Der Kampf von Lajos Kossuth für das Selbstverwaltungssystem im Jahre 1848

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VON DEM VORMARZ BIS ZUM 20. JAHRHUNDERT Tradition und Erneuerung in der ungarischen Rechtsentwicklimg Studien zu den Reformen in den 19-20. Jahrhunderten Herausgeber DR. GABOR MATHE DR. BARNA MEZEY Wiirzburg-Budapest 2002. VON DEM VORMÄRZ BIS ZUM 20. JAHRHUNDERT Tradition und Erneuerung in der ungarischen Rechtsentwicklung Studien zu den Reformen in den 19-20. Jahrhunderten Herausgeber DR. GÄBOR MÃTH1-1: DR. BARNA MEZEY Würzburg-Budapest 2002.

Transcript of Der Kampf von Lajos Kossuth für das Selbstverwaltungssystem im Jahre 1848

VON DEM VORMARZBIS ZUM 20. JAHRHUNDERT

Tradition und Erneuerung in der ungarischenRechtsentwicklimg

Studien zu den Reformen in den 19-20. Jahrhunderten

Herausgeber

DR. GABOR MATHEDR. BARNA MEZEY

Wiirzburg-Budapest 2002.

VON DEM VORMÄRZBIS ZUM 20. JAHRHUNDERTTradition und Erneuerung in der ungarischen

Rechtsentwicklung

Studien zu den Reformen in den 19-20. Jahrhunderten

Herausgeber

DR. GÄBOR MÃTH1-1:DR. BARNA MEZEY

Würzburg-Budapest 2002.

Eotvos Lorand-UniversitatJuristische Fakultat

Budapest

Ungarische Akademie der WissenschaftenRechtshistorische Unterkommission

Az ELTE Allam- es Jogtudomanyi Kartudomanyos kiadvanya

Bibliotheca luridicaActa Congressuum 8.

ISSN 1587-8821

© Barna Mezey, Gabor Mathe (Hrsg.)> Elemer Balogh, Istvan Kajtar, Gabor Mathe, Barna Mezey, Katalin Szegvari Nagy, Mihaly

T. Revesz, Jozsef Ruszoly, Istvan Stipta

Eühfüa Larand-UııiversitatJuı'iat.isehe Fakultät

Budapest

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Ungatiaelıe Akademie der WiaaeıısehaftenReehtshistariseh.e Unterkemmiaaian

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az BLTE aııam- es Jeguaünıáayi Ka-tudaınaıtyüs kiadvanyaBibliotheca IuriclieaActa Cüngreaauum 3.

ISSN I58.7"-8821'

@ Barna Mezey, Gabel' Mathe (Hrag.)(Ü) Elerrıar Balcıgh, Istvan Kajtar, Gabor Mathe, Barna Meaey, Kataiin Saegvari Nagy, Mihaiy

T. Ravaaa, JaaaefRuaaaly, Iatvan Stipta

INHALT

Empfehlung 7

BALOGH, ELEMER:Ein wenig bekannter Strafgesetzentwurf von 1829/30 9

KAJTAR, ISTVAN:Tradition und Reform(Politische Argumentation in den Jahrzehnten des ungarischenReformzeitalters) 12

MATHE, GABOR:Die Fragen der Kompetenzregelung zwischen der Verwaltungund dem Justizwesen in den ersten Jahren des Dualismus 29

MEZEY, BARNA:Eine spezielle Regierungsform in der ungarischenRechtsgeschichte 42

NAGY SZEGVARI, KATALIN:Feministische und Antifeministische Traditionen in Ungarn.Der Kampf um das Wahlrecht der Frauen in der ersten Halftedes 20. Jahrhundert 52

REVESZ, T. MIHALY:Erlauterungen zur ungarischen Geschichte der PreBpolizei 63

RUSZOLY, JOZSEF:Verfassung und VolksvertretungLajos Kossuth iiber die offentlich-rechtlichen Reformenauf den Kolumen der Pesti Hirlap (1841-1843) 76

STIPTA, ISTVAN:Der Kampf von Lajos Kossuth fur das SelbstverwaltungssystemImJahrel848 100

INHALT

Empfehlung 7

Baıoon, ELE1\«m'R=Ein wenig bekannter Strafgesetzentwurfvon 132980 9

1<aJTaR, IsTv.å„N=Tradition und Reform(Politische Argumentation in den Jalıı-aelınten des ungarischenReformzeitalters] 1 2

Marne, Gasen:Die Fragen der Kompetenaregelung zwischen der Verwaltungund dem Jnstiawesen in den ersten Jahren des Dualismus 29

NIEZEY, BARNA: _ _Eine spezielle Regierungsform in der ungarischenRechtsgeschichte 42

Naar szaovam, Ka:rAL1N=Feministische und Antifeministische Traditionen in Ungarn.Der Kampf urn das Wahlrecht cler Frauen in der ersten Halftedes BÜ. Jalnliuııdeıt 52

Rıâıvasz, T. MınfíıcrıErläuterungen zur ungarischen Geschichte der Preßpolizei 63

nuszow, JozsssıVerfassung und `¬f'oll<s'¬.›'eı'tretungLaj os Kossuth über die öffentlich-rechtiichen Reformenauf den Kolumen der Pesti Hirlap (1341-1343) 'F6

STIPTA, 1sTvaN=Der Kampf von Lajos Kossuth fiir das SelbstverwaltungssysteınIm Jahre 1843 IÜÜ

ISTVAN STIPTA

Der Kampf von Lajos Kossuth fur dasSelbstverwaltungssystem im Jahre 1848

I. Die Vormarzkampfer fur die Umgestaltung der Komitate

Unter den Vorstellungen der Parlamentsdebatte war die Vorlage ,,iiber dieKomitatsubertretungen", die durch die Deputiertentafel am 13. Marz 1844 formuliertwurde, besonders wichtig. Der Titel enthalt nicht genau den Inhalt der Vorlage, hiersteckt sich ja einer der wichtigsten Versuche der bisherigen Reformepoche fur dasZuriickdrangen der Komitatsmissbrauche, fur die Rechtfertigung des Verhaltnisses derRegierung und der Lokalverwaltung und fur die bedeutende Erweiterung desOrtswahlrechtes. Das Projektum bekam bisher nur wenig Aufmerksamkeit, doch seinemehreren Paragraphen wurden in die Aprilgesetze eingebaut, die ilber ahnlichen Inhaltverfugen, noch ein Teil der Detailregeln wird von den Gesetzgebern des Dualismusangerufen.1

Der erwahnte Reformplan widersetzte sich kampferisch der Obergespansmacht, vonder die Komitate gelahmt wurden. Alle Zeilen der geplanten Eidesform desObergespans betonten die Befolgung der Heimatsgesetze und die Beriicksichtigung derInteresse des gelenkten Komitats. hi einem Extrakapitel ging es um die Verhinderungder Missbrauche durch die Obergespane. Es wurde harte Sanktionen gegen dieBehinderung der selbstverwaltungsfalle, gegen die rechtswiedrige Verwendung derbewaffneten Macht, wegen der Teilnahme an Wahlbestechungen. Die Vorlageversuchte die Missbrauche aus Nachlassigkeit oder bewusstem Versaumnis desKomitatsverwalters zu verhindern. Im Falle des Unterbleibens der Obergespanregeln,die die wichtigen Interessen des Komitats betreffen, hatten die Komitatsforumsentschieden. Die Vorstellungen iiber die Rechtstellung des Landesverwesers und iiberdie Komitatsbeziehung sind die Hauptlinie der Gesetze 1848 und ihre Detailsregelnvorausgeworfen. Die einflussreichen Politiker des Hofes hatten aber noch andereVorstellungen im Jahre 1844 iiber die Rechtstellung des Obergespans. In den Tagen derErorterung des liberalen Vorschlags wurde Metternichs Plan iiber dasVerwaltungssystem formuliert, das die Oppositionsgeist in den Hintergrund drangte.

1 Istvan, Kajtdr: Magyar varosi onkormanyzatok [Ungarische stadtische Selbstverwaltungen] (1848-1918) Budapest, 1992. S. 36-44.; Andor, Csizmadia: A magyar kozigazgatas fejlodese a XVIII. szazadtola tanacsrendszer letrejotteig [Entwicklung der ungarischen Verwaltung vom 18. Jahrhundert bis zumEntstehen des Ratesystems], Budapest, 1976. (im weiteren Csizmadia), S. 79-81; Sandor, Zayzon: Acentralistak es a megyerendszer reformja [Die Zentralisten und die Reform der Komitatsverfassung],Budapest, 1917. (im weiteren Zayzon) S. 6-7; Istvan Barta: Kossuth Lajos az utolso rendi orszaggyulesen1847-48. [Lajos Kossuth auf dem letzten Standetag 1847-48.] Budapest, 1951. S. 601.

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Isrvän Srısrn

Der Kampf von Laj os Kossuth für dasSelbswerwaltungssystem im Jahre 1848

I. Die Vormärzkäınpfer fiir die Umgestaltung der Komitate

Unter den Vorstellungen der Parlamentsdebatte war die Vorlage „über dieKomitatsübertretungen“, die durch die Deputiertentafel am 13. Ivlärz 1344 formuliertwurde, besonders wichtig. Der Titel enthält nicht genau den Inhalt der Vorlage, hiersteckt sich ja einer der wichtigsten Versuche der bisherigen Reformepoche für dasZurückdrängen der Komitatsmissbräuche, für die Rechtfertigung des Verhältnisses derRegierung und der Lokalrerwaitung und fitr die bedeutende Erweiterung desÜrtswahtrechtes. Das Projektum bekam bisher nur wenig Aufinerksamkeit, doch seinemehreren Paragraphen wurden in die aprilgesetze eingebaut, die über ähnlichen InhaltVerfiigen, noch ein Teil der Detailregeln wird von den Üesetzgebern des Dualismusangerufen.1

Der erwähnte Reformplan widersetzte sich kämpferisch der Obergespansmacht, vonder die Komitate gelähmt wurden. Alle Zeilen der geplanten Eidesform desObergespans betonten die Befolgung der Heimatsgesetze und die Berücksichtigung derInteresse des gelenkten Komitats. In einem Extrakapitel ging es um die Verhinderungder Missbräuche durch die Übergespane. Es wurde harte Sanktionen gegen dieBehinderung der selbsttferwaltuııgsfälle, gegen die rechtswiedrige Verwendung derbewaffneten Macht, wegen der Teilnahme an Wahlbestechungen. Die Vorlageversuchte die Missbräuche aus Nachlässigkeit oder bewtısstem Versäumnis desKomitatsrerwalters zu verhindern. Im Falle des Unterbleibens der Übergespanregeln,die die wichtigen Interessen des Komitats betreffen, hätten die Komitatsforumsentschieden. Die Vorstellungen über die Rechtstellung des Landesverwesers und überdie Komitatsbeziehung sind die Hanptlinie der Gesetze 1343 und ihre Detailsregelnvorausgeworfen. Die einflussreichen Politiker des Hofes hatten aber noch andereVorstellungen im Jahre 1344 über die Rechtstellnng des Obergespans. In den Tagen derErörterung des liberalen Vorschlags wurde Metternichs Plan über dasVerwaltnngssystem formuliert, das die Üppositionsgeist in den I-Iintergrund drängte.

I Istran, Ktntá:-'rf ltrlagiyar varosi ünkormaıtyzatok [Ungarische städtische Selbshrerwaltungen] tlßflä-1913) Budapest, t992. S. 36-114.; ander, Csfznrodio: .it magyar lcözigazgatas fejladese a XVIII. szazadtola tanacsrendszer letrejütteig [Entwicklung der ungarischen Verwaltung vom 13. Jahrhundert bis zumEntstehen des Rätes1rstems], Budapest, l":št'?o. {int weiteren Cs±'.soroo'to], S. T9-El; Sandor, Zn;n-:oa: Acentralistak es a megyerendszer reformja [Die Zentralisten und die Reform der Komitats'rerfassung],Budapest, l9l?. {im weiteren Zngızon) S. 6-T; lstran Herrn: Kossuth Lajos az utolsa rendi orszaggyülesen134?-43. [Lajos Kossuth aut" dem letzten Ständetag 134?-43.] Budapest, 1951. S. 6131.

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Der in einer biirgerlichen Mentalitat konstruierte Vorschlag, der nach dem damaligenStande des Landes radikaler war, teilte das Schicksal der iibrigen fortschrittlichenReformgedanken im standischen Parlament des Jahres 1843-44. In diesem Fall brauchteman keine Intervention sowohl des Hofes als auch der zentralen Regierungsorgane; dasMagnatenhaus wies die geplante Reform der Komitate als eine Vorstellung ,,iiber dieVerfassungsumsturztatigkeit" mit ungewohnlicher Einheitlichkeit zuruck.

Die ersten Versuche des offentlichen Rechts auf die Komitatsreform wurdenvereitelt: sie haben aber das Verdienst, der erste Waffenstillstand unter den Anhangerndes Munizipalismus und den Verfechtern der Zentralisation zustande gekommen zusein. Die Mehrheit der Opposition sah ein, dass ihre fortschrittlichen Vorstellungen dasstandische Parlamentssystem und die jahrhundertelange Regeln seiner Tatigkeit, deninformalen und offentlich-rechtlichen Einfluss des Hofes und der Obertafel unmoglichmachen, die durch Gesetzgebung angenommen waren. Man brauchte politische Organeneuen Typus und oppositionelle Organisationen. Die Presse bekam wieder eine wichtigeRolle, gingen die Vereinbewegungen los, bekam die Politisierung ausser dertraditionellen Verfassungsrahmen einen bestimmten Aufschwung. Wieder flammte derzentralistische-munizipiale Gegensatz auf.

Die bestimmende Personlichkeit der verfassungsrechtlichen Diskussionen imVormarz, Lajos Kossuth sprach sich ebenfalls fur die Erhaltung des nationalenCharakters der Komitate aus. Die sich um ihn gruppierenden Munizipalisten standenjeder Form von Zentralgewalt mit MiBtrauten gegeniiber. Sie zitierten oft dasfranzosische Beispiel als Beweis dafur, daB das System von verantwortlichenMinisterien an sich Zentralisierungsbestrebungen der Zenrralregierung nichtausschlieBt. Der von ihnen angestrebte Staat setzte, iiber die Volksvertretung und dieUberwachung der Vollziehungsgewalt durch das Parlament hinausgehend, das lokaleGleichgewicht der die Ubermacht der Ministerien einschrankenden Selbstverwaltungenvoraus. Sie gaben zu, daB das System der Komitate in seinem damaligen Zustandunhaltbar und sein standischer Charakter anakronistisch war, vertraten aber die Ansicht,daB ihre politischen Rechte, ihre Autonomie in der Gesetzgebung und in derVollziehung aus Garantiegrilnden Schutz verdienten.

Sie beriefen sich auf die jahrhundertelangen Kampfe der Komitate im Interesse derErhaltung der Nation, wobei sie ihr Widerstandsrecht, ihre Rolle als Bastionen derVerfassung oft iiberschatzten. Die wohlmeinenden Munizipalisten waren auch von derHoffnung erfullt, daB die Komitatsorganisation zur Erneuerung fahig ist und sogar einWerkzeug der Initiative und der Durchftihrung wichtiger gesellschaftlicher Reformensein kann. Kossuth fiihrte als Beispiel den Fall des Komitates Pest an, das in eigenerVerantwortung die Verwaltung von der Jurisdiktion trennte, die richterlicheUnabhangigkeit anerkannte und die Offentlichkeit in der Rechtssprechung sicherte.2

Auch fortschrittliche Vertreter der munizipalistischen Richtung gaben zu, daB dasKomitat der standischen Epoche nicht in seinem alten Zustand verbleiben konnte. Dochstellten sie sich die Reform auf geschichtlicher Grundlage, unter Schonung der

2 Gyorgy. Szabad: Kossuth politikai palyaja ismert es ismeretlen megnyilatkozasai tiikreben [Diepolitische Laufbahn Kossuths im Spiegel seiner bekannten und unbekannten AuBerungen], Budapest,1977. S. 123; Csizmadia S. 80; Gyorgy, Spira: Jottanyit se a negyvennyolcbol [Nicht ein Jota vonAchtundvierzig], Budapest, 1989. S. 19; Zsolt, Trocsanyi: Wesselenyi Miklos [Miklos Wesselenyi],Budapest, 1965. S. 134-135.

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Der in einer bürgerlichen Mentalität konstruierte Vorschlag, der nach dem damaligenStande des Landes radikaler war, teilte das Schicksal der übrigen fortschrittlichenReformgedanken im ständischen Parlament des Jahres 1843-44. In diesem Fall brauchteman keine Intervention sowohl des I-Iofes als auch der zentralen Regierungsorgane; dasMagnatenhaus wies die geplante Reform der Komitate als eine Vorstellung „über dieVerfassungsumsturztätigkeit“ mit ungewöhnlicher Einheitlichkeit zurück.

Die ersten Versuche des öffentlichen Rechts auf die Komitatsreform wurdenvereitelt: sie haben aber das Verdienst, der erste Waffenstillstand unter den Anhängerndes Munizipalismus und den Verfechtern cler Zentralisation zustande gekommen zusein. Die Mehrheit der Opposition sah ein, dass ihre fortschrittlichen Vorstellungen dasständische Parlamentssystem und die jahrhundertelangc Regeln seiner Tätigkeit, deninformalen und öffentlich-rechtlichen Einfluss des Hofes und der Obertafel unmöglichmachen, die durch Gesetzgebung angenommen wären. Man brauchte politische Organeneuen Typus und oppositionelle Organisationen. Die Presse bekam wieder eine wichtigeRolle, gingen die Vereinbewegungen los, bekam die Politisierung ausser dertraditionellen Verfassungsrahmen einen bestimmten Aufschwung. Wieder flammte derzentralistische-munizipiale Gegensatz auf.

Die bestimmende Persönlichkeit der verfassungsrechtlichen Diskussionen imVormärz, Lajos Kossuth sprach sich ebenfalls für die Erhalttnıg des nationalenCharakters der Komitate aus. Die sich um ihn gruppierenden Munizipalisten standenjeder Form von Zentralgewalt mit Mißtrauten gegenüber. Sie zitierten oft dasfranzösische Beispiel als Beweis dafitr, daß das System von verantwortlichenMinisterien an sich Zentralisierungsbestrebungen der Zentralregierung nichtausschließt. Der von ihnen angestrebte Staat setzte, über die Volksvertretung und dieÜberwachung der Vollziehungsgewalt durch das Parlament hinausgehend, das lokaleGleichgewicht der die Übermacht der Ministerien einschränkenden Selbstverwaltungenvoraus. Sie gaben zu, daß das System der Komitate in seinem damaligen Zustandunhaltbar und sein ständischer Charakter anakronistisch war, vertraten aber die Ansicht,daß ihre politischen Rechte, ihre Autonomie in der Gesetzgebung und in derVollziehung aus Garantiegründen Schutz verdienten.

Sie beriefen sich auf die jahrhundertelangen Kämpfe der Komitate im Interesse derErhaltung der Nation, wobei sie ihr Widerstandsrecht, ihre Rolle als Bastionen derVerfassung oft überschätzten. Die wohlmeinenden Munizipalisten waren auch von derHoffnung erfüllt, daß die Kornitatsorganisation zur Erneuerung fähig ist und sogar eiııWerkzeug der Initiative und der Durchführung wichtiger gesellschaftlicher Reformensein kamı. Kossuth fuhrte als Beispiel den Fall des Komitates Pest an, das in eigenerVerantwortung die Verwaltung von der Jurisdiktion trennte, die richterlicheUnabhängigkeit anerkannte und die Öffentlichkeit in der Rechtssprechung sicherte.:

Auch fortschrittliche Vertreter der ınunizipalistischen Richtung gaben zu, daß dasKomitatder ständischen Epoche nicht in seinem alten Zustand verbleiben konrıte. Dochstellten sie sich die Reform auf geschichtlicher Grundlage, unter Schonung der

2 Györgf, Seebad: Kossuth politikai palyaja ismert ef. isrneretlen megrwilatkozasai tükreben {Diepolitische Lautbalut Kossuths im Spiegel seiner bekannten und unbekannten Außerungen], Budapest,i9Tf'. S. 123; Csizmnrfin S. 80; György, Spirn: Jottanyit se a negyvennyolcbal [Nicht ein .lota von.a.chnındvierzig], Budapest, 1989. S. 19; Zsolt, Trdcsdn;vt.*›Wesselenyi Miklas [Miklas Wesselenyij,Budapest, 'l9ö5. S. 134-135.

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traditionellen Rechte der Selbstverwaltungen vor. Bei der Umgestaltung deskonstitutionellen Lebens wollten sie keinen auslandischen Mustern folgen. NachKossuths beriihmt gewordenen Zeilen kann ,,die Institution des Komitats, wird es aufder Basis der Volksvertretung mit der Freiheit des Volkes in Einklang gebracht und inder Ausiibung ihrer Aufgaben den Anforderungen der Zeit angepaBt, das wirksamsteOrgan des Genusses der individuellen Rechte, der um keine europa'ische Institution, umkeine europaischen regelhaften Papiergedanken einzutauschende wertvolle, teuereSchatz unserer Nation sein".3

Die andere Auffassung iiber die konstitutionelle Umgestaltung wurde imReformzeitalter von den Zentralisten vertreten. Sie waren alle am Anfang ihrerLaufbahn stehende junge Intellektuelle mit europaischem Ausblick, die liber einezukunftige Revolution des Rechtswesens Plane schmiedeten. Sie vertraten die Ansicht,daB die Entwicklung Ungarns von der Entwicklung Europas nicht zu trennen ist und dieUmgestaltung des Landes nur gemafi allgemeiner GesetzmaBigkeiten erfolgen kann. Siekampften gegen die triigerische Illusion eines ,,ungarischen Genius", leidenschaftlichund mutig wiederholten sie: ,,die altehrwurdigen Institutionen" sind fur das Weiterlebenungeeignet. Kiihl und sachlich untersuchten sie die ungarische Geschichte und legtender nationalen Entwicklung start eigenen MaBstaben westeuropaische MaBstabe an.Gegeniiber der standischen Vertretung betonten sie das Prinzip der Volksvertretung, inden Mittelpunkt des politischen Lebens gedachten sie die gesetzgebende Korperschaftzu stellen. Sie wilnschten eine selbstandige, dem Parlament verantwortliche Regierung,garantierte personliche Freiheitsrechte, ein kodifiziertes Rechtssystem.4

II. Die letzte Standeversammlung und die munizipiale Reform

In der Sitzung der Untertafel am 18. Februar 1848, als es eben um die Fragen derStadtreforme ging, ergab sich unerwartet, aber mit ausserordentlicher Betonung dieSache der Komitatsregelung. Das war die erste Gelegenheit, als derMeinungunterschied unter den Anhangern des Munizipalismus und den Verfechtern derZentralisation mit grundsatzlichem Profil noch vor der Gesetzgebung zum Vorscheingebracht wurde.

Die Umgestaltung der Stadtvertretung war eine unaufschiebbare Frage. Die Mehrheitder Komitatsgesandten waren damit einverstanden, dass das Gesetzgebungsrecht derStadte gerecht geregelt werden muss. Es entstand aber eine mehrtagige Debatte um den

3 Zayzon S. 24.4 Jozsef, Eotvos: Reform es hazafisag [Reform und Patriotismus], Budapest, 1978. Bd. I. S. 367; Istvan,Stipta: Eotvos Jozsef onkormanyzatvedo centralizmusa [Der die Selbstverwaltungen schutzendeZentralismus von Jozsef Eotvos], Napjaink XXVII/1988. No. 9, S. 4-5; Gusztav, Beksics: A magyardoktrinairek [Die ungarischen Doktrinare], Budapest, 1882. S. 85; Csizmadia S. 79; Zoltan, Ferenczy:Baro Eotvos Jozsef 1813-1871 [Baron Jozsef Eotvos 1813-1871], Budapest, 1902. S. 104; Dedk Ferenczbeszedei. Osszegyujtotte Konyi Mano [Reden von Ferencz Dedk. Gesammelt von Mano K6nyi\ (imweiteren Reden von Dedk), Budapest, 1903. Bd. I., S. 163; Gyozo, Concha: Baro Eotvos Jozsefallambolcselete es a kiilfb'ldi kritika [Staatphilosophie von Baron Jozsef Eotvos und die auslandischeKritik], Budapest, 1908. S. 75.

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traditionellen Rechte der Selbstverwaltungen vor. Bei der Umgestaltung deskonstitutionellen Lebens wollten sie keinen ausländischen Mustern folgen. NachKossuths berülunt gewordenen Zeilen kann „die lnstitution des Komitats, wird es aufder Basis der Volksvertretung mit der Freiheit des Volkes in Einklang gebracht und inder Ausübung ihrer Aufgaben den Anforderungen der Zeit angepaßt, das wirksamsteOrgan des Genusses der individuellen Rechte, der um keine europäische Institution, umkeine europäischen regelhaften Papiergedanken einzutauschende wertvolle, teuereSchatz unserer Nation sein“"'.3

Die andere Auffassung über die konstitutionelle Umgestaltung wurde imReformzeitalter von den Zentralisten vertreten. Sie waren alle am Anfang ihrerLaufbahn stehende junge Intellektuelle mit europäischem Ausblick, die über einezukünftige Revolution des Rechtswesens Pläne schrniedeten. Sie vertraten die Ansicht,daß die Entwicklung Ungarns von der Entwicklung Europas nicht zu trennen ist und dieUmgestaltung des Landes nur gemäß allgemeiner Gesetzmäßigkeiten erfolgen kann. Siekämpften gegen die trügerische Illusion eines „ungarischen Genius“, leidenschaftlichund mutig wiederholten sie: „die altehrwürdigen Institutionen“ sind für das Weiterlebenungeeignet. Kühl und sachlich untersuchten sie die ungarische Geschichte uncl legtender nationalen Entwicklung statt eigenen Maßstäben westeuropäische Maßstäbe an.Gegenüber der ständischen Vertretung betonten sie das Prinzip der Volksvertretung, inden Mittelpunkt des politischen Lebens gedachten sie die gesetzgebende Körperschaftzu stellen. Sie wünschten eine selbständige, dem Parlament verantwortliche Regierung,garantierte persönliche Freiheitsrechte, ein kodifiziertes Rechtssysternfi

II. Die letzte Ständeversammlung und die munizipiale Reform

In der Sitzung der Untertafel am 18. Februar 1848, als es eben um die Fragen derStadtreforme ging, ergab sich unerwartet, aber mit ausserordentlicher Betonung dieSache der Koınitatsregelung. Das war die erste Gelegenheit, als derIvleinurrguntersclıied unter den Anhängern des Munizípalisnıus und den Verfechtern derZentralisation mit grundsätzlichem Profil noch vor der Gesetzgebung zum Vorscheingebracht wurde. -

Die Umgestaltung der Stadtvertretung war eine unaufschiebbare Frage. Die Mehrheitder Komitatsgesandten waren damit einverstanden, dass das Gesetzgebungsrecht derStädte gerecht geregelt werden muss. Es entstand aber eine mehrtägige Debatte um den

3 Znyson S. 24.4 Jazsef, Eönfös: Reform es hazafisag [Reform und Patriotisrnus]. Budapest, 1978. Bd. I. S. 367; Istvan,Sr.-into: Eütvös József önkormanyzatvedö centralizmusa [Der die Selbstverwalttmgen schützendeZentralismus von Jozscf E-öt¬rös], Napgiairılc XXVIM988. No. 9, S. 4-5; Gusztav, Beasicsi A magyardolctrinairek [Die ungarischen Doktrinäre], Budapest, 1882. S. 85; Csiznrndio S. 79; Zoltan, Ferencry.'Bara Eötvös Jozsef 1813-1871 [Baron .lazsef Bötvös 1813-1871], Budapest, 1902. Ei. IÜ4; Denia Ferenczbeszedei. Üsszegyüjtötte Könyi Mana [Reden von Ferencz Derik. Gesarnmelt von Mana Kdrnßfj (imweiteren Reden von Dada), Budapest, 1903. Bd. I., S. 163; Gyöza, Conchn: Báró Eötvös .lazsefallambtilcselcte es a külföldl kritika [Staatphilosophie von Baron Jözsef Eötvös und die ausländischeKritik], Budapest, 1908. S. 75.

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Massstab der Vertretung, besonders um den Umfang des Stimmrechtes. Lajos Kossuthnahm Stellung zum ersten Mai in dieser Debatte fur die Gemeinde-, Stadt- undKomitatsselbstverwaltung, er stellte fest: er kann ein zentrales parlamentarischesSystem ohne Ortsautonomie nicht vorstellen. Einen gegensatzlichen Standpunkt gegenKossuth vertrat auch in diesem Falle Bertalan Szemere mit aller Bestimmtheit.

Nach seinem Diskussionsbeitrag soil das Representatiossystem - mitortsbehordlicher Rechtsverletzung, wenn es notig ist - auch zentraler parlamentarischerEbene verwirklicht werden. Der begeisterte Vertreter aus dem Komitat Borsodvermittelte eine zentralistische Auffassung: nach seiner Meinung ist die gleichzeitigeVerwirklichung der zentralen und Ortsautonomie, die einander schwachen,unvorstellbar. Kossuth stellte dagegen aber fest: ,,Ich bin in meiner Seele dartiber nichtnur uberzeugt, auch in meinem Kopf ist der Plan bearbeitet, klar schwebt mir hin, dassdiese zwei Ideen uberemzustimmen sind..." Es sei eine parlamentarischeLandesversammlung in unserem Lande, aber sie solle auf ein griindlich ausarbeitetesGemeindesystem fundamentiert werden - schlug er vor.

Der Entwurf fur die Reform der ortlichen Autonomie konnte also in diesen Tagen indie letzte Form von dem Oberhaupt der Munizipalisten gesetzt werden. Es lohnt sichaber zu bemerken: von nun an spricht er von der Vereinbarkeit der biirgerlichenzentralistischen Verfassungsinstitute und der auf festem Boden stehenden Munizipien.Er liess im weiteren auch keinen Zweifel darilber, dass er die Umgestaltung (in neuemGeist) der alten ortlichen Organe fur wichtig halt. Im Umformen nach deren Gedankenwirkt der Streit der Untertafel vom 22. Marz 1848 sehr auf ihn - wie er sich ebensodaran erinnerte.

III. Der Komitatsreformvorschlag von Lajos Kossuth

Der Vorschlag von Kossuth, der in unserer historischen Geschichtschreibungunverdient behandelt wurde, wurde in diesen Tagen geboren und er bekam seine letzteForm ,,iiber die Aufstellung der Komitatsversammlungen auf volksvertreterlicherGrundlage". Das Dokument, das aus sieben Abschnitten besteht, wurde mit demVorschrittsentwurf iiber die Amtswahl der Komitate erganzt.5

Der Reformplan richtete sich auf die Umgestaltung der Vertretungssysteme derKomitate. Kossuth hielt fur eine der wichtigsten Aufgaben der Gesetzgebung, ,,dieVerteidigungsbasteien der Verfassung" auf volksvertreterlicher Grundlage zureorganisieren und das ortliche Regierungsmonopol des Adels zu liquidieren. Diesegezielte Gesetzregelung bestimmte es fur provisorischen Charakter; diese Bedingungwurde im Titel der Vorlage nicht, nur in der letzten Satzwendung der Einleitungformuliert. Am Ende des Vorschlages kam es als eine ministeriale Aufgabe vor, ein

5 Ungarisches Landesarchiv [Magyar Orszagos Leveltar]'Regnicolares Archiv IV. 69. Diaeta Anni 1847-48. Lad. N. XX. 21. Fasc. C. 56.; Csizmadia S. 82.; Jozsef, Ruszoly: Ujabb magyar alkotmanytortenet[Neuere ungarische Verfassungsgeschichte] 1848-1949. Valogatott tanulmanyok [Ausgewahlte Aufsatze]Piiski, Budapest, 2001. S. 101- 110.

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Massstab der Vertretung, besonders um den Umfang des Stimmrechtes. Lajos Kossuthnahm Stellung zum ersten Mal in dieser Debatte für die Gemeinde-, Stadt- undKomitatsselbstverwaltung, er stellte fest: er kann ein zentrales parlaınentarischesSystem ohne Ortsautonomie nicht vorstellen. Einen gegensätzlichen Standpunkt gegenKossuth vertrat auch in diesem Falle Bertalan Szen-rare mit aller Bestimmtheit.

Nach seinem Diskussionsbeitrag soll das Representatiossystem - mitoıtsbehördlicher Rechtsverletzung, wenn es nötig ist ~ auch zentraler parlamentarischerEbene verwirklicht werden. Der begeisterte Vertreter aus dem Komitat Borsodverınittelte eine zentralistische Auffassung: nach seiner Meinung ist die gleichzeitigeVerwirklichung der zentralen und Ortsautonomie, die einander schwächen,unvorstellbar. Kossuth stellte dagegen aber fest: „Ich bin in meiner Seele darüber nichtnur überzeugt, auch in meinem Kopf ist der Plan bearbeitet, klar schwebt mir hin, dassdiese zwei Ideen übereinzustimmen sind...“ Es sei eine parlamentarischeLandesversammlung in unserem Lande, aber sie solle auf ein gründlich ausarbeitetesGemeindesystem fundamentiert werden - schlug er vor.

Der Entwurf für die Reform der örtlichen Autonomie konnte also in diesen Tagen indie letzte Form von dem Oberhaupt der Munizipalisten gesetzt werden. Es lohnt sichaber zu bemerken: von nun an spricht er von der Vereinbarkeit der bürgerlichenzentralistischen Verfassungsinstitute und der auf festem Boden stehenden Munizipien.Er liess im weiteren auch keinen Zweifel darüber, dass er die Umgestaltung (in neuemGeist) der alten örtlichen Organe für wichtig hält. Im Umformen nach deren Gedankenwirkt der Streit der Untertafel vom 22. März 1848 sehr auf ihn - wie er sich ebensodaran erimıerte.

III. Der Komitatsreformvorschlag von Lajos Kossuth

Der Vorschlag von Kossuth, der in unserer historischen Gescbichtschreibungunverdient behandelt wurde, wurde in diesen Tagen geboren und er bekam seine letzteForm „über die Aufstellung der Komitatsversammlungen auf volksvertreterlicherGrundlage“. Das Dokument, das aus sieben Abschnitten besteht, wurde mit demVorschrittsentwurf über die Amtswahl der Komitate ergänzts

Der Reformplan richtete sich auf die Umgestaltung der Vertretungssysteıne derKomitate. Kossuth hielt für eine der wichtigsten Aufgaben der Gesetzgebung, „dieVerteidigungsbasteien der Verfassung“ auf volksvertreterlicher Grundlage zureorganisieren und das örtliche Regierungsmonopol des Adels zu liquidieren. Diesegezielte Gesetzregelung bestimmte es für provisorischen Charakter; diese. Bedingung.wurde im Titel der Vorlage nicht, nur in der letzten Satzwendung der Einleitungformuliert. Am Ende des Vorschlages kam es als eine ministeriale Aufgabe vor, ein

5 Ungarisches Landesarchiv [lvlagyar Orszagos Leveltar]lRegnicolares Archiv IV. 69. Diaeta Anni 1847-48. Lad. N. XX. 21. Fasc. C. 56.; Csizrrradín S. 82.; .lózset`, Rtrssntfμ' Üjabb magyar alkotmanytörtenct[Neuere ungarische Verfassungsgeschichte] 1848-1949. Valogatott tanulmanyok [Ausgewählte Aufsätze]Püski, Budapest, ZÜÜI. S. 101- 110.

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Gesetz ,,ilber das System der Komitatskonstruktion in alien Zweigen" vorzulegen. ImVorschlag ftir die Amtswahl der Komitate kommt das Wort ,,provisorisch" zweimal vor.Nach dem Paragraphen 1. werden die Komitatsversammlungen ,,auf einevolksvertreterliche Basis" gestellt, an denen nur die gewahlten Vertreter undKomitatsbeamten mit beratender Stimme und Wahlrecht teilnehmen konnen. Kossuthwollte also dem Wahlrecht von standischer Herkunft ein Ende machen, dessenAusserkraftsetzen er durch das Gesetz und mit sofortiger Wirkung plante. DieVorstellung, die die Fachmafiigkeit und Kontinuitat der Verwaltung erzielte, wardarilber, zum Teil fur die Korperschaft der Honorator-Beamten mit vollem Recht erklartzu werden.

Die Reihe ware an die Komitatsvertreter jedes dritte Jahr gekommen, dieses Projekthat nur unter dem aktiven und passiven Wahlrecht auf dem Gebiet der offiziellenSprachverwendung einen Unterschied gemacht. Da ,,die offentliche Beratungssprache inUngarn Ungarisch ist", so nach Kossuth's Meinung konnen nur die Vertreter sein, diediese Sprache verstehen. Die Mitglieder der obersten Komitatskorperschaft wiirden,,von der Gesamtvolkerung, die zum Komitatsmunizipium gehorte, gesetzmaBig ohneReligions- und Geburtsunterschied gewahlt. Alle Manner mit 24 Jahren sind selbstWahler und konnen auch gewahlt werden, die eine ungarische Staatsburgerschaftbesitzen und selbststandig sind, stehen also unter keiner Vaters-, Vormunds- undWirtschaftsmacht, wohnen in dem bestimmten Komitat oder dort auf der Namenslistedes Besitzers oder des Wahlers stehen, sie dorthin registriert lieBen. Was diefinanziellen und rechtlichen Bedingungen des Gesetzartikels 1848:5., - der dasLandeswahlrecht bestimmt, - betrifft, kann fetsgestellt werden, dass das Projekt vonLajos Kossuth im ganzen fortschrittlicher war. Er hatte den Mitgliedern desAdelsstandes kein automatisches Wahlrecht gegeben, und hatte keinen Zensus undkeine besonderen Bedingungen vor.

Die gewahlte Korperschaft hatte aus 50-400 Mitgliedern nach der Bevolkerungszahlder Komitate bestanden. Er plante die Wahlbezirkeinteilung ,,wie es moglich war" alsGemeinden, ein Komitatsvertreter sollte sich auf 800 Einwohnern befmden (4-5. §§).Das Gesetz wiirde vom Ministerium ,,beim Anhoren der Komitate" mit provisorischerRegelung vollfiihren.

Die Vorstellung von Kossuth ilber die Beamtenwahl der Komitate unterschieden sichkaum von den Rechtsnormen des Gesetzartikels 1848:17. Auch er wollte die AmtswahlauBer Kraft setzen, mit Ausnahme von den Fallen, wenn ,,die Verwaltungverhaltnisseder einzelnen Komitate es unaufschiebbar machen wiirde". Das provisorische,,Einsetzen" hatte er der gemeinsamen Entscheidung des Obergespans und derKomitatskorperschaft anheimgestellt. In dem Falle aber, wenn die Beamtenwahl vonder Beamtenwahl de Komitate notig wiirde, hatte Kossuth eine Komission proGemeinden fur die provisorische Bestimmung der neuen hohen Komitatsbeamtenaufgestellt.

Die Vorstellung der Sitzung vom 28. Ma'rz 1848 der Untertafel hat schon in seinemTitel einen Ubergangscharakter bekommen: es ging ,,um die provisorische Regelungdes volksvertreterlichen Komitatssystems". Der Verfasser hat sich spater

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Gesetz „über das System der Kcmitatskcnstrukticn in allen Zweigen“ vcrzulegen. ImVcırschlag für die Amtswahl der Kcniitate knmmt das Wert „prcvisnrisch“ zweimal ver.Nach dem Paragraphen 1. werden die Kcmitatsversammtungen „auf einevnlksvertreterliche Basis“ gestellt, an denen nur die gewählten Vertreter undKcmitatsbearnten mit beratender Stimme und Wahlrecht teilnehmen künnen. Knssuthwcllte alsc dem Wahlrecht vcn ständischer Herkunft ein Ende machen, dessenAusserkraftsetzen er durch das Gesetz und ınit scıfcrtiger Wirkung plante. DieVerstellung, die die Fachmäßigkeit und Kcntinuität der Verwaltııng erzielte, wardarüber, zum Teil für die K-ürperschaít der Hcncratcr-Beamten mit vcllem Recht erklärtzu werden.

Die Reihe wäre an die Kcınitatsvertreter jedes dritte Jahr gekcmmen, dieses Prcjekthat nur unter dem aktiven und passiven Wahlrecht auf dem Gebiet der cffiziellenSprachverwendung einen Unterschied gemacht. Da „die üffentliche Beratungssprache inUngarn Ungarisch ist“, sc nach Kcssuthls Meinung künneıi nur die Vertreter sein, diediese Sprache verstehen. Die Mitglieder der cbersten Kcmitatskürperschafi würden„ven der Gesamtvülkerung, die zum Kcmitatsniunizipium gehörte, gesetzmäßig chneReligicns- und Gebnrtsunterschied gewählt. Alle Männer mit 24 Jahren sind selbstWähler und ktiınien auch gewählt werden, die eine ungarische Staatsbürgerschaftbesitzen und selbstständig sind, stehen alsc unter keiner Vaters-, Vcrmunds- undWirtsclıaftsmacht, wchnen in dem bestimınten Knmitat cder dert auf der Namenslistedes Besitzers cder des Wählers stehen, sie dcrthin registriert: ließen. Was diefinanziellen und rechtlichen Bedingungen des Gesetzartikels 13-43:5., - der dasLandeswalılrecht bestimmt, - betrifft, kann fetsgestellt werden, dass das Prcjekt vcnLajcs Kossuth im ganzen fcrtschrittlicher war. Er hätte den lvtitgliedem desAdelsstandes kein autcnıatisches Wahlrecht gegeben, und hatte keinen Zensus undkeine bescnderen Bedingungen ver.

Die gewählte Körperschaft hätte aus 50-400 Mitgliedern nach der Bevölkerungszahlder Kcrnitate bestanden. Er plante die Wahlbezirkeinteilung „wie es müglich war“ alsGemeinden, ein Kcrnitatsvertreter scllte sich auf 3ÜÜ Einwohnern befinden (4-›5. §§).Das Gesetz würde' vcm Ministerium „beim Anhüren der Kcmitate“ mit prcviscrischerRegelung vcllführen.

Die Verstellung vcn Kcssuth über die Beamtenwahl der Kcmitate unterschieden sichkaum vcn den Rechtsncrrnen des Gesetzartikels 13-43:1 T. Auch er wcllte die Amtswahlaußer Kraft setzen, ınit Ausnahme ven den Fällen, wenn „die Vernfalmngverhältnisseder einzelnen Kcrnitate es unaufschiebbar machen würde“. Das prcviscrische„Einsetzen“ hätte er der gemeinsamen Entscheidung des Übergespans und derKcmitatskürperschaft anheimgestellt. In dem Falle aber, wemt die Beamtenwahl vcnder Beamtenwahl de Kcrnitate nütig würde, hätte Knssuth eine Knmissicn prcGemeinden für die prcvisnrische Bestimmung der neuen hchen Kcmitatsbeaıntenaufgestellt.

Die Verstellung der Sitzung vcm 23. März 1343 der Untertafel hat schen in seinemTitel einen Übergangscharakter bekcrnmen: es ging „um die prnviscrische Regelungdes vclksvertreterlichen Kcmitatssystems“. Der Verfasser hat sich später

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folgenderweise darauf erinnert6 dass auch er selbst den provisorischen Zustand dergewunschten Regelung nicht mifibilligte, er hat dessen Inhalt, die Umgestaltung derKomitate und derer Korperschaft dem Zeitgeist entsprechen fiir wichtiger gehalten.

Dieser Vorschlag vor der Legislative war der erste Versuch auf die Vereinbarkeit derKomitatskompetenz, die die aite Autonomie vertrat, und die Regierung, die fur dasParlament verantwotlich war. Es war ein Antrag mit grundsatzlicher Erwagung, der aufdiese Lage Antwort gab. Zu dieser Zeit nahm schon die Gesetzgebung der Vorschlagiiber die verantwortliche Regierung an und legte die Prinzipien der Volksvertretungnieder. Die Komitate sollten ,,vom Boden der Adelsvorrechte" nach dem Umstellen derzentralen Organe in die Vertretersstruktur eingepasst werden. Das Parlament und dasKomitat konnten auf zweierleien Basis nicht gegriindet werden, wie es Kossutherorterte: ,,Volksvertretung im Parlament, die Adel in den Komitaten konnen einandernicht ertragen".

Nicht nur die prinzipielle und verfassungsrechtliche Notwendigkeit derKomitatumgestaltung, sender auch die Ereignisse im Februar und Marz 1848begriindeten die schnelle Reorganisierung der Gebiets- und Ortsverwaltung. Kurz vorder Durchfuhrung der Reformgesetze waren die Komitate desorganisiert, im grossenTeil waren sie in einem unmoglichen Zustand fur eine offentliche Aufgabe. DieBeamten legten begeistert oder erschrocken die erledigenden Sachen beiseite, dieKorperschaft verhandelte (iberwiegend die Uberschriften und Gesandtenberichte vomParlament. Auch die Gerichtsbarkeit ruhte und ging die spontane Umorganisation derLokalbehorde los. Das Komitat Pest berief ,,eine uralte Volkssammlung" ein, wo alleBewohner mit Rats- und Wahlrecht verfiigte. Der Wirkungskreis der Versammlung desKomitats Hont wurde von einem AusschuB ubernommen, solange Komarom daspersohnliche Wahlrecht der Adel unberiihrbar lieB und den Dorfrichter und denAmtmann aller Dorfer in die Hauptkorperschaft hineinzog. Die gerechtliche Regelungder Komitate wurde auch durch den Grundbedarf der Verwaltung gedrungen.

Die Reform der Komitate war nicht zu vermeiden, das war ein erzwungener Schrittdurch die Grundbediirfnisse und praktischen Bedarf. Der Hauptbetriebene war trotzdemein dritter Grund dafur, er wollte aber schnell derer Ausnahme wegen der glucklichenDurchfuhrung der gezielten Aufhebung der Leibeigenschaft. Kossuth - es scheint mirso- sah von alien klarer, dass die Sache der grossten Gesellschaftsreform untrennbar vonder Modernisation der Komitate ist. Auf das Komitat nach der Urbarialregelung und aufden einzigen Verwaltungsapparat des Landes warteten zahlreiche Aufgaben. Auf dieSelbststandigkeit der Gemeinden konnte es noch nicht gesturzt werden, der Ausbau derzentralen - unabhangig vom Komitat- Staatsorgane hatte lange gedauert.

Die Ubergabe in Besitz der ehemaligen Leibeigenenfelder war in den Augen vonKossuth eine dringende Aufgabe. Das war eine Verpflichtung, die - in Ermangelunganderer Apparate - durch das Komitat (eben durch das Organ de Interesse verletztenAdel) durchgefuhrt werden sollte. Diejenigen, die die Aufhebung der Leibeigenschaftim Marz 1848 ernstgenommen wollte, die auch an die Umgestaltung der Komitatedenken sollte. Von der einzigen Ebene der Durchfuhrung sollte man den Adelstand, derdie Reform nicht wollte, ausdrangen, sonst wird der Wille der volksvertreterlichen

6 In.: Egyetertes 29. Marz 1891; Viszota Gyula: Grof Szechenyi Istvan iroi es hiralapiroi vitaja KossuthLajossal. Budapest, 1930. Band II. S. 1069.; Janos, Szita: A magyar alkotmany tortenetenek vazlata1848-1945. [Abrifi der Geschichte der ungarischen Verfassung], Bd. II, Pecs, 1993. S. 37.

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felgenderweise darauf erinnert“ dass auch er selbst den previserischen Zustand dergewünschten Regelung nicht mißbilligte, er hat dessen Inhalt, die Unıgestaltung derKemitate und derer Körperschaft dem Zeitgeist entsprechen für wichtiger gehalteıı.

Dieser Verschlag ver der Legislative war der erste Versuch auf die “Vereinbarkeit derKemitatskempetenz, die die alte Autenemie vertrat, und die Regierung, die für dasParlament verantwctlich war. Es war ein Antrag mit grundsätzlicher Erwägung, der aufdiese Lage Antwert gab. Zu dieser Zeit nahm schen die Gesetzgebung der Verschlagüber die verantwertliche Regierung an und legte die Prinzipien der Velksvertrettıngnieder. Die Kemitate sellten „vem Beden der Adelsverrechte“ nach dem Umstellen derzentralen Organe in die Vertretersstrtıktur eingepasst werden. Das Parlament und dasKemitat kennten auf z.weierleien Basis nicht gegründet werden, wie es Kessutherörterte: „Velksvertretung im Parlament, die Adel in den Kemitaten können einandernicht ertragen“.Nicht nur die prinzipielle nnd verfassungsrechtliche Netwendigkeit der

Kemitatumgestaltung, sender auch die Ereignisse im Februar und März 1343begründeten die schnelle Reerganisierung der Gebiets- und Ürtsverwaltung. Kurz verder Durchführung der Refermgesetze waren die Kemitate deserganisiert, im gressenTeil waren sie in einem unmöglichen Zustand für eine öffentliche Aufgabe. DieBeamten legten begeistert eder erschrecken die erledigenden Sachen beiseite, dieKörperschaft verhandelte überwiegend die Überschriften und Gesandtenberichte vemParlament. Auch die Gerichtsbarkeit ruhte und ging die spentane Umerganisatien derLekalbehörde les. Das Kemitat Pest berief „eine uralte Velkssammlung“ ein, we alleBewehner mit Rats- und Wahlrecht verfügte. Der Wirkungslueis der Versammlung desKemitats Hent wurde ven einem Ausschuß übememmen, selange Kemärem daspersöhnliche 'Wahlrecht der Adel unberührbar ließ und den Derfrichter und denAmtmann aller Dörfer in die 1-lauptkörpcrschaft hineinzeg. Die gerechtliche Regelungder Kemitate wurde auch durch den Grundbedarf der Verwaltung gedrungen.

Die Referm der Kemitate war nicht zu verıneiden, das war ein erzwungener Schrittdurch die Grnndbedürfnisse und praktischen Bedarf. Der I-Iauptbetriebene war tretzdemein dritter Grund dafür, er wellte aber schnell derer Ausnahme wegen der glücklichenDurchttthrung der gezielten Aufhebung der Leibeigenschafi. Kessuth - es scheint mirse- sah ven allen klarer, dass die Sache der grössten Gesellschaftsreferm untrennbar vender Medernisatien der Kemitate ist. Auf das Kemitat nach der Urbarialregelung und aufden einzigen Verwaltungsapparat des Landes warteten zahlreiche Aufgaben. Auf dieSelbstständigkeit der Gemeinden kennte es nech nicht gestürzt werden, der Ausbau derzentralen - unabhängig vem Kemitat- Staatsergane hätte lange gedauert.

Die Übergabe in Besitz der ehemaligen Leibeigenenfelder war in den Augen venKessuth eine dringende Aufgabe. Das war eine Verpflichtung, die - in Ermangelunganderer Apparate - durch das Kemitat (eben durch das Organ de Interesse verletztenAdel) durclıgefültrt werden sellte. Diejenigen, die die Aufhebung der Leibeigenschaftim März 1343 ernstgeneınmen wellte, die auclı an die Umgestaltung der Kemitatedenken sellte. Ven der einzigen Ebene der Durchführung sellte man den Adelsrand, derdie Referm nicht wellte, ausdrängen, senst wird der Wille der velksvertreterlichen

In.: Egjretertes 29. März 1391; Iffszerrr Gyula: Grüf Szechenjri Istvän iröi es hiralapiröi vitája KessuthLajessal. Budapest, li-BÜ. Band ll. S. lÜö"9.; Jänes, Saite: A magyar alketınarıy történetenek väzlata1343-1945. [Abriß der Geschichte der ungarischen Verfassuuslt Bd. 1], Pecs, 1993. S. 31'.

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Gesetzgebung zunichte. Diese Erwagung fiihrte Kossuth zu der beriihmtenKomitatsfreundschaft, trotz seines Munizipalismus wollte er wesentlicheVeranderungen. Es ist merkwiirdig, dass er in der letzten Standeversammlung einengrosseren Kampf fur die Umgestaltung der Komitate kampfen sollte, nicht so fur einwichtigeres Grundgesetz. Es ist wahr, dass unter seinen Gegnern jetzt nicht mehr dieGegner der Verbiirgerlichung sind, sondern die Anhanger der vergangenen Institute, diedie Traditionen verehren und Verfassungsverteidiger des alten Komitates in derMehrheit waren.

Die Gegensatze um die Komitatsfrage kamen in der Bezirksversammlung am 2.April 1848 wieder vor. In der Vormittagsversammlung schlug Samu Bonis (auf dieInitiative von Kossuth) vor: das Prinzip der Ablosbarkeit der offentlichen Beamteninartikuliert werden sollte. Der Antrag selbst war logisch, der friiher angenommene Satzilber die Verantwortlichmachung der Minister hatte zur Geltung nicht kommen konnen,wenn die Regierung die Exekutievorgane wiirde nicht auswahlen konnen. Das ist abereine andere Frage, ob dieses Prinzip aus dem Gesetzartikel 1848:3. selbst folgte, nachVorschlag ist aber der GA 1848:29. geboren, der rechtlich eine Doppelregelung ergab.Die Kontur der Vorstellung richtete sich - noch fuhlbar- gegen die konservativeObergespane ,,aus dem Jahre 1847", die noch immer tatig waren.

Der Antrag mit Zustimmung wies auf die Unabhangigkeit der Richter hin, zumersten Mai wurde das biirgerliche Prinzip festgestellt, demnach sie nur durch ein Gesetzvon ihrer Funktion getrennt werden konnen. Laszlo Madardsz erwahnte nun zu dieserZeit die besodere Lage der gewahlten Komitatsrichter. Sie seien nicht abzulosen -meinte er- sie seien ja keine Beamten von der Ernennung der Regierung abhangig, wennsie aber doch abhangig waren, wiirde die Komitatsselbstverwaltung zunichte kommen.Die politischen Wirren, die nur kurze Zeit dauerten, versuchte Ferenc Dedk esaufzulosen: nach seiner Meinung soil der einheitliche Standpunkt mit Zentralhilfe undnicht mit Ortshilfe in der Auswahl der Richter zur Geltung kommen. Nach seinemStandpunkt ist die Idee eines verantwortlichen Ministeriums und Komitatsautonomieunvereinbar, woraus entweder die moderne Zentralisation oder das historischeMunizipium gerettet werden soil. Kossuth stellte dagegen fest: die verantwortlicheRegierung und die Komitate seien versohnt zu sein, wenn ihre Regelung zweckma'Biggeschieht. Der Wortwechsel zweier Politiker, die sich um den Ministerposten bewarben,deuteten an, dass es kein Einverstandnis unter den Politikern der verfassungsmafiigenMarzrevolution gibt. In der Sitzung der Bezirktafel am Nachmittag wurde klar: dieStandpunkte iiber das zukunftige Komitatsschicksal sind extrem unterschiedlichvoneinander.

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Gesetzgebung zunichte. Diese Erwägung ttihrte Kessuth zu der berühmtenKemitatsfreundsehaft, tretz seines Munizipalismus wellte er wesentlichellerättderungen. Es ist merkwürdig, dass er in der letzten Ständeversammlung einengrösseren Kampf für die Umgestaltung der Kemitate kämpfen sellte, nicht se filr einwichtigeres Grundgesetz. Es ist wahr, dass unter seinen Gegnem jetzt nicht mehr dieGegner der Verbürgerlichung sind, sendern die Anhänger der vergangenen Institute, diedie Tra.ditienen verehren und Verfassungsverteidiger des alten Kemitates in derMehrheit waren.

Die Gegensätze um die Kemitatsfrage kamen in der Bezirksversammlung am 2.April 1343 wieder ver. ln der Vermittagsversammlung schlug Samu Bdnts (auf dieInitiative ven Kessuth) ver: das Prinzip der Ablösbarkeit der öffentlichen Beamteninartikuliert werden sellte. Der Antrag selbst war le gisch, der früher angenemmene Satzüber die Verantwertlichrnachung der Minister hätte zur Geltung nicht kemmen können,wenn die Regierung die Esekutievergane würde nicht auswählen können. Das ist abereine andere Frage, eb dieses Prinzip aus dem Gesetzartikel 1343:3. selbst felgte, nachVerschlag ist aber der GA 134329. geberen, der rechtlich eine Deppelregelung ergab.Die Kentur der Verstellung richtete sich - nech fithlbar- gegen die kenservativeGbergespane „aus dem Jahre 1341““, die nech immer tätig waren.

Der Antrag mit Zustimmung wies auf die Unabhängigkeit der Richter hin, zumersten Mal wurde das bürgerliche Prinzip festgestellt, demnach sie nur durch ein Gesetzven ihrer Funktien getrennt werden können. Läszlö Mederdsz erwähnte nun zu dieserZeit die besedere Lage der gewählten Kemitatsrichter. Sie seien nicht abzulösen -meinte er- sie seien ja keine Beamten ven der E-rnermung der Regierung abhängig, wennsie aber dech abhängig wären, würde die Kemitatsselbstverwaltung zunichte kemmen.Die politischen Wirren, die nur kurze Zeit dauerten, versuchte Ferenc Dedllf esaufzulösen: nach seiner Meinung sell der einheitliche Standpunkt mit Zentralhilfe tutdnicht ınit Grtshilfe in der Auswahl der Richter zur Geltung kemmen. Nach seinemStandpunkt ist die Idee eines verantwertlichen Ministeriums und Kemitatsautenemieunvereinbar, weraus entweder die mederne Zentralisatien eder das histerisclteMunizipium gerettet werden sell. Kessuth stellte dagegen fest: die verantwertlicheRegierung und die Kemitate seien versöhnt ml sein, wenn ihre Regelung zweckmäßiggeschieht. Der Wertwechsel zweier Pelitiker, die sich um den Ministerpesteıı bewarben,deuteten an, dass es kein Einverständnis unter den Pelitikern der verfassungsmäßigenMärzrevelutien gibt. ln der Sitzung der Bezirktafel am Nachmittag wurde klar: dieStandpunkte über das zukünftige Kemitatsschicksal sind etttrem unterschiedlichveneinander.

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IV. Umgestaltung des Komitates: der Art. XVI: 1848

Beziiglich des verfassungsrechtlichen Charakters der Neuregelung derKomitatsverfassung im Jahr 1848 hat sich in der ungarischen geschichtlichenFachliteratur kein einheitlicher Standpunkt durchgesetzt. Bin groBer Teil der Historikerhat in dieser Frage keine Stellung bezogen. Mehrere von ihnen sehen die burgerlicheAusrichtung der Veranderungen als evident an, andere vertreten die Ansicht, daB derLandtag in dieser Frage die eigentliche Entscheidung nur hinausgeschoben hat. Jene, dieeine grundliche verfassungsrechtliche Analyse unternommen haben, verteilen sich aufzwei Lager: nach den Vertretern der einen Richtung ,,fugte sich" die 1848 reformierteKomitatsverfassung ,,als feudaler Uberrest in die Staatsordnung des biirgerlichenStaates ein" (Gyorgy Szabad), Demgegenuber schreiben andere die Schaffung desburgerlichen Komitats den Aprilgesetzen zu und meinen, wie Bela Sarlos esformulierte: ,,das adelige Komitat, wie es vor 1848 war, brach schon im Jahr 1848zusammen".7

Bei einer rechtsgeschichtlichen Untersuchung der Frage ist die grundlicheUntersuchung des Wortlautes der Beschliisse unumganglich. Im vorliegenden Fall aberwird die Aufgabe auch dadurch erschwert, daB Art. 16:1848 „ Uber die Verfahrensweiseder provisorischen Komitatsbehorde" alle Eigentiimlichkeiten der gesetzgeberischenTatigkeit des letzten standischen Landtags, zahlreiche sich aus der schnellen undkompromiB-suchenden Textabfassung ergebende Mangel an sich tragt. Diegrammatische Analyse des Gesetzestextes und die logische Interpretation seines Inhaltskann schon deshalb zu keinen zufriedenstellenden Ergebnissen ftihren. Die auf dieumgehende Umgestaltung der Komitate gerichteten Vorstellungen und Absichten desGesetzgebers konnen nur durch die gemeinsame, systemhafte Interpretation derAprilgesetze erschlossen werden. Jene Autoren, die das Komitatsgesetz fur sich allein,von den das Verfassungsrecht betreffenden anderen Normen des Jahres 1848unabhangig untersuchten, betonten, zusammen mit den zeitgenossischen Publizisten,den im wesentlichen unveranderten Fortbestand des alten Komitatswesens und seinerKompetenzen. Die Mehrzahl derer aber, die auch den Geist der verfassungsrechtlichenUmgestaltung von 1848, die Komitate beruhrenden anderen Gesetze in Betracht ziehen,vertritt demgegeniiber die Ansicht, daB das alte System der Komitate und ihrWirkungskreis schon damals eine endgiiltige Veranderung erfuhr.

Das Lager der - Kossuth furenden - Munizipalisten, das an den alten Kompetenzender Komitate festhielt, berief sich zur Zeit der Reorganisation der Komitate in denJahren 1860-61 oft auf den Umstand, daB der einleitende Satz des Gesetzes 16:1848 dieKomitate als die ,,Bastionen der Verfassung" bezeichnete. Diese Formulierung spiegelte

7 Bela, Sarlos: Kozigazgatas es hatalompolitika a dualizmus rendszereben [Verwaltung und Machtpolitikim System des Dualismus], Budapest, 1976. S. 76-77; Bela, Sarlos; A kozigazgatas polgari jellegerol. In.:Polgari allamrendszerek [Uber den burgerlichen Charakter der Verwaltung. In: BurgerlicheStaatsordnungen] Budapest, 1981. S. 276-279; Gyorgy, Szabad: Kossuth politikai palyaja ismert esismeretlen megnyilatkozasai tiikreben [Die politische Laufbahn Kossuths im Spiegel seiner bekanntenund unbekannten AuBerungen], Budapest, 1977. S. 123; Istvan, Stipta: Az elso polgari korivarmegyetorveny (1848:16. tc) [Das erste Komitatsgesetz in der burgerlichen Periode], Acta Juridica etPolitica Tomus XLII, Fasc. 5., Szeged, 1992. S. 29-30.

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IV. Umgestaltung des Kemitates: der Art. XVI:1343

Bezüglich des verfassungsrechtlichen Charakters der Neuregelung derKemitatsverfassung im Jahr 1343 hat sich in der ungarischen geschichtlichenFachliteratur kein einheitlicher Standpunkt durchgesetzt. Eiıı greßer Teil der Histerikerhat in dieser Frage keine Stellung bezegen. Mehrere ven ihnen sehen die bürgerlicheAusrichtung der Veränderungen als evident an, andere vertreten die Ansicht, daß derLandtag in dieser Frage die eigentliche Entscheidung nur hinausgescheben hat. Jene, dieeine gründliche verfassungsrechtliche Analyse ttnternemınen haben, verteilen sich attfzwei Lager: nach den Vertretern der einen Richtung „fügte sich“ die 1343 refermierteKemitatsverfassung „als feudaler Überrest in die Staatserdnung des bürgerlichenStaates ein“ (Györg Szttbed). Demgegenüber schreiben andere die Schaffung desbürgerlichen Kemitats den Aprilgesetzen zu und meinen, wie Bela Snrltis esfermulierte: „das adelige Kemitat, wie es ver 1343 war, brach schen im Jahr 1343zusammen“.l

Bei einer rechtsgeschichtliclten Untersuchung der Frage ist die gründlicheUntersuchung des Wertlautes der Beschlüsse unumgänglich. lm verliegenden Fall aberwird die Aufgabe auch dadurch erschwert, daß Art. I6: 1'343 „ Über die Verfehrertswetseder previserisehen Kerrritetsbeftörde “ alle Eigentümlichkeiten der gesetzgeberischenTätigkeit des letzten ständischen Landtags, zahlreiche sich aus der schnellen undkempremiß-suchenden Teztabfassung ergebende Mängel an sich trägt. Diegrammatische Analyse des Gesetzesterttes und die legische Interpretatien seines Inhaltskann schen deshalb zu keinen zufriedenstellenden Ergebnissen fiiltren. Die auf dieumgehende Umgestaltung der Kemitate gerichteten Verstellungen und Absichten desGesetzgebers kömten nur durch die gemeinsame, systemhafte Interpretatien derAprilgesetze erschlessen werden. Jene Auteren, die das Kemitatsgesetz für siclı allein,ven den das Verfassungsrecht betreffenden anderen Nermen des Jahres 1343unabhängig untersuchten, betenten, zttsatnmen mit deıı zeitgenössischen Publizisten,den im wesentlichen unveränderten Fertbestand des alten Kemitatswesens und seinerKempetenzen. Die Mehrzahl derer aber, die auch den Geist der verfassungsrechtlichenUmgestaltung ven 1343, die Kemitate berührenden anderen Gesetze in Betracht ziehen,vertritt demgegenüber die Ansicht, daß das alte System der Kemitate und ihrWirkungskreis schen damals eine endgültige Veränderung erfuhr.

Das Lager der - Kessuth fürenden - Munizipalisten, das an den alten Kempetenzender Kemitate festhielt, berief sich zur Zeit der Reerganisatien der Kemitate in denJahren 1360-61 eft auf den Umstand, daß der einleitende Satz des Gesetzes 16:13»-43 dieKemitate als die „Bastienen der Verfassung“ bezeichnete. Diese Fennulieruııg spiegelte

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T Beta, Snrlös: Közigazgatäs es hatalempelitika a duslizmtıs rendszereben [Verwaltung und lvlachtpelitikim System des Dualismus], Budapest, l9Tti. S. T6-Tl; Bela, Srndös: A. közigazgatás pelgárijellegeröl. In.:Pelgári allamrendszerek [Über den bürgerlichen Charakter der Verwaltung. ln: BürgerlicheStaatserdnungen] Budapest, 1931. S. 2Tö-299; György, Sznbncf: Kessuth pelitikai pälyrija ismert esismeretlen megnyilatkezäsai tükrében [Die pelitische Laulhahn Kessuths im Spiegel seiner belcanıttenund unbekannten Auße1'ungen], Budapest, 1991“. S. 123; lstvän, Srrpre: Az elsö pelgäri kerivärmegyetörveny (1343:lö. tc) [Das erste Kemitatsgesetz in der bürgerlichen Periedej, Acta Juridica etPelitica Temus XLII, Fasc. 5., Szegecl, 1992. S. 29-3-3'.

ID?

die Auffassung der Reformpolitiker wider, die die politische Rolle der Munizipalitatenzu erhalten wiinschten, diente aber auch fur jene als Argument, die dieKomitatsverfassung aus geschichtlicher Ehrfurcht oder wegen der Festhaltung anVorrechten in ihrer Form von 1847 wiederherstellen wollten.

Unter den 31 Aprilgesetzen ist das Gesetz iiber die Komitate das einzige, das schonin seinem Titel einen Hinweis auf den provisorischen Charakter der Regelung enthielt.Diese Uberschrift enthalt iibrigens start dem von Lajos Kossuth vorgeschlagenen, eineradikale Anderung ins Auge fassenden, umfassenderen Ausdruck ,,Komitatsverfassung"(ungarisch ,,megyei szerkezet") den Ausdruck ,,Komitatszustandigkeit" (ungarisch,,megyei hatosag"). Weiterhin ist bemerkenswert, daB im einleitenden Text desGesetzes, im Gegensatz zu alien friiheren im Landtag eingebrachten Vorlagen, derAusdruck ,,Volksvertretung" (ungarisch ,,nepkepviselet") nicht melir vorkommt. Anseine Stelle kam auf Vorschlag von Dedk in der dramatischen Debatte vom 3. April1848 die etwas verschwommenere Forderung der ,,Allgemeinfreiheit" (ungarisch,,kozszabadsag"), als mit der das Komitatswesen ,,in Einklang" zu bringen sei. DiePraambel bezeichnete als eines der Ziele des Gesetzes die Aufrechterhaltung derKontinuitat der Verwaltung, auch dadurch den Standpunkt derer starkend, die z.B. inden Jahren 1860-61 die Regelung von 1848 als eine durch die ZweckmaBigkeitgebotene einmalige Verfugung auffaBten.

Unter die provisorischen Verfugungen wurde auf Vorschlag von Szechenyi dieBestimmung aufgenommen, daB auf der einzuberufenden Komitatsversammlung allejene ein Stimmrecht haben sollen, denen dieses schon friiher zustand. DieserGesetzestext kann gemaB seiner urspranglichen Absicht so ausgelegt werden, daB derLandtag ein schon erworbenes Recht nicht entziehen, die in friiherer Zeit erhaltenepolitische Freiheit nicht einengen wollte, er wurde aber auch so interpretiert, daB er dasRecht des Adels auf personliche Erscheinung nicht aufhob. Die Wendung 'dieGemeinden ,,ordern Deputierte" (ungarisch ,,kepviseloket utasitanak") zurKomitatsversammlung' spiegelte ebenfalls prinzipielle Unsicherheit wider und bereitetedann auch viele Schwierigkeiten bei der Anwendung. Das Wort ,,Order" (ungarisch,,utasitas") wurde mancherorts so ausgelegt, daB die Gemeinden ein bindendesProgramm, ein imperatives Mandat ihren zur Versammlung delegierten Vertreterngeben konnten. Die Regelung der Befugnisse des von der Komitatsversammlunggebildeten Ausschusses schien ebenfalls die Kontinuitat zu bestatigen, denn er konnte injeder Frage entscheiden, die ,,nach Gesetz und Verfassung" friiher in die Kompetenz derKomitate gehorte.

AuBer Art. 16:1848 enthielten auch einige andere wichtige verfassungsrechtlicheGesetze Bestimmungen, aus denen ein Teil der Zeitgenossen auf die Unversehrtheit deralten verfassungsrechtlichen Befugnisse der Komitate schloB. Von den spaterenMunizipalisten wurde am haufigsten der § 26 von Art. 3:1848 zitiert, wonach ,,diegesetzlichen behordlichen Rechte" aller Munizipalitaten des Landes ,,in vollstandigerUnversehrtheit auch weiterhin aufrechtzuerhalten sind", Nach Kossuth war das derwichtigste Beweis dafur, daB die Gesetzgeber die Komitate und ihren Wirkungskreis inihrem alten Glanz erhalten wollten.

In § 5 von Art 5:1848, der die Wahl der Landtagsabgeordneten behandelt, istmehrmals von Deputierten der Komitate die Rede. Um diese offensichtlicheUngenauigkeit der Formulierung gab es auch noch im Jahr 1874 eine rege publizistische

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die Auffassung der Refermpelitiker wider, die die pelitische Relle der Mnnizipalitätenztı erhalten wünschten, diente aber auch für jene als Argument, die dieKemitatsver-fassung aus geschichtlicher Ehrfurcltt eder wegen der Festhaltung anVerrecltten in ihrer Ferın ven 134? wiederherstellen wellten.

Unter den 31 Aprilgesetzen ist das Gesetz über die Kemitate das einzige, das schenin seinem Titel einen I-linweis auf den previserischen Charakter der Regelung enthielt.Diese Überschrift enthält übrigens statt dettt ven Lajes Kessnrh vergeschlagenen, eineradikale Anderung ins Auge fassenden, umfassenderen Ausdruck „Kemitatsverfassung“(ungarisch „megyei szerkezet“) den Ausdruck „1<.emitatszuständigkeit“ (ungarisch„megyei l1atösäg“). Weiterhin ist bemerkenswert, daß im einleitenden Tertt desGesetzes, im Gegensatz ztt allen früheren im Landtag eingebrachten Verlagen, derAusdruck „Velksvertretung“ (ungarisch „nepkepviselet“) nicht melu verkemmt. Anseine Stelle kaın auf Verschlag ven Denk in der dramatischen Debatte vem 3. April1343 die etwas verschwemınenere Ferdertıng der „Allgemeinfreiheit“ (ungarisch„közszabadsag“), als mit der das Kentitatswesen „in Einklang“ zu bringen sei. DiePräambel bezeichnete als eines der Ziele des Gesetzes die Aufrechterhaltung derKentinuität der Verwaltung, auch dadurch den Standpunkt derer stärkend, die z.B. inden Jahren 1361)-61 die Regelung ven 1343 als eine durch die Zweckmäßigkeitgebetene einmalige Verfügung auffaßten.

Unter die previserischen Verfligungen wttrde auf Verschlag ven Szächenyi dieBestimmung aufgenemmen, daß auf der einzuberufettden Kemitatsversammlung allejene ein Stimmrecht haben sellen, denen dieses schen früher zustand. DieserGesetzestext kann gemäß seiner ursprünglichen Absicht se ausgelegt werden, daß derLandtag ein schen erwerbenes Recht nicht entziehen, die in früherer Zeit erhaltenepelitische Freiheit nicht einengen wellte, er wurde aber auch se interpretiert, daß er dasRecht des Adels auf persönliche Erscheinung nicht aufheb. Die Wendung 'dieGemeinden „erdem Deputierte“ (ungarisch „kepviselöket utasitanak“) zurKemitatsversammlung' spiegelte ebenfalls prinzipielle Unsicherheit wider und bereitetedann auch viele Schwierigkeiten bei der Anwendung. Das Wert „Order“ (ungarisch„ı.ttasitäs“) wurde manchererts se ausgelegt, daß die Gemeinden ein bindendesPregramm, ein imperatives Mandat ihren zur Versammlung delegierten Vettretemgeben kötntten. Die Regelung der Befugnisse des ven der Kemitatsversanunlunggebildeten Ausschusses schien ebenfalls die Kentinuität zu bestätigen, denn er kennte injeder Frage entscheiden, die „nach Gesetz und Verfassung“ früher in die Kempetenz derKemitate gehörte.

Außer Aıt. 1ö:1343 enthielten auch einige andere wichtige verfassungsrechtlicheGesetze Bestimmungen, aus denen ein Teil der Ze itgenessen auf die Unversehrtheit deralten verfassungsrechtlichen Befugnisse der Kemitate schleß. Ven den späterenMunizipalisten wurde aın häufigsten der § 26 ven Art. 3:1343 zitiert, wenach „diegesetzlichen behördlichen Rechte“ aller Mnnizipalitäten des Landes „in vellständigerUnversehrtheit auch weiterhin aufrechtzuerhalten sind“. Nach Kessnrh war das derwichtigste Beweis dafür, tlaß die Gesetzgeber die Kemitate und ihren Wirkttngskreis inihreın alten Glanz erhalten wellten.

ln § 5 ven Art 5 :1343, der die Wahl der Landtagsabgeerdneten behandelt, istmehrmals ven Deputieıten der Kemitate die Rede. Um diese effensichtlicheUngenauigkeit der Fermttlierttng gab es auch nech im Jahr 1374 eine rege pttblizistische

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Debatte. Kossuth behauptete unter Berufiing auf diesen Paragraphen, daB der Landtagim Jahre 1848 das Recht der Komitate auf Vertretung nicht abgeschafft hatte. SeinemStandpunkt nach bestand die Veranderung nur darin, daB fortan nicht nur die Adeligenund nicht am Sitz der Munizipalitat, sondern in den innerhalb der Komitate gebildetenKreisen wahlen konnten. Art. V. bestimmte auch, daB die Aufteilung in Wahlkreise,,hinsichtlich des Gebietes und der Eigenstandigkeit der Komitate keinerlei Veranderungherbeifiihrt". Die Abwicklung, die ,,Leitung" der Wahlen verblieb ebenfalls imWirkungskreis der Komitate.8

Die Gesetze von 1848 haben das Recht der Munizipalitaten, den DeputiertenWeisungen zu geben, nicht expressis verbis aufgehoben. Dieser Umstand hat bei derAnwendung des Gesetzes im Jahr 1848 und besonders in den Jahren 1860-61 zu ernstenprinzipellen und praktischen Schwierigkeiten gefuhrt.9

In der standischen Periode war eine der wichtigsten, den o'ffentlich-rechtlichenCharakter der Komitate beriihrenden Befugnisse die durch Gewohnheitsrecht gesicherteMoglichkeit der vis inertiae. Uber das Recht, die als gesetzwidrig angesehenenVerordnungen beiseite zu schieben, sagen die Gesetze des Jahres 1848 nichts. Diescharfste Debatte drehte sich im Jahr 1860 gerade um die Interpretation diesesSchweigens. Sogar ein Teil der Reformpolitiker gab zu, daB die zweckmaBige und unterVerantwortung der Mitwirkenden in den Komitatsbehorden erfolgende Anwendungdieses Rechts die praktisch undurchfuhrbaren oder aus welchem Grund auch immergesetzwidrigen ministerialen Verordnungen herausfiltern kann. Untersucht man unterBeriicksichtigung der prinzipiellen Anforderungen des Parlamentarismus und derVolksvertretung die Umgestaltung der Komitate im Jahre 1848 als einheitliches Ganzes,als System von Regelungen d.h. unter Zugrundelegung aller 12 die Komitateberiihrenden Gesetze, erweist sich der groBte Teil dieser Zweifel als gegenstandslos.10

Mit der Regelung der Volksvertretung in Art. 5:1848 wurden wesentliche Elementeder Befugnisse der Komitate in der Gesetzgebung automatisch aufgehoben.

Friiher entschied die Komitatsversammlung dariiber, wer auBer den Adeligen einWahlrecht haben, wie hoch das Wahlalter sein und nach welchem Wahlverfahren dieDeputierten gewahlt werden sollen. Von nun an bestimmte iiber diese Elemente desWahlsystems ein Gesetz, das keine Ausnahmen zulieB. Die Deputierten wurden nach1848 von den Wahlern der Wahlkreise und nicht von der Komitatskongregation

8 Arpad, Kdrolyi: A 1848-diki torvenycikkek az udvar elott. [Der Gesetzesartikel von 1848 vor demHofe] Budapest, 1936.; Kossuth Lajos Iratai [Lajos Kossuths Schriften] Bd. VIII. (Ed.: Ferenc Kossuth),Budapest, 1900. S. 525, 532.9 Gabor, Mdthe: Problems of codification during the Austro-Hungarian dual monarchy. In.: Von denStandeversammlungen bis zum parlamentarischen Regierungssystem in Ungarn. (Studien zurParlamentarismusgeschichte) Herausgeber: Gabor, Mdthe, Barna, Mezey. Budapest/Graz, 2001. S. 26-27.;Istvan Rajkai-Friebisz: Megyei alkotmanyos mozgalmak 1860. October 20-tol 1861. april 2-ig, mint anemzetgyiiles megnyitasa napjaig [Verfassungsrechtliche Bestrebungen vom 20. Oktober 1860 bis zum 2.April 1861, dem Eroffnungstag der Landtags], Pest, 1861. S. 61, 68, 92, 112.10 Die die Komitatsverfassung beriihrenden Aprilgesetze sind folgende: 17:1848, die Artikel 23-26:1848,§ 5 des Siebenbiirgen behandelnden VII: 1848, dann zum Teil Art.§ 26 111:1848, § 7 V:1848, § 4 IX: 1848,§ 2-3 10:1848, § 1-5 11:1848, §§ 2, 3, 6, 7 und 15 22:1848, § 3 29 und Art. 31:1848. Eine(unvollstandige) Aufziihlung der Gesetze gibt Erno, Lakatos: Az elso megyebizottmany 1848-1849 [Dererste KomitatsausschuB], Leveltari Kozlemenyek 1958, S. 108. Bei der Analyse des Gesetzes hielt ichmich an den Text in Magyar Torvenytar 1836-1868. evi Torvenycikkek [Ungarische Gesetzessammlung,Gesetzesartikel aus den Jahren 1838-1868] (ed.: Dr. Dezso, Mdrkus) Budapest, 1896. S. 237-238.

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Debatte. Kessnrh behauptete unter Berufung auf diesen Paragraphen, daß der Landtagim Jahre 1343 das Recht der Kemitate attf Vertretung nicht abgeschafft hätte. SeinemStandpunkt nach bestand die Veränderung nur darin, daß fertan nicht nur die Adeligenund nicht am Sitz der Munizipalität, sendern in den innerhalb der Kemitate gebildetenKreisen wählen kennten. Art. V. bestimmte auch, daß die Aufteilung in Wahlkreise„hinsichtlich des Gebietes und der Eigenständigkeit der Kemitate keinerlei Veränderungherbeiführt“. Die Abwicklung, die „Leitung“ der Wahlen verblieb ebenfalls imWirkungskreis der Kemitate.“

Die Gesetze ven 1343 haben das Recht der Mnnizipalitäten, den DeputiertenWeisungen zu geben, nicht ezpressis verbis aufgeheben. Dieser Umstand hat bei derAnwendung des Gesetzes im Jahr 1343 tınd besenders in den Jahren 1369-61 zu ernstenprinzipellen und praktischen Schwierigkeiten geführt.“

In der ständischen Periede war eine der wichtigsten, den öffentlich-rechtlichenCharakter der Kemitate berührenden Belíıgnisse die durch Gewehnheitsrecht gesicherteMöglichkeit der wir tnerrtne. Über das Recht, die als gesetzwidrig angesehenenVererdnungen beiseite zu schieben, sagen die Gesetze des Jahres 1343 nichts. Dieschärfste Debatte drehte sich im Jahr 1369 gerade um die lnterpretatien diesesSchweigens. Segar ein Teil der Referınpelitiker gab zu, daß die zweckmäßige und unterVerantwertung der Mitwirkenden in den Kemitatsbehörden erfelgende Anwendungdieses Rechts die praktisch undurchfithrbaren eder aus welchem Gmnd auch immergesetzwidrigen ministerialen Vererdnungen herausfiltern kann. Untersucht man unterBerücksichtigung der prinzipiellen Anferderungen des Parlamentarismus und derVelksvettretung die Umgestaltung der Kemitate im Jahre 1343 als einheitliches Ganzes,als System ven Regelungen d.h. unter Zugrundelegung aller 12 die Kemitateberührenden Gesetze, erweist sich der größte Teil dieser Zweifel als gegenstands1es.“'Mit der Regelung der Velksvettretung in Art. 5:1343 wurden wesentliche Elemente

der Befugnisse der Kemitate in der Gesetzgebung autematisch aufgeheben.Früher entschied die Kemitatsversammluug darüber, wer außer den Adeligen ein

Wahlrecht haben, wie hech das Wahlalter sein und nach welchem Wahlverfahren dieDeputierten gewählt werden sellen. Ven nun an bestimmte über diese Elemente desWahlsystems ein Gesetz, das keine Ausnahmen zuließ. Die Deputierten wurden nach1343 ven den Wählern der Wahlkreise und nicht ven der Kemitatskengregatien

3 Arpad, Kdrelyl: A 1343-dild törvenycikkek az udvar elütt. U)er Gesetzesartikel ven 1343 ver demHefe] Budapest, 1936.: Kessuth Lajes lratai [Lajes Kessnthr Schriften] Bd. Vlll. [Ed.: Ferenc Kessntlı),Budapest, 1999. S. 525, 532.“ Gäber, Mdtlte: Preblems ef cedificatien during the Austte-I-lungarian dual menarchy. In.: Ven denStan-:leversammlungen bis zum parlarnentarischen Regierungssystem in Ungarn. (Studien zurParlamentarismusgeschichtel Herausgeber: Gaber, Mtitlfte, Barca, Mese_v. l3udapestlGraz, 2991. S. 26-22.;lstvän Rnjkai-Frteblsz: Megyei alketrnt-inyes mezgalmak 1369. ecteber 29-tel 1361. april 2-ig, mint anemzetgyüles megnyitäsa napjäig [Verfassungstechtliche Bestrebungen vem 29. Okteber 1369 bis zum 2.April 1361, dem Eröffnungstag der Landtags], Pest, 1361. S. 61, 63, 92, 112.“l Die die Kemitatsverfassung berüluenden Aprilgesetze sind felgende: l?:1343, die Artikel 23-26:1343,§ 5 des Siebenbürgen behandelnden V11:1343, dann zum Teil Art.§ 26 Ill:l343, § T V:l343, § 4 lX:1343,§› 2-3 19:l343, §- 1-5 ll:1343, §§ 2, 3, 6, 7 und 15 22:1343, § 3 29 und Art. 3l:1343. Eine{unvel|ständige} Aufzählung der Gesetze gibt Ernö, Lnteres: Az elsö megyebizettınäny 1343-1349 [Dererste Kemitatsausschußj, Leveltäri Közlemenyek 1953, S. 193. Bei der Analyse des Gesetzes hielt ichmich an den Test in Magyar Törvenytár 1336-1363. evi Törvenycikkek [Ungarische Gesetzessammlung,Gesetzesartikel aus den Jahren 133 3-1 363] (ed: Dr. Dezsö, Mdr›b:tr} Budapest, 1396. S. 23?-23 3.

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gewahlt. Das Weisungs- und Abberufungsrecht konnen die Wahler vielleicht nochausiiben, dem Komitat stand es aber nicht zu, denn die Deputierten wurden ja nicht vonihm gewahlt. Das friiher bestehende Recht der Komitatsversammlung der Beglaubigungder Deputierten ging durch § 47 Art. V:1848 an die Deputiertentafel uber. DieVerkiindung der Gesetze erfolgte immer melir im amtlichen Gesetzblatt, die ,,lokaleGesetzgebung", die Erlassung von Statuten rilckte durch die Rechtsnormen schaffendeTatigkeit der Ministerien in den Hintergrund.

Oft wird gesagt, daB die Gesetzgebung von 1848 nur die Rechte der Komitate in derLegislative aufhob. Demgegeniiber muB betont werden, daB die Aprilgesetze auch aufdem Gebiet der Vollziehungsrechte prinzipielle Veranderungen mit sich brachten.Wahrend das Komitat am Ende der standischen Periode im eigenen Komitatsgebiet daseinzige verfassungsmaBige Organ des Gesetzesvollzugs war, hielt § 6 Art. 3:1848 mitprinzipieller Scharfe fest: der Konig wird fortan die vollziehende Gewalt,,ausschlieBlich iiber das ungarische Ministerium ausiiben". Auch die Vollziehung derVerordnungen der koniglichen und ungarischen Zentralregierungsorgane gehorte in dieKompetenz der Komitate, diese Organe wurden jedoch durch Art. 3:1848 abgeschafft.Das Recht der vis inertiae war mit § 32/c dieses Gesetzes unvereinbar. Das Gesetz stelltunmiBverstandlich fest, daB der Minister fur Versaumnisse in der Vollziehung derGesetze zur Verantwortung gezogen werden kann und mit dieser Bestimmung war dasRecht der Nichtbeachtung der Verordnungen nicht mehr zu vereinbaren. Art. 8:1848uber die gleichmaflige Verteilung der offentlichen Lasten iibertrug alle, bis dahin denKomitatsversammlungen zustehenden Steuerkompetenzen, das Recht der Bestimmungder Steuerarten und der Erhebung von Steuern, den Ministerien.

Art. 11:1848 hob die grundherrliche Gerichtsbarkeit auf, die Komitate verloren ihrenWirkungsbereich in der Leibeigenenverwaltung. Der Reformversuch (Art. 22) in derLandesverteidigung verzichtete auf die friiher ausschlieBliche Mitwirkung der Komitateund stellte die Streitkrafte des Landes unter die Leitung des Ministeriums.

Im Bereich der Jurisdiktion stand den Komitaten das Recht der Richterwahl und derAufsicht der Patrimonialgerichte nicht mehr zu. Hire politischen Berechtigungen(Erorterung landesweiter und internationaler Fragen in der Kongregation, Petitions- undKorrespondenzrecht) behielten die Komitate und machten von ihnen auch Gebrauch.Diese Wirkungsbereiche spielen in der Beurteilung des verfassungsrechtlichenCharakters der Komitate keine entscheidende Rolle.

Aus dem Gesagten geht hervor, daB die Reformgesetze von 1848 - obwohl siemehrere prinzipielle Fragen offen lieBen - den in verfassungsrechtlicher Hinsichtwichtigen Wirkungsbereich der standischen Komitate in der Gesetzgebung undVerwaltung wesentlich geandert haben. Die Reform konnte wegen der bekanntenUrsachen nicht vollstandig sein. Der Zustandigkeitsbereich der Komitate wurde nichtgenau beschrieben, ihr Platz in der Struktur des Staates wurde nicht festgesetzt. DieGesetzgebung blieb mit der Regelung des Verhaltnisses zu den untergeordnetenEinheiten (Gemeinden) und der Verbindung mit dem Ministerium schuldig. DerGedanke der Vereinheitlichung tauchte nicht auf, es kam weder zur Beseitigung derDisproportionen in der GroBe der Komitatsgebiete, noch zur gesetzlichen Festlegungder Komitatssitze, noch zu einer den neuen Verhaltnissen entsprechendenNeubestimmung der Bezirksgrenzen innerhalb der Komitate. Es kam kein Gesetz uber

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gewählt. Das Weisungs- und Abberufungsrecht können die Wähler vielleicht nechausüben, dem Kemitat stand es aber nicht zu, demı die Deputierten wurden ja nicht venihm gewählt. Das früher bestehende Recht der Kemitatsversaımnlung der Beglaubigungder Deputierten ging durch § 47 Art. V:l343 an die .Deputiertentafel über. DieVerkündung der Gesetze erfelgte immer mehr im amtlichen Gesetzblatt, die „lekaleGesetzgebung“, die Erlassung ven Statuten rückte durch die Rechtsnermen schaffendeTätigkeit der Ministerien in den Hintergrund.

Oft wird gesagt, daß die Gesetzgebung ven 1343 nur die Rechte der Kemitate in derLegislative aufheb. Demgegenüber muß betent werden, daß die Aprilgesetze auch aufdem Gebiet der Vellstennngsreenre prinzipielle Veränderungen mit sich brachten.Während das Kemitat am Ende der ständischen Periede im eigenen Kemitatsgebiet daseinzige verfassungsmäßige Organ des Gesetzesvellzugs war, hielt § 6 Art. 3:l343 mitprinzipieller Schärfe fest: der König wird fertan die vellziehende Gewalt„ausschließlich über das mgarische Ministerium ausüben“. Auch die Vellziehung derVererdnungen der königlichen und ungarischen Zentralregiertıngsergane gehörte in dieKempetenz der Kemitate, diese Organe wurden jedech durch Art. 3:13-43 abgeschafft.Das Recht der vis tnerrtne war mit § 32!c dieses Gesetzes unvereinbar. Das Gesetz stelltunmißverständlich fest, daß der Minister für Versäumnisse in der Vellziehung derGesetze zur Veranrwertung gezegen werden kann und mit dieser Bestimmung war dasRecht der Nichtbeachtung der Vererdnungen nicht mehr zu vereinbaren. Art. 3:l343über die gleichmäßige Verteilung der öffentlichen Lasten übertrug alle, bis dahin denKemitatsversammlungen zustehenden Steuerkempetenzen, das Recht der Bestimmungder Steuerarten und der Erhebung ven Steuern, den Ministerien.

Art. 11:1 343 heb die grundherrliche Gerichtsbarkeit auf, die Kemitate verleren iluenWirkungsbereich in der Leibeigenenverwaltung. Der Refermversuch (Art. 22) in derLandesverteidigung verzichtete auf die früher ausschließliche Mitwirkung der Kemitateund stellte die Streitkräfte des Landes unter die Leitung des Ministeriums.

Im Bereich der Jnrtsdhlzrien stand den Kemitaten das Recht der Richterwahl und derAufsicht der Patrimenialgerichte nicht mehr zu. Ihre pelirtschen Berechtigungen(Erörterung landesweiter und intematienaler Fragen in der Kengregatien, Petitiens- ıutdKerrespendenzrecht) behielten die Kemitate und machten ven ihnen auch Gebrauch.Diese Wirkungsbereiche spielen in der Beurteilung des verfassungsrechtlichenCharakters der Kemitate keine entscheidende Relle.

Aus dem Gesagten geht herver, daß die Refermgesetze ven 1343 - ebwehl siemehrere prinzipielle Fragen effen ließen - den in verfassungsrechtlicher Hinsichtwichtigen Wirkungsbereich der ständischen Kemitate in der Gesetzgebung undVerwaltung wesentlich geändert haben. Die Referm kennte wegen der bekanntenUrsachen nicht vellständig sein. Der Zuständigkeitsbereich der Kemitate wtırde nichtgenau beschrieben, ihr Platz in der Struktur des Staates wurde nicht festgesetzt. DieGesetzgebung blieb mit der Regelung des Verhältnisses zu den untergeerdnetenEinheiten (Gemeinden) und der Verbindung mit dem Ministerium schuldig. DerGedanke der Vereinheitlichung tauchte nicht auf, es kam weder zur Beseitigung derDisprepertienen in der Größe der Kemitatsgebiete, nech zur gesetzlichen Festlegungder Kemitatssitze, nech zu einer den neuen Verhältnissen entsprechendenNeubestitmnung der Bezirksgrenzen innerhalb der Kemitate. Es kam kein Gesetz über

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die Finanzen der Komitate zustande, in der Aktenbearbeitung blieb alles beim Alten, dieAnforderungen der Beamtenqualifikation blieben partikular bestimmt.

Der erste verfassungsrechtliche Versuch zum Umbau der ungarischen standischenKomitate im Jahre 1848 brachte eine KompromiBlosung. Als Ergebnis der nicht zuEnde gefuhrten verfassungsrechtlichen Reform entstand eine in Europa einzigartigeverfassungsrechtliche Konstruktion. Das nach franzosischem und belgischem Mustergeschaffene, dem Parlament verantwortliche Ministerium verfugte einstweilen iiberkeinen modernen Vollziehungsapparat auf Regionalebene. Das durch die Reformerneuerte Komitat unterschied sich in ihrem Charakter von den englischen Grafschaften,denn ihre mitwirkenden Beamten bekamen ein Entgelt. Auch nach denEinschrankungen verblieb den Komitaten ein groBerer Wirkungskreis als derirgendeinem Selbstverwaltungsorgan nach einer der franzosischen Verfassungenzustand. Abweichend von den belgischen Munizipalitaten waren ihnen ihre politischenRechte geblieben, und im Gegensatz zu dem preuBischen Verwaltungssystem behieltensie den groBten Teil der Stadte unter ihrer Aufsicht. Das mit den europaischenEntwicklungstendenzen im Einklang stehende Zentralregierungssystem wurde durcheine auf der Tradition beruhende lokale Selbstverwaltung erganzt. Auf die,,Versohnung" der beiden Institutionen muBte man zwanzig Jahre warten.

In der theoretischen Festlegung des modernen ungarischen lokalenSelbstverwaltungssystems spielte Lajos Kossuth eine entscheidende Rolle.

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die Finanzen der Kemitate zustande, in der Aktenbearbeitung blieb alles beim Alten, dieAnferderungen der Beamtenqualifikatien blieben partikular bestimmt.

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Der erste verfassungsrechtliche Versuch zum Umbau der ungarischen ständischenKemitate im Jahre 1343 brachte eine Kempremißlösung. Als Ergebnis der nicht zuEnde geführten verfassungsrechtlichen Referın entstand eine in Eurepa einzigartigeverfassungsrechtliche Kenstruktien. Das nach französischem und belgischem Mustergeschaffene, dem Parlament verantwertliche Ministerium verfı'.'ıgte einstweilen überkeinen ınedernen Vellziehungsapparat auf Regienalebene. Das durch die Refermerneuerte Kemitat unterschied sich in ihrem Charakter ven den englischen Grafschaften,denn ihre mitwirkenden Beamten bekamen ein Entgelt. Auch nach denEinschränkungen verblieb den Kemitaten ein größerer Wirkungskreis als derirgendeinem Selbstverwaltungsergan nach einer der französischen Verfassttngenzustand. Abweichend ven den belgischen Mnnizipalitäten waren ihnen ihre pelitischenRechte geblieben, und im Gegensatz zu dem preußischen Verwaltungssystem behieltensie den größten Teil der Städte unter ihrer Aufsicht. Das mit den eurepäischenEntwicklungstendenzen im Einklang stehende Zentralregierungssystem wurde durcheine auf der Traditien beruhende lekale Selbstverwaltung ergänzt. Auf die„Versö1mung“ der beiden Institutienen mußte man zwanzig Jahre warten.

In der theeretischen Festlegung des medemen ungarischen lekalenSelbstverwaltuııgssystems spielte Lajes Kes.rnrn eine entscheidende Relle.

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