzvoraussetzungen und Entstehung der Kennzeichenrechte

1. Materielle Schutzvoraussetzungen

2. Formelle Schutzvoraussetzungen: Eintragungsverfahren

III. Schutzbereich der Kennzeichenrechte und Verletzung

1. Markenverletzung

2. Die Verletzung sonstiger Kennzeichenrechte

3. Verhältnis zwischen MarkenG und UWG bei der Verletzung

IV. Schranken des Schutzes

V. Übertragung und Lizenzen

VI. Ende des Schutzes

VII. Rechtsfolgen der Verletzung

VIII. Internationale Registrierung und Unionsmarke

1. Überblick

2. Die IR-Marke

3. Die Unionsmarke

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) LITERATUR

Vorlesung „Deutsches und Europäisches Markenrecht“

Literaturauswahl

Gesetzestexte

• Förster/Uhrich/Zech, Geistiges Eigentum: Vorschriftensammlung zum gewerblichen

Rechtsschutz, Urheberrecht und Wettbewerbsrecht, 6. Aufl. (2019) (Mohr Siebeck)

• Textsammlung „Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Kartellrecht“ 40. Aufl. (2019)

(Beck-Texte im dtv)

• Textsammlung „Wettbewerbsrecht, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht“ , 6.

Aufl. (2019) (C.F. Müller)

Gesamtdarstellungen und Fallsammlungen zum Geistigen Eigentum

• Eisenmann/Jautz, Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 10. Aufl.

(2015)

• Engels, Patent-, Marken- und Urheberrecht, 10. Aufl. (2017)

• Götting, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht – Prüfe dein Wissen, 3. Aufl.

(2015)

• Ohly/Hofmann/Zech, Fälle zum Recht des geistigen Eigentums, 2. Aufl. (2018)

• Pierson/Ahrens/Fischer, Recht des geistigen Eigentums, 4. Aufl. (2018)

• Sosnitza, Fälle zum Urheberrecht und Gewerblichen Rechtsschutz, 4. Aufl. (2018)

Lehrbücher

• Berlit, Markenrecht, 11. Aufl. (2019)

• Götting, Gewerblicher Rechtsschutz, 10. Aufl. (2014, Neuaufl. angekündigt)

• Hacker, Markenrecht, 5. Aufl. (2019)

• Lettl, Gewerblicher Rechtsschutz (2019)

• Sosnitza, Deutsches und europäisches Markenrecht, 2. Aufl. (2015)

Kommentare und Handbücher

• Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Heidelberger Kommentar zum Markenrecht, 4. Aufl.

(2019)

• Fezer, Handbuch der Markenpraxis, 3. Aufl. (2016)

• Fezer, Markengesetz (Kommentar), 4. Aufl. (2009, Neuaufl. angekündigt)

• Hildebrandt, Marken und andere Kennzeichen, 5. Aufl. (2019)

• Ingerl/Rohnke, Markengesetz (Kommentar), 3. Aufl. (2010)

• Kur/v. Bonhard/Albrecht, Markenrecht, 3. Aufl. (2020, auch bei Beck-Online als

BeckOK)

• Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, 2. Aufl. (2012)

• v. Schultz, Markenrecht – Kommentar, 3. Aufl. (2012)

• Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz (Kommentar), 12. Aufl. (2018)

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Zeitschriften

• Computer und Recht (CR)

• Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), bei BeckOnline

• Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil (GRUR Int.), bei

BeckOnline

• Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Rechtsprechungsreport (GRUR-RR), bei

BeckOnline

• Markenrecht (MarkenR)

• MultiMedia und Recht (MMR)

• Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP)

• Zeitschrift für Geistiges Eigentum (ZGE)

Internetseiten mit Bezug zum Markenrecht

• Bundesgerichtshof (mit aktuellen Entscheidungen): www.bundesgerichtshof.de

• Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA) (mit Möglichkeit der Markenrecherche):

www.dpma.de

• Gerichtshof der EU (EuGH) (mit gut recherchierbarer Entscheidungsdatenbank):

www.curia.europa.eu

• Amt der EU für Geistiges Eigentum (mit Möglichkeit der Recherche nach Unionsmar-

ken): www.euipo.europa.eu

• World Intellectual Property Organization (WIPO) (mit Datenbank ausländicher Gesetze):

www.wipo.int

• World Trade Organization (WTO) – TRIPS:

www.wto.org/english/tratop_e/trips_e/trips_e.htm

DEUTSCHES UND EUROPÄISCHES MARKENRECHT

PROF. DR. ANSGAR OHLY

SS 2020

I. Grundlagen

1. Begriff und Überblick

Lit: Sosnitza, § 1

Gegenstand des Markenrechts und der übrigen Kennzeichenrechte sind Kennzeichen.

• Kennzeichen dienen der Identifizierung und Unterscheidung.

- Der Identifizierung im Wettbewerb bedürfen Unternehmen und Produkte.

- Ein Kennzeichen unterscheidet Personen bzw. Gegenstände von ähnlichen Personen

bzw. Gegenständen und ordnet einen Gegenstand seiner Herkunftsquelle (Betrieb, Re-

gion) zu.

• Der Kennzeichenschutz ist ein grundlegendes Anliegen des Wirtschaftsrechts:

- Der Abnehmer kann nur frei entscheiden, wenn er unterscheiden kann.

- Der Anbieter kann nur dann Qualitätsstandards einhalten und Werbebotschaften über-

mitteln, wenn er einen „Informationskanal“ schafft.

• Unterschied zum Patent- und Urheberrecht: Das Markenrecht schützt nicht in erster Linie

eine anerkennenswerte Leistung (wie Erfindung oder Werk), sondern ermöglicht eine Zu-

ordnung. Allerdings können Kennzeichen durch Investitionen in Produktqualität und Wer-

bung einen Wert erlangen, der als solcher schutzwürdig ist (Beispiele: Marke „Coca-Cola“,

Unternehmensbezeichnung „BMW“, geograph. Herkunftsangabe „Champagner“).

• Ein Kennzeichenrecht ist ein ausschließliches Recht an einem Kennzeichen.

• Dem „Zeichen“ als Rechtsobjekt entspricht die „Marke“ als Recht.

• Das Recht am Kennzeichen ist ein absolutes Recht: Es wirkt gegen jeden

• Allerdings gibt es kein absolutes Ausschließlichkeitsrecht an Wörtern, Symbolen etc., das

Ausschließlichkeitsrecht bezieht sich nur auf die Beziehung zwischen Zeichen und be-

zeichnetem Gegenstand. Daher schützt das Kennzeichenrecht nur gegen bestimmte Ver-

letzungshandlungen und ist damit enger als z.B. das Urheberrecht. Beispiel: Die Marke

„apple“ ist nicht für Obst geschützt und verbietet nicht das Reden über Äpfel

Rechtsquellen des Markenrechts

• Deutsches Recht

- MarkenG (1995): regelt in Umsetzung der EU-Markenrechtsrichtlinie Entstehung und

Schutzbereich eingetragener Marken, kodifiziert darüber hinaus aber das komplette

Kennzeichenrecht, also auch Unternehmensbezeichnungen und geographische Her-

kunftsangaben

- §§ 17 ff. HGB: regeln das Firmenrecht

- Markenverordnung (MarkenV, 2004): regelt Einzelheiten des Eintragungsverfahrens

- Gesetz zum Schutz des/r olympischen Emblems / Bezeichnungen (OlympSchG)

• Völkerrecht (dazu näher unten, 5)

- TRIPS-Übereinkommen

- Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ)

- Madrider Markenabkommen (MMA) und Protokoll zum MMA

- Nizzaer Klassifikationsabkommen

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• Unionsrecht (dazu näher unten, 5): Unionsmarkenverordnung (EUMVO) und

Markenrechtsrichtlinie (MRRL)

Die Kennzeichenrechte im Überblick

• Die Marke (§§ 3, 4)

- unterscheidet Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer

Unternehmen

- z.B. Apple, Coca-Cola, Mercedes-Stern, Fünftonfolge der Telekom

- bezieht sich immer auf bestimmte Waren / DL (z.B. „Astra“ für Bier oder ein Opel-

Modell)

- entsteht durch Eintragung oder Benutzung + Erlangung von Verkehrsgeltung

• Unternehmensbezeichnungen (§ 5 II)

- kennzeichnen nicht Produkte, sondern Unternehmen

- Arten: Name, Firma, besondere Geschäftsbezeichnung

- Beispiele: Daimler AG, Aventis, Bayerischer Hof

- entstehen bei originärer Unterscheidungskraft durch Benutzung, ansonsten durch Er-

werb von Verkehrsgeltung

- Paralleler Schutz des Namens durch § 12 BGB, wird im geschäftlichen Verkehr durch

das MarkenG verdrängt

- Paralleler Schutz der Firma durch § 17 ff. HGB, der sich aber kaum mit dem MarkenR

überschneidet

• Werktitel (§ 5 III)

- kennzeichnen Werke, z.B. Bücher, Zeitschriften oder Filme

- Beispiele: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, No Time to Die, Windows

- beziehen sich nicht auf den Anbieter (z.B. Beck-Verlag), sondern auf das Werk (z.B.

Fälle zum Recht des Geistigen Eigentums)

- entstehen bei originärer Unterscheidungskraft durch Benutzung, ansonsten durch Er-

werb von Verkehrsgeltung

• Geographische Herkunftsangaben (§§ 126 ff.)

- Verweisen auf die geographische Herkunft des Produkts

- Beispiele: Champagner, Krombacher Pils, Bocksbeutelflasche

- Einfache gH verweisen nur auf die Herkunft, qualifizierte gH zugleich auf die Qualität

(Beispiele: Champagner, Parmaschinken)

- Stehen nicht einem Individuum, sondern einem Kollektiv zu: jeder, der in der betref-

fenden Region produziert und im Fall qualifizierter gH die Qualitätsstandards einhält,

darf sie benutzen

- Schutz gegen Irreführung (§ 127 I), bei besonderem Ruf auch gegen Schädigung und

Ausnutzung (§ 127 III), Anspruchsberechtigung an UWG angelehnt (§ 128)

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Und Domainnamen?

• Unterschiede zwischen Marke und Domainname:

- Vergabe: Domainnamen werden durch private Stellen (für TLD .de DENIC e.G.) ohne

Prüfung der Berechtigung nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" verge-

ben, gegen die Vergabe besteht regelmäßig kein Rechtsschutz (BGHZ 148, 13 – ambi-

ente.de). Bei generischen Top-Level-Domains (z.B. .com, .net, .info) besteht immerhin

ein außerrechtliches Schlichtungsverfahren (Uniform Dispute Resolution Policy der

ICANN, vgl. dazu http://www.icann.org/udrp/udrp.htm)

- Koexistenz: Identische Marken für unterschiedliche Produkte können koexistieren.

Domainnamen können aus technischen Gründen nur einfach vergeben werden, Bei-

spiel: BGHZ 149, 191 – shell.de: Werbetexter Andreas Shell als berechtigter Inhaber

der Domain? Koexistenz gleicher Second-Level-Domains aber bei unterschiedlicher

Top-Level-Domain möglich.

- räumliche Geltung: Territorialität des Markenrechts, Internationalität des Internet

(Beispiel: BGH GRUR 2005, 431 – hotel-maritime.dk).

• 2 kennzeichenrechtliche Grundprobleme:

- Schutz gegen unbefugte Domainnamen. Grundsatz: Durch die Nutzung eines Do-

mainnamens können bestehende Kennzeichenrechte ebenso verletzt werde wie durch

eine offline-Benutzung, z.B.: unbefugte Benutzung der Domain ludwig-maximilians-

universität.de verletzt das Namensrecht der LMU (§ 12 BGB), unbefugte Benutzung der

Domain iphone.de das Markenrecht von Apple

- Schutz des Domainnamens. Grundsatz: Der Domainname hat am Schutz des dahinter-

stehenden außervirtuellen Kennzeichens teil (z.B.: Ebenso wenig wie der Name "LMU"

darf die Domain "lmu.de" unbefugt verwendet werden), im Übrigen kann der Domain-

name selbst kennzeichenrechtlich geschützt sein, wenn er die Voraussetzungen des § 4

oder der § 5 II, III MarkenG erfüllt.

• Der Domainname ist per se nicht Gegenstand eines Kennzeichenrechts, kann es aber wer-

den:

- Domainnamen selbst sind nicht Gegenstand eines absoluten Rechts, sondern nur von

vertraglichen Ansprüchen gegen die Registrierungsstelle (BVerfG GRUR 2005, 261).

Kennzeichen

Geschäftliche Be-zeichnungen

(§ 5 MarkenG)

Marken (§§ 3, 4 MarkenG)

Geographische Her-kunftsangaben (§§ 126 ff. Mar-

kenG)

Unternehmens-bezeichnungen

(§ 5 II)

Werktitel (§ 5 III)

Besondere Geschäfts-

bezeichnung

Firma Name

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Ein Kennzeichenrecht kann aber entstehen, wenn die Voraussetzungen des Marken-

schutzes oder des Schutzes als Unternehmenskennzeichen vorliegen.

- Domainnamen können als Marke eingetragen werden (§ 4 Nr. 1 MarkenG) oder als

nichteingetragene Marke (§ 4 Nr. 2 MarkenG) geschützt sein, wenn sie (ausnahmswei-

se) als Marke, also als Produkthinweis, Verkehrsgeltung erlangt haben.

- Sie können auch ohne Eintragung als geschäftliche Bezeichnungen (§ 5 MarkenG) ge-

schützt sein: Unternehmenskennzeichen, wenn der Domainname ausnahmsweise das

Unternehmen selbst identifiziert (z.B. „ciao.com"), Werktitel (§ 5 III MarkenG), wenn

Website insgesamt ein Werk darstellt, ansonsten Geschäftsabzeichen (§ 5 II 2 Mar-

kenG), das nur bei Erlangung von Verkehrsgeltung kennzeichenrechtlich geschützt ist.

2. Stellung im Rechtssystem

Markenrecht und Verfassungsrecht

• Die Marke ist als geistiges Eigentum ist verfassungsrechtlich geschützt.

- So ausdrücklich Art. 17 II EU-Grundrechtecharta (hat im Bereich vollständig harmo-

nisierten Rechts Vorrang gegenüber dem GG, grundlegend BVerfG GRUR 2020, 88 –

Recht auf Vergessen II, und das Recht der Registermarke wurde vollständig harmoni-

siert!)

- Keine ausdrückliche Garantie im GG (s. aber die Kompetenznorm des Art. 73 Nr. 9

GG), aber Teilhabe an der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG).

• Erheblicher Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers unter Art. 14 I 2 GG, zumal auch das

geistige Eigentum der Sozialbindung (Art. 14 II GG) unterliegt.

• Beispiel zu EMRK: EGMR GRUR 2007, 696 – Anheuser: Budweiser erlangt mit Marken-

anmeldung ein nach Art. 1 Prot. 1 zur EMRK (entspricht Art. 14 GG) geschütztes Recht,

das aber nicht verletzt wird, wenn die Anmeldung in ordnungsgemäßem Verfahren abge-

lehnt wird und das Gericht das bestätigt.

• Umgekehrt sind auch einige Schranken des Markenrechts Ausprägungen grundrechtli-

cher Garantien.

- Vor allem beim Schutz bekannter Marken ist die Meinungs- und Kunstfreiheit (Art. 11,

13 EUGRCh; Art. 5 I, III GG) zu berücksichtigen, Beispiel: BGH GRUR 2005, 583 – Lila

Postkarte

- Die Freiheit zur Benutzung des eigenen Namens (§ 23 Nr. 1) ist Ausprägung des Per-

sönlichkeitsrechts

- §§ 23 I Nr. 2 (Freiheit beschreibender Angaben) und 3 (Freiheit der Benutzung für Zu-

behör) beruhen auf einer Abwägung zwischen Markenschutz und Wettbewerbsfreiheit

der Mitbewerber

Das Markenrecht als Teil des privaten Wirtschaftsrechts

• Das Markenrecht ist Teil des Privatrechts, auch wenn Marken von einer Behörde durch

Verwaltungsakt erteilt werden.

• Immaterialgüterrechte sind absolute, dingliche Rechte, insoweit sind sie mit dem Eigen-

tum an Sachen vergleichbar.

• Das Markenrecht ist Teil des gewerblichen Rechtsschutzes

• Es hat sich vom Persönlichkeitsrecht (für das es noch Kohler hielt) zu einem reinen Wirt-

schaftsrecht entwickelt

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• Zwar können Marke und Persönlichkeitsrecht zusammentreffen (Beispiel: Unionsmar-

ken 004745402 – Beyoncé, 012467874 – CR7 Cristiano Ronaldo), aber die persönlich-

keitsrechtlichen Elemente werden von den Persönlichkeitsrechten, nicht vom Marken-

recht erfasst.

• Die Vorschriften des BGB sind immer dann anwendbar, wenn die immaterialgüterrechtli-

chen Sondergesetze keine Spezialvorschrift enthalten, Beispiel: Das Markenrecht ist als

absolutes Recht nach § 823 I BGB geschützt, die Markenverletzung richtet sich aber aus-

schließlich nach § 14 MarkenG. Durch Anwendung der BGB-Vorschriften darf aber kein

Schutz gewährt werden, den das Markenrecht bewusst vorenthält, Beispiel: kein Schutz

der Marke gem. § 823 I BGB nach deren Löschung.

Verhältnis zum UWG

• Verwechslungen zwischen Unternehmen oder Produkten verzerren den Wettbewerb. Der

Schutz vor Verwechslungen dient damit letztlich Mitbewerbern, Verbrauchern und der

Allgemeinheit (vgl. auch §§ 4 Nr. 3a; 5 II UWG) → Das Kennzeichenrecht ist Teil des

Wettbewerbsrechts im weiteren Sinne. Vgl. auch Art. 10bis PVÜ, der das Hervorrufen

von Verwechslungen als Fall des unlauteren Wettbewerbs ansieht.

• Grenzgebiete, die vor der Markenrechtsreform (1994) lauterkeitsrechtlich geregelt waren:

- erweiterter Schutz der bekannten Marke

- geographische Herkunftsangaben

- Schutz von Unternehmenskennzeichen

• Aber: Das Markenrecht ist als Recht des geistigen Eigentums bzw. Immaterialgüterrecht

ein subjektives Recht, während das UWG als Sonderdeliktsrecht grundsätzlich keine sub-

jektiven Rechte gewährt. Folge: Aktivlegitimiert im Markenrecht ist nur der Markeninha-

ber (§ 14 V, VI MarkenG), keine Parallele zur Verbandsklage des § 8 UWG (Ausnahme: §

128 MarkenG).

• Berührungspunkte:

- Schutz bekannter Marken gegen Herabsetzung: §§ 14 II Nr. 3 MarkenG / 4 Nr. 1 UWG

- Schutz dreidimensionaler Marken und UWG-Nachahmungsschutz, vor allem gegen

vermeidbare Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 3a UWG)

- Behinderung (§ 4 Nr. 4 UWG) durch Markenanmeldung oder durch Entfernen von Kon-

trollnummern im selektiven Vertrieb

- Verwechslungsgefahr (§ 14 II Nr. 2 MarkenG) und Irreführung (§ 5 II UWG)

- Benutzung einer fremden Marke in der vergleichenden Werbung (§ 14 II Nr. 1, 3 Mar-

kenG und § 6 UWG)

• Das Verhältnis zwischen MarkenG und UWG ist umstritten. Grundsätzlich können Ansprü-

che aus beiden Gebieten nebeneinander bestehen (§ 2 MarkenG), es gibt keinen allgemei-

nen Vorrang des Markenrechts (so aber früher die Rspr und noch heute einige Bearbeiter

von Schwerpunktklausuren). Anzustreben ist aber Wertungseinheit zwischen Marken- und

Lauterkeitsrecht, insbesondere dürfen die Grenzen des Markenschutzes nicht durch An-

wendung des UWG unterlaufen werden. Näher dazu unten, III 3.

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Verhältnis zum Kartellrecht

• Lizenzverträge unterliegen der Kontrolle anhand von Art. 101 AEUV, § 1 GWB. Typische

Konfliktfälle: Franchising und selektiver Vertrieb

• Während im Patent- und Urheberrecht der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stel-

lung (Art. 102 AEUV, §§ 19, 20 GWB) eine wichtige Rolle spielt, vermittelt die Marke in al-

ler Regel keine marktbeherrschende Stellung, da das betreffende Produkt unter anderer

Marke verkauft werden kann.

3. Historische Entwicklung

Zunftordnung und Privilegienwesen

• Handwerker-, Stadt- und Zunftzeichen als Frühform des Markenwesens

• Allerdings meist (aus heutiger Sicht) öffentlich-rechtliche und strafrechtliche Regeln, Kon-

trolle der Zeichennutzung durch Zünfte

• Bedürfnis für modernes Markenrecht erst nach Herstellung der Gewerbefreiheit

Entwicklung der deutschen Gesetzgebung im 19. und 20. Jahrhundert

• territoriale Aufsplitterung Deutschlands erschwert einheitlichen Schutz der Immaterialgü-

terrechte

• 1874 : Markenschutzgesetz (erfasst nur Bildmarken, Wortmarken erst ab Markengesetz

von 1894 geschützt)

• 1894: Warenzeichengesetz (WZG), galt im Prinzip bis 1994

• 1896: Ergänzung des Markenschutzes durch das erste UWG, dort bis 1995 Schutz

geschäftlicher Bezeichnungen

• 1936: Einführung des Ausstattungsschutzes (heute nichteingetragene Marke)

• 1979: Gleichstellung von Dienstleistungsmarken

• 1992: Erstreckungsgesetz, Lösung der Bindung Marke-Geschäftsbetrieb

Phase der Europäisierung und Internationalisierung

• 1988/1994/2015: EU-Markenrechtsrichtlinie (MarkenRL), Umsetzung in Deutschland durch

MarkenG von 1994 (in Kraft seit 1.1.1995), dabei nicht nur Neuregelung des Marken-

rechts, sondern Kodifizierung des gesamten Kennzeichenrechts: Inkorporierung der Vor-

schriften über geschäftliche Bezeichnungen (§ 5 MarkenG) und geographische Herkunfts-

angaben (§§ 126 ff. MarkenG). Reform von 2015 mit Wirkung ab 14.1.2019 umgesetzt.

• 1993/2009/2015: Unionsmarkenverordnung, seit 1996 Beginn der Arbeit des Europäischen

Markenamts (offiziell „Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt“ HABM), Alicante, Mög-

lichkeit der Eintragung eines unionsweit geltenden Schutzrechts (unterscheide: das Euro-

päische Patent gem. EPÜ ist ein Bündel nationaler Patente!).

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 7

4. Philosophische und ökonomische Grundlagen

Lit: Ohly, Free-riding on the repute of trade marks – does protection generate innovation? (in Drexl/Kamperman Sanders (Hrsg.), The Innovation Society and Intellectual Proper-ty, 2019, bei den Materialien zur Vorlesung abrufbar)

Deontologische und utilitaristische Rechtfertigung

• Zur Unterscheidung zwischen deontologischen und utilitaristischen Ansätzen s. die Vorle-

sung „Einführung in das geistige Eigentum“, I 4

• Deontologische Ansätze:

- Der Kernbereich des Markenschutzes = Verwechslungsschutz beruht auf dem Wahr-

heitsgebot, also letztlich dem ethischen Verbot der Lüge

- Der erweiterte Schutz der bekannten Marke lässt sich auf das Verbot zurückführen,

„mit fremdem Kalbe zu pflügen“ (Lobe). Es ist aber zweifelhaft, ob sich ein solches

Verbot ethisch begründen lässt.

• Ebenso wie im Patentrecht sind daher auch im Markenrecht die wesentlichen Ansätze zur

Rechtfertigung des Markenschutzes utilitaristischer / ökonomischer Natur.

Markenfunktionen

• Der EUGH unterscheidet in seiner Rechtsprechung mehrere Markenfunktionen (EUGH, Rs.

C-487/07 – L’Oréal/Bellure)

- Herkunftsfunktion: Die Marke kennzeichnet die betriebliche Herkunft eines Produkts

- Qualitätsfunktion: Die Marke verspricht Abnehmern eine gleichbleibende Produktquali-

tät

- Kommunikationsfunktion: Die Marke ermöglicht es dem Inhaber, mit Abnehmern zu

kommunizieren und ihnen Informationen über seine Produkte zu übermitteln

- Investitionsfunktion: Die Marke schützt die Investitionen des Markeninhabers vor Aus-

nutzung durch Trittbrettfahrer („Free Rider“)

- Werbefunktion: Die Marke symbolisiert und transportiert Werbebotschaften. Bekannte

Marken haben selbst einen Werbewert.

• Problem: Diese Funktionen sind betriebswirtschaftliche Funktionen. Sie sagen nichts dar-

über, in welchem Ausmaß die Funktionen de lege lata geschützt sind und rechtspolitisch

geschützt werden sollten.

• Außerdem sind die Funktionen nicht gleichwertig: Herkunfts- und Kommunikationsfunkti-

on sind übergeordnet.

Ökonomische Grundlagen des klassischen Kennzeichenschutzes

• Kernbereich des Kennzeichenrechts ist der Schutz vor Fehlzurechnungen, also davor, dass

Abnehmer die Produkte verschiedener Anbieter verwechseln.

• Anders als das Patent dienen Kennzeichenrechte nicht der Korrektur eines Marktversa-

gens, das durch die freie Nachahmbarkeit von Immaterialgütern entsteht. Sie dienen der

Information der Marktteilnehmer.

• Kennzeichenrechte schaffen einen „Kommunikationskanal“

- Sie erlauben die Unterscheidung und Identifizierung von Produkten und Unternehmen

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 8

- und ermöglichen es so dem Markeninhaber, Informationen über Qualität und Image

seiner Produkte zu „senden“.

• Dadurch Schutz der Markttransparenz im Interesse der Markeninhaber und Abnehmer

- Abnehmer erhalten zutreffende Information, dadurch werden ihre Suchkosten gesenkt

- Zugleich wird die Investition Markeninhabers in Qualität und Image geschützt.

• Auch das Markenrecht hat eine Anreizfunktion.

- Es soll keine Anreize zur Schaffung von Marken schaffen.

- Aber es schafft die Grundlage dafür, dass sich für den Markeninhaber Investitionen in

Qualität und Image auszahlen.

- Ohne Markenrecht könnten Abnehmer hochwertige Produkte nicht identifizieren und

würden sich nur am Preis orientieren. Damit würde sich für Anbieter der Mehraufwand

für hohe Qualität nicht lohnen. Ergebnis wäre ein „market for lemons“ (Akerlof).

• Allerdings ist selbst der Verwechslungsschutz nicht absolut

- Für bestimmte Zeichen, etwa beschreibende Begriffe oder gängige Produktformen,

kann ein Freihaltebedürfnis bestehen.

- Die Schutzdauer technischer Schutzrechte und des Designrechts darf nicht durch den

unbegrenzten Markenschutz unterlaufen werden.

- Der Verwechslungsschutz muss in Ausnahmesituationen höherrangigen Interessen

weichen, etwa dem Interesse von Mitbewerbern an der Nutzung des eigenen Namens

oder beschreibender Angaben oder dem Allgemeininteresse an der Freiheit von Zube-

hör- und Ersatzteilmärkten, vgl. § 23 MarkenG

Ökonomische Grundlagen des erweiterten Kennzeichenschutzes

• Das moderne Markenrecht schützt bekannte Marken und andere bekannte Kennzeichen

auch jenseits der Verwechslungsgefahr vor Rufausbeutung (Beispiel: Benutzung der Marke

„Dimple“ für Herrenkosmetik), Rufschädigung (Beispiel: Benutzung des Slogans „Mars

macht mobil, bei Sex, Sport und Spiel“) und Schädigung der Kennzeichnungskraft (Ver-

wässerung, Beispiel: Benutzung des Slogans „Der Mercedes der Waschmaschinen“), s. §§

14 II Nr. 3, 15 III, 127 III.

• Das lässt sich mit dem Gedanken der Markttransparenz nicht begründen.

• Informationstheoretische Ansätze zur Rechtfertigung des Schutzes vor Schädigung von Ruf

und Unterscheidungskraft:

- Im Fall der Verwässerung wird die Informationsgrundlage für Abnehmer beeinträch-

tigt, was sich sogar durch psychologische Experimente nachweisen lässt

- Starke Marken sind „Leuchttürme“, die Verbrauchern die Orientierung erleichtern.

Scheinen sie weniger hell, bieten sie geringere Orientierung.

• Deontologische Ansätze zur Rechtfertigung von Schädigungs- und Ausbeutungsschutz:

- Markenimage ist das Ergebnis einer Investitionsleistung, die gegen Schädigung und

Ausbeutung geschützt werden sollte

- Wer sich „in den Bereich der Sogwirkung [einer bekannten] Marke [begibt], um von ih-

rer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und um ohne finanzi-

elle Gegenleistung die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaf-

fung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen“ (EUGH, Rs. C-

487/07 – L’Oréal/Bellure) handelt unlauter.

- Aber ob das überzeugt, ist zweifelhaft.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 9

5. Unions- und völkerrechtlicher Rahmen (Überblick)

a) Territorialitäts- und Schutzlandprinzip

Territorialitätsprinzip

• Das Eigentum an Sachen wird überall anerkannt.

• Aber Immaterialgüter sind wegen ihrer Ubiquität nirgendwo belegen. Hier kann es gute

Gründe dafür geben, dass ein Staat ein Immaterialgut schützt, der andere nicht. Auch

kann es gute Gründe dafür geben, dasselbe Immaterialgut in unterschiedlichen Ländern

unterschiedlichen Inhabern zuzuweisen.

• Außerdem können Registerrechte wie die Registermarke nur für das Land vergeben wer-

den, für das das registrierende Amt zuständig ist. Es gibt aber bisher kein Welt-

Markenamt (zur Unionsmarke sogleich).

• Folge: Territorialitätsprinzip → Rechte des geistigen Eigentums gelten nur innerhalb des

Staates, der die erteilt oder anerkannt hat.

• Die Unionsmarke stellt keine Ausnahme vom Territorialitätsprinzip dar. Nur ist das Terri-

torium größer.

Schutzlandprinzip

• Das Territorialitätsprinzip bestimmt über die territoriale Reichweite des Rechts, nicht über

das anwendbare Recht.

• Schutzlandprinzip: Auf Entstehung, Schutzbereich, Verletzung und Schranken ist das

Recht des Staates anwendbar, für den um Schutz nachgesucht wird.

• Das Schutzlandprinzip ist eine Norm des Kollisionsrechts (IPR), in Europa geregelt durch

Art. 8 der Rom II-Verordnung (dessen Reichweite aber umstritten ist)

• Wird also eine Marke durch eine Anzeige in einer Zeitschrift verletzt, die in Deutschland

und Österreich erscheint, so ist deutsches Recht auf die in Deutschland verkauften

Exemplare, österreichisches Recht auf die österreichischen anwendbar.

Rechtsverletzungen im Internet

• Problem: Globalität des Internet – strikte Anwendung des Territorialitätsprinzips führt da-

zu, dass durch Verwendung eines Immaterialguts im Internet eine Vielzahl territorial be-

grenzter Rechte verletzt wird und eine Vielzahl von Rechtsordnungen anwendbar ist.

• Das Problem stellt sich auf drei Ebenen

- Internationale Zuständigkeit: Ist der Gerichtsstand des Tatorts (Art. 7 Nr. 2 EuGVVO)

überall eröffnet, wo eine Website gelesen werden kann, oder muss die Zahl möglicher

Gerichtsstände eingeschränkt werden?

- IPR: Muss eine Urheber- oder Markenrechtsverletzung im Internet nach sämtlichen

Rechtsordnungen der Länder beurteilt werden, in denen die Seite abrufbar ist?

- Sachrecht: Werden die Immaterialgüterrechte in sämtlichen Ländern verletzt?

• Sinnvoll ist jedenfalls eine Einschränkung auf sachrechtlicher Ebene: Verletzung eines in-

ländischen Kennzeichenrechts nur, wenn die Website im Inland wirtschaftliche Auswir-

kungen hat, näher dazu unter III 1.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 10

b) Internationale Übereinkommen

Ausgangspunkt

• Probleme des Territorialitätsprinzips bei fehlender internationaler Zusammenarbeit:

- Es bleibt jedem Staat überlassen, ob und in welchem Maße er das geistige Eigentum

schützen möchte.

- Möglichkeit der Diskriminierung ausländischer Staatsangehöriger.

- Erheblicher Aufwand bei Registerrechten: einzelne Anmeldung in jedem Staat erforder-

lich

• Daher schon Ende des 19. Jahrhunderts erste internationale Übereinkommen, die Min-

deststandards und den Grundsatz der Inländergleichbehandlung festlegen:

- Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ,

1883), betrifft den gewerblichen Rechtsschutz (Patente, Muster, Marken, UWG)

- Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (1887), seit

der Revision von 1908 üblicherweise als Revidierte Berner Übereinkunft (RBÜ) be-

zeichnet.

• Zugleich erstes Übereinkommen, das eine internationale Registrierung von Marken er-

laubt: Madrider Markenabkommen (MMA, 1891)

• Seitdem Ausbau des internationalen Regimes (dazu sogleich)

• Gründung der World Intellectual Property Organization (WIPO) mit Sitz in Genf 1969

- Unterorganisation der UNO

- Bemüht sich um Ausbau des internationalen IP-Systems

- Berät Staaten in IP-Fragen

- Verwaltet MMA- und PCT-Mechanismus (dazu sogleich)

- Betreibt Schiedsgerichts- und Mediationszentrum

Abkommen, die Mindeststandards vorsehen

• PVÜ (1883)

- Mindeststandards des Markenschutzes (Art. 6 ff.)

- Inländergleichbehandlung

- Unionspriorität (Art. 4)

• TRIPS-Übereinkommen (1994)

- Unterabkommen des Abk. über die Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO)

- Bern- und Paris-Plus: RBÜ und PVÜ werden inkorporiert, aber weitergehende Stan-

dards (Art. 15 ff. TRIPS)

- Vorschriften über die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums

- Bei Verstoß können Staaten den WTO-Streitschlichtungsmechanismus in Gang setzen

- Mittlerweile fast universale Geltung, von den wichtigen Industriestaaten ist nur Russ-

land der WTO bisher nicht beigetreten

• Näheres zu diesen Abkommen unter VIII 1.

Die IR-Marke

• Das Madrider Markenabkommen (MMA, 1891) und Protokoll zum Madrider Marken-

abkommen (PMMA, 1989) erlauben eine internationale Registrierung.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 11

• Das MMA war aus verschiedenen Gründen (vor allem Zwang zur Anmeldung in französi-

scher Sprache) für die USA und GB nicht akzeptabel. Das Protokoll, das auf dem gleichen

System mit einigen Änderungen und Aktualisierungen beruht, erlaubte den Beitritt dieser

Länder. Mittlerweile ist das System fast universal.

• Verfahren im Überblick (näher hierzu unter VIII 2)

- Anmeldung zum nationalen Markenamt oder zum Harmonisierungsamt für den Bin-

nenmarkt (HABM)

- Weiterleitung zum Internationalen Büro bei der WIPO in Genf, von dort Weiterleitung

an die designierten nationalen Markenämter, die souverän über die Eintragung ent-

scheiden.

- International registrierte Marken werden als IR-Marken bezeichnet.

c) Unionsrechtlicher Rahmen

Ausgangspunkt

• Territorial begrenzte Markenrechte als „Störenfriede im Binnenmarkt“

- Problem 1: unterschiedliche rechtliche Vorschriften verursachen Transaktionskosten

- Problem 2: territorial begrenzte Rechte behindern Warenverkehrsfreiheit, selbst wenn

das materielle Recht vereinheitlicht ist

• Lösungsmöglichkeiten auf der Grundlage des Primärrechts sehr beschränkt, weil Art. 36

AEUV die Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit zum Schutz des geistigen Eigentums

zulässt

- Beispiel: EUGH, Rs. C-10/89, GRUR Int. 1990, 960 – Hag II: Nach dem 2. Weltkrieg

wurde die Marke „Kaffee Hag“ in Belgien enteignet. Das führt dazu, dass der deutsche

Inhaber die Einfuhr des belgischen Kaffees unter der Marke verhindern kann, und um-

gekehrt.

- Aber umfangreiche Rechtsprechung des EUGH zur Erschöpfung des Markenrechts und

zum Prinzip der unionsweiten Erschöpfung (dazu näher unten beim Erschöpfungs-

grundsatz)

• Daher Lösung durch Sekundärrecht erforderlich

- Lösung für Problem 1: Rechtsangleichung durch Richtlinien

- Lösung für Problem 2: Schaffung unionsweit gültiger Schutzrechte durch Verordnung

Rechtsangleichung durch die MarkenRL

• Vollständige Harmonisierung des Rechts eingetragener Marken durch die Markenrechts-

richtlinie (1988), neu verkündet durch RL 2008/95/EG und zuletzt durch RL 2015/2436

• Regelt Schutzvoraussetzungen, Schutzumfang, Schranken und Löschungsgründe re-

gistrierter Marken

• Insoweit ist das MarkenG richtlinienkonform auszulegen, mittlerweile erhebliche Bedeu-

tung der EUGH-Rechtsprechung

• Bisher nicht harmonisiert: Vorschriften über Benutzungsmarken, Unternehmenskennzei-

chen und Werktitel.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 12

Die Unionsmarke

• Durch die GemeinschaftsmarkenVO (1994/2009/2017) wurde eine einheitliche Gemein-

schaftsmarke geschaffen, die automatisch für die gesamte EU gilt.

• Änderung durch VO 2017/1001, dabei wurde terminologisch aus der „Gemeinschaftsmar-

ke“ die „Unionsmarke“

• Eingetragen durch das Amt der EU für Geistiges Eigentum (EUIPO) in Alicante.

• Grundsätze: Einheitlichkeit, Autonomie, Koexistenz: Die Unionsmarke besteht einheit-

lich in der gesamten EU, ist autonom von nationalem Recht und besteht parallel neben na-

tionalen Schutzrechten

• Wegen des Grundsatzes der Autonomie konnte sie nur durch Verordnung geschaffen

werden.

• Unterscheide: Das Europäische Patent ist ein „Bündelpatent“. Es wird – wie die Unions-

marke – in einem einheitlichen Verfahren erteilt, nach der Erteilung aber wie ein nationa-

les Patent behandelt. Deshalb richtet sich die Verletzung einer Unionsmarke nach der

EUMV, die Verletzung eines Europäischen Patents nach dem deutschen PatG.

Free-riding on the repute of trade marks – does protection generate innovation?

Ansgar Ohly*

1. Introduction: How innovative is “Prep Good Morning”?

Not only in the political discourse is promoting innovation often identified as the main purpose of

intellectual property law. We also find this commitment to innovation in international agreements

and in European law. Art. 7 TRIPS1 provides:

The protection and enforcement of intellectual property rights should contribute to the promo-

tion of technological innovation and to the transfer and dissemination of technology, to the mu-

tual advantage of producers and users of technological knowledge and in a manner conducive to

social and economic welfare, and to a balance of rights and obligations.

This language shows that the drafters predominantly had patent law in mind when they wrote this

provision. While it is the clear purpose of patent law “to promote the progress of science and useful

arts”,2 one can already doubt whether copyright law aims at fostering innovation.3 Even less Art. 7

TRIPS captures the ideas and purposes of trade mark law. Nevertheless, even trade marks are some-

times linked to innovation, as the following extract from the EU Council’s press release on the reform

of the EU trade mark system4 shows:

The reform of the current system will improve conditions for businesses to innovate and to bene-

fit from more effective trade mark protection against counterfeits, including fake goods in trans-

it through the EU's territory. The reform is also aimed at fostering innovation and economic

growth by making trade mark registration systems all over the European Union more accessible

and efficient (…).”

Well roared, lion! But when we look at present luxury brands, we may not be so certain about the

link between trade mark protection and innovation any more. Why should it be innovative when

Hermès calls its bags “Kelly Bag” or “Birkin Bag”? Why should innovation be fostered when the law

protects Cristiano Ronaldo’s trade mark “CR7”5 for underwear? Our doubts are shared by an advo-

cate-general in an early ECJ case which concerned the parallel import of a shaving cream branded

“Prep Good Morning”. Advocate-General Dutheillet de Lamothe doubted whether the same princi-

* Dr. jur. (Munich), LL.M. (Cantab.), Professor of Civil Law, Intellectual Property and Competition Law, Ludwig

Maximilian University Munich, Visiting Professor, University of Oxford. 1 Italics added.

2 Art. 1 Sec. 8 US Constitution.

3 Recital (4) of the InfoSoc Directive (2001/29/EC) claims that a harmonised legal framework on copyright and

related rights … will foster substantial investment in creativity and innovation. But see K. Koelman, ‘Copyright law and economics in the EU Copyright Directive: is the droit d'auteur passe?’, [2004] IIC 603, 624: „Instead of innovation – the development of better, more efficient technologies that enhance society's productivity – probably maximum diversity should be viewed as copyright's main goal”. See also N. Netanel, ‘Copyright and a Democratic Civil Society‘, 106 Yale L.J. 283, 347 et seq. (1996-1997); A. Ohly, ‘Urheberrecht zwischen Innovati-onsstimulierung und - verhinderung‘, in: M. Eifert and W. Hoffmann-Riem (eds.), Geistiges Eigentum und Inno-vation, Berlin: Duncker & Humblot, 2008, pp. 279 - 297. 4 Press release ST 12130/14 of 23 July 2014, italics added.

5 Union trade mark 015359094.

2

ples should apply to the exhaustion of patents on the one hand and of trade marks on the other,

because trade mark law lacked the purpose of promoting innovation:

“Both from the economic and from the human point of view the interests protected by patent

legislation merit greater respect than those protected by trademarks. .... From the human point

of view, the debt which society owes to the ‘inventor’ of the name “Prep Good Morning” is cer-

tainly not of the same nature, to say the least, as that which humanity owes to the discoverer of

penicillin.”6

So the political commitments to fostering innovation by granting strong trade mark protection may

be misguided. They may rest on a premature generalization of IP purposes or they may simply be the

result of successful lobbying.

I will argue that our doubts are justified, but only to some extent: trade marks are indeed different

(2). They foster innovation, but in a different sense (3). While this is true for the classical core of

trade mark protection, the positive benefits of anti-dilution statutes are less clear (4). In some re-

spects, trade mark law may even create obstacles to innovation (5).

2. Why are trade marks different?

The two quotations given at the beginning seem to indicate that all intellectual property rights serve

innovation in largely the same way. But this is not the case.

In different respects patent and copyright law protect intellectual and creative activity. Authors de-

serve our respect because they are creative persons, and the law should provide incentives for them

to create and should help to put them in a position in which they can focus on creating. Inventors

may not create but apply the laws of nature, but still their activity is intellectual. The results of au-

thors’ and inventors’ creative efforts benefit society: they enrich our cultural landscape or contribute

to the state of the art. But the “invention” of a trade mark is often not a creative activity. Trade

marks like “Actavis” or “Mondelēz” may have been created by marketing experts, but others are just

derived from names or are devised spontaneously. Trade names may not even be invented at all, but

may become common among users. Anecdotally: the name of our favourite pub in my school days is

a result of user-generated content: the pub became known among us pupils under a name which

differed from the official one. After some years the owner gave in and adopted the popular name.

On a more serious note, society does not benefit from the creation of marks as such. There is no

reason to “reward” the creator or to grant incentives for the creation of marks. In this sense, Advo-

cate General Dutheillet de Lamothe was right: society does not owe a debt to the creator of “Prep

Good Morning”. The economics of trade mark law are different: there is no public interest in the

creation of new marks and there is no “public goods” risk of underinvestment in the creation of

marks.

Nevertheless trade marks play an essential role in a market economy, although their function is en-

tirely different from the function of a patent. There are sound economic reasons for protecting the

owner of a trade mark, whereas – different from copyright or patent law – there is no need to pro-

vide specific protection to the creator.

6 Case C‐40/70, Sirena v. Eda, [1971] ECR 69.

3

3. The classical trade mark function: trade marks and market transparency

The classical core area of trade mark law consists of the protection of signs against confusion. In pre-

industrial times this aim was mainly achieved by criminal law and by the regulations of guilds, alt-

hough privileges also played a certain role.7 Another civil law predecessor is the action for deceit.8 In

all of these cases, the gist of legal protection was the prevention of fraud. It has a strong deontologi-

cal justification: you should not tell lies and you should not take away the fruits of someone else’s

investment by misleading consumers.

But there is also a strong economic justification for the classical core of trade mark law.9 Trade marks

establish a channel of communication10 between the trade mark owner and potential consumers.

The owner can use this frequency in order to transmit information about quality or prestige. By iden-

tifying the marks, consumers can distinguish and choose the product with which they connect a posi-

tive experience or which they found attractive because of advertising. When an infringer causes con-

fusion, it disturbs the channel of communication. Consumers receive distorted signals and they may

end up buying the wrong product. At the same time the owner’s investment into product quality or

image is misappropriated.

This is where the link between trade marks and innovation comes in. As George A. Akerlof famously

explained, a lack of legal protection for signs results in a “market for lemons”.11 In American usage, a

bad car is referred to as a “lemon”. For a car trader, it is obviously more expensive to offer good cars:

they are more expensive to buy and they must be checked and maintained. The seller has good in-

formation about the quality of the cars, but the buyer does not. There is an information asymmetry

which acts as a disincentive for investment: When it is impossible for a buyer to tell the difference

between a bad car and a good car and the price is the same, good cars are driven out of the market

by lemons. Brands act as counteracting institutions. They allow consumers to link the promise made

by the seller to the product. Obviously the seller may not keep his or her promise. But in this case the

disappointed buyer can retaliate by shopping elsewhere in the future and by warning other consum-

ers:

“Brand names not only indicate quality but also give consumers a means of retaliation if the

quality does not meet expectations”.12

In EU law, this classical function of trade marks is often referred to as the “origin function”. According

to Recital 16 of the new EU Trade Mark Directive 2015, the function of a trade mark is “in particular

7 D. Klippel, in: F. L .Ekey, A. Bender and G. Fuchs-Wissemann (eds.), Markenrecht, Vol. 1, 3

rd ed. 2014, E 1, para.

2-4. 8 For English law see C. Wadlow, The Law of Passing-off: Unfair Competition by Misrepresentation, 4

th ed.,

London: Sweet & Maxwell, 2011, paras. 1-035 – 1-044; for Roman and German law see J. Kohler, Recht des Markenschutzes, Würzburg: Staehl, 1884, pp. 38-41. 9 See W.M. Landes and R.A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law, Cambridge (Mass.)

and London: Belknap Press, 2003, pp. 166-209; N.S. Economides, ‘The Economics of Trademarks’, 78 TMR 523 (1988); G.B. Ramello, ‘What’s in a Sign, Trademark Law and Economic Theory’, in: McAleer, Michael and Les Oxley (eds), Economic and Legal Issues in Intellectual Property, Malden (Mass): Blackwell, 2007, p. 65. 10

M. Lehmann, ‘Unfair Use of and Damage to the Reputation of Well-Known Marks, Names and Indications of Source in Germany. Some Aspects of Law and Economics’, [1986] IIC 746, 761. 11

George A. Akerlof, ‘The Market for ‘Lemons’: Quality Uncertainty and the Market Mechanism, 84 Quarterly Journal of Econ’s 488 (1970). 12

Ibid. at 500.

4

to guarantee the trade mark as an indication of origin”. In its Arsenal judgment, the ECJ elaborated

on this function:

“In that context, the essential function of a trade mark is to guarantee the identity of origin of

the marked goods or services to the consumer or end user by enabling him, without any possi-

bility of confusion, to distinguish the goods or services from others which have another origin.

For the trade mark to be able to fulfill its essential role in the system of undistorted competition

which the Treaty seeks to establish and maintain, it must offer a guarantee that all the goods or

services bearing it have been manufactured or supplied under the control of a single undertak-

ing which is responsible for their quality.”13

Obviously consumers often do not know the trade mark owner’s name. Many friends of chocolate

are familiar with the trade mark “Milka”. Some may even know that the mark was initially owned by

Jacobs Suchard. But few will be able to identify Mondelēz International as the present owner. So the

“origin function” has a broader meaning: the trade mark allows consumers to identify the product as

coming from one particular source which has made a promise of quality or prestige.

3. Extended protection: dilution and misappropriation

a) Emancipation and extension

But trade mark protection does not stop here.14 The development of trade mark law in the US, in

Europe and in many other countries has, according to Andreas Sattler, been one of emancipation and

extension.15 While trade marks were initially tied to the company which owned them and could not

be assigned independently of the business, they have meanwhile become independent objects of

property.16 And while protection was confined to preventing confusion until the second half of the

20th century, it has now been extended to dilution. This tendency started in the early 20th century,

when courts first recognised that famous trade marks had a positive image which reached beyond a

particular category of products and which could be misappropriated by applying the mark to other

goods. A prime example at that time was the – now almost forgotten – mark “Kodak”, which was

world-famous for films and cameras. It would be interesting to research all Kodak cases around the

world. Certainly the mark was applied to bicycles in England17 and to toilet cisterns in Germany.18

German courts were hesitant at first, because trade mark protection was confined to particular clas-

ses of products.19 But from the 1920es onwards they started prohibiting this practice on the basis of

unfair competition law.20 This impressed Frank Schechter, who in 1927 wrote a seminal article advo-

13

ECJ, case C-206/01, Arsenal v. Reed, [2002] ECR I-10273, para. 48. 14

See also my earlier account: A. Ohly, ‘Interfaces between Trade Mark Protection and Unfair Competition Law – Confusion about Confusion and Misconceptions about Misappropriation?’, in: N. Lee, G. Westkamp, A. Kur and A. Ohly (eds.), Intellectual Property, Unfair Competition and Publicity: Convergences and Development, Cheltenham: Edward Elgar, 2014, pp. 33-60. 15

A. Sattler, Emanzipation und Expansion des. Markenrechts. Die Entstehungsgeschichte des Markengesetzes von 1995, Tübingen: Mohr Siebeck, 2015, pp. 457-478 et passim; see also A. Sattler, ‘Dilution of well-known trademarks – an analysis of its foundations in Germany and the European Union’, [2011] ZGE/IPJ 304-328. 16

See Art. 21 TRIPS. 17

Eastman Photographic Materials Co v. John Griffiths Cycle Corporation, (1898) 15 RPC 105. 18

See the unpublished Kodak judgment handed down by the German Supreme Court on of 12 December 1905 reported by M. Leo, ‘Ein Prozeß der Kodak-Gesellschaft‘, MuW V, 73. 19

The German Supreme Court (see note 18) rejected Kodak’s claims for trade mark infringement and unfair competition. 20

LG Elberfeld GRUR 1924, 204 – ODOL; RGZ 115, 401, 410 – Salamander II.

5

cating anti-dilution protection.21 Meanwhile trade marks in the US are protected against dilution by

tarnishment and blurring.22 EU law goes further: trade marks with a reputation are protected against

causing damage, but also against taking unfair advantage of their distinctiveness and reputation, if

the use is made without due cause.23

In present EU trade mark law, there are three categories of infringement: the use of an identical sign

for identical products (double identity), the use of a similar sign for similar products which causes a

likelihood of confusion (confusion) and the use of a sign identical with or similar to a well-known

mark which is detrimental to or which takes unfair advantage of the distinctiveness or repute of the

mark (extended protection of well-known marks). It is obvious that the third category of infringe-

ment goes beyond the classical function. But the scope of double identity protection was unclear for

a long time. Initially it seemed to be tailored for and confined to the case of piracy. This understand-

ing is underscored by Art. 16 (1) s 2 TRIPS which provides that a likelihood of confusion is presumed

when an identical sign is used for identical products. The ECJ regarded the origin function as the es-

sential function of trade marks, but it never explicitly confined trade mark functions to guaranteeing

origin. Nevertheless it came as a surprise to many, when the ECJ held in L’Oréal v Bellure that the

functions protected by the double identity provision were not restricted to origin:

“These functions include not only the essential function of the trade mark, which is to guaran-

tee to consumers the origin of the goods or services, but also its other functions, in particular

that of guaranteeing the quality of the goods or services in question and those of communica-

tion, investment or advertising.”24

Thus the category of double identity infringement extends beyond the classical cases of confusion to

referential use, ie to a use of the correct trade mark for the correct goods, a use of the mark in order

to identify it’s owners products.

This extension has been the object of widespread criticism.25 While it is certainly true that, economi-

cally speaking, trade marks have these functions, it is a non sequitur that they are also protected by

law. Much less does it follow that all of these functions are independent of the origin function. Take

the “quality function” as an example. If an infringer uses the trade mark for its own substandard

products, the consumers’ expectation of quality is disappointed. But this is only the case because

they have been misled as to the origin of the product. If, on the other hand, the trade mark owner

itself sells substandard goods, there will be no trade mark infringement. Hence the “quality function”

is a secondary26 or accessory27 function, it depends on an interference with the origin function. The

21

Frank I. Schechter, ‘The Rational Basis of Trademark Protection‘, 40 Harv. L. Rev. 813, 828-831 (1927). 22

15 U.S. Code § 1125 (c). 23

Art 10 (2)(c) Trade Mark Directive (Directive (EU) 2015/2436). 24

Case C-487/07, L’Oréal v. Bellure, [2009] ECR I-5185, para. 58. 25

M. Senftleben, ‘Function theory and international exhaustion: why it is wise to confine the double identity rule in EU trade mark law to cases affecting the origin function’, [2014] EIPR 518, 518-521; A. Ohly, ‘Keyword Advertising or Why the ECJ's Functional Approach to Trade Mark Infringement Does Not Function ‘, [2010] IIC 897; A. Ohly, ‘Die Markenverletzung bei Doppelidentität nach L’Oréal: eine Kritik‘, in: W. Erdmann et al. (eds.), Festschrift für Michael Loschelder zum 65. Geburtstag, Köln: Otto Schmidt, pp. 265 – 278, but see the reply by. A. Kur, ‘Trade Marks Function, Don’t They? CJEU Jurisprudence and Unfair Competition Principles’, [2014] IIC 434, 442-447. 26

V. Di Cataldo, ‘The trade mark with a reputation in EU law - some remarks on the negative condition "without due cause"’, [2011] EIPR 833, 842.

6

other criticism is less doctrinal and more practical: referential use should be justified in many situa-

tions.28 Telling the truth is protected by the freedom of expression unless there are specific circum-

stances in which the trade mark owner’s interests prevail. Before the reform of EU trade mark law in

2015, however, the catalogue of exceptions was insufficient.29 Trade marks could be used in order to

indicate the purpose of the user’s products or services, but there was no exception which would have

covered justified criticism of the trade mark owner’s products. Meanwhile, the EU legislator has re-

acted. It has not confined double identity infringement to interferences with the origin function, as

the Commission had suggested,30 but it extended the exception formerly restricted to indicating the

intended purpose. Art. 14 (1)(c) of the Trade Mark Directive now provides:

“A trade mark shall not entitle the proprietor to prohibit a third party from using, in the course

of trade: …

(c) the trade mark for the purpose of identifying or referring to goods or services as those of

the proprietor of that trade mark, in particular, where the use of the trade mark is necessary

to indicate the intended purpose of a product or service, in particular as accessories or spare

parts.”

The new exception allows taking account of all cases of honest referential use. It remains to be seen

whether the CJEU will accommodate all free speech concerns which were raised before the trade

mark law reform.

b) Can anti-dilution and anti-misappropriation protection be justified?

In the travaux preparatoires of EU trade mark law surprisingly little is said about the justification of

extended protection.31 The Benelux countries had granted it and the EU followed the Benelux mod-

el.32 At first glance, such protection seems justified. After all, the trade mark owner had to make con-

siderable investments in order to make the mark famous, and the infringer is either damaging the

result or free-riding. But the economic perspective does not necessarily correspond to the marketing

perspective. As Mark Lemley notes:

“One can understand why trademark owners want these things, of course, but we must look to

the public interest, not private interests, to decide whether trademark owners should get

them.”33

The case for anti-dilution protection differs from the justification of anti-misappropriation law. So it

makes sense to consider both areas in turn.

27

A. Kur, in: A. Kur, V. von Bomhard and F. Albrecht, Beck’scher Online-Kommentar Markenrecht, 8th

ed., Beck: Munich 2016, Einleitung Markenrecht, para. 118. 28

This is the ratio underlying the “nominative fair use” defence in US trade mark law, see New Kids on the Block v. News America Publishing. Inc., 971 F.2d 302 (9

th Cir. 1992); Century 21 Real Estate Corp. v. Lendingtree, Inc.,

425 F.3d 211 (3d Cir. 2005).G B Dinwoodie, ‘Developing Defenses in Trade Mark Law’, 13 Lewis & Clark L. Rev.

99, 110-112; J. T. McCarthy, McCarthy on Trademarks and Unfair Competition, 4th

ed (2016 update), § 31:156.50 . 29

See M. E. Paulus, Markenfunktionen und referierende Benutzung, Tübingen: Mohr Siebeck 2014, pp. 233-247. 30

Arts. 10(2)(a) TMD and 9(2)(a) CTMR of the Commission proposals published on 27 March 2013, COM(2013) 162 final (amendments to the CTMR) and COM(2013) 161 final. 31

A. Sattler (supra, note 15), pp. 410-423. 32

Ibis., pp. 400-402. 33

M. Lemley, ‘The Modern Lanham Act and the Death of Common Sense’, 108 Yale L.J. 1687, 1705 (1999).

7

In the case of dilution by blurring, famous marks are watered down. Consumers do not link the mark

to the product immediately, but they need more time for consideration, because there are other

“blips on the radar”. Indeed, this phenomenon has been tested in experiments: neurological research

suggests that decision-making in dilution cases takes longer.34 Hence the signalling function of fa-

mous trade marks may be affected. The result is not necessarily confusion. But famous trademarks

work like lighthouses: they are easily identified and hence they guide consumers and reduce the

complexity of modern markets. Hence it can be argued that dilution increases consumer search costs

and undermines incentives to invest.35 There is a lot to be said for this argument. But it is not as well

backed up by economic evidence and research as the market transparency function of anti-confusion

provisions. The causal link between the slight consumer disorientation and their subsequent purchas-

ing decision is very difficult to prove. The additional “milliseconds” in consumer choice may be en-

tirely immaterial.36

Protection against taking unfair advantage per se is even more difficult to justify. It is telling that

courts and authors use suggestive and emotive language in order to circumscribe misappropriation.

It has been characterized as “reaping without sowing”,37 as “sailing in the wake”,38 as “parasitic com-

petition”39 and as “riding on the coat-tails”40 of a competitor. This terminology appeals to intuition

rather than to reason, and it indicates conceptual weakness. One could try the incentive approach

and argue that anti-misappropriation protection is an incentive for the creation of brand reputation.

But while the incentive approach has force in patent and copyright law, it is flawed in trade mark law.

Not only is it doubtful whether the creation of image is in society’s best interest.41 There is also no

evidence of a causal link between broad protection and investment. While anti-confusion protection

is necessary to avoid a “market for lemons”, the investment made by trade mark owners is sufficient-

ly safe when the law makes sure that consumers can distinguish correctly between high-end prod-

ucts and imitations. Hence classical trade mark law is sufficient as an encouragement for producers

to offer quality and to create prestige. This leaves deontological justifications: “reaping without sow-

ing” could simply be unfair. But even philosophically this seems doubtful. As well as scientists stand

on the “shoulders of giants”,42 traders stand on the shoulders of earlier investors.43 Outside patent

34

Ty Inc. v. Perryman, 306 F.3d 509, 511 (7th

Cir. 2002). 35

S. Dogan and M. Lemley, ‘Trademarks and Consumer Search Costs on the Internet’, 41 Hous. L. Rev. 777, 790-792. 36

R. Tushnet, ‘Gone in Sixty Milliseconds: Trademark Law and Cognitive Science’, 86 Tex. L.Rev. 507-568. 37

INS v. AP, 248 U.S. 215, 239-240 (1918). 38

The expression „in het kielzog varen“ („sailing in the wake“) is used in the Dutch translation oft he CJEU judgment in joined cases C-236/08 to C-238/08, Google France, [2010] ECR I-02417, para 102; see also J H Steinberg, ‚Segeln im Kielwasser des Konkurrenten – Ist die Schaltung von AdWord-Anzeigen bei Google unter Angabe von „Keywords“ zulässig, die für Mitbewerber kennzeichenrechtlich geschützt sind?‘, MarkenR 2009, 185. 39

On the French doctrine of parasitic competition see P. Le Tourneau, Le Parasitisme, Paris: Litec, 1998; A. Lucas, H.-J. Lucas and A. Lucas-Schloetter, Traité de la propriété littéraire et artistique, 4th ed., Paris: LexisNexis, 2012, para. 21. 40

Joined cases C-236/08 to C-238/08, Google France, [2010] ECR I-02417, para 102. 41

See the critique by K. Assaf Zakharov, ‘The Scope of Protection of Trademark Image - Including Comments on a Recent Decision of the Israeli Supreme Court’, [2005] IIC 787. 42

The aphorism “If I have seen farther, it is by standing on the shoulders of giants” is used by Isaac Newtons in a letter to Robert Hooke (1675 or 1676), but can be traced back to the medieval philosopher Bernard of Char-tres, see Robert K. Merton, On The Shoulders of Giants, New York: Free Press, 1965. 43

This is Wolfgang Hefermehl’s adaptation of Bernard of Chartres’ aphorism: A. Baumbach and W. Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22

th ed., Munich: Beck, 2001, Einl. para. 163.

8

and copyright law there is no clear rule that everyone should enjoy the fruits of one’s labour exclu-

sively.

5. Trade marks as obstacles to innovation?

In some cases trade marks may even be counterproductive. They may cause obstacles to innovation.

We have already looked at the first situation: referential use. Referring to products under their cor-

rect mark is often a matter of freedom of expression. It may be necessary to refer to other products

in the market, for example in comparative advertising. If the comparative advantages of a new prod-

uct are explained to consumers by reference to a product which they already know, consumer search

costs are lowered. This is particularly true if the new product is innovative and has advantages over

well-established products, but consumers do not know it yet. There may also be a case for warning

consumers if a competitor’s product is defective or dangerous. Before the reform of EU trade mark

law in 2015 there was at least the risk that the law would prohibit certain kinds of honest referential

use.44 As seen above, the legal situation has been improved.45 There is now an explicit exception for

referential use. The law also clarifies that “the trade mark owner has right to prevent the use of the

sign in comparative advertising in a way which is contrary to directive 2006/114/EC”. E contrario this

means that the trade mark owner cannot prevent references to its products by means of fair com-

parative advertising.46

Secondly, trade mark law has the potential of preventing or hampering new business models on the

internet. Keyword advertising is an example in point. It is one of the main sources of revenue for

leading search engine operators. At the same time there is the possibility that traders use their com-

petitors’ trade marks as keywords with a view to triggering their own advertisements when internet

users type in the competitor’s mark. Both the search engine operator and the advertiser could be

liable for trade mark infringement. It has been argued that the use of another trader’s mark as a

keyword infringed the mark under all three heads of infringement: double identity because the mark

is used in identical form and the owner and the advertiser are usually competitors, likelihood of con-

fusion because internet users could attribute the advertisements to the trade mark owner and mis-

appropriation because the advertiser uses the attractiveness of the trade mark as a trigger for its

own advertising. The CJEU has been aware of the risk of hampering new business models and of re-

stricting communication on the internet. It has restricted double identity infringement by the addi-

tional requirement of a protected trade mark function being affected.47 While the origin function can

be affected if internet users assume a business relation between the trade mark owner and the ad-

vertiser, 48 the advertising and investment functions are not normally affected when the owner’s

website appears among the “natural” search results and when the advertisement only juxtaposes the

trade mark owner’s and the advertiser’s products.49 Likelihood of confusion is assessed on the same

criteria as an interference with the origin function.50 And the court has not regarded the use of a

well-known trade mark as an unfair misappropriation if it served the consumer interest in infor-

44

See supra, para. 25. 45

See supra, text to note 25. 46

This is also made clear by recital 15 of Directive 2006/114/EC of the European Parliament and of the Council of 12 December 2006 concerning misleading and comparative advertising. 47

Joined cases C-236/08 to C-238/08, Google France, [2010] ECR I-02417, paras 75 et seq. 48

Ibid., paras. 89-90. 49

Ibid., paras. 91-98. 50

CJEU, case C-278, BergSpechte v. trekking.at Reisen, [2010] ECR I-2520, para. 40.

9

mation.51 Thus the Court of Justice has prevented the risk from materializing, but it has done so at

the expense of conceptual clarity and legal certainty. Although US law is conceptually clearer in that

there is no double identity provision and no protection against taking unfair advantage in US trade

mark law, courts have nevertheless struggled with the trade mark aspects of keyword advertising

and held providers liable as direct infringers.52

Thirdly, ever since the registration of three-dimensional marks has been permitted, there has been a

debate about the overlap of trade mark law and neighbouring intellectual property rights. Design

law, in particular, protects product shapes, but only does so for a limited time. The term of protec-

tion of up to 25 years reflects the insight that both the development of new product shapes and the

competition in products of known and established shapes would be hampered if there was eternal

protection. But whereas design rights, like Socrates, are mortal, trade marks, like diamonds, are for-

ever.53 Hence liberal registration of three-dimensional marks could undermine the limits of design

law. Again, the CJEU has been aware of this problem and has tended to interpret the grounds of re-

fusal for three-dimensional marks rather broadly. But again there is a lack of clarity, in particular with

respect to the exclusion of features which give substantial value to goods.54 Also in the area of colour

marks there is the risk that too liberal a protection could restrict competitors’ business opportunity,

in particular where traders register basic colours for their products or services.55

Fourthly, broad trade mark protection might divert resources from research and development to

advertising. As Gagnon and Lexchin have shown, pharmaceutical companies spend almost twice as

much on promotion as they do on R & D.56 There is not necessarily a correlation between the scope

of trade mark protection and the size of this effect. Innovating pharmaceutical companies may not

face much competition as long as their products are patented, but they must try to convince doctors,

health insurances and patients within a relatively short period of time that their drugs are effective.

Once patent protection has lapsed there is fierce competition between the initial innovator and the

producers of generic drugs. Independent of trade mark law it is understandable that advertising plays

an important role. Nevertheless there is at least the hypothesis that extended trade mark protection

might provide an inventive for the re-allocation of resources.

6. Conclusions

Trade marks play an important role in a market economy. And they do provide incentives, albeit in a

way which differs from patent or copyright law. Trade marks guarantee market transparency: With-

out protected “channels of communication” consumers could not make reliable distinctions between

competing products and services. This information asymmetry would undermine producers’ incen-

51

CJEU, case C-323/09, Interflora v. Marks & Spencer, [2011] ECR I-8664, para. 91. 52

Rescuecom Corp. v. Google Inc., 562 F.3d 123 (2d Cir. 2009); S. L. Dogan, ‘"We Know It When We See It": Intermediary Trademark Liability and the Internet’, [2011] Stan. Tech. L. Rev. 7, 14; G.B. Dinwoodie, ‘Secondary Liability for Online Trademark Infringement: The International Landscape’, 37 Colum. J.L. & Arts 463, 475-478 (2013-2014). 53

C.-H. Massa and A. Strowel, ‘Community design: Cinderella revamped’, [2003] EIPR 68, 78 54

CJEU, case C-205/13, Hauck v. Stokke, ECLI:EU:C:2014:2233, see the critical case-note by A. Kur, GRUR 2014, 1099. 55

See CJEU, case C-217/13 – Oberbank v. DSGV, ECLI:EU:C:2014:2012; BGH GRUR 2014, 1101 – Gelbe Wörter-bücher. 56

M.-A. Gagnon and J. Lexchin J, The Cost of Pushing Pills: A New Estimate of Pharmaceutical Promotion Ex-penditures in the United States, 2008, available at: http://journals.plos.org/plosmedicine/article?id=10.1371/journal.pmed.0050001.

10

tives to offer high-quality and high-image products. The result would be a “market for lemons” (Aker-

lof). The impact of extended protection of TMs against dilution and misappropriation is more difficult

to assess. While there are probably sound economic reasons for anti-dilution provisions, the merit of

anti-misappropriation laws is much less certain. Sometimes trade marks can even hamper innova-

tion. Policy makers and courts should be aware of this. All in all, trade marks are not fully fledged

property rights over words or devices. They serve the social purpose of creating and guaranteeing

market transparency. Their protection should remain limited accordingly.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 13

II. Schutzvoraussetzungen und Entstehung der Kennzeichenrechte

1. Materielle Schutzvoraussetzungen

Lit.: Sosnitza, §§ 4, 5; Götting, §§ 52, 53, Kortge/Mittenberger-Huber, GRUR 2020, 471 ff.

(anschauliche Beispielsfälle aus der aktuellen Rechtsprechung); Eichelberger, GRUR

2016, 138 ff. (zur Farbmarke); Sattler, GRUR 2018, 565 ff. (zur Formmarke); Ohly, FS

Ströbele (2019), S. 325 ff. (Fallstudie „Kulturgütermarke“, wird im Internet bereitge-

stellt)

Übungsfall

Sind folgende Marken eintragungsfähig:

• Die Wortmarke „Fussball WM 2006“ für Waren aller Art (BGH GRUR 2006, 850 –

Fussball WM 2006),

• die Wortmarke „Post“ für Briefzustellungen durch die Deutsche Post (BGH GRUR

2009, 669 – POST II),

• die Wortmarke „Neuschwanstein“ für Waren und Dienstleistungen jeder Art (BGH

GRUR 2012, 1044 - Neuschwanstein),

• die Form der Ritter-Sport- Schokoladentafel (BGH GRUR 2018, 404 – Quadratische

Tafelschokoladenverpackung),

• die Form der Nespresso-Kapsel (BPatG GRUR 2018, 522),

• die konturlose Farbmarke Rot (HKS-Farbskala Nr. 13) für Retail-Banking (Bankdienst-

leistungen gegenüber Privatkunden) (BGH GRUR 2016, 1167 – Sparkassen-Rot m.

Anm. Berlit und BPatG GRUR 2015, 796 – Sparkassen-Rot II),

• das Erscheinungsbild eines Apple-Store (BPatG GRUR 2013, 932 – Apple)?

Überblick

• Sinn der materiellen Schutzvoraussetzungen ist es sicherzustellen, dass (1) nur Marken

geschützt werden, die ihre Funktion als Kennzeichen erfüllen können und dass (2) freihal-

tebedürftige Zeichen nicht zugunsten einzelner Unternehmer monopolisiert werden. An-

ders als im Patent- und Urheberrecht geht es weder um Neuheit noch um Erfindungs- o-

der Schöpfungshöhe.

• § 3 regelt die Markenfähigkeit für sämtliche Individualmarken.

• Anschließend ist zu unterscheiden: bei Registermarken überprüft das Amt das Vorliegen

absoluter Schutzhindernisse, bei Benutzungsmarken wird nur der Erwerb von Verkehrs-

geltung (= relevante Verkehrskreise kennen das Zeichen und verstehen es als Marke) vo-

rausgesetzt

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 14

Übersicht

a) Markenfähigkeit und Markenformen (§ 3 MarkenG)

Abstrakte Markenfähigkeit

• Grundsatz (§ 3 I MarkenG): Als Marken können alle Zeichen (…) geschützt werden, die

geeignet sind, Produkte eines Unternehmens von den Produkten anderer Unternehmen

zu unterscheiden.

• Voraussetzung 1: Zeichen – jedes durch die fünf Sinne wahrnehmbare Symbol (zu den

verschiedenen Zeichenformen sogleich), nicht aber eine abstrakte Idee, die in verschie-

denen konkreten Ausprägungen realisiert werden kann.

- Beispiel 1 (EUGH, Rs. C-321/03, GRUR 2007, 231 – Dyson): Konzept eines transpa-

renten Staubsaugerbehälters als solches nicht markenfähig.

- Beispiel 2 (BGH GRUR 2013, 1046 – Variable Marke): abstrakt als „violett-purpurfar-

ben gefüllte, rechteck-ähnlich geometrische Figur“ mit drei geraden Rändern und ei-

nem gewölbten Rand beschriebenes Zeichen erstreckt sich auf eine Vielzahl von Er-

scheinungsformen und ist deshalb nicht konkret genug beschrieben.

• Voraussetzung 2: Unterscheidungseignung. § 3 I regelt die abstrakte Unterscheidungs-

eignung, also die Frage, welche Zeichen überhaupt abstrakt (ob als eingetragene oder

als nicht eingetragene Marken) schutzfähig sind.

Abstrakte Markenfähigkeit (§ 3 I MarkenG)

Fehlen absoluter Schutzhin-dernisse (§ 8 I, II MarkenG) bzw. Überwindung der Ein-tragungshindernisse des § 8 II Nr. 1-3 MarkenG gem. § 8

III MarkenG

Verkehrsgeltung (§ 4 Nr. 2 MarkenG) bzw. notorische

Bekanntheit (§ 4 Nr. 3 MarkenG)

Fehlen älterer Rechte = rela-tiver Schutzhindernisse (§§ 9-13 MarkenG) wird nicht von Amts wegen geprüft (Ausnahme: § 10 MarkenG)

Registermarke Benutzungsmarke

Marke wird (bei formal ord-nungsgemäßer Anmeldung)

eingetragen

Marke wird formlos geschützt

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 15

- Test: Ist die Unterscheidungseignung für alle denkbaren Produkte unter allen denkba-

ren Umständen ausgeschlossen?

- Dagegen regelt § 8 II Nr. 1 die konkrete (auf die betreffende Produktkategorie bezo-

gene) Unterscheidungseignung, Test: Ist die Unterscheidungseignung gerade für die

beanspruchte Produktkategorie ausgeschlossen, während sie für andere Produkte zu

bejahen wäre?

• § 3 II regelt spezielle Ausschlusstatbestände für Formmarken – zu dieser Sonderform der

Marke unten,

• § 3 gilt für sämtliche in § 4 genannte Individualmarken, nicht jedoch für geschäftliche Be-

zeichnungen (§ 5), geographische Herkunftsangaben (§ 126) und Gewährleistungsmar-

ken (§ 106a).

Markenformen (§ 3 I MarkenG)

• Die Aufzählung der Markenformen in § 3 I ist nicht abschließend („alle Zeichen, insbe-

sondere …“), daher kommen auch ungewöhnliche und vom Gesetzgeber nicht vorherge-

sehene Markenformen (Duftmarke, Bewegungsmarke, Lichtmarke, Positionsmarke) in

Betracht.

• Wörter (Wortmarken)

- Phantasiebezeichnungen, z.B. „Mercedes“, „Coca-Cola“

- Personennamen, z.B. „Hugo Boss“

- Buchstaben- oder Zahlen, einzeln oder als Kombination, z.B. „BMW”, „323",

„quattro”

• Werbeslogans, z.B. „Lass Dir raten, trinke Spaten“, „Mit dem Zweiten sieht man besser“,

„Vorsprung durch Technik“

• Abbildungen (Bildmarken)

- Logos (z.B. der Mercedes-Stern, der Lufthansa-Kranich)

- Abbildung der Ware (hier aber analoge Anwendung des § 3 II)

- grafisch besonders gestaltete Schriftzüge

• Wort-Bildmarken = Kombinationen von Wörtern und Abbildungen

• Dreidimensionale Gestaltungen

- Form einer Ware, z.B. Form des Porsche Carrera

- Form der Verpackung, z.B. die Coca-Cola-Flasche

- besondere Bestimmung zur Markenfähigkeit (§ 3 II), s. unten

• Kombination von 3D-Gestaltung mit Schriftzug, z.B. BGH GRUR 2005, 158: Maglite-Ta-

schenlampe mit entsprechendem Schriftzug

• Positionsmarke, z.B. rote Farbe der Schuhsohle, roter Streifen auf dem Absatz, definiert

durch bestimmte Position, „Knopf im Ohr“ bei Steiff-Tieren

• Farben und Farbzusammenstellungen, z.B. „lila“ für Milka, Problem: abstrakte Farb-

marke, s. unten

• Tastmarke

• Hörmarke, z.B. Jingle eines Radiosenders, Fünftonfolge der Telekom

• Geruch-/Geschmacksmarke z.B. Duftnote eines Parfums, „the smell of fresh cut grass”

für Tennisbälle, HABM WRP 1999, 618, kann zwar Zeichen und unterscheidungskräftig

sein, ist aber wegen fehlender grafischer Darstellbarkeit nicht eintragbar (s. unten)

• Bewegungsmarke, z.B. Zweifingergeste des ZDF (zum Slogan „Mit dem Zweiten sieht

man besser“)

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 16

b) Registermarken

aa) Absolute Schutzhindernisse (§ 8 MarkenG)

Überblick

• Während § 3 sämtliche Kennzeichen betrifft (wenn Schutzhindernisse eingreifen, dann

gar kein Kennzeichenschutz), betrifft § 8 nur eingetragene Marken (wenn Schutzhinder-

nisse eingreifen, dann kann immer noch eine nicht eingetragene Marken entstehen, an-

dere Kennzeichenrechte werden von § 8 gar nicht betroffen). Faustregel: Im Zweifel eher

die Markenfähigkeit (§ 3) bejahen und das Problem im Rahmen des § 8 lösen.

• Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit (§ 8 I), in der MarkenRL (Art. 3) Frage der

abstrakten Markenfähigkeit, erklärt sich aber aus den Erfordernissen des Markenregis-

ters und ist deshalb in § 8 geregelt. Zu Details sogleich.

• § 8 II regelt absolute Schutzhindernisse, die im Interesse der Mitbewerber, der Abneh-

mer und der Allgemeinheit bestimmte Zeichen von der Eintragung ausnahmen, Prüfung

von Amts wegen im Eintragungsverfahren. Dagegen regelt § 9 relative Schutzhinder-

nisse = ältere Rechte Dritter, die nur auf Widerspruch oder Löschungsklage ihres Inha-

bers berücksichtigt werden.

• § 8 III: die wichtigsten absoluten Schutzhindernisse (§ 8 II Nr. 1-3) können durch Ver-

kehrsdurchsetzung überwunden werden, können also eingetragen werden, wenn bun-

desweit ein erheblicher Teil des Verkehrs das Zeichen kennt und als Marke versteht (zu

den Voraussetzungen und der Abgrenzung vom ähnlichen Begriff der Verkehrsgeltung

unten mehr).

• Den § 8 III Nr. 1-3 liegt der Gedanke zugrunde, dass der Markeninhaber nicht allein

durch die Eintragung einen Wettbewerbsvorteil haben soll. Die Marke selbst soll wettbe-

werbsneutral sein. Sie wird vom Inhaber mit Informationen „aufgeladen“. Daher strenge-

rer Maßstab, wenn dem Verkehr nicht genügend Alternativen zur Verfügung stehen (z.B.

bei abstrakten Farbmarken oder Formen).

Fehlende klare und eindeutige Darstellbarkeit (§ 8 I)

Fehlende konkrete Unterscheidungs-kraft, beschreibende Angabe, etc.

(§ 8 II Nr. 1-3)

Überwindung durch Verkehrsdurchset-zung (§ 8 III)?

Anmeldung wird bei Vorliegen absoluter Schutzhindernisse, die nicht gem. § 8 III über-wunden werden, zurückgewiesen (§ 37)

Sonstige absolute Schutzhindernisse (§ 8 II Nr. 4-14)

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 17

• § 8 beruht auf Art. 5 der MarkenRL (RL 2015/2436) und ist daher richtlinienkonform aus-

zulegen.

• Allgemeine Tipps:

- Der Anwendungsbereich der § 8 II Nr. 1-3 MarkenG überschneidet sich. Eine saubere

Trennung ist oft nicht möglich, im Gegenteil geht die Rspr davon aus, dass einer be-

schreibenden Angabe (§ 8 II Nr. 2) immer auch die Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 II

Nr. 1), während umgekehrt auch nicht-beschreibenden Angaben die Unterschei-

dungskraft fehlen kann.

- Für die Anwendung des § 8 II gilt ein großzügiger Maßstab (s. aber oben zum stren-

geren Maßstab, wenn Alternativen fehlen), es handelt sich um enge Ausnahmen,

strenger früher das BPatG (Grund möglicherweise, dass der BGH auch für das Verlet-

zungsverfahren zuständig ist, und daher die Eintragung schwacher Marken bei der

Bemessung des Schutzumfangs kompensieren kann). Beispiel: BGH GRUR 2001, 161,

Buchstabe „K“ für Metallwaren eintragungsfähig.

- Zur praktischen Handhabung der § 8 II Nr. 1-3 MarkenG besteht eine kaum über-

schaubare Kasuistik, Tipp: einen Blick in eine der gängigen Kommentierungen (insb.

Ströbele/Hacker/Thiering, Ingerl/Rohnke oder BeckOK/Kur) werfen!

Erfordernis der klaren und eindeutigen Bestimmbarkeit (§ 8 I)

• Hintergrund: Informationsfunktion des Markenregisters, Mitbewerber und Allgemeinheit

sollen aus dem Markenregister eindeutig entnehmen können, welche Zeichen geschützt

und damit dem Gemeingebrauch entzogen sind.

• Früher Erfordernis einer grafischen Darstellbarkeit, seit 2019 nur noch Ausschluss von

Marken, die nicht geeignet sind, in dem Register so dargestellt zu werden, dass die zu-

ständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeutig

bestimmen können. Beruht auf den Kritierien, die der EUGH in Rs. C-273/00, GRUR

2003, 145 – Sieckmann entwickelt hat („Sieckmann-Kriterien“): Darstellung klar, eindeu-

tig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv

• Unproblematisch bei Wort-, Bild- und 3D-Marken: Eintragung von Wort, Bild oder Abbil-

dung der Form

• Problematischer bei neuen Markenformen:

- Hörzeichen: (+) in Notenschrift oder als Darstellung auf einem Datenträger (§ 11 Mar-

kenV)

- Geruchs- / Geschmacksmarke: Eintragungsfähigkeit fehlt wegen fehlender grafischer

Darstellbarkeit (EUGH, Rs. C-273/00, Sieckmann/Deutsches Patent- und Markenamt;

EUGH, Rs. T-305/04 – Odeur de fraise mûre). Benutzungsmarke wäre grundsätzlich

möglich, Nachweis der Verkehrsgeltung wird aber kaum gelingen

- Abstrakte Farbmarke: (+) Einreichung eines Farbmusters und Bezugnahme auf Farb-

klassifikationssystem (EUGH Rs C-104/01 = GRUR 2003, 604 – Libertel).

Fehlende (konkrete) Unterscheidungskraft (§ 8 II Nr. 1 MarkenG)

• Sinn: Sicherung der Herkunftsfunktion – ohne Unterscheidungskraft kein (brauchbares)

Kennzeichen! Nach Ansicht des EUGH schützt § 8 II Nr. 1 daher das Allgemeininteresse

am Ausschluss von Marken ohne Kennzeichenfunktion. Kritik: Auch das Freihalteinte-

resse der Mitbewerber (das der EUGH bei § 8 II Nr. 2 verortet) sollte berücksichtigt wer-

den.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 18

• Unterschied zur abstrakten Unterscheidungseignung (§ 3 I): Berücksichtigung der Pro-

duktkategorie (Erinnerung: eine Marke bietet immer nur für bestimmte Waren oder

Dienstleistungen Schutz!) – „Apple“ fehlt für Äpfel die Unterscheidungskraft, für Compu-

ter nicht.

• Definition: Die Marke ist nach Auffassung der maßgeblichen Verkehrskreise nicht geeig-

net, die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer

Unternehmen zu unterscheiden.

• Ausschlaggebend ist also (wie im UWG) die Auffassung des durchschnittlich informier-

ten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers

• Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Anmeldezeitpunkt.

• Zu berücksichtigen sind alle wahrscheinlichen Verwendungsarten. Beispiel (BGH GRUR

2020, 411 - #darferdas II): Zeichen „#darferdas?“ für Kleidungsstücke würde bei Verwen-

dung als Aufschrift auf einem T-Shirt die Unterscheidungskraft fehlen, nicht aber bei Ver-

wendung auf dem Etikett. Deshalb ist zu prüfen, ob die Verwendung als Etikett praktisch

relevant ist.

• Beispiele:

- beschreibende Begriffe (Überschneidung mit § 8 II Nr. 2), z.B. Cityservice, Urlaub

direkt, marktfrisch, HOT für Parfums und Kleidung (BGH GRUR 2014, 565 – HOT:

das Wort bedeutet auch „scharf, scharf gewürzt, pikant, sexy, angesagt, großartig",

was für die genannten Produkte beschreibend ist)

- Werbeslogans sind grundsätzlich eintragungsfähig, sie brauchen nicht besonders

originell zu sein (z.B. EUGH Rs. C-398/08 P, GRUR 2010, 228 – Vorsprung durch

Technik), anders, wenn der Slogan das Wesen des Produkts beschreibt (z.B. EUGH

C-311/11 P, GRUR Int. 2012, 914: „Wir machen das Besondere einfach“ für Compu-

tersysteme) oder wenn sich der Slogan in einer allgemeinen Anpreisung erschöpft

(z.B. BGH GRUR 2001, 735 – Test it)

- Längeren Texten fehlt aber üblicherweise die Unterscheidungskraft (z.B. BGH GRUR

2010, 935 – Die Vision, keine Unterscheidungskraft des Textes: „Die Vision: einzig-

artiges Engagement in Trüffelpralinen, Der Sinn: Jeder weiß was wann zu tun ist

und was nicht zu tun ist, Der Nutzen: Alle tun das Richtige zur richtigen Zeit“)

- Namen realer oder fiktiver Figuren fehlt nicht grundsätzlich die Unterscheidungs-

kraft (EUGH Rs. 404/02 – Nichols), anders wenn auf die Person bei einer bestimm-

ten Warenkategorie üblicherweise Bezug genommen wird (z.B. BGH GRUR 2003,

342 – Winnetou für Printerzeugnisse und Filme) oder wenn die Person für einen all-

gemeinen Typus steht (BGH aaO.: „Winnetou“ als Symbol für einen edlen Indianer-

häuptling)

- Namen oder Bilder lebender oder verstorbener Prominenter: Unterscheidungskraft

fehlt (1) für Waren oder Dienstleistungen, bei denen der Verkehr vom Namen auf

eine Wareneigenschaft schließt (z.B. Mozart für CDs) oder (2) wenn der Verkehr Na-

men oder Bild als reine Dekoration ohne Herkunftshinweis auffasst – das ist aber

eine seltene Ausnahme. Schutzfähig z.B. „Pippi Langstrumpf“ für ein Hotel (BGH

GRUR 2018, 301 – Pippi-Langstrumpf-Marke)

- Bezeichnung eines Ereignisses, die der Verkehr nicht mit bestimmten Produkten in

Beziehung setzt (BGH GRUR 2006, 850 – Fussball WM 2006)

- Übliche Warenformen (z.B. BGH GRUR 2004, 329 – Käse in Blütenform; BGH GRUR

2006, 679 – Porsche Boxster) und naturgetreue Abbildungen solcher Formen (BGH

GRUR 2004, 683 – farbige Arzneimittelkapsel)

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 19

- Übliche dekorative Elemente von Produkten (z.B. BGH GRUR 2011, 158 – Heftein-

band: übliche Farbgestaltung von Heften und Schreibblöcken)

Freihaltebedürfnis an beschreibenden Angaben (§ 8 II Nr. 2 MarkenG)

• Sinn: Interesse der Wettbewerber, ihre Waren beschreiben zu können. Nach Ansicht des

EUGH schützt Nr. 2 daher die Mitbewerber.

• Überlagerung mit Nr. 1: beide Gründe können aus unterschiedlichen Aspekten die Eintra-

gung derselben Marke verhindern.

• Beispiele:

- Beschaffenheitsangaben, z.B. „Schorli“ für Apfelschorle, marktfrisch, „Bücher für

eine bessere Welt“

- Dabei aber kein zu strenger Maßstab, z.B. EUGH, Rs. C-383/99 P, Procter &

Gamble/HABM: Marke „Baby Dry“ für Windeln eintragungsfähig, da als „lexikali-

sche Erfindung“ nicht glatt beschreibend, BGH GRUR 2013, 731 – kaleido: „Ka-

leido“ für Spielzeug wird vom Verkehr nicht zwingend zu „Kaleidoskop“ ergänzt

- Geographische Angabe, z.B. Portofino für Gewürze, Chiemsee für Kleidung

- Name oder Bild einer bekannten lebenden oder verstorbenen Person für Waren, die

diese Person betreffen (s.o., § 8 II Nr. 1)

- Der BGH betrachtet Warenformen auch dann als beschreibend, wenn sie nicht auf

die Merkmale der Ware hinweisen, sondern allgemein übliche Formen sind, Bei-

spiel: BGH GRUR 2006, 679 – Porsche Boxster. Grund: Freihaltebedürfnis im Mitbe-

werberinteresse, ist nach der Rechtsprechung des EUGH nur durch Nr. 2, nicht

durch Nr. 1 geschützt. Systematisch wäre es besser, diese Fälle nur unter Nr. 1 zu

prüfen.

Weitere absolute Schutzhindernisse

• übliche Bezeichnungen (Nr. 3), gemeint sind Zeichen, die zur Bezeichnung der betref-

fenden Waren üblich geworden sind, insb. Freizeichen (werden von mehreren Unterneh-

men als Warenbezeichnung verwendet) und Gattungsbezeichnungen, vgl. BGH GRUR

1998, 465 – Bonus, Beispiel: BGH GRUR 2001, 732 – Baumeister-Haus. Strenger die

frühere Rspr. des BPatG, nach der auch Wörter des allgemeinen Sprachgebrauchs ohne

Produktbezug von Nr. 3 erfasst werden (vgl. BPatG GRUR 1999, 170 – Advantage).

• Täuschungseignung (Nr. 4), beachte § 37 III: nur Offensichtlichkeitsprüfung, Beispiel

(BPatG GRUR-RR 2014, 115): Anmeldung der Marke „Bolschoi Staatsballett“ durch einen

Anmelder, der offensichtlich nicht mit staatlichen Stellen zusammenhängt. Gegenbeispiel

(BGH GRUR 2017, 186 – Stadtwerke Bremen): Umstand, dass die Stadt Bremen nur Min-

derheitseigner ist, begründet vielleicht die Unlauterkeit gem. § 5 UWG, schließt aber die

Markeneintragung nicht aus, weil die Stadt ja durchaus in Zukunft die Mehrheitsbeteili-

gung erlangen kann.

• Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten (Nr. 5), wenn die Nut-

zung als Marke bei normal toleranter und durchschnittlich sensibler Sichtweise der maß-

geblichen Verkehrskreise gegen gesetzliche Vorschrift oder sittliches Empfinden ver-

stößt, Beispiel (BGH GRUR 2013, 729): „READY TO FUCK“. Dabei Abstellen auf den kon-

kreten Kontext, Beispiel (EuGH GRUR 2020, 395, lesenswert die kurze Anmerkung von

Berlit): „Fack Ju Göthe“ ist eintragungsfähig, weil praktisch nicht als vulgäre Herabset-

zung gedacht. Str., inwieweit die Eintragung eines gemeinfreien Kunstwerks gegen Nr. 5

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 20

verstoßen kann. Nach EFTA-GH im Vigeland-Fall (dazu Kur GRUR 2017, 1082) aus-

nahmsweise bei erheblichen öffentlichen Interessen oder Gefahr der Herabsetzung des

Kulturguts.

• Staatswappen, -flaggen, etc. (Nr. 6) in identischer oder nachgeahmter Form, aber kein

Schutzhindernis, wenn Anmelder befugt ist, das Zeichen zu führen (§ 8 IV), dazu BPatG,

BeckRS 2015, 19419 – DFB-Adler

• Prüf- und Gewährzeichen (Nr. 7), z.B. TÜV-Plakette

• Kennzeichen internationaler Organisationen (Nr. 8), zu behandeln wie Nr. 6

• 2019 neu eingeführt: bestimmte Herkunfts- und Sortenbezeichnungen (Nr. 9-12)

• Verbot der Benutzung nach anderen Vorschriften (Nr. 13), z.B. Symbole verfassungs-

feindlicher Organisationen, nicht aber humorvolle Verballhornung eines verbotenen Ge-

genstands: BPatG GRUR 2004, 875 – KOKAIN BALL

• Bösgläubigkeit (Nr. 14), nachträglich eingefügt, früher nur Löschungsgrund.

­ (+), wenn Marke nur angemeldet wird, um Benutzung durch berechtigten Vorbenut-

zer zu sperren. Testfragen nach EUGH, Rs. C-529/07, GRUR 2009, 763 – Lindt &

Sprüngli/Hauswirth: (1) Weiß der Anmelder, dass ein Dritter die Marke benutzt, oder

müsste er es wissen?, (2) Meldet er die Marke an, um diese Benutzung zu verhin-

dern? (3) In welchem Maße ist das Zeichen des Dritten und in welchem Maße ist das

Zeichen des Anmelders bereits rechtlich geschützt?

­ Kann auch beim Anmelden einer reinen Spekulationsmarke vorliegen, Indizien: An-

meldung einer Vielzahl von Marken ohne ernsthaften Benutzungswillen mit Ziel, von

anderem Unternehmen Kaufpreis zu erlangen (zum Rechtsmissbrauch bei der Durch-

setzung BGH GRUR 2001, 242 – Classe E, hier könnte auch § 8 II Nr. 14 eingreifen)

­ Keine Bösgläubigkeit des Anmelders von „Glückspilz“ nur weil die Marke auch gegen

rein dekorative Verwendungsformen geltend gemacht wird (BGH GRUR 2016, 380)

­ Parallel ist die Markenanmeldung eine unlautere Behinderung (§ 4 Nr. 4 UWG).

Überwindung durch Verkehrsdurchsetzung (§ 8 III MarkenG)

• Die Eintragungshindernisse des § 8 II Nr. 1-3 (nur diese!) können durch Verkehrsdurch-

setzung überwunden werden (§ 8 III).

• Hintergrund: Zeichen, die von Hause aus keine Herkunftsfunktion haben, können sie er-

langen, wenn sie sich im Verkehr durchgesetzt haben. Auch das Freihaltebedürfnis Drit-

ter ist dann angesichts des schutzwürdigen Besitzstands des Inhabers geringer zu ge-

wichten.

• Verkehrsdurchsetzung = Die Marke muss sich als Unterscheidungszeichen durchgesetzt

haben:

- in ganz Deutschland (nicht nur z.B. in München)

- in den angesprochenen Verkehrskreisen (z.B. Skifahrer bei Skiern)

- als Marke (nicht nur in Form einer rein dekorativen Nutzung)

- für die betreffenden Produkte (wenn die Marke für alle Körperpflegeprodukte bean-

tragt wird, reicht der Nachweis für Hautcreme nicht aus)

- als Hinweis auf den Anmelder.

• Kriterien: Marktanteil, Dauer der Benutzung, Werbeaufwand, geographische Verbreitung,

vor allem aber Anteil der Verkehrskreise, der die Marke kennt.

• Praktisch meist Feststellung durch demoskopische Gutachten. Zu deren Erfordernissen

ausführlich BGH GRUR 2016, 1167 – Sparkassen-Rot.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 21

• Es besteht keine bestimmte Prozentzahl, Daumenregel aber: mindestens 50 %.

• Je höher das Freihaltebedürfnis, desto höher der erforderliche Grad an Bekanntheit. Bei-

spiel (BGH GRUR 2009, 669 – POST II): Im Fall der Wortmarke POST stark beschreiben-

der Charakter, aber über 80 % Verkehrsdurchsetzung. Allerdings spricht sich der EUGH

gegen feste Prozentsätze aus. Beispiele

- BGH GRUR 2006, 679 – Porsche Boxster

- BGH GRUR 2015, 1012 – Nivea-Blau

• Vertiefend: Jänich, WRP 2018, 261 ff.

bb) Relative Schutzhindernisse (§§ 9 ff. MarkenG)

Überblick

• = Rechte mit älterem Zeitrang.

• Müssen vom Inhaber dieses Rechts im Widerspruchs- oder Löschungsverfahren vorge-

bracht werden, werden also nicht von Amts wegen geprüft, Ausnahme: amtsbekannte No-

torietät (§ 10).

• Parallelität der Kollisionstatbestände: relative Schutzhindernisse (§§ 9 ff.) und Verlet-

zungstatbestände (§§ 14 ff.) laufen parallel, beides sind Kennzeichenkollisionen, bei de-

nen sich der Inhaber des prioritätsälteren Rechts durchsetzt, es gibt keinen Grund für

eine grundsätzliche materielle Differenzierung

• Kollision mit älterer eingetragener Marke (§ 9): Die drei Varianten des § 9 I entsprechen

den Tatbeständen der Markenverletzung in § 14 II 1 (näheres also dort):

- Identitätsschutz (Nr. 1): identische Marke für identische Produkte

- Verwechslungsschutz (Nr. 2): (mindestens) ähnliche Marke und (mindestens) ähnli-

che Produkte, dadurch Verwechslungsgefahr

- Bekanntheitsschutz (Nr. 3): Schutz der bekannten Marke auch gegen Verwendung

identischer oder ähnlicher Marken für andersartige Produkte.

• Kollision mit notorisch bekannter Marke (§ 10), von Amts wegen zu beachten.

• Kollision mit Benutzungsmarke oder geschäftlicher Bezeichnung (§ 12).

• Kollision mit sonstigem älterem Recht (§ 13), z.B. Persönlichkeitsrechte, Urheberrecht.

• Anmeldung einer Marke durch Agenten oder Vertreter (z.B. inländischer Lizenznehmer

eines ausländischen Inhabers) ohne Zustimmung des Inhabers (§ 11)

cc) Schutzhindernisse bei besonderen Markenformen

Formmarken: Überblick

• Hintergrund:

- Regelmäßig fehlende Herkunftsfunktion bei Form einer Ware.

- Freihaltebedürfnis für gängige Warenformen.

- Überlagerung mit anderen Rechten: technische Schutzrechte bei technischer Be-

dingtheit, Geschmacksmusterrecht bei Design.

- Man kann nicht kategorisch jeden Herkunftshinweis durch Produktgestaltung vernei-

nen (Paradebeispiel: Coca-Cola-Flasche). Das Recht muss aber sicherstellen, dass

kennzeichenrechtlich nur die Herkunftsfunktion (nicht die attraktive Kraft des De-

signs) geschützt wird und dass übliche Produktformen für den Verkehr frei bleiben.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 22

• Größerer Zusammenhang: In welchem Maße sollten Überlagerungen zwischen Rechten

des geistigen Eigentums zulässig sein? Besonders häufig bei Produktformen, Beispiel:

Lego-Stein

• Zweistufige Prüfung:

- Sondervorschrift im Rahmen der Markenfähigkeit: § 3 II MarkenG.

- Daneben aber Prüfung der absoluten Schutzhindernisse, insb. der § 8 II Nr. 1 und 2

Fehlen der abstrakten Markenfähigkeit (§ 3 II) bei Formen und anderen charakteristi-

schen Merkmalen

• § 3 II: Schutzausschluss, auch für nicht eingetragene Marken, keine Überwindung durch

Verkehrsdurchsetzung.

• Galt früher nur für Formen, seit 2019 auch für andere charakteristische Merkmale

• § 3 II Nr. 1: Zeichen, die ausschließlich aus einer Form oder anderen charakteristischen

Merkmalen bestehen, die durch die Ware selbst bedingt ist.

- Zweck: Verhinderung, dass dem Markeninhaber über das Markenrecht ein zeitlich

unbegrenztes Monopol für sich aus der Form ergebende wesentliche Gebrauchsei-

genschaften einer Ware eingeräumt wird → Dann würde die Marke schon durch die

Eintragung einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

- Test (EUGH, Rs. C-205/13, GRUR 2014, 1097 – Hauck/Stokke): Sucht der Benutzer

dieses Merkmal auch bei Waren der Mitbewerber mit identischen oder ähnlichen Ge-

brauchseigenschaften?

- Einfache Beispiele: Form einer Waschmitteltablette, eines Deorollers oder von Car-

ving-Skiern.

- Schwieriger: Form der Ritter-Sport Schokolade (BGH GRUR 2018, 404 – Quadratische

Tafelschokoladenverpackung)

• § 3 II Nr. 2: Zeichen, das zur Erreichung der technischen Wirkung erforderlich ist (Nr. 2)

= Produktgestaltung, deren wesentliche Merkmale einer technischen Funktion entspre-

chen und die gerade gewählt wurde, um diese zu erfüllen.

- Zweck: Abgrenzung zu den technischen Schutzrechten, Verhinderung einer dauerhaf-

ten Monopolisierung einer technischen Lehre.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 23

- Test: (1) Ermittlung der wesentlichen Merkmale (2) objektive Prüfung der technischen

Funktionalität (Indiz: früherer Patentschutz)

- Kann auch vorliegen, wenn es alternative technische Konstruktionsmöglichkeiten

gibt, langjährige Monopolstellung steht der Verkehrsdurchsetzung nicht entgegen

- Beispiel 1 (EUGH Rs. C-299/99 = GRUR Int. 2002, 842 – Philips/Remington)Scherkopf

des Philishave-Rasierers (früher patentgeschützt!)

- Beispiel 2: Der Legostein (EUGH, Rs. C-48/09 P, GRUR 2010, 1008)

- Fall zur Diskussion: Schutzfähigkeit der Form des Rubik’s Cube (EUGH, Rs. C-30/15-

P, GRUR 2017, 66 – Simba Toys/EU IPO, dazu Kur, GRUR 2017, 134)?

­ Großzügig BGH GRUR 2018, 404 – Quadratische Tafelschokoladenverpackung (=

Übungsfall), GRUR 18, 411 – Traubenzuckertäfelchen, dazu Sattler, GRUR 2018, 565

• § 3 II Nr. 3: Produktgestaltung verleiht der Ware einen wesentlichen Wert

- Zweck: Verhinderung eines ewigen Designschutzes → Schutzdauer des DesignR darf

nicht unterlaufen werden.

- Kriterien (EUGH, C-205/13, GRUR 2014, 1097 – Hauck/Stokke [Tripp Trapp]): künst-

lerischer Wert, Unterschied von gängigen Formen, Preisunterschied, Herausstellung

des Designs in der Werbung

- Beispiel 1: bleistiftförmige Lautsprecher (EuG, Rs. T-508/08, GRUR Int. 2012, 560 –

Bang & Olufsen)

- Beispiel 2: Form des Tripp-Trapp-Stuhls (EUGH, C-205/13, GRUR 2014, 1097 –

Hauck/Stokke [Tripp Trapp])

- Kritik: schließt gerade besonders unterscheidungskräftige Formen aus und zwingt

den Anmelder im Hinblick auf § 8 II Nr. 1 zu schizophrenem Vortrag

• Noch offen ist, was „andere charakteristische Merkmale“ sind und wann hier die Marken-

fähigkeit ausgeschlossen ist. Mögliche Beispiele (dazu bisher aber noch keine Rechtspre-

chung):

­ Farbe eines Elektrokabels, das die Funktion anzeigt (§ 3 II Nr. 2)

­ rote Farbe einer Schuhsohle (§ 3 II Nr. 3)

­ Abbildung eines bekannten Kunstwerks bei Waren, auf denen derartige Abbildungen

als Dekoration dienen (Bekleidungsstücke, Tassen, etc.) (§ 3 II Nr. 3)

Fehlen der Unterscheidungskraft bzw. beschreibende Angabe

• Wenn die Ausschlussgründe des § 3 II nicht vorliegen, sind immer noch die absoluten

Schutzhindernisse des § 8 II zu prüfen, vor allem die konkrete Unterscheidungskraft (§ 8

II Nr. 1)

­ Erinnerung: Die Ausschlussgründe des § 3 II sind nicht überwindbar, während die

absoluten Schutzhindernisse des § 8 II Nr. 1-3 durch Verkehrsdurchsetzung über-

wunden werden können.

­ Daher früher h.M.: enge Auslegung des § 3 II, weil die Beurteilung unter § 8 II fle-

xibler ist.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 24

­ Aber aktuelle Tendenz des EUGH, die Fälle des § 3 II weit auszulegen.

• Bei der Beurteilung der konkreten Unterscheidungskraft

• Frage: Hat die Form originäre Unterscheidungskraft = Unterscheidungskraft unabhängig

davon, dass sich die Abnehmerkreise gelernt haben, dass diese Form auf einen bestimm-

ten Hersteller verweist.

• Das ist praktisch bei fast keiner Form der Fall.

• Daher werden fast alle Formmarken erst aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetra-

gen (§ 8 III).

• Beispiel 1 (EUGH, Rs. C-96/11 P, GRUR Int. 2012, 1017 – Schokoladenmaus): Form einer

Schokoladenmaus wird von Käufern nur als Dekoration, nicht als Herkunftshinweis wahr-

genommen und ist Variante einer üblichen Warenform

• Beispiel 2 (BGH GRUR 2006, 679 – Porsche Boxster): Form eines Sportwagens kann als

Herkunftshinweis dienen (§ 3 I), ist weder durch die Art der Ware bedingt noch technisch

notwendig (§ 3 II Nr. 1, 2), hat konkrete Unterscheidungskraft (§ 8 II Nr. 1), ist aber be-

schreibend (§ 8 II Nr. 2), da die Marke nur die äußere Gestaltung beschreibt, aber Über-

windung des absoluten Schutzhindernisses wegen Verkehrsdurchsetzung (§ 8 III). Kritik:

Die Anwendung von § 8 II Nr. 2 überzeugt hier nicht, Nr. 1 läge näher (s.o.)

• Ähnlich für Positionsmarken, wenn sie mit der gekennzeichneten Ware verschmelzen.

Beispiel (EuG GRUR 2014, 285 – Margarete Steiff/HABM): Dem „Knopf im Ohr“ für Stoff-

tiere fehlt die Unterscheidungskraft, Nachweis der Verkehrsdurchsetzung würde in

Deutschland gelingen, nicht aber für die gesamte EU.

Abstrakte Farbmarken

• konkreter Farbschutz: farbige Abbildung, bei der nicht nur der Farbton, sondern auch

die genaue Kontur angegeben wird. Unproblematisch möglich.

• abstrakter Farbschutz: Farbe wird an sich für bestimmte Waren angemeldet (z.B. Ma-

gentarot für Deutsche Telekom, Rot für die Sparkasse oder den Schönfelder).

• Abstrakte Markenfähigkeit gem. § 3 I MarkenG anerkannt, grafische Darstellbarkeit

durch Einreichung eines Farbmusters und Bezugnahme auf Farbklassifikationssystem ge-

währleistet (s.o.).

• Konkrete Unterscheidungseignung (§ 8 II Nr. 1 MarkenG) muss aber genau überprüft

werden, entscheidend sind die üblichen Verwendungsgewohnheiten. Vielen Farben fehlt

zwar die abstrakte Unterscheidungskraft, sie werden aber aufgrund Verkehrsdurchset-

zung eingetragen. Probleme dabei (vgl. BGH GRUR 2015, 1012 – Nivea-Blau; BPatG

GRUR 2015, 796 – Sparkassen-Rot II):

- Wird die Farbe markenmäßig oder nur dekorativ verwendet?

- Wie hoch muss die Verkehrsdurchsetzung bei Standardfarben sein?

- Hat sich die Farbe wirklich für alle von der Anmeldung umfassten Waren durchge-

setzt?

• Schutz einer abstrakten Farbkombination (z.B. rot/gelb für Tankstellen)? Nicht bei An-

meldung in beliebiger Kombination, nur bei Angaben zur systematischen Anordnung der

Farben (EUGH Rs C-49/02 = GRUR 2004, – Heidelberger Bauchemie).

• Weiterführend Eichelberger, GRUR 2016, 138

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 25

b) Besondere Kategorien von Registermarken

Kollektivmarken (§§ 97 ff.)

• Nachfolger der historischen Zunft- und Innungszeichen

• Werden von Verbänden angemeldet (Individualmarken nur von natürlichen oder juristi-

schen Personen, § 7) und dienen dazu, die Produkte der Mitglieder des Verbands von

denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

• Beispiele:

­ Unternehmensverbände, z.B. Edeka, Fleurop, Demeter

­ geographische Bezeichnungen (zusätzlich zum Schutz durch §§ 126 ff.), z.B. Thürin-

ger Rostbratwurst, Aachener Printen

­ Gütezeichen, z.B. DIN, Badisches Weinsiegel, Wollsiegel

• Der Anmeldung muss eine Markensatzung beigefügt werden (§ 102).

• Modifizierung der absoluten Schutzhindernisse (§ 8) durch §§ 97 I, 99 (Eintragungsfähig-

keit geographischer Bezeichnungen), 106

Gewährleistungsmarken (§ 106a ff.)

• Neue Markenform, die durch Umsetzung der MarkenRL von 2015 in §§ 106 ff. MarkenG

eingeführt wurde.

• Zweck: Kennzeichnung / Gewährleistung einer bestimmten Eigenschaft oder Qualität

(mit Ausnahme der geographischen Herkunft)

• Damit für Gütezeichen besser geeignet als die bisher verwendeten Markenformen Indivi-

dualmarke oder Kollektivmarke

• Inhaber braucht kein Verband, sondern kann auch natürliche oder juristische Person

sein, muss aber in der Lage sein, die Qualität zu überwachen

• Inhaber muss eine Satzung vorlegen, die regelt, wer zur Benutzung befugt ist, um wel-

che Eigenschaften es geht und wie sie überprüft werden

• Der Inhaber der Gewährleistungsmarke darf die satzungsgemäßen Waren und Dienst-

leistungen selbst nicht liefern bzw. anbieten, § 106b II, 106d II Nr. 2.

• Die gewährleistete Eigenschaft muss durch die im Register hinterlegte Satzung konkret

und detailliert beschrieben werden (§ 106d MarkenG) und der Inhaber der Gewährleis-

tungsmarke muss dafür sorgen, dass diese Bestimmungen der Satzung durch alle recht-

mäßigen Produkthersteller eingehalten werden (§ 106g I Nr. 2).

c) Die Benutzungsmarke

Eintragung aufgrund Verkehrsgeltung (§ 4 Nr. 2 MarkenG)

• Benutzungsmarken stehen hinsichtlich ihrer Wirkungen den eingetragenen gleich.

• Es gelten die gleichen Voraussetzungen für die Schutzfähigkeit und die Schutzhinder-

nisse des § 3 MarkenG. Nicht erforderlich ist die für eine Eintragung erforderliche klare

und eindeutige Bestimmbarkeit gem. § 8 I.

• Entstehung durch Benutzung und Erwerb von Verkehrsgeltung

- Verkehrsgeltung = ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise

kennt die Marke und fasst sie als Hinweis auf den Inhaber auf. Der Name des Inha-

bers braucht nicht bekannt zu sein.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 26

- Unterschied zur Verkehrsdurchsetzung (§ 8 III): letztere setzt meist eine höhere Be-

kanntheit voraus und bezieht sich auf das gesamte Bundesgebiet, während bei § 4 Nr.

2 die regionale oder lokale Bekanntheit ausreicht, der Schutz bleibt dann auf die Re-

gion beschränkt.

- Ausschlaggebend ist das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise (bei zahl-

reichen Produkten sind das alle Verbraucher, anders aber z.B. bei Sportartikeln, Ziga-

retten oder medizinischen Geräten).

- Flexibles Bewertungssystem ohne feste Prozentsätze (Die früher beliebte Daumenre-

gel von 30 % wird inzwischen weitgehend abgelehnt), Kriterien sind Bekanntheits-

grad, Unterscheidungskraft, Grad des Freihaltebedürfnisses. Wenn im Fall einer Re-

gistermarke ein Fall des § 8 II Nr. 1-3 vorläge, müssen die Anforderungen (vom regio-

nalen Umfang abgesehen) denen unter § 8 III entsprechen, damit es nicht zu einem

Wertungswiderspruch kommt.

- Feststellung durch das Gericht aufgrund eigener Sachkunde oder durch Verkehrsbe-

fragung

Notorisch bekannte Marke (§ 4 Nr. 3)

• Begriff der notorischen Bekanntheit stammt aus Art. 6bis PVÜ

• Besonders hohe Bekanntheit, also höherer Bekanntheitsgrad als bei Verkehrsgeltung o-

der -durchsetzung (Daumenregel: 60-70%)

• Inländische Benutzung nicht erforderlich, Bedeutung daher nur für ausländische Mar-

ken, die im Inland nicht benutzt werden.

• Praktisch bedeutungslos, weil es wohl keine Marken gibt, die in Deutschland nicht be-

nutzt werden, die aber trotzdem jeder kennt.

d) Übrige Kennzeichenrechte

Unternehmenskennzeichen (§ 5 II)

• Unterschied zur Marke: Die Marke identifiziert ein Produkt, das Unternehmenskennzei-

chen identifiziert ein Unternehmen. Beides kann sich überlagern.

• Schutz außerhalb des MarkenG: § 12 BGB, §§ 17 ff HGB. Zum Verhältnis § 12 BGB – §§

5; 15 MarkenG s. unten, 3.

• Die Rechte des § 5 entstehen durch tatsächliche Handlungen, nicht durch Eintragung.

Insbesondere spielt die Eintragung einer Firma ins Handelsregister für den Schutz nach

MarkenG keine Rolle.

• Tipp: Genau unterscheiden, ob bloße Aufnahme der Benutzung genügt oder ob Verkehrs-

geltung vorausgesetzt wird.

• Unternehmensbezeichnungen (§ 5 II 1) haben namensmäßige Funktion, identifizieren

also das Unternehmen oder den Geschäftsbetrieb:

­ Name (§ 12 BGB) = bürgerlicher Name einer natürlichen Person, Name einer juristi-

schen Person, Name einer Personengesellschaft,

­ Firma (§ 17 I HGB) = Handelsname eines Kaufmanns

­ Geschäftsbezeichnung = bezeichnet den einzelnen Betrieb im Gegensatz zum Unter-

nehmen (Beispiel: Die Bavaria Gaststätten-GmbH betreibt einen „Bayerischen Hof“

und einen „Fränkischen Hof“).

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 27

• Der Kennzeichenschutz nach § 5 II 1 entsteht unabhängig von einer Registrierung mit

tatsächlicher Aufnahme der Benutzung, wenn die Bezeichnung über originäre Kenn-

zeichnungskraft verfügt, vom Verkehr also als Hinweis auf ein Unternehmen oder einen

Geschäftsbetrieb verstanden wird. Beispiele: Unterscheidungskraft (+) bei Maritim, Com-

puNet, Traumfabrik, (-) bei Immobilien-Börse, Schwarzwaldsprudel, Motorradland

• Fehlende Unterscheidungskraft kann durch Erwerb von Verkehrsgeltung überwunden

werden.

• Geschäftsabzeichen (§ 5 II 2) fehlt ursprünglich die Namensfunktion, Beispiele: Adressen,

Logos, Werbesprüche, Aufmachung des Geschäftsbetriebs, Kleidung der Mitarbeiter.

Können Schutz durch Erwerb von Verkehrsgeltung erlangen.

Werktitel (§ 5 III)

• Besondere Form des Produktkennzeichens: bezeichnet nicht den Geschäftsbetrieb, son-

dern ein Werk:

• Urheberrechtliche Schutzfähigkeit (§ 2 UrhG) wird nicht vorausgesetzt, ist aber ein wich-

tiges Indiz. Schutz erstreckt sich aber auch auf gemeinfreie Werke

• Beispiele:

­ Druckschriften = Bücher, Zeitungen, Zeitschriften

­ Filmwerke = Kinofilme und Fernsehsendungen

­ Tonwerke = Werke der klassischen Musik, Popsongs

­ Bühnenwerke = Theaterstücke, Opern

­ vergleichbare Werke, zB Computerprogramme und -spiele

• Schutz durch Benutzungsaufnahme, wenn originäre Kennzeichnungskraft vorliegt, Feh-

len kann durch Erwerb von Verkehrsgeltung überwunden werden.

• Vorverlagerung des Schutzes, wenn Benutzung in branchenüblicher Weise angekündigt

wird, insb. durch Anzeige im Titelschutzanzeiger (s. http://www.titelschutzanzeiger.de)

und das Werk innerhalb angemessener Zeit erfolgt

Geographische Herkunftsangaben (§ 126 MarkenG)

• Schutz auf zwei Ebenen:

­ Formalschutz (nach Eintragung) gem. VO 1151/2012: unionsrechtlicher Schutz der

geographischen Herkunftsangaben von Lebensmitteln und Agrarerzeugnissen bei

Eintragung in ein von der Kommission geführtes Verzeichnis, dabei Unterscheidung

zwischen Ursprungsangabe (Produkt verdankt seine Qualität den geograph. Verhält-

nissen) und bloßen Herkunftsangaben. Parallel ist der Schutz von Weinbezeichnun-

gen (VO 479/2008) und von Spirituosenbezeichnungen (VO 110/2008) geregelt.

­ Formloser Schutz (reine Benutzung) des deutschen Rechts früher nach UWG, mitt-

lerweile nach § 126 ff MarkenG, die aber stark ans UWG angelehnt sind. Vor allem

verweist § 128 MarkenG auf die Aktivlegitimation nach § 8 III.

• Geographische Herkunftsangabe (§ 126 I): verweist auf Herkunft aus einer bestimmten

Region, z.B. Champagner, Nürnberger Bratwurst abzugrenzen von der Gattungsbe-

zeichnung (§ 126 II): bezeichnet nur die Art der Ware (Beispiel: Kassler, Wiener Würst-

chen), oft ehemalige Herkunftsangabe, die ihre Herkunftsfunktion eingebüßt hat (Bei-

spiel: Pils)

Festschrift für Paul Ströbele

zum 75. Geburtstag

Herausgegeben von

Franz Hacker

und

Frederik Thiering

Sonderdruck

325

Schutz von Kulturgütern durch das Markenrecht?

Ansgar Ohly

I. Einführung: von Oslo über Neuschwanstein zum Oktoberfest

Der Vigeland-Skulpturenpark in Oslo, das Schloss Neuschwanstein und das Münche-ner Oktoberfest haben zwei Gemeinsamkeiten. Erstens gehören sie zu den Haupt-Touristenattraktionen ihrer Region. Der Skulpturenpark mit mehr als 200 Werken des norwegischen Künstlers Gustav Vigeland (1869-1943) hat seinen festen Platz in allen »Top 10«-Listen der Osloer Sehenswürdigkeiten. Das Schloss Neuschwanstein gehört zu den meistbesuchten Reisezielen in Deutschland, und auch das Oktober-fest ist Millionen von Münchenern, Bayern und Gästen aus Preußen und dem Aus-land einen Besuch wert. Die zweite Gemeinsamkeit hängt enger mit dem Tätigkeits-bereich des Jubilars zusammen: Die Abbildungen oder Namen der genannten Werke, Bauten oder Ereignisse wurden von staatlichen Stellen als Marken angemeldet – man könnte von »Kulturgütermarken« sprechen.1 Weil das Urheberrecht an den Werken Vigelands Ende 2013 abgelaufen war, meldete die Stadt Oslo Abbildungen einiger besonders bekannter Werke beim Norwegischen Patentamt als Marken an, war aber weitgehend erfolglos. Die norwegische Beschwerdeinstanz für gewerbliche Schutz-rechte legte daraufhin einige Fragen zum Markenschutz für Kunstwerke dem EFTA-Gerichtshof vor, dessen Urteil2 einigen Widerhall in der Literatur gefunden hat.3 Die Wortmarke »Neuschwanstein« wurde vom Freistaat Bayern sowohl beim DPMA als auch beim EUIPO angemeldet. Während der BGH der Marke für alle Waren die Eintragungsfähigkeit absprach, die als Souvenirs vertrieben werden,4 hielt der EuGH die Markenanmeldung für wirksam.5 Nur zu den Anträgen der Landeshauptstadt

1 Die Anspielung auf »Eventmarken« ist nicht unbeabsichtigt, s. hierzu Fezer in Fest-schrift für Tilmann, 2003, S. 321 ff.; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12.  Aufl.  2018, §  8 Rn.  284. Ebenso wenig wie bei »Eventmarken« handelt es sich bei »Kulturgütermarken« aber um sui-generis-Kennzeichenrechte. Eintragungsfähigkeit und Schutzbereich unterliegen den allgemeinen Grundsätzen, so zu Recht BGH GRUR 2006, 850 Rn. 22. – FUSSBALL WM 2006.

2 EFTA-Gerichtshof GRUR Int. 2017, 762 – Vigeland. Das abschließende Urteil der Be-schwerdeinstanz v. 13.11.2017 ist unter BeckRS 2017, 136096 abrufbar.

3 Grabrucker, MarkenR 2018, 96; Kur, GRUR 2017, 1082; Senftleben, IIC 2017, 683. 4 BGH GRUR 2012, 1044 – Neuschwanstein. 5 EuGH GRUR 2018, 1146, Rn. 40, 47 ff.

Ansgar Ohly

326

München auf Eintragung der Wortmarken »Oktoberfest« 6 und »Wiesn«7 fehlt es bisher an gerichtlichen Entscheidungen.

Hatten in der Vergangenheit eher »Markentrolle« versucht, sich durch Anmeldung von positiv besetzten Begriffen des Kulturerbes eine fragwürdige Einnahmequelle zu sichern,8 so kann man die guten Absichten des Freistaats und der Hauptstädte Norwegens und Bayerns sicherlich nicht bestreiten.9 Die Förderung und Präsentati-on der Kultur verursachten ebenso erhebliche Kosten wie die Ausrichtung des Ok-toberfests. Einiges spricht dafür, dass diejenigen, die am guten Ruf des Kulturerbes verdienen, auch einen finanziellen Beitrag zu dessen Pflege leisten sollten. Außerdem kann das Markenrecht dazu beitragen, geschmacklose und rufschädigende Bezüge auf die Kulturgüter zu unterbinden. Dem steht allerdings das Allgemeininteresse an der freien geistigen Auseinandersetzung mit dem Kulturerbe entgegen, dessen be-sondere Ausprägung im Fall von Kunstwerken die urheberrechtliche Gemeinfreiheit ist.10 Auch Unternehmer haben ein beachtliches Interesse daran, sich in der Werbung auf berühmte Bauwerke und Ereignisse zu beziehen. Fiskalische Interessen können die Monopolisierung eines Sekundärmarktes, wie etwa desjenigen für Souvenirs, nicht ohne weiteres rechtfertigen.

Beim Schutz von »Kulturgütermarken« treffen zwei Fallgruppen zusammen, die im Schrifttum bisher oft getrennt voneinander untersucht wurden: zum einen Fälle im Überlagerungsbereich von Marken- und Urheberrecht,11 zum anderen die Schutz-fähigkeit von Bezeichnungen bekannter Bauwerke oder historischer Persönlichkei-ten.12 Sowohl die Interessenlage als auch die markenrechtlichen Fragestellungen sind aber weitgehend identisch,13 was die gemeinsame Behandlung in einem Beitrag recht-fertigt. Der erste Teil befasst sich mit der Eintragungsfähigkeit, die im Mittelpunkt von Rechtsprechung und Schrifttum steht, der zweite Teil mit dem bisher weniger stark thematisierten Schutzbereich.

6 Die nationalen und europäischen Anmeldungen werden zu Redaktionsschluss noch v. EUIPO und v. DPMA geprüft.

7 Die Unions-Wortmarke »Wiesn« wurde auf Antrag der Landeshauptstadt München am 12.9.2018 unter Registernr. 014912802 für die Klassen 3, 9, 38, 39, 40 und 42, also für Waschmittel, elektronische Geräte, Telekommunikationsdienstleistungen und Daseinsvor-sorge eingetragen, dazu die Süddeutsche Zeitung v. 14.9.2018: »Sollte irgendjemand vor-gehabt haben, ein neues Waschmittel namens »Wiesn« auf den Markt zu bringen, dann hat er jetzt Pech gehabt.« Eine ältere Unionsmarke »Wiesn« ist seit 2012 für die Klassen 11, 20 und 35 zugunsten der Hans Segmüller GmbH eingetragen.

8 Nachweise bei W. Nordemann, WRP 1997, 389 f. 9 Grabrucker, MarkenR 2018, 96, 100; Kur, GRUR 2017, 1082, 1090; vgl. auch Albrecht,

BayVBl 2011, 756.10 Hierzu für den Vigeland-Fall Senftleben, IIC 2017, 683, 696 ff.; grundlegend Peukert, Die

Gemeinfreiheit, 2012, S. 60 ff.11 Vgl. die Nachw. in Fn.  3 und Derclaye/Leistner, Intellectual Property Overlaps, 2011,

S. 47 ff., 237 ff., 290 f.; Jacobs in Festschrift für Schricker, 2005, S. 807; A. Nordemann in Loewenheim (Hrsg.), Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl., 2010, § 83, Rn. 32 ff.; Ohly, GRUR Int. 2007, 704; Osenberg, GRUR 1996, 101; Seifert, WRP 2000, 1014.

12 Vgl. Bittner, WRP 2012, 1503; Ruess, GRUR 2018, 1150 ff.13 Ebenso Kur, GRUR 2018, 1082, 1083; Lerach, GRUR-Prax 2018, 461, 463.

Schutz von Kulturgütern durch das Markenrecht?

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Dem Jubilar sind diese Probleme höchst vertraut. Er hat sich zur Eintragungsfähig-keit derartiger Marken dezidiert geäußert14 und war mit ihr aller Wahrscheinlichkeit nach auch in seiner richterlichen Tätigkeit befasst. Die folgenden Ausführungen, die dem Jubilar in Hochachtung und mit besten Wünschen gewidmet sind, können daher auf sein Interesse hoffen.

II. Die Eintragungsfähigkeit von »Kulturgütermarken«

1. Charakteristika, die der Marke einen wesentlichen Wert verleihen (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG)

Während die allgemeinen Voraussetzungen der Markenfähigkeit (§  3 Abs.  1 Mar-kenG) für die Entstehung des Markenschutzes keine ernsthafte Hürde darstellen, haben die besonderen Ausschlussgründe des § 3 Abs. 2 MarkenG in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen. Das gilt nicht zuletzt für §  3 Abs.  2 Nr.  3 MarkenG, dem zufolge Warenformen von der Eintragung ausgeschlossen sind, die der Ware einen wesentlichen Wert verleihen. Hatte der BGH diesen Ausschlussgrund noch auf Fäl-le beschränkt, in denen allein die ästhetische Formgebung den Wert der Ware aus-macht,15 so entschied sich der EuGH im Fall des Tripp-Trapp-Stuhls16 für eine weite Auslegung und stellte einen Katalog von Kriterien auf, an denen in Zukunft gerade die Anmeldung bekannter Warenformen oft scheitern wird. Hier zeigt sich die in der Literatur zu Recht kritisierte Problematik des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG.17 Die Vor-schrift löst den Konflikt zwischen dem Schutzbedürfnis unterscheidungskräftiger Kennzeichen und der Gemeinfreiheit von Designs nach Ablauf der Schutzfrist nicht zielgenau genug, weil sie ausgerechnet besonders unterscheidungskräftige Formen kategorisch vom Markenschutz ausschließt und damit auch einen eng auf die fraglos bestehende Kennzeichenfunktion beschränkten Schutz18 verhindert. War die Vor-schrift bisher nur auf Warenformen anwendbar,19 so erfasst sie seit dem 14.1.2019 auch »andere charakteristische Merkmale«, zu denen Abbildungen auf Merchandi-sing-Artikeln zwanglos gehören.

14 Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, § 8 Rn. 283, 829.15 BGH GRUR 2008, 71, Rn. 20 – Fronthaube.16 EuGH GRUR 2014, 1097, Rn. 30 ff. – Hauck/Stokke.17 Näher zur Kritik an § 3 Abs. 2 Kur, FS 100 Jahre Marken-Amt, 1994, S. 157, 191; Ingerl/

Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl. 2010, § 3 Rn. 58.; Sattler, GRUR 2018, 565, 569 f.; a.A. Geier, ZGE 10 (2018) 81, 96 f.; vermittelnd Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Marken-gesetz, § 3 Rn. 142, 145.

18 Näher zur Frage, wie ein solcher zielgenau zugeschnittener Schutz aussehen könnte, Ohly in Kur/Levin/Schovsbo (Hrsg.), The EU Design Approach – A Global Appraisal, 2018, S. 108 ff.

19 Allerdings auch auf Bilder, die ausschließlich aus einer Abbildung der Form bestehen: EuGH GRUR 2002, 804, Rn. 76 – Philips/Remington; Hacker in Ströbele/Hacker/Thie-ring, Markengesetz, § 3 Rn. 95.

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Souvenirs erhalten oft erst durch den Bezug auf das Kulturgut ihren Wert. Für T-Shirts oder Tassen mit der Abbildung einer Skulptur oder eines Bauwerks liegt das auf der Hand. Allerdings ergibt sich aus dem Verzeichnis der Waren und Dienstleis-tungen noch nicht, ob die Marke später für Souvenirartikel verwendet wird, oder, mit den Worten des Generalanwalts Wathelet im Neuschwanstein-Fall, »Im Abkommen von Nizza gibt es keine Klasse namens ›Souvenirartikel‹«.20 Wird beispielsweise die Abbildung eines Kunstwerks für »Bekleidungsstücke« angemeldet, so ist zum An-meldezeitpunkt noch unklar, ob die Abbildung als Motiv auf einem T-Shirt oder als Etikett verwendet wird.21 Nur im ersteren Fall trägt die Abbildung wesentlich zum Wert der Ware bei. Nach Ansicht des EuGH sind neben der Anmeldung auch weitere Informationen, insbesondere der tatsächliche Gebrauch der Marke, zu berücksichti-gen.22 Auch wenn dieser Ansatz nicht unproblematisch ist,23 erscheint es jedenfalls als zutreffend, auf den typischen Gebrauch der Marke abzustellen, sofern keine An-haltspunkte für unübliche Kennzeichnungspraktiken vorliegen. Wird das Bild eines Kulturguts als Marke für Waren angemeldet, die verbreitet mit Bildmotiven verkauft werden, so spricht das für einen Ausschluss der Schutzfähigkeit gem. § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG.24

Spannend wird sein, wie weit die Rechtsprechung den Begriff der »anderen Cha-rakteristika« fassen wird, insbesondere ob auch Worte darunter fallen können. Der Schriftzug »Gruß vom Oktoberfest« verleiht einem Lebkuchenherz sicherlich einen wesentlichen Wert. Aber ganz abgesehen davon, dass die rechtspolitische Problema-tik des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gegen eine weite Auslegung spricht, gibt es gute Gründe gegen die Anwendung der Vorschrift auf Wörter. Erstens droht in diesem Fall keine Überlagerung mit dem Designrecht. Zweitens würde auch der Schutz klas-sischer Luxusmarken gefährdet, denn natürlich trägt auch die Wortmarke »Rolex« erheblich zum Wert einer Uhr bei. Zwar handelt es sich in diesem Beispiel um den mit der Marke verbundenen Goodwill, der bei den wertbildenden Faktoren des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nicht zu berücksichtigen ist,25 aber die Abgrenzung zwischen Goodwill und nicht markenbezogenen positiven Assoziationen eines Wortes bereitet erhebliche Schwierigkeiten, wie gerade »Kulturgütermarken« zeigen.

20 Schlussantrag des Generalanwalts Wathelet v. 11.1.2018, C-488/16, BeckRS 2018, 644, Rn. 39.

21 Kur, GRUR 2017, 1082, 1088.22 EuGH GRUR 2017, 66, Rn. 50 – Simba Toys/EUIPO [Rubik’s Cube].23 Krit. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, § 3 Rn. 115.24 Zurückhaltender Kur, GRUR 2018, 1082, 1088.25 Deutlich Lord Justice Floyd, England and Wales Court of Appeal, GRUR Int. 2018, 150

Rn. 75 – London Taxi Corporation, Urteil v. 1.11.2017, [2017] EWCA Civ 1729: »It is clearly the case that goodwill in the trade mark sense needs to be disregarded for the purposes of assessing whether the mark adds substantial value to the goods.«

Schutz von Kulturgütern durch das Markenrecht?

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2. Fehlende Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG)

Während § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bisher im Zusammenhang mit »Kulturgüter-marken« keine praktische Bedeutung erlangt hat, können die absoluten Eintragungs-hindernisse des § 8 Abs. 2 MarkenG eine wesentliche Hürde darstellen.

Zwar sind die Abbildungen von Kunstwerken, die Namen von Bauwerken und die Bezeichnungen von Festen keine beschreibenden Angaben über Merkmale der Waren, so dass der Ausschlussgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht vorliegen wird: Ein Bierkrug ist kein »Neuschwanstein«.26 Etwas anderes gilt allen-falls dann, wenn die Bezeichnung zugleich einen geographischen Bezug aufweist und damit als Hinweis auf die geographische Herkunft27 aufgefasst werden könnten.28 Auch der Chiemsee29 gehört schließlich zu den Touristenattraktionen Bayerns.

Doch lässt sich häufig die konkrete Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 Mar-kenG) mit der Erwägung bezweifeln, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Bild einer Skulptur oder den Namen einer Sehenswürdigkeit nur als Bezug auf das Kulturgut, nicht jedoch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen verstehen werden.30 Touristen halten ebenso wenig die Stadt Oslo für den Hersteller des Vigeland-T-Shirts wie den Freistaat Bayern für den Produ-zenten des Neuschwanstein-Bierkrugs oder die Landeshauptstadt München für die Bäckerei der Oktoberfest-Brez’n. Anders mag es dann sein, wenn bekannt ist, dass lediglich wenige Unternehmen das Produkt herstellen, wie es beim Oktoberfest-Bier der Fall ist.31 Allenfalls ließe sich eine Lizenzerwartung der Verbraucher postulie-ren, doch führt dieses Argument leicht in einen Zirkel: Wenn die Marke nicht ge-schützt ist, besteht auch keine Lizenzerwartung, und umgekehrt. Doch davon ganz abgesehen dürfte es bisher nicht der Verkehrsauffassung entsprechen, dass sämtliche Souvenirs nur mit Zustimmung der Gebietskörperschaft angeboten werden, die das Kulturgut verwaltet.

Sicherlich besteht erneut die oben zu §  3 Abs.  2 Nr.  3 MarkenG erörterte Pro-blematik, dass sich aus dem Warenverzeichnis weder die Verwendung als Souvenir-artikel noch die genaue Anbringung des Kennzeichens auf der Ware ergibt. Der BGH hat diesen Einwand nicht als durchschlagend angesehen: Es genüge, wenn das

26 So treffend, wenn auch für Kugelschreiber, Ruess, GRUR 2018, 1150, 1151. Interessant würde es aber, wenn ein Anbieter auf die Idee eines Wortspiels verfiele, weil in der eng-lischen Sprache das Wort »stein« einen Bierkrug aus Steingut bezeichnet und damit Neu-schwan-Stein einen beschreibenden Teil aufwiese.

27 Vgl. auch Lerach, GRUR-Prax 2018, 461, 462, der im Anschluss an das Chiemsee-Urteil des EuGH einen beschreibenden Charakter auch dann annimmt, wenn die geographische Angabe beim Verbraucher positive Assoziationen auslöst.

28 Hiergegen im Neuschwanstein-Fall EuGH GRUR 2018, 1146, Rn. 40, 47 ff..29 Zum Begriff »Chiemsee« als beschreibender Angabe EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 24 ff. –

Windsurfing Chiemsee.30 BGH GRUR 2012, 1044, Rn. 12 ff. – Neuschwanstein.31 Die Marke »Oktoberfest-Bier« ist unter der Registernr. 1040818 für den Verband Münche-

ner Brauereien eingetragen.

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Eintragungshindernis hinsichtlich einzelner unter den Oberbegriff fallender Wa-ren und Dienstleistungen vorliege, und Feststellungen dazu, dass der Verkehr das Wort »Neuschwanstein« in bestimmten Verwendungen nicht lediglich als Hinweis auf das Schloss auffasse, lägen nicht vor.32 Daher hat der BGH zu Recht die Un-terscheidungskraft der Marke »Neuschwanstein« für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen verneint, die üblicherweise als Souvenirs verkauft oder Touristen als Service angeboten werden.

Im Neuschwanstein-Urteil des EuGH ist der Aspekt der Unterscheidungskraft erstaunlich unterbelichtet. Vor allem die potentielle Monopolisierung durch den Se-kundärmarkt für Souvenirs kommt nicht zur Sprache.33 In seiner Urteilsbegründung bekräftigt der Gerichtshof nur in dürren Worten die Entscheidung des EuG,34 das verkürzt argumentiert, weil es sich bei »Neuschwanstein« um eine Phantasiebezeich-nung handle, eigne sie sich zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen.35 Geradezu ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, dass sich weder das EuG noch der EuGH mit den Argumenten des BGH auseinandersetzen.36 Natürlich ist das Unions-markenrecht ein autonomes System und natürlich sind die EU-Gerichte nicht an die Ansicht nationaler Gerichte gebunden. Aber das ändert nichts an der Überzeugungs-kraft von Argumenten. Das europäische Patentrecht zeigt, wie sehr die Rechtsent-wicklung davon profitiert, dass nationale Patentgerichte Urteile aus dem Ausland als »persuasive authorities« zur Kenntnis nehmen und würdigen, obwohl keine formale Bindungswirkung besteht. Indem der Gerichtshof das Unionsrecht als selbstreferen-tielles System versteht, schottet er es gegen Erfahrungen und gute Argumente aus den Mitgliedstaaten ab.

Es mag sogar Kulturgüter geben, die so bekannt sind und so verbreitet als Dekora-tion von Waren verwendet werden, dass die Unterscheidungskraft für alle angemel-deten Waren und Dienstleistungen zu verneinen ist. Einen solchen »robusten An-satz« 37 verfolgte das BPatG im Fall der Anmeldung der »Mona Lisa« als Bildmarke für eine breite Produktpalette38 und der BGH für die Marke »Fussball WM 2006«.39 Ob ein solcher allgemeiner Ausschluss in Frage kommt, ist Frage des Einzelfalls. Jedenfalls dürften derartige Fälle auf überragend bekannte Werke oder Bezeichnun-gen beschränkt sein. Meist sind Waren oder Dienstleistungen denkbar, die so wenig mit Märkten für Kulturgüter zusammenhängen, dass eine Verwendung des Kultur-guts als Zeichen sehr ungewöhnlich wäre und daher kaum als reine Dekoration ver-

32 BGH GRUR 2012, 1044, Rn. 16 ff., 19 ff. – Neuschwanstein.33 Lerach, GRUR-Prax 2018, 461, 463.34 EuGH GRUR 2018, 1146, Rn. 64 ff.35 EuG GRUR-RS 2016, 81444, Rn. 41 ff.36 Ebenso Ruess, GRUR 2018, 1150, 1151.37 Kur, GRUR 2017, 1082, 1089, die ihn im Fall von Kunstwerken einer »schulbuchmäßigen«

Differenzierung zwischen den einzelnen Waren- und Dienstleistungsklassen vorzieht.38 BPatG GRUR 1998, 1021 – Mona Lisa.39 BGH GRUR 2006, 850, Rn. 23 ff. – FUSSBALL WM 2006.

Schutz von Kulturgütern durch das Markenrecht?

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standen würde. Das Zeichen »Neuschwanstein« könnte für Maschinenöl durchaus herkunftshinweisend wirken.40

Das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft stellt damit das wichtigste Instrument zur Sicherung des Freihaltebedürfnisses an Kulturgütern und ihren Bezeichnungen dar. Dieser Ansatz ist allerdings aus zwei Gründen kritisiert worden: 41 Erstens verdecke er die wesentlichen Wertungen hinter eher markenrechts-technischen Überlegungen, zweitens sei er zu unsicher, vor allem weil die Hindernis-se des § 8 Abs. 2 Nr. 1-3 MarkenG durch Verkehrsdurchsetzung überwindbar sind (§ 8 Abs. 3 MarkenG). Dieser Kritik lässt sich aber entgegenhalten, dass nach über-zeugender Ansicht § 8 Abs. 2 Nr. 1-3 MarkenG insgesamt42 dem Freihaltebedürfnis dienen sollte43 und damit Ausprägung der Gemeinfreiheit ist. Sofern sich eine »Kul-turgütermarke« wirklich im Verkehr als Hinweis auf Waren oder Dienstleistungen durchsetzt, stehen dem Freihaltebedürfnis Interessen gegenüber, die einen Marken-schutz, wenn auch nur in den unten in Teil III diskutierten Grenzen, rechtfertigen.

3. Öffentliche Ordnung und gute Sitten (§ 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG)

Für den EFTA-Gerichtshof stand im Mittelpunkt seines Vigeland-Urteils der Aus-schlussgrund des Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten. Einen solchen Verstoß erwog der Gerichtshof unter zwei Aspekten.44

Erstens war ein Argument vorgetragen worden, das sich auch schon im früheren deutschen Schrifttum45 findet: Zur öffentlichen Ordnung gehöre die urheberrecht-liche Gemeinfreiheit, und sie werde unterlaufen, wenn gemeinfreie Werke als Marke angemeldet würden. Dieser Aspekt spielt bei Wortmarken, die in aller Regel dem urheberrechtlichen Schutz nicht zugänglich sind, von vornherein keine Rolle. Wer-ke der bildenden Kunst hingegen werden nach Ablauf von 70 Jahren post mortem auctoris gemeinfrei. Je großzügiger die Rechtsprechung in der Folge des »Geburts-

40 Daher hat der BGH, GRUR 2012, 1044 Rn. 22  ff.  – Neuschwanstein, die Löschung der Marke für »souvenirferne« Waren und Dienstleistungen wie pharmazeutische Produkte oder Finanzdienstleistungen aufgehoben. Anders das BENELUX-Markenamt im Fall der – wohl als Testballon – als Bildmarke für die Ware »Strontium« angemeldeten Abbildung des Rem-brandt-Gemäldes »Die Nachtwache«, hierzu Grabrucker, MarkenR 2018, 96, 103.

41 Senftleben, IIC 2017, 683, 696 ff.42 Das gilt nach Ansicht des EuGH allerdings nur für Farbmarken, s. EuGH GRUR 2003,

604 Rn. 55 f. – Libertel, während der EuGH ansonsten hinsichtlich des geschützten All-gemeininteresses zwischen den Schutzhindernissen unterscheidet und das Freihaltebedürf-nis nur beim Hindernis der beschreibenden Angaben verortet, s. etwa EuGH GRUR 2015, 1198, Rn. 43 – 17, 912 – Nestlé/Cadbury.

43 Kur in Kur/v. Bomhard/Albrecht, Markenrecht, § 8 Rn. 63 ff.; ähnl. (Bewahrung vor un-gerechtfertigten Rechtsmonopolen) Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, § 8 Rn. 91.

44 EFTA-Gerichtshof GRUR Int. 2017, 762, Rn.  84  ff., Urteil v. 7.4.2017, E-5/16; Kur, GRUR 2017, 1082, 1084.

45 Klinkert/Schwab, GRUR 1999, 1067, 1073; Wandtke/Bullinger, GRUR 1997, 573, 578.

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tagszug«-Urteils46 auch einfachen Gestaltungen Urheberrechtsschutz beimisst, desto größer wird das Überschneidungspotential zwischen Urheber- und Markenrecht. Allerdings hat bereits der Jubilar zu Recht darauf hingewiesen, dass der Ablauf der Schutzfrist den jeweiligen Gegenstand lediglich in den »Urzustand« der Gemein-freiheit zurückversetzt, ohne deswegen andere Schutzrechte zu sperren.47 In der Tat ist eine Kumulation von Schutzrechten so lange hinnehmbar, wie die Rechte unterschiedlichen Funktionen dienen und wie ihr Schutzbereich durch diese Funk-tionen begrenzt wird.48 Die urheberrechtliche Gemeinfreiheit ist nur dann gefährdet, wenn Verwertungshandlungen, die dem Urheber zugewiesen sind, nach Ablauf der Schutzfrist markenrechtlich untersagt werden könnten. Die reine Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe eines Werks stellt aber aus Gründen, auf die unten näher einzugehen sein wird, regelmäßig keine Verletzung des Markenrechts dar. Auch wenn das Risiko nicht zu leugnen ist, dass der Markeninhaber Nutzer wegen dieser Handlungen dennoch abmahnt und vielleicht vor einem Gericht Recht erhält,49 würde ein allgemeiner Ausschluss gemeinfreier Werke vom Markenschutz eine zu holzschnittartige Lösung des Konkurrenzproblems darstellen.50 Das gilt nicht zuletzt, weil der Ausschluss auch denjenigen treffen würde, der während der Schutz-dauer des Urheberrechts Inhaber beider Rechte ist51 und die Marke im Fall ihres urheberrechtlichen Schutzes möglicherweise sogar selbst geschaffen hat.52 Gerade in diesem Fall wäre die Löschung der Marke nach Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist nicht zu rechtfertigen. Daher spricht sich auch der EFTA-Gerichtshof zu Recht dagegen aus, einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung durch eine aus einem Kunstwerk bestehende Marke allein wegen der Gemeinfreiheit des Werks an-zunehmen, will aber im Einzelfall einen Verstoß gegen die (objektiv verstandene) öf-fentliche Ordnung bejahen, wenn eine ernsthafte Gefährdung fundamentaler gesell-schaftlicher Interessen besteht.53 Die norwegische Beschwerdeinstanz hat das in ihrer abschließenden Entscheidung angenommen, dabei aber stärker als der Gerichtshof und anders als hier vertreten mit abstrakt-generellen Überlegungen auf die Bedeu-tung der urheberrechtlichen Gemeinfreiheit abgestellt.54 Das zeigt die Gefahr, die mit den recht vagen55 Kriterien des Gerichtshofs verbunden ist: Sie führen Richter in die

46 BGH GRUR 2014, 175 – Geburtstagszug.47 Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, § 8 Rn. 829.48 Grundlegend Kur, GRUR 2018, 1082, 1086; ebenso McGuire, GRUR 2011, 767, 774;

Derclaye/Leistner, S. 314 ff.; ähnl., wenn auch in der Tendenz ablehnend gegenüber Über-lagerungen Geier, Schutzkumulationen, 2015, S. 155 ff. 219.

49 Senftleben, IIC 2017, 683, 707 ff.; Grabrucker, MarkenR 2018, 96, 102.50 Kur, GRUR 2017, 1082, 1086.51 Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, § 8 Rn. 829.52 EFTA-Gerichtshof, GRUR Int. 2017, 762, Rn. 97 – Vigeland.53 EFTA-Gerichtshof GRUR Int. 2017, 762, Rn. 84 ff. – Vigeland; Kur, GRUR 2017, 1082,

1084.54 KFIR, Beck-RS 2017, 136096, vgl. auch die Zusammenfassung des Urteils bei Grabrucker,

MarkenR 2018, 96, 98 ff.55 Grabrucker, MarkenR 2018, 96, 100.

Schutz von Kulturgütern durch das Markenrecht?

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Versuchung, letztlich doch der ersten Intuition nachzugeben und die Markenanmel-dung im Interesse der urheberrechtlichen Gemeinfreiheit abzulehnen.

Zweitens kann ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten damit begründet werden, dass Kulturgüter auf diese Weise profaniert und trivialisiert werden. Der EFTA-Gerichtshof ordnet diesen Gesichtspunkt dem Sittenverstoß zu, den er aufgrund subjektiver Kriterien bestimmen will, und hält insoweit zu Recht die Umstände des Einzelfalls für ausschlaggebend.56 Vor allem im Fall religiöser Kunst oder von Kunstwerken, die eine Zweitbedeutung als Staatssymbol genießen, ist eine solche Profanierung denkbar.57 Allerdings lässt sie sich oft nicht schon im Anmel-deverfahren, in dem die konkreten Verwendungsformen noch nicht bekannt sind, allgemein annehmen. Auch ändert der Markenschutz nichts an der faktischen Kom-merzialisierung von Kulturgütern, sondern unterwirft sie im Gegenteil der Kontrolle des Markeninhabers. So rechtfertigte die Stadt Oslo die Markenanmeldung nicht zu-letzt mit dem Bestreben, rufschädigende Formen der Vermarktung zu unterbinden.

Der Ausschlussgrund des Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten hat daher zu Recht bisher keine zentrale Rolle gespielt und wird im Vigeland-Fall zu Unrecht in den Mittelpunkt gerückt.

4. Bösgläubige Anmeldung (§ 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG)

Schließlich ist denkbar, dass eine Anmeldung am Hindernis der Bösgläubigkeit schei-tert. Die Bösgläubigkeit kann sich aus zwei Aspekten ergeben.

Zum einen unterscheidet § 8 Abs. 2 MarkenG zwar grundsätzlich nicht zwischen einem »berechtigten« und einem »nichtberechtigten« Anmelder. Eine Anmeldung durch die zuständige Gebietskörperschaft wird grundsätzlich ebenso behandelt wie diejenige eines »Trolls«. Allerdings kann § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG eingreifen, wenn die Marke gerade angemeldet wird, um die Benutzung des Zeichens durch andere redliche Nutzer zu verhindern.58 Wenn also ein Geschäftemacher auf die Idee kommt, die Marken »Neuschwanstein« und »Oktoberfest« zu registrieren, um anschließend Souvenirhändler oder gar den Freistaat Bayern und die Landeshauptstadt München in Anspruch zu nehmen, wäre Bösgläubigkeit zu bejahen.

Zum anderen stellt möglicherweise §  8 Abs.  2 Nr.  14 MarkenG ein Instrument dar, um die Eintragung dann zu verhindern, wenn es dem Anmelder offensichtlich nicht darum geht, unter der Marke Waren oder Dienstleistungen anzubieten, sondern einen bestimmten Markt, etwa denjenigen für Abbildungen gemeinfreier Werke oder den Souvenirmarkt, zu monopolisieren. Der aufgrund der Fallumstände drohende dysfunktionale Einsatz der Marke kann auch dann die Bösgläubigkeit begründen, wenn der Anmelder in guter Absicht handelt und ihm kein moralischer Vorwurf

56 EFTA-Gerichtshof GRUR Int. 2017, 762, Rn. 97 ff. – Vigeland, zust. Kur, GRUR 2017, 1082, 1084.

57 EFTA-Gerichtshof GRUR Int. 2017, 762, Rn. 92 – Vigeland; näher hierzu Kur, GRUR 2017, 1082, 1084 f. m.w.N.

58 EuGH GRUR 2009, 763, Rn. 38 ff. – Lindt & Sprüngli/Hauswirth.

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gemacht werden kann.59 Vor allem die Remonopolisierung gemeinfreier Werke lässt sich auf diesem Weg zielgenauer verhindern als mit einem allgemeinen Ausschluss der Eintragung.

III. Schutzbereich und Schranken

1. Markenmäßige Benutzung

Ist die Eintragung einer »Kulturgütermarke« gelungen, so ist damit keineswegs ga-rantiert, dass ihr Inhaber den Markt für Produkte, die sich auf das Kulturgut bezie-hen, kontrollieren kann.

Die erste Hürde stellt das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der »markenmäßi-gen Benutzung« dar. Der Schutzbereich der Marke wird durch ihre Funktionen be-grenzt. Anders als beispielsweise das Urheberrecht stellt die Marke kein Recht zur ausschließlichen Nutzung eines Texts, eines Bilds oder einer Form dar, sondern ist nur gerade in ihrer Eigenschaft als Kennzeichen geschützt. Daher sieht der BGH eine Benutzung des Zeichens nur dann als »markenmäßig« und mithin als potentiell verletzend an, wenn es jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienst-leistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer dient.60 Dabei ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten des maßgeblichen Warensektors abzustellen. So geht der Verkehr bei Bildern, Motiven, Symbolen und Wörtern, die sich auf der Vorder-seite eines Kleidungsstücks befinden, nicht davon aus, es handle sich um einen Her-kunftshinweis.61 Von diesen Grundsätzen ausgehend wies der BGH die Klage des Inhabers einer Bildmarke, die aus einem klassischen Abbild der Medusa bestand, gegen den Hersteller von Mosaiken mit ähnlichen Motiven wegen Fehlens einer markenmäßigen Benutzung ab.62 Aus demselben Grund scheiterte der Inhaber der Wort-Bildmarke »Johann Sebastian Bach« mit seiner Klage gegen einen namhaften Porzellanhersteller, der Namen und Bild auf seinen Produkten verwendet hatte.63 Aus den Gründen, die schon oben im Zusammenhang mit § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG dargestellt wurden, werden die angesprochenen Verkehrskreise die Abbildung einer Vigeland-Skulptur, den Schriftzug »Neuschwanstein« auf einem Bierkrug oder den Hinweis auf ein Oktoberfest-Dirndl weder als Hinweis auf den Hersteller der Waren noch auf eine Lizenzbeziehung ansehen.

Allerdings weist dieses Sicherheitsnetz zwei Risse auf. Erstens neigen die Gerichte gelegentlich dazu, bei hochgradiger Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem ver-wendeten Zeichen auch die »markenmäßige Benutzung« zu vermuten, ohne genauere

59 Kur, GRUR 2017, 1082, 1090.60 BGH GRUR 2017, 730, Rn. 21 – Sierpinski-Dreieck; GRUR 2018, 924, Rn. 25 – ORT-

LIEB.61 BGH GRUR 2017, 730, Rn. 22 ff. – Sierpinski-Dreieck.62 BGH GRUR 2012, 618, Rn. 21 ff. – Medusa.63 OLG Dresden NJW 2001, 615, 616.

Schutz von Kulturgütern durch das Markenrecht?

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Feststellungen zur Verkehrsauffassung zu treffen.64 Auch im Onlinehandel mag das Fehlen der »markenmäßigen Benutzung« weniger deutlich sein. Daher hat eine »Kul-turgütermarke« jedenfalls Drohpotential gegenüber Souvenirhändlern.65

Zweitens bestehen an der Vereinbarkeit der deutschen Rechtsprechung zur »mar-kenmäßigen Benutzung« mit dem Unionsrecht Zweifel. Die Rechtsprechung des EuGH war zwar anfangs schwankend, doch spätestens seit er den Kollisionstatbe-stand der Doppelidentität auf den Schutz sämtlicher Markenfunktionen ausgedehnt hat, verlangt er lediglich eine Benutzung des Zeichens in der »eigenen kommerziel-len Kommunikation« und eine mögliche Beeinträchtigung geschützter Marken-funktionen.66 Die »markenmäßige Benutzung« scheint ganz in der Prüfung einer Funktionsbeeinträchtigung oder, im Fall des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, der Ver-wechslungsgefahr aufgegangen zu sein. Soeben hielt der EuGH, wenn auch in einem speziell gelagerten Fall mit zollrechtlichen Aspekten, das De- und Rebranding für eine Markenverletzung,67 obwohl in diesem Fall die Marke entfernt wird, bevor sie zur Unterscheidung von Produkten dienen kann. Einiges spricht dafür, die Voraus-setzung der »markenmäßigen Benutzung« aufzugeben,68 auch wenn dieser Gedanke hier nicht vertieft werden kann.

2. Kollisionstatbestände

a) Doppelidentität (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG)

Oft wird bei der (behaupteten) Verletzung von »Kulturgütermarken« ein Fall der Doppelidentität vorliegen. Die Marken werden typischerweise für eine Vielzahl von Klassen angemeldet, die auch übliche Souvenirartikel erfassen. Wortzeichen wie »Neuschwanstein« oder »Oktoberfest« werden meist in unveränderter Form ver-wendet. Dasselbe ist bei Bildmarken der Fall, die aus Gemälden bestehen. Lediglich bei Skulpturen ist denkbar, dass Abbildungen verwendet werden, die den geschütz-ten lediglich ähneln.

Anders als ursprünglich vom Gesetzgeber beabsichtigt,69 ist der Schutz, den § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gewährt, nicht »absolut«, sondern hängt davon ab, dass durch die Benutzung des Zeichens geschützte Markenfunktionen beeinträchtigt werden.70 Die Hauptfunktion der Marke ist die Herkunftsfunktion. In Internet-Sachverhalten hat der EuGH eine Verletzung der Herkunftsfunktion dann angenommen, wenn die

64 So das OLG Frankfurt a.M. GRUR-RR 2010, 204, als Vorinstanz im Medusa-Fall; pro-blematisch daher auch (wenn auch bezogen auf Formmarken) BGH GRUR 2016, 197 – Bounty.

65 Lerach, GRUR-Prax 2018, 461, 463.66 Grundlegend EuGH GRUR 2010, 445, Rn. 49 – Google France.67 EuGH GRUR 2018, 917 – Mitsubishi Duma m. Anm. Kur.68 Fezer, GRUR 1996, 566 ff.; Kur, GRUR Int. 2008, 1, 11 f.; Sack, WRP 2010, 198, 205 ff.69 Egrd. 16 MarkenRL.70 EuGH GRUR 2010, 445, Rn. 75 – Google France.

Ansgar Ohly

336

angesprochenen Verkehrskreise entweder eine geschäftliche Beziehung zwischen dem Markeninhaber und dem Benutzer annehmen oder wenn aus ihrer Sicht zu-mindest unklar ist, ob eine solche Beziehung besteht.71 Ob es sich bei diesem zweistu-figen Test um Sonderrecht für Internet-Suchmaschinen handelt oder ob er allgemeine Geltung beanspruchen kann, ist bisher nicht völlig ausgemacht. Sofern man, wie hier erwogen, die Markenverletzung nicht von einer »markenmäßigen Benutzung« ab-hängig macht, so ist spätestens an dieser Stelle zu prüfen, ob die angesprochenen Ver-kehrskreise dem Zeichen einen Herkunftshinweis entnehmen. Ist das, wie regelmäßig im Fall bekannter Kulturgüter, nicht der Fall, so scheidet auch eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion aus.

In welchem Maße die übrigen Markenfunktionen eine selbständige, nicht von einer Verletzung der Herkunftsfunktion abhängige Bedeutung haben, ist kaum geklärt.72 Der EuGH hat, soweit ersichtlich, bisher nur im Urteil L’Oréal/Bellure, das einen unlauteren Werbevergleich zum Gegenstand hatte, zur Annahme einer Markenver-letzung trotz Fehlens von Verwechslungsgefahr tendiert.73 In den neueren Urteilen scheint der Gerichtshof bemüht, den Geist, den er in L’Oréal aus der Flasche ge-lassen hat, wieder einzufangen. Für eine Beeinträchtigung der Werbe- und der In-vestitionsfunktion hat der EuGH enge Voraussetzungen aufgestellt und sie meist ver-neint. Die Werbefunktion ist betroffen, wenn die Möglichkeit des Markeninhabers, die Marke als Element der Verkaufsförderung oder Instrument der Handelsstrategie einzusetzen, beeinträchtigt wird.74 Eine Beeinträchtigung der Investitionsfunktion liegt vor, wenn die fragliche Benutzung es dem Markeninhaber wesentlich erschwert, seine Marke zum Erwerb oder zur Wahrung eines Rufs einzusetzen, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden.75 Vor allem der letztgenannte Grundsatz erinnert an den Behinderungstatbestand des Lauterkeitsrechts (§ 4 Nr. 4 UWG).76 Ebenso wie dort führt der EuGH eine Interessenabwägung durch, in die wohl auch das Interesse anderer Unternehmer, auf das Kulturgut hinzuweisen, und das Interesse der Verbraucher, zwischen Souvenirs verschiedener Hersteller wählen zu können, einzustellen wären. Daher erscheint unwahrscheinlich, dass die Verwendung eines Zeichens, das der Verkehr nicht auf die betriebliche Herkunft bezieht, als funktions-verletzend angesehen würde.

b) Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG)

Auch bei der Bestimmung der Verwechslungsgefahr fällt ins Gewicht, dass »Kul-turgütermarken« regelmäßig nicht als Herkunftshinweis für Waren und Dienst-leistungen angesehen werden. Ihre Kennzeichnungskraft ist jedenfalls dann unter-

71 EuGH GRUR 2010, 445, Rn. 89 f. – Google France.72 Näher hierzu Kur in Kur/v. Bomhard/Albrecht, Markenrecht, Einl MarkenR Rn. 128 ff.73 EuGH GRUR 2009, 756, Rn. 59 ff. – L’Oréal/Bellure.74 EuGH GRUR 2010, 445, Rn. 92 – Google France.75 EuGH GRUR 2011, 1124, Rn. 62 – Interflora/Marks & Spencer m. Anm. Ohly.76 S. zu den Voraussetzungen, die der BGH in st. Rspr. für eine unlautere Behinderung auf-

stellt, BGH GRUR 2018, 1251, Rn. 23 – Werbeblocker II.

Schutz von Kulturgütern durch das Markenrecht?

337

durchschnittlich, wenn die Namen oder Bilder vielfach von Dritten in der Werbung verwendet werden,77 und im Fall von zusammengesetzten Zeichen bleiben beim Zeichenvergleich die nicht unterscheidungskräftigen Merkmale außer Betracht. Im Übrigen entwickelt sich die Prüfung der Verwechslungsgefahr auf unionsrechtlicher Ebene verstärkt weg von einer schematischen Prüfung der Zeichenähnlichkeit und hin zu einer eher lauterkeitsrechtlichen Gesamtbetrachtung,78 auch wenn es eines ei-genen Beitrags bedürfte, um diesen Gedanken zu vertiefen. Aus diesen Gründen wird es bei der Verwendung von Zeichen, die einer »Kulturgütermarke« ähneln, auch oft an der Verwechslungsgefahr fehlen.

c) Bekanntheitsschutz (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG)

Für den Markeninhaber scheint der Bekanntheitsschutz des § 14 Abs. 2 Nr. 3 Mar-kenG auf den ersten Blick interessante Perspektiven zu bieten, weil er die unlautere Rufausnutzung als solche verbietet, ohne eine Verwechslungsgefahr vorauszusetzen. In der Tat sind ja die Kulturgüter, deren Abbildungen oder Bezeichnungen als Marke angemeldet werden, regelmäßig weltberühmt. Es wäre aber verfehlt, aus der Bekannt-heit des Kulturguts auf die Bekanntheit der Marke zu schließen.79 Allenfalls dann, wenn der Inhaber die Marke selbst, beispielsweise durch Werbekampagnen für unter der Marke angebotene Produkte, ins allgemeine Bewusstsein heben würde, käme die für § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG erforderliche Bekanntheit in Betracht.

3. Schranken

Mit der Markenrechtsreform von 2018 wurde § 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, der schon bisher als »Flankenschutz des Freihaltebedürfnisses« 80 die Verwendung beschreiben-der Angaben erlaubte, auf die Verwendung von Zeichen erweitert, denen jede Un-terscheidungskraft fehlt. Diese Formulierung erinnert an § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, erlaubt es aber, die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Wird beispielsweise die Form einer Praline oder eines Schokoriegels aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragen,81 so wird es unter § 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG darauf ankommen, ob diese Form in ihrer konkreten Verwendung geeignet ist, Verbraucher auf die betrieb-liche Herkunft hinzuweisen. Bisher wurden derartige Fälle weitgehend unter dem Gesichtspunkt der »markenmäßigen Benutzung« beurteilt, und es bleibt abzuwarten,

77 EuGH GRUR 2006, 237, Rn. 27 – PICASSO. Aus diesem Grund gestand das BPatG ei-ner Bildmarke, die aus einer Wiedergabe des Gemäldes »Das Schokoladenmädchen« von Liotard bestand, nur einen engen Schutzbereich zu und verneinte die Verwechslungsgefahr mit einem Zeichen mit ähnlichem Motiv: BPatG, BeckRS 2009, 23404.

78 Beispielhaft EuGH GRUR 2013, 922 – Specsavers/Asda.79 Vgl. EuGH GRUR 2006, 237, Rn. 27 – PICASSO.80 Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 23 Rn. 50.81 Vgl. den Sachverhalt von BGH GRUR 2007, 780 – Pralinenform I; BGH GRUR 2016,

197 – Bounty.

Ansgar Ohly

338

ob § 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG an deren Stelle tritt oder inwieweit der Vorschrift neben der Prüfung der »markenmäßigen Benutzung« selbständige Bedeutung zu-kommt.

Jedenfalls gelten die oben zur »markenmäßigen Benutzung« angestellten Er-wägungen entsprechend. Entnehmen die angesprochenen Verkehrskreise dem Bild oder dem Namen eines Kulturguts keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware, so ist die Verwendung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gerechtfertigt. Die Schranken-Schranke des § 23 Abs. 2 MarkenG kann eingreifen, wenn die Benutzung zu einer unlauteren Rufausnutzung führt, doch an dieser Stelle ist erneut zwischen dem Ruf des Kulturguts und dem Ruf der Marke zu unterscheiden. Der Umstand, dass Verbraucher die Ware gerade wegen der Assoziation mit dem Kunstwerk, dem Gebäude oder dem Fest kaufen, begründet noch nicht die Annahme eines Image-transfers von der Marke auf die Ware des Zeichenbenutzers.

IV. Fazit

Das Markenrecht erweist sich als weitgehend ungeeignet zum Schutz von Kultur-gütern. Zu Recht lehnt der BGH den Schutz von Namen oder Abbildungen von Kunstwerken oder Sehenswürdigkeiten als Marke für Waren oder Dienstleistungen ab, bei denen Verbraucher das Zeichen nur als Hinweis auf das Kulturgut verstehen. Die großzügigere Ansicht des EuGH im Neuschwanstein-Urteil steht dem nicht entgegen, weil das Urteil im wesentlichen Punkt der Unterscheidungskraft keine Grundsätze enthält, die sich zur Anwendung in vergleichbaren Fällen eignen. Ein ka-tegorischer Ausschluss des Markenschutzes für urheberrechtlich gemeinfreie Werke ist demgegenüber weder erforderlich noch veranlasst.

Sollte der Anmelder dennoch die Eintragung einer »Kulturgütermarke« erreichen können, so wird sie ihm wenig nützen, weil es häufig an einer »markenmäßigen Be-nutzung« und einer Beeinträchtigung geschützter Markenfunktionen fehlen wird und weil zudem die neue, erweiterte Schranke für die Benutzung nicht unterschei-dungskräftiger Zeichen eingreifen kann. Der Inhaber kann allenfalls darauf hoffen, Benutzer vorprozessual einzuschüchtern oder auf Gerichte zu treffen, die eine »Kul-turgütermarke« verfehlt als Recht zur ausschließlichen Vermarktung des betreffen-den Kulturguts ansehen.

Die Schwäche des Markenrechts ist funktionsbedingt und daher systemkonform und beabsichtigt. Die Marke dient als Kennzeichen zur Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen. Ihr Einsatz zu dem Zweck, im Ergebnis eine Steuer oder Ge-bühr auf die kommerzielle Nutzung von Kulturgütern zu erheben, ist dysfunktional. Wollte sich der Staat eine derartige Einnahmequelle erschließen, so müsste er ein neu-artiges ausschließliches Nutzungsrecht schaffen, wie es für die olympischen Sym-bole besteht,82 wie es international für den Schutz traditioneller Ausdrucksformen

82 Vgl. § 3 OlympSchG, dazu Hans/Nilgen, MarkenR 2016, 440; auf den Zusammenhang mit dem hier erörterten Thema hinweisend Grabrucker, MarkenR 2018, 96, 103.

Schutz von Kulturgütern durch das Markenrecht?

339

der Kultur83 erwogen wird und wie es in Italien zum Schutz des kulturellen Erbes erlassen wurde.84 Gegen ein solches Recht spricht aber die Bedeutung der Gemein-freiheit: Die geistige Auseinandersetzung mit Kulturgütern muss ebenso möglich sein wie der Bezug auf das gemeinsame Erbe in der Werbung. Gebietskörperschaften bleibt es unbenommen, ein Qualitätssiegel für den verantwortungsvollen Umgang mit Kulturerbe zu schaffen und zu lizensieren, das als Kollektiv- oder Gewährleis-tungsmarke eingetragen werden könnte und zudem lauterkeitsrechtlich geschützt wäre. Im Übrigen ist das Markenrecht nicht das richtige Instrument für den Kultur-güterschutz.

83 Vgl. etwa die Model Provisions on the Protection of Expressions of Folklore der UNESCO und der WIPO von 1985 und Hilty, IIC 2009, 883 ff.

84 Hierzu Grabrucker, MarkenR 2018, 96, 103.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 28

2. Eintragungsverfahren (DPMA)

Anmeldung

Eintragung

Löschung der Eintra-

gung

Prüfung

Widerspruch

Beschwerde zum

BPatG

ggf. Erinnerung

Zurückweisung

des Widerspruchs

Rechtsbeschwerde

zum BGH

Zurückweisung

der Anmeldung

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 29

Überblick

• Vorzug der Eintragung: Markenschutz ohne Nachweis der Verkehrsgeltung, dadurch er-

heblich höhere Rechtssicherheit

• Deutsche Marke: Eintragung beim Deutschen Patent- und Markenamt (München),

www.dpma.de

• Dazu parallel Möglichkeit der Anmeldung einer Unionsmarke beim Amt der EU für Geis-

tiges Eigentum (Alicante), www.euipo.europa.eu

• Das Anmeldeverfahren ist ein Verwaltungsverfahren, für das aber anstelle des Verwal-

tungsverfahrensrechts die besonderen Voraussetzungen der §§ 32 ff., ergänzt durch die

MarkenV gelten.

• Anmelden kann jeder, der auch Inhaber einer Marke sein kann → § 7

- natürliche Personen

- juristische Personen

- teilrechtsfähige Personengesellschaften

- Anders als im Patent- und Urheberrecht bereitet die Inhaberschaft im Markenrecht

keine Probleme, weil es nicht um die „Belohnung“ Kreativer geht und daher das

Problem des Auseinanderfallens von geistiger Leistung und Investition nicht besteht

Die Anmeldung

• Inhalt der Anmeldung: § 32 i.V.m. MarkenVO

- Angaben zum Anmelder

- Wiedergabe der Marke (vgl. § 8 I !)

- Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen

- Das Formular ist unter https://www.dpma.de/service/formulare/marken/index.html ab-

rufbar.

• Waren-/DL-Verzeichnis

- Die Marke wird nur für die Produkte geschützt, für die sie angemeldet wird

- Alle Waren / Dienstleistungen lassen sich in eine der 45 Klassen des Nizzaer Klassi-

fikationsabkommens einteilen (allerdings ist die Klassifizierung teilweise recht kurios

und unsystematisch)

- Heißt das, dass das Verzeichnis der Waren / DL den Nizzaer Klassen entspricht?

EuGH, Rs. C-307/10 – IP Translator: Die Waren müssen klar und eindeutig angegeben

werden, die Oberbegriffe der Nizzaer Klassifikation können verwendet werden, wenn

hinreichende Klarheit besteht, wenn nur einige der unter die Nizzaer Begriffe fallen-

den Waren beansprucht werden, muss das deutlich angegeben werden. So inzwi-

schen auch §§ 19 ff. MarkenV (ebenso Art. 39 MarkenRL und Art. 33 UMV).

- Oft erhebliche Abweichung zwischen Klassifikationsbegriff und Schutzbereich der

Marke. Beispiel: abstrakte Farbmarke „rot“, deutsche Marke 30631881, Inhaber:

Beck-Verlag, Klasse 16, aber nicht Druckereierzeugnisse (= Oberbegriff, der in Klasse

16 verwendet wird), sondern „Loseblatttextausgaben von Gesetzen“

• Anmeldung und Zeitrang

- Die Anmeldung bestimmt den Zeitrang (§§ 6 II, 33 I MarkenG), kleinste Einheit ist

der Tag, bei mehreren Anmeldungen am selben Tag gleicher Zeitrang (§ 6 IV)

- sofern nicht eine Priorität nach PVÜ in Anspruch genommen wird: § 34 I verweist

auf Art. 4 PVÜ, gem. Art. 4 C PVÜ beträgt die Prioritätsfrist bei Marken 6 Monate (im

Patentrecht 12 Monate!)

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 30

Die Prüfung

• Im Gegensatz zum reinen Registrierungsverfahren (das es teilweise im Ausland gibt),

wird die Anmeldung im deutschen Recht und im Unionsmarkenrecht geprüft.

- Formalprüfung (§ 36)

- Prüfung auf absolute Schutzhindernisse (§ 37), dabei nur Offensichtlichkeitsprüfung

in Fällen der Irreführungsgefahr oder Bösgläubigkeit

- Keine Prüfung der relativen Schutzhindernisse von Amts wegen (Ausnahme § 10)

- Aber nach UMV Möglichkeit, einen Recherchebericht zu älteren Unionsmarken und

ggf. auch älteren nationalen Marken zu beantragen (Art. 43 UMVO)

• Wenn keine Zurückweisung, dann Eintragung und Veröffentlichung (§ 42)

Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Eintragungsverfahren:

• bei Zurückweisung der Anmeldung:

- wenn die Zurückweisung durch einen Beamten des gehobenen Dienstes erfolgte (vgl.

§ 56 II), Erinnerung (§ 64) innerhalb eines Monats, Entscheidung durch einen Erinne-

rungsprüfer, alternativ kann auch sofort Beschwerde eingelegt werden (§ 64 VI),

- wenn die Zurückweisung durch einen Prüfer erfolgte, Beschwerde zum BPatG in-

nerhalb eines Monats (§ 66), Ausnahme für den Fall der Erinnerung, über die nicht

in 6 Mo. entschieden wird: Durchgriffsbeschwerde (§ 66 III)

• bei Eintragung:

- Möglichkeit des Widerspruchs (§ 42) innerhalb von 3 Monaten (nachgeschaltetes Wi-

derspruchsverfahren, anders bei der Unionsmarke gem. Art. 46 f. UMVO, bei der die

Anmeldung zunächst nur veröffentlicht wird und die Marke erst nach Abweisung des

Widerspruchs oder Ablauf der Frist eingetragen wird), zur Form vgl. §§ 29 f. Mar-

kenV

- Im Widerspruchsverfahren (nur) Prüfung der relativen Schutzhindernisse (§ 9), das

Widerspruchsverfahren gibt also dem Inhaber älterer Rechte die Möglichkeit, sich

gegen die Eintragung kollidierender Marken zu wehren. Wer das Vorliegen absoluter

Schutzhindernisse rügen will, muss ein Löschungsverfahren (§ 50) beim DPMA (§ 53

I) einleiten.

- Gegen die Widerspruchsentscheidung Möglichkeit der Beschwerde zum BPatG (§

66).

• gegen Beschlüsse des BPatG Rechtsbeschwerde zum BGH (§ 83)

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 31

III. Schutzbereich der Kennzeichenrechte und Verletzung

1. Markenverletzung

Lit.: Götting, § 56; Sosnitza, § 8; Kur/Ohly, GRUR 2020, 457

Übungsfall 1 (nach BGH GRUR 2011, 148 – Goldhase II und OLG Frankfurt, GRUR-RR 2012, 255 – Goldhase III, dazu lesenswert Berlit, GRUR 2011, 369)

Die L AG ist Inhaberin der links abgebildeten dreidimensionalen deutschen Marke (in den Urteilen ging es um eine Unionsmarke, die deutschen Marken sehen in Wirklichkeit etwas anders aus – insofern handelt es sich hier um eine Abwandlung). Die R vertreibt den rechts abgebildeten Hasen. Markenverletzung?

Übungsfall 2 (Mattel v. MCA Records, 296 F.3d 894 (9th Cir. 2002))

M, die Herstellerin der Barbie, verlangt von der Plattenfirma MCA Records Unterlassung der Verbreitung des Songs „Barbie Girl“ der dänischen Band Aqua. Im Songtext heißt es unter anderem:

I'm a Barbie girl, in a Barbie world Life in plastic, it's fantastic You can brush my hair, undress me everywhere Imagination, life is your creation

I'm a blond bimbo girl, in a fantasy world Dress me up, make it tight, I'm your dolly …

M vertritt die Ansicht, dass dadurch der Ruf der eingetragenen Marke „Barbie“ in unzulässi-ger Weise geschädigt wird.

Unterlassungsanspruch M gegen MCA?

a) Überblick

Kollisionen im Kennzeichenrecht

• Werden identische oder ähnliche Bezeichnungen von unverbundenen Nutzern verwen-

det, kommt es zu einer Kollision, wenn

­ identische Kennzeichen für identische Produkte verwendet werden (§§ 9 I Nr. 1, 14

II 1 Nr. 1)

­ identische oder ähnliche Kennzeichen für identische oder ähnliche Produkte ver-

wendet werden und dadurch Verwechslungsgefahr entsteht (§§ 9 I Nr. 2, 14 II 1 Nr.

2, 15 II)

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 32

­ Kennzeichen verwendet werden, die einem bekannten Kennzeichen zumindest äh-

neln und dessen Ruf oder Unterscheidungskraft in unlauterer Weise ausgenutzt oder

beeinträchtigt wird (§§ 9 I Nr. 3, 14 II 1 Nr. 3, 15 III).

• Diese Kollision kann bei der Verletzung oder bei der Eintragung entstehen. Merke: ältere

Rechte werden grundsätzlich nicht von Amts wegen berücksichtigt, daher kann es dazu

kommen, dass für identische Produkte eine jüngere Marke eingetragen wird.

• Der Konflikt wird in beiden Fällen nach identischen Grundsätzen gelöst, daher sind § 9 I

und § 14 II 1 MarkenG parallel formuliert.

• Geltendmachung älterer Rechte:

­ im Widerspruchsverfahren (§ 42): innerhalb von 3 Monaten vor dem Patentamt aus

den in § 42 II genannten Kennzeichen gegen eingetragene Marken.

­ im Löschungs- bzw. Nichtigkeitsverfahren (§ 51): ohne zeitliche Begrenzung vor

dem Patentamt oder den Zivilgerichten aus jedem älteren Recht gegen eingetragene

Marken.

­ im Verletzungsverfahren: ohne zeitliche Begrenzung (Grenze: §§ 20, 21) vor den Zi-

vilgerichten gegen Zeichen jeder Art.

Priorität als Ordnungsprinzip

• Grundsatz: Das ältere Recht setzt sich gegenüber dem jüngeren durch (Priorität). § 6 I

MarkenG: Für den Vorrang ist der Zeitrang maßgeblich.

• Bestimmung des Zeitrangs (§ 6 II MarkenG):

­ einfachster Fall: Anmeldetag bei eingetragener Marke (§ 33 MarkenG)

­ Prioritätsdatum im Fall einer ausländischen Priorität (§ 34 MarkenG) → bei Erst-

anmeldung in einem Mitgliedstaat der PVÜ kann innerhalb von 6 Monaten (Ach-

tung: im Patentrecht 12 Monate) die ausländische Priorität in Anspruch genommen

werden (Art. 4 C PVÜ), s. auch die Ausstellungspriorität (lies § 35 MarkenG!)

­ Nicht eingetragene Marken und andere Kennzeichenrechte: Zeitpunkt des Rechts-

erwerbs (z.B. Erwerb der Verkehrsgeltung im Fall des § 4 Nr. 2 MarkenG)

• Ausnahmen:

- gleiche Priorität (§ 6 IV MarkenG)

- Fälle der Koexistenz bei territorial beschränkten Rechten, Beispiel: Koexistenz der

Unternehmenskennzeichen (§ 5 II 1 MarkenG) der Cafés „Ponte“ in Bayreuth und Bo-

chum

- § 30 Erstreckungsgesetz: grundsätzlich bedarf die Benutzung der erstreckten Marke

im Erstreckungsgebiet im Kollisionsfall der Zustimmung des jeweils anderen Marken-

inhabers, Ausnahmen (§ 30 II) bei überregionaler Werbung, enteigneten Marken und

allgemeiner Unbilligkeit.

- Außerdem führen verschiedene Schranken der §§ 20 ff. MarkenG im Ergebnis zur

Koexistenz, s. unten, IV.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 33

b) Voraussetzungen der Markenverletzung (§ 14 MarkenG)

Prüfungsschema zur Markenverletzung

I. Zulässigkeit (nur zu prüfen, wenn ausdrücklich nach Erfolgsaussichten einer

Klage gefragt)

1. Zuständigkeit

a) sachlich: LG (§ 140 I MarkenG)

b) örtlich: §§ 12 ff., 32 ZPO, Bündelung gem. § 140 II MarkenG, in Bayern

LG München I und LG Nürnberg-Fürth

2. Prozessführungsbefugnis: Rechtsinhaber (§§ 7 I, 14 I, 28 I MarkenG) oder Li-

zenznehmer mit Zustimmung des Inhabers (§ 30 III MarkenG)

3. Allgemeine Prozessvoraussetzungen

II. Begründetheit: (+), wenn ein Anspruch aus § 14 II-IV, V (Unterlassung) bzw. VI

(Schadensersatz), im Fall geschäftlicher Bezeichnungen aus § 15 II bzw. III i.V.m. IV

bzw. V besteht

1. Bestehen des Markenrechts

a) Entstehung

b) Erlöschen (nur wegen erfolgter Löschung, zum Einwand der Lö-

schungsreife s.u. 3)

2. Aktivlegitimation (wie Prozessführungsbefugnis, daher kann nach oben ver-

wiesen werden, wenn Rechtsinhaber klagt, dann Prüfung entbehrlich)

3. Eingriff in den Schutzbereich

a) Benutzungshandlung

- Beispiele: § 14 III, IV

- in der eigenen kommerziellen Kommunikation

- ggf. Benutzung im Inland

b) ohne Zustimmung des Markeninhabers

c) im geschäftlichen Verkehr

d) „markenmäßige Benutzung“

- Benutzung zur Unterscheidung von Waren / DL

- Gefahr der Funktionsbeeinträchtigung (nur bei § 14 II 1 Nr. 1 im

Einzelnen zu prüfen)

e) Kollisionstatbestand gem. § 14 II 1 Nr. 1-3

4. Einreden und Einwendungen des Verletzers

a) Verjährung (§ 20), Verwirkung (§ 21), Bestandskraft (§ 22), Rechts-

missbrauch

b) Schranken gem. §§ 23, 24

c) Einrede der mangelnden Benutzung (§§ 25, 26)

d) Bestehen eines eigenen prioritätsälteren Rechts

5. Spezielle Voraussetzungen des jeweiligen Anspruchs (§§ 14 V, VI, 18 ff.)

a) Unterlassungsanspruch: Erstbegehungs- bzw. Wiederholungsgefahr (§

14 V),

b) Schadensersatzanspruch: Verschulden (§§ 14 VI MarkenG, 276 I BGB)

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 34

b) Allgemeine Voraussetzungen

Bestehen der Marke

• Eingetragene Marke

­ Eintragung muss erfolgt sein.

­ Das Verletzungsgericht ist an den Bestand des Rechts insoweit gebunden, als es die

(vom DPMA geprüften) absoluten Schutzhindernisse (§§ 3; 7; 8) nicht überprüfen

darf, insoweit nur Löschungsantrag zum DPMA (§ 54), ggf. Aussetzung des Verfah-

rens (§ 148 ZPO)

­ keine Bindung in den Fällen der §§ 49, 51, insbesondere können also ältere Rechte

einredeweise der Verletzungsklage entgegengehalten werden.

• Nicht eingetragene Marke: Überprüfung der materiellen Schutzvoraussetzungen.

Benutzungshandlung

• § 14 III erwähnt beispielhaft Benutzungshandlungen, die dem Markeninhaber vorbehal-

ten sind

­ insb.: Anbringen der Marke auf der Ware oder Verpackung (Nr. 1), Angebot von Wa-

ren unter der Marke (Nr. 2), Verwendung in der Werbung (Nr. 6), Verwendung in

unlauterer vergleichender Werbung (Nr. 7, eingeführt durch MaMoG 2019)

­ Geringe Bedeutung des § 14 III, da Aufzählung nicht abschließend („insbesondere“).

Vor allem bestimmte Benutzungen im Internet, z.B. im Rahmen einer Suchmaschi-

ne, können die Marke verletzen, werden in § 14 III aber nicht genannt.

- § 14 IV bezieht bestimmte Vorbereitungshandlungen in die Markenverletzung ein,

„mittelbare Verletzung“ – aber nicht mit mittelbarer Täterschaft oder Störerhaftung

(dazu unten bei Rechtsfolgen) zu verwechseln!

• Erforderlich ist die Benutzung in der eigenen kommerziellen Kommunikation. Das ist

in den Fällen des § 14 III regelmäßig der Fall, kann aber in Internet-Sachverhalten prob-

lematisch sein.

- Beispiel 1: keine Benutzung eines registrierten Keywords durch Google, weil Google

nur das System bereitstellt, die Marke aber nicht nach außen erscheint (EUGH, Rs. C-

236/08 – 238/08, GRUR 2010, 445 – Google France, Rn. 56)

- Beispiel 2: keine Benutzung einer Getränkemarke durch den Abfüller, der die abge-

füllten Getränke selbst nicht auf dem Markt bringt (EUGH, Rs. C-119/10, GRUR 2012,

268 – Winters/Red Bull)

- Gegenbeispiel (BGH GRUR 2015, 1223 – Posterlounge): Verwendung einer fremden

Marke im Quelltext einer Internetseite, um Suchmaschinen auf die eigene Seite zu

lenken, ist Benutzung der Marke, auch wenn sie Internet-Nutzer nicht sehen.

- Frage: Benutzung einer Marke durch Amazon, wenn in der Trefferliste auch Konkur-

renzprodukte angezeigt werden, die (a) durch Amazon im eigenen Namen und (b)

durch dritte Händler angeboten werden? Ja, sagt BGH GRUR 2018, 924 – Ortlieb I, in

Konstellation (b) fraglich, denn was unterscheidet in diesem Fall Amazon von Google?

• Der Verletzer muss die Marke für seine eigenen Waren oder Dienstleistungen benut-

zen

- Nach EUGH aber weiter Begriff der Benutzung für eigene Produkte: Bereits (+), wenn

die Marke in der eigenen Werbung benutzt wird.

- Deshalb ist vor allem die Benutzung einer fremden Marke in einem unlauteren (§ 6 II

UWG) Werbevergleich eine Benutzung für eigene Waren, Benutzung gerade zur Be-

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 35

zeichnung der eigenen Produkte nicht erforderlich. Beispiel: Im Werbevergleich

„Pepsi schmeckt besser als Coca-Cola“ benutzt Pepsi die Marke „Coca-Cola“, obwohl

die richtigen Produkte mit der richtigen Marke bezeichnet werden.

- Mittlerweile ausdrücklich § 14 III Nr. 7: Benutzung einer Marke in einem unlauteren

Werbevergleich = relevante Benutzung. Daraus folgt e contrario, dass die Benutzung

in einem lauteren Werbevergleich keine relevante Benutzung ist.

- Klausurtipp: bei Prüfung des § 6 UWG immer auch an Markenverletzung denken.

Entweder § 6 UWG vor dem Markenrecht prüfen und im Rahmen des Benutzungsbe-

griffs dann nach oben verweisen oder § 6 inzident entweder beim Benutzungsbegriff

oder den Schranken des Markenrechts prüfen.

• Begehung im Inland (Territorialität des Markenrechts)

­ In § 14 MarkenG nicht ausdrücklich erwähnt, folgt aber aus Territorialität des Mar-

kenrechts: Verletzungshandlung muss (zumindest teilweise) im Inland erfolgen (s.

oben, I 5)

­ Nur zu prüfen, wenn Sachverhalt Auslandsberührung aufweist. Bei rein inländischen

Sachverhalten nur Benutzung prüfen und „inländisch“ ganz weglassen.

­ Grundsatz: Verletzungshandlung erfolgt (zumindest teilweise) im Inland

­ Markenverletzung bei (ungebrochenem) Transit? Früher (-), seit 2019 § 14a: Verlet-

zung bei Einfuhr grundsätzlich (+), nicht aber, wenn Importeur bzw. Besitzer nach-

weist, dass Marke im Bestimmungsland frei benutzt werden kann.

­ Problem bei Internet-Sachverhalten: Genügt die bloße inländische Abrufbarkeit?

Nein, die Markennutzung muss sich auf den inländischen Markt auswirken.

­ Kriterien: Sprache der Website, Belieferung inländischer Kunden, Top-Level-Domain

„.de“, andere Werbeaktivitäten im Inland, vgl auch die WIPO-Vorschläge zum

Schutz von Marken und anderen Zeichenrechten im Internet, WRP 2001, 833 ff.

bzw. http://www.wipo.int/sct/en/documents/session_6/pdf/sct6_7p.pdf

­ Beispiele: BGH GRUR 2005, 431 – Hotel Maritime (keine inländische Benutzung

durch Internet-Auftritt eines Hotels in Kopenhagen) BGH GRUR 2018, 417 – Re-

sistograph, Gegenbeispiel aber BGH GRUR-RS 2019, 41884 – Club Hotel Robinson

(inländische Benutzung (+), wenn Holidaycheck die Marke verwendet um für einen

inländischen Vertragsschluss für Übernachtungen in einem ausländischen Hotel zu

werben).

Keine Zustimmung des Markeninhabers

• Möglichkeiten: ausschließliche Lizenz, einfache Lizenz, Einwilligung (s. unten, V)

• Ob die Zustimmung Rechtfertigungsgrund (h.M.) oder negatives Tatbestandsmerkmal

(dafür spricht aber der Wortlaut des § 14 II 1) ist, ist str.

• Jedenfalls muss derjenige, der sich auf die Zustimmung beruft, sie darlegen und ggf. be-

weisen.

• Die Zustimmung des Markeninhabers kann eingeschränkt sein. Beispiel: Lizenz zum Ver-

trieb einer Ware unter Verbot des Internet-Verkaufs = keine Zustimmung zum Internet-

Vertrieb (beachte aber § 24!).

Handeln im geschäftlichen Verkehr

• = Benutzung erfolgt im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil ge-

richteten kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 36

• Abgrenzung 1: Teilnahme an einer politischen oder gesellschaftlichen Diskussion, Bei-

spiel, BGH NJW 2008, 2110: Bezeichnung von Produkten der Molkerei Müller als „Gen-

milch“

• Abgrenzung 2: private Nutzung

­ Beispiel, BGH GRUR 1998, 696 – Rolex-Uhr mit Diamanten: keine Markenverletzung

begeht, wer sich mit veränderter oder gefälschter Markenware kleidet

­ Registrierung von Domainnamen ist zunächst private Nutzung, es sei denn, die Ab-

sicht zur geschäftlichen Nutzung sei bereits klar erkennbar

­ Problem: Abgrenzung zwischen privaten Verkäufen und eBay-Fällen. Kriterien (s.

BGH GRUR 2008, 702 – Internet-Versteigerung III): Anzahl der Verkäufe und der

„Feedbacks“, Verkauf gleicher Gegenstände, Verkauf neuer bzw. gerade zuvor er-

worbener Gegenstände

„Markenmäßige Benutzung“ / Benutzung zur Unterscheidung von Produkten

• Hintergrund: anders als das Urheberrecht gibt die Marke kein vollständiges Verwer-

tungsrecht an einem Wort oder Bild, sondern schützt die Marke nur als Kennzeichen

• Art. 10 II MarkenRL (dessen Umsetzung § 14 MarkenG dient) erfasst nur die Benutzung

der Marke zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen (Arg. e contrario aus

Art. 14 VI MarkenRL)

• Daher verlangt der BGH als ungeschriebene Verletzungsvoraussetzung eine „markenmä-

ßige Benutzung“ = eine Benutzung, die jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren

oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmer dient, entscheidend sind die

Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise und die Kennzeichnungsgewohnheiten

der Branche

• Kann fehlen bei:

­ Benutzung als Verzierung, z.B. als Muster auf Kleidung (BGH GRUR 2017, 730 –

Sierpinski-Dreieck) oder Abdruck des als Marke geschützten Bildes von Johann Se-

bastian Bach auf einer Tasse (OLG Dresden NJW 2001, 615 – Johann Sebastian Bach)

­ Verwendung einer Farbe oder Form, die von den angesprochenen Verkehrskreisen

nicht als herkunftshinweisend verstanden wird (Fall zur Diskussion: BGH GRUR 2016,

197 – Bounty)

­ Verwendung rein beschreibender Begriffe (Fall zur Diskussion: BGH GRUR 2017, 520

– Micro Cotton)

­ Verwendung eines Vornamens als Artikelbezeichnung bei Kleidungsstücken (BGH

GRUR 2019, 522 – SAM, BGH GRUR 2019, 1289 – Damen Hose MO)

­ Verwendung einer Marke auf einem verkleinerten Spielzeugmodell (BGH GRUR 2010,

726 – Opel-Blitz II)

­ Regelfall = Benutzung zur Kennzeichnung eigener Waren oder Dienstleistungen

• Der EUGH verwendet diesen Begriff nicht, prüft aber ebenfalls, ob die Kennzeichenfunk-

tion der Marke betroffen ist. Das geschieht in zwei Schritten: (1) Benutzung zur Unter-

scheidung von Waren / Dienstleistungen (in Abgrenzung zur rein ornamentalen oder be-

schreibenden Benutzung), (2) Beeinträchtigung geschützter Markenfunktionen

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 37

­ Aber nicht jeder der drei Kollisionstatbestände des § 14 II 1 Nr. 1-3 MarkenG schützt

sämtliche Markenfunktionen (Nr. 1 schützt alle, Nr. 2 nur die Herkunftsfunktion, bei

Nr. 3 ist die Funktionsbeeinträchtigung schon Teil des gesetzlichen Tatbestands), da-

her Tipp: Prüfung der Funktionsbeeinträchtigung (also Schritt (2) des EUGH) erst im

Rahmen der Kollisionstatbestände

­ Selbst das ist aber seit EUGH GRUR 2018, 917 – Mitsubishi/Duma fraglich geworden:

Entfernung einer Marke (Debranding) und Anbringung der eigenen Marke (Re-

branding) als Markenverletzung – das ist aber sicherlich gerade keine „markenmäßige

Benutzung“ → Gilt „Stufe 1“ noch? Ich habe erhebliche Zweifel, Lösung vielleicht zu-

künftig über die neue Schranke des § 23 I Nr. 2 MarkenG.

­ Vorläufig würde ich aber für die Falllösung den zweistufigen Test noch empfehlen,

weil er für die oben genannten Fälle praktischer ist. Also bei den allgemeinen Voraus-

setzungen „markenmäßige Benutzung“ (wie es der BGH nennt) bzw. „Benutzung zur

Unterscheidung von Waren/Dienstleistungen“ prüfen, die Funktionsbeeinträchtigung

dann in § 14 II 1 Nr. 1-3

c) Die Kollisionstatbestände (§ 14 II 1 MarkenG)

aa) Identitätsschutz (§§ 14 II 1 Nr. 1, 9 I Nr. 1 MarkenG)

Doppelidentität

• Doppelidentität = identische Marke und identische Waren / Dienstleistungen

• Identität der Marken: Marken müssen genau identisch sein = Unterschiede dürfen nur so

geringfügig sein, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können. Fehlt

­ bei geringen Abweichungen (Beispiel, KG Berlin GRUR-RR 2001, 180 – check in: kei-

ne Identität zwischen eingetragener Marke „Check In“ und Domainname „che-

ckin.com“), unterschiedliche Groß-/Kleinschreibung schließt Doppelidentität aber

nicht aus

­ bei unterschiedlichen Farben von Bildmarke und Zeichen (z.B. BGH GRUR 2015,

1009 – BMW-Emblem: Eintragung in schwarz-weiß, damit alle Farbgebungen erfasst

werden, Verwendung in weiß-blau - § 14 II 1 Nr. 1 (-), aber Nr. 2 (+))

­ bei Kollision zweier verschiedener Zeichenformen (z.B. Wortmarke gegen Wort-

Bildmarke)

­ bei Kollision zwischen einer einfachen und einer zusammengesetzen Marke (Beispiel,

EuGH, Rs. C-120/04 – Thomson Life: Kollision zwischen Marke „Life“ und Bezeich-

nung „Thomson Life“)

Stufe 1•Benutzung zur Unterscheidung von Waren / DL?

Stufe 2

•Beeinträchtigung geschützter Markenfunktionen

•Besser bei § 14 II 1 Nr. 1-3 zu prüfen!

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 38

• identische Waren oder Dienstleistungen, Orientierung an den Gattungsbegriffen des Wa-

ren-/Dienstleitungsverzeichnisses im Markenregister (nicht nur an den Klassen: § 14 II 2,

3). Beispiel: Schutz der Marke für „Bekleidungsstücke“ = Identität, wenn Verletzer ein T-

Shirt mit der identischen Marke verkauft.

• Unterschied zu Nr. 2: Verwechslungsgefahr wird nicht vorausgesetzt („absoluter

Schutz“), daher vereinfachte Prüfung.

Bedeutung des § 14 II 1 Nr. 1: Piraterieschutz oder Schutz vor jeder Bezugnahme?

• § 14 II 1 Nr. 1 hat in § 15 keine Parallele und fehlt auch in den meisten ausländischen

Rechtsordnungen. Was ist sein Zweck?

­ Möglichkeit 1: Schutz der Herkunftsfunktion, also vermutete Verwechslungsgefahr

(vgl. Art. 16 I 2 TRIPS) für eindeutige Pirateriefälle, das wäre m.E. richtig.

­ Möglichkeit 2: umfassender Schutz – bei Piraterie, bei Vertrieb der Originalware

durch Dritte, aber auch bei Bezugnahme auf Produkte unter Nennung der richtigen

Marke („referierende Benutzung“)

• Der EUGH hat sich in Rs. 487/07, GRUR 2009, 756, Rn. 58 – L’Oréal/Bellure für Möglich-

keit 2 entschieden: umfassender Schutz bei Doppelidentität, so inzwischen auch die Mar-

kenRL

• Anwendungsbereich des Identitätsschutzes:

- Pirateriefälle: der Zollbeamte braucht die Verwechslungsgefahr nicht zu prüfen!

- Parallelimport, z.B. Verkauf echten, im Ausland angekauften Markenparfums durch

Tchibo (dazu § 24 II, unten, IV)

- Referierende Benutzung in der Werbung für identische Produkte, z.B. bei verglei-

chender Werbung

- Keyword Advertising, dazu unten.

Beeinträchtigung geschützter Markenfunktionen

• Der EUGH benötigt aber ein Korrektiv, denn nicht jeder Bezug auf ein Produkt kann au-

tomatisch eine Verletzung sein.

• Daher muss nach EUGH die Benutzung geeignet sein, eine der geschützten Markenfunk-

tionen zu beeinträchtigen.

• Frage: Welche Funktionen sind geschützt?

- EUGH, Rs. C-206/01, GRUR 2003, 55 – Arsenal/Reed: Herkunftsfunktion = Hauptfunk-

tion.

- Aber EUGH, Rs. 487/07, GRUR 2009, 756, Rn. 58 – L’Oréal/Bellure: daneben auch die

Gewährleistung der Qualität dieser Ware oder Dienstleistung, die Kommunikations-,

Investitions- oder Werbefunktion. Kritik: zu weitgehender Schutz des guten Rufs ohne

Rückbindung an Verwechslungsgefahr in § 14 II 1 Nr. 1 MarkenG (näher hierzu Ohly,

FS Loschelder, dagegen Fezer, WRP 2011, 387)

• Herkunftsfunktion: beeinträchtigt, wenn (1) eine wirtschaftliche Verbindung zwischen

Zeichenverwender und Markeninhaber suggeriert wird oder (2) die Werbung hinsicht-

lich der Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen so vage gehalten, dass ein

normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf der Grundlage

des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der

Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder vielmehr mit diesem wirt-

schaftlich verbunden ist (EUGH, Rs. C-236/08 – 238/08, GRUR 2010, 445, Rn. 89 f. –

Google France

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 39

• Werbefunktion: beeinträchtigt, wenn Möglichkeit beeinträchtigt, die Marke als Element

der Verkaufsförderung oder Instrument der Handelsstrategie einzusetzen (EUGH aaO)

• Investitionsfunktion: beeinträchtigt, wenn es dem Markeninhaber wesentlich erschwert

wird, seine Marke zum Erwerb oder zur Wahrung eines Rufs einzusetzen, der geeignet

ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden (EUGH, Rs. C-323/09, GRUR 2011, 1124 – In-

terflora).

• Fallstudie 1: Cartier registriert „Rolex“ als Keyword bei Google. Markenverletzung? Dazu

vertiefend BGH GRUR 2014, 182 – Fleurop; Ohly, GRUR 2010, 776 ff. und GRUR 2009,

709 ff.

• Fallstudie 2: Amazon zeigt bei Eingabe des Suchworts „Ortlieb“ (= Hersteller von Fahr-

radtaschen) auch Produkte anderer Hersteller an, dazu BGH GRUR 2018, 924 – ORTLIEB

I, dazu Ohly, WRP 2018, 131)

bb) Verwechslungsschutz (§§ 14 II 1 Nr. 2; 9 I Nr. 2 MarkenG)

Allgemeine Grundsätze

• Die Verwechslungsgefahr ist ein Grundbegriff des Markenrechts: Werden Kennzeichen

nicht vor Verwechslung geschützt, so verlieren sie ihre Unterscheidungsfunktion.

• Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist eine Wissenschaft für sich, die Kasuistik ist

unüberschaubar (Darstellung bei Ingerl/Rohnke über 200 Seiten!)

• Um ein Gefühl für die Kollisionsfälle zu bekommen, lohnt es sich, sich einige Beispiele

anzusehen. Quellen: (1) ein guter Kommentar, z.B. Ingerl/Rohnke, § 14 Rn. 890 ff., (2) die

regelmäßigen Rechtsprechungsberichte zur Rspr. des BPatG zu § 9 I Nr. 2, für den die-

selben Grundsätze wie für § 14 II 1 Nr. 2 gelten, zuletzt Kortge/Mittenberger-Huber

GRUR 2020, 471, 483 ff.)

• Keine gesonderte Prüfung der Verletzung geschützter Markenfunktionen erforderlich,

weil nach EUGH § 14 II 1 Nr. 2 MarkenG (anders als Nr. 1) nur die Herkunftsfunktion

schützt (EUGH, Rs. C-278/08, GRUR 2010, 451 – BergSpechte). Zu ihrer Beeinträchti-

gung s.o., beim Identitätsschutz.

• Abstrakte Gefahr

­ Es kommt nicht darauf an, ob Verwechslungen wirklich vorgekommen sind. Aller-

dings hat der Nachweis von Verwechslungen indizielle Wirkung.

­ Vergleich lediglich der einander gegenüberstehenden Zeichen (also eingetragene

bzw. durch Verkehrsgeltung entstandene Marke gegen benutztes Zeichen), nicht der

sonstigen Umstände des Verkaufs (z.B. andere Verpackung, geringerer Preis des

Plagiats), Grund: gleiche Auslegung des § 9 I Nr. 2 und des § 14 II 1 Nr. 2 MarkenG,

im Eintragungsverfahren sind die konkreten Umstände der Benutzung aber noch

unbekannt → Unterschied zur Beurteilung unter § 5 II UWG!

­ Der EUGH stellt allerdings darauf ab, wie die gegenüberstehenden Zeichen konkret

verwendet werden. Beispiel, EUGH, Rs. C-252/12, GRUR 2013, 922 – Specsa-

vers/ASDA: bei der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen, wenn der Markenin-

haber ein schwarz-weiß eingetragenes Zeichen immer in einer Farbe benutzt (im

Fall: schwarz-weiß eingetragenes Logo wurde immer in grüner Farbe benutzt, Ver-

letzer verwendet ähnliches Logo in grün, das spricht nach EUGH für die Verwechs-

lungsgefahr)

­ Frage, über die in der Wissenschaft im Moment nachgedacht wird: Wandelt sich die

Prüfung der Verwechslungsgefahr von einer immaterialgüterrechtlichen zu einer

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 40

lauterkeitsrechtlichen Prüfung? Wirkt sich die Änderung des Wortlauts in § 14 II 1

Nr. 2 seit 2019 (früher: wenn wegen … für das Publikum die Gefahr der Verwechs-

lung besteht, jetzt: wenn … und für das Publikum die Gefahr der Verwechslung be-

steht)? Dazu Kur/Ohly GRUR 2020, 457 ff.

• Die Verwechslungsgefahr ist eine Rechtsfrage, zur Feststellung der Tatsachen muss also

eine Wertung hinzukommen.

• Maßgeblich ist die Verkehrsauffassung, also die als Abnehmer angesprochenen Ver-

kehrskreise.

­ Das Gericht kann die Verwechslungsgefahr durch eigene Sachkunde oder - wenn

das nicht möglich ist - durch demoskopisches Gutachten feststellen (s. auch die

Nachw. oben zur Verkehrsgeltung)

­ Maßgeblich ist der aufmerksame Durchschnittsverbraucher.

­ Je nach Ware/Dienstleistung ist entweder auf alle Verbraucher oder auf die be-

stimmte Gruppe der Verbraucher abzustellen, die als potentielle Kunden in Betracht

kommen,

• Unmittelbare und mittelbare Verwechslungsgefahr

­ unmittelbare Verwechslungsgefahr: Gefahr der Verwechslung der Produkte selbst

­ mittelbare Verwechslungsgefahr: Gefahr, dass Verkehr fälschlich Herkunft aus

demselben Unternehmen annimmt, kann etwa bei Serienzeichen, z.B. Aspirin, No-

vaspirin, Diaspirin, etc. entstehen

­ Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne: Gefahr, dass Verkehr vertragliche Bezie-

hungen zwischen Markeninhaber und Anbieter annimmt, z.B. OLG Karlsruhe GRUR

1992, 460: „McChinese“ erweckt Eindruck der Zugehörigkeit zu McDonalds

­ „Gefahr, dass Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird” (§ 14

II 1 Nr. 2 am Ende): Hervorrufen einer Assoziation ohne Verwechslungsgefahr er-

fasst? EUGH in Rs. C-251/95, GRUR 1998, 387 – Sabèl/Puma: Das Hervorrufen einer

Assoziation ist kein selbständiger Verletzungstatbestand. Es muss immer Ver-

wechslungsgefahr nach allgemeinen Kriterien vorliegen.

Kriterien zur Feststellung der Verwechslungsgefahr

• Zur Feststellung der Verwechslungsgefahr haben sich einige technische Grundsätze her-

ausgebildet. Hier trennt sich in der Markenrechtsklausur gelegentlich die Spreu vom

Weizen. Wer die Verwechslungsgefahr „freischwebend“ und untechnisch beurteilt, kennt

sich schlecht aus, wer unter die folgenden Regeln subsumiert, gut.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 41

• Kriterien sind (1) die Ähnlichkeit der Produkte, (2) die Ähnlichkeit der Marken und (3)

die Kennzeichnungskraft der Marke (EUGH Rs. C-383/99 P, Lloyd/Klijsen: Verwechs-

lungsgefahr zwischen den Schuhmarken Lloyd und Loint‘s)

• Sie bilden ein bewegliches System: Stärke bei einem Kriterium kann Schwäche bei ei-

nem anderen Kriterium ausgleichen.

­ Je ähnlicher die Produkte, desto eher Verwechslungsgefahr.

­ Je ähnlicher die Zeichen, desto eher Verwechslungsgefahr.

­ Je größer die Kennzeichnungskraft einer Marke, desto eher besteht Verwechslungs-

gefahr (allgemeiner immaterialgüterrechtlicher Grundsatz der Relativität des

Schutzbereichs). Hintergrund: Unterscheidung zwischen starken und schwachen

Zeichen: Starke Zeichen sind entweder sehr unterscheidungskräftig oder sehr be-

kannt. Ein starkes Recht verdient einen großen Schutzumfang. Umgekehrt: Je weni-

ger phantasievoll und je beschreibender die Marke, desto geringer die Verwechs-

lungsgefahr.

• Zeichenähnlichkeit kann bestehen wegen

­ ähnlicher Klangwirkung, z.B. Lloyd’s/Loints, Tricon/Triton, Crunchips/ran chips,

salvent/Salventerol, BTI/BPI, Rebella/Sembella, Ferromix/Ferromaxx nicht: White

Lion/Lions, Caldea/Balea, Goldstück/Goldsteig, Panini/Granini dabei ist die mögliche

akzent- oder dialektgefärbte Aussprache zu berücksichtigen (z.B. deutsche Ausspra-

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 42

che englischer Wörter: Racoon/Dragon, lt BPatG aber nicht fränkische Aussprache

in Focus/Logos)

­ ähnlicher Bildwirkung, bei Wortmarken Schriftbild, z.B. Proctavenon/Pentavenon,

Cloralex/Clorox, Respicur/Respicort, Marc/Mars, Bion/Biox, Tengo/Tango, nicht

COR/DOR, Amarula/Marulablu, bei Bildmarken optische Ähnlichkeit, zB schwarz-

weißes BMW-Logo/farbiges BMW-Logo, drei Streifen auf Sportschuh/zwei Streifen

­ ähnlichem Sinngehalt, z.B. Jägerfürst/Jägermeister, Playboy/Playmen, Ambassa-

deur/Botschafter, Picador/Torrero, Starlight/Starlux, nicht: Mariengold/Madonna,

Apache/Winnetou

­ umgekehrt kann ein abweichender Sinngehalt eine klangliche oder bildliche Ähn-

lichkeit neutralisieren, z.B. Picaro/Picasso, Mobilix/Obelix, Aida/Aidu

­ Fäll zur Diskussion: (1) Ähnlichkeit zwischen SKYPE und SKY (EuG Rs. T-184/13),

(2) Ähnlichkeit zwischen der Wortmarke „Goldbären“ und einem in Goldfolie einge-

packten Schokoladenbären (BGH GRUR 2015, 1214 – Goldbären)?

• Bei Feststellung der Produktähnlichkeit zu berücksichtigen: Art der Waren, ihr Verwen-

dungszweck, ihre Nutzung, ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander

ergänzende Waren, üblicherweise Herkunft aus einheitlichem Unternehmen, üblicher-

weise Angebot in gleichen Verkaufsstätten. Beispiele: keine Warenähnlichkeit zwischen

Lederwaren und Parfum (BGH GRUR 2006, 941 – Tosca Blu), geringe Warenähnlichkeit

zwischen Autos und Fahrrädern (EuG GRUR Int. 2007, 1014, daher keine Verwechs-

lungsgefahr zwischen TREK und ALLTREK).

• Kennzeichnungskraft

- Üblich ist die Unterscheidung zwischen „schwachen“, „normalen“ und „starken“

Marken.

- Die originäre Kennzeichnungskraft ergibt sich aus ihrem Grad an Eigenart. Aus-

gangspunkt: Vermutung einer normalen Kennzeichnungskraft. Marken, die an der

Grenze der Schutzhindernisse des § 8 II MarkenG liegen, sind aber originär kenn-

zeichnungsschwach.

- Die Kennzeichnungskraft kann nachträglich durch intensive Benutzung und Werbung

gestärkt, durch die Nutzung ähnlicher Zeichen durch Dritte hingegen geschwächt

werden.

- Beispiel (BGH GRUR 2012, 1040 – pjur/pure): Marke „pjur“ wegen Anklangs an be-

schreibendes englisches Wort nur schwach kennzeichnungskräftig. Da sich die Kenn-

zeichnungskraft weitgehend aus der Schreibweise ergibt, fehlt es an Verwechslungs-

gefahr, wenn sich die Ähnlichkeit im Gleichklang des beschreibenden Begriffs er-

schöpft.

Sonderfall: zusammengesetzte Zeichen

• Häufig sind Zeichen aus mehreren Worten, aus einem Wort- und einem Bildbestandteil

zusammengesetzt oder bestehen aus einer Kombination zwischen dreidimensionaler Ge-

staltung und Wort bzw. einer Farbe und einem Wort. Beispiele: „BMW 320d“ (Kombina-

tion aus BMW und 320d), Rolex-Schriftzug mit Krönchen, Goldhase mit aufgedrucktem

Wort „Lindt“

• Ausgangspunkt: entscheidend ist bei der Gegenüberstellung der Zeichen der Gesamt-

eindruck.

• Aber einzelne Elemente können eine prägende Kennzeichenwirkung haben. Beispiele:

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 43

­ bei Wortmarken ist regelmäßig der ungewöhnliche Teil prägend (z.B. Verwechs-

lungsgefahr zwischen salvent und salventerol)

­ bei Wort-Bildmarken ist regelmäßig das Wort prägend (Beispiel: BGH GRUR 2006,

60 – cocodrillo; bei Wort-3D-Marken aber nicht unbedingt (BGH GRUR 2007, 235 –

Goldhase I)

­ rein beschreibende Teile bleiben bei der Kollisionsprüfung außer Betracht, Beispiel

(BGH GRUR 2013, 68 Castell/VIN CASTEL: keine Ähnlichkeit zwischen „Schloß Cas-

tell“ und „Vin Castell“ für Weine, weil Castell ein Weinbauort ist, in dem mehrere

Winzer ansässig sind

­ größeres Gewicht der grafischen Gestaltung bzw. des Bildbestandteils bei Einzel-

buchstaben (BGH GRUR 2012, 930 – Bogner B/Barbie B)

• Modifikation der Prägetheorie durch den EUGH in Rs. C 120/04 = GRUR 2005, 1042 –

Thomson Life: Wird die Einzelmarke des A (Life) von B durch Zusammensetzung mit sei-

nem Firmennamen zu einem zusammengesetzten Zeichen (Thomson Life), dann ent-

scheidet nicht die prägende Wirkung. Markenschutz gegen die Zusammensetzung schon,

wenn die alte Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, da ansonsten die

Gefahr der „Usurpation“ schwacher Marken bestünde.

• Fall zur Diskussion: EUGH, Rs. C-252/12, GRUR 2013, 922 – Specsavers/ASDA

cc) Bekanntheitsschutz (§§ 14 II 1 Nr. 3, 9 I Nr. 3 MarkenG)

Grund und Rechtfertigung

• Grund: besondere Werbekraft der bekannten Marke, Konsequenz: Schutz auch außerhalb

des Gleichartigkeitsbereichs.

• Kritik: dieser erweiterte Schutz lässt sich nicht mehr mit der Kennzeichenfunktion der

Marke begründen, die übrigen Rechtfertigungen des geistigen Eigentums (naturrechtli-

cher Anspruch, Anreizfunktion) überzeugen hier aber auch nicht

• Vor Erlass des MarkenG Schutz der bekannten Marke über § 823 I BGB und § 1 aF UWG,

z.B. BGH GRUR 1985, 550 (Schutz gegen die Verwendung der Marke „Dimple“ für Her-

renkosmetik, anders aber BGH GRUR 1987, 711 – Camel Tours für Orientreisen), inzwi-

schen keine Notwendigkeit mehr zum Rückgriff auf BGB oder UWG.

Allgemeine Voraussetzungen

• Identisches oder ähnliches Zeichen: nach deutscher Rechtsprechung Feststellung wie

oben bei der Verwechslungsgefahr. Großzügiger der EUGH (Rs. C-401/01, GRUR 2004,

58 – Adidas/Fitnessworld: Rufausbeutung durch Verkauf von Sportartikeln mit zwei Strei-

fen?): es genügt, wenn die angesprochenen Verkehrskreise das benutzte Zeichen ge-

danklich mit der geschützten Marke in Verbindung bringen.

• Bekanntheit: ein bedeutender Teil der angesprochenen Verkehrskreise (das kann die

Allgemeinheit, aber auch eine bestimmte Personengruppe sein) muss die Marke kennen,

Kriterien: Umfang und Dauer der Benutzung, Intensität der Werbung, Bekanntheitsgrad

innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise (dabei keine feste Prozentzahl, grobe

Daumenregel, die der EUGH aber nicht mag und von der aber abgewichen werden kann:

> 30 %)

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 44

Eingriffstatbestände

• Anders als die Verwendung identischer oder verwechslungsfähiger Zeichen ist die Zei-

chenverwendung außerhalb des Verwechslungsbereichs nicht als solche verboten.

• Es muss ein Eingriffstatbestand vorliegen. Die Eingriffstatbestände erinnern an das UWG

und ergeben sich aus der Kombination der Begriffe „ausnutzt oder beeinträchtigt“ und

„Unterscheidungskraft oder Wertschätzung“.

• Der BGH unterscheidet die vier möglichen Kombinationen (was m.E. richtig ist), der

EUGH fasst die beiden Ausnutzungstatbestände zu einem zusammen.

Also BGH:

Ausnutzung der Wertschätzung

(Rufausnutzung)

Beeinträchtigung der Wertschätzung

(Rufschädigung)

Ausnutzung der Unterscheidungskraft

(Aufmerksamkeitsausnutzung)

Beeinträchtigung der Unterscheidungs-

kraft (Verwässerung)

… und EUGH:

Ausnutzung von Wertschätzung und Unter-

scheidungskraft (Trittbrettfahren): = Ausnut-

zung der „Sogwirkung“ der Marke ohne hin-

reichende eigene Anstrengung

Beeinträchtigung der Wertschätzung

(Herabsetzung): Anziehungskraft der

Marke wird geschmälert

Beeinträchtigung der Unterscheidungs-

kraft (Verwässerung): Benutzung führt

zur Auflösung der Identität der Marke

und ihrer Bekanntheit beim Publikum

• Ausnutzung der Wertschätzung (Rufausnutzung), das mit der bekannten Marke ver-

bundene Image wird auf andere Produkte übertragen, Beispiel: BGH GRUR 1985, 550 –

Dimple.

• Ausnutzung der Unterscheidungskraft (Aufmerksamkeitsausnutzung/Blickfang), die

durch Erwähnung der bekannten Marke geweckte Aufmerksamkeit wird zur Werbung für

andere Produkte eingesetzt, Beispiel: BGH GRUR 2005, 583 – Lila Postkarte.

• Abweichend unterscheidet der EUGH nicht zwischen Ruf- und Aufmerksamkeitsausbeu-

tung, sondern nimmt beides an, wenn sich der Verletzer „in den Bereich der Sogwirkung

[der bekannten] Marke begibt, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Anse-

hen zu profitieren, und ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene An-

strengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninha-

bers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen“ (EUGH

GRUR 2009, 759 Rdnr. 49 – L’Oréal/Bellure). Kritik: Formel ist unbestimmt und unter-

scheidet nicht hinreichend zwischen dem Unwertgehalt der verschiedenen Verlet-

zungstatbestände.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 45

• Rufschädigung (Beeinträchtigung der Wertschätzung), der Ruf der bekannten Marke

und ihre Anziehungskraft werden geschädigt, vor allem durch die Assoziation mit min-

derwertiger Ware oder durch geschmacklose Assoziationen. Beispiele: BGH GRUR 1999,

161 – MAC Dog, GRUR 1994, 808 (zu § 1 UWG): Benutzung der Marke „Mars“ für Kon-

dome; OLG Hamburg GRUR 1999, 339: Benutzung der Marke „Yves Roche“ für alkohol-

haltige, für den russischen Markt bestimmte Billiggetränke; dagegen aber BGH GRUR

1984, 684 (zu § 823 BGB) – Mordoro.

• Verwässerung (Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft), die hohe Kennzeich-

nungskraft der bekannten Marke wird dadurch beeinträchtigt, dass die Marke zu einem

Allerweltsbegriff verkommt, am bedeutendsten im Bereich geograph. Herkunftsangaben,

Beispiel: BGH GRUR 1988, 453 – Ein Champagner unter den Mineralwässern, aber auch

bei Marken denkbar, z.B. „Der Mercedes unter den Waschmaschinen“, Marke „Revian“

für Getränke.

Ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise

• Ein oder zwei Prüfungsschritte? Der EUGH neigt dazu, beides zusammenzuziehen. Nach

m.E. sollte beides getrennt werden: Auch wenn ein „harter“ Rechtfertigungsgrund fehlt,

kann eine Interessenabwägung für die Zulässigkeit der Markennutzung sprechen, s.

Ohly, FS Griss (wird bereitgestellt)

• Rechtfertigende Gründe:

- Schranken der §§ 23, 24 MarkenG (die bei § 14 II 1 Nr. 3 MarkenG in den Kollisi-

onstatbestand einbezogen werden),

- Wertungen des § 6 II UWG bei der vergleichenden Werbung (§ 14 III Nr. 7)

- grundrechtlich geschützte Positionen (z.B. Art. 5 I oder III GG, Beispiel: BGH GRUR

2005, 583 – Lila Postkarte),

- nach EUGH auch Informationsinteresse der Allgemeinheit (EUGH, Rs. C-323/09,

GRUR 2011, 1124 – Interflora, ich würde in diesem Fall aufgrund einer Interessen-

abwägung die Unlauterkeit verneinen

- bei Rufausnutzung durch ein Zeichen, das schon vor Beginn des Markenschutzes

benutzt wurde, gelten nach EUGH, Rs. C 65/12, GRUR 2014, 280 – Red Bull/Bulldog

folgende Kriterien für die Rechtfertigung: (1) Verkehrsdurchsetzung und Ruf des

Zeichens bei den betroffenen Verkehrskreisen, (2) Grad der Nähe zwischen den Wa-

ren und Dienstleistungen, für die das Zeichen ursprünglich benutzt wurde, und der

Ware, für die die bekannte Marke eingetragen ist, und (3) wirtschaftliche und han-

delsmäßige Erheblichkeit der Benutzung des der Marke ähnlichen Zeichens für die

fragliche Ware.

- Fall zur Diskussion: ÖOGH ÖBl 2010,126 – Styriagra

• Unlauterkeit: selbständiger Prüfungsschritt → Erfordernis einer umfassenden Interes-

senabwägung (str.), in die einzustellen sind

­ Grad der Beeinträchtigung der Interessen des Markeninhabers (Schädigung oder

„nur“ Ausbeutung, Rufausbeutung oder „nur“ Ausnutzung der Unterscheidungskraft)

­ Gegenläufige Interessen des Nutzers, ggf. deren verfassungsrechtlicher Schutz

­ Allgemeininteressen

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 46

2. Die Verletzung sonstiger Kennzeichenrechte

Verletzung von Unternehmenskennzeichen (§ 15 MarkenG)

• Während die MarkenRL nur das Markenrecht vereinheitlicht, beabsichtigte der deutsche

Gesetzgeber, mit dem Markenrecht das gesamte Kennzeichenrecht nach einheitlichen

Grundsätzen zu regeln.

• § 15 enthält für die in § 5 geregelten Kennzeichenrechte einen § 14 nachgebildeten Ver-

letzungstatbestand. § 15 II entspricht § 14 II 1 Nr. 2, § 15 III entspricht § 14 II 1 Nr. 3, ein

Äquivalent zu § 14 II 1 Nr. 1 hielt der deutsche Gesetzgeber für entbehrlich.

• Unter § 15 ist eine kennzeichenmäßige Benutzung nach wie vor erforderlich, auch

wenn sie praktisch (wegen des Fehlens einer § 14 II 1 Nr. 1 vergleichbaren Regelung)

selten Schwierigkeiten bereitet. Beispiel, BGH GRUR 2009, 500 – Beta Layout: Keyword

Advertising verletzt keine Rechte an Unternehmenskennzeichen, weil weder Verwechs-

lungsgefahr vorliegt noch die Fälle des § 15 III MarkenG einschlägig sind.

• Voraussetzungen des § 15:

­ Bestehen eines geschützten Unternehmenskennzeichens = Prüfung der materiellen

Voraussetzungen des § 5 MarkenG

­ Verletzungshandlung im territorialen Schutzbereich des Kennzeichens, er kann

ganz Deutschland umfassen oder territorial begrenzt sein (Beispiel: Schutz des Na-

mens „Ponte“ für Gaststätten nur in Bayreuth, nicht auch in Bochum)

­ keine Zustimmung des Kennzeicheninhabers

­ Handeln im geschäftlichen Verkehr, s.o.

­ kennzeichenmäßige Benutzung, s.o.

­ Verletzungstatbestände des § 15 II und III, parallel zu § 14 II 1 Nr. 2 und 3 auszule-

gen.

Verletzung von geographischen Herkunftsangaben (§ 127 MarkenG)

• Voraussetzung: geographische Herkunftsangabe (§ 126 I) im Gegensatz zur bloßen Gat-

tungsbezeichnung (§ 126 II).

• § 127 I: Irreführungsschutz, es gelten dieselben Voraussetzungen wie unter § 5 I UWG,

insbesondere das Verbraucherleitbild und die Notwendigkeit einer Interessenabwägung

(BGH GRUR 2002, 160 – Warsteiner III).

• § 127 II: weitergehender Irreführungsschutz, Ware muss auch die gebietstypische Eigen-

schaft aufweisen.

• § 127 III: bei Vorliegen eines besonderen Rufs Schutz gegen Verwendung für andersarti-

ge Waren (Beispiel: BGH GRUR 1988, 453 – Ein Champagner unter den Mineralwässern).

• Neben den §§ 126 ff. werden Ursprungs- und Herkunftsangaben für Agrarerzeugnisse,

Nahrungsmittel, Weil und Spirituosen nach EU-Verordnungen geschützt.

Verletzung des Namensrechts (§ 12 BGB)

• Bedeutung des § 12 BGB über § 15 MarkenG hinaus:

­ Schutz des Namens, der keine Unternehmensbezeichnung darstellt (bürgerlicher

Name, Name von Gebietskörperschaften)

­ Schutz auch außerhalb des geschäftlichen Verkehrs

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 47

­ Unter beiden Aspekten hat § 12 BGB große Bedeutung bei der Abwehr unzulässiger

Internet-Domainnamen erlangt.

• „Name“ im Sinne des § 12 kann sein:

­ der bürgerliche Name einer natürlichen Person

­ Künstlername und Pseudonym, Durchsetzung gegenüber bürgerlichem Namen aber

nur bei Erwerb von Verkehrsgeltung (BGH GRUR 2003, 897 – maxem.de: Rechtsan-

walt namens Maxem kann Internet-Nutzer, der unter dem Namen „Maxem“ an Rol-

lenspielen teilnimmt, die Nutzung der Domain www.maxem.de verbieten)

­ Städte- und Gemeindenamen

­ grundsätzlich auch Unternehmenskennzeichen, §§ 14, 15 MarkenG gehen aber in-

nerhalb ihres Anwendungsbereichs vor, s.o.

­ analoge Anwendung auf Wappen und Embleme (BGH GRUR 1993, 151 – Universi-

tätsemblem).

• Verletzungsvarianten: Namensanmaßung und Namensbestreitung

­ Namensanmaßung durch unbefugten Namensgebrauch, wichtigster Fall, s. sogleich

­ Namensbestreitung, liegt nicht schon in der Reservierung eines Domainnamens,

durch die der Namensinhaber seinen Namen nicht mehr unter der TLD “.de” regist-

rieren kann (BGH GRUR 2002, 622 – shell.de), da der Name in vielfacher anderer

Weise geführt werden kann.

• Voraussetzungen der Namensanmaßung (§ 12, 1, 2. Alt. BGB):

­ Gebrauch desselben oder eines verwechslungsfähigen Namens, Gebrauch als Pro-

duktbezeichnung oder Domainname genügt, der Anspruchsgegner braucht den Na-

men nicht selbst als Namen zu führen.

­ Gefahr der Zuordnungsverwirrung. Sie fehlt, wenn ausgeschlossen ist, dass der Na-

mensträger die Benutzung gestattet haben könnte (schöne Beispiele: BGHZ 30, 7 –

Caterina Valente; BGH GRUR 1986, 759 – BMW). Allerdings ist in der neuen Rspr.

fraglich, ob diese Voraussetzung noch gilt oder ob auch eine Ausnutzung ohne Ver-

wechslungsgefahr in den Schutzbereich fällt, s. BGH GRUR 2008, 1124 – Zerknitter-

te Zigarettenschachtel

­ unbefugter Gebrauch, Befugnis kann sich aus Recht der Gleichnamigen ergeben

(BGH GRUR 2002, 622 – shell.de; 2002, 706 – vossius.de)

­ Interessenverletzung, insb. durch Verwechslungsgefahr oder Verwässerungsgefahr

3. Das Verhältnis zwischen MarkenG und UWG bei der Verletzung Übungsfall (BGH GRUR 2013, 1161 – Hard Rock Café)

H betreibt in der Hauptstraße in Heidelberg seit 1978 ein Hard Rock Café und verkauft dort auch T-Shirts und andere Merchandising-Artikel mit dem bekannten Logo der Hard Rock Cafés. H gehört aber nicht zu der international tätigen Hard-Rock-Gruppe (HRG), die welt-weit ca. 140 Restaurants unter diesem Namen betreibt, und hat auch nicht deren Genehmi-gung eingeholt.

Das Logo ist in Deutschland seit 1986 für HRG als Marke geschützt, die Wortmarke „HARD ROCK CAFE“ seit 1995. 1978 gab es in Europa nur ein einziges Hard Rock Café in London, an dessen Ausstattung sich H damals orientiert hat.

HRG verlangt von H, den Betrieb eines Lokals unter dem Namen „Hard Rock Café“ und den Vertrieb von Merchandising-Artikeln zu unterlassen, und beruft sich zur Begründung auf ihre Marken und auf lauterkeitsrechtliche Ansprüche wegen Irreführung. H hält dem entgegen,

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 48

das Markenrecht unterliege dem Territorialitätsprinzip, und in Deutschland habe er die älte-ren Rechte.

Ansprüche der HRG? Die Problematik

• Das MarkenG und das UWG verfolgen ähnliche Zwecke: Verhinderung von Verwechs-

lungsgefahr (§ 14 II 1 Nr. 2 MarkenG, § 5 II UWG), Regelung der Markenbenutzung in

Werbevergleichen (§ 14 II 1 Nr. 1, III Nr. 7 MarkenG, § 6 UWG), Schutz wettbewerblicher

Besitzstände gegen Ausbeutung und Schädigung (§ 14 II 1 Nr. 3 MarkenG, §§ 4 Nr. 1, 3

a,b; 6 II UWG), Schutz gegen Behinderung durch Kennzeichenverwertung (§ 8 II Nr. 10

MarkenG, § 4 Nr. 4 UWG)

• Ausgangspunkt: Markenschutz schließt Schutz nach anderen Gesetzen nicht aus (§ 2).

• Aber eine unbegrenzt parallele Anwendung würde zu Wertungswidersprüchen führen.

Beispiele:

- Verletzer verwendet eine eingetragene, aber noch nicht benutzte Marke (vgl. § 25

MarkenG: Benutzungsschonfrist von 5 Jahren!): klare Markenverletzung, aber wenn

der Markeninhaber seinerseits Waren zu vertreiben beginnt, entsteht bei Verbrau-

chern Unklarheit.

- Verwendung einer Marke in erlaubter vergleichender Werbung für ein Konkurrenz-

produkt: bei uneingeschränkter Subsumtion unter § 14 II 1 Nr. 1 wäre das verboten,

nach § 6 II UWG erlaubt.

- Die Verwechslungsgefahr unter § 14 II 1 Nr. 2 MarkenG wird anders festgestellt als

die Irreführungsgefahr unter § 5 UWG.

- Über § 5 UWG könnte die Schranke des § 23 Nr. 2 MarkenG unterlaufen werden.

Beispiel: BGH GRUR 2009, 672 – OSTSEE-POST, Rest von Verwechslungsgefahr ist

gem. § 23 Nr. 2 MarkenG hinzunehmen, aber in § 5 II UWG fehlt eine entsprechen-

de Schranke.

- Grenzen des § 14 II 1 Nr. 3 MarkenG (z.B. Bekanntheitserfordernis) können bei un-

eingeschränkter Anwendung der §§ 4 Nr. 1, 4 UWG unterlaufen werden.

• Daher BGH nach der Markenrechtsreform: Grundsatz vom Vorrang des Markenrechts:

innerhalb ihres Anwendungsbereichs verdrängen die §§ 14, 15 MarkenG die Bestimmun-

gen des UWG und des BGB. Das war nicht zuletzt pädagogisch gedacht: Die Instanzge-

richte sollten nicht einfach § 14 II 1 Nr. 3 MarkenG ignorieren und UWG-Schutz gewäh-

ren.

• Inzwischen aber Aufgabe der Vorrangthese, jedenfalls für das Verhältnis des Marken-

rechts zu §§ 5 II und 6 UWG

• Klausurtipp: Fallgruppen lernen, im Zweifelsfall nicht von der „Vorrangthese“ ausgehen,

sondern beide Ansprüche prüfen.

Fallgruppen

• Anwendungsbereich des UWG unproblematisch, wenn der Anwendungsbereich des Mar-

kenrechts nicht eröffnet ist, Beispiele:

- Ornamentale Benutzung (hier fehlt jedenfalls nach BGH die „markenmäßige Benut-

zung“)

- Verwendung generischer Begriffe, etwa bei Anmeldung generischer Second-Level-

Domains (erlaubt, wenn nicht irreführend, s. BGHZ 148, 1 – mitwohnzentrale.de)

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 49

• Verhältnis zu § 4 Nr. 1 UWG: str., ob § 4 Nr. 1 UWG auch unbekannte Marken schützt.

Wohl (+), weil § 4 Nr. 1 UWG dem § 6 II Nr. 4 UWG nachgebildet ist, der auf Unionsrecht

beruht: Der Unionsgesetzgeber hat den Wertungskonflikt offenbar in Kauf genommen.

• Verhältnis zu § 4 Nr. 3 UWG

- Bei Nachahmung von Produkten oder Verpackungen: Schutz nach § 4 Nr. 3a, b unab-

hängig davon, ob die Form auch als Marke hätte geschützt werden können

- Nachahmung von Wort- und Bildmarken fällt aber nicht unter § 4 Nr. 3 UWG (str.,

nach a.A. parallele Anwendbarkeit)

• Verhältnis zu § 4 Nr. 4 UWG

- Rufausnutzung oder -schädigung stellen keine Behinderung dar, insoweit Vorrang

des § 14 II 1 Nr. 3

- Aber Behinderung durch Anmeldung von Sperrzeichen oder Spekulationsmarken

denkbar, UWG hier neben Schutzhindernis des § 8 Nr. 14 anwendbar (BGH GRUR

2008, 621 – AKADEMIKS)

- Der Vertrieb von Waren nach Beseitigung der Marke fiel nach früherer Rechtspre-

chung nur unter § 4 Nr. 4 UWG, weil die Marke ja nicht mehr benutzt wurde. Anders

inzwischen EUGH, C-129/17, GRUR 2018, 917 – Mitsubishi/Duma: Markenverletzung

wegen Verletzung der Herkunftsfunktion. Demnach parallele Anwendung von § 14 II

1 Nr. 1 und § 4 Nr. 4 UWG.

• § 3a UWG: Markenrechtsverletzung ist wegen abschließend geregelter Sanktionen kein

Rechtsbruch i.S.d. § § 3a UWG

• Verwechslungsgefahr bzw. Irreführung über die betriebliche Herkunft (§ 14 II 1 Nr. 2

MarkenG und §§ 5 II, I 2 Nr. 1 UWG)

­ Früher § 5 nur bei qualifizierter Herkunftsvorstellung (= Verkehr verbindet mit Her-

kunftshinweis bestimmte Gütevorstellung), das ist unter der UGP-RL nicht mehr ver-

tretbar

­ Problem 1: Verwechslungsgefahr unter § 14 II 1 Nr. 2 MarkenG ist abstrakt, unter §

5 II UWG konkret zu beurteilen (anders in der Tendenz EUGH, Rs. C-533/06, GRUR

2008, 698, Rn. 64 ff. – O2/Hutchison 3G)

­ Problem 2: Berücksichtigung markenrechtlicher Wertungen (Prioritätsgrundsatz,

Freiheit technisch bedingter Formen, Schranken des § 23 I Nr. 2 MarkenG) unter § 5

UWG? Hier ist noch vieles ungeklärt. Lösung: (1) sachgemäße Anwendung des Ver-

braucherleitbilds (Beispiel: Der Verbraucher entnimmt technisch bedingten Formen

i.d.R. keinen Herkunftshinweis), (2) Interessenabwägung unter § 5 UWG, dabei Be-

rücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Markeninhabers und der Allge-

meinheit. Beispiel (BGH GRUR 2013, 397 – Peek & Cloppenburg III): Grundsätze

zum Recht der Gleichnamigen und Priorität sind auch unter § 5 II UWG zu berück-

sichtigen (BGH GRUR 2016, 965 – Baumann II).

­ Weiterführend und lesenswert Bornkamm, GRUR 2011, 1 ff.

• Bei vergleichender Werbung parallele Anwendung von § 14 MarkenG und § 6 UWG

(BGH GRUR 2008, 628 – Imitationswerbung): § 6 UWG beruht auf der WerbeRL, die in

Egrd. 15 bestimmt, dass die Verwendung einer Marke in einem erlaubten Vergleich keine

Verletzung darstellt. Andererseits kann die Verwendung in einem unlauteren Vergleich

eine Markenverletzung sein (§ 14 III Nr. 7). Tipp: § 6 UWG nach Möglichkeit zuerst prü-

fen, weil präjudiziell für die Frage der Markenverletzung

• Vorrang des § 15 MarkenG gegenüber § 12 BGB, wenn eine Geschäftsbezeichnung im

geschäftlichen Verkehr verwendet wird (BGH GRUR 2002, 622 – shell.de), aber ergän-

zende Anwendung des § 12 BGB, wenn das Markenrecht nicht eingreift, z.B. weil aus ei-

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 50

ner bloßen Registrierung eines Namens als Domainname noch nicht auf eine Verwen-

dung als Kennzeichen geschlossen werden kann (BGH GRUR 2012, 304 – Basler Haar-

Kosmetik).

Übersicht

MarkenG UWG

Herabsetzung § 14 II 1 Nr. 3 § 4 Nr. 1

Nachahmung § 14 II 1 Nr. 1, 2 § 4 Nr. 3 nicht bei Wort- und

Bildmarken, nur bei Formen (str.)

Behinderung durch

Anmeldung von Sperr-

zeichen

§ 8 II Nr. 14 § 4 Nr. 4

Behinderung durch

Verwendung ähnlicher

Kennzeichen

§§ 14 II 1 Nr. 1-3 § 4 Nr. 4 insoweit gesperrt

Markenverletzung allg. §§ 14 II 1 Nr. 1-4 § 3a gesperrt

Verwechslungsgefahr § 14 II 1 Nr. 2 § 5 II

Vergleichende Wer-

bung

§ 14 II 1 Nr. 1, III Nr. 7:

Verletzung nur bei Ver-

stoß gegen § 6 II

§ 6 UWG

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 51

IV. Schranken des Schutzes

Lit.: Götting, § 50 IV; Kur, GRUR 2016, 20 ff.; Ohly, Limitations of Trade Mark Protection – the New Regime, Annali italiani del diritto d’autore della cultura e dello spettacolo (AIDA) XXVI (2017), 105-119 (Manuskript, wird bei den Materialien bereitgestellt)

Übungsfall (BGH GRUR 2008, 798 – POST I)

Die Deutsche Post ist Inhaberin der Marke POST, u.a. für Briefzustellung. Darf ein Konkur-rent einen Kurierdienst unter der Firma „Neue Post“ betreiben und auf ihrer Website die Farbe Gelb und ein stilisiertes Posthorn benutzen?

Überblick

• Verjährung (§ 20 MarkenG)

• Verwirkung (§ 21 MarkenG)

• Bestandskraft jüngerer Marken (§ 22 MarkenG)

• Benutzung von Namen, beschreibenden Angaben und zur Identifizierung der „richtigen“

Produkte (§ 23 MarkenG)

• Erschöpfung (§ 24 MarkenG)

• Verwendung einer Marke in erlaubter vergleichender Werbung (§ 6 UWG)

• Einrede der Nichtbenutzung (§ 25 MarkenG)

• Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB)

• Die Schranken betreffen eingetragene, nicht eingetragene Marken und geschäftliche Be-

zeichnungen (§§ 4, 5 MarkenG)

Verjährung und Verwirkung (§§ 20, 21 MarkenG)

• Verjährung: § 20 MarkenG verweist auf §§ 194 ff., 852 BGB, regelmäßige Verjährung

also 3 Jahre ab Kenntnis des Berechtigten von der Rechtsverletzung, berechnet ab

Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Bei fehlender Kenntnis gilt § 199

III, für Bereicherungsansprüche gilt die Sondervorschrift des § 852 (10 Jahre ab Entste-

hung, ohne Rücksicht auf Entstehung 30 Jahre)

• Verwirkung = bewusste Duldung der Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zei-

chens

- § 21 I: Duldung der Benutzung einer eingetragenen Marke während eines Zeitraums

von 5 Jahren in Kenntnis der Benutzung, sofern der Inhaber der jüngeren Marke

nicht bösgläubig ist.

- Daneben bleiben die allgemeinen Grundsätze über die Verwirkung bestehen (§ 21

IV), die sich auf der Grundlage von § 242 BGB herausgebildet haben. Sie setzen (1)

Untätigkeit über eine gewisse Zeit (die unter §§ 21 IV MarkenG, 242 BGB kürzer als

5 Jahre sein kann), (2) Duldungsanschein und einen schutzwürdigen Besitzstand vo-

raus. Bei einer fortdauernden Verletzung gilt eine Frist, während wiederholte,

gleichartige Markenverletzungen die Frist jeweils neu beginnen lassen (interessan-

tes Beispiel: BGH GRUR 2013, 1161 – Hard Rock Café).

- Folge: Koexistenz (§ 21 III), der Inhaber des jüngeren Zeichens kann sich nur ver-

teidigen, nicht seinerseits gegen den anderen vorgehen.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 52

Bestandskraft jüngerer Marken (§ 22)

• 1. Fall: Kollision nach §§ 14 II 1 Nr. 3, 15 III 1 (Bekanntheitsschutz) - Bestandsschutz für

die jüngere Marke, wenn die ältere erst nach Prioritätszeitpunkt der jüngeren Bekannt-

heit erlangt hat.

• 2. Fall: Die ältere Marke war bei Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke

wegen Verfalls (§ 49) oder wegen des Bestehens absoluter Schutzhindernisse (§ 50) lö-

schungsreif (vgl. § 51 IV). Wegen der Bindung des Verletzungsgerichts an den Bestand

der Marke greift § 22 I Nr. 2, 2. Alt. aber nur ein, wenn die Löschungsreife nicht mehr

vor dem DPMA geltend gemacht werden kann (BGH GRUR 2003, 1040, 1042 – Kinder),

das ist gem. § 50 II 1, 3 vor allem nach Ablauf der Zehnjahresfrist der Fall.

• Kein Angriffsrecht, nur Abwehrrecht für Inhaber der jüngeren Marke (§ 22 II).

Benutzung von Namen und beschreibenden Angaben (§ 23)

• Ausdruck der Interessenabwägung zwischen Schutzinteresse und Allgemeininteresse an

Nutzung von Namen und beschreibenden Angaben

• Unlauterkeitsvorbehalt: Benutzung darf nicht gegen die anständigen Gepflogenheiten in

Gewerbe oder Handel verstoßen.

• Name und Anschrift (Nr. 1)

- § 23 Nr. 1 ist Ansatzpunkt für das Recht der Gleichnamigen: Die Nutzung des eige-

nen bürgerlichen Namens im Geschäftsverkehr ist auch gegenüber prioritätsälteren

Zeichen zulässig, wenn der Namensträger (a) an der Führung des Namens ein

schutzwürdiges Interesse hat, (b) redlich handelt und (c) alles Erforderliche tut, um

Verwechslungen zu vermeiden.

- Beispiel (BGH GRUR 2013, 397 – Peek & Cloppenburg III): Tragen zwei Unternehmen

befugterweise denselben Namen, muss jedes Unternehmen in seiner Werbung hin-

reichend sichtbar und deutlich auf den Unterschied hinweisen. Wenn der Hinweis

ausreicht, dann nicht nur wegen § 23 Anspruch aus § 14 II, V, VI (-), sondern auch §

5 II 1 UWG (-)

- Nach der Neufassung des § 23 I Nr. 1 seit 2019 wird das aber problematisch, wenn

der Name des Unternehmens zugleich als Marke geschützt ist. § 23 I Nr. 1 setzt nun

nach dem Wortlaut eine natürliche Person voraus. Alternative: Schutz wohlerworbe-

ner Besitzstände analog § 22?

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 53

- Unlauterkeit bei bewusster Verwechslung oder „gekauftem” Namensträger

• Nicht unterscheidungskräftige Zeichen und beschreibende Angaben (Nr. 2)

- „Flankenschutz des Freihaltebedürfnisses”, Wechselwirkung mit § 8 II 1 Nr. 1, 2

- Bedeutung des § 23 I Nr. 2, wenn (a) eine Abwandlung einer nicht unterscheidungs-

kräftigen (z.B. beschreibenden) Angabe eingetragen wurde und die reine beschrei-

bende (oder sonst nicht unterscheidungskräftige) Angabe damit verwechslungsfähig

ist, (b), wenn eine Marke gem. § 8 III 1 (Verkehrsdurchsetzung) eingetragen wurde,

(c) für Benutzungsmarken oder geschäftliche Bezeichnungen.

- Beispiel 1: Nutzung des Worts „Post“ in den Post-Fällen (Übungsfall und BGH GRUR

2009, 672 – OSTSEE-POST; BGH GRUR 2009, 678 – Regio-Post)

- Beispiel 2: Nutzung des Filmtitels „Der Seewolf“ für die Neuverfilmung eines gemein-

freien Romans ist zulässig (OLG München GRUR-RR 2009, 307)

- Beispiel 3: Tuning-Unternehmen darf getunten Porsche als „Porsche mit TECHART-

Umbau“ bewerben, wenn das Zeichen „Porsche“ nur auf das Fahrzeug im ursprüngli-

chen Zustand verweist (BGH GRUR 2015, 1121 – Tuning)

- Seit 2019 Ausdehnung auf die Verwendung aller Zeichen oder Angaben ohne Unter-

scheidungskraft → fängt Fälle auf, die unter den Verletzungstatbestand fallen, wenn

man keine „markenmäßige Benutzung“ verlangt. Beispiel: Wenn die Verwendung des

markenmäßig geschützten Bildes von Johann Sebastian Bach auf einer Tasse nicht

schon aus dem Tatbestand des § 14 II 1 herausfällt, dann spätestens hier.

- Testfrage: Wie wäre in Rs. C-163/16 (GRUR 2018, 842) die Verwendung einer roten

Sohle für High-Heels markenrechtlich zu beurteilen?

- Verstoß gegen gute Sitten bei (a) Irreführung (Beispiel, BGH GRUR 2013, 631 –

AMARULA/Marulablu: beschreibende Angabe „Marulablu“ als Bezeichnung eines aus

der Marula-Frucht gewonnenen Likörs unzulässig, wenn der Likör diese Frucht nicht

enthält), (b) Rufausbeutung, die über die bloße Beschreibung hinausgeht, Beispiel

(BGH GRUR 2009, 1162 – DAX): auf markenrechtlich geschützte Bezeichnung DAX

kann in Werbung für Finanzprodukt Bezug genommen werden, Aufnahme in dessen

Kennzeichen (z.B. DivDAX) verstößt aber gegen die guten Sitten

• Referierende Benutzung, Hinweis auf Zubehör- oder Ersatzteileigenschaft (Nr. 3)

- Fall 1: Benutzung der Marke zur Identifizierung der Produkte des Markeninhabers.

Sie fällt nach dem weiten Benutzungsbegriff des EUGH unter den Verletzungstatbe-

stand (§ 14 II 1 Nr. 1!), ist aber oft legitime Meinungsäußerung. Beispiel: Autoherstel-

ler A weist in einer Pressemeldung darauf hin, dass die Bremsen der Autos seines

Konkurrenten B defekt sind. Reichweite der Schranke außerhalb des Zubehör-/ Er-

satzteilgeschäfts bisher unklar. Beispiel: Markenparodie als Fall des § 23 I Nr. 3?

- Fall 2: Benutzung der Marke als Hinweis auf die Bestimmung des eigenen Produkts,

insb. als Zubehör oder Ersatzteil. Soll die Monopolisierung von Sekundärmärkten

(z.B. Ersatzteilmarkt) verhindern. Allerdings können möglicherweise parallele Schutz-

rechte eingreifen, z.B. das Designrecht bei Auto-Ersatzteilen.

- Benutzung aber nur im Rahmen der anständigen Gepflogenheiten zulässig. Rahmen

überschritten, wenn (a) Handelsbeziehungen zum Markeninhaber vorgetäuscht wer-

den, (b) Ruf oder Unterscheidungskraft der Marke ausgenutzt oder geschädigt wird,

(c) Ware als Imitation oder Nachahmung des Originals dargestellt wird.

- Beispiel 1: EUGH, Rs. C-63/97, BMW/Deenik, Benutzung der BMW-Marke als Hinweis

auf Verkauf von BMW-Gebrauchtwagen und Reparatur, zulässig, sofern nicht unmit-

telbare Rechtsbeziehungen (z.B. autorisierte Werkstatt) vorgetäuscht werden.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 54

- Beispiel 2: EUGH, Rd. C-228/03, Gillette/LA Laboratories, GRUR 2005, 509, Hinweis

darauf, dass Rasierklingen für Gillette-Rasierer passen, ist als solcher zulässig, sofern

nicht gegen die oben genannten Kriterien verstoßen wird.

- Beispiel 3: BGH GRUR 2005, 163 – Aluminiumräder, § 23 I Nr. 3 greift ein bei Wer-

bung für Aluräder, auf denen sie an einen Porsche montiert sind.

- Gegenbeispiel: BGH GRUR 2019, 953 – Kühlergrill, Ersatzteil (Kühlergrill) mit Auf-

nahmevorrichtung für das Emblem in Form der Audi-Ringe kann zwar § 23 I Nr. 3

vorliegen, aber Nutzung der Marke nicht erforderlich, wenn anderweitig auf (z.B. im

Text des Internet-Angebots) auf die Verwendungsmöglichkeit hingewiesen werden

kann

• Bisher war unklar, unter welche Schranke die Verwendung einer fremden Marke in er-

laubter vergleichender Werbung fällt. Vorgeschlagen wurde die analoge Anwendung des

§ 23 Nr. 2 oder 3 MarkenG oder das Verständnis des § 6 UWG als ungeschriebene

Schranke des Markenrechts.

- Zur Erinnerung: Wenn Pepsi mit dem Slogan „Pepsi schmeckt besser als Cola“ wirbt,

verwendet Pepsi nach EUGH auch die Marke „Cola“ für eigene Waren (s.o.) und kann

daher die Marke Cola gem. § 14 II 1 Nr. 1 (Doppelidentität) oder Nr. 3 (Schutz der

bekannten Marke) verletzen.

- Allerdings erlaubt Art. 4 der RL 2006/114, umgesetzt in § 6 II 1 UWG, den Werbever-

gleich unter bestimmten Voraussetzungen. Das Markenrecht muss diese Wertung

respektieren.

- Inzwischen § 14 III 1 Nr. 7: Markenschutz erstreckt sich auf die Verwendung der

Marke „in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG zuwider-

laufenden Weise“. Daraus folgt e contrario, dass eine Verwendung, die nicht gegen §

6 II 1 UWG verstößt, schon nicht den Tatbestand erfüllt.

- Klausurtipp: (1) zuerst § 6 UWG prüfen, (2) wenn Werbevergleich gem. § 6 II 1 UWG

zulässig, dann Markenverletzung anprüfen, kurz Problematik darstellen und darauf

hinweisen, unter welchen Kollisionstatbestand (meist § 14 II 1 Nr. 1 !) die Verwen-

dung fallen würde, aber beim Benutzungsbegriff unter Hinweis auf § 14 III 1 Nr. 7

verneinen, (3) wenn Werbevergleich gem. § 6 II 1 UWG unzulässig, dann vollständige

Prüfung der Markenverletzung, vor allem unter dem Aspekt des § 14 II 1 Nr. 1 und 3

MarkenG.

Erschöpfung (§ 24)

• Ausdruck der Interessenabwägung zwischen Schutzinteresse und Bedürfnissen des freien

Wirtschaftsverkehrs

• Tritt ein, wenn Marke mit Zustimmung des Markeninhabers in Verkehr gebracht wurde.

- = durch den Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung, insb. durch Lizenzneh-

mer

- In-Verkehr-Bringen = Aufgabe der Verfügungsmacht, bei Übergabe an einen Spedi-

teur schon dann, wenn nach Transportvertrag dem Empfänger die alleinige Verfü-

gungsgewalt zusteht (BGH GRUR 2006, 863 – ex works).

- Innerhalb der EU bzw. des EWR, früher wurde in Deutschland die internationale Er-

schöpfung angenommen, dazu EUGH, Rs. C-355/96, Silhouette/Hartlauer: nur EWR-

weite Erschöpfung, Markenrichtlinie verbietet internationale Erschöpfung.

- Wer muss darlegen und beweisen, wie die Ware in den Verkehr gelangt ist? Grund-

sätzlich nach allgemeinen Grundsätzen der Beklagte, ausnahmsweise aber der Kläger,

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 55

wenn ansonsten die Gefahr der Marktabschottung besteht (BGH GRUR 2012, 630 –

Converse II 1 m.Nachw. zur Rechtsprechung des EUGH).

• Konsequenz: keine weitere Kontrolle des Vertriebswegs durch den Markeninhaber.

• Erschöpfung betrifft das Veräußerungsrecht, das Anbietungsrecht und das Ankündi-

gungsrecht (= Recht, in der Werbung für die betreffenden Produkte die Marke zu ver-

wenden).

• Schranke (§ 24 II): berechtigte Gründe

- Veränderung oder Verschlechterung (z.B. Beschädigung der Ware), Beispiel: BGH

GRUR 2005, 160 – SIM-Lock, Weiterverkauf von Handys nach Entfernung der SIM-

Lock-Sperre

- Rufbeeinträchtigung, z.B. EUGH, Rs. C-59/08, GRUR 2009, 593 – Copad/Dior: Weiter-

verkauf schadet dem Ansehen der Marke (das früher nach EUGH, Rs. C-439/09,

GRUR 2012, 844 – Pierre Fabre, bestehende Spannungsverhältnis zu Art. 101 AEUV

hat der EUGH in Rs. C-230/16, GRUR 2018, 211 – Coty/Parfümerie Akzente aufge-

löst).

- Rufausnutzung, z.B. Verwendung der Domain „keine-vorwerk-vertretung.de“ von

Händler, der gebrauchte Vorwerk-Staubsauger verkauft, weil damit das für den Hin-

weis auf den Weiterverkauf erforderliche Maß überschritten wird (BGH GRUR 2019,

165 – keine-vorwerk-vertretung, zweifelhaft).

- Irreführung über betriebliche Herkunft oder wirtschaftliche Verbindung mit Marken-

inhaber. Soll nach BGH GRUR 2019, 1053 – Ortlieb II schon aus der Beeinträchtigung

der Herkunftsfunktion folgen. Dagegen: Im Tatbestand des § 14 II 1 Nr. 1 geht es nur

um die Interessen des Markeninhabers („Grobraster“), in § 24 II um eine Abwägung

zwischen dem Schutz des Markeninhabers und den für die Erschöpfung sprechenden

Interessen („Feinabstimmung“)

- Problem 1: Umverpackung und Ummarkierung, dazu umfangreiche Rechtsprechung

des EUGH und des BGH (EUGH Rs. C-348/04, GRUR 2007, 586 - Boehringer Ingel-

heim/Swingward; BGH GRUR 2007, 1057 - STILNOX), zulässig unter fünf Vorausset-

zungen: (1) künstliche Marktabschottung, (2) keine Beeinträchtigung des Originalzu-

stands der Ware, (3) Angabe, wer Hersteller ist und wer umverpackt hat, (4) keine

Rufschädigung, (5) Unterrichtung des Markeninhabers

- Problem 2: Beseitigung von Kontrollnummern, bisher nicht klar, ob die Zulässig-

keitskriterien nach § 4 Nr. 4 UWG – (1) kartellrechtliche Zulässigkeit des Vertriebs-

systems, (2) diskriminierungsfreie Durchführung, (3) schutzwürdiges Interesse am se-

lektiven Vertrieb – mit § 24 MarkenG identisch sind oder ob zusätzlich zum Aus-

schluss der Erschöpfung ein Eingriff in die Warensubstanz erforderlich ist (BGH

GRUR 2001, 448 - Kontrollnummernbeseitigung II; BGH GRUR 2002, 709 – Entfer-

nung der Herstellungsnummer III)

Einrede der Nichtbenutzung (§ 25)

• Benutzungszwang: Marken sollen benutzt werden, damit ungenutzte Zeichen nicht das

Register blockieren und Dritten nicht mehr zur Verfügung stehen.

• Benutzungsschonfrist von 5 Jahren, dadurch Möglichkeit der Eintragung von Vorratszei-

chen und -waren.

• Rechtserhaltende Benutzung = ernsthafte Benutzung im Inland für Waren oder Dienst-

leistungen, für die die Marke eingetragen ist (§ 26 MarkenG). Parallele zur Benutzung im

Rahmen der Markenverletzung:

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 56

- Parallele 1: Problem der „markenmäßigen Benutzung", nettes Beispiel (relativ groß-

zügig) BGH GRUR 2002, 1072 - Sylt-Kuh

- Parallele 2: Problem der inländischen Nutzung bei Internet-Sachverhalten

• Auch eine Verwendung in abgewandelter Form kann als rechtserhaltende Benutzung

genügen, wenn die Unterscheidungskraft der Marke durch die Unterschiede nicht beein-

flusst wird, selbst wenn die Abwandlung ihrerseits eingetragen wird (EUGH Rs. C-553/11,

GRUR 2012, 1257 – PROTI, damit korrigiert der EUGH missverständliche Aussagen in

seinem früheren Urteil C-234/06 – Bainbridge),

­ zur farbigen Benutzung einer schwarz-weiß eingetragenen Marke EUGH, Rs. C-

252/12, GRUR 2013, 922 – Specsavers/Asda

­ die Verbindung einer unveränderten Marke mit Zusätzen ändert die Unterschei-

dungskraft, wenn der Verkehr die Marke nicht mehr als eigenständiges Produktkenn-

zeichen wahrnimmt (BGH GRUR 2017, 1043 – Dorzo)

• Problem der Wiederholungseintragung

- kein Eintragungshindernis, kein Nichtigkeitsgrund

- Lösung wohl: Der neueingetragenen Marke bleibt ihrerseits die Schonfrist versagt.

• § 25 gewährt eine Einrede, d.h. der Verletzer kann sich gegen die Klage mit dem Hinweis

auf die Nichtbenutzung verteidigen.

Rechtsmissbrauch

• allgemeiner Grundsatz der Rechtsordnung (§ 242 BGB)

• Ausprägung: § 8 II 1 Nr. 14, bösgläubige Anmeldung als absolutes Schutzhindernis und

damit gem. § 50 I als Löschungsgrund

• Allgemeiner Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn Marke als Spekulationsmarke zu dem

Zweck angemeldet wird, Dritte mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu

überziehen und zur Zahlung einer Lizenzgebühr zu bewegen.

• Beispiele:

- Classe E (BGH GRUR 2001, 242): fehlende Benutzungs- oder Lizenzierungsabsicht

und besondere Fallumstände deuten auf Rechtsmissbrauch

- Johann Sebastian Bach (OLG Dresden NJW 2001, 615): Lösung über markenmäßige

Benutzung und (fehlende) Verwechslungsgefahr, mittlerweile würde man wohl § 23 I

Nr. 2 anwenden.

A I D AANNALI ITALIANI DEL DIRITTO D’AUTOREDELLA CULTURA E DELLO SPETTACOLO

(Estratto)

MILANO - D O T T. A . GI UFFRÈ E DI T O R EMILANO - D O T T. A . GI UFFRÈ E DI T O R E

ANSGAR OHLY

Limitations of Trade Mark Protection-the

New Regime

Anno XXVI 2017

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ANSGAR OHLY

Limitations of Trade Mark Protection-the New Regime

SOMMARIO: I. Introduction: the need for broader limitations. – II. Use of one’s own name. – 1.The old law. – 2. The reform. – III. Use of indistinctive elements. – 1. The old law. – 2. The reform. – a) General considerations. – b) Three categories. – IV. Referential use. – 1. The old law. – 2. The reform. – a) General considerations. – b) The interplay between scope and limitation. – c) Issues of interpretation. – d) Categories of referential use. – V. Conclusions.

I. The provisions on the scope of intellectual property rights determine to what extent intangible goods are allocated to the owner. They are based on a general leg-islative assessment as to when the public interest justifies the restriction of the pub-lic domain for certain categories of intangible subject matter. But even if the alloca-tion of an intellectual property right is justified in general, countervailing values such as the freedom of competition, the freedom of expression or the consumers’ interest in information may trump the reasons for protection under the circum-stances of the individual case. Limitations and exceptions allow for this fine-tuning (1). In this vein, the CJEU held that the limitations provided by Arts. 14 EUTMR, 14 TMD (2) seek «to reconcile the fundamental interests of trade mark protection with those of free movement of goods and freedom to provide services in the com-mon market in such a way that trade mark rights are able to fulfil their essential role in the system of undistorted competition which the Treaty seeks to establish and maintain (3)».

The broader and the less precisely defined the scope of an intellectual property right is, the more need there is for limitations. When causing confusion was the on-ly case of trade mark infringement, a justification was only conceivable in few ex-ceptional cases. But the CJEU has consistently extended the scope of trade mark rights. First, the use of an identical sign for identical products has not only been in-terpreted as a case of presumed confusion, as Art. 16 (1) TRIPS might suggest. Ac-cording to the CJEU, Arts. 9 (2)(a) EUTMR, 10 (2)(a) TMD not only protect the origin function of a trade mark, but also the advertising, investment, communica-tion and quality functions (4). Secondly, the CJEU considers every use of a trade mark in commercial communication without the owner’s consent as potentially in-fringing, regardless of whether the mark is used to designate the infringer’s own goods or services or whether the mark is used to identify the trade mark owner’s

Questo scritto ha ricevuto un giudizio positivo di un referee.

(1) A. KUR AND M. SENFTLEBEN, European Trade Mark Law, Oxford: Oxford University Press, 2017, para. 6.04.

(2) All references to TMD are to the 2015 version (Directive 2015/2436), references to the the EUTMR are to the codified version of 2017 (Regulation 2017/1001), whereas the ab-breviations CTMS and TMD 1988/2008 will be used when referring to the old law.

(3) CJEU, case C-228/03, Gillette v. L.A. Laboratories, ECLI:EU:C:2005:177, para. 29. (4) CJEU, case C-487/07, L’Oréal v. Bellure, ECLI:EU:C:2009:378, para. 58.

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products (5). Accordingly, when a retail chain publishes comparative advertise-ments which show its cheaper own-brand products side by side with a competitor’s product (6), it not only uses its own trade mark but also the competitor’s mark. Thirdly, the CJEU has never embraced «trade mark use» as a condition of in-fringement (7). Sometimes it reaches similar results by enquiring whether the use of the mark has a negative impact on the protected trade mark functions, but the «functions» test is less precise than a robust doctrine of trade mark use, although it may allow more flexibility.

Given these developments, the authors of the Max Planck Trade Mark Study proposed a reform of the old trade mark limitations, in particular an extension of the limitations allowing honest descriptive and referential uses (8). The Commission and later the Parliament and the Council largely followed the Max Planck Proposal in this respect.

II.1. It is a long-standing principle of trade mark law that a trader should be

able to use his or her own name in commerce in an honest way, even if the name is identical with or confusingly similar to a protected trade mark or trade name. This principle has given rise to a defence in many national legal systems long before the Europeanisation of trade mark law (9). Following this tradition, Arts. 12 (1)(a) CTMR, 6 (1)(a) TMD 1988/2008 allowed third parties to use their own «name or address».

The wording did not determine whether the provision only applied to the names of natural persons, as, with some exceptions, in German law prior to harmo-nisation, (10) or also to trade names of corporations, as used to be the case in UK law (11). The distinction is important: in most continental jurisdictions, a natural person cannot choose or change his or her civil name freely (12), whereas corpora-

(5) CJEU, case C-533/06, O2 Holdings v. Hutchison 3G, ECLI:EU:C:2009:378, para.

36. (6) As LIDL did in an advertising campaign in 2016. (7) See A. KUR AND M. SENFTLEBEN (note 1), para. 5.50; A. Kur, ‘Confusion Over Use?

– Die Benutzung „als Marke” im Lichte der EuGH-Rechtsprechung’, GRUR Int. 2008, 1; S. Eichhammer, Die markenmäßige Benutzung, Tübingen: Mohr Siebeck, 2008, pp. 98-132.

(8) R. KNAAK, A. KUR AND A. VON MÜHLENDAHL, Study on the Overall Functioning of the European Trade Marks System, 2011, available online at http://ec.europa.eu/ inter-nal_market/indprop/docs/tm/20110308_allensbach-study_en.pdf, paras. 2.251-2.266.

(9) For Germany see § 16 Trade Marks Act 1936 (Warenzeichengesetz, repealed in 1995); R. KNAAK, Das Recht der Gleichnamigen, Köln: CARL HEYMANNS, 1979; for the UK see Sec. 8 Trade Marks Act 1938.

(10) While § 16 Trade Marks Act 1936 referred to both names of natural persons and trade names (“Firma”), according to the prevailing view the provision was interpreted narrow-ly to mean that only trade names were privileged which contained the family name of the own-er (as was mandatory under former German commercial law for certain types of companies), see R. Knaak, ‘Die Begriffe des markenmäßigen und firmenmäßigen Gebrauchs im Zeichen-recht’, GRUR 1982, 67, 73-74.

(11) Parker-Knoll v. Parker International, [1962] RPC 265; Scandecor Developments v. Scandecor Marketing, [2001] UKHL 21, para. 54.

(12) It should be added that the German Commercial Code before 1998 required indi-vidual traders to use their own name as their firm, see A. KUR AND M. SENFTLEBEN (note 1),

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tions are usually free as to which name they adopt. The CJEU extended the own name defence to legal persons in the Anheuser-Busch case (13). Under the particu-lar factual circumstances of the case this was understandable: Both the US claimant and the Czech defendant had been using the designation «Budweiser», which hap-pened to be registered as a trade mark only for Anheuser-Busch, for more than a century, hence there was a strong case for co-existence. But when this ratio is gen-eralized, it conflicts with two basic principles governing trade mark law. All distinc-tive singns should be treated alike, and the main criterion governing conflicts be-tween two signs is priority. When a trader chooses a trade mark which conflicts with an earlier mark, he or she commits a trade mark infringement. Why should a corporation which chooses to adopt a trade name conflicting with an earlier mark be treated more favourably?

2. This point was made in the Max Planck Trade Mark Study (14), and it is re-

flected in Recitals 21 EUTMR and 27 TMD: «In order to create equal conditions for trade names and trade marks against the background that trade names are regu-larly granted unrestricted protection against later trade marks, such use should only be considered to include the use of the personal name of the third party» (15).

In consequence, the own name defence has been narrowed down. Arts. 14 (1)(a) EUTMD, 14 (1)(a) TMD now provide that only natural persons may use their own names and addresses. In general, this amendment makes sense. But it raises two issues of interpretation.

First, it is unclear whether the defence still applies in cases of succession or transformation which result in a change of ownership. Take the example of the fashion designer Elizabeth Emanuel, who first traded under her own name, which she also registered as a trade mark, and later transferred her business to a corpora-tion, which changed its name to «Elizabeth Emanuel International Ltd.». The CJEU held that the mark could not be revoked on the ground of it having become mis-leading, because the goodwill attached to the trade mark had been transferred to the assignee. (16) In the case decided by the court, there was no conflict with an earlier mark. But if there had been, the new owner or, in the language of Art. 14 (1)(a) EUTMR, Art. 14 (1)(a) TMD, the «third party»using the mark would not have been a «natural person», regardless of whether the designer was still employed by the company. (17) According to its new wording, the own name defence would not

para. 6.10.

(13) CJEU, case C-245/02, Anheuser-Busch v. Budvar, ECLI:EU:C:2004:717, paras. 77-80, rejecting the Joint Statement of the Council and the Commission; CJEU, case C-17/06, Céline, ECLI:EU:C:2007:497. See the analysis of this case by G.R. Evans, ‘Substantive trademark harmonization: on the emerging coherence between the jurisprudence of the WTO Appellate Body and the European Court of Justice, in: G.B. Dinwoodie and M.D. Janis, Trademark Law and Theory, Cheltenham: Edward Elgar, 2008, pp. 177, 182-191.

(14) R. KNAAK, A. KUR AND A. VON MÜHLENDAHL (note 8), para. 2.254. (15) Italics added. (16) CJEU, case C-259/04, ELIZABETH EMANUEL, ECLI:EU:C:2006:215, paras. 43-

49. (17) According to the facts of the case, she was employed initially, but left the company

after a short while.

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apply. However, both the TMD and the EUTMR are committed to preserving legit-imately acquired rights. (18) Would the earlier mark prevail after the assignment, goodwill would be destroyed (19) and, in consequence, trade marks consisting of a natural person’s name would practically be non-assignable. If the defence is availa-ble in the cases of succession and transformation, the interests of the owner of the earlier mark will not be unduly affected: the effect of his or her mark was limited when the conflicting mark was still owned by a natural person, and there is no rea-son why the trade mark owner should reap a windfall profit from the assignment. Also, the proviso of «honest practices» must be kept in mind. It will, in particular, outlaw cases in which the name was only used by a strawman (20).

Secondly, the cases of a long-standing concurrent use have become more diffi-cult to resolve. One example is the legal dispute between the two pharmaceutical companies trading under the name Merck (21), the other one by the «Budweiser» cases (22). Sometimes both companies have well-established trade names within one jurisdiction (23), sometimes conflicts arise when both companies use their names on the internet (24). Several potential solutions of such conflicts come to mind. First, even under the old law the defendant may not have been entitled to use the name within the country for which protection is sought. Due to a coexistence

(18) According to Recitals 23 EUTMR and 30 TMD, EU trade mark law seeks to “en-

sure legal certainty and safeguard legitimately acquired trade mark rights”. (19) See, on the old law, Reed Executive v. Reed Business Information, [2004] EWCA

Civ. 159, para. 116 (ii) per Jacob L.J.: “It would be very strange if no company could avail it-self of the defence. Think, for instance, of a company formed to take over a business estab-lished under an individual's name and having his name. It would be outrageous if the defence were lost upon incorporation.”

(20) Reed Executive v. Reed Business Information, [2004] EWCA Civ. 159, para. 116 (iii) per Jacob L.J.: “such a deliberate attempt to avail oneself of another's mark would not be an honest practice.” See also CJEU, case C-259/04, ELIZABETH EMANUEL, ECLI:EU:C:2006:215, para. 50: While the continuing use of the “ELIZABETH EMANUEL” mark by the successor was not misleading per se, a deliberately deceptive use could be consid-ered as use in bad faith.

(21) The German Merck KGaA traces its history back to a pharmacy established by Frie-drich Jacob Merck in 1668. The US company Merck & Co., Inc., trading as Merck, Sharp & Dohme in the EU, was founded by a member of the Merck family in 1891 and became inde-pendent of the German company in 1917. For the present legal dispute about the use of the domain www.merck.com see ENGLAND & WALES HIGH COURT, Merck KGaA v. Merck Sharp & Dohme Corp., [2016] EWHC49 (Pat); CJEU, case C-231/16, Merck v. Merck, Sharp & Dohme, ECLI:EU:C:2017:771 (concerning the lis alibi pendens rule).

(22) The conflict between the Czech brewery Bud jovický Budvar, based in eské Bud jovice (also known under its German name Budweis), and Anheuser Busch, which chose the name “Budweiser” as a reference to the Czech brewing tradition in 1876, must be one of the world’s longest-running trade mark and trade name conflicts. It has given rise to litigation in many countries. For the EU, see CJEU, case C-245/02, Anheuser-Busch v. Budvar, ECLI:EU:C:2004:717 and case C-482/09, Bud jovický Budvar v. Anheuser-Busch, ECLI:EU:C:2011:605.

(23) The main German example is the conflict between a Hamburg and a Düsseldorf clothing retail chain which, due to common origin, both trade under the name “Peek & Clop-penburg”. The conflict has given rise to four Supreme Court judgments, see BGH GRUR 2013, 397 -Peek & Cloppenburg III, BGH GRUR-RR 2014, 201- Peek & Cloppenburg IV.

(24) See the Merck cases, note 21.

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agreement concluded in the 1970es, Merck US trades under the name «Merck Sharpe and Dohme» in Europe, hence Merck US could not avail itself of the own name defence (25). Conflicts which occur because both parties use their names on the internet may raise intricate problems (26), but these issues can also occur if the conflicting trade marks are unrelated to personal or company names (27). Second-ly, in several cases the CJEU distinguished between trade mark use and the use of a sign as a firm, which could not be enjoined by the trade mark owner (28). Under this principle the defendant could continue its use of the name and would only be precluded from using it as a trade mark. Meanwhile, however, Arts. 9 (3)(d) EUTMR, 10 (3)(d) TMD prohibit the use of an earlier trade mark as a company name, provided that it is used for the purposes of distinguishing goods or services. This may mean that a trade mark owner will not be in a position to prohibit the use of a conflicting trade name altogether (29), but this is little comfort: what use is the name «Budweiser» for a brewery which must not call its beer «Budweiser». Given the CJEU’s broad notion of «use for own goods or services», cases of «pure firm use» are difficult to imagine. Thirdly, in some cases the principles of acquiescence may help (30). Finally, it has been suggested that the rules on intervening rights may be applied by analogy (31). Since Recitals 22 EUTMR and 30 TMD stress that the owner of a trade mark should not be able to enjoin the use of a legitimately ac-quired conflicting right if the trade mark could not have been enforced at the time when the conflicting right was enquired. Since the old «own name» defence was broader, continued use of a trade mark which could legitimately be used before the trade mark reform should be permissible.

III.1. Trade mark rights protect distinctive signs. The right should not extend

to indistinctive or descriptive elements unless they have acquired a secondary mean-ing. Such elements should remain free for everyone to use. Hence the two most im-portant absolute grounds for refusal concern signs which lack distinctiveness and descriptive signs. But despite these grounds, trade marks sometimes do extend to descriptive and indistinctive elements: Descriptive and indistinctive signs can be

(25) Merck KGaA v. Merck Sharp & Dohme Corp., [2016] EWHC49 (Pat), para. 183. (26) On which, and on possible solutions, see A. Peukert, ‘The Coexistence of Trade

Mark Laws and Rights on the Internet, and the Impact of Geolocation Technologies’, [2016] IIC 60.

(27) See, for example, BGH GRUR 2012, 621 = [2013] IIC 475 – OSCAR, concerning an action brought by the US owner of the OSCAR trade mark against the use of the word “Oscar” by RAI in TV programmes such as “Oscar del vino”, which could be received in Ger-many.

(28) CJEU, case C-245/02, Anheuser-Busch v. Budvar, ECLI:EU:C:2004:717, paras. 77-80, rejecting the Joint Statement of the Council and the Commission; CJEU, case C-17/06, Céline, ECLI:EU:C:2007:497, para. 31.

(29) As A. KUR AND M. SENFTLEBEN (note 1) point out at para. 6.14. (30) It is often relied upon in cases of long-ongoing conflicts, see case C-482/09,

Bud jovický Budvar v. Anheuser-Busch, ECLI:EU:C:2011:605; BGH GRUR 2011, 623, para. 61 – Peek & Cloppenburg II; Merck KGaA v. Merck Sharp & Dohme Corp., [2016] EWHC49 (Pat).

(31) A. KUR AND M. SENFTLEBEN (note 1), paras 6.247-6.250.

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registered in the case of acquired distinctiveness and they can be a part of a compo-site sign. Hence the law must also make sure that the bona fide use of such ele-ments does not amount to infringement. So far, however, only one of the two grounds of refusal mentioned above was backed up by an exception. According to Arts. 12 (1)(b) EUTMR, 6 (1)(b) TMD 1988/2008, a third party may use «indica-tions which concern the kind, quality, [...] or other characteristics of goods or ser-vices», provided the use is in accordance with honest practices.

There seems to be general agreement that indistinctive words, devices or prod-uct features should not be monopolized. Both the CJEU and national courts are aware that trade marks should not result in a full, copyright-like monopoly over the use of a word, a device or, even worse, a product shape. One way of achieving this result would have been to extend the exception for descriptive uses to other indis-tinctive elements. But the CJEU was not prepared to take this step. In Opel v. Autec, the court held that Art 6 (1)(b) TMD 1988/2008 did not privilege the use of non-descriptive, but nevertheless indistinctive elements such as the device mark of a car manufacturer when reproduced on a toy car (32). So under the old law, two ways of resolving the issue remained. German courts used to apply a robust doc-trine of trade mark use: When an alleged infringer used signs in a decorative or de-scriptive way, the courts considered such use as non-infringing. Even today the courts require protected colours or product shapes to be used in a trade mark way for there to be infringement (33). The CJEU, however, has never endorsed trade mark use as a condition of infringement (34). Instead the court requires that the use of the mark interfere with one of the protected trade mark functions. Both ap-proaches have their drawbacks: the German approach may be inconsistent with Un-ion law, while the CJEU’s approach leads to a significant degree of legal uncertain-ty.

2.a) The Max Planck Trade Mark Study argued that all indisctinctive elements,

whether or not they are descriptive, should be treated alike (35). Indeed, it is not convincing that descriptive elements are exempted from the scope of trade mark protection by an explicit exception, whereas an alleged infringer who uses other in-distinctive elements can only hope to benefit from national doctrines of trade mark use or from the CJEU’s idiosyncratic notion of the scope of protected functions.

For this reason, the former exception allowing the use of descriptive indications has been extended to cover «signs or indications which are not distinctive or which concern the kind, quality [...] or other characteristics of goods or services». The word «signs» was probably added because many indistinctive, but non-descriptive elements cannot easily be regarded as «indications». Moreover, the CJEU has held that descriptive features such as the geographical indication «Kerry» for mineral water may also be used as signs, for example as part of the mark «Kerry Spring»

(32) CJEU, case C-48/05, Opel v. Autec, ECLI:EU:C:2007:55, para. 44. (33) BGH GRUR 2014, 1101, para. 23 -Gelbe Wörterbücher [Yellow Dictionaries],

concerning colours, BGH GRUR 2016, 197, para. 27- Bounty, concerning product shapes. (34) See note 7. (35) R. KNAAK, A. KUR AND A. VON MÜHLENDAHL (note 8), para. 2.256.

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(36). b) More importantly, the exception now covers the use of all indistinctive ele-

ments. The new exception may become relevant in at least (37) three scenarios: in-distinctive elements of composite marks, elements which are indistinctive due to the particular circumstances of the case and signs which have lost their distinctiveness.

The first category is rather straightforward. Many composite marks contain in-distinctive elements, particularly when product shapes or colours are combined with words or devices. Take the example of a mark consisting of the shape of a torch and the superimposed name «Maglite». The shape is not distinctive as such (38), but in combination with the word it is (39.) It should be possible for competitors to use the shape of the torch without the word «Maglite», unless the shape is protected by design law or under national doctrines of unfair competition. Even without the new exception, this result can be reached if similarities of indistinctive elements are left out or account when assessing the likelihood of confusion, as some national courts do (40). But since the CJEU has never fully embraced this principle (41), the new exception helps to create clarity and to avoid the idiosyncrasies of national doctrines of confusion or of trade mark use.

Secondly, signs may be used under circumstances in which they are not dis-tinctive because consumers do not regard them as indications of commercial origin. Chocolate bars, for example, may have distinctive shapes which are related to a par-ticular brand by the relevant consumers. But most of these bars are sold in packag-ing which does not allow consumers to see the shape at the point of sale. For this reason, the English courts have held that the shape of a KitKat bar is not distinctive and has not acquired distinctiveness: consumers relate the shape to KitKat, but the shape does not influence their purchasing decision (42), German courts have taken a different view: A competitor who had used a shape similar to that of the «Bounty» chocolate bar, the shape of which was protected as a trade mark, was held to have infringed. The shape had been registered because of acquired distinctiveness and both shapes were very similar. According to the court it followed that consumers were likely to regard the shape of the defendant’s bars as an indication of origin and to confuse it with the Bounty bar (43). The court was not impressed by the fact that the bars were usually sold in packaged form. The reasoning is not entirely clear (44), but it probably draws on notions of post-sale confusion (45): when the bar is

(36) CJEU, case C-100/02, Gerolsteiner v. Putsch, ECLI:EU:C:2001:11, para. 15. (37) A. KUR AND M. SENFTLEBEN (note 1), paras 6.31, identify a fourth scenario (see al-

so note 41): registration of an EUTM, when acquired distinctiveness has not been established with regard to all EU Member States (as may be possible according to CJEU, case C-98/11 P, Lindt & Sprüngli, ECLI:EU:C:2012:307, para. 62).

(38) CJEU, case C-136/02 P, Mag Instrument, [2004] ECR I-2004, 9182. (39) BPatG GRUR 2005, 158 – Stabtaschenlampe “MAGLITE”. (40) See BGH GRUR 2013, 68 – Castell/VIN CASTEL, para. 43. (41) See A. KUR AND M. SENFTLEBEN (note 1), para. 6.34 with further references. (42) Société des Produits Nestlé v. Cadbury, [2017] EWCA Civ. 358, paras. 77-100, ap-

plying CJEU, case C-215/14, ECLI:EU:C:2015:604. (43) BGH GRUR 2016, 197 – Bounty, paras. 25-40. (44) The infringing product had been offered at a trade fair. It is not entirely clear from

the judgment whether unpackaged samples had been given to visitors. But the court consid-

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offered to guests at a party in unpackaged form, the guests may confuse it with the Bounty bar.

Thirdly, signs may acquire distinctiveness, but they may also lose distinctive-ness over time. When trade marks become generic, they may be forfeited. But the trade mark will only be struck from the register if someone applies for cancellation. It is conceivable that the new limitation is applicable when the trade mark as such has not been challenged and is still on the register (46).

IV.1. When a person uses someone else’s trade mark as a sign for his or her

own and similar products, a likelihood of confusion arises and the market transpar-ency is affected. When, however, the same person uses the mark to identify prod-ucts as those of the trade mark owner, the person is «using the right mark for the right products». He or she is usually telling the truth and not confusing anybody. When the product identified by the trade mark is criticised, the reputation of the mark may be damaged, but there is no prima facie case of infringement. This is borne out by the Directive on misleading and comparative advertising (DMCA) (47), which allows comparisons between products in principle, provided that the conditions set forth in Art. 4 DMCA are met.

Before the CJEU judgment in L’Oréal v Bellure, it was widely believed that ref-erential use could only be actionable under the provisions protecting well-known marks against damage and misappropriation, whereas Arts. 9 (1)(a), (b) CTMR, 5 (1)(a), (b) TMD 1998/2008 only seemed to protect the origin function. But when the court decided that the «double identity infringement» provisions also protected trade mark functions other than the origin function(48), referential use by direct competitors became actionable. Unlike US law (49), EU law did not provide for a general defence of honest referential use. (50) Only one category was explicitly al-lowed: third parties could use the mark where «necessary to indicate the intended

ered it as immaterial whether the products were offered in packaged or unpackaged form. The court refers to its earlier judgment BGH GRUR 2010, 1103 – Pralinenform II [Praline Shape II], which also concerned an exhibition at a trade fair.

(45) There is a line of earlier cases, in which the Supreme Court took the perception of consumers at the moment of consumption into account, see BGH GRUR 2007, 780 para. 25 – Pralinenform I [Praline Shape I]. For a critical account of the German courts’ approach to post-sale confusion, see A. Ohly, ‘Post-sale confusion?’, in: W. Büscher et al. (eds.), Markt-kommunikation zwischen Geistigem Eigentum und Verbraucherschutz, Festschrift für Karl-Heinz Fezer zum 70. Geburtstag, Munich: Beck, 2016, pp. 615-632.

(46) A. KUR AND M. SENFTLEBEN (note 1), para. 6.32. (47) Directive 2006/114/EC of the European Parliament and of the Council concerning

misleading and comparative advertising, OJ L 376/21 of 27 December 2006. (48) CJEU, case C-487/07, L’Oréal v. Bellure, ECLI:EU:C:2009:378, para. 58. (49) On the US defence of “nominative fair use” see New Kids on the Block v. News

America Publishing. Inc., 971 F.2d 302 (9th Cir. 1992); Century 21 Real Estate Corp. v. Lendingtree, Inc., 425 F.3d 211 (3d Cir. 2005); G.B. Dinwoodie, ‘Developing Defenses in Trade Mark Law’, 13 Lewis & Clark L. Rev. 99, 110-112 (2009); J.T. MCCARTHY, McCarthy on Trademarks and Unfair Competition, 4th ed. 2016, § 31:156.50.

(50) See E. PAULUS, Markenfunktionen und referierende Benutzung, Tübingen: Mohr Siebeck, 2014, pp. 184-227 et passim.

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purpose of a product or service» (51). The CJEU also held that the use of a com-petitor’s trade mark in the course of honest comparative advertising did not infringe (52), but it was difficult to find a doctrinal basis for this proposition in the CTMR or the TMD 1988/2008 (53).

2.a) Following the Max Planck Trade Mark Study, Recitals (27) TMD (21),

EUTMR now stress that: «the proprietor should not be entitled to prevent the fair and honest use of the mark for the purpose of identifying or referring to the goods or services as those of the proprietor. Use of a trade mark by third parties to draw the consumer’s attention to the resale of genuine goods that were originally sold by, or with the consent of, the proprietor of the trade mark in the Union should be con-sidered as being fair as long as it is at the same time in accordance with honest practices in industrial and commercial matters. Use of a trade mark by third parties for the purpose of artistic expression should be considered as being fair as long as it is at the same time in accordance with honest practices in industrial and commercial matters. Furthermore, this Directive should be applied in a way that ensures full re-spect for fundamental rights and freedoms, and in particular the freedom of expres-sion».

In the operative part of the Regulation and the Directive, these considerations have resulted in an extension of the former «spare parts» exception. According to Arts. 14 (1)(c) EUTMR, 14 (1)(c) TMD, third party may use the trade mark «for the purpose of identifying or referring to goods or services as those of the proprie-tor of that trade mark». The former exhaustive list of cases has been opened: «in particular» the use for spare parts and accessories is permitted.

b) But the courts will not have to rely on the new limitation in every case of honest referential use. Some cases do not even come within the scope of trade mark protection.

Arts. 9 (3)(f) EUTMR, 10 (3)(f) TMD 2015 state that the use of a trade mark in a comparison which is unfair under Art. 4 DMCA constitutes an infringing use. It follows e contrario that the use of a trade mark in «fair» comparative advertising is already exempted from the scope of trade mark protection. (54) This is not a mere-ly academic issue, but it affects the onus of proof: The claimant must show that the use is unfair according to Art. 4 DMCA.

(51) Arts. 12 (1)(c) CTMR, 6 (1)(c) TMD 1988/2008. (52) CJEU, case C-533/06, O2 Holdings v. Hutchison 3G, ECLI:EU:C:2009:378, para.

45. (53) In its O2 judgment, the CJEU draws on Recitals (13)-(15) DMCA. These recitals,

which date back to the 1997 version of the DMCA, seem to assume that the use of a mark for the sole purpose of highlighting differences between two products cannot infringe, see recital (15). This consideration is consistent with a traditional concept of trade mark use, but not with the broader notion of use which has been developed by the CJEU in the O2 judgment it-self and in later cases. So before the 2015 reform, the most convincing view was to regard Art 4 DMCA as an external limitation on trade mark rights. See also the overview over possible doctrinal bases given by R. Sack, ‘Vergleichende Werbung und Markenrecht nach der europäi-schen Markenrechtsreform von 2015‘, GRUR 2017, 669-670.

(54) A. KUR AND M. SENFTLEBEN (note 1), para. 6.46; R. Sack (note 53), GRUR 2017, 669.

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What is less clear is what will remain of the «function theory». Under the old law, the referential use of a trade mark by a direct competitor only constituted an infringement under Arts. 9 (1)(a) CTMR, 5 (1)(a) TMD 1988/2008 if it interfered with the protected trade mark functions. This may not be the case when the refer-ential use is honest. The use of a competitor’s trade mark as a keyword, for exam-ple, is arguably a case of referential use. (55) According to the case-law of the CJEU, it does not interfere with the origin function when confusion is avoided, (56) and it does not affect the advertising and investment functions either. (57) The Commission’s proposal to limit «double identity infringement» to interferences with the origin function (58) was rejected by the Parliament and the Council, hence the «function theory» remains in place. But the courts may tend to avoid the difficult and uncertain analysis of a negative impact on trade mark functions and apply the clear exception instead, as they have done in cases concerning spare parts and in situations in which the principle of exhaustion applied. Again, the effect of the new exception may be that the enquiry into whether trade mark functions were affected may become less relevant.

c) The new exception raises some questions of interpretation. First, under the old law the use of the trade mark had to be necessary to indicate the purpose. It could be argued that this necessity test now applies to all types of referential use. Indeed, the first draft of the German implementing legislation (59) requires the use to be necessary to identify the goods or services of the trade mark owner (60). This reading of the directive, however, is not convincing (61). It is clear from the word-ing that the proviso «necessary» only applies to the cases mentioned after the words «in particular», not to all cases of referential use. Another argument can be taken from Art. 4 DMCA, which governs one of the most relevant cases of referential use. The use of a trade mark in comparative advertising is permitted as long as the con-ditions set out in the directive are met. There is no test of necessity. Considerations of proportionality may, however, play a role when determining whether a use is in

(55) See below at IV 2 d. (56) CJEU, cases 236/08-238/08, Google France, [2010] ECR I-2417=

ECLI:EU:C:2010, 159, paras. 82-90. (57) CJEU, cases 236/08-238/08, Google France, [2010] ECR I-2417=

ECLI:EU:C:2010, 159, paras. 91-98, CJEU, case C-323/09, Interflora v. Marks & Spencer, [2011] ECR I-8625 = ECLI:EU:C:2011:604, paras. 54-64.

(58) Art. 10 (2)(a) of the Commission’s draft of 27 March 2013, COM(2013) 162 final, 2013/0089 (COD).

(59) Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz für ein Markenrechtsmodernisierungsgesetz [Draft Trade Mark Law Reform Act, proposed by the Ministry of Justice and Consumer Affairs], available online at https://www.bmjv.de/ SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_MaMoG.pdf?__blob=publicationFile&v=3.

(60) According to Art. 1 No. 11 of the Draft, § 23 No. 3 provides: “Der Inhaber einer Marke (…) darf einem Dritten nicht untersagen, im geschäftlichen Verkehr Folgendes zu be-nutzen: (…) 3. die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung, soweit diese erforderlich ist zur Identifizierung oder als Hinweis auf die Bestimmung von Waren oder Dienstleistungen, insbe-sondere als Zubehör oder Ersatzteil”.

(61) This is also pointed out by the German Association for the Protection of Intellectual Property (GRUR), GRUR 2017, 366, 368-369.

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accordance with honest practices. The second question concerns the onus of proof. From the logical structure of

the defence it seems that the defendant must show that he or she used the trade mark for the purpose of identifying the goods or services of the owner. Afterwards the claimant will have to show that the use is not in accordance with honest practic-es. This distribution of the onus of proof largely corresponds to Arts. 9 (2)(c) EUTMR, 10 (2)(c) TMD, where the defendant must show that he or she can rely on a «due cause», whereas the trade mark owner must show that the defendant causes unfair damage to or takes unfair advantage of his well-known mark (62). In both cases the trade mark owner must present arguments why the use of his or her mark interferes with protected interests and why it is «unfair». The parallel distribu-tion of the onus of proof is logical: Both the non-confusing use of well-known marks and referential use lie outside the classical core of trade mark protection. They are not proscribed per se, but there need to be additional arguments why a use which does not result in a likelihood of confusion should be restricted.

This leads on to the third question: When is referential use «honest»? Under the old, narrower exception, the CJEU set up some criteria in the Gillette case (63): the use must not mislead as to a commercial connection between the trade mark owner and the user, cause damage or take unfair advantage without due cause, dis-credit the trade mark or present products as imitations. These criteria mirror those provided by Art. 4 DMCA. This makes perfect sense, because the use of a trade mark in comparative advertising is an important case of referential use. Hence it is methodically sound to generalize these criteria. It is another matter, however, that the ban on presenting goods as imitations is flawed in terms of policy (64). This re-sults in a dilemma: for the sake of consistency, this criterion should be extended to other forms of referential use, but for policy reasons one might argue that this pro-hibition should be interpreted as narrowly as possible.

d) Several categories of referential can be distinguished. How does the new law affect the analysis of these cases?

The classical case of referential use is the use of another trader’s mark in com-parative advertising. As seen above, Arts. 9 (3)(f) EUTMR, 10 (3)(f) TMD provide that the use of a trade mark in a comparison which falls foul of the criteria provided by Art. 4 DMCA infringes the trade mark, provided all other elements of infringe-ment have been made out. It remains to be seen which weight the courts will attach to the trade mark functions in this context. Most cases of comparative advertising are double identity cases, hence, according to the CJEU, at least one of the protect-ed trade mark functions must be affected. This is not necessarily the case. Take a German language advertisement which was designed by BMW some years ago, but which was never used in practice. It shows a Mercedes truck transporting BMW

(62) CJEU, case C-252/07, Intel v. CPM, [2008] ECR I-8852 = ECLI:EU:C:2008:655,

para. 29. (63) CJEU, case C-228/03, Gillette v. LA-Laboratories, [2005] ECR I-2337 =

ECLI:EU:C:2005:177, para. 49. (64) See A. Kur, L. Bently and A. Ohly, ‘Sweet Smells and a Sour Taste - The ECJ's

L'Oréal decision’, available online at https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm? ab-stract_id=1492032.

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cars (65). The caption says: «Auch ein Mercedes kann Fahrfreude bringen», which translates into «Even a Mercedes can bring you the joy of driving». German readers will immediately understand the reference to BMW’s slogan «Aus Freude am Fahren» («The Joy of Driving»). In this advertisement, BMW uses the MERCEDES word mark. The «Mercedes star» device mark is also clearly visible on the front of the truck. The advertisement falls foul of Art. 4 (c) DMCA as it does not objectively compare verifiable facts. Mercedes might argue that it also causes damage to the Mercedes mark’s reputation, but it seems rather unlikely that it really does. Even German consumers understand the humour behind this advertisement (66). They will not take the advertisement to claim that driving a Mercedes is a joyless activity. So arguably none of the trade mark functions is affected. It will be interesting to see whether the courts will dismiss an infringement action under these circumstances or whether they will not analyse the impact on trade mark functions in greater detail and decide the case according to the criteria set forth in Art. 4 DMCA. The latter seems to be the more straightforward approach. If, however, the Art. 4 DMCA crti-eria are satisfied, the use of the trade mark will not amount to an infringing use. This follows from the wording of Arts. 9 (3)(f) EUTMR, 10 (3)(f) TMD, combined with the maxim «expressio unius est exclusio alterius». It follows that the new limi-tation will not have to be applied to the most relevant case of referential use, namely to comparative advertising. It also becomes apparent that, yet again, the analysis of a negative impact on trade mark functions is replaced by the clearer and more cer-tain application of Art. 4 DMCA.

The second category of referential use is the one which was already allowed under the old law: the use of the original manufacturer’s trade mark in advertise-ments for spare parts or accessories. The law has not changed in this respect. The outcome of these cases will often hinge on whether the use is honest. Take a case decided by the German Federal Supreme Court in 2011 (67). A chain of independ-ent garages had offered a «car inspection for everyone», including Volkswagen cars. There was no doubt that the reference to Volkswagen as such was justified (68), but the defendants also used the VW device mark. The Federal Supreme Court re-garded this as a misappropriation of Volkswagen’s reputation which was excessive, and hence decided that the use of the device mark was dishonest. This judgment is not beyond criticism. As the CJEU held in Gillette, the criteria of honest practices should resemble those set forth in Art. 4 DMCA. This provision, however, is based on a principle of proportionality: taking advantage of another trader’s reputation by means of a comparison is honest when it does not go beyond what is necessary to inform consumers. In Siemens v. VIPA, the CJEU held that the advertiser does not have to use the least intrusive kind of reference if it is less effective as a device of

(65) The advertisement is available online at http://mannheim-design.de/marketing-

wars/. (66) In a comparable case, the German Federal Supreme Court considered a newspaper’s

advertising spot which mocked the lading German tabloid newspaper as permitted: A humor-ous or ironical reference to a competitor which was not taken seriously by the public could not be regarded as a denigration. BGH GRUR 2020, 161 – Gib mal Zeitung [Gimme the Paper].

(67) BGH GRUR 2011, 1135 – Große Inspektion für alle [Big Inspection for Everyone]. (68) See CJEU, case C-63/97, BMW v. Deenik, [1999] ECR I-905.

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consumer information. Hence, VIPA was allowed to incorporate the derail numbers used by Siemens into its own serial numbers. A table of concordance would also have informed consumers, but it would not have done so as efficiently (69). If one applies the same reasoning to the Volkswagen case, the device mark seemed the best shorthand for the information the defendant sought to communicate: «We also offer services for Volkswagen cars».

Thirdly, a reference to another trader’s mark may serve the purpose of criti-cism. Many of these cases can already be solved on the basis of other conditions of infringement. When, for example, Greenpeace conducts a «Stop Esso» campaign and uses a parody of the ESSO logo, the trade mark is not used in the course of trade (70). When a health insurer criticises cigarettes or alcohol as unhealthy, the only applicable category of infringement is the protection of well-known marks, which allows a flexible balancing of interests already when determining scope. But when a trader criticises the products of a competitor without comparing them to his or her own products (71), the new exception will apply. Again, the proportionality principle will play an important role when determining whether the use is in accord-ance with «honest practices«: an airline may criticise its competitor’s prices as ex-cessive, but it may not call its competitor an «expensive bastard» (72).

The fourth category is trade mark parody. Parodists usually use a sign which brings the famous trade mark to mind and hence also refers to the trade mark own-er’s goods. In this sense, the use of a similar mark for purposes of parody is refer-ential. In most situations, the parodist offers products which are neither identical with nor similar to the trade mark owner’s products. These cases will be decided under Arts. 9 (2)(c) EUTMR, 10 (2)(c) TMD, which, as pointed out above, al-ready provide for flexibility when determining trade mark scope. But when deter-mining whether a use takes advantage or causes damage, and in particular when as-sessing whether it is «fair», Recitals 27 TMD, 21 EUTMR highlight that the courts should take the fundamental freedoms, in particular the freedom of expression and the freedom of the arts into account (73). This explicit reminder may make the courts more sensitive to seeing the cultural value of parodies. But the line between parodies which engage with the cultural significance of brands (74) and mere joke

(69) CJEU, case C-59/05, Siemens v. VIPA, [2006] ECR I-2149 =

ECLI:EU:C:2006:147, paras. 26-27. (70) Cour de Cassation of 8 April 2008, 06-10961, Esso v. Greenpeace, available online

at https://www.legifrance.gouv.fr/affichJuriJudi.do?idTexte=JURITEXT000018644102. (71) According to the German Federal Supreme Court a mere denigration without a

comparison does not come within the ambit of the DMCA: BGH GRUR 2012, 74 – Coach-ing-Newsletter, although the Court should arguably have referred this case to the CJEU.

(72) In British Airways v. Ryanair, [2001] FSR 541, 549 JACOB J. (as he then was) con-sidered this claim as offensive, but not dishonest, but this finding seems difficult to sustain.

(73) On which see W. SAKULIN, Trademark Protection and Freedom of Expression, Al-phen aan den Rijn: Kluwer 2010.

(74) The German Federal Supreme Court allowed the sale of a purple post-card, which attributed the poem “Über allen Wipfeln ist Ruh. Irgendwo blökt eine Kuh. Muh!” (“O’er all the tree-tops is quiet now. Somewhere bleats a cow. Moo!”), to a certain Rainer Maria Milka. This was a double parody: both on the Milka trade mark and on one of Germany’s most fa-vourite poems, “Wanderers Nachtlied” by Goethe (not Rainer Maria Rilke!): “Über allen

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articles which only take advantage of the trade mark’s fame (75) will still be difficult to draw, as an example from Austria shows. In 2010, the Austrian Supreme Court had to decide whether a farmer from the Steiermark (in latin «Styria») region of Austria infringed the trade mark «Viagra» by selling blue-coloured pumpkin seeds under the mark «Styriagra». The court held that the use took advantage of the dis-tinctive character of the claimant’s well-known mark and that the defendant had not put forward a «due cause»: neither had he expressed an opinion nor could his product be regarded as artistic (76). Under the new law, the starting-point will be the same: It must be determined whether the use is fair and with due cause. But when determining fairness, courts will have to take into account that a mere refer-ence to another product is not prohibited per se and that the fundamental freedoms have to be taken into account. In the course of this balancing exercise, a court could give more weight to the fact that the defendant’s mark was almost descriptive (agrarian products from Styria) and that it also had a parodist element which went beyond the mere use of a well-known mark in order to boost sales. The message sent out by the defendant was: Why rely on chemistry when the forces of nature may help too? Considering this, the Austrian Supreme Court can be criticised for having taken an unduly narrow view.

Finally, the use of another trader’s mark as a keyword can also be regarded as referential. While the advertiser who registers the keyword does not openly refer to his or her competitor’s products in the advertisement, the keyword mechanism au-tomatically creates the reference. Thus, when Marks & Spencer booked the «Inter-flora» mark as a keyword (77), the sign was used to trigger Marks & Spencer’s ad-vertisement, but it also refered to the Interflora service and created a link between both in the eyes of search engine users. Often the use of keywords will fall under Arts. 9 (2)(a) EUTMR, 10 (2)(a) TMD, because the advertiser registers a sign identical with the mark and will often do so for identical products or services. So far, the CJEU solved these cases by reference to its «function theory» (78). In the future, the better way may be to apply the new exception. The old approach is one-sided, as it only asks whether the trade mark owner’s interests were adversely af-fected. The criterion of «honest practices» seems a better basis for a balancing of all interests.

V.1. The extension of Arts 14 (1) EUTMR, Art 14 (1) TMD became necessary

because of the wide interpretation the CJEU has given to the scope of trade marks.

Gipfeln ist Ruh, in allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch. Die Vöglein schweigen im Walde. Warte nur, balde ruhest du auch.” -O’er all the hill-tops is quiet now, in all the tree-tops hearest thou hardly a breath. The birds are asleep in the trees: Wait; soon like these thou too shalt rest.” See BGH GRUR 2005, 583 – Lila Postkarte = [2007] IIC 119- “Violet Post-card”.

(75) Such as condoms marked with variants of famous brands, see BGH GRUR 1994, 808 and 1995, 57 – Markenverunglimpfung I and II [Trade Mark Denigration I and II].

(76) OGH ÖBl 2010, 126. (77) CJEU, cases 236/08 – 238/08, Google France, [2010] ECR I-2417 =

ECLI:EU:C:2010, 159, paras. 91-98, CJEU, case C-323/09, Interflora v. Marks & Spencer, [2011] ECR I-8625 = ECLI:EU:C:2011:604, paras. 54-64.

(78) See the references in notes 56 and 57.

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2. Most cases could have been solved in the same way under the old law. 3. But the courts had to resort to uncertain doctrines, especially embark on an

examination of the vaguely defined trade mark functions, or to national notions of trade mark use.

4. The new limitations create more legal certainty. Interpreted in the light of the fundamental freedoms and fundamental rights, they generally allow the courts to reach fair results.

Abstract This article explores the new regime of trade mark limitations. The exceptions

for the use of indistinctive and descriptive elements as well as for referential use ha-ve been extended. Although many of the results could also have been reached under the old law, the changes are welcome because they increase legal certainty

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 57

V. Übertragung und Lizenz

Lit.: Götting, § 57; Sosnitza, § 8 II

Übertragung

• Nach früherem Recht nur mit zugehörigem Geschäftsbetrieb möglich (so noch heute für

die Firma § 23 HGB)

• Geändert 1992 durch das Erstreckungsgesetz

• Mittlerweile sind (eingetragene und nicht eingetragene) Marken (ganz oder teilweise) frei

übertragbar, § 27 MarkenG.

• Der als Inhaber im Register Eingetragene gilt als Markeninhaber, § 28 I.

- Rechtsvermutung (§ 292 ZPO), Beweis des Gegenteils möglich.

- Sonderregel für das Bestandsverfahren: § 28 II

- Kein gutgläubiger Erwerb von Rechten im deutschen Recht. Auch wenn der bisherige

Inhaber eingetragen bleibt, können Dritte von ihm keine Rechte erwerben.

Lizenzen: Allgemeines

• Die Möglichkeit zur Lizenzierung (§ 30) ist Ausprägung des positiven Nutzungsrechts (§

14 I)

• Die Lizenz kann sachlich (bestimmte Waren, bestimmte Nutzungsarten), räumlich (Ver-

trieb nur in Bayern) oder zeitlich beschränkt werden.

­ Dann ist dem Lizenznehmer die Benutzung nur in diesen Grenzen erlaubt.

­ Bei Überschreitung der in § 30 II genannten Beschränkungen (nur bei diesen – ab-

schließende Liste, keine „insbesondere“-Aufzählung!) kann der Markeninhaber

auch markenrechtlich (und nicht nur vertraglich) gegen den Lizenznehmer vor-

gehen, der dann insofern „ohne Zustimmung des Markeninhabers“ i.S.d. § 14 II

handelt.

­ Beispiel (EuGH, Rs. C-59/08, GRUR 2009, 593 – Copad/Dior): Lizenzvertrag verbietet

den Verkauf von Parfüm an Discounter, Lizenznehmer gerät in wirtschaftliche

Schwierigkeiten und verkauft doch an Discounter. Lizenzgeber kann (vorbehaltlich

des Kartellrechts) gegen Lizenznehmer wegen Verletzung einer Vertragsbestim-

mung vorgehen, die den Luxuscharakter schützt (§ 30 II Nr. 5, str.) und gegen den

Discounter, weil wegen § 24 II keine Erschöpfung eingetreten ist.

• Die Beschränkungen müssen der kartellrechtlichen Kontrolle (Art. 101 AEUV, § 1 GWB)

standhalten. Wenn die Klauseln des Lizenzvertrags eine Wettbewerbsbeschränkung be-

zwecken (Beispiel: Verbot des Vertriebs über Amazon), kommt eine Rechtfertigung auf-

grund des Immanenzgedankens, eine Freistellung gem. Vertikal-GVO (i.V.m. Art. 101 III

AEUV bzw. § 2 II GWB) oder eine Einzelfreistellung (Art. 101 III AEUV; § 2 I GWB) in Be-

tracht

• Lizenzen genießen Sukzessionsschutz, überdauern also eine Übertragung bzw. Einräu-

mung einer ausschließlichen Lizenz (§ 30 V)

• Zum Schicksal der Lizenz in der Insolvenz s. die Vorlesungsunterlagen Patent- und Urhe-

berrecht.

• Von der Lizenz ist die Abgrenzungsvereinbarung zu unterscheiden, mit der die Parteien

potentiellen Konflikten vorbeugen (Beispiel: Abgrenzungsvereinbarung zwischen den In-

habern der deutschen und der US-Marke „Merck“ zur Verwendung der Marke in den

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 58

Schutzstaaten und Drittländern). Grundsätzlich legitim, aber die Grenzen bedürfen der

kartellrechtlichen Kontrolle.

Stufenleiter der Gestattungen

• ausschließliche Lizenz

- Nur der Lizenznehmer darf die Marke benutzen.

- Der Lizenzgeber darf keine weiteren Lizenzen erteilen und ist selbst an der Benut-

zung gehindert.

- Der Inhaber einer ausschließlichen Lizenz kann sie vorbehaltlich abweichender Ver-

einbarungen übertragen und Unterlizenzen erteilen.

- Nach h.M. dinglicher Natur (trotz § 30 III)

• einfache Lizenz

- Der Lizenzgeber kann weitere Lizenzen erteilen und die Marke selbst benutzen.

- § 30 V: Auch die einfache Lizenz genießt Sukzessionsschutz, bleibt bei Übertragung

oder Einräumung einer ausschließlichen Lizenz also bestehen.

- Keine Einräumung von Unterlizenzen (vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen),

Übertragbarkeit str.

- Rechtsnatur str.

• schuldvertragliche Lizenz: Lizenz, bei der § 30 V abbedungen wird.

• einseitige Einwilligung: frei widerruflich.

Rechte des Lizenznehmers (Überblick)

• Der Lizenznehmer darf die Marke nach Maßgabe des Lizenzvertrags benutzen.

• Er kann (selbst bei ausschließlicher Lizenz) Verletzungsklage gegen Dritte nur mit Zu-

stimmung des Markeninhabers erheben (anders als im Patent- und Urheberrecht!), § 30

III, abweichende Regelung im Lizenzvertrag möglich.

• Er kann außerdem einer Verletzungsklage des Lizenzgebers beitreten, § 30 IV.

• Selbst der Nehmer einer ausschließlichen Lizenz hat (erneut anders als im Patent- und

Urheberrecht) keinen eigenen Schadensersatzanspruch gegen Verletzer (BGH GRUR

2007, 877 – Windsor Estate). Der BGH begründet das mit dem Wortlaut des § 14 VI („ist

dem Inhaber der Marke zum Ersatz des … Schadens verpflichtet“). Dieses Argument ist

zweifelhaft.

• Der Lizenznehmer hat vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen gegen den Lizenzge-

ber einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der Marke (z.B. durch Stellen von Verlänge-

rungsanträgen und Zahlen der Gebühren)

Rechte des Lizenzgebers (Überblick)

• Der Lizenzgeber hat Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Lizenzgebühr.

• Markenrechtliche Ansprüche gegen den Lizenznehmer bei Überschreitung der in § 30 II

genannten Grenzen, s.o.

• Der Lizenznehmer kann zur Ausübung der Lizenz verpflichtet sein.

• Der Lizenznehmer kann sich dazu verpflichten, die Marke nicht anzugreifen. Fraglich,

inwieweit diese Verpflichtung kartellrechtlich wirksam ist.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 59

VI. Ende des Schutzes

Lit.: Götting, § 58: Sosnitza § 7

Überblick:

• Ablauf der Schutzdauer von 10 Jahren, sofern kein Verlängerungsantrag gestellt wird

(§ 47 MarkenG)

• § 48: Löschung wegen Verzichts (§ 48)

• § 49: Erklärung des Verfalls (durch DPMA, § 53) oder die ordentlichen Gerichte (§ 55)

• § 50: Nichtigerklärung durch DPMA (§ 53) aufgrund absoluter Schutzhindernisse

• § 51: Nichtigerklärung durch DPMA (§ 53) oder ordentliche Gerichte (§ 55) aufgrund

relativer Schutzhindernisse

• Das Recht an nichteingetragenen Marken und anderen Kennzeichen endet durch Weg-

fall der Schutzvoraussetzungen (insb. der Verkehrsgeltung)

Verfall (§ 49 MarkenG) bei

• Nichtbenutzung innerhalb von 5 Jahren

• Wandel in eine Gattungsbezeichnung infolge des Verhaltens des Markeninhabers

• Täuschungseignung infolge der Benutzung durch den Inhaber

• Wegfall der Inhaberschaft (§ 7 MarkenG)

Nichtigkeit (§§ 50, 51) bei

• Vorliegen der Schutzhindernisse nach §§ 3, 7, 8 (§ 50 I)

− Hindernis muss auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über Löschungsantrag

bestehen (Ausnahme: § 8 II Nr. 14)

− Keine Löschung gem. § 8 II Nr. 1-3, wenn sich die Marke bis zum Löschungsantrag

im Verkehr durchgesetzt hat

− Bei den Eintragungshindernissen des § 8 II Nr. 1-3 besteht für den Löschungsantrag

eine Zehnjahresfrist ab Eintragung

− Bei Vorliegen der absoluten Schutzhindernisse gem. § 8 Nr. 4-14 kann die Marke

auch durch das DPMA von Amts wegen gelöscht werden (§ 50 III, praktisch kaum

relevant)

• Bestehen älterer Rechte im Sinne der §§ 9 - 13 MarkenG (§ 51)

− ausgeschlossen, wenn Inhaber des älteren Rechts der Benutzung zugestimmt oder

sie über 5 Jahre geduldet hat.

− ausgeschlossen in den Fällen des § 22.

Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren (§§ 53 ff. MarkenG)

• Antrag erforderlich, antragsberechtigt ist

− bei Verfall und Nichtigkeit wegen absoluter Schutzhindernisse: jedermann

− bei Nichtigkeit wegen des Bestehens älterer Rechte: Inhaber des älteren Rechts

• Zuständigkeit

− Nichtigerklärung wegen absoluter Schutzhindernisse: nur DPMA (§ 54 I)

− Erklärung des Verfalls oder Nichtigerklärung wegen älterer Rechte: Antrag beim

DPMA (§ 53) oder Klage vor den ordentlichen Gerichten (§ 55)

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 60

VII. Rechtsfolgen der Verletzung Lit.: Götting, §§ 64, 65; Ohly/Sosnitza, UWG, § 8 Rn. 114-139; s. auch die Unterlagen zur

Vorlesung „Einführung in das Geistige Eigentum“, Teil VIII

a) Zivilrechtliche Rechtsfolgen

Überblick

Gemeinsame Voraussetzungen

• Die Rechtsfolgen der Verletzung von Marken und Unternehmenskennzeichen sind in

§§ 14 ff. geregelt; die Rechtsfolgen der Verletzung von geografischen Herkunftsangaben

in §§ 127 f.

• Parallelität der Rechtsfolgen im gesamten Recht des geistigen Eigentums (vgl. §§ 139

PatG, 97 ff. UrhG).

• Die Rechtsfolgen von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums beruhen auf der

Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (DurchsetzungsRL oder

EnforcementRL) und sind daher unionsrechtskonform auszulegen.

• Benutzung einer deutschen Marke bzw. einer geschützten geschäftlichen Bezeich-

nung entgegen §§ 14 II-IV, 15 II-III.

­ Die Anspruchsgrundlage ergibt sich (ebenso wie im Patent- und Urheberrecht) aus

dem „Baukastensystem“: Vorschrift, aus der sich die angestrebte Rechtsfolge ergibt +

einschlägiger Benutzungstatbestand. Beispiel: Unterlassungsanspruch gegen Ver-

wendung einer verwechslungsfähigen Marke: §§ 14 V, II 1 Nr. 2.

­ Bei Verletzung einer Unionsmarke ergeben sich die Rechtsfolgen weitgehend aus der

UMVO, dazu unten, VIII.

­ Bei eingetragenen Marken Bindung des Verletzungsgerichts an die Markeneintra-

gung (s.o., VI).

• Aktivlegitimation: Wer ist Anspruchsinhaber (also materiell berechtigt) und prozessfüh-

rungsbefugt?

Abwehr-ansprüche

Besei-tigung

Unter-lassung

Schadens- ersatz / Berei-

cherung

Vernichtung Rückruf / Ent-fernung

Rechtsverletzung

Auskunft Urteils- veröffent-lichung

Vorlage / Besich-tigung

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 61

­ der Markeninhaber (bzw. Inhaber eines anderen Kennzeichenrechts)

­ der Lizenznehmer kann nur mit Zustimmung des Markeninhabers klagen (§ 30 III),

gilt sogar bei ausschließlicher Lizenz (Abweichung vom Patentrecht!), nach Ansicht

des BGH (GRUR 2007, 877 – Windsor Estate) stehen nur dem Markeninhaber materi-

elle Verletzungsansprüche zu (vgl. den Wortlaut des § 14 V, VI), das berücksichtigt

nach h.M. nicht hinreichend, dass der Nehmer eines absoluten Lizenz weitgehend in

die Rechtsstellung des Markeninhabers einrückt.

• Passivlegitimation: Wer ist Verletzer?

­ der unmittelbare Verletzer (nimmt eine der in §§ 14 II, III, 15 II, III umschriebenen

Handlungen vor)

­ der mittelbare Verletzer (nimmt eine der in § 14 IV umschriebenen Handlungen vor)

­ der Anstifter oder Gehilfe (§ 830 II BGB): fördert oder ermöglicht eine fremde Be-

nutzung und hat „doppelten Vorsatz“ = Vorsatz hinsichtlich der rechtswidrigen

Haupttat (oft problematisch!) und Vorsatz hinsichtlich des eigenen Beitrags

­ der Betriebsinhaber bei Handlungen von Angestellten oder Beauftragten (§ 14 VII),

dabei keine Exkulpationsmöglichkeit des Betriebsinhabers, nicht einmal beim Scha-

densersatzanspruch (Abweichung von § 831 BGB und §§ 8 II, 9 UWG!)

­ (nur) beim Unterlassungsanspruch auch der Störer (s. dazu eigener Unterpunkt nach

den VSS des Unterlassungsanspruchs)

• Rechtswidrigkeit, wird durch die Benutzung indiziert.

• Verschulden ist nur für den Schadensersatzanspruch erforderlich (§ 14 VI, 15 V).

Der Unterlassungsanspruch (§ 14 V)

• Unterbindet zukünftige Verletzungen, während mit dem Schadensersatzanspruch für

vergangene Verletzungen abgerechnet wird.

• Praktisch sehr wichtig, wird üblicherweise gemeinsam mit dem Schadensersatzanspruch

erhoben.

• Der Unterlassungsanspruch ist verschuldensunabhängig (allgemeiner Grundsatz, vgl.

§ 1004 BGB).

• § 14 V 1: Verletzungsunterlassungsanspruch → Verletzung ist schon erfolgt und es

besteht Wiederholungsgefahr (materielle Anspruchsvoraussetzung!), die Wiederho-

lungsgefahr wird vermutet, Widerlegung der Vermutung insb. durch Abgabe einer ver-

tragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung.

• § 14 V 2: vorbeugender Unterlassungsanspruch → konkrete Anhaltspunkte (die nicht

vermutet werden können, sondern vom Anspruchsteller darzulegen und ggf. zu bewei-

sen sind) sprechen für das Bevorstehen einer Verletzung.

• Kann bei Dringlichkeit im Wege der einstweiligen Verfügung (§§ 935, 940 ZPO) durch-

gesetzt werden. Voraussetzungen (vom Antragsteller glaubhaft zu machen):

(1) Bestehen eines Verfügungsanspruchs (= Anspruch aus § 14 II, V),

(2) Verfügungsgrund

(a) zeitliche Dringlichkeit (keine analoge Anwendung der Dringlichkeitsvermutung

des § 12 II UWG)

(b) Interessenabwägung ergibt, dass die konkret begehrte Unterlassung zur Ab-

wehr der Nachteile des Markeninhabers geeignet, erforderlich und angemes-

sen erscheint

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 62

Insbesondere: die Haftung von Intermediären

• Intermediäre = Personen oder Unternehmen, die die Markenverletzung nicht eigenstän-

dig begehen, sondern dem unmittelbaren Verletzer die Möglichkeit dazu verschaffen.

• Beispiele:

­ Internet-Zugangsvermittler: Internet-Provider wie die Telekom, WLAN-Betreiber

­ Betreiber von Verkaufsplattformen: Amazon, eBay, Plagiatsplattformen wie

www.perfectwatches.io

­ Die DENIC, die in Deutschland Domainnamen mit der Top-Level-Domain .de regis-

triert

• Ökonomischer Hintergrund: einerseits stellen sie sozialübliche und erwünschte Dienst-

leistungen zur Verfügung, andererseits sitzen sie „an der Quelle“ und sind oft am ehesten

in der Lage, eine Verletzung abzustellen („cheapest cost avoider“), Verfolgung individuel-

ler Verletzer oft aufwendig und schwierig, zumal der unmittelbare Verletzer im Internet

oft unter einem Pseudonym agiert

• Daher verlangt Art. 11 S. 3 der DurchsetzungsRL die Möglichkeit, diese Dienstleister zu-

mindest zur Unterlassung zu verpflichten.

• Problem: verschiedene dogmatische Ansätze, die sich teilweise überlagern

­ Täterschaftliche Haftung wegen mittelbarer Verletzung (wie unter § 823 I, z.B. bei

unzureichender Sicherung einer Waffe), so der BGH für das UWG: (BGH GRUR

2007, 890 – Jugendgefährdende Medien bei eBay). Im Urheberrecht hat der EUGH

verschiedene Fälle der mittelbaren Verletzung (Linking, Pirate Bay) in die täter-

schaftliche Haftung einbezogen, so nunmehr auch die Sondervorschrift des Art. 17

DSM-RL für bestimmte Plattformbetreiber („Lex YouTube“). Wird in der Literatur

auch für das MarkenR vorgeschlagen, anders bisher die Rspr.

­ Teilnahme (§ 830 II), insb. Beihilfe. Problem: Dem Intermediär fehlt meist der Vor-

satz hinsichtlich der unmittelbaren Verletzung

­ Störerhaftung auf Unterlassung analog § 1004 BGB

­ §§ 7-10 TMG, die eigentlich nur Haftungsbegrenzungen regeln, mittlerweile aber

auch einen eigene Sperranspruch vorsehen (§ 7 IV TMG)

Fallgruppe 1: Internet-Zugangsvermittler

• Früher Fallgruppe der Störerhaftung, inzwischen § 8 I TMG (beruht auf Art. 12 E-

Commerce-RL): keine Haftung als Täter, Teilnehmer oder Störer

• Als Ausgleich Anspruch auf Sperre der rechtswidrigen Inhalte gem. § 7 IV TMG

• Gilt nach seinem Wortlaut nur für W-LAN-Anbieter. Das wäre aber unionsrechtswidrig,

weil Internet-Provider wie die Telekom entgegen Art. 11 S. 3 DurchsetzungsRL völlig

freigestellt wären.

• Daher für das Urheberrecht BGH GRUR 2018, 1044 – Dead Island: analoge Anwendung

des § 7 IV TMG auf Anbieter drahtgebundenen Zugangs.

• Das gilt entsprechend für das Markenrecht.

Fallgruppe 2: Plattformen

• Benutzen die Marke nicht in der eigenen kommerziellen Kommunikation und sind daher

nach EUGH-Rspr. keine Täter

• Haftungsprivilegierung gem. § 10 TMG (beruht auf Art. 14 E-Commerce-RL)

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 63

­ Speicherung fremder Informationen, (-) bei eigenen Angeboten (wie z.B. bei Eigen-

verkauf durch Amazon)

­ Nach EuGH, Rs. C-324/09 = GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay kann sich nur ein pas-

siver, neutraler und rein technischer Dienstleister auf § 10 TMG berufen, nicht

aber derjenige, der eine aktive Rolle spielt. Abgrenzung schwierig: eBay ist wohl we-

gen der umfangreichen Hilfestellung für Käufer und Verkäufer aktiv.

­ Wenn die Privilegierung greift, dann braucht der Plattformbetreiber erst aktiv zu wer-

den, wenn er Kenntnis hat oder auf die Verletzung hingewiesen wird. Er muss den

Inhalt unverzüglich entfernen („notice and takedown“) und gleichartige Verletzungen

(selber unmittelbarer Täter oder selbe Marke) für die Zukunft vermeiden („notice and

action“ bzw. „notice and staydown)

• Was ist die Anspruchsgrundlage? 10 TMG ist nur eine Schranke, keine Anspruchsgrund-

lage. Lösung der Rechtsprechung: Störerhaftung

­ Nach der Rechtsprechung analog § 1004, Haftung nur auf Unterlassen

­ Kritik in der Literatur: keine Regelungslücke, stattdessen sollte der Intermediär nach

den Grundsätzen über mittelbare Verletzungen bei Verletzung von Verkehrspflichten

täterschaftlich haften, auch auf Schadensersatz

• Störer = jeder, der zur Verletzung willentlich und kausal beiträgt und zumutbare Prü-

fungspflichten verletzt

­ „Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch

genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Wei-

se willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts bei-

trägt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die

die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haf-

tung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Verhal-

tenspflichten, insbesondere von Prüfungs- oder Überwachungspflichten, voraus. De-

ren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch

Genommenen nach den Umständen eine Verhinderung der Verletzungshandlung

zuzumuten ist.“ (BGH GRUR 2015, 485, Rn. 49 – Kinderhochstühle im Internet mit

lehrbuchartiger Zusammenfassung zur Passivlegitimation)

• Voraussetzungen:

(1) keine Haftung als Täter oder Teilnehmer

(2) kausaler Beitrag zur Verletzung

(3) Verletzung zumutbarer Prüfungspflichten, dazu kaum übersehbare Kasuistik. Krite-

rien für Bestehen und Umfang einer Prüfungspflicht: Wertungen des § 10 TMG, Kosten

möglicher Schutzmaßnahmen, Bestehen und Wirksamkeit technischer Hilfsmittel (z.B.

Filtersoftware), Gewicht der gefährdeten Interessen, gesellschaftliche Bedeutung der Tä-

tigkeit

- Beispiel 1 (BGH GRUR 2001, 1038 – ambiente.de): DENIC braucht Registrierung ei-

nes Domainnamens nur zu versagen, wenn ein rechtskräftiger Titel vorliegt oder

wenn die Verletzung eindeutig ist

- Beispiel 2 (BGH aaO – Internet-Versteigerung I, BGH aaO – Stift-Parfüm): keine all-

gemeine Prüfungspflicht von eBay, aber Pflicht, bei Kenntniserlangung Angebot her-

auszunehmen und Vorkehrungen gegen gleichartige Rechtsverletzungen zu treffen

- Beispiel 3 (BGH GRUR 2012, 304 – Basler Haar-Kosmetik): grundsätzlich keine Stö-

rerhaftung des Admin-C, anders in Sonderfällen wie der automatischen Anmeldung

vieler freiwerdender Domainnamen

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 64

- Beispiel 4 (BGH GRUR 2011, 617 – Sedo): keine allgemeine Pflicht des Betreibers ei-

nes Domain-Parking-Programms, die eingestellten Websites zu überprüfen

• Die Störerhaftung ist mit dem EU-Recht vereinbar, vgl. Art. 11 S. 3 Enforcement-RL und

EuGH, Rs. C-324/09 = GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay

• Dieses Gebiet ist im Fluss, es sollte bis zur Abschlussklausur beobachtet werden!

• Weiterführend als Überblick Ohly, GRUR 2017, 441 (zum UWG, aber mit Hinweisen zum

Markenrecht); vertiefend Leistner, Beilage zu GRUR 2010, Heft 1 (in Beck Online unter

Suchbegriff grurbeil)

• Neben die Störerhaftung tritt die Haftung bei unzureichender Sicherung eines eBay-

Accounts. Hier soll der Inhaber unabhängig von der Verletzung von Prüfungspflichten

haften: BGH GRUR 2009, 597 – Halzband.

Der Schadensersatzanspruch (§ 14 VI)

• Verschuldensabhängig (§ 276 I BGB), dabei aber strenger Fahrlässigkeitsmaßstab. Zur

Information über die Verletzung sind Verwarnungen üblich.

• Problem: Schaden schwer zu berechnen, da das Immaterialgut selbst nicht beschädigt

wird.

• Daher Möglichkeit der dreifachen Schadensberechnung:

(1) konkrete Vermögenseinbuße einschl. des entgangenen Gewinns (§ 252 BGB),

praktisch kaum möglich, daher sehr selten

(2) Herausgabe des Verletzergewinns (§ 14 VI 2)

- gegenüber Anspruch aus §§ 687 II 1, 681 S. 2, 667 BGB erleichterte Vorausset-

zungen, da die fahrlässige Verletzung genügt.

- Gewinn ist nur insoweit herauszugeben, als er auf der Verletzung beruht.

- Schwierige Frage: Welche Kosten kann der Verletzer abziehen? Dazu BGH GRUR

2006, 416 – Noblesse: keine Abzugsfähigkeit der Gemeinkosten.

(3) angemessene Lizenzgebühr (§14 VI 3), Frage: auf welche Lizenzgebühr hätten

sich die Parteien unter den konkreten Umständen geeinigt?

• Besonderheiten bei der Schadensberechnung:

- Bei der Rufschädigung und Verwässerung (§ 14 II Nr. 3) kommt zur unbefugten Ver-

wendung ein Substanzschaden hinzu, der schwer zu fassen ist. Möglichkeit: in diesem

Fall Erhöhung der fiktiven Lizenzgebühr (BGH GRUR 1993, 55 – Tchibo/Rolex II)

- Nach h.M. ist zudem der „Marktverwirrungsschaden“ ersatzfähig, dagegen: Ver-

wechslungsgefahr selbst ist Tatbestandsvoraussetzung, kein Schadensposten, die

Folgen werden mit den üblichen Berechnungsmöglichkeiten aufgefangen. Allerdings

können die Kosten einer Gegenwerbung zur „Marktentwirrung“ gem. § 249 II BGB

analog ersatzfähig sein.

• daneben Ansprüche aus §§ 3 I, 8 ff. UWG; 823 I BGB; 12 I BGB nur, soweit die Verlet-

zung nicht im MarkenG geregelt ist; das ist vor allem bei der Verletzung des Namens-

rechts außerhalb des geschäftlichen Verkehrs der Fall.

Weitere Ansprüche

• Bereicherungsanspruch (§ 812 I 1, 2. Alt. BGB, vgl. auch § 141, 2 PatG), verschuldensun-

abhängig, Wertersatz (§ 818 II BGB) = angemessene Lizenzgebühr

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 65

• Vernichtungsanspruch (§ 18), wurde bei Umsetzung der Enforcement-RL um Anspruch

auf Rückruf bzw. Entfernung aus den Vertriebswegen ergänzt.

• Auskunftsanspruch gegen den Verletzer auf Nennung der Bezugsquellen und auf Anga-

ben über die verletzenden Erzeugnisse („Drittauskunft“: § 19), wurde bei Umsetzung der

Enforcement-RL auf Anspruch gegen bestimmte unbeteiligte Dritte erweitert. Eine Bank

hat bei offensichtlicher Markenverletzung kein Zeugnisverweigerungsrecht bezüglich

der Kontodaten eines Markenverletzers wegen des Bankgeheimnisses (BGH GRUR 2016,

497 – Davidoff Hot Water II nach Vorabentscheidung des EUGH).

• Anspruch auf Vorlage von Urkunden und Besichtigung von Sachen (§ 19a): Dient der

Ermittlung des Sachverhalts und der Beweissicherung.

• Anspruch auf Urteilsveröffentlichung (§ 19c)

Ansprüche des als Verletzer in Anspruch Genommenen

• Anspruch auf Löschung der Marke im Widerspruchs- oder Löschungsverfahren (s.o.).

• Ansprüche wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung aus § 823 I BGB (Recht am

Gewerbebetrieb) bzw. §§ 3 I; 4 Nr. 1, 2 oder 4 UWG (s. dazu die UWG-Vorlesung)

• Bereicherungsanspruch aus § 812 I 2 BGB hinsichtlich von Zahlungen wegen vermeintli-

cher Verletzung.

Prozessuales

• Zuständigkeit für Kennzeichenstreitsachen (§ 140)

- sachlich: ausschließliche, streitwertunabhängige Zuständigkeit der Landgerichte

(§ 140 I)

- funktional: Kammer für Handelssachen (§ 95 I Nr. 4c GVG)

- örtlich: §§ 12 ff. ZPO, insb. Gerichtsstand des Tatorts (§ 32 ZPO), bei deutschlandwei-

tem Vertrieb oder Verletzung in überregionalen Medien kann der Rechtsinhaber sich

also den Gerichtsstand aussuchen. Bündelung der örtlichen Zuständigkeit durch Lan-

desrecht (§ 140 II), zuständig sind in Bayern erstinstanzlich das LG München I und

das LG Nürnberg-Fürth.

• Erhebliche praktische Bedeutung der einstweiligen Verfügung (§§ 935, 940 ZPO)

• Näheres in der Vorlesung zum UWG: Fast alles, was in prozessualer Hinsicht für das

UWG gilt, gilt auch für das MarkenR.

b) Strafrechtliche Sanktionen

Strafbarkeit gem. § 143 ff.

• Bestimmte Verletzungshandlungen sind auch mit Strafe bedroht, Tipp: § 143 MarkenG

genau lesen.

• §§ 143a, 144 MarkenG stellen bestimmte Verletzungen von Gemeinschaftsmarken und

geografischen Herkunftsangaben unter Strafe.

• Die praktische Bedeutung der §§ 143 ff. MarkenG ist gering, doch können sie in be-

stimmten Fällen eine Waffe im Arsenal des Anwalts in Markensachen darstellen (strafpro-

zessuale Möglichkeiten der Durchsuchung und Identitätsfeststellung, Strafdrohung als

„Keule“, um im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs Zahlung zu erwirken)

• Vgl. auch zu zollrechtlichen Sanktionen §§ 146 ff. MarkenG.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 66

VIII. Internationale Registrierung und Unionsmarke

S. auch die Unterlagen zur Vorlesung „International Intellectual Property Law“

1. Überblick

Ausgangspunkt

• Probleme des Territorialitätsprinzips bei fehlender internationaler Zusammenarbeit:

- Es bleibt jedem Staat überlassen, ob und in welchem Maße er das geistige Eigentum

schützen möchte.

- Möglichkeit der Diskriminierung ausländischer Staatsangehöriger.

- Erheblicher Aufwand bei Registerrechten: einzelne Anmeldung in jedem Staat erfor-

derlich

• Daher schon Ende des 19. Jahrhunderts erste internationale Übereinkommen, die Min-

deststandards und den Grundsatz der Inländergleichbehandlung festlegen:

- Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ,

1883), betrifft den gewerblichen Rechtsschutz (Patente, Muster, Marken, UWG), pa-

rallel im Urheberrecht die Revidierte Berner Übereinkunft (RBÜ)

- Mittlerweile ergeben sich die wichtigsten Mindeststandards aus dem TRIPS-

Übereinkommen (1994), dazu unten.

• Zugleich erstes Übereinkommen, das eine internationale Registrierung von Marken er-

laubt: Madrider Markenabkommen (MMA, 1891), inzwischen ergänzt durch das Proto-

koll zum MMA, 1989

• Weitere Übereinkommen:

- Trademark Law Treaty (TLT, 1994): regelt bestimmte Formalia der Anmeldung

- Nizzaer Klassifikationsabkommen (NKA, 1957): regelt die auch in der EU und in

Deutschland geltenden Waren- und Dienstleistungsklassen

Die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (1883)

• Drei Regelungsschwerpunkte:

• Inländergleichbehandlung (Art. 2)

• Unionspriorität (Art. 4)

• Mindeststandards des Markenschutzes (Art. 6 ff.)

- Unabhängigkeit nationaler Marken (Art. 6)

- Schutz notorisch bekannter Marken (Art. 6bis), umgesetzt in § 4 Nr. 3 und § 10

- Verbot der Eintragung von Hoheitszeichen (Art. 6ter), umgesetzt in § 8 II Nr. 6

- Telle-quelle-Schutz (Art. 6quinquies): eine in einem Mitgliedstaat geschützte Marke

muss in dieser Form auch in den anderen Staaten geschützt werden, sofern nicht ei-

ner der ausdrücklich genannten Versagungsgründe vorliegt

- Schutz von Dienstleistungsmarken (Art. 6sexies)

- Schutz vor unberechtigter Agentenmarke (Art. 6septies), umgesetzt in § 11

- Schutz von Handelsnamen (Art. 8), umgesetzt in § 5 II

Das TRIPS-Übereinkommen (1994)

• Zur allgemeinen Bedeutung s. oben, I 5

• Strengere Mindeststandards als nach PVÜ

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 67

• Art. 15: Schutzfähigkeit aller Markenformen (vgl. § 3)

• Art. 16: Rechte aus der Marke

- Verwechslungsschutz

- Vermutung der Verwechslungsgefahr bei Doppelidentität (Unterschied zu § 14 II Nr.

1: kein absoluter Schutz)

- Erweiterter Schutz notorisch bekannter Marken, aber anders als unter § 14 II Nr. 3

nur gegen Schädigung

• Art. 17 Zweistufentest für Schrankenregelungen: müssen (1) begrenzt sein und (2) die

berechtigten Interessen des Markeninhabers und Dritter berücksichtigen

• Art. 18: Schutzdauer von mindestens 7 Jahren (im deutschen Recht gem. § 47 10 Jahre),

unbegrenzte Verlängerbarkeit

• Art. 19: Löschung wegen Nichtbenutzung erst nach 3 Jahren (§ 49: 5 Jahre)

• Art. 20: Verbot von Erschwernissen

• Art. 21: freie Übertragbarkeit auch ohne Geschäftsbetrieb, Verbot von Zwangslizenzen

• Art. 22: Schutz geographischer Herkunftsangaben

2. Die IR-Marke

Überblick

• Wegen des Territorialitätsprinzips ist für jede nationale Marke eine Anmeldung beim je-

weiligen Markenamt erforderlich. Das gilt auch für die Unionsmarke – nur umfasst das

Territorium hier die ganze EU.

• Das ist mühselig. Idee daher: Anmeldung bei eigenem nationalen Amt, Weiterleitung an

internationale Clearing-Stelle, von dort zu den Bestimmungsämtern → Ermöglichung ei-

ner internationalen Registrierung unter Achtung der Souveränität der Mitgliedstaaten.

Die gleiche Idee liegt im Patentrecht dem PCT zugrunde.

• Rechtsquellen: Madrider Markenabkommen (MMA, 1891) und Protokoll zum Madri-

der Markenabkommen (PMMA, 1989). Das MMA (56 Mitgliedstaaten) war aus ver-

schiedenen Gründen (vor allem Zwang zur Anmeldung in französischer Sprache) für die

USA und GB nicht akzeptabel. Das Protokoll (81 Mitgliedstaaten, 53 davon sind beiden

Übereinkommen beigetreten), das auf dem gleichen System mit einigen Änderungen

und Aktualisierungen beruht, erlaubte den Beitritt dieser Länder.

• Marken ausländischer Anmelder, die in Deutschland über das Madrid-System eingetra-

gen werden, nennt man IR-Marken.

Das Verfahren nach dem MMA

• Voraussetzung: Basismarke im Herkunftsstaat bereits eingetragen (Art. 1 II)

• 1. Schritt: Antrag auf internationale Registrierung, einzureichen bei nationalem Marken-

amt (Ursprungsamt, für das DPMA: § 108 MarkenG) oder dem HABM (nur unter PMMA)

(Art. 3), Zeitpunkt des Gesuchs = Prioritätsdatum, sofern der Antrag bei der WIPO inner-

halb von zwei Monaten eingeht (Art. 3 IV)

• 2. Schritt: Weiterleitung an das Internationale Büro (bei der WIPO in Genf), dort Veröf-

fentlichung der Marke ohne Prüfung (Art. 4), damit genießt die Marke Schutz so als ob

sie in den Bestimmungsstaaten eingetragen wäre

• 3. Schritt: Mitteilung an die Bestimmungsländer, die den Schutz gem. Art. 5 i.V.m. Art.

6quinquies PVÜ verweigern dürfen, vgl. §§ 112, 113 MarkenG.

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 68

• Schutz erlischt, wenn innerhalb von 5 Jahren nach Anmeldung der Schutz der nationalen

Marke im Ursprungsland erlischt. Nach 5 Jahren wird die IR-Marke von der Basismarke

unabhängig (Art. 6).

• Hilfreich das Merkblatt des DPMA:

http://www.dpma.de/docs/service/formulare/marke/m8940.pdf

Unterschiede zwischen dem MMA und dem PMMA

• Sprache: MMA-Anmeldungen waren lange nur in französischer Sprache zulässig. Das

wurde inzwischen geändert (§ 107 II)

• Basismarke muss unter MMA bereits eingetragen sein, während nach PMMA die bloße

Anmeldung genügt.

• Dem PMMA können internationale Organisationen beitreten, darunter die EU. Kombina-

tion Unionsmarke – Madrider System daher nur nach PMMA.

• Wichtige Staaten wie US, UK und Japan gehören nur dem PMMA an.

• Wirkung des Angriffs auf die Basismarke: unter MMA erlischt die IR-Marke, unter

PMMA kann die IR-Anmeldung prioritätswahrend in eine nationale Anmeldung umge-

wandelt werden.

• Gebühren: unter PMMA höher.

3. Die Unionsmarke

Lit.: Sosnitza, §§ 12-14 und GRUR 2013, 105 ff.

Das EU-Markenrecht

• Zweispurigkeit des EU-Markenrechts: Angleichung der nationalen Gesetze durch die

MarkenRL (1988), Schaffung einer Unionsmarke und des EU-Amts für geistiges Eigen-

tum aufgrund der UnionsmarkenVO (1994).

• Reform des EU-Markenrechts

- Neufassung der MarkenRL (2015/2436), umgesetzt durch MaMoG mit Wirkung ab

14.1.2019

- Neuverkündung der UMVO als VO 2017/1001, seit 1. 10. 2017 in Kraft.

EU-Markenrechtssystem

MarkenrechtsRL → Harmonisierung des nationa-len Rechts der Registermarke

(bisher keine Harmonisierung für Benutzungsmarke und geschäft-

liche Bezeichnungen)

UMVO → ermöglicht Eintragung einer EU-weit gültigen Marke durch

das EU-Amt für geistiges Eigen-tum (Alicante)

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 69

Grundsätze des Unionsmarkenrechts

• Einheitlichkeit: Die EU-Marke gilt für die gesamte EU – oder gar nicht. Sie kann nur

insgesamt übertragen oder gelöscht werden.

• Autonomie: Erteilung, Verletzung und Lizenzierung der Unionsmarke richten sich nur

nach EU-Recht. Wenige Ausnahmen von diesem Grundsatz, vor allem bei den Rechtsfol-

gen: die UMVO regelt nur den Unterlassungsanspruch

• Koexistenz: ein Zeichen kann parallel als Unionsmarke und als nationale Marke ge-

schützt werden, beide sind voneinander unabhängig.

Entstehung der Unionsmarke

• Die UMVO sieht nur eine Registermarke, keine Benutzungsmarke vor (anders das Uni-

onsgeschmacksmusterrecht)

• Die materiellen Voraussetzungen sind in der UMVO und der MarkenRL (entsprechend

im MarkenG) parallel geregelt. Art. 2-4 MarkenRL (= §§ 3, 8 MarkenG) entsprechen Art.

4, 7 UMVO. Bei Fehlen der konkreten Unterscheidungskraft oder beschreibenden Anga-

ben ist Verkehrsdurchsetzung in allen EU-Staaten erforderlich, in denen das Hindernis

besteht. Allerdings können einzelne Beweismittel für mehrere Staaten Aussagekraft ha-

ben (EUGH, Rs. 84, 85 u.95/17-P, GRUR 2018, 1141 – Nestlé [KitKat])

• Auch das Eintragungsverfahren ähnelt dem nationalen Verfahren. Hauptunterschiede:

- Anmeldung beim HABM oder beim nationalen Amt (das die Anmeldung weiterleitet)

- Das HABM recherchiert auf Antrag (vor 2015: immer) nach kollidierenden älteren

Unionsmarken und erstellt einen Recherchebericht

- Vorgeschaltetes Widerspruchsverfahren: Widerspruch ist nicht wie im deutschen

Recht nach Eintragung der Marke, sondern nach Veröffentlichung der Anmeldung

einzulegen. Die Unionsmarke wird erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingetra-

gen (Art. 46 UMVO = Art. 41 UMVO 2009/2015).

- Dafür hat der Anmelder vor der Eintragung einen Entschädigungsanspruch (Art. 11 II

UMVO = Art. 9b II UMVO 2009/2015, wie im Patentrecht: § 33 PatG) gegen Dritte, die

die Marke verwenden.

• Wenn auch nur in einem EU-Staat ein kollidierendes älteres Recht besteht (eingetragene

Marke, nicht eingetragene Marke, nicht eingetragenes Kennzeichenrecht von nicht nur

örtlicher Bedeutung), dann besteht ein relatives Eintragungshindernis (Art. 8 UMVO) →

Schwäche der Unionsmarke

• Priorität und Seniorität

- Priorität (Art. 34 UMVO = Art. 29 UMVO 2009/2015): Unionspriorität nach PVÜ

- Seniorität (Art 39 UMVO = Art. 34 UMVO 2009/2015): Anmelder, der schon eine na-

tionale Marke hat, kann für dieses Zeichen und diese Produkte den Zeitrang des nati-

onalen Rechts in Anspruch nehmen (unabhängig von der 6-Monats-Frist der PVÜ),

wenn er auf das nationale Recht verzichtet oder es erlöschen lässt (Hintergrund:

„Werbung“ für die Unionsmarke)

• Die Unionsmarke kann nur vom EUIPO für nichtig erklärt werden.

Schutzbereich und Verletzung der Unionsmarke

• Die Voraussetzungen der Rechtsverletzung in Art. 10 MarkenRL (= § 14 MarkenG) und

Art. 9 I UMVO entsprechen sich.

• Anspruchsgrundlage bei der Verletzung einer Unionsmarke

LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN MARKENRECHT (OHLY) SEITE 70

- Die UMVO regelt die Ansprüche nur unvollständig. Der – unionsweite – Unterlas-

sungsanspruch ergibt sich aus Art 130 I, 9 II UMVO (Art. 102 I, 9 II UMVO

2009/2015) (zum Entschädigungsanspruch s.o.). Die weiteren Ansprüche überlässt

das Unionsrecht der Ausgestaltung der Mitgliedsstaaten, Art. 130 II UMVO (= Art.

102 II UMVO 2009/2015). So ergibt sich z.B. der Schadensersatzanspruch über die

Scharniernorm des § 125b Nr. 2 MarkenG aus § 14 VI 1, II MarkenG

• Problem: Einheitlichkeit versus Unterschiede zwischen nationalen Märkten

- Wie, wenn Verwechslungsgefahr aus sprachlichen Gründen nur in einem Teil der

EU vorliegt? Dann besteht nur dort eine Verletzung (EuGH, Rs. C-223/15, GRUR

2016, 1166 – Commit/Combit) und der Unterlassungsanspruch ist entsprechend zu

beschränken (EuGH, Rs. C-235/09, GRUR 2011, 518 – DHL/Chronopost)

- Wie, wenn eine Marke nur in einem Mitgliedstaat bekannt ist? Dann genießt sie in

der gesamten EU den Status einer bekannten Marke (EuGH, Rs. C-301/07, GRUR

2009, 1158 – Pago). Allerdings liegen möglicherweise die übrigen Voraussetzungen

des Bekanntheitsschutzes in Teilen der EU nicht vor, denn auch Schädigung und

Ausnutzung sind ohne Bekanntheit nicht denkbar. Im Mitgliedstaat, für den Schutz

beansprucht wird, müssen die Verbraucher zumindest eine gedankliche Verbindung

zur bekannten Marke herstellen (EuGH, Rs. C-125/14, GRUR 2015, 1002 – Iron &

Smith v. Unilever).

- Wo muss die Marke rechtserhaltend benutzt werden: Genügt ein Mitgliedstaat,

muss sie überall benutzt werden oder genügt immerhin ein wesentlicher Teil der EU?

EuGH C-149/11, GRUR 2013, 182 – ONEL/OMEL: auf die Grenzen der Mitgliedstaaten

kommt es nicht an. Konsequenz nicht ganz klar – wohl wesentlicher Teil der EU er-

forderlich, wobei dabei auch die intensive Benutzung in einem großen Mitgliedstaat

ausreichen kann (näher Sosnitza, GRUR 2013, 105, 109). Vorschlag des MPI in der

Trade Mark Study: bei Nichtbenutzung in einem Teil der EU kann nach einigen Jah-

ren Koexistenz eintreten; wurde nicht in die Reform übernommen.

• Besonderheiten beim Verfahren und den Rechtsfolgen:

- Zuständig für Verletzungsklagen sind die Unionsmarkengerichte. Das sind nationale

Gerichte der Mitgliedstaaten, die zugleich als Unionsmarkenrichte sitzen (z.B. ist das

LG München I sowohl erstinstanzliches Verletzungsgericht für den OLG-Bezirk Mün-

chen als auch erstinstanzliches Unionsmarkengericht)

- Nur das Gericht am Sitz des Beklagten kann Schadensersatz für die gesamte EU zu-

sprechen, das Gericht am Verletzungsort kann nur über den Schaden im betreffenden

Staat entscheiden (Art. 126 UMVO = Art. 98 UMVO 2009/2015).

- Unterlassungsgebote haben EU-weite Wirkung, sofern nicht die Markenfunktionen

nur in einem Teilgebiet beeinträchtigt werden oder der Kläger seinen Antrag auf ein

Teilgebiet beschränkt (EuGH, Rs. C-235/09, GRUR 2011, 518 – DHL/Chronopost).

• Die Übertragung der Unionsmarke muss (anders als bei der deutschen Marke) schriftlich

erfolgen, Art. 20 UMVO = Art. 17 III UMVO 2009/2015.