18 Jahre Rehwildbewirtschaftung im nördlichen Waldviertel

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Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer 1 18 Jahre Rehwildbewirtschaftung im nördlichen Waldviertel Erfahrungen, Erfolge, Überlegungen, Abschlussarbeit im Rahmen des Universitätslehrganges Jagdwirt Universität für Bodenkultur, Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft, Prof. Klaus Hackländer Verfasser: Erich Hofer

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Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

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18 Jahre Rehwildbewirtschaftung im nördlichen Waldviertel

Erfahrungen, Erfolge, Überlegungen,

Abschlussarbeit im Rahmen des Universitätslehrganges

Jagdwirt

Universität für Bodenkultur,

Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft,

Prof. Klaus Hackländer

Verfasser:

Erich Hofer

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

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I N H A L T

1. Vorwort ……………………………………………………………………… 3

2. Überlegungen zur Rehwildhege …………………………………………….. 4

3. Wovon kann der „Erfolg“ abhängig sein …………………………………… 8

4. Unsere Ziele ………………………………………………………………… 10

5. Das Revier …………………………………………………………………... 11

5.1. Lage ………………………………………………………………………. 11

5.2. Geologische Situation ……………………………………………………. 11

5.3. Klimatische Situation …………………………………………………….. 11

5.4. Lufttemperatur ……………………………………………………………. 12

5.5. Niederschlag ……………………………………………………………… 13

5.6. Schnee, Hagel, Gewitter ………………………………………………….. 14

5.7. Revierdaten ……………………………………………………………….. 14

5.8. Die wesentlichen Kriterien im Überblick ………………………………… 14

5.9. Vorhandene Wildarten ……………………………………………….…… 15

5.10. Reviernamen und Abkürzungen ………………………………………….. 15

5.11. Übersicht über die flächigen Anteile ……………………………………... 16

5.12. Wie gut ist das Revier als Rehwildlebensraum geeignet …………………. 17

5.13. Landwirtschaftliche Bewirtschaftung …………………………………….. 18

6. Fütterungen ………………………………………………………………… 24

6.1. Welche Parameter kann der Jagdpächter beeinflussen …………………… 26

7. Das Futter …………………………………………………………………... 28

8. Bejagung ……………………………………………………………………. 32

8.1. Abschusspläne ……………………………………………………………. 34

8.2. Wonach haben wir unsere Abschusspläne erstellt ……………………….. 38

9. Auswirkungen ……………………………………………………………... 40

9.1. Gesundheit ………………………………………………………………. 44

10. Resümee …………………………………………………………………… 49

11. Literaturliste ……………………………………………………………….. 50

Fotonachweis: alle Fotos Hofer, bis auf Seite 6 (oben): B.Winsmann-Steins, Seite 17

(unten): Wandaller, Seite 18 (oben) ÖBF, Seite 18 (unten) Trumler

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1. Vorwort:

Seit meinen ersten jagdlichen Schritten mit ca.13 Jahren hatte ich die Gelegenheit, Rehwild

zu beobachten und zu bejagen. Aufgewachsen in rehwildreichen Revieren im Bereich der

Wachau und des Waldviertels war und ist das Rehwild die für mich jagdlich interessanteste

Wildart. Vermutlich auch deshalb, weil ich bisher ganz hervorragende Möglichkeiten im In-

und Ausland hatte, diese, für mich auch durch ihre besonders variablen und beeindruckenden

Geweihe, faszinierende Wildart zu bejagen.

Da mein um zwei Jahre ältere Bruder diese Leidenschaft mit mir teilt und wir den gleichen

jagdlichen Werdegang hatten, war es für uns als junge Jäger natürlich ein Traum, einmal

selbstständig ein gutes Rehwildrevier zu bewirtschaften. Nachdem wir uns diesen Traum

gemeinsam erfüllten, wird im Text immer das wir stehen, da wir die gesamte Bewirtschaftung

immer gemeinsam gemacht haben und viele Überlegungen und Erkenntnisse aus langen, für

uns beide aber immer interessanten Diskussionen und Gesprächen stammen.

„Angestiftet“ von den Erfolgen Herzogs von Bayern1 sowie Giacomo Maggios

2 und den

Hofmanschen Erkenntnissen und Überlegungen zur Herbstmastsimulation3 begannen wir

natürlich mit Fütterungsversuchen. Das uns damals (1983) zur Verfügung stehende Revier

waren aber von der Größe her ungeeignet (nur ca. 140 ha), um einen halbwegs reviereigenen

Rehbestand zu bewirtschaften.

Im Jahr 1992 pachteten wir dann unser erstes größeres Revier (Mühlbach) mit ca. 745 ha, im

nördlichen Waldviertel. Durch glückliche Umstände gelang es uns nach Ablauf der ersten

Jagdperiode (9 Jahre) noch weitere 6 Reviere anzupachten bzw. unter unseren jagdlichen

Einfluss zu stellen. Dadurch waren wir nun in der Lage, auf einer zusammenhängenden

Fläche von nahezu 5000 ha nach unseren Vorstellungen „Rehwildhege“ zu betreiben.

Erich Hofer Jänner 2010

1 v. Bayern 1975

2 Maggio 1978

3 Hofman 1978

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2. Überlegungen zur Rehwildhege

Um ganz ehrlich zu sein stand auch bei uns am Anfang unserer Überlegungen die

Trophäe im Vordergrund. Besonders nervte uns das endlose Lamentieren der

ortsansässigen Jäger auf den sogenannten Hegeschauen (früher hießen sie

Trophäenschauen, was sie auch nach wie vor sind) über immer schlechter werdende

Rehböcke und schwächeres und auch weniger Rehwild. Durch verschiedenste

(untaugliche) Maßnahmen wie Selektionsabschüsse (Hege mit der Büchse!), Entwurmen,

Blutauffrischungen etc. versuchte man, die Lage zu verbessern. Allerdings ohne

sichtbaren Erfolg.

Kaum eine Berufsgruppe hätte es sich leisten können so lange wie die Jäger erfolglos und

mit untauglichen Mitteln ihre Ziele zu verfolgen. Da unter den Jägern auch viele

Landwirte sind, herrscht sehr häufig der aus der Landwirtschaft stammende Zucht- und

Auslese-Gedanke vor, der natürlich bei einem Wildtier wie dem Rehwild zu keinem

Erfolg führen kann, wenn man sich auf phänotypische Merkmale konzentriert und die

Fortpflanzung nicht kontrollieren kann. Es gab und gibt aber zweifellos Gebiete, oft

einzelne, relativ kleine Reviere, die eine völlig abweichende „Qualität“ im Vergleich zu

den Nachbarrevieren aufweisen. Nun kann man natürlich den Begriff Qualität bezüglich

einer jagdlich intensiv zu nutzenden Wildart hinterfragen. Ich bin der Ansicht, dass man

„Qualität“ durchaus mit hohem Wildbretgewicht, guter Trophäenqualität, Vitalität, hoher

Reproduktion und gutem Gesundheitszustand umschreiben kann.

Dass die Bestandeshöhe unter Berücksichtigung landwirtschaftlicher und besonders

forstwirtschaftlicher Interessen sein muss, bzw. dass ein eventueller Einfluss des

Rehwildes auf andere Tierarten bedacht werden muss, ist Grundvoraussetzung für solche

Überlegungen.

Bei den vorher erwähnten Revieren und Gebieten gibt es einige, bei denen eine

Qualitätssteigerung durch besondere Reviergestaltung und menschlichen Einfluss

erklärbar ist. Das oft erwähnte Kaunertal ist hier ein typisches Beispiel4:

- Ein nahezu geschlossener Talkessel, aus dem es aufgrund der Topographie, eigentlich

kein Auswechseln des Rehwildes über die begrenzenden Berge gibt.

- Eine Höhenlage, die ein geringeres natürliches Äsungsangebot im Spätherbst und

Winter bietet und daher die Annahme des vorgelegten Futters begünstigt.

- Absolute Ruhe in den Fütterungszonen (gut gelenkter Wintertourismus).

- Tägliche Futtervorlage ad libitum mit einer langen Fütterungsperiode.

- Und nicht zuletzt, von Hegemeister Gitterle in seinem Buch 5 so nebenbei erwähnt, die

Vorlage von Sesam mit einem 20 % Anteil (40% Maisbruch, 40% Hafer) in der

Ration.

Die Wirksamkeit der Sesamzugabe bei Rot- und Rehwildfütterung ist seit den Versuchen

von Franz Vogt und Ferdinand Schmid ausreichend bekannt6. Die schon vorher erwähnte

gatterähnliche Situation, erlaubt auch eine vollkommen unterschiedliche Abschussplanung

mit einem Anteil von über 81,8 % (!) an sogenannten Ernteböcken (Anteile männl.

Rehwildes in % über 20 Jahre: 3,1% Bockkitze, 6,3% Jahrlinge, 8,8% „Zweierklasse“,

81,8% „Einserklasse“, als mind. 5-jährig). Da es ja, wie erwähnt, nahezu keine

Abwanderungsmöglichkeit gibt, können fast alle Böcke, die im Revier gesetzt werden,

4 Gitterle 2006

5 Vogt 1950

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sofern sie nicht schon vorher auf andere Weise ums Leben kamen, jagdlich genutzt

werden, was wiederum eine hohe Wertsteigerung für das Revier bedeutet.

Ein weiteres, vollkommen anders geartetes Revier ist Rimavska Sobotka in der

Slowakischen Republik. Es erstreckt sich an den südlichen Abhängen des slowakischen

Erzgebirges. Das, damals (1990) ca. 6000 ha große, im Eigentum des Slowakischen

Staates7 stehende, gut strukturierte Revier, verfügt über große geschlossene Waldflächen

in die lange Wiesenstreifen vom Tal aus weit hineinragen. Die Wiesen wurden vor langer

Zeit als Schafweiden, danach, bis zur der Zeit der „sanften Revolution“, nur mehr

teilweise landwirtschaftlich genutzt.

Auffällig war auch der damals viel zu hohe Schwarzwildbestand, der aber mit dem

Ausbruch der Schweinepest Ende der 1980iger Jahre, völlig zusammenbrach. Auch das

Rotwildvorkommen war sehr gut. Es gab überhaupt keine Rehwildfütterung. Trotzdem

wurden jedes Jahr ca. 20, zum Teil hochkapitale Böcke erlegt. Abgesehen davon, wurde

das Rehwild eigentlich nicht bewirtschaftet. Bei Durchsicht der slowakischen

Trophäenlisten8 findet man bis ca. 1930 zurückreichend eine Vielzahl kapitaler Böcke, die

in diesem Revier erlegt worden sind.

Nur wenige Kilometer weiter, im Raum Lucenec, ein wie man vermuten könnte, für das

Rehwild besser geeigneter Lebensraum als Rimavska Sobota (geringere Meereshöhe,

weniger Schneelage, landwirtschaftliche Nutzung – also große Luzernenschläge etc.), hat

man in all den Jahren nicht annähernd so starke Böcke erlegt. Wenn man davon ausgeht,

dass zwischen sicherlich zusammenhängenden und sich austauschenden Populationen

kein genetischer Unterschied vorliegt, so müssen es standortspezifische Faktoren sein,

welche die unterschiedliche Qualität beeinflussen, da man von einer Bewirtschaftung im

herkömmlichen Sinn in beiden Fällen nicht sprechen konnte.

Eine weitere interessante Besonderheit stellen verschiedene, relativ kleine Reviere in

Südschweden im Bezirk Schonen dar. Nicht nur, dass der aktuelle Weltrekord aus einem

dieser Reviere stammt, bringen es Reviere ohne jeglichen menschlichen Einfluss

(vielleicht auch deshalb) jährlich zu einigen Kapitalböcken, die ihresgleichen suchen.

Der bekannte Wildfotograf und begeisterte Jäger Burkard Winsmann-Steins schreibt

darüber in seinem Buch9 :

Die beiden Reviere in Schonen, in denen ich hauptsächlich fotografierte und auch jagte,

lagen nur 25 Kilometer auseinander, doch sie zeichneten sich durch gravierende

Unterschiede aus. Das 700 Hektar Revier, liegt fast an der Südküste. Die Eiszeit hat hier

steile Schluchten hinterlassen und die Felder sind wesentlich kleiner als im 3800 Hektar

Revier in der Mitte Schonens. Das südliche Revier wurde fast gar nicht bejagt, das

größere normal - jedenfalls für schwedische Verhältnisse. In dem 700 Hektar Revier im

Süden Schonens ließ der Jagdherr jedes Jahr nur zwei bis drei Böcke erlegen – meist

kapitale – die Abschüsse wurden an Ausländer verkauft. Weibliches Rehwild wurde so gut

wie gar nicht erlegt und auch Jährlinge genossen ganzjährige Schonzeit…Die Wilddichte

lag bei etwa 30 Stück auf 100 Hektar, d.h. es gab mindestens 200 Rehe in diesem Revier.

Man kann sagen, dass eigentlich keine geregelte Bejagung stattfand. Für mich als

Fotograf war das Revier natürlich ideal, denn ich konnte die Rehböcke – wenn sie nicht

zu nah an der Grenze standen - von Jahr zu Jahr fotografieren. Die meisten Böcke starben

einen normalen Alterstod. Die Schädel fanden wir oft, meist noch mit einer

abgeschliffenen, aber intakten Zahnreihe. Leider verendeten die Alten immer nach dem

7 Quelle: Stredoslovenske Lesy 1992

8 Quelle: Stredoslovenske Lesy 1988 – Die stärksten Trophäen der Tschechoslowakei

9 Winsmann-Steins 2007

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Abwerfen. Der Durchschnitt der älteren Böcke war stark bis kapital. Doch gab es auch

außerordentlich dünnstangige Vertreter ihrer Art, die mehr in ein deutsches Revier

gepasst hätten. Der Qualitätsdurchschnitt wäre sicher angehoben worden, wenn man

diese „Mickerböcke“ aus der Wildbahn entnommen hätte. Doch der Jagdherr blieb hart –

sie mussten am Leben bleiben.

Was dieses Revier in punkto Gehörnqualität geleistet hat, möchte ich anhand folgenden

Beispiels darlegen: Nach Wagenknecht kamen in der ehemaligen DDR in den Jahren

1961 bis 1970 im Durchschnitt fünf Goldmedaillenböcke zur Strecke. Da man alle

Trophäen herzeigen musste, werden es auch nicht mehr gewesen sein. Wenn man wollte-

ein gutes Gehörnjahr natürlich vorausgesetzt –könnte man diese fünf Goldmedaillenböcke

allein auf der knapp 700 Hektar großen Fläche des Reviers in Schonen erlegen……..

Auch vor dem zweiten Weltkrieg hat es dort bei etwas geringerer Wilddichte

Goldmedaillenböcke gegeben, die Spitzenböcke fielen jedoch alle im letzten Jahrzehnt bei

der genannten, extrem hohen Bestandesdichte. (Zitat Ende)

Habitat Südschweden

Habitat Waldviertel

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7

Wenn man die klein strukturierten, landwirtschaftlich genutzten, Flächen in Schonen sieht,

fallen mir die durchaus vergleichbaren Verhältnisse im Waldviertel ein. Dennoch gibt es,

offensichtlich nicht sofort erkennbare, Unterschiede in den Lebensräumen.

Einer der wesentlichen Faktoren könnte die unterschiedliche Verfügbarkeit von

Mineralstoffen in den Äsungspflanzen sein.

Burkard Winsmann-Steins in seinem Buch10

: (Zitat) Der einzige, allerdings sehr auffällige,

Unterschied ist der ungeheure Steinreichtum, den hier die Endmoränen abgelagert haben.

Riesige Findlinge und Steinmauern geben überall der Landschaft ihr Gepräge, und die Felder

sind mit kleinen Steinen übersät. Sicher scheint mir, dass durch den fortgesetzten

Verwitterungsprozess die Böden und damit die Pflanzen, die auf ihnen wachsen,

außerordentlich reich an Mineralstoffen sind. (Zitat Ende).

10

Winsmann-Steins 2007

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3. Wovon kann der „Erfolg“ abhängig sein?

Was sind die entscheidenden Faktoren und sind unsere Rehe

durch „Hegemaßnahmen“ zu beeinflussen?

Wie aus den Beispielen hervorgeht, lässt sich überhaupt kein Schema aufstellen. Natürlich

kann man sagen, das Ganze ist ein Zusammenspiel von verschiedensten Faktoren und

Bedingungen wie Dichte, Höhenlage, durchschnittliche Schneelage, Temperaturen,

Äsungsangebot, Ruhe, Landschaftsstrukturen und vieles mehr wie z.B. die so oft zitierte

überhöhte Dichte: Das 700 Hektar Revier in Schonen belehrt uns eines Besseren.

Auch Herzog von Bayern hat dahingehend seine besonderen Erfahrungen gemacht: 11

(Zitat)

Als Enklave liegt im Revier ein 70 ha großer Waldbesitz von Herrn Lotteraner, dem wir ganz

besonders danken, dass wir unsere Fütterungsversuche und Beobachtungen auch dort

durchführen konnten. Dieser Besitz ist vor einigen Jahren eingezäunt worden, um ihn

hochwildfrei zu halten. Aus verschiedensten Ursachen ist uns der dortige Rehwildbestand

weit über die vorgesehene Zahl angewachsen. Es war auch aus vielerlei Gründen nicht

möglich, die gewünschte Reduktion in der vorgesehen Zeit durchzuführen. Weil dort das

überzählige Jungwild nicht abwandern konnte, ist die Wilddichte trotz eines hohen

Abschusses rapid angestiegen und zwar im Gegensatz zum übrigen Revier, im dem sich der

Wildbestand, wie im Kapitel VII ausführlich beschrieben, ziemlich unabhängig vom Abschuss

durch Abwanderung fast von selbst reguliert . Um aber in diesem Gatter bei der übermäßig

hohen Wilddichte etwaigen Verbiss-Schäden an den vielen Fichtenkulturen zuvorzukommen,

bis der geplante Reduktionsabschuss durchgeführt werden konnte, wurden sofort auf diesen

70 ha zwölf verschiedene Futterstellen errichtet und dort vorsichtshalber ganzjährig

durchgefüttert. Diese Maßnahme hatte Folgen, die wir vorher nicht für möglich gehalten

hätten. Die erstaunlichste war die Auswirkung auf den Wildverbiss an den nach wie vor in

gleicher Weise gestrichenen Fichtenkulturen. Vor dieser Fütterungsweise waren dien

Schäden bei dem früheren niederen Rehwildbestand zwar nicht ernst aber immerhin

vorhanden. Trotz der spätern übermäßigen Wilddichte sind diese nicht nur zurückgegangen,

sondern haben fast aufgehört. Hievon konnten sich auch mehrere führende Forstmänner

überzeugen.

Die nächste überraschende Tatsache war, dass der Durchschnitt der Rehe die bei der

höchsten Wilddichte herangewachsen sind, sowohl im Körpergewicht und

Gesundheitszustand als auch in der Vermehrungsrate und Geweihbildung mit Abstand der

beste des Gesamtreviers wurde. Weiterhin haben sich die Größen der Territorien der

einzelnen Böcke derart reduziert, dass einige davon kaum 100 m im Durchmesser betragen,

ohne dass es zu größeren Auseinandersetzungen zwischen den Böcken kommt als im übrigen

Revier. In einem Jahr wurden aus diesem 70 ha großen Gatter 33 Rehe herausgeschossen.

Im Jahr darauf wurde der Zaun durch Windwürfe und Steinschlag undicht. Dadurch ist

obendrein zu unserer großen Erleichterung der größte Teil der Jahrlinge beiderlei

Geschlechts ausgebrochen, was durch markierte Kitze festgestellt werden konnte. Jedoch ist

unseres Wissens keine einzige der markierten Altgaisen ausgebrochen nur 2 starke Böcke.

Diese wurden zwar mehrmals außerhalb des Zaunes gesehen, waren aber noch bevor der

Zaun repariert werden konnte, schon wieder eingewechselt….

Nebenbei sei noch bemerkt, dass dieses Gatter der kälteste Platz im ganzen Revier ist. Ein tief

gelegener Graben, in den lange Zeit im Winter kaum ein direkter Sonnenstrahl fällt. Von

11

v. Bayern 1981

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9

Mitte Dezember bis 21. Januar hat dieses Gebiet überhaupt keine und erst ab Ende Januar

haben solche Plätze, an denen Rehe stehen können, eine Stunde Sonne. (Zitat Ende)

Die alleine aus diesem Teil der Untersuchungen von Herzog von Bayern gewonnenen

Erfahrungen bezüglich Trophäenstärke zeigen auf, dass etliche der für die Trophäenqualität

als besonders relevant eingestuften Faktoren wie Dichte, Anzahl der Sonnentage, Stress etc.,

die von den sogenannten „Rehpäpsten“ genannt werden, hier nicht zutreffen. 12

/13

Der einzig

entscheidende Faktor war hier offensichtlich, unbegrenzte Nahrung. Ein möglicher Schluss

daraus wäre, dass unbegrenzte Nahrung andere Faktoren, die bisher für die

Geweihentwicklung als wesentlich betrachtet wurden, anscheinend kompensieren kann.

Man könnte die Ausführungen über „wichtige“, veränderbare, bzw. durch den Jäger zu

beeinflussende Faktoren hinsichtlich „Rehwildhege“ ziemlich lange fortsetzen und wird

immer Beispiele in der Literatur und Praxis finden, welche das Gegenteil oder zumindest den

weniger gewichtigen Einfluss beweisen.

Eine Konsequenz - wage ich zu behaupten - kann man aus all den mehr oder weniger

wissenschaftlich nachvollziehbaren Untersuchungen und Versuchen ziehen:

Ohne Verbesserung der Nahrungsgrundlagen, auf welchen Wegen auch immer, wird man eine

Steigerung des Körpergewichtes und der Trophäenqualität nicht erreichen!

12

Stubbe 2008 13

Elßmann 1971

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4. Unsere Ziele

Wie schon erwähnt war am Anfang die Trophäenqualität Mittelpunkt unserer Überlegungen.

Die eigene Jagdleidenschaft, Freude an starken Trophäen und der Ärger über den allgemeinen

Schwachsinn, der nicht nur auf den „Hegeschauen“, Hegeringsitzungen und in den

verschiedensten Medien diverser Landesjagdverbände, bezüglich Rehwildbewirtschaftung

immer wieder verzapft wurde (und wird), waren unser Triebfedern.

Und das alles 40 Jahre nach Vogt und nach den Erkenntnissen Herzogs von Bayern. Das

Beharren der meisten, noch dazu wie man annehmen konnte erfahrenen Jäger, auf alten

Zöpfen, begonnen bei der Altersansprache über Abschusspläne und Zuwachsmodelle bis zur

Winterfütterung oder Entwurmung, war für uns damals die Herausforderung, es „besser“ zu

machen.

Im Laufe der Jahre haben wir zwar die Trophäenstärke nicht „aus den Augen verloren“, aber

mit zunehmenden Erfahrungen war die Gesamtentwicklung unseres Rehbestandes, unter

Einbeziehung anderer Aspekte wie Gesundheit, Populationsdynamik, Auswirkungen auf den

Wald etc., für uns wichtig.

Natürlich muss ich rückblickend sagen, dass unser damaliger Wissens- und Erkenntnisstand

ein vollkommen anderer war, als er es heute ist. Dennoch glaube ich, dass die unter großem

persönlichen Einsatz gemachten Erfahrungen, die erreichten Erfolge und Misserfolge, vor

allem aber die intensive Beschäftigung mit diesen Themen zu einer persönlichen jagdlichen

Weiterentwicklung geführt hat, welche uns heute so manches durchaus selbstkritisch und

auch anders als damals beurteilen lässt.

Die Diskussion darüber, was der Jagdausübungsberechtigte an Bewirtschaftungsmaßnahmen

setzen darf, um seinen Ertrag und jagdlichen Nutzen aus einem, von ihm für gutes Geld

gepachteten Jagdgebiet zu ziehen, ohne als „ Verhausschweiner“ des Wildes zu gelten, ist

sicherlich notwendig. Ohne hier Namen zu nennen wird diese Diskussion aber häufig von

jenen begonnen, die selbst jagdlich immer aus dem Vollen schöpfen durften, und das meist

noch unentgeltlich, und daher kaum Überlegungen über Kosten, Ertrag und vor allem auch

jagdlichen Nutzen anstellen mussten.

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5. Das Revier

Eignung der Jagdfläche für Rehwild

5.1. Lage

Bei den von uns bewirtschafteten Revieren handelt es sich um sieben zusammenhängende

Genossenschaftsjagdreviere mit einer Gesamtfläche von 3873 Hektar.

Die Reviere liegen im nördlichen Waldviertel in den politischen Bezirken Gmünd und Zwettl.

Sie gehören zu den Gemeinden Groß Gerungs, Langschlag und Bad Großpertholz mit

insgesamt 14 Katastralgemeinden.

5.2. Geologische Situation

Geologisch ist das Waldviertel ein Teil des Böhmischen Massivs, eine Grundgebirgs-

landschaft mit Höhen bis zu 1000 Metern, hauptsächlich aus Graniten und Gneisen bestehend.

Das Böhmische Massiv wird durch eine breite Palette unterschiedlicher Umwandlungs-

gesteine und magmatischer Gesteine gebildet. Sehr typisch für die verwitterungsgeformte,

hügelige Rumpflandschaft sind die häufig in allen Größen zu findenden Granitblöcke,

Restlinge genannt.14

Das Revier erstreckt sich von 625 bis 1045 Meter Seehöhe.

5.3. Klimatische Situation

Im Untersuchungsgebiet herrscht kontinental geprägtes Hochflächenklima.

Die nachstehenden Klimadaten basieren auf den im ca. 8 km entfernten Weitra erhobenen

Daten. Da der Großteil des Untersuchungsgebietes aber im oberen Bereich der

durchschnittlichen Seehöhe liegt, muss man für die betrachtete Revierfläche, Schneelage und

Minus-Temperaturen betreffend, durchwegs die extremeren Werte annehmen.

14

Quelle: Wandaller 2007

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12

5.4. Lufttemperatur15

Die Lufttemperaturdaten zeigen, dass im Untersuchungsgebiet relativ tiefe

Wintertemperaturen über längere Zeiträume vorherrschen.

Nur der Juli ist im Allgemeinen als einzig frostfreier Monat anzusehen.

15

Quelle: Wandaller 2007

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13

5.5. Niederschläge16

Die langjährigen Niederschlagsmengen liegen zwischen 500 und 800 mm, wobei das

Niederschlagsmaximum im Sommer liegt.

16

Quelle: Wandaller 2007

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

14

5.6. Schnee, Hagel, Gewitter17

Der Winter im Waldviertel ist geprägt durch Schnee und Sonnenschein. Da die größten

Niederschlagsmengen in den Sommern fallen, sind die absoluten Schneehöhen nicht zu hoch.

Allerdings ist in den Monaten November bis März mit ca. 65 Tage mit geschlossener

Schneedecke zwischen 1-20 cm zu rechnen.

17

Quelle: Wandaller 2007

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15

5.7. Revierdaten

5.8. Die wesentlichen Revierdaten im Überblick

Gesamtgröße : 3873 Hektar

Die Form der Gesamtjagdfläche ähnelt der eines Croissants, dessen Spitzen nur ca.600 Meter

voneinander entfernt liegen und in dessen innerem Bereich ein ca. 540 ha großes Revier liegt,

welches noch von einem anderen Pächter bewirtschaftet wird, von unserem Jagdgebiet aber

nahezu zur Gänze umschlossen ist. Da der dort zuständige Jagdpächter seit vielen Jahren

außer 2-4 älteren Böcken absolut kein Rehwild erlegt, wirkt sich dieser Umstand deutlich auf

unsere umgebende Revierfläche aus.

Vier Reviere liegen im politischen Bezirk Gmünd, drei im politischen Bezirk Zwettl.

Diese Tatsache wirkt sich auf die Abschussplanung der jeweiligen Reviere aus, da die

Bezirksverwaltungsbehörde als Jagdbehörde von den jeweilig verantwortlichen

Forsttechnikern und Bezirksjagdbeiräten, die zum Teil sehr unterschiedliche Ansichten

bezüglich Wildbestand und Abschussplanung vertreten, beeinflusst wird.

5.9. Vorkommende Wildarten

Hauptwildart:

- Rehwild,

weiters vorkommende Schalenwildarten:

- Schwarzwild,

- Rotwild, (Wechselwild aus den benachbarten Großbesitzen Waldgut Pfleiderer,

FVW Fürstenberg,)

- Damwild, Muffelwild, (jeweils einige Stücke, welche offensichtlich aus Gattern

stammen, sich jedoch bereits in freier Wildbahn vermehren, aber auf Grund des

geringen Gesamtbestandes jagdlich nicht relevant sind.)

Sonstige:

Haar- Niederwild:

- Hasen

-

Beutegreifer:

- Fuchs, Dachs, Stein- u. Edelmarder, Fischotter

Fallweises Auftreten von Luchs, Uhu, Habicht und Wanderfalke (es gab in den Jahren 1990

bis 2000 vier Luchsbegegnungen mit uns bekannten Jägern, Fotofalle 2010 im Revier P, die

genannten Greifvögel werden alljährlich von uns selbst mehrmals beobachtet).

Haselhuhn ist in weiten Teilen des Reviers zu finden.

Birkhuhn nach Meliorationsmaßnahmen zu Beginn der 1970er Jahre praktisch verschwunden,

fallweise nicht gesicherte Sichtmeldungen. Ab 1965 wurden Trockenlegungsmaßnahmen vom

Land Niederösterreich massiv gefördert. Allein im Revier W wurden bis 1970 über 40km

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Drainagen verlegt und damit weit über 200 ha Wiesen entwässert. Bis 1965 wurden Jahr für

Jahr 4 Birkhähne im Revier W erlegt, 1973 noch 1 Birkhahn erlegt und in den

darauffolgenden Jahren Birkwild nur mehr fallweise beobachtet.

5.10. Reviernamen und Abkürzungen

Reichenau am Freiwald R

Bad Großpertholz P

Watzmanns W

Abschlag A

Oberkirchen O

Bruderndorf B

Langschlag L

5.11. Übersicht über die flächenmäßigen Anteile

von Wald, Feld, Wasser für die jeweiligen Reviere und Gesamtübersicht

Revie

rbezeic

hu

ng

ha -

gesam

t

ha -

Wald

ha -

Feld

ha -

Wa

sse

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Jag

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Reichenau R 354,22 208,67 144,75 0,08 0,72

Pertholz P 465,12 404,26 60,94 0,09 0,25

Watzmanns W 736,39 318,01 413,68 0,90 3,80

Abschlag A 352,00 94,29 257,02 0,40 1,90

Oberkirchen O 831,76 320,25 505,13 1,13 5,25

Bruderndorf B 702,92 329,89 369,16 0,67 3,10

Langschlag L 431,55 176,55 226,00 2,00 27,00

ha gesamt 3.873,96 1.851,92 1.976,68 5,27 42,02

Verteilung in % 47,80% 51,02% 0,14% 1,08%

Im Wald dominiert nach wie vor die Fichte als „Brotbaumart“ der Landwirte. Wie in vielen

Teilen Österreichs, kam es erst in den letzten 15 Jahren zu einem Umdenken und zum

Bestreben, wieder vermehrt Laubholz einzubringen. Kiefer und Buche sind in geringem

Ausmaß vertreten.

Die Hauptfruchtfolge auf den Feldern ist Hafer, Kartoffel und Winterroggen. Erst durch

relativ junge Saatguttypen ist es in den letzten Jahren auch möglich, Weizen, Wintergerste

oder Tritikale anzubauen. Abhängig von der Viehbewirtschaftung findet man auch häufig

mehrjährige Kleefelder. Die Zuckerrübe wird nur selten als Futterpflanze angebaut.

Mais für Silagezwecke wird insgesamt nur auf einer Fläche von ca. vier Hektar gebaut und

ergibt lediglich im Zusammenhang mit Schwarzwild ein Problem.

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5.12. Wie gut ist das Revier als Rehwildlebensraum geeignet?

Der Großteil des Reviers ist geprägt, von der für das Waldviertel typischen, hügeligen

Terrassenlandschaft mit zahlreichen Büschen und Einzelgehölzen.

Für die Gesamtbeurteilung der Habitateignung ist auch der Anteil von Wald und Feld an der

Gesamtfläche mitentscheidend. In unserem Fall beträgt der Waldanteil gerundet 48 %, der

Feldanteil 51%. In dem Feldanteil sind auch die zahlreichen mit Strauchbewuchs

vorhandenen Feldraine enthalten. Mindestens so wichtig wie die jeweiligen Anteile ist auch

die Verteilung und Vermischung der Wald- und Feldanteile. Auf den nachfolgenden Bildern

kann man die vorhandenen Strukturen sehr gut erkennen.

Einer der Revierteile mit der höchsten Rehwilddichte „Watzmanns“

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Auf dem Luftbild sind die entstehenden Grenzlinien in verschiedenen

Revierteilen gut erkennbar.

5.13. Landwirtschaftliche Bewirtschaftung

Die im Untersuchungsgebiet vorherrschende landwirtschaftliche Bewirtschaftungsform ist die

Mischwirtschaft auf Basis der klassischen 3-Felder Wirtschaft. Die ursprünglichen

Betriebsgrößen lagen bei 8 - 15ha Grünland / Felder und 2-10 ha Wald. Durch die

Veränderungen in der Landwirtschaft und neue Einflüsse wie EU Erweiterungen und

Ostöffnung kommt es zu massiven Strukturveränderungen.

Im Waldviertel nicht allzu lange her. Foto: Trumler

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

19

Da laufend Betriebe, nicht nur infolge eines Generationswechsels, sondern auch aus Gründen

der Überlebensfähigkeit ihren Betrieb einstellen, können andere Betriebe zusätzliche Flächen

anpachten, sodass sich die Betriebsgrößen zunehmend verändern und der Durchschnitt der im

Vollerwerb geführten Landwirtschaften schon über 35 ha liegt.

Leider wurden in den letzten 15 Jahren sehr häufig, vor allem an Waldrändern liegende,

kleinere Wiesenflächen, deren Bewirtschaftung sich aus Gründen der Erreichbarkeit,

Futterqualität und Topographie für die Landwirte nicht mehr „rechnete“, aufgeforstet.

Erschwerend kommt hinzu, dass hauptsächlich Fichten gesetzt wurden.

Da Waldflächen im Allgemeinen nicht verpachtet werden, sind die bei den aufgelassenen

Betrieben verbliebenen bäuerlichen Kleinwaldflächen, sehr unterschiedlich gepflegt und

forstlich bewirtschaftet. Das wirkt sich auf die Einstands- und Äsungsqualität bezüglich des

Rehwilds aus.

Ein wesentlicher Faktor in der Betrachtung der Habitateignung, ist die durchschnittliche

Grundstücks- und Parzellengröße im Untersuchungsgebiet und die Gestaltung und das

Vorhandensein von Feldrainen. Durch Erbteilung und Verkäufe, kam es sowohl im Feld wie

im Wald, zu häufigen Grundstücksteilungen, die zu extrem schmalen Flurbreiten führten

(sogenannte „Hosenträger Luß“). Die daraus entstehenden Grenzlinien und Strukturen sind

von maßgeblicher Bedeutung für rehwildgerechte Lebensräume.

Die hohe Verfügbarkeit von Knospen und Kräutern an den unzähligen Feldrainen und

Strauchreihen (die auch regelmäßig auf den Stock gesetzt werden) war und ist für die hohe

Lebensraumqualität mitentscheidend.

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20

Der Einfluss der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung hat sich in den letzten 15 Jahren (auch

durch den EU Beitritt und die Teilnahme an der GAP) deutlich verändert. Die jahrzehntelange

Dreifelderwirtschaft führte früher im Herbst zu einer deutlichen Reduktion, der im Feld

vorhandenen Äsung. Nach der Ernte von Hafer (aufgrund der Höhenlage oft erst im

September) und Kartoffel, gab es kaum mehr Äsungsangebote im Feld. Auch die intensive

Nutzung der Grünlandflächen (bis zu 4 Schnitte), zusammen mit relativ häufigem Frost schon

im Oktober, minderte die Verfügbarkeit von Wiesenäsung für Rehwild. Erst das Aufgehen der

Winterroggensaat, veränderte dann wieder vorübergehend die Äsungssituation. Wenn man

früher zu dieser Zeit die Feldflächen betrachtete, war der Gesamteindruck eher einfärbig

braun.

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21

Durch den Einfluss verschiedenster Förderungsmodelle (ÖPUL / ÖKOPUNKTE / Biol.

Landbau etc.) kam es zu einer massiven Änderung. Gründecken, Winterbegrünung mit

frostharten Pflanzen und viele geförderte Bodenverbesserungsmaßnahmen führen im

Spätherbst zu einem vollkommen anderen Bild in der Landschaft. Auf großen Flächen ist ein

üppiges Äsungsangebot von Raps, Senf, Perko, und Facaelia zu finden. Aus Kostengründen

werden von den Landwirten natürlich jene Pflanzen gewählt, die den Förderungsauflagen

entsprechen, aber möglichst preisgünstig sind (in den meisten Fällen Senf). Diese Sorten sind

aber nicht immer gute Äsungspflanzen für Rehwild. Um dieses Angebot qualitativ noch zu

verbessern, werden den Bauern von uns Saatgutmischungen (Raps, Markstammkohl, Rotklee

u.a.) zur Verfügung gestellt, die sie dann einmischen und damit die Äsungsvielfalt erhöhen.

Einen durchaus hohen Einfluss hat aber die großflächige, und noch dazu vollkommen

zeitgleiche Bewirtschaftung großer zusammenhängender Grünlandflächen ohne eingestreute

Feldflächen. Abhängig von der Vegetationshöhe und Dichte der Wiesen zu den

Hauptsetzzeiten und dem auch witterungsbedingten Mähzeitpunkt, kommt es auf diesen

Flächen zu massiven Mähverlusten. Es ist sehr schwierig für uns, diese Verluste zu

quantifizieren, da diese ja von den Bauern nicht gemeldet werden und eine exakte Erhebung

sehr zeitaufwendig wäre.

Um diese Mähverluste zu verringern, werden in enger Zusammenarbeit mit den

Grundeigentümern, einige Maßnahmen getroffen. Da die meisten Betriebe auf

Silagewirtschaft umgestellt haben, kommt es zu wesentlich früheren Mähterminen (oft schon

Mitte Mai), an denen die Kitze oft erst wenige Tage alt sind und noch ein absolutes

„Drückeverhalten“ haben. Manchmal gelingt es durch kurzfristige Vergrämungsmaßnahmen

die Muttergais dazu zu veranlassen, das Kitz an einer anderen Stelle abzulegen. In den stark

strukturierten Revierteilen werden dann häufig auch Waldränder oder andere Abliegeplätze

im Wald aufgesucht. Ein Problem stellen manche zusammenhängende, manchmal bis zu 100

ha große Wiesenflächen dar, da dort je nach Witterungsverhältnissen sehr häufig die gesamte

erste Mahd oft in wenigen Stunden bzw. maximal verteilt auf drei Tage erledigt ist. Hier kann

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22

man eigentlich nur direkt vor dem Mähtermin mit einem geeigneten Kitzsuchgerät (mit

Wärmesensoren) die Fläche absuchen.

Auf Grund der Flächengröße kann man aber nur einen Teil der Wiesen absuchen und muss

sich auf jene Flächen beschränken, auf denen man führende Gaisen beobachtet hat, oder beim

abgehen, Lager von Gaisen und Kitzen wahrnimmt. Um die gesamten Flächen zu

kontrollieren, bräuchte man einige „Suchtrupps“. Außerdem kann man mit diesen

„Kitzrettern“ nur so lange effizient suchen, solange die Umgebungstemperatur nicht zu hoch

wird. Dann muss man die Sensibilität der Geräte herabsetzen, um nicht dauernd Fehlanzeigen

zu haben und in der Folge auch Kitze zu übersehen. Das heißt, man kann eigentlich nur die

Zeit zwischen 4 Uhr und 9 Uhr früh nützen.

Die Grundlage für so eine Zusammenarbeit ist natürlich ein gutes Verhältnis zu den

Grundeigentümern. Wir wickeln die Kommunikation sehr häufig an den „Milchhäusern“ ab,

da man die Landwirte dort, natürlich nur zu einer bestimmten Zeit, antrifft und man meistens

mehrere Bauern zugleich informieren kann bzw. auch selbst informiert wird.

Durch Verwendung von schweren Maschinen, verbunden mit hohen Arbeitsgeschwindig-

keiten, nimmt der bearbeitende Landwirt einen „Kitzverlust“ eigentlich nicht mehr wahr.

Häufig sieht man am nächsten Tag Gaisen, die ihre Kitze auf den abgemähten Flächen suchen

bzw. kann man Krähen und Elstern beobachten, welche die kaum mehr sichtbaren Überreste

aus dem Mähgut herauspicken. Eine gesamte Beurteilung der jährlichen Mähverluste und eine

Berücksichtigung in Abschussplänen und Bestandesdynamik sind äußerst schwierig.

Kitzsuche mit elektronischem Wildretter

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Damit man uns im „Ernstfall“ erreichen kann, haben wir nahezu flächendeckend an alle

Grundeigentümer unsere „Visitenkarte“ im Postkartenformat (damit man sie auch wieder

findet) verteilt. Auf diese Art bekommen wir immer wieder, mehr oder weniger wichtige,

Anrufe und Informationen, das Wesentliche ist uns aber dabei der Kontakt mit der

Bevölkerung.

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6. Fütterungen

Zu Beginn des Versuches errichteten wir 28 Futterstellen auf ca. 750 ha. Die ursprüngliche

Variante war der klassische Typ, mit abgeschrägten Vorratsbehältern und beiderseits

zugänglicher Futterlade.

Da wir immer wieder beobachten konnten, wie sowohl Böcke als auch Gaisen vor allem zu

Beginn der Fütterungsperiode kaum andere Stücke zum „Trog“ lassen, selbst führende Stücke

die eigenen Kitze nur bedingt aus der selben Fütterung fressen lassen, wurden an jeder

Futterstelle mehrere Futterkrippen aufgestellt, um auch sozial schwächer gestellten Stücken

den Zugang zu ermöglichen. Im Verlauf der Fütterungsperiode konnte man eine steigende

Vertrautheit bzw. Akzeptanz unter den Rehen bemerken - gegen Ende der Saison nehmen oft

mehrere Stücke, dicht aneinandergereiht, aus derselben Futterlade Futter auf.

Mit Bewirtschaftung der großen Jagdfläche (ca. 3900 ha) wurde die Anzahl der Futterstellen

auf ca.120 Plätze erweitert. Um die Befüllung und Nachbeschickung arbeitstechnisch

einigermaßen zu erleichtern und den Zeitaufwand zu optimieren, wurden nun die Futterstellen

auf Kisten umgestellt, welche ein Fassungsvermögen von ca. 850 kg pro Fütterung haben.

Prototyp des 2.ten Fütterungssystems mit angebrachten „Geweihernter“ (= Querstangen, an denen die Böcke mit den Geweihen immer wieder anstoßen und dann, wenn die Stangen „abwurfbereit“ sind, abgestreift werden und so leicht

gefunden werden); die zweite Futterlade auf der gegenüberliegenden Seite fehlt bei dieser Fütterung.

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Diese Fütterungen werden mit speziell dafür ausgestatteten Unimogs über bewegliche

Förderschnecken befüllt.

Mit ansteigenden Schwarzwildbeständen stiegen auch die „Übergriffe“ der Sauen auf unsere

Rehwildfütterungen, mit einhergehenden Verwüstungen und Zerstörungen derselben.

Sicherlich stellte der darin enthaltene Mais eine wesentliche Verlockung dar. Als

„Begleitmaßnahme“ erhöhten sich auch die Grünlandschäden im Umfeld. Da wir aber absolut

nicht das ohnehin landergreifende Schwarzwild noch zusätzlich durch ungewolltes Füttern

fördern wollten, waren Gegenmaßnahmen ein Gebot der Stunde. Wir dachten über ein System

nach, das die Sauen nicht an das Rehfutter herankommen lässt, die Rehe aber trotzdem

möglichst ungehindert fressen können.

Sämtliche Arten von Einzäunungen, ähnlich den Rotwildkälberställen, waren, aufgrund der

Anzahl der Futterstellen und der notwendigen Stabilität gegenüber den extrem listigen und

kräftigen Sauen undurchführbar. Ich kam daher auf die Idee, die anatomischen Unterschiede

der Wildarten auszunützen. Ähnlich wie in der Fabel, in der der Storch dem eingeladenen

Fuchs das Fressen so anbietet, dass eben nur der Storch daran kommen kann, wurden unsere

Fütterungen umgebaut.

Alle Futterladen wurden mit eigens dafür zugeschnittenen Baustahlgittermatten, (mit 10x10

cm Gitter) umfasst. Je nach Breite der Fütterung wurden drei bis vier „Fenster“ mit 20x30 cm

herausgeschnitten, sodass Rehwild mit dem Haupt noch bequem durchkommt. Diese Gitter

wurden so angebracht, dass vom Gitter zum Futter noch ca. 20 bis 30 cm Abstand besteht,

welcher aber von den Rehen mit den langen Trägern leicht überbrückt wird.

Unsere Versuche haben gezeigt, dass zwar Frischlinge bis zu einem ungefähren Gewicht von

15-20 kg (aufgebrochen), noch mit dem Haupt durch das Fenster durchkommen, aber das

Futter trotzdem nicht erreichen, weil es einfach zu weit weg ist. Stärkere Sauen bleiben aber

schon mit dem Haupt am „Eingang“ stecken.

Mit dieser Methode ist es uns, praktisch fast zu hundert Prozent, gelungen, das Schwarzwild

nicht an das Futter herankommen zu lassen. Nahezu an allen Fütterungen sieht man Spuren in

Form von abgewetzten Borsten und Schmutz am Gitter, wie die Sauen versuchen an das

Futter zu gelangen. Nur wenn Vögel oder Eichhörnchen das Futter hervorscharren, gelingt es

den Wildschweinen, an geringe Mengen heranzukommen.

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„Sauensicher“ umgebaute Fütterung . Gut sichtbar an den beiden seitlichen Brettern die

Verschmutzung und am vorderen Brett die Bissspuren von den Eindringversuchen der Wildschweine.

Es dauerte nach dem Umbau oft ein paar Tage, bis die Rehe mit der neuen Situation zurecht

kamen, danach konnte man aber beobachten, dass sie sogar mit den Vorderläufen durch die

Öffnung schlüpften, um zu fressen.

6.1. Welche Parameter, abgesehen vom „Füttern“ und „Schießen“ kann der

Jagdpächter noch beeinflussen?

Sieht man sich in der Rehwildliteratur etwas um, gibt es fast immer die gleichen rührenden

Hinweise, wie man den Lebensraum und damit auch das Äsungsangebot der Rehe, verbessern

kann.

Im jüngst erschienenen Buch Hubert Zeilers „Rehe im Wald“18

widmet sich der Autor in

einigen Kapiteln auch ausgiebig diesem Thema.

Eine Vielzahl von Maßnahmen, die im Buch nachzulesen sind, wird dort angeführt. Ich

möchte nur einige herausgreifen:

.) Winterschlägerungen von Tannen

.) Schlägeln der Forststrassenbankette

.) Anlage von kleinen Wildwiesen (1000-2000qm) im Wald

.) Gestaltung der Waldränder

.) Freihalteflächen in Windwürfen

.) Almwirtschaft

.) Anlage von größeren Wildäckern

.) Gewinnung von Laubheu !

.) Ruhe im Revier

18

Zeiler 2009

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27

Mit Ausnahme der Anpachtung und Bewirtschaftung in Eigenregie von kleinen Wildackern

oder Wiesen, welche manchmal von Grundeigentümern mehr oder weniger großzügig

überlassen werden, ist praktisch keine Maßname durch einen durchschnittlichen Jagdpächter

umsetz- oder beeinflussbar.

All die gutgemeinten Ratschläge kann natürlich der Grundbesitzer, wenn er ein Herz für die

Jagd und noch dazu für Rehwild hat, umsetzen. Wenn man die Anlage von Wildwiesen unter

Einsatz von Bagger (zur Rodung) und sonstiger Begleitmaßnahmen wie Kalkdüngung etc.

auch wirtschaftlich betrachtet, so erkennt man, dass auch diese Maßnahmen in der Praxis nur

vom Grundbesitzer wirklich umgesetzt werden können.

Nach mündlicher Mitteilung eines „Dauerjagdgastes“ in den Stainzer Revieren (DI Hannes

Stelzl, selbst Forstmann), wurde das Laubheu durch das Forstpersonal gewonnen. Ich erlaube

mir zu bemerken, dass selbst bei Annahme eines Kollektivlohnes die Gewinnung und der

damit erhaltene Futtervorrat in keinem wirtschaftlichen Verhältnis stehen. Was kann aber nun

der durchschnittliche Jagdpächter einer der zahlreichen Genossenschaftsjagdgebiete in

Österreich, mit jeweils zig verschiedenen Grundbesitzern, welche oft gar nicht mehr im Ort

wohnen, machen, um seinen Rehstand zu bewirtschaften und jagdlich zu nutzen?

Selbst wenn der eine oder andere Mitpächter Grundbesitzer in der Jagdgenossenschaft ist,

stößt man sehr rasch an die Grenzen der Umsetzbarkeit. Hier werden die Ratschläge in all den

Büchern und Artikeln schon sehr dünn und meistens hat man den Eindruck, dass die diversen

Autoren noch nie einen Jagdpachtvertrag unterschrieben haben.

Kein einziger Grundbesitzer denkt bei Entscheidungen hinsichtlich der land- und

forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung seiner Flächen darüber nach, welche Auswirkungen

seine Maßnahmen auf Wildtiere haben. Auch er kann nur vom Ertrag leben und davon seine

Rechnungen bezahlen. Verschiedene Fördermodelle mit finanziellen Anreizen auf

europäischer Ebene können natürlich auch positive Auswirkungen auf Wildtiere haben. Wie

man aber im Falle der Brachflächen sieht, unterliegen solche Maßnahmen auch einem

ständigen Wandel. Nur in wenigen Musterrevieren gelingt es manchen starken

Persönlichkeiten unter großem Einsatz, Bauernkollegen dahingehend zu beeinflussen, in ihrer

Bewirtschaftung etwas Rücksicht auf Wildtiere zu nehmen. (z.B. DI Paul Weiss / Lassee )

Wir wissen sehr gut, dass gerade in den von uns bewirtschafteten Revieren eine

Rehwildfütterung aus wildbiologischer Sicht nicht notwendig ist. In den manchmal wirklich

schneereichen und kalten Wintermonaten wäre dann der Fallwildabgang sehr hoch, aber das

könnte man ja als das natürliche Geschehen betrachten.

Wir sehen unsere Aufgabe als Jäger und Revierpächter nicht nur darin, das zu Ernten, was uns

die Natur fallweise überlässt, sondern wir wollen auch eine nachhaltige Nutzung unserer

häufigsten Schalenwildart mit durchaus auch wirtschaftlichem Interesse.

Dieses betrifft sowohl die Vermarktung des anfallenden Wildbrets wie auch die Steigerung

des jagdlichen Nutzens.

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28

7. Das Futter

Wenn man sich nur oberflächlich mit der sogenannten Herbstmast19

beschäftigt, scheinen

diese Überlegungen vorerst schlüssig, da sich doch so manche Gedanken gut mit dem

Wunschdenken des „Hegers“ decken. Eine Stellungnahme zu diesem „Irrweg der Hege“20

,

zeigt kritisch die Widersprüchlichkeiten und auch die teilweise fragwürdige wissenschaftliche

Fundierung dieser so oft zitierten Methode auf.

Auch an diesem Beispiel zeigt sich, wie sehr die Jägerschaft gefordert ist, nicht nur kritisch

Sachverhalte zu hinterfragen, sondern wie notwendig auch ein hohes Ausbildungsniveau der

Jäger und Jagdfunktionäre ist. Ein Fütterungsbeginn mit dem empfohlenen 1. August war für

uns auch nicht sinnvoll, da einerseits bei uns noch die Rehbrunft am Höhepunkt ist,

andererseits auch ein Ausbringen von Kraftfutter im Hochsommer nicht nur bei den Bauern

auf Unverständnis stößt. Wir beschicken daher unsere Fütterungen „erst“ September bis Mitte

Oktober. Selbst zu diesem Zeitpunkt ist die Futterannahme noch gering, weil das Angebot in

der Natur und Landwirtschaft eben noch vielseitig ist. Dies bringt uns möglicherweise um

einen Teil unseres „Erfolges“, wenn man die Verhältnisse mit den Hochlagen vergleicht. Es

entspricht den natürlichen Gegebenheiten des Reviers und wir versuchen auch nicht, die Rehe

durch irgendwelche Maßnahmen früher an die Fütterung zu bringen. Am Anfang lag natürlich

nahe, die schon lange gewonnen Erkenntnisse Vogts und von Bayerns auch bei uns

umzusetzen. Wer sich aber mit der Erzeugung diverser Futtermittel schon beschäftigt hat,

wird draufkommen, dass die Beschaffung der, in den vorher erwähnten Versuchen

verwendeten Komponenten, abgesehen vom Preis, nicht ganz einfach ist. Sesamexpeller und

Kokoskuchen sind am freien Markt in kleineren Mengen, das heißt unter 10 Tonnen, schwer

zu bekommen. Noch dazu ist eine Qualitätskontrolle als Nichtfachmann sehr schwierig.

Außer dem verwendeten Mais, der natürlich erhältlich ist, mussten wir uns um Alternativen

umsehen oder eine andere Mischung nehmen. Es schien uns daher naheliegend und auch

sinnvoll, jene Futtermittel einzusetzen, die in der Region wachsen und auch verfügbar sind.

Wir kauften daher von Beginn an Hafer, Futtergerste, Erbsen, Tritikale von den

ortsansässigen Bauern an, was auch den günstigen Nebeneffekt hatte, dass wir zwar ein wenig

mehr als die örtlichen Lagerhäuser bezahlten, aber die Grundbesitzer positiv für uns

stimmten. Um eine einigermaßen gleichmäßige Mischung zu erhalten setzten wir zuerst

Betonmischwagen ein.

„Irrwege der Hege“ ?

19

Hofmann, Kirsten 1982 20

Schröder etal. (undatierte Kopie)

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29

Im Jahr 1999 bestand sich die Futtermischung aus nachstehenden Komponenten:

Hafer 15 200 kg

Mais 7000 kg

Gerste 1500 kg

Futtererbse 8000 kg

Trockentrester 6000 kg

Mineralstoffmischung 5500 kg

Gesamt 43 500 kg

Um einen anzustrebenden Anteil von Calcium und Phosphor zu erreichen wurde

phosphorsaurer Futterkalk beigemischt was aber bei der Verarbeitung „etwas“ mühsam war.

Die Beimischung von Futterkalk wirbelt etwas Staub auf

Um das für Wiederkäuer verwertbare Eiweiß zu steigern, mischten wir am Beginn

sogenannten Kälberstarter zu ca. 20 % dazu.

Da aber bei einer Gesamtmenge von 100 000 kg pro Jahr die Kosten eine wesentliche Rolle

spielen, verzichteten wir auf diese“ Eiweißaufbesserer“ und beschränkten uns auf übliche

Getreidesorten, wie vorhin erwähnt.

Die Mengen waren aber immer so, dass Rehwild ad libitum Futter aufnehmen konnte.

Natürlich waren uns von Beginn an die Probleme rund um den Ernährungszyklus des

Rehwildes im Jahresablauf, gerade im Zusammenhang mit Kraftfuttergaben, bekannt, es war

aber die Problematik der technischen Umsetzung diese Dinge zu berücksichtigen.

Wir wissen, dass Kraftfuttergaben zum Zeitpunkt der natürlichen Vegetationsruhe, noch dazu

wo sich das Rehwild mit seinem Verdauungsapparat auf nährstoffarme Äsung eingestellt hat

und auch den Grundumsatz dementsprechend drosselt, bei einseitigem Angebot auch zur

Belastung werden können.

Es ist aber in der Praxis technisch unmöglich, bei vorher nicht abschätzbarem

Futterverbrauch, zum notwendigen Zeitpunkt bei über 120 Futterstellen das Kraftfutter durch

ein wesentlich eiweißärmeres Erhaltungsfutter zu ersetzen. Noch dazu gewöhnt sich Rehwild,

wie die Erfahrung bei den meisten Versuchen gezeigt hat, an gewisse

Futterzusammensetzungen und jede Umstellung, auch auf davor bekannte Mischungen,

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

30

verursacht immer eine relativ lange Gewöhnungsphase21

. Wir vertrauten daher auf den

natürlichen Instinkt einer, so lange in der Evolution entwickelten Wildart, sich das zu holen

was sie in der jeweiligen Phase benötigt. Wir wussten ja auch, dass prinzipiell das

reichhaltige Angebot an Strauch- und Knospenäsung, sowie das Angebot auf den Feldern für

ein Überleben der Rehe vollkommen ausreicht. Wir hatten aber, wie im Kapitel „Ziele“

erwähnt, noch andere Zielsetzungen im Kopf.

Um die „Ausweichmöglichkeiten“ ein wenig zu erweitern, bieten wir bei Einsetzen des

Frostes (ca. ab November) Futterrüben und Nasstrester in ausreichender Menge an.

21

v. Bayern 1975

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

31

Des öfteren wird von Wildbiologen dem Rehwild die Fähigkeit abgesprochen, das richtige

Futter zur richtigen Zeit an- und aufzunehmen22

. Offensichtlich gibt es auch hier wesentliche

Unterschiede, oder der ganze Sachverhalt ist noch nicht eingehend genug erforscht.

Zeiler erwähnt in seinem Buch „Rehe im Wald“ eine Untersuchung von Professor Oslage

(Hannover), aus der, so der Autor, klar hervorgeht, dass Rehe, so man sie lässt, angebotenes

künstliches Futter so auswählen, dass der Eiweißgehalt dem zyklischen Jahresbedarf

entspricht. Dies deckt sich auch mit unseren langjährigen Erfahrungen: Deutlich spüren wir,

dass so etwa ab Mitte Dezember der Verbrauch an Kraftfutter sinkt und die Annahme der

alternativen Futtermittel wie Nasstrester und Futterrüben steigt.

Natürlich, ist bei eingeschränktem Futterangebot, z.B. dort wo Rehwild in Hochlagen

vollkommen auf das vorgelegte Futter angewiesen ist und kaum ausreichend natürliche

Äsung gefunden werden kann, die Gefahr der so oft zitierten Pansenübersäuerung nicht zu

unterschätzen. Wir hatten in all den Jahren nur drei Stück Fallwild aus diesem Grund.

Dies war aber auf meine damalige Unkenntnis und den Umstand zurückzuführen, dass eine

Fütterung überraschend leer war und ich in Ermangelung anderen Futters, und wie gesagt

ahnungslos, reine Futtergerste vorlegte. Nach wenigen Tagen saßen in unmittelbarer Nähe der

Fütterung drei verendete Rehe in ihren Lagern. Eine Untersuchung am Institut für

Wildtierkunde in Wien brachte uns Aufklärung und seither sind wir uns dieser Problematik

bewusst.

Dazu muss ich erwähnen, dass jedes aufgefundene Stück Fallwild, bei unbekannter

Todesursache, soweit es noch untersuchungstauglich ist, den dafür zuständigen Stellen für

Untersuchungszwecke vorgelegt wird.

Durch Berechnung der Futterwerte versuchten wir natürlich immer die Zusammensetzung so

zu steuern, dass das Verhältnis verdauliches Eiweiß zu Stärke, sich im Bereich von 1: 4-6

bewegte. Um auch den Rohfasergehalt ausreichend zu halten, wurde nie eine Getreideart

gequetscht oder gemahlen und dazu noch Trockentrester (Apfel) hinzugemischt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass unser Futter hinsichtlich der ursprünglichen

Zielsetzung natürlich „mangelhaft“ ist, wir halten es aber mit der Aussage Herzog von

Bayerns23

:

Wahrscheinlich kommt es gar nicht so darauf an was gefüttert wird, sondern auf das wie, wo

und wann.

22

Muralt 2009 23

v. Bayern 1981

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32

8. Bejagung

Da wir ja gerne jagen und auch der Abschuss der Herbstrehe für uns keine „Belastung“

darstellt, bejagen wir das Rehwild an sich während der gesamten Schusszeit, aber mit zwei

Schwerpunktbejagungen. Der erste Höhepunkt ist naturgemäß die Rehbrunft. Die zweite

Schwerpunktbejagung erfolgt anfangs November. Wir machen eine Woche Ansitzjagd und

laden dazu mehrere Freunde und Gäste ein. Pro Revier ein Morgen- und ein Abendansitz.

Dabei erlegen wir einen Großteil des weiblichen Abschusses ohne anhaltenden Jagddruck.

Dazu muss man sagen dass auf Grund der Reviergröße und der geringen Anzahl von

kontinuierlich jagenden Personen (4-5) trotz der „laufenden“ Bejagung kaum Jagddruck

herrscht. Das heißt Revierteile werden im Laufe eines Jahres nur wenige Male begangen und

es gibt viele Revierteile die nahezu unbejagt sind bzw. oft nur im Abstand von mehreren

Jahren bejagt werden.

Brunftjagd :

Um erfolgreich die Blattjagd zu betreiben, gibt es Einiges zu beachten und vorzubereiten. Da

es nun auf diesem Gebiet schon etliche Experten und auch einige Bücher gibt, möchte ich

nicht näher auf diese, meistens schon bekannten Weisheiten eingehen.

Wir verfügen über ca. 100 erfasste Rufplätze, welche vor der Brunft noch kontrolliert werden

bzw. die Pirschsteige dorthin noch gereinigt werden. Die Rufplätze selbst verfügen meistens

über keine besonderen Einrichtungen, abgesehen davon, dass der Platz bei der Erstanlage

nach einigen wichtigen Gesichtspunkten (Wind, Aussicht, Erreichbarkeit, Einstands-

verhältnisse, Störanfälligkeit, usw.) angelegt wird.

Durch das vorher angelegte Netz wird auch eine einigermaßen gleichmäßige Verteilung der

Abschüsse erreicht und man neigt nicht immer dazu, nur auf den „guten“ Plätze zu blatten.

Vom ersten bis zum zehnten August werden bei der Ruf- und Ansitzjagd die Mehrheit unserer

Ernteböcke aber natürlich auch einige Jährlinge erlegt.

Strecke am Ende der Blattjagdtage

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Auch für die sogenannten „Ansitzjagdtage“ sind einige Vorbereitungen zu treffen.

Bevor ich darauf eingehe, sei noch erwähnt, dass wir Anfangs dachten, den Rehwildabschuss

im Rahmen von herbstlichen Bewegungsjagden zu erfüllen, um vielleicht auch das eine oder

andere Stück Schwarzwild mitzuerlegen. Obwohl wir diese Jagden genau planten und

vorbereiteten, z.B. über 90 Drückjagdhocker aufstellten und jeden Trieb sorgfältig planten,

war das Ergebnis mehr als ernüchternd. Es gelang uns nicht, trotz Einsatz einiger Hunde und

Treiber, das Wild vor die Schützen zu bringen. Die meisten Anblicke hatten die Treiber und

auch mittreibende Hundeführer, die aber aus Sicherheitsgründen nie schießen konnten.

Außerdem kam es noch zu einigen Fehlschüssen, da das Rehwild, wenn es aus dem Trieb

flüchtet, doch sehr schnell ist.

Wir änderten daher rasch unsere Strategie und stellten auf Ansitzjagd um. Anstatt aber

mehrere Monate lang morgens und abends das Revier durch Ansitz- und Pirschjagden auf

Gaisen und Kitze zu beunruhigen, versuchten wir aus der „Not eine Tugend“ zu machen und

planten eine zeitlich und örtlich konzertierte Bejagungsstrategie. Das heißt für eine Woche

Ende Oktober luden wir viele Jagdfreunde zur Ansitzjagd ein. So konnten wir pro Ansitz

zwischen 15 und 20 Jäger gleichzeitig ansetzen und wählten pro Ansitz immer nur ein Revier,

bzw. einen Revierteil aus, da wir jedes Revier nur zweimal beunruhigen wollten. Durch die

sich daraus ergebende große Anzahl von „Wildbegegnungen“ haben wir die Möglichkeit zu

selektieren und müssen nicht auf jedes Stück das in Anblick kommt „Dampf machen“ um den

Abschussplan zeitgerecht erfüllen zu können.

Nicht unerwähnt soll dabei auch die gesellschaftliche Seite dieser konzertierten

Ansitzjagdtage bleiben. Eine Woche zusammen mit Jagdfreunden jagen, am Abend gemütlich

zusammenzusitzen und Erfahrungen über die Jagd auszutauschen hat auch etwas für sich.

Mit dieser Methode erlegten wir zum Beispiel im November 2009 in einer Woche 115 Stück Rehwild und einige Füchse.

Mit den davor und danach noch ohne großen Zeitaufwand erlegten Stücken, können wir ohne

andauernden Jagddruck, den nicht geringen Abschuss leicht durchführen.

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8.1. Abschusspläne

Wer viel füttert, der muss viel schießen.

Eine Forderung die uns von Anfang auch vollkommen klar war und als Credo in unzähligen

Publikationen über Rehwild immer zu lesen ist. Nun, viel schießen heißt auch höherer

jagdlicher Nutzen. Die Frage ist nur wie viel und nach welchen Kriterien?

Wenn man die wahren Abschusszahlen so mancher Reviere kennt, muss man erkennen, dass

sich Rehwild in idealen Lebensräumen den meisten Regulierungsversuchen herkömmlicher

Abschusspläne vollkommen entzieht.

Zwei Beispiele aus der Praxis:

Als im Revier MB der Verpächter plötzlich verstarb, wurde das Revier von einem

„Jagdaufseher“ für die restliche Periode bewirtschaftet. Nun ist es nicht unüblich, dass

Reviere, wenn sie nicht für die nächste Jagdperiode gepachtet werden können, etwas stärker

„beerntet“ werden und man dem Nachfolger nicht die höchsten Wilddichten hinterlässt, um

ihn nicht gleich zu „überfordern“. Im besagten Revier MB wurden im letzten Jahr der Periode

nach eigener Auskunft des Betreuers auf einer Fläche von 740 ha etwas über 200 (!) Rehe

erlegt. Der jahrzehntelange Abschussantrag, lag bei jährlichen 28 Stück! Im darauffolgenden

Frühjahr merkte man natürlich, dass die Dichte gering war, aber ein weiteres Jahr später,

hätte jeder „ Experte“ einen guten Rehbestand attestiert. Natürlich war der Zuzug aus den

Nachbarrevieren stark, aber auch die jeweiligen Nachbarjäger haben nicht wirklich eine

„Verdünnung“ bemerkt.

Einige Jahre vorher vermuteten die Jäger in mehreren Revieren, dass Wilderer unterwegs

seien. Nicht weil keine Rehe mehr da waren, sondern, weil man immer wieder

angeschossenes Wild fand. Durch Zufall wurden die beiden Täter (übrigens Jäger) überführt

und man konnte ihnen auf Grund der eigenen Aufzeichnungen nachweisen, dass sie in einigen

Revieren in zwei Jahren über 600 (!) Rehe gewildert hatten. Und das alles haben die Rehe

„trotz“ Abschussplan und „Zuwachsberechnungen“ blendend überstanden.

Die offiziellen, in den Abschussplänen und Abschusslisten enthaltenen Zahlen sind mit großer

Vorsicht zu betrachten und entsprechen sehr häufig nicht der Realität. Da seit einiger Zeit der

Obmann des Jagdausschusses, als Vertreter der Grundeigentümer, die Abschusspläne

unterzeichnen muss, sind die Pächter oft nicht daran interessiert, hohe Abschusszahlen

auszuweisen, um die Pachtpreise niedrig zu halten. Den mit der Abstimmung der

Abschusspläne auf Hegeringebene betrauten Personen fehlt häufig die fachliche

Qualifikation, Wildbestandsverhältnisse beurteilen zu können und meistens auch die

Durchsetzungskraft neue Erkenntnisse im Kreise uninformierter und konservativer Jäger

umzusetzen.

Man kann also annehmen, dass der wirkliche, nachhaltig mögliche Abschuss im Allgemeinen

wesentlich höher liegen kann, was auch dem Reproduktionspotenzial des Rehwilds dieser

Reviere durchaus entspricht. Alleine schon die jahrelange Unterscheidung von

„anrechenbarem“ und „nicht anrechenbarem“ Fallwild in den Abschusslisten zeigt mit welch

geringem Verständnis für Zusammenhänge in der Natur gearbeitet wurde. Aus unserer in etwa

35-jährigen Erfahrung wissen wir, dass die wirklichen Abschusszahlen bis zu 200% von den

angegebenen abweichen. Viele wollen dies nicht wahr haben und haben ein Problem mit

dieser Realität. Den Rehen aber ist das vollkommen egal, sie vermehren sich munter und

trotzen den meisten Berechnungsmodellen.

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

35

Abschusspläne brauchen als Grundlage Zuwächse. Zuwachsraten und verbleibender Zuwachs

brauchen wiederum Bestandeszahlen als Ausgangsbasis. Und genau die kennt aber niemand!

Die Behörden haben schon etwas darauf reagiert und immerhin gibt es jetzt für drei Jahre

gültige Abschusspläne. Das spart zumindest in der Verwaltung etwas Zeit, den Rehen ist dies

ohnehin egal. Durch die Möglichkeit bei weiblichen und Nachwuchsstücken den

Mindestabschuss zu überziehen, böte der Abschussplan eine Möglichkeit, auf

Bestandesveränderungen zu reagieren. Aber wie will ich auf etwas reagieren, wenn ich es

nicht kenne. Die jährlichen Schwankungen in den Abschussstatistiken bewegen sich im

Allgemeinen unter der Zehn-Prozent-Grenze. Ich glaube daher nicht, dass diese Zahlen, umso

mehr ich sie überhaupt in ihrer Richtigkeit bezweifle, mit der Bestandesdynamik in

irgendeiner Form korrelieren.

Werfen wir kurz einen Blick auf den Verwaltungsbezirk Gmünd (NÖ).

Rehwildabschuss aus dem Jahr 2002 7 Tab.24

:

BEZIRK GMÜND ältere Böcke Jahrlinge Summe Böcke

Geissen Kitze Summe Rehwild

verfügter Abschuss 746 381 1127 768 851 2746

78 626,06 ha durchgeführter Abschuss 657 354 1011 603 601 2215

3,77 Stk/100 ha anrechenbares Fallwild 87 58 145 225 381 751

Die Daten darin sind die von der Jagdbehörde erfassten Daten, die übernommen worden sind.

Der durchgeführte Abschuss pro 100 ha schwankt, über den gesamten Bezirk betrachtet, vom

Minimum 1,49 bis zum Maximum von 10,78 (bei beiden Jagden handelt es sich um

Eigenjagdgebiete). Der durchschnittliche Gesamtabschuss beträgt bezirksweit (78 626 ha

Jagdfläche) 3,77! Und das, wenn man so sagen, kann im besten Rehwildlebensraum.

Schaut man sich die Tabelle genauer an, so entdeckt man, dass der verfügte Gesamtabschuss,

inkl. anrechenbaren Fallwilds, um 220 Stück erweitert wurde. Das sind ca. 8% des

Gesamtabschusses. Bei noch genauerer Betrachtung sieht man, dass der Bockabschuss bei

immerhin 746 „verfügten“ auf 2(!) Stück genau (das entspricht 0,2 %), trotz anrechenbarem

Fallwild, eingehalten wurde.

Welch großartige Leistung der Jägerschaft! Oder gibt es hier doch einige Fehlerquellen?

24

Quelle: Gmünder Jagdjournal 1/2003

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

36

Abschusspläne setzen natürlich auch voraus, dass der Jäger das Wild nach dem Alter

einschätzen kann. Gott sei Dank sind wir in NÖ schon weitgehend von diesem Unsinn befreit,

wo es doch noch Bundesländer gibt, in denen auch noch das Geweihgewicht geschätzt werden

muss.

Nun, auch die Beschäftigung mit dieser Frage zeigt uns, wie sehr wir im Dunkeln tappen.

Dazu einige ganz interessante Beispiele aus der Literatur:

Egon Wagenknecht zeigt in seinem Buch25

(S 138) einen, von den meisten Jägern vermutlich

als Jährling eingestuften Rehbock (auch meine Meinung).

Der Text dazu

Schmaler Kopf; langer, dünner Hals mit deutlichem Knick im

Übergang zur Rückenlinie; hinten leicht überbaut; sehr schmaler

Stich; Vorderläufe stehen unter dem Körper eng zusammen:

Jährling bester Veranlagung = Güteklasse IIa.

Das offensichtlich selbe Foto in Herbert Krebs Buch,26

allerdings

seitenverkehrt aufgemacht, lässt den Rehbock gleich um ein Jahr

älter werden. Der Text zum Bild:

Zweijähriger :>>Buntes << Gesicht mit klarem Muffelfleck.

So weit so gut. An sich wildbiologisch nicht ganz so wichtig, ob ein Jährling mehr oder

weniger erlegt wird, oder dem Straßenverkehr zum Opfer fällt. Unangenehm könnte es aber

eventuell für einen Jagdleiter werden, wenn der Abschuss falsch eingestuft wird und dann

doch in die Klasse der mehrjährigen Böcke fällt. Schon bei zweimaligen Irrtum kann einem

dass die Jagdkarte und in weiterer Folge auch Jagdpacht kosten. Da stellt sich schon die

Frage, wie sinnvoll solche Gesetze sind oder ab man nicht dadurch die Jäger eher zum

„Schummeln“ zwingt.

25

Wagenknecht, Rehwildhege mit der Büchse ,Neumann Verlag Leipzig 1976 (S138 Abb.20) 26

Herbert Krebs. Jung oder alt, Schalenwild richtig ansprechen BLV 1979 (S 30 Abb. 36)

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

37

Auch beim nächsten Beispiel sieht man wie schnell auch sicherlich gute Kenner der Materie

an die Grenzen stoßen.

Bei Wageknecht: ….Mindestens fünfjährig…..

Bei Herbert Krebs : Mittelalter Bock ,wohl eher

noch unter fünf Jahren………

Je mehr man jagt, desto mehr gewinnt man die Erkenntnis, dass man Rehböcke und noch viel

weniger Gaisen wirklich nach dem Alter ansprechen kann. Im Winterhaar ist meiner Ansicht

nach nur eine Einschätzung in eher jung und eher alt möglich. Wer sein Handeln kritisch

hinterfragt und versucht nach erfolgtem Abschuss über zusätzliche Bestimmungshilfen seine

vorherige Schätzung zu beurteilen wird nicht selten überrascht.

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38

8.2. Wonach haben wir unsere Abschusspläne erstellt?

Aus vielen Überlegungen war uns klar, dass über herkömmliche Methoden eine zielführende

Abschussplanung nicht wirklich möglich ist. Wir versuchten daher über andere Parameter das

richtige Maß der Nutzung zu finden. Natürlich versuchten wir auch über Futterverbrauch und

Anzahl der Rehe bei den Fütterungen, auf eine grob geschätzte Zahl eines Frühjahrsbestandes

zu kommen. Da unsere Reviere in vielen Teilen durch ein Güterwegenetz erschlossen sind,

lässt sich im Frühjahr, wenn das Rehwild besonders gut auf den Wiesen zu beobachten ist,

eine Art Leitlinienzählung durchführen. Aber es gibt immer zu viele unbekannte Faktoren.

Zum Beispiel: Wirkt sich die Anzahl der erlegten Winterfüchse oder auch des erlegten

Schwarzwildes auf die Kitzverluste aus? Oder wie soll man die kaum einschätzbaren

Mähverluste in einigen Revieren berücksichtigen?

Wir gingen daher von folgenden Überlegungen aus. Solange die Körper- und

Geweihgewichte steigen, bzw. auf hohem Niveau gleich bleiben, die Kondition und der

Gesundheitszustand unseres Rehwildes in Ordnung ist (wir lassen nicht nur die wenigen

anfallenden Stücke Fallwild u. bedenkliche Stücke, sondern auch immer wieder

stichprobenartig „gesunde“ Stücke untersuchen) und der Abschuss im Vorjahr ohne

besonderen Jagddruck erfüllt werden konnte, wurden die Abschusszahlen jährlich gesteigert.

Das auch unter der Voraussetzung, dass in der Strecke ausreichend reife Böcke vorkommen

und keine Probleme in der Land und Forstwirtschaft auftreten. Da alte Böcke in der Regel

ihre Territorien über Jahre beibehalten und nicht aus den Nachbarrevieren zuwandern, kann

man davon ausgehen, dass bei nachhaltiger Erlegung reifer Böcke auch eine einigermaßen

strukturierte Alterspyramide vorhanden ist.

In der Grafik kann man die Abschussentwicklung im Zeitraum 1993 bis 1999 sehen.

Interessant ist auch zu sehen, wie die Fallwildkurve im Verhältnis zur Gesamtstrecke

verläuft. Dabei ist hinzuzufügen, dass 1993 der Beginn unserer Pacht war und wir, wie schon

beschrieben, ein Revier übernahmen, in dem im Jahr davor über 200 Rehe erlegt worden sind.

Rehwildstrecke gesamt

0

20

40

60

80

100

120

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

Pro

zen

t Fallwild

Böcke

Jahresstrecke ges.

Gaisen & Kitze

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39

Im Lauf der Jahre wurde versucht, die Abschusszahlen anzuheben und dem tatsächlichen

Wildbestand anzupassen. Obwohl die Abschusszahlen heute doch wesentlich höher als zu

Beginn sind, vermuten wir, dass wir aber noch immer nicht den wirklichen Zuwachs

abschöpfen.

Stefan Fellinger 27

beschäftigt sich in seiner Diplomarbeit 1987 mit dem Schalenwild im

Lehrforst der Universität für Bodenkultur Wien (Rosaliagebirge) besonders aber mit dem dort

vorkommenden Rehwild. Er zeigt, dass auch dort offensichtlich das Rehwild lange Zeit sich

selbst überlassen war.

Erst ab den Siebzigerjahren setzte aus forstlichen Gründen eine stärkere Bejagung ein, um

eine Reduktion zu erreichen. Die Abschussentwicklung zeigt auch dort, dass man den

jährlichen Zuwachs bei weitem nicht genutzt hat. Der Abschuss wurde in den Jahren 1956 bis

1971 mehr als verdoppelt und von 1972 bis 1981 nochmals verdreifacht. Dass heißt im

Gesamtbeobachtungszeitraum mehr als verzehnfacht.

Fellinger schreibt dazu: Die Jagdgesinnung und die wildbiologischen Erkenntnisse haben sich

im Laufe dieser 30 Jahre erheblich geändert. Während früher nur einige wenige reife Böcke,

überalterte Gaisen und kümmernde Kitze entnommen wurden, versuchte man in den letzten

Jahren den Rehwildstand zu reduzieren und erlegte auch gesunde Kitze und junge Gaisen.

Nach einer kurzen Abschusserhöhung 1961 und 1962 auf 16 bzw. 14 Stück, gegenüber einem

durchschnittlichen Abschuss von 6,6 Rehen während der vorangegangen Periode, sprach

man zwar von einer deutlichen „Rehwildabnahme“. Die konnte aber unmöglich der Fall

gewesen sein. Vermutlich reguliert sich der Rehwildbestand des Lehrforstes, selbst bei einem

Abschuss in der jetzigen Höhe, noch immer selber.

27

Fellinger 1987

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40

9. Auswirkungen

Das erste, was sich rasch veränderte, war erwartungsgemäß das Körpergewicht der Rehe.

(Alle Gewichtsangaben aufgebrochen mit Haupt max. eine Stunde nach Erlegung, außer

Fallwild)

Grafik 1 - Entwicklung der Körpergewichte - Böcke

0

5

10

15

20

25

30

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001

Erlegungsjahr

au

fgeb

r. m

. H

au

pt

in k

g

dschn. Gew. ab 2 J.

d. stärksten 10

d. schwerste Bock im Jahr

Das Gewicht des schwersten Bockes hängt natürlich auch vom Erlegungszeitpunkt ab.

Das heißt, es ist ausschlaggebend ob er vor oder nach der Brunft erlegt wurde. Daher sind die

rückläufigen Werte ab 1997 für den jeweils Jahresstärksten, nicht ganz aussagekräftig, da der

Zeitpunkt nicht berücksichtigt wurde.

Da wir in den ersten drei Jahren etwas zurückhaltend eingriffen, sind daher auch die

Durchschnittswerte noch nicht so aussagekräftig, da wir in manchen Klassen oft nur 1-2 Stück

erlegten (1993). Ich nehme daher das Jahr 1997 als erstes Referenzjahr, da wir in diesem Jahr erstmals einen

den damaligen Verhältnissen entsprechenden Abschuss durchführten. Die

Durchschnittsgewichte nach immerhin 4 jähriger Fütterung betrugen damals:

1997: 2008:

Bockkitze 9,1 kg 11,93 max. 15 kg

Gaiskitze 9,9 kg 11,52 max. 16 kg

Schmalgaisen 14,1 kg 16,06 max. 20 kg

Ältere Gaisen 15,3 kg 17,79 max. 22 kg

Einj. Böcke 14,0 kg 15,84 max. 19 kg

Mehrj. Böcke 18,5 kg 19,55 max. 24 kg

Die Trophäengewichte erhöhten sich nicht ganz so rasch wie erhofft und auch nicht ganz den

hohen Erwartungen entsprechend. Natürlich wussten wir, dass es für solche Veränderungen

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

41

einiger Rehgenerationen bedarf, weil erst das Kitz einer starken Gais, das auch selbst

genügend Futter bekam, dann in der Folge starke Kitze setzten kann. Diese körperlich starken

Bockkitze haben dann erst die körperlichen Grundlagen für starke Trophäen. Trotzdem gab es

ein kontinuierliches Ansteigen und in wenigen Jahren lagen wir mit unserem Durchschnitt

schon weit über den Bezirks-Durchschnitt. Z.B.: von den vorgelegten 746 Rehbocktrophäen

einer Hegeschau im Bezirk Gmünd 2002, überschritten nur 32 Rehgeweihe die 300

Grammgrenze.

Da ich im Rahmen dieser Arbeit aber der Trophäe nicht allzu viel Bedeutung geben will,

möchte ich die Gesamtentwicklung nur mit einigen Fotos, die für sich selbst sprechen,

dokumentieren.

Geweihgewicht 560 Gramm (großer Schädel)

Geweihgewichte: 520 und 540 Gramm (großer Schädel)

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

42

Ein interessanter „Nebeneffekt“ trat aber mit zunehmender Dauer unserer Fütterung auf. Die

Geweihfärbung wurde deutlich dunkler und, vor allem bei den mehrjährigen stärkeren

Böcken, stellte sich unabhängig vom Einstand und den dort vorhandenen Holzarten ein sehr

ähnlicher dunkelbrauner Farbton ein.

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

43

Man kann auch bei den in den Nachbarrevieren erlegten Böcken aufgrund „unserer“ Färbung

leicht erkennen, ob sie bei einer unserer Fütterungen standen.

Wenn man die gängige Rehwildliteratur, in der die Geweihbildung und Farbe behandelt wird,

liest, muss man erkennen, dass es über die Färbung der Geweihe sehr unterschiedliche

Aussagen und Erklärungsansätze gibt.

Die Zusammensetzung des Futters an sich, so glauben wir, ist nicht ausschlaggebend für die

Geweihfarbe, denn unsere Mischungen änderten sich eigentlich von Jahr zu Jahr. Unser

Erklärungsansatz geht eher in die Richtung, dass sich mit zunehmend stärkerer

Geweihbildung die Dichte des Geweihes verändert und die Trophäen einfach poröser oder

spongiöser werden. Dadurch werden offensichtlich eindringende Pflanzensäfte, oder auch

eigene Sekrete, anders aufgenommen. Unserer Erfahrung nach, sind die verwendeten

Fegegehölze von geringerer Bedeutung als allgemein angenommen. Betrachtet man

Abwurfserien von Böcken sieht man über Jahre eine fast absolut gleiche Farbgebung, sodass

man die unterschiedlichen Jahrgänge miteinander kombinieren könnte. Man kann aber davon

ausgehen, dass die Rehböcke nicht jedes Jahr exakt die gleichen Gehölze in der gleichen

Reihenfolge verwenden.

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

44

9.1. „Gesundheit“

Die offensichtlich doch hohen Dichten und die intensive Fütterung geben natürlich auch

Anlass, über den Gesundheitszustand unserer Rehe nachzudenken. Da wir zwar im

Allgemeinen sauber arbeiten aber z.B. die Fütterungen nicht, wie in den Lehrbüchern

angegeben, nach jeder Fütterungsperiode desinfizieren, sondern nur reinigen, war eine

etwaige Parasitenbelastung der Rehe von besonderem Interesse. Die Gelegenheit bei den

Ansitztagen eine größere Stichprobenanzahl zu nutzen, wurde daher vom Institut für

Parasitologie der Vet. Med. Uni Wien (Prof. Prosl) im Jahr 2007 aufgegriffen und durch zwei

Diplomanden die Parasitenbelastung im Labmagen bei über fünfzig Rehen untersucht.

Das Ergebnis war durchaus beruhigend. Trotz der hohen Dichte und sicherlich

vorübergehender Konzentration bei den Fütterungen, war die Befallsquote mit Ausnahme

von zwei schwachen, offensichtlich kranken Stücken, äußerst gering und vernachlässigbar.

Nach mündlicher Aussage der Beiden Diplomanden wurden die Proben untersucht, aber es

waren praktisch bis auf die beiden erwähnten Ausnahmen kaum Parasiten nachweisbar.

Prof. Prosl meinte man hätte so einen Befund nach einer „Entwurmungskampagne“ als großen

Erfolg bezeichnet. Nur dass wir natürlich absolut nichts in diese Richtung unternommen

haben.

Die Proben aus dem Jahr 2010 sind leider noch nicht ausgewertet und daher liegen noch keine

Vergleichsergebnisse vor.

Da wir sehr engen Kontakt zur Bevölkerung haben, können wir davon ausgehen, dass uns

jedes, bei Wald- oder Feldarbeiten aber natürlich auch beim Pilze suchen gefundene Stück,

auch gemeldet wird. Dass heißt, ein etwaiger Anstieg von Fallwild - außer den wirklich

altersbedingten Abgängen - würde daher sofort auffallen. Wir gehen daher davon aus, dass

das krankheitsbedingtes Fallwild einen sehr geringen Anteil einnimmt.

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

45

In einer Reihe von Sachbüchern28

und Publikationen29

wird immer auf die drohende Gefahr

der Pansenübersäuerung bei energiereicher Fütterung hingewiesen. Um zu sehen wie gut

unserer Rehe mit unserem Futter leben können, haben wir bei den Ansitztagen 2009 bei ca.

100 Rehen den pH - Wert im eröffneten Pansen direkt im Pansenbrei erhoben.

Dazu muss man ergänzen dass die meisten Rehe in den letzten Tagen bzw. Stunden vor der

Erlegung, Nasstrester (Apfel) aufgenommen haben und der pH - Wert auch möglicherweise

unmittelbar (kurzfristig) dadurch beeinflusst war. Es wurden auch grob sensorisch die Anteile

von Getreide bzw. Trester im Pansen erhoben. Trester hat nach vollständiger Vergärung im

Idealfall einen pH - Wert zwischen 3 und 3,5.

silierter Apfeltrester so wie wir ihn vorlegen

Pansen (links im Bild) vor der Eröffnung

28

Deutz etal 2009 29

Vodnansky 2010

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

46

Pansen nach Eröffnung, Messung mittels pH –Meter

Es wurden auch von jedem bearbeiteten Pansen eine Probe des Panseninhaltes gezogen und

gefrostet, um einerseits unsere erhobenen Werte noch einmal überprüfen zu lassen und

anderseits, wenn es der Aufwand erlaubt, etwas mehr über die jeweilige Zusammensetzung

des Inhaltes aussagen zu können.

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

47

Zugleich wurde auch das Nieren und Peritoneal- Fett herausgelöst und gewogen.

Unserer Erfahrung nach, kommt es bei diesen Fettdepots bis Ende Dezember noch zu einem

erheblichen Zuwachs.

Messergebnisse30 - Ansitzjagdtage 2009

Böcke Gaisen Gaiskitze Bockkitze

pH - Wert Minimum 4,95 4,90 4,76 4,86

Maximum 6,48 6,32 6,04 6,30

Mittelwert 5,66 5,44 5,50 5,55

in Gramm

Nieren- plus Peritonealfett

Minimum 62,00 0,00 10,00 10,00

Maximum 284,00 420,00 240,00 190,00

Mittelwert 145,00 170,88 64,11 57,96

30

Anm.: In der Literatur (Clauss M.) werden pH-Werte von über 5 als normal und unter 5 als abweichend

bezeichnet.

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

48

Im Vergleich dazu ein im Dezember erlegtes Reh mit ungefähr gleichem Körpergewicht:

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

49

10. Resümee

„18 Jahre Rehwildbewirtschaftung im Waldviertel“ gibt Einblick in die Tätigkeit passionierter

Jagdpächter, die den jagdwirtschaftlichen Ertrag und Nutzen eines Genossenschafts -

Jagdreviers zum Ziel hat. Allein in Niederösterreich gibt es über 3300 (!) Jagdgebiete.

Viele der Pächter stehen hier vor den gleichen Fragen. Darf ich und kann ich den

jagdwirtschaftlichen Nutzen aus meinem Pachtverhältnis steigern?

Wenn ja, was ist der gesetzliche Rahmen dafür, was ist dem Wild zumutbar, der Bevölkerung

vermittelbar und gibt es überhaupt auch ein bewertbares Kosten-Nutzen Verhältnis.

Im Allgemeinen geht man durchaus davon aus, dass ein Pächter auch Nutzen aus einem

Pachtverhältnis zieht. Niemand würde das z.B. bei der Landwirtschaft in Frage stellen.

Es gibt meines Wissens nach nur ganz wenige, vermutlich wie man sagt an einer Hand

abzuzählende Genossenschaftsreviere wo noch ein echter monetärer Gewinn zu erzielen ist.

In den meisten Fällen ist es ja die Absicht, durch Steigerung des jagdlichen Nutzen (das heißt

höhere Abschusszahlen) und auch durch einen höheren Wildbreterlös einen gewissen „Return

of Investment“ zu haben.

Was sonst in jedem wirtschaftlichen Verhältnis als vollkommen klar scheint, wird aber bei

den Jagdpächtern sehr häufig in Frage gestellt.

Natürlich gibt es bei Wald, Wild, Natur-, Tier- und Umweltschutz, alles Bereiche mit denen

die Jagd direkt in Zusammenhang steht, auch übergeordnete Interessen die es zu

berücksichtigen gilt. Es erhebt sich aber auch die Frage, wie weit solche Einschränkungen

gehen dürfen, wo doch das Jagdrecht, zumindest in Österreich, ein direktes Recht des

Grundeigentümers ist.

Wie ich in meiner Arbeit darstellte, sind die Möglichkeiten für einen Jagdpächter ziemlich

beschränkt. Wir haben uns damals für die Variante „ Füttern und Jagen“ entschieden.

Im Laufe der Jahre kam es aber aus verschiedenen Gründen zu einigen Inkonsequenzen und

Änderungen. So änderten wir, bedingt durch das lokale Angebot, unsere Futtermischung

nahezu jährlich. Auch unsere Abschussstrategien wie z.B. die Anzahl der jährlich zu

erlegenden Jährlinge, oder der Gesamtjahresabschuss, wurden im Laufe der Zeit geändert.

Obwohl noch eine Fülle von Daten noch zur Verfügung steht, welche man auswerten hätte

können, wählte ich den deskriptiven Weg unsere Maßnahmen, Erfahrungen und Erfolge

darzustellen.

Mit zunehmender Wissenserweiterung, und nicht zuletzt durch den von uns besuchten

Universitätslehrgang Jagdwirt/In stellten wir uns die Fragen: Was dürfen wir unserem Wild

zumuten? Wie weit beeinflussen wir mit unserer Methode die Kondition, das Wohlbefinden

und die Gesundheit?

Wir begannen daher im Jahr 2009 mit der Erhebung einiger Parameter wie pH –Wert des

Panseninhaltes und Nieren- inklusive Peritonealfettgewichtes der Herbstrehe.

Bei der Recherche zum Ermittlungsverfahren stellte sich leider erst nachträglich heraus, dass

auch sogenannte Experten nicht immer wirklich Bescheid wissen. Da wir aber vorhaben,

diese Messungen unter wissenschaftlicher Betreuung fortzusetzen, können wir die im Vorjahr

erhobenen Daten eventuell noch einmal auf ihre Aussagekraft bewerten.

Trotzdem möchte ich zusammenfassen, dass wir aus jetziger Sicht einige Ziele durchaus

erreicht haben. Wir haben einen hohen Wildbestand, gesundes vitales Wild mit durchaus

hohem Körpergewicht und auch hohen Fettreserven für den Winter und nicht zuletzt auch

eine überdurchschnittliche Trophäenqualität.

Universitätslehrgang Jagdwirt 2008/09 Abschlussarbeit Erich Hofer

50

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