Biomechanische Aspekte von Wechselkomponenten für den Kniegelenkersatz

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Leitthema E. Steinhauser · R. Burgkart · L. Gerdesmeyer Abteilung Biomechanik, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Technische Universität, München Biomechanische Aspekte von Wechselkomponenten für den Kniegelenkersatz Orthopäde 2006 · 35:128–135 DOI 10.1007/s00132-005-0911-9 Online publiziert: 16. Dezember 2005 © Springer Medizin Verlag 2005 Neben dem künstlichen Ersatz des Hüft- gelenks ist die endoprothetische Versor- gung des Kniegelenks mittlerweile eine der erfolgreichsten und häufigsten ortho- pädischen Operationen. Im Gegensatz zur Hüftendoprothetik ist beim alloarthroplas- tischen Ersatz des Kniegelenks die „funk- tionelle Einheit“ aus ossärer Gelenkanato- mie, Bandstrukturen und Muskulatur von weitaus größerer Bedeutung. Nach den Anfängen mit vollgekoppel- ten Scharniergelenkendoprothesen in den 50er und 60er Jahren, die eine Metall-Me- tall-Gleitpaarung aufwiesen, konnte mit dem Einsatz der Gleitpaarung Metall-Po- lyethylen der heutige Entwicklungsstand erreicht werden. Diese Materialpaarung er- laubte es, eine Vielzahl unterschiedlicher, der jeweiligen Situation des Patienten an- gepasster Implantate zu entwickeln. So wurden heutzutage die vollgekoppelten Scharnierendoprothesen in großen Berei- chen von un- oder teilgekoppelten Ober- flächenersatzimplantaten abgelöst, haben jedoch nach wie vor ihren unbestrittenen Stellenwert in der Revisionschirurgie [5]. Die wesentlichen Fortschritte der Kniege- lenkendoprothetik beruhen nicht nur auf einer kontinuierlichen Optimierung der Implantate, sondern auch auf Verbesse- rungen der Operationstechniken und In- strumentarien. Trotz der beschriebenen Erfolge kann die primäre alloplastische Rekonstrukti- on des Kniegelenks postoperative Kompli- kationen und Revisionsoperationen nicht vollständig verhindern. So recherchierten auf nationaler Ebene Jerosch et al. [14], dass jeder 10. Eingriff der Knieendopro- thetik eine Revisionsoperation ist. Die Hauptursache hierfür sind die aseptische Implantatlockerung (42), septische Lo- ckerungen (17) sowie Probleme mit der Patella, Schmerzen, Frakturen, Instabilitä- ten etc.. Diese in Deutschland erhobenen Daten sind in guter Übereinstimmung mit retrospektiven Analysen, die z. B. aus dem skandinavischen Ausland berichtet wer- den [21]. Wenn Revisionsoperationen nö- tig werden, liegen die größten Herausfor- derungen in einer guten Ausrichtung der Implantatkomponenten und der Rekon- struktion und Restaurierung des peripro- thetischen Knochenlagers. Bei den klinischen Anwendern lässt sich derzeit noch kein Konsens bzgl. Im- plantatverankerung und primärem Patel- larückflächenersatz feststellen [15]. So gibt es zwar Metaanalysen, die zu dem Schluss kommen, dass Patienten mit Patellarück- flächenersatz ein geringeres Risiko für ei- ne Reoperation und weniger vordere Knie- schmerzen aufweisen [17, 18], allerdings werden in anderen Studien nicht signifi- kante Unterschiede zwischen Patienten mit und ohne Patellaersatz hinsichtlich Revisionsraten, klinischen und funktionel- len Scores, radiologischen Ergebnissen so- wie Schmerzen beschrieben [2]. Nahezu allen Studien ist gemein, dass auf größe- re Fallzahlen, längere Verlaufskontrollen oder die zu erwartenden, zukünftigen Er- gebnisse aus Endoprothesenregistern zur Absicherung der jeweiligen Studienergeb- nisse verwiesen wird. In diesem Beitrag werden keine kli- nisch-funktionellen und tribologischen, sondern grundlegende biomechanische Aspekte von (Primär- und) Wechselkom- ponenten für den künstlichen Ersatz des Kniegelenks dargelegt. Im Folgenden wer- den diesbezüglich verschiedene Klassifi- zierungsschemata der Kniegelenkendo- prothesen, deren Werkstoffe und Veranke- rungstechniken, sowie spezielle Revisions- implantate vorgestellt. Klassifizierung von Kniegelenkendoprothesen Die Klassifizierung von Gelenkendopro- thesen ist aus mehreren Gründen von In- teresse. Zum einen dient eine eindeutige und einheitliche Terminologie, z. B. in wis- senschaftlichen Publikationen, der Vermei- dung von Missverständnissen, zum ande- Redaktion R. Gradinger, München 128 | Der Orthopäde 2 · 2006

Transcript of Biomechanische Aspekte von Wechselkomponenten für den Kniegelenkersatz

Leit the ma

E. Stein hau ser · R. Burg kart · L. Ger des mey er

Ab tei lung Bio me cha nik, Kli nik für Or tho pä die und Un fall chi rur gie,

Tech ni sche Uni ver si tät, Mün chen

Bio me cha ni sche Aspek te von Wech sel kom po nen ten für den Knie ge len ker satz

Or tho pä de 2006 · 35:128–135

DOI 10.1007/s00132-005-0911-9

On li ne pub li ziert: 16. De zem ber 2005

© Sprin ger Me di zin Ver lag 2005

Neben dem künst li chen Er satz des Hüft-

ge lenks ist die en do pro the ti sche Ver sor-

gung des Knie ge lenks mitt ler wei le eine

der er folg reichs ten und häu figs ten or tho-

pä di schen Ope ra tio nen. Im Ge gen satz zur

Hüf ten do pro the tik ist beim al loar thro plas-

ti schen Er satz des Knie ge lenks die „funk-

tio nel le Ein heit“ aus os sä rer Ge len ka na to-

mie, Band struk tu ren und Mus ku la tur von

weitaus grö ße rer Be deu tung.

Nach den An fän gen mit voll ge kop pel-

ten Schar nier ge len ken do pro the sen in den

50er und 60er Jah ren, die eine Me tall-Me-

tall-Gleit paa rung auf wie sen, konn te mit

dem Ein satz der Gleit paa rung Me tall-Po-

ly ethy len der heu ti ge Ent wick lungs stand

er reicht wer den. Die se Ma te ri al paa rung er-

laub te es, eine Viel zahl un ter schied li cher,

der je wei li gen Si tu a ti on des Pa ti en ten an-

ge pas s ter Im plan ta te zu ent wi ckeln. So

wur den heut zu ta ge die voll ge kop pel ten

Schar nie ren do pro the sen in gro ßen Be rei-

chen von un- oder teil ge kop pel ten Ober-

flä che n er satz im plan ta ten ab ge löst, ha ben

je doch nach wie vor ih ren un be strit te nen

Stel len wert in der Re vi si ons chir ur gie [5].

Die we sent li chen Fort schrit te der Knie ge-

len ken do pro the tik be ru hen nicht nur auf

ei ner kon ti nu ier li chen Op ti mie rung der

Im plan ta te, son dern auch auf Ver bes se-

run gen der Ope ra ti ons tech ni ken und In-

stru men ta ri en.

Trotz der be schrie be nen Er fol ge kann

die pri märe al lo plas ti sche Re kon struk ti-

on des Knie ge lenks post ope ra ti ve Kom pli-

ka tio nen und Re vi si ons ope ra tio nen nicht

voll stän dig ver hin dern. So re cher chier ten

auf na tio na ler Ebe ne Je rosch et al. [14],

dass je der 10. Ein griff der Knie en do pro-

the tik eine Re vi si ons ope ra ti on ist. Die

Haupt ur sa che hier für sind die asep ti sche

Im plan tat lo cke rung (42), sep ti sche Lo-

cke run gen (17) so wie Pro b le me mit der

Pa tel la, Schmer zen, Frak tu ren, In sta bi li tä-

ten etc.. Die se in Deutsch land er ho be nen

Da ten sind in gu ter Über ein stim mung mit

re tro spek ti ven Ana ly sen, die z. B. aus dem

skan di na vi schen Aus land be rich tet wer-

den [21]. Wenn Re vi si ons ope ra tio nen nö-

tig wer den, lie gen die größ ten He raus for-

de run gen in ei ner gu ten Aus rich tung der

Im plan tat kom po nen ten und der Re kon-

struk ti on und Re stau rie rung des pe ri pro-

the ti schen Kno chen la gers.

Bei den kli ni schen An wen dern lässt

sich der zeit noch kein Kon sens bzgl. Im-

plan tat ver an ke rung und pri märem Pa tel-

lar ück flä che n er satz fest stel len [15]. So gibt

es zwar Me ta ana ly sen, die zu dem Schluss

kom men, dass Pa ti en ten mit Pa tel lar ück-

flä che n er satz ein ge rin ge res Ri si ko für ei-

ne Re ope ra ti on und we ni ger vor de re Knie-

schmer zen auf wei sen [17, 18], al ler dings

wer den in an de ren Stu di en nicht sig ni fi-

kan te Un ter schie de zwi schen Pa ti en ten

mit und ohne Pa tel laer satz hin sicht lich

Re vi si ons ra ten, kli ni schen und funk tio nel-

len Sco res, ra dio lo gi schen Er geb nis sen so-

wie Schmer zen be schrie ben [2]. Na he zu

al len Stu di en ist ge mein, dass auf grö ße-

re Fall zah len, län ge re Ver laufs kon trol len

oder die zu er war ten den, zu künf ti gen Er-

geb nis se aus En do pro the sen re gis tern zur

Ab si che rung der je wei li gen Stu diener geb-

nis se ver wie sen wird.

In die sem Bei trag wer den kei ne kli-

nisch-funk tio nel len und tri bo lo gi schen,

son dern grund le gen de bio me cha ni sche

Aspek te von (Pri mär- und) Wech sel kom-

po nen ten für den künst li chen Er satz des

Knie ge lenks dar ge legt. Im Fol gen den wer-

den dies be züg lich ver schie de ne Klas si fi-

zie rungs sche ma ta der Knie ge len ken do-

pro the sen, de ren Werk stof fe und Ver an ke-

rungs tech ni ken, so wie spe zi el le Re vi si ons-

im plan ta te vor ge stellt.

Klas si fi zie rung von Knie ge len ken do pro the sen

Die Klas si fi zie rung von Ge len ken do pro-

the sen ist aus meh re ren Grün den von In-

te res se. Zum einen dient eine ein deu ti ge

und ein heit li che Ter mi no lo gie, z. B. in wis-

sen schaft li chen Pub li ka ti o nen, der Ver mei-

dung von Miss ver ständ nis sen, zum an de-

Redaktion

R. Gradinger, München

128 | Der Orthopäde 2 · 2006

auf ke ra mi schen, im PVD-Ver fah ren auf-

ge brach ten TiN- oder TiNbN-Schich ten.

Ein Ri si ko fak tor bei den Be schich tun gen

ist je doch da rin zu se hen, dass die Haft-

fes tig keit zwi schen Schicht und Sub strat

nicht aus rei chend ge ge ben sein, oder es

zu Be schä di gun gen der Schicht kom men

kann. Hohe Be deu tung hin sicht lich des

Po ly ethy len ver schlei ßes kommt der Ober-

flä chen be schaf fen heit der fe mo ra len Gleit-

flä che zu. Die ISO-Norm 7207-2 schreibt

hier bei vor, dass der Rau heits kenn wert Ra

nicht grö ßer als 0,1 μm sein darf [11].

Das Ge gen stück zur fe mo ra len Gleit-

flä che wird stets aus Po ly ethy len ge fer-

tigt. Da der Ver schleiß des Po ly ethy lens

mit kon se ku ti ver Im plan tat lo cke rung das

Haupt pro blem der Knie ge len ken do pro-

the tik dar stellt [21], exis tie ren hin sicht-

lich der Min dest di cke (6 mm [12]) und

der Ober flä chen rau heit der Gleit flä che

(>2 μm [11]) nor ma ti ve Grenz wer te. Im

Ge gen satz zum Ein satz in der Hüft ge lenk

en do pro the tik un ter liegt das Po ly ethy len

im Knie ge lenk ei ner kom bi nier ten Gleit-

/Wälz be an spru chung, wo durch sich an-

de re, un güns ti ge re Ver schleiß me cha nis-

men er ge ben. Ne ben dem ab ra si ven Ma te-

ri al ab trag zählt hier zu ein mög li ches Riss-

wachs tum un ter halb der Gleit flä che, das

zu groß flä chi gen, schol len för mi gen Ma te-

ri al aus brü chen, sog. De la mi na tio nen, füh-

ren kann. Im Lau fe der Lie ge zeit der Im-

plan ta te führt die Oxi da ti on zu ei ner Ver-

schlech te rung der tri bo lo gisch re le van-

ten Ma te ri a lei gen schaf ten des Po ly ethy-

lens. Die se un ver meid ba re Oxi da ti on be-

wirkt eine Ver min de rung der Ab rieb be-

stän dig keit und Ver sprö dung des Werk-

stoffs. . Abb. 1 [24] zeigt einen Schnitt

durch ein ex plan tier tes ti bia les In sert, in

wel chem die durch nach träg li che Ät zung

dun kel ge färb ten, oxi dier ten Are ale ent-

lang der Ober flä che sicht bar sind. Eben so

ist das oben be schrie be ne Riss wachs tum

un ter halb der Gleit flä che do ku men tiert.

Auf grund der be son de ren tri bo lo gi-

schen An for de run gen wer den die meis ten

der sog. hoch- oder quer ver netz ten Po ly-

ethy le ne nicht in der Knie en do pro the tik,

son dern be schränkt auf den Ge len ker satz

der Hüf te ein ge setzt. Die bei den we sent li-

chen Ur sa chen hier für lie gen in ei ner im

Ver gleich zum „kon ven tio nel len“ UHMW-

PE er nied rig ten Ver schleiß be stän dig keit

des quer ver netz ten Po ly ethy lens bei rau-

F un ge kop pelt (un cons trai ned),

F teil ge kop pelt (se mi cons trai ned),

F voll ge kop pelt (cons trai ned) [10].

Bei un ge kop pel ten Knie ge len ken do pro-

the sen be steht kei ne me cha ni sche Ver bin-

dung zwi schen den fe mo ra len und ti bia-

len Im plan tat kom po nen ten. Bei den teil-

ge kop pel ten Im plan ta ten ist die Be weg-

lich keit zwi schen dem Fe mur und der Ti-

bia durch me cha ni sche Kon struk ti ons ele-

men te, wie z. B. No cken auf der ti bia len

Gleit flä che, teil wei se ein ge schränkt. Ver-

tre ter der voll ge kop pel ten Im plan ta te sind

die sog. Schar nie ren do pro the sen, bei wel-

chen eine me cha ni sche Ver bin dung zwi-

schen Fe mur und Ti bia in Form ei ner star-

ren oder trans ver sal ro tie rend ge la ger ten

Ach se be steht.

Werk stof fe für Knie ge len ken do pro the sen

Die Mehr zahl der Knie ge len ken do pro the-

sen wer den aus ei nem oder zwei ver schie-

de nen me tal li schen Werk stof fen und

UHMW- (Ult ra-high-mo le cu lar-weight-)

Po ly ethy len ge fer tigt. Die Fe mur kom po-

nen te, die ne ben der me cha ni schen Be las-

tung ei ner ho hen tri bo lo gi schen Be an spru-

chung un ter wor fen ist, wird üb li cher wei-

se aus ei ner Co Cr Mo-Le gie rung im Gieß-

ver fah ren her ge stellt. Die für ze ment freie

Hüft stie le und Pfan nen ge häu se weit ver-

brei te ten Tit an le gie run gen (TiAl6V4 und

TiAl6Nb7) wer den auf grund ih rer ge rin-

gen Ab rieb be stän dig keit üb li cher wei se

nicht für tri bo lo gisch be an spruch te Fe-

mur kom po nen ten ver wen det.

Da die Co Cr Mo-Guss le gie rung in sehr

klei nen Men gen Ni ckel ent hält (<1),

kann für Pa ti en ten mit Ni ckel all er gie

ein Ein satz die ses Werk stoffs kon train di-

ziert sein. Lö sungs an sät ze sind in die sen

Fäl len in ei ner ke ra mi schen Hart stoff be-

schich tung der Co Cr Mo-Im plan ta te oder

der Ver wen dung ei ner Fe mur kom po nen-

te aus ei ner der oben ge nann ten Tit an le-

gie run gen, wel che zur Er hö hung der Ver-

schleiß be stän dig keit dann je doch z. B. sau-

er stoff dif fu si ons ge här tet sein muss, zu se-

hen.

Die Hart stoff be schich tun gen, die ne-

ben der Mas kie rung des Grund werk-

stoffs einen gu ten Ver schleiß- und Kor ro-

si ons schutz bie ten sol len, ba sie ren meist

ren kann erst da durch eine Ver gleich bar-

keit der kli ni schen Er geb nis se von Knie-

ge len ken do pro the sen mit ähn li cher oder

ver schie de ner Cha rak te ris tik er mög licht

wer den. Klas si fi ka tio nen ha ben aus dem

letzt ge nann ten Grund auch eine große

Be deu tung für be ste hen de und in Grün-

dung be find li che, na tio nal und in ter na-

tio nal ge führ te En do pro the sen re gis ter, da

die Kennt nis im plan tats pe zi fi scher Merk-

ma le eine weitaus ge naue re Er geb ni s ana ly-

se und einen tief grei fen de ren Er kennt nis-

ge winn in Hin blick auf Ver sa gens fäl le und

Im plan tat op ti mie run gen er mög licht.

Der Be darf ei ner ein heit li chen Klas si fi zie-

rung von Knie ge len ken do pro the sen fand

sei nen Nie der schlag in ei ner um fas sen den

Über ar bei tung [10] der ISO-Norm 7207-1

[9], wel che den ak tu el len Im plan tat ent wick-

lun gen an ge passt wur de und 3 ver schie de ne

Klas si fi ka ti ons sche ma ta ent hält.

Die gröbs te Ein tei lung un ter schei det

Im plan ta te, die:

F uni kom par ti men tell,

F bi kom par ti men tell,

F tri kom par ti men tell

das Knie ge lenk er set zen [10].

Uni kom par ti men tel le Im plan ta te er set-

zen de fi ni ti ons ge mäß die fe mo ra le und ti-

bia le Gleit flä che des me dia len oder la te-

ra len Kom par ti ments, wo hin ge gen sich

bi kom par ti men tel le Knie en do pro the sen

über bei de Kom par ti men te er stre cken.

Wird zu dem die fe mo ro pa tel la re Gleit flä-

che er setzt, wer den die Im plan ta te als tri-

kom par ti men tell be zeich net.

Ein 2. Klas si fi zie rungs sche ma be rück-

sich tigt das Sta bi li sie rungs ver hal ten der

Im plan ta te hin sicht lich der li ga men tä ren

Ge lenk si tua ti on. Hier bei wird un ter schie-

den zwi schen:

F VKB- (vor de res Kreuz band) und

HKB- (hin te res Kreuz band) er hal ten-

den Im plan ta ten,

F HKB-er hal ten den Im plan ta ten,

F VKB- und HKB-op fern den Im plan ta-

ten,

F VKB- und HKB- und sei ten ban dop-

fern den Im plan ta ten [10].

Eine 3. funk ti ons be zo ge ne Klas si fi zie rung

un ter teilt die Im plan ta te nach dem Grad

ih rer me cha ni schen Kop pe lung in:

130 | Der Orthopäde 2 · 2006

Leit the ma

em Ge gen part [23] so wie ei ner mög li chen

Re du zie rung der Er mü dungs fes tig keit

von ge kerb ten Bau tei len aus quer ver netz-

tem Po ly ethy len [19].

Die ti bia len Gleit kom po nen ten kön-

nen so wohl ein stückig, d. h. voll stän dig

aus Po ly ethy len, oder mo du lar mit ei nem

da run ter lie gen den me tal li schen Ti bia pla-

teau aus ge führt sein. Ein stücki ge Va ri an-

ten wer den ze men tiert auf der pro xi ma-

len Ti bia ver an kert, die Mo no block bau-

wei se bie tet den Vor teil ei ner größt mög li-

chen Di cke des Po ly ethy lens.

Wird ein Ti bia pla teau ver wen det, ist ei-

ne ze men tier te oder ze ment freie Ver an ke-

rung mög lich. Als Werk stoff für Ti bia pla-

te aus kom men Ti tan- und Ko balt ba sis le-

gie run gen zum Ein satz.

Im plan tat ver an ke rung

Die Ver an ke rung von Knie to ta len do pro-

the sen kann auf ver schie de ne Wei sen ze-

ment frei, ze men tiert und in Hy brid tech-

nik er fol gen. Ze ment freie Im plan ta te be sit-

zen Ober flä chen, die im Be reich des os sä-

ren Kon tak tes ganz oder teil wei se mit po-

rö sen Struk tu ren, die von man chen Her-

stel lern zu sätz lich mit Hyd ro xyl apa tit zur

schnel le ren os sä ren In te gra ti on be schich-

tet sein kön nen, ver se hen sind. Die ze-

ment freie Ver an ke rung der Fe mur kom po-

nen te kann auf grund der sa git ta len Um fas-

sung des dis ta len Fe mu ren des eine hohe

Pri mär sta bi li tät leis ten. Ti bia sei tig lie gen

die Im plan ta te le dig lich plan der Re sek ti-

ons flä che auf, wo bei zur Ab stüt zung des

Im plan tats der kor ti ka le Rand ein be zo gen

wer den soll te.

Zur Ver bes se rung der me cha ni schen

Sta bi li tät wer den Ti bia pla te aus mit zu sätz-

li chen Ver an ke rungs ele men ten, wie ei-

nem zent ra len Stiel oder me dia len und la-

te ra len Stif ten oder Schrau ben ver se hen.

Die pri mär sta bi le Ver an ke rung ze ment-

frei er Ti bia pla te aus ge stal tet sich im Ver-

gleich zur ze ment frei en fe mo ra len Kom-

po nen ten fi xa ti on schwie ri ger, wes halb

häu fig die ti bia le Kom po nen te ze men tiert

ein ge setzt wird. Zahl rei che Stu di en be le-

gen für ze men tier te ti bia le Kom po nen ten

einen sta bi le ren Im plan tat-Kno chen-Kon-

takt als dies mit ze ment frei ver an ker ten

Ti bia pla te aus er reicht wird. Ex em pla risch

sei hier eine pros pek ti ve, Rönt gens te reo-

me trie-ba sier te Stu die (RSA) über einen

Zusammenfassung · Abstract

Or tho pä de 2006 · 35:128–135

DOI 10.1007/s00132-005-0911-9

© Sprin ger Me di zin Ver lag 2005

E. Stein hau ser · R. Burg kart · L. Ger des mey er

Bio me cha ni sche Aspek te von Wech sel kom po nen ten für den Knie ge len ker satz

Zu sam men fas sung

Der al loar thro plas ti sche Er satz des Knie ge-

lenks ist eine der am häu figs ten durch ge-

führ ten or tho pä di schen Ope ra tio nen. Trotz

kon ti nu ier li cher Ver bes se run gen an Im-

plan ta ten, In stru men ta ri en und Ope ra ti ons-

tech ni ken ha ben Re vi si ons ein grif fe einen

An teil von etwa 10% am Ge samtauf kom-

men al ler Ope ra tio nen.

Ne ben der Re stau rie rung des pe ri pro-

the ti schen Kno chen la gers und der prä zi-

sen Aus rich tung der Im plan ta te hat die

Aus wahl des für die in di vi du el le Si tu a ti on

des Pa ti en ten op ti ma len Re vi si ons im plan-

tats einen gro ßen Ein fluss auf das post-

ope ra ti ve Er geb nis. Die wich tigs ten Un ter-

schie de zwi schen den Im plan ta ten lie gen

im Aus maß der re kon stru ier ten Ge lenk flä-

chen (uni-, bi-, tri kom par ti men tell) so wie

im Grad der me cha ni schen Kop pe lung zwi-

schen fe mo ra lem und ti bia lem Ge lenk teil.

Das Spekt rum der bei Re vi sio nen ein-

setz ba ren Im plan ta te reicht üb li cher wei-

se von un- oder nur teil wei se ge kop pel ten

Ober flä che n er satz- bis zu voll ge kop pel ten

Schar nier ge len ken do pro the sen. In Fäl len

schwe rer os sä rer, li ga men tä rer und/oder

mus ku lä rer De fek te kön nen Tu mor spe zial-

en do pro the sen oder Ar thro de seim plan ta-

te eine Rück zugs mög lich keit dar stel len.

Schlüs sel wör ter

Knie ge len ker satz · Re vi si ons im plan tat ·

Bio me cha nik · Klas si fi ka ti on

Ab stract

To tal knee ar thro plas ty (TKA) is one of the

most fre quent or tho paedic sur gi cal pro ce-

dures. De spite con tin u ous im prove ments

in the en do pros the ses, in stru ments, and

op er a tive tech niques, re vi sion TKA has a

rate of about 10% of over all TKA.

In ad di tion to the res to ra tion of the

peripros thet ic bone stock and a pre cise

align ment, the choice of an ad e quate im-

plant, which meets the pa tient’s spe cif ic re-

quire ments, has high im pact on the out-

come. The most sig nif i cant dif fer ences be-

tween im plants in volve the de gree of re-

con struct ed joint area (uni-, bi-, tri-com par-

ti men tal) and the or der of the con strain ing

forces be tween the fem o ral and tib i al com-

po nent.

Im plants for re vi sion TKA com mon ly

range from un- or semi con strained resur-

fac ing im plants to ful ly con strained hinged

en do pros the ses. In case of se vere os se ous,

lig a men tous, and/or mus cu lar de fects, spe-

cial tu mor en do pros the ses or im plants for

ar thro de sis might be an al ter na tive op tion.

Key words

Knee ar thro plas ty · Re vi sion im plant ·

Bio me chan ics · Clas si fi ca tion

Biome chan i cal as pects of re vi sion com po nents for knee ar thro plas ty

131Der Orthopäde 2 · 2006 |

post ope ra ti ven Ver lauf von 5 Jah ren von

Carls son et al. [3] ge nannt.

Ti bia le Platt for men wer den aus Ko balt-

und Ti tan ba sis le gie run gen ge fer tigt. An-

ders als in der Hüf ten do pro the tik wur den

für ze men tier te ti bia le Im plan ta te aus Ti-

t an le gie run gen kei ne ver mehr ten Lo cke-

run gen be schrie ben [8].

Wird ein Pa tel lar ück flä che n er satz

durch ge führt, kann die ser ze men tiert oder

ze ment frei fi xiert wer den. Für die ze men-

tier te Ver an ke rung kom men ein stücki ge

Im plan ta te aus Voll po ly ethy len zum Ein-

satz, bei ze ment frei er Fi xa ti on sind die Im-

plan ta te aus ei nem sog. „me tal-back“ und

ei ner Po ly ethy lengleit kom po nen te auf ge-

baut. Für die „Me tal-backed-Pa tel laim-

plan ta te“ wer den eher ne ga ti ve Er fah run-

gen be schrie ben [8, 22], die ze men tier te

Ver an ke rung stellt ge mäß der Mei nung vie-

ler Au to ren das Ver fah ren der Wahl dar.

Bei der Im plan tat ver an ke rung kommt

der Aus rich tung der Kom po nen ten eine

sehr große Be deu tung zu. Zahl rei che Stu-

di en ha ben be legt, dass das sog. Ali gnment

der Knie to ta len do pro the sen de ren Funk-

ti on und Sta bi li tät, die Last ver tei lung zwi-

schen den Kon dy len und so mit den Ver-

schleiß des Po ly ethy len in serts be ein flusst,

wo mit das kli ni sche Lang zei t er geb nis des

Knie ge len ker sat zes di rekt von der Im plan-

tat po si tio nie rung ab hän gig ist.

Be reits 1988 be rich te ten Rand u. Co ven-

try [20] im Zuge ei ner 10-Jah res-Ver laufs-

kon trol le von 102 Knie ge len ken do pro the-

sen, dass sich die Über le bens ra ten der Im-

plan ta te sta tis tisch sig ni fi kant ver schlech-

ter ten, wenn die axi a le Va rus aus rich tung

au ßer halb ei nes Be reichs von 0–3° oder

wenn die Aus rich tung der Ti bia kom po-

nen te ≥4° va risch er folgt war. Auch z. B.

Jef fe ry et al. [13] er mit tel ten bei ei nem Ver-

gleich von op ti mal und sub op ti mal aus ge-

rich te ten Knie ge len ken do pro the sen Ver sa-

gens ra ten von 3 bzw. 24. Als op ti mal

wur de hier bei be trach tet, wenn auf den

Rönt gen bil dern die Maquet-Li nie das mitt-

le re Drit tel des Im plan tats schnitt. Ver lief

die Li nie au ßer halb die ses Be reichs, be-

trug die dann als sub op ti mal klas si fi zier-

te Po si tio nie rungs ab wei chung mehr als

±3° [13].

Im plan ta te für Re vi si ons ope ra tio nen

Im Vor feld so wie auch wäh rend ei ner Re-

vi si ons ope ra ti on stellt sich für den Ope-

ra teur die Auf ga be, das op ti ma le Im plan-

tat für die je wei li ge Si tu a ti on aus zu wäh-

len. Die Band brei te der zur Aus wahl ste-

hen den Im plan ta te ist breit ge fä chert und

kann von den un- und teil ge kop pel ten

Ober flä che n er satz im plan ta ten bis hin zu

Tu mor spe zia len do pro the sen und Ar thro-

de seim plan ta ten rei chen. Die Aus wahl

hängt im we sent li chen von der Band sta bi-

li tät, der Bein ach se, Kno chen- und Weich-

teil si tua ti on so wie der Be weg lich keit des

Ge lenks ab.

Für den Fall, dass we nigs tens ei nes der

ge nann ten Kri te ri en nur sub op ti mal an zu-

tref fen oder wie der her zu stel len ist, schei-

det die Ver sor gung mit un ge kop pel ten

Knie to ta len do pro the sen aus. Teil ge kop pel-

te Im plan ta te, die z. B. durch No cken auf

dem ti bia len In sert eine Füh rung des Ge-

lenks in der Fron tal ebe ne ge wäh ren, stel-

len eine Ver sor gungs mög lich keit bei feh-

len dem VKB und HKB, aber noch in tak-

ten Sei ten bän dern dar (. Abb. 2). Man-

che die ser Im plan ta te bie ten zu dem die Op-

ti on, be stimm te im plan tat na he Kno chen-

de fek te durch das An brin gen von Aug-

men ta ti ons blö cken aus Me tall (. Abb. 3)

oder Kunst stoff auf zu fül len.

Bei gro ßen Achs fehl stel lun gen (>20°)

und Band in sta bi li tä ten ist die Im plan ta ti-

on ei ner sog. Schar nie ren do pro the se das

Ver fah ren der 1. Wahl. Bei die sen Im plan ta-

ten ist die Zahl der Frei heits gra de für den

Fall ei ner star ren Ach se, die nur eine rei ne

Beu ge-Streck-Be we gung zu lässt, auf eins

re du ziert. Wird das Kon zept ei ner ro tie-

ren den Ach se ver folgt, be sitzt das Im plan-

tat 2 Frei heits gra de, wo von ei ner auf die

Beu ge-Streck-Be we gung ent fällt und der 2.

auf eine Ro ta ti on zwi schen Fe mur und Ti-

bia um de ren Längsach se (. Abb. 4). Der

hohe Kop pe lungs grad, der die Füh rung

des Ge lenks er laubt, be wirkt an de rer seits

hohe Zwangs kräf te, die nur durch lan ge

Ver an ke rungs stie le auf das Kno chen la ger

über tra gen wer den kön nen. Auf grund der

Raum for de rung des Achs me cha nis mus

sind für die Im plan ta ti on von Schar nie ren-

do pro the sen groß vo lu mi ge Kno chen re sek-

tio nen nö tig. Auch kann es bei gleich zei-

tig ein lie gen den Hüf ten do pro the senstie-

len, be dingt durch den kur z en Ab stand

zwi schen den Stie len den, ver mehrt zu pe-

ri pro the ti schen Frak tu ren kom men [5].

Aus ge dehn te De fekt si tua tio nen, pe ri-

pro the ti sche Frak tu ren oder Tu mor re sek-

tio nen kön nen den Ein bau ei nes Im plan-

tats, das ne ben der De fekt über brückung

auch die Mög lich keit zur Re fi xa ti on von

Weich tei len bie tet, er for dern. Ist der Streck-

ap pa rat zu re kon stru ie ren, kann dies mit-

tels ei nes Kunst ban des (. Abb. 5) und/

oder bio lo gi schen Ver fah ren, z. B. Ga s-

troc ne mi ustrans fer und/oder Fi bu la trans-

po si ti on, er fol gen. Meist sind der ar ti ge

Im plan tat sys te me mo du lar auf ge baut, so-

dass in di vi du el le An pas sun gen der Ver an-

ke rungs stie le (z. B. bzgl. de ren Durch mes-

ser und ze men tier ter oder ze ment frei er

Ver an ke rung) und der zu über brücken den

De fekt stre cke vor ge nom men wer den kön-

nen. Wenn die mus ku lä ren oder neu ro na-

len Um stän de kei ne ge len ker hal ten de Vor-

ge hens wei se im Zuge der Re vi si ons ope ra-

Abb. 1 8 Schnitt durch einen ex plan tier ten Ti biaein satz, in wel chem durch nach träg li-che Ät zung die oxi dier ten Are ale dun kel ge färbt sind und Ris se un ter halb der Gleit -flä che sicht bar sind (Pfeil). (Mod. aus [24])

Abb. 2 8 Un ge kop pel ter und teil ge kop pel ter (pos te ri or sta bi li sed ver si on) Ti biaein satz ei nes mo du la ren Knie en do pro the sen sys tems (Plus Or tho pe dics AG)

132 | Der Orthopäde 2 · 2006

Leit the ma

ti on er lau ben, kann die Im plan ta ti on ei-

nes Ar thro de seim plan tats (. Abb. 6) ei-

ne Rück zugs mög lich keit dar stel len.

Knie en do pro the tik in der Zu kunft

Die ur sprüng li che in di vi du el le Ki ne ma tik

ei nes Knie ge lenks ist durch kei ne Knie ge-

len ken do pro the se ex akt re kon stru ier bar.

Die se Tat sa che wird auch zu künf tig auf-

grund der gro ßen Va ria bi li tä ten bzgl. der

Ge o met rie, der li ga men tä ren Ver hält nis-

se und dem Aus maß der Kno chen- und

Weich teil schä di gun gen des ein zel nen Pa ti-

en ten nicht ab wend bar wer den. Die op ti-

ma le Po si tio nie rung der Im plan tat kom po-

nen ten so wie ein gu tes Weich teil ba lan cing

in Beu ge- und Streck stel lung des Knie ge-

lenks sind die we sent li chen Vo raus set zun-

gen für eine mög lichst ex ak te Re kon struk-

ti on der Ge lenk ki ne ma tik.

Com pu ter na vi gier te In stru men ten sys-

te me bie ten die Mög lich keit, die für die Im-

plan tat po si tio nie rung aus schlag ge ben den

Sä ge schnit te prä zi se aus zu füh ren. Hier bei

kon kur rie ren zzt. bild ge stütz te (CT- oder

fluo ro sko pie ba sie ren de) mit bild frei en Na-

vi ga ti ons ver fah ren. Die bild frei en Na vi ga-

ti ons sy te me ana ly sie ren in tra ope ra tiv die

ki ne ma ti schen Ge ge ben hei ten der ge sam-

ten Ex tre mi tät und be nö ti gen zu sätz lich

ei ni ge ana to mi sche Land mar ken. In ver-

schie de nen Ein zel- und Mul ti cen ter stu-

di en wur de ge zeigt, dass der pro zen tu a le

An teil kor rekt aus ge rich te ter Im plan ta te

durch den Ein satz von Na vi ga ti ons sys te-

men er höht wer den kann [1, 16]. Die Wei-

ter ent wick lung die ser Sys te me hin sicht-

lich ei ner ver bes ser ten Be diener freund-

lich keit, kür ze rer Ope ra ti ons zei ten und

ei ner Be rück sich ti gung mi ni mal-in va si-

ver Ope ra ti ons tech ni ken (z. B. ohne Tan-

gie rung des Streck ap pa rats) wird als not-

wen dig an ge se hen und konn te teil wei se

be reits rea li siert wer den.

Die Re du zie rung des für die asep ti sche

Im plan tat lo cke rung ver ant wort li chen Ab-

riebs ist eine wei te re For schungs- und

Ent wick lungs rich tung. Ne ben der Op ti-

mie rung des ge gen wär tig ein ge setz ten Po-

ly ethy lens wer den auch ke ra mi sche Be-

Abb. 3 8 Mo du lar an Ti bia pla-teau und Fe mur kom po nen te kop pel ba re me tal li sche Aug-men ta ti ons blö cke (Images© Zim mer, Inc. Used by per mis si-on only)

Abb. 4 9 Schnitt durch eine Schar nier ge-len ken do pro the se mit ro tie rend im ti bia-len Ein satz ge la ger ter Ach se (Plus Or tho-pe dics AG)

Abb. 5 8 Tu mor spe zi al pro the se (ESKA-Im-plants GmbH) zum Er satz der pro xi ma len Ti bia und Re kon struk ti on des Streck ap pa rats mit tels Tre vi ra®-Band

133Der Orthopäde 2 · 2006 |

schich tun gen der me tal li schen Fe mur kon-

dy len und voll stän dig aus ke ra mi schen

Werk stof fen ge fer tig te En do pro the sen sys-

te me ent wi ckelt [7].

Ein ins be son de re für die Re vi si ons-

en do pro the tik in te res san ter For schungs-

an satz liegt in ei ner an ti in fek ti ösen Be-

schich tung oder Ober flä che von Im plan-

ta ten. Mo men tan wer den im We sent li-

chen 2 ver schie de ne Wege ver folgt. Zum

einen die Be schich tung der Im plan ta te

mit ei ner lös li chen Schicht, die Arznei stof-

fe, wie z. B. An ti bio ti ka, über einen re la tiv

kur z en Zeit raum de fi niert frei setzt. Der

2. Weg be dient sich per ma nen ter Ober flä-

chen be schich tun gen, die Me tal lio nen mit

bak te ri zi der Wir kung frei set zen. Der ar ti-

ge Aus stat tun gen der Im plan ta te – aus ge-

nom men hier von sind je doch die ar ti ku-

lie ren den Flä chen – kön nen im Im plan-

tat la ger und in der pe ri pro the ti schen Um-

ge bung zu ho hen lo ka len An ti bio ti ka spie-

geln füh ren, die weit hö her als sys te misch

er ziel ba re Spie gel lie gen. Die Ab ga be bak-

te ri zi der Io nen aus der Im plan ta to ber flä-

che zielt auf den glei chen Ef fekt, und birgt

im Ge gen satz zu den an ti bio ti ka ba sier ten

Lö sungs an sät zen nicht das Ri si ko der Ge-

ne rie rung re sis ten ter Bak te ri en ko lo ni en

in sich [4, 6].

Fa zit für die Pra xis

Bei der Wei ter ent wick lung von Knie ge-

len ken do pro the sen und de ren ope ra ti-

ver Tech nik wer den vor ran gig Op ti mie-

rungs stra te gi en ver folgt, die auf eine Ver-

rin ge rung des Ab riebs aus den Gleit flä-

chen und eine ge rin ge ren Trau ma ti sie-

rung des Ope ra ti ons fel des ab zie len. Ei-

ne Re du zie rung der Ab rieb par ti kel ver-

spricht man sich durch den Ein satz ver-

bes ser ter Werk stof fe und Im plan ta to ber-

flä chen, hier bei wer den ge gen wär tig –

noch im La bor maß stab – auch völ lig neu-

ar ti ge Kon zep te mit voll ke ra mi schen En-

do pro the sen un ter sucht. Eine wei te re we-

sent li che Vo raus set zung zur Ab rieb mi ni-

mie rung ist eine ach sen ge rech te Po si tio-

nie rung der Im plan ta te und ein aus ge-

wo ge nes Weich teil ba lan cing. Die com pu-

ter na vi gier te Im plan ta ti on zielt hier bei

haupt säch lich auf eine Ver rin ge rung der

Streu brei te op ti mal aus ge rich te ter En do-

pro the sen ab, wo durch die Lang zeit über-

le bens ra te der Im plan ta te ge stei gert wer-

den soll.

Wenn Re vi si ons ope ra tio nen nö tig wer-

den, lie gen die größ ten He raus for de run-

gen ne ben ei ner gu ten Aus rich tung der

Im plan ta te in der Ver sor gung von Kno-

chen de fek ten bzw. der Re stau rie rung

des pe ri pro the ti schen Kno chen la gers. In

An be tracht großer Va ria bi li tä ten bei den

li ga men tä ren Ver hält nis sen und den Aus-

ma ßen der Kno chen- und Weich teil schä-

di gung des ein zel nen Pa ti en ten kön nen

sich völ lig dif fe ren zier te An for de run gen

an das Re vi si ons im plan tat er ge ben. Mo-

du lar an ge leg te Im plan tat sys te me, die

eine schritt wei se Er hö hung des Kop pe-

lungs gra des zwi schen fe mo ra lem und ti-

Abb. 6 8 Ze ment frei es Ar thro de seim plan-tat (ESKA-Im plants GmbH) in teil wei se ge-füg tem (links) und ge kop pel tem Zu stand (rechts)

bia lem Ge lenk part ner er lau ben, stel len

für den Ope ra teur eine we sent li che Vo-

raus set zung dar, auch noch in tra ope ra tiv

die bes te Im plan tat kon fi gu ra ti on zu wäh-

len. Das Spekt rum der Re vi si ons im plan ta-

te soll te da bei von me cha nisch nur mar gi-

nal ge kop pel ten En do pro the sen bis hin

zu Ar thro de seim plan ta ten rei chen.

Kor re spon die ren der Au torDr. Ing. E. Stein hau ser

Ab tei lung Bio me cha nik, Kli nik für Or tho pä die und Un fall chi rur gie, Tech ni sche Uni ver si tät, Con nol ly stra ße 32, 80809 Mün chenE-Mail: er win.stein hau [email protected]

In ter es sen kon flikt: Es be steht kein In ter es sen-kon flikt. Der kor re spon die ren de Au tor ver si chert, dass kei ne Ver bin dun gen mit ei ner Fir ma, de ren Pro dukt in dem Ar ti kel ge nannt ist, oder ei ner Fir ma, die ein Kon kur renz pro dukt ver treibt, be-ste hen. Die Prä sen ta ti on des The mas ist un ab-hän gig und die Dar stel lung der In hal te pro dukt-neu tral.

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493

Guidelines International Network

Die 3. Konferenz des Guidelines Inter-

national Network fand unter dem Ti-

tel „Evidence in Context“ im Dezember

2005 in Lyon statt. 328 Teilnehmer aus

38 Ländern diskutierten über die Ent-

wicklung, Verbreitung und Implemen-

tierung von klinischen Leitlinien.

Eine klinische Leitlinie präsentiert neues

Wissen im Kontext von bereits bekannten

Fakten als Vorbereitung von Entschei-

dungen. Gefordert wird eine enge Koope-

ration zwischen denen, die Forschungser-

gebnisse produzieren und denen, die für

die Freigabe neuer Produkte zuständig

sind. Es müssen Wege zur Wissensgewin-

nung und -Verbreitung gefunden werden,

so dass Entscheidungsfindungen, die aus

Sicht der Öffentlichkeit wichtig sind, auch

in einer akzeptablen Zeit getroffen werden

können.

Eine große Anzahl von Organisationen

widmet sich weltweit der Produktion

klinischer Leitlinien zu gleichen und ähn-

lichen Inhalten. Um den Vorteil bereits

existierender Materialien zu nutzen und

so insbesondere vor dem Hintergrund

begrenzter Ressourcen Doppelarbeit zu

vermeiden, gibt es die erfreuliche Tendenz,

international bereits vorhandene Leitlinien

an lokale Gegebenheiten zu adaptieren,

ohne dass die wissenschaftliche Evidenz

und Validität darunter leidet.

Leitlinien sind eine Grundlage für Ärzte

und Patienten. Die Einbeziehung von

Patienten in Prozesse der Leitlinienent-

wicklung gewinnt daher international

zunehmend an Bedeutung. Die spezielle

Sicht der Patienten muss in einer Leitlinie

ebenso repräsentiert sein wie die vorhan-

dene Evidenz und die Ergebnisse qualita-

tiver Forschung. International vergleichbar

ist, dass die Erstellung von Leitlinien mit

einem finanziellen Aufwand verbunden ist.

Es kommt daher darauf an, Leitlinien als

eine sinnvolle Investition zu präsentieren

und so soziale Organisationen oder Kran-

kenversicherungen zu ermutigen, in diese

Arbeit zu investieren.

Präsentationen, Abstracts und Informa-

tionen zu den Vortragenden der Konferenz

sind unter der Adresse: www.g-i-n.net ver-

fügbar. Die nächste G-I-N Konferenz findet

vom 23.-25. August 2007 in Toronto statt.

Weitere Informationen erhalten Sie bei:

Dr. Sylvia Sänger

Ärztliches Zentrum für Qualität in der

Medizin

Wegelystraße 3 / Herbert-Lewin-Platz

10623 Berlin

E-Mail: [email protected]

oder im Internet unter www.azq.de

Quelle: Ärztliches Zentrum für Qualität

in der Medizin, Berlin

Fachnachrichten

135Der Orthopäde 2 · 2006 |