ur/ "Mann", /eme/ "Frau" und die sumerische Herkunft des Wortes urdu(-d) "Sklave"

13
/ur/ ?Mann", /erne/ ?Frau" und die sumerische Herkunft des Wortes urdu(-d) ?Sklave"* Von Joachim Krecher, Miinster 1. In sumerischen Texten verbergen sich hinter dem Wortzeichen iru (seiten ir) ?Sklave" offenbar zwei verschiedene Worter, deren eines mit /r/ endet, warend das andere einen /d/-Auslaut zeigt: ?sein Sklave" er scheint in prasargonischen Belegen als iRu-ra-ni, in Belegen der Ak kade- und der Ur III-Zeit als iRn-da-ni. Zuletzt hat I. J.Gelb dieses Problem behandelt. In seinem Artikel ?Ter mes for Slaves inAncient Mesopotamia"1) bestimmt er das erste der bei den Worter als iru, ?the older and native word", das zweite nach der Glosse inAa VIII/2, 216f. als arad, ?the younger word, certainly borro wed from a Semitic language"; er stellt zu diesen Wortern ausdriicklich fest, daB sie in historischer Zeit gleichbedeutend sind (p.87f.). ir, der ?Rahmen" von iru, ist schon lange vor der Ur III-Zeit als Silbenzeichen ir in semitischen Wortern iiblich, in der Bedeutung ?Sklave" jedoch erst in neusumerischen Texten2). Gelbs Auffassung von der semitischen Herkunft von iRn-/d/ nimmt die entsprechende These von A.Poebel3), A.L.Oppenheim4), D.O.Ed zard5) und A. Falkenstein6) wieder auf, die sich allerdings auch auf die auch von Gelb (p. 83) registrierten, aber zugunsten von arad verworfe nen Lesungen ?ir(-d)", urdu und urda beziehen. Die Wahl von arad umgeht vor allem die Unbequemlichkeit, die Lesung urda mit der neu sumerischen Orthographic iRu-da-ni ?sein Sklave" durch die Umschrift urdada-ni zu harmonisieren. 2. Meines Erachtens haben wir uns jedoch, wenn eine altbabylonische Glossierung fiir iru ?Sklave" iiberliefert ist, an eben dieser und nicht an den neubabylonischen Glossen der Serie Aa zu orientieren. Die ebenfalls *) Die wichtigsten Thesen dieses Aufsatzes habe ich als Referat unter dem Titel ?The Sumerian Origin of the Alleged Semitic Loanword urda ,Slave'" auf der XXXIV. Rencontre Assyriologique Internationale im Juli 1987 in Istanbul vorgetragen. *) Festschrift Diakonoff (1982) 81-98. 2) Gelb (Anm. 1) p.84 unten; fur ir ineiner Wortliste aus Tell Abu SalabTh s.Anm. 39. 3) JNES 1 (1942) 25617. 4) Wilb. 20790. 5) CRRA 9 (= Genava n.s. 8/1960), 247 f. 6) CRRA 9, 312. Welt des Orients 18, 7-19, ISSN 0043-2547 ? Vandenhoeck & Ruprecht 1988 This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTC All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Transcript of ur/ "Mann", /eme/ "Frau" und die sumerische Herkunft des Wortes urdu(-d) "Sklave"

/ur/ ?Mann", /erne/ ?Frau" und die sumerische Herkunft des Wortes urdu(-d) ?Sklave"*

Von Joachim Krecher, Miinster

1. In sumerischen Texten verbergen sich hinter dem Wortzeichen iru (seiten ir) ?Sklave" offenbar zwei verschiedene Worter, deren eines mit /r/ endet, warend das andere einen /d/-Auslaut zeigt: ?sein Sklave" er scheint in prasargonischen Belegen als iRu-ra-ni, in Belegen der Ak kade- und der Ur III-Zeit als iRn-da-ni.

Zuletzt hat I. J.Gelb dieses Problem behandelt. In seinem Artikel ?Ter mes for Slaves in Ancient Mesopotamia"1) bestimmt er das erste der bei den Worter als iru, ?the older and native word", das zweite nach der Glosse in Aa VIII/2, 216f. als arad, ?the younger word, certainly borro wed from a Semitic language"; er stellt zu diesen Wortern ausdriicklich

fest, daB sie in historischer Zeit gleichbedeutend sind (p.87f.). ir, der ?Rahmen" von iru, ist schon lange vor der Ur III-Zeit als Silbenzeichen ir in semitischen Wortern iiblich, in der Bedeutung ?Sklave" jedoch erst in neusumerischen Texten2).

Gelbs Auffassung von der semitischen Herkunft von iRn-/d/ nimmt die entsprechende These von A.Poebel3), A.L.Oppenheim4), D.O.Ed

zard5) und A. Falkenstein6) wieder auf, die sich allerdings auch auf die auch von Gelb (p. 83) registrierten, aber zugunsten von arad verworfe nen Lesungen ?ir(-d)", urdu und urda beziehen. Die Wahl von arad

umgeht vor allem die Unbequemlichkeit, die Lesung urda mit der neu sumerischen Orthographic iRu-da-ni ?sein Sklave" durch die Umschrift urdada-ni zu harmonisieren.

2. Meines Erachtens haben wir uns jedoch, wenn eine altbabylonische Glossierung fiir iru ?Sklave" iiberliefert ist, an eben dieser und nicht an den neubabylonischen Glossen der Serie Aa zu orientieren. Die ebenfalls

*) Die wichtigsten Thesen dieses Aufsatzes habe ich als Referat unter dem Titel ?The Sumerian Origin of the Alleged Semitic Loanword urda ,Slave'" auf der XXXIV. Rencontre Assyriologique Internationale im Juli 1987 in Istanbul vorgetragen.

*) Festschrift Diakonoff (1982) 81-98. 2) Gelb (Anm. 1) p.84 unten; fur ir in einer Wortliste aus Tell Abu SalabTh s. Anm.

39.

3) JNES 1 (1942) 25617. 4) Wilb. 20790.

5) CRRA 9 (= Genava n.s. 8/1960), 247 f.

6) CRRA 9, 312.

Welt des Orients 18, 7-19, ISSN 0043-2547 ? Vandenhoeck & Ruprecht 1988

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

8 Joachim Krecher

von Gelb zitierte einzige altbabylonische Glosse zu nita(ir) = wa-ar-du

um ist ur-du7). Tatsachlich wird die Lesung urdu fiir neusumerisches iru ?Sklave"

-

und das neusumerische Wort hat eben den bekannten /d/-Auslaut -

durch die einzige unorthographische Schreibung bestatigt, die fiir iru bzw. ir ?Sklave" bekannt ist: der von Gelb p. 84 zitierte spat-altbabyloni sche Susa-Text MDP 57,13 ff. schreibt fiir den neusumerischen Personen namen iRu-gu10, d.h. eben urdu-gu10, in I 43 und II 32 ur-du-um-gu. Fiir II 32 zitiert PSD bal D 1.1.3 aus einem unpublizierten Duplikat (B.M. 108870) die Normalorthographie ?arad-mu", wodurch die Le

sung urdu fiir ir? (ir) noch einmal bestatigt wird. Das Umgekehrte, die Verwendung von irh (und von ur.iru) als unort

hographischer Schreibung der Silbenfolge /ur-du/ in dem neusumeri schen Personennamen ur-du6-kii-ga ?der Mann des Duku" liegt ver

mutlich in TCL 2 pi.34 AO 5542 (Datum: ? 44? ? 25?) und 5541 (SS 1) vor; in diesen beiden Quittungen iiber empfangene Gerstedarlehen sowie in der ebenda kopierten Quittung AO 5540 (IS 1) sind die Namen der

Darlehensgeber (oder vielleicht vielmehr des Darlehensgebers) geschrie ben

ur-du6-ku

iRn-ku-ga

ur.iRn-ku-ga.

Nur der erste entspricht dem haufigen neusumerischen Namenstyp ur +

theophores Element, auch in der graphischen Nicht-Realisierung des Ge nitivzeichens -a(k) nach dem auslautenden /g/ von ku(-g). Ich lese die beiden anderen Namen urdu-ku-ga und ururdu-ku-ga und verstehe sie als unorthographische Schreibungen von ur-du6-kii-ga.

Da sowohl urdu-gu10wie auch ur-du6-ku(-ga) usw. neusumerische Namen sind und die Glossierung der altbabylonischen Wortlisten am

ehesten die Lesungen der Ur III-Zeit widerspiegelt, werden wir die Le

sung urdu fiir iru auch in den neusumerischen8) und alteren9) Belegen fiir iRn-da-ni ?sein Sklave" usw. einsetzen und also

urdu-da-ni usw.

lesen. Das /d/ von -da-ni und -de ist nicht graphische Wiederauf

nahme des in urdu erscheinenden /d/, sondern der im Auslaut nach

7) MSL 14,134 III 16; vgl. PEa 790 (nur einsprachig) ur-du Irxkur'1 zwischen ni

in-t[a ir] und mu-ug mug. Ein spater Reflex dieses urdu ist die Glosse ur-da zu

iru = ardu in Aa VIII/2, 218; vgl. noch [a]r-da ebd. 213.

8) Fur Belege s. A. Falkenstein, NG 3,124 (?ir" ist im Allgemeinen nitaxkur =

irh), auch fur iRn-da(-k) (Genitiv); vgl. noch Gudea St. B VII 32 iRu-de (Ergativ).

9) Gelb zitiert p.86f. Belege aus Texten der Akkade-Zeit; s. weiter OSP 1: 21 IV 1

und FAOS 5/11, 225, 6 (Nammah von Nippur) iRn-da-ni.

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

/ur/ ?Mann", /erne/ ?Frau", urdu(-d) ?Sklave" 9

dem (zweiten) /u/ geschwundene urspriingliche konsonantische Auslaut des Wortes; vgl. itu ?Monat" neben itu-da(-k) usw. Die alte These von

der semitischen Herkunft des Wortes ist damit nicht mehr zu halten -

/urdu(-d)/ laBt sich nicht auf (w)ardu(m) zuruckfuhren10). Auch unabhangig von diesem Ergebnis ist meines Erachtens daran

festzuhalten, daB im Falle von Meinungsverschiedenheiten iiber die

sprachliche Herkunft eines sumerischen Wortes die Beweislast nicht bei

demjenigen liegt, der die genuin sumerische Herkunft, sondern bei dem

jenigen, der die nicht-sumerische, z. B. semitische Herkunft des betreffen den Wortes behauptet.

3. Nun steht neben urdu(-d) das annahernd gleichbedeutende Wort

emedu(-d), mit dem schon in einem prasargonischen Text Sklaven und Sklavinnen bezeichnet werden11). Die Orthographic ama.tu (spater auch ama.a.tu = emedu(-d)) laBt das Wort als Zusammensetzung aus

eme4(ama, s. sogleich) und du(tu)(-d) ?gebaren", ?(ein Kind) haben/be kommen" erkennen. Da nun, soweit wir wissen, keines der mit dem Zei chen ama geschriebenen Worter12) eine mannliche Person bezeichnet

(z.B. ?Sklave"), emedu(-d) jedoch auch im Sinne von ?Sklave" verwen

det wird (s. Anm. 11), kann die wortliche Bedeutung von emedu(-d) nicht sein ?der/die ... (= eme4), der (ein Kind) bekommen/die (ein Kind) gebaren (kann)". Offenbar ist die partizipiell verwendete verbale Basis du(-d) nicht dem Wort eme4 als adjektivisches Attribut zugeord

10) Die in Aa VIII/2, 216f. gebotene Glosse a-rad halte ich fur die mechanisch in

die jungere zweisprachige Uberlieferung ubernommene Glosse eines altbabylonischen

einsprachigen Vokabulars, das wie PEa nicht nur sumerische Worter mit Glossen zur

Lesung, sondern auch sumerographisch geschriebene akkadische Worter mit Glossen zur akkadischen Lesung (vgl. fur PEa B.Landesberger, MSL 2, 24) enthielt, z.B. PEa

222 bi-tum e, 292a re-es sag. So wird a-rad bzw. ein alteres *wa-ra-ad z. B. die Lesung von iru in Personennamen wie \Ru-*stn

= warad-dsin angeben. u) In Nik. I 19 III 5 bezieht sich emedu-da-ni-me ?seine e.-Sklaven" auf III If.

PN nita-am6 ?PN, mannlich" und III 3f. PN SAL-am6 ?PN, weiblich". Vgl. dazu die

Gleichsetzung von emedu (ama.a.tu) mit ardu und amtu in Lu III iv 60f. (Glosse a

ma-e-du).

Belege von der Akkade- bis zur altbabylonischen Zeit zitieren A. L.Oppenheim, Wilb. H 33b und C. Wilcke, CRRA 19, 193f. (auch die Ur III-Personennamen emedu

dnanna, nin-emedu-de-ki-ag). Vgl. noch emedu als Personennamen in der Ak

kade-Zeit in OSP 1 p.78 (?Ama-tu") sowie W.G.Lambert, JNES 33 (1974) 292, 5 D

e-me-du-da-ni5//A und C ama.a.tu-da-ni // 278,78 [i-lit]-ti biti-su ?sein hausge borener Sklave" (nachste Zeile: su-bu-ra-ni5 // subur-ra-ni: [arad-s]u ?sein

Sklave"). Der alteste Beleg ist wohl ED Lu E 175 (emedu zwischen e + sal.hur und

ama.e + sal, iru, lu.har).

12) Die wortliche Ubersetzung des Gotternamens dama-usumgal-an-na - der

Gott ist mannlich - ist noch unklar. A. Falkenstein (bei E. Sollberger, ZA 50 (1952) 8) hatte vorgeschlagen ?die Mutter ist der Himmelsdrache".

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

10 Joachim Krecher

net, sondern (sekundar) substantivisch zu verstehen, und eme4 ist am

ehesten ergativisches Komplement von du(-d). Da weiterhin das Suffix -/a/ bei du(-d) nicht verwendet ist, haben wir emedu(-d) vorlaufig zu iibersetzen

?jemand (= der Sklave bzw. die Sklavin) von der Art, wie er

(sie) durch eine /erne/ geboren wird".

Wenn urdu(-d) und emedu(-d) in der allgemeinen Bedeutung ?Sklave" iibereinstimmen, darf man die Ubereinstimmung in den Endsil ben als Ubereinstimmung der Bedeutung dieser Endsilben interpretieren. Wenn weiterhin das syntaktische Verhaltnis von /ur/ zu /du(-d)/ das

gleiche ist wie das von /erne/ zu /du(-d)/13), ware die wortliche Uberset

zung von urdu(-d), - falls /ur/ einen Mann bezeichnet:

Jemand (= der Sklave) von der Art, wie er einem14) /ur/ gebo ren wird";

- falls /ur/ eine Frau bezeichnet:

?jemand (= der Sklave) von der Art, wie er durch eine /ur/ ge boren wird".

Das Problem ist die Ubersetzung von /erne/ und von /ur/. 4. Fiir /erne/ konnte man zunachst die von der altbabylonischen Zeit

an neben ama.tu iibliche Orthographic ama.a.tu heranziehen, die sich als

ama-j(a10)-du, d.h. /amae-du/ < /ama-e - du/ und damit als Grund form (oder als Restituierung) der aus /amag-du/ > */ame-du/ hervorge gangenen Form /eme-du/ erklaren lieBe; sie wiirde sogar durch die spate Glosse a-ma-e-du (s. Anm. 11) bestatigt15). Es fallt jedoch auf, daB au

Ber dieser Glosse samtliche anderen Glossen bzw. unorthographischen Schreibungen die Lesung /erne/, nicht /ama(e)/, /ama-e/ voraussetzen.

/erne/ ist dann auch als Lesung von ama ohne Postposition -/e/ be

zeugt, vielleicht schon altbabylonisch16), jedenfalls aber in Ea IV 239 e me ama = ummum. Der Deutung ?Mutter" fiir AMA = eme4 wider

spricht nun aber zum einen, daB alle unorthographischen Schreibungen

13) Im Kompositum */ur-e - du(-d)/ wurde das in offener Silbe stehende Ergativ

Suffix -/e/ ausfallen; vgl. die Beispiele (65)-(69) in meinem Artikel in ASJ 9.

14) Frei iibersetzt; im Sumerischen ist /ur/ (virtuell) Ergativ zu /du(-d)/, und dieses

hat hier die Bedeutung ?(ein Kind) bekommen" (vgl. [e]n-an-na-tum ... [d]umu du-da dlugal-URUxKAR-ka ?Enannatum der Sohn, den (der Gott) L. bekommen

hatte", FAOS 5 En. I 26 I 7.14-15).

15) Vgl. dazu die Entwicklung von /u-(i)n-a-e-du(-g)/ ?indem du es zu ihm gesagt hast" (Briefeinleitung) zu /unae-du(-g)/, geschrieben neusumerisch u-na-j(a10)-dun, und von dazu /une-du(-g)/,geschrieben u-ne-dun (Variantezu u-na-j(a10)-dun in

Ali, Sumerian Letters ... LC B 16,1), bzw. zum Lehnwort unnedukkum.

16) MSL 14, 113ff. Z.17 (e-me, neben Z.18 a-ma).

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

/ur/ ?Mann", /erne/ ?Frau", urdu(-d) ?Sklave" 11

von ama ?Mutter" fiir die Lesung ama sprechen17), zum anderen, daB

eme4-gan (so, nicht ama-gan, wegen des allerdings nur einmal be

zeugten kiinstlichen altbabylonischen Lehnwortes i-mi-ka-nu~um) nicht nur auf Frauen bzw. Gottinen18), sondern auch auf Tiere19) angewendet wird - dann aber kann mit ama = eme4 nicht das (bzw.: ein) Wort ?Mut ter" gemeint sein, wie W.G.Lambert in ASJ 3 (1981) 32 zurecht betont. Es ware auch kaum eine seriose Losung der Schwierigkeit, wollten wir

gleichsam die Orthographie uberlisten und ama-gan bei Menschen und Gottern ama-gan ?... Mutter" lesen, bei Tieren jedoch z.B. eme4-gan ?... Muttertier".

Also verbirgt sich wohl hinter ama ein auf Menschen (Gotter) und Tiere gleichermaBen anwendbares Wort, nach der zitierten Glosse wohl

eme4, gegen die Gleichung in Ea jedoch nicht mit der Bedeutung ?Mut ter", sondern, so schlage ich vor, in der Bedeutung ?weiblich", ?Frau" bzw. ?Weibchen". Dieses Wort /erne/ ware ein Pendant zu nit a ?mann lich", ?Mann"; vgl. nita kala-ga ?starker Mann" neben udu-nita

?Schafbock". Ich halte es fiir wahrscheinlich, daB nicht ama, sondern das so erschlossene Wort eme4 ?Frau" (bzw. ?Weibchen") der erste Be standteil des Wortes emedu (-d)

= /eme-e - du(-d)/ ist20). Folglich

iibersetze ich emedu (-d) ?von der Art, wie er/sie von einer Frau geboren wird".

17) Die Lesung ama wird fiir die zweite Silbe neusumerisch durch die unorthogra

phische Schreibung ma in digi-ma-se fiir digi-ama-se ?vor der Mutter" (A. Falken

stein, NG 2,5 zu Nr.3,16) und durch die Schreibweisen ama-ar-gi4/iGi, ma-ar-iGi

fiir ama-/r/-/gi/ ?das-zur-Mutter-Zuruckkehren", ?Freiheit" (A. Falkenstein, NG 3,

91) bestatigt.

18) Zum Beispiel Gudea Zyl. B XXIII 19; YNER 6, 140, 286; vgl. auch die Gleich setzung mit ummum (w)dlittum in PDiri 490 (CAD imikdnu).

19) Fiir neusumerisches sipa-an?e.ama.gan ?Hirt der ...-Esel" s. A.L.Oppenheim, Wilb. O 29a. Bei Gudea findet sich in StF VI 9 anSe.ama.gan, wofiir in einem paralle len Passus einer prasargonischen Konigsinschrift (s. H.Steible/H. Behrens, FAOS 5/II

im Kommentar zu En. I 23 IIY 4'f.) [sal.]an[Se].ama.gan.?a verwendet ist; vgl. hierzu

die in prasargonischen Texten sonst haufige Form ama.gan.Sa (dazu die Artikel von

W.G.Lambert in ASJ 3 (1981) 31 ff. und in Or.55 (1985) 152ff., von F.Pomponio in Or.53 (1984) 1 ff. und die Notiz von J.Bauer in AWL p.72).

- sah-am a.gan(-uru) ?...-Schwein" ist ein einem Ur Ill-Text belegt (zitiert von A.L.Oppenheim, Wilb. O

29a), ferner altbabylonisch in ?Home of the Fish" Z.78.

Das auf ein ?Schwein" bezogene ama-gan verbietet ubrigens den Ausweg, ama-gan und ama-du(-d) als ?Ideogrammvertauschungen" zu interpretieren, d.h. dem Zeichen ama mit der Lesung eme4 zwei verschiedene homophone Worter zu unterstellen:

eme4 ?Mutter" und eme3/5/6 ?Eselin".

20) ama.tu begegnet als Qualifikation von anSe in einer Wortliste aus Fara (SF 43 XII 3). Voraus geht anSe.dun.du(-. ..), d.h. durx dur9-kasx (oder aniedur9-kasx); vgl. fur dieses Wort FAOS 5 En. I 23 III' 4'f. [sal.] an[Se].ama.gan.Sa dur9-du-bi [ ] mit der von H.Steible/H.Behrens dazu im Kommentar genannten parallelen Stelle Gudea StF VI 9f. an*ceme4-gan-a dur-kas4-bi . . . . Es folgen in SF 43 anSe.ama.gan, d.h. an_

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

12 Joachim Krecher

Die Ubersetzung scheint trivial; vielleicht soil aber damit gesagt sein, daB dieser Sklave bzw. diese Sklavin nicht auf dem Wege der Schuld

knechtschaft, des Kaufs oder als Kriegsbeute in den Besitz seines (ihres) Eigentumers gekommen, sondern daB er schon in dessen Haushalt, und zwar als Sklave (Sklavin) geboren ist. AnlaB zu dieser Vermutung gibt die akkadische Entsprechung ilitti biti ?Hausgeburt"21).

AuBer in eme4-gan finden wir das Wort /erne/ ?weiblich", ?Frau" mit Sicherheit noch in eme4-siki, der Bezeichnung der Funktion einer alten Frau22), wofur ein altbabylonischer literarischer Text (RA 19 [1922] 178,11!) eme5(SAL.HUB)-siki schreibt.

Ein Wort mi ?Frau" (neben munus) setzt auch C.Wilcke an23); es ware dann wohl als Verkurzung aus eme4 anzusehen und bildete somit den Hintergrund des Silbenzeichens mi in mi-dun ?pflegen" und za mi ?Leier", ?Lob"24).

Das von mir erschlossene /erne/ ?Frau", ?Weibchen" konnte nun in unterschiedlicher Orthographie und in der Verkurzung zu /me/ (mi) in einer ganzen Reihe weiterer sumerischer Worter enthalten sein. Aller

dings muBte eine eigene griindliche Untersuchung die Vorschlage im ein zelnen priifen. AuBer emedu(-d), eme4-siki waren vermutlich noch

folgende Worter einzubeziehen:

eme(uM.ME) ?Amme" (verkurzt aus eme-ga-gu7, -ga-la) und erne-da ?Kinderfrau" (wortlich vielleicht ?die zur Amme ge hort")

geme ?Sklavin" (vgl. Emesal gi ?Frau", SKly. 87f., /gasan/ ?Her

rin"25))

*eeme4-gan (oder emex emc4-gan) ?erwachsene Eselin", und anSe.har.tu, d.h. ansu

har-du ?H.-Esel". Zu har-du, sonst ?Haussklave" o. dgl., s. unten ? 7. Das am Be

ginn dieser Anmerkung zitierte ama.tu in SF 43 XII 3 wird als /erne - du(-d)/ ?gebar

fahiges Weibchen (des Esels)", nicht als /eme-e - du(-d)/ zu verstehen sein.

21) JNES 33 (1974) 288, 6* (//278, 78); Lu III iv 63; MSL 12, 228, 13'; Antagal B 89. Das Wort vertritt wohl (w)ilid bltim, das in altbabylonischen Urkunden und Briefen be

zeugt ist.

22) W.L.Moran, FsKramer1 340 mit Anm. 45 und 49.

23) S.239 (mit Anm.38) des Artikels ?Familiengrundung im Alten Babylonien", in:

?Geschlechtsreife und Legitimation zur Zeugung" (hrsg. von E.W. Muller; Freiburg/

Munchen).

24) Unklar sind mir die Glossen rme?"'-em zu sal in PEa 423 (vgl. Ea V 230) und

za-me-in zu za.sal (und zu giS.ar.ri) in Hh VII B 49f. und Diri III 52 (CAD sammu). Die Verwendung von sal als Silbenzeichen im altakkadischen sal-ma = mimma ?et

was", ?alles" ist nicht eindeutig auf mim (so Gelb, MAD 3, 179) festgelegt. Wenn

sammu ?Leier" wirklich Lehnwort aus te")za-Mi ist, ware jedenfalls dort die an der zi

tierten Glosse orientierte Umschrift te?)za-mim oder ̂ za-min falsch.

25) Die Emesal-Entsprechung zu geme ?Sklavin" ist gi4-in. Wenn damit /gin/, nicht /gi'in/ gemeint ist und wenn weiter das oben erschlossene /erne/ ?Frau" dem

Worte nach tatsachlich in /geme/ enthalten ist, lieBe sich aus /gin/ statt /geme/ fiir

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

/ur/ ?Mann", /erne/ ?Frau", urdu(-d) ?Sklave" 13

ame (> ama5, eme8) ?Frauengemach"26) eme(sal.an?e) / eme5(sal.hub) / eme6(anSe.sal) ?Eselin44.

5. Auf dem Hintergrund dieser Bedeutung von /eme/ in emedu(-d), die zugegebenermaBen nur in Vermutungen begriindet ist, ergibt sich, wiederum nur vermutungsweise, fiir /ur/ in urdu(-d) entweder eine Be

deutung wie ?Sklave" oder eine /eme/ (?Frau44) entsprechende allge meine Bedeutung, z.B. ?Mann44. urdu(-d) ?Sklave" ware also

Jemand von der Art, wie er einem27) Sklaven/Mann geboren wird44.

R. Westbrook hat in einem Gesprach wahrend der Rencontre in Istanbul die einleuchtende Erklarung vertreten, daB der ?von einer Frau gebo rene44 Sklave seiner (im Haushalt als Sklavin lebenden) Mutter als Kind

zugeordnet war und diesem Status entsprechend als emedu (-d) bezeich net wurde - wer sein (bzw. ihr) Vater war, blieb gleichgiiltig: es handelte sich ohne weiteres um ein ?Sklavenkind44. urdu(-d) wurde demgegen uber den seinem Vater nach bekannten Sklaven bezeichnen, der z. B. als unverheirateter Sohn eines verschuldeten Vaters dem Glaubiger ausgelie fert oder vielleicht auch als Sohn eines im Krieg besiegten Gegners vom

Sieger geraubt worden war. Die Ausdeutung des Zeichens iru

= nita x kur als ?Mann (nita) aus dem Fremdland (kur)44 trifft nach dem eben Ausgefuhrten jedenfalls fiir das Wort urdu(-d) nicht generell zu. Da fiir Sklavinnen, soweit sie nicht ausdrucklich als ?Sklavenkind44 bezeichnet werden sollten, das Wort

geme zur Verfiigung stand, wird urdu(-d) nur fiir mannliche Sklaven verwendet, obwohl diese Einschrankung aus der oben vorgeschlagenen etymologischen Deutung des Wortes nicht abzuleiten war.

Der Ansatz /ur/ ?Mann44 paBt nun zu folgenden sumerischen Wor tern28) :

das Emesal ein /in/ (/en/) statt /erne/ erschlieBen. Mit dieser /m/ : /n/-Verteilung erscheint es denkbar, daB /erne/ und die Emesal-Entsprechung /in/ (/en/), verkiirzt um den anlautenden Vokal, auch in munus ?Frau" und seiner Emesal-Entsprechung /nunus/ (geschrieben nu-nus) enthalten sind.

26) Prasargonisch e-sal (j. Bauer, AWL S. 54 und 570); bei Gudea a - m i (A. Falken

stein, AnOr.28, 24); dann exsal, spater gaxsal (s. SKly. 110f.), altbabylonisch mit Glosse a-me (PEa 224; MSL 14, 118: 6 IT 7), spater mit den Glossen a-ma, e-me, am (SKly.110317; CAD mastaku).

27) Frei ubersetzt, s. Anm. 14.

28) Die gleichen Belege (auBer dem Namen ur-ra-ni) hat D.O. Edzard in BiOr 28

(1971) 165f. behandelt, aber anders gedeutet; er versteht ur- in den Personennamen als ein Determinativpronomen ?der(jenige) von ..und erwagt eine entsprechende Be

deutung auch fiir ur- in ur-sag. Die von ihm (nach j.Stamm) ebenfalls erwogene Deutung, ur- konne mannliches Gegenstiick zu geme- ?Sklavin" sein, verwirft Ed

zard, da er das appellativische prasargonische iru ?Sklave" - nur diese Orthographie

ist ja bezeugt -

irn liest und infolgedessen appellativische Belege fiir ur ?Sklave" ver miBt.

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

14 Joachim Krecher

ur-sag ?Krieger", ?Held"29) laBt sich als ?Mann an der Spitze", ?Vorkampfer" verstehen; vgl. dumu-sag ?Kind an der Spitze", ?Erstgeborener".

ur- in (mannlichen) Personennamen des Typs ur-dnin-gal (seit den archaischen Texten von Ur), im Epitheton Gudeas ur-dga tum-du 1030) und im Personennamen ur-ra-ni31) laBt sich als

?Mann der Gottheit GN" bzw. ?sein/ihr Mann" deuten. ur in dem schwierigen Passus ELA 457ff. konnte ebenfalls das be

handelte Wort ?Mann" sein. ur = aw[Tlum]/amilu ist eine schon in einer altbabylonischen

Wortliste gebotene Gleichsetzung, die den Ansatz jedenfalls be

statigt.

6. Es bleibt noch das Problem des prasargonischen Wortes iRn(-r) ?Sklave"32) und die Frage des Verhaltnisses von diesem Wort zu dem mit demselben Zeichen geschriebenen Wort urdu(-d). Ich vermute, daB

iRu(-r) mit dem eben behandelten ersten Bestandteil von urdu(-d), d.h. dem Wort /ur/ ?Mann", identisch ist, lese iRn(-r) also urx. Aus ?Mann" hat sich erst mit folgendem Genitiv oder Pronominalsuffix die Bedeu

tung ?Mann von ...", ?Sklave (von ...)" entwickelt. Damit erscheint die

Ubertragung des Zeichens iru auf urdu(-d) eher verstandlich: sie kniipft an das altere Wort selbst an, nicht nur an seine Semantik.

Da iRu(-r) =

urx von der Akkade-Zeit an nicht mehr verwendet, son

dern durch iRn(-d) = urdu(-d) ersetzt wurde, registrieren die (auf die

Ur III-Zeit zurtickgehenden) altbabylonischen Wortlisten mit Glossen fur die Lesung nur mehr urdu(-d), wahrend urx nicht vertreten ist. Das wesentlich altere vom Herausgeber so genannte ?Sillabario di Ebla" MEE 3: 52 = Eblaitica I 91 ff. enthalt das Zeichen iru leider nicht.

Die iibliche Lesung iru fiir das sumerische iRu(-r), die auch in FAOS 5

und 6 verwendet ist, kann nicht als Argument gegen meinen Ansatz urx

In den ebenfalls von Edzard zitierten Personennamen der Art dgn-ur-gu10 ist ur

ebenso wie in der Olive des Urukagina Ukg.44 sicher als ?Lebenskraft" (tes) zu ver

stehen; s. den Vorschlag C.Wilckes zu Ukg.44 bei H.Steible/H.Behrens, FAOS 5/II

177.

29) In EDLu B 36 ist statt lu-ur-sag wohl eher lu-sag-ur Jemand mit einem

Hundskopf" zu lesen.

30) M.-j.Seux, er 458; A. Falkenstein, AnOr.30, 73 ?Mann" (der Gatiimdu).

31) OSP 1 p. 103.

32) Die Belege aus den prasargonischen Konigsinschriften bei H.Steible/H.Beh

rens, FAOS 6, 177. Der einzige weitere Beleg, Nik. I 19 (dazu I.J.Gelb, FsDiakonoff

85f.), verwendet iRn-ra-ni parallel zu geme-ni ?seine Sklavin" und summiert die

iRu-ra-ni-Posten unter iru lu ?Sklave(n) (je) eines Mannes". Weitere friihe Beispiele fiir Parallelitat von geme und iru (var. ir) sind einmal die archaische Urkunde aus Ur

UET 2: 259 (zitiert von Gelb p.978), zum andern zwei Wortlisten aus Fara bzw. Ebla:

EDLu E 53f. (MSL 12, 17 und MEE 3 p.38 mit den Varianten ir und ir + kur zu iru) und MEE 4: 67 IIP l'f.

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

/ur/ ?Mann", /erne/ ?Frau", urdu(-d) ?Sklave" 15

gelten. Die in FAOS 6,177 von H.Behrens/H.Steible zitierte glei chung" irn

= wa-ar-du-um ist frei erfunden33); die auch von I.J.Gelb verwendete Umschrift irn stiitzt sich wohl auf das alte Silbenzeichen ir

(in semitischen Wortern und im Gotternamen er-ra). Der SchluB von Sil benzeichen in semitischen Wortern der Uberlieferung vor der Ur III-Zeit auf die Lesung eines sumerischen Wortes kann jedoch in die Irre fuh

ren34) und ist insoweit methodisch fragwiirdig. Die von Gelb in FsDiako noff p. 86 zitierte altassyrische Orthographie ir, fiir das Wortzeichen iru = wardum/urdum spiegelt den ?Zeichennamen" des Zeichens iru wieder, der nicht notwendig mit der Lesung des dem Sumerogramm zugrundelie genden sumerischen Wortes ubereinstimmen muB35). Die von mir in ZA 63 (1973) 223f. fiir ein /ir/ ?Sklave" in Anspruch genommene Zeile ir ir = te-ru-um" aus MSL 2, 149 III 14 hat sich als Lesefehler fiir ir ir = te

el-tu[m] (d.h. ?Silbenzeichen") herausgestellt (MSL 14, 134). Somit bleiben als mogliche Stiitze fiir /ir/ ?Mann" > ?Sklave" die

beiden Zeilen 206 und 214 des spaten Vokabulars Aa VIII/2 (s. MSL 14, 502; Gelb p.83) ir nita =

et-[lum] und V-rum nita = min (= ar-du). Die Erganzung zu et-[lum] laBt sich durch keinen anderen Beleg stutzen; voraus geht dort ir nita =

git-ma-[lum]. Fiir Z.214 miiBte man, um zu ir

(er) = ardu zu gelangen, dem Schreiber unterstellen, er habe hier (und

zwar auBer in der folgenden Zeile nur hier!)36) dem sumerischen Wort

33) Vermutlich haben die Verfasser von der oben in Anm. 7 zitierten Gleichung die Glosse ur-du als fiir iRn(-r) ungeeignet weggelassen und das Zeichen nita groBziigig durch (nita x kur =) iru ersetzt.

34) Das normale sumerische Wort fiir ?Haus" ist - innerhalb unseres auf die Ur III Zeit zuruckgehenden altbabylonischen Umschriftsystems

- e, nicht a13, wie man aus

der Verwendung von e fiir /a/, genauer /'a/ ('<*) bei semitischen Wortern in friihen Texten schlieBen konnte. - Die Verwendung von ur fiir lik in friihen Belegen geht, wie R. D. Biggs in Or. 36 (1967) 6210 zurecht hervorgehoben hat, auf kein sumerisches Wort zuriick: das sumerische Wort fiir ?Hund" ist ur, das fiir ?Einheit" (und fiir ?Lebens kraft") tes, nicht lig. (Sollte nig ?Hiindin" zugrundeliegen, d.h. ma-nigx(ur)

= ma~ lik wie i-Ni =

35) DaB die unorthographische Schreibweise eines Sumerogramms in der altassyri schen Orthographie nicht unbedingt das dem Sumerogramm zugrundeliegende sumeri sche Wort widerspiegelt, sondern gleichsam dieses sumerische Wort durch die - mit

altassyrischen Silbenzeichen geschriebenen - Namen der betreffenden Keilschriftzei

chen buchstabiert, laBt sich an dem Wort ?Gold" ablesen: sumerisch /kusi(g)/ (M. Ci

vil, JCS 28 (1976) 183 f.; OrAnt. 22 (1983) 510), geschrieben ku.gi, aber altassyrisch als Wortzeichen auch ku.ki (J.Lewy bei P.Garelli, Les Assyriens en Cappadoce p.2682); ki ist das ?normale", zumindest das am haufigsten gebrauchte Silbenzeichen fiir /gi/ (K.Hecker, GKT ? 39a).

36) Die folgende Zeile, su-bar-rum nita = ar-du, scheint das Wort subur ?Sub araer" im Sinne von ?Sklave" (vgl. den oben Anm. 11 zitierten Beleg) dem Zeichen nita zu unterlegen, wofiir es aber sonst keine Belege gibt; auch hier ist das akkadische -um

angefiigt.

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

16 Joachim Krecher

die akkadische Nominativendung angefugt - oder sollte hinter /erum/,

hyperkorrekt fur /eru/, das Emesal-Wort /ere/ ?Sklave"37) stecken?

Ein Argument gegen meine Interpretation von iRn(-r) als urx konnte darin liegen, daB das von mir behauptete Wort /ur/ von Anfang an in

/ur?sag/ ?Krieger" und in Personennamen wie /ur-baba/ mit ur, nicht

iru geschrieben wird; ich bin gezwungen, zumindest fiir die prasargoni sche Zeit eine doppelte Orthographie des gleichen Wortes /ur/ anzuneh men. Vielleicht trifft die Trennung der Anwendungsbereiche von ur bzw.

iRn so nicht zu. Immerhin enthalten schon die archaischen Texte aus Ur den Personennamen lugal.ir,,38), und seit den prasargonischen Texten aus Lagas sind Personennamen des Typs iRn-abzu39) bezeugt. Wir wis sen nicht, ob etwa in derartigen Namen iru schon urdu(-d) zu lesen ist; auch emedu(-d) wird ja von der Akkade-Zeit an in Personennamen ver

wendet (s. Anm. 11). Nur anmerkungsweise sei schlieBlich noch notiert, daB der oben zu

/ur/ gestellte Personenname ur-ra-ni ?sein/ihr Mann" in der ud.gal.

nun-Uberlieferung in ECTJ 173, 1 als ku.ru.su, vielleicht = arx-ru-su

oder arx-rax-su, erscheint, und daB in den archaischen Texten aus Uruk ein Wort fiir ?Mann" bzw. ?mannlich" (Tier) haufig kur geschrieben wird40).

7. Zu der Wortfamilie /ur/ (iru, ur-), /erne/ (eme4, mi), urdu(-d), emedu(-d) (emedu(-d)) gehort schlieBlich auch das allgemein als

?Hausdiener" o.dgl. verstandene Wort har.tu41). In den ?Anweisungen

37) JAOS 77, 76: 4.51; CAD ardu LL.

38) UET 2: 128 IV 5'; ob urx-lugal(-a(-k)) oder eher lugal-urx (?der Konig ist ein

Mann")?

39) iRirabzu in TSA 7 II 13, iRn-ku-nun-na in DP 55 V 5; vgl. ur-abzu in DP

138 VII 2 und in Or.51 (1982) 347 (Akkade-Zeit), ur-ku-nun-na in ASDDU 550

(neusumerisch). 40) M.Green, JNES 39 (1980) 6.

41) Fur har.tu als Personennamen bzw. Namensteil (seit der Fara-Zeit) s. ZA 63

(1973) 195f. Ill 9. VII 2; SR 2 VII 1; WF p.27* und 48*; SFp.7*; TSS p.69; NTSS p. 11; IAS p.34; OSP 1 p.80 und 83. Appellativische Belege aus prasargonischen Texten zitiert J.Bauer, AWL p. 95; fiir har.tu - sal - m e ?(es sind) weibliche H." s. noch BIN

8,23,9. DP 138 V 6.8 schreibt mit Pronominalsuffix har.tu-ni (parallel zu dumu-ni,

ab-ba-ni, ses-ni). Belege fur HAR.TU in Wortlisten sind MEE 4: 63-64 XII 11' (s.

oben) und SF 43 XII 5 (s. Anm.20). Die der Fara-Zeit angehorige Wortliste EDLu E bietet moglicherweise fur har.tu

eine weitere orthographische Variante. Der Text registriert in Z.53f. geme und iru

(Text B: ir), also wohl die ?normalen" Worter fiir ?Sklavin" und ?Sklave". In Z. 173 ff.

erscheint nach geme.sal.uS-kar-ki ?Dirne" ein Wort e + sal.hur und dann nach

emedu(ama.Tu) ein ama.e + sal. Falls e + sal nicht fur das spatere exsal = ame

?Frauengemach" (s. Anm. 26) steht, sondern etwa eine alte orthographische Variante

zu tu = du(-d) ?gebaren" darstellt, konnte das auch in Fara sonst har.tu geschrie

bene Wort in Z. 174 tux(e-i-sal) : har verborgen sein.

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

/ur/ ?Mann", /erne/ ?Frau", urdu(-d) ?Sklave" 17

des Suruppag" lautet in der altbabylonischen Fassung die Zeile 160

(ohne Varianten) emedu na-an-sax(NiNDAx?E)-sax-(an) u lipis gig-ga-am ?kaufe keinen Hausdiener; es ware eine Speise, die den Leib schmerzt".

Dem entspricht in der Fassung aus Tell Abu Salablh offenbar VI 12 f.

har.tu na-sax u lipis gig42).

Dieser Unterschied laBt sich auf verschiedene Weise deuten:

(1) har.tu ist die altere Orthographie von emedu, d.h. emex-du zu le sen.

(2) har.tu ist die altere Orthographie von urdu, d.h. ur5-du zu lesen.

(3) har.tu ist ein sonst nicht bekanntes Wort des Bedeutungsfelds JSklave".

Die dritte Annahme laBt sich nicht widerlegen; sie ist aber angesichts der Anzahl der bekannten Worter dieses Bedeutungsfeldes nicht wahrschein lich.

Die zweite Annahme macht die Verwendung des Zeichens har plausi bel; wir hatten dann aber nach iru (in iRu-ra-ni usw.) und ur (in ur

dnin-gal, ur-ra-ni und ur-sag) eine dritte mogliche Orthographie fiir das Wort /ur/ ?Mann", ?Mann von ..." ?Abhangiger" in Fara- und pra

sargonischen Texten. AuBerdem laBt sich die einmal in einer Wortliste aus Fara bezeugte Verbindung anSe.har.tu (s. Anm. 20) auf einer Basis har.tu =

ur5-du, auch wenn nicht als /ur-e - du/ verstanden, kaum er

klaren.

Die erste Annahme ist, auf dem Hintergrund des zitierten Passus aus den ?Anweisungen des Suruppag", die nachstliegende, obwohl die Wahl von har fiir /erne/, ob meine Erklarung in ? 4 zutrifft oder nicht, sich aus den bekannten Lesungen und Bedeutungen der har geschriebenen Wor ter nicht ableiten laBt und har.tu-sal ?weibliche H." (s. Anm. 41), wenn

emex-du-mi gelesen, das Wort /erne/ zweimal in verschiedener Ortho

graphie enthalten wiirde. Auf der anderen Seite wiirde die Lesung emex du vielleicht die Stellung des Wortes in einer Wortliste aus Ebla ver standlich machen. In MEE 4: 63-64 XII IT (kein Photo!) steht har!.tu hinter im.ti: ba-a-hu-um (d.h. ni-ti: pa'dhum ?sich fiirchten"); das -

nach den ?Zeichennamen" gelesene - im.ti konnte das - sumerisch kor

rekt gelesene -

emex-du attrahiert haben. Kein Argument gegen die

Gleichsetzung von har.tu mit emedu (-d) sehe ich in der prasargoni schen Orthographie har.tu-ni (Anm.41) statt *har.tu-da-ni43).

42) B. Alster, The Instructions of Suruppak 42 und 62 (altbabylonischer Text) und 12

(Text aus Abu Salabih).

43) Vgl. die von B. Landesberger, Der kultische Kalender 55 zitierten Belege: itu amar-a A Sl-da-(ka) ?im Monat des ..." (DP 48 VI 4; Nik.I 222 II 2) neben ezen

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

18 Joachim Krecher

S. Nicht als hierhergehorig zu erweisen, aber auch nicht von vornher ein aus der Diskussion auszuschlieBen ist die in Ebla bezeugte Zeichen

gruppe ku.tu. Sie begegnet in den bislang veroffentlichten Texten als

Wortzeichen44) und als Personenname45) bzw. als Teil46) von Personenna

men47) und Ortsnamen48). Da das Zeichen tu in Ebla nur ausnahmsweise als Silbenzeichen du/tu verwendet ist49), wird ku.tu zu den vielen Wort zeichen der Ebla-Texte gehoren, die uns zwar so aus Babylonien nicht bekannt sind, aber wohl doch auf Sumerogramme zuriickgehen. So gese hen stellt sich die Frage, welche Funktion das Zeichen ku in einem

Sumerogramm ku.tu bzw. in einem sumerischen Wort ku-du(-d) haben konnte.

Weder das ?schmale" ku, in Babylonien fiir tukul ?Waffe" und fiir

gu5 in gu5-li (?ku-li") ?Freund" verwendet50), noch das ?breite" ku, in

Babylonien fiir tus ?sitzen", dab5 ?packen" gebrauchlich, ergeben fiir

ku-du(-d) einen befriedigenden Sinn. Also konnte ku, wohlgemerkt in dem vorauszusetzenden sumerischen Wort ku-du, als Silbenzeichen ver

amar-a A si-ge-da-(ka) ?beim Fest des ..." (DP 60 V 1; 69 III 5); so auch ses-ni

in DP 138 VI 8 (s. Anm.39) neben ses-sa-ni (richtiger also ses-sa-ni) in DP 177 I 6

usw.

44) ARET 2: 29 oft; SEB 4,42 XI 10. XII 9 ku.tu(-ku.tu) (nu) Su.ba4.ti; ARET 8:

532 VII 19! (3 Textilien) (fur) 1 ku(sic).tu ma-n^ (p.61 falsch \,,an object from Mari, or

of Mari style", Zitat falsch. A.Archi, MARI 4,79: 155 liest ?Es4-ku-ta" und versteht

dies als Personnenamen (p. 56 falsch ??s-ku-tu")). \

45) ARET 2: 24 III 1(!); ARET 4:15 16; MEE 2 p.347; SEb 3,2 I 2. In der Wortliste

MEE 4: 57 II' 5' (kein Photo) steht ?dku/ru" an der Stelle von dtu in Duplikaten (?VE

794a") und ist sicher zu d(sAL) + nam!( =

(n)in).tu zu korrigiereh.

46) Vgl. fiir ein Zwei-Zeichen-Sumerogramm als Bestandteil vton Namen den Perso

nennamen \.g\$-a-hu (ARET 1: 5 v. XIII 2) neben zi-mi-na-a-hu (dort p.258); na-an

i.GiS (ARET 1: 1 v. XI 20). 47) ku.tv-ma-i-lum MARI 4,76: 79 X; ku.tu-/ MARI 4,78: 134 v. V; a-ku.tu ARET

3: 651 III 1; ARET 8: 542 XIV 18; ga- a-ku.tu ARET 8: 526 XV 17; /-ku-ku.tu MARI

4,78: 137 VI; i-kv.tv-a-bu Or.54 (1985) 12: 10; i-ja-ku.tu MARI 4,76: 87 v. V; i-su

ku.[t]u MARI 4,77: 91 X; w-/<i-ku.tu MARI 4,77: 96 XI; /5n-ku.tu MARI 4,76: 81 v.

VI; ma-/?0-ku.tu ARET 4: 13 v. Ill 19; ni-^i-ku.tu MARI 4,75: 31; sag.du-ku.tu

ARET 8: 527 XIX 28; zo-ku.tu ARET 4: 12 IV 14; zmcu.tu ARET 8: 542 XIV 16; zi-li ku.tu ARET 4: 13 II 10. [ku/ru-'a-toi VO 6 (1986) 248: 3. 3].

48) m*-/?fl-ku.tuki SEb 3, 35 III 12; zV-ku.tuki MEE 1,288: 5012 (75.G. 11072).

49) Etwa im Personennamen tu-an (ARET 1: 8 v. VII 4; 3: 127 III 7'; 468 III 12);

dieselbe Person heiBt andernorts du-an (ARET 1: 5 v. I 6 usw.) bzw. */m-hal (ARET 4:

14 v. II 15 usw.), s. A.Archi, ARET 1 p.312. Vgl. weiter den Ortsnamen a-tu-duki

(MEE 1,51: 768 = 75.G.1330). mar.tuki (s. A.Archi, Or.54 [1985] 7ff.) ist vielleicht

eher ?Sumerogramm" als syllabische Schreibung mar-tuki (mar-dukl).

50) R.D. Biggs, JCS 20 (1966) 7737 zu gu5 (?ku"). Das in ku.mes (AbS T 219 = IAS

23 IV 12) verwendete ?schmale" ku wird durch die Glosse tu-ku-ul me-es in einem

altbabylonischen Paralleltext (M.Civil/R.D.Biggs, RA 60 (1966) 8f.) als tukul erlau

tert.

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

/ur/ ?Mann'\ /erne/ ?Frau", urdu(-d) ?Sklave" 19

wendet sein und ein anderes in Babylonien ubliches (uns bekanntes?) Wortzeichen vertreten. Die Lesungen von ku als Silbenzeichen in friihen Texten sind freilich noch nicht sicher bestimmt; fiir das Sumerische kon nen wir uns auBer an dem zitierten gu5-li nur an der ud.gal.nun-Tradi

tion51) und an syllabisch geschriebenen nicht-sumerischen Wortern in

Ebla-Texten52) orientieren. Deshalb bleibt die Deutung von ku.tu vorlau

fig unsicher. Ich halte es fiir moglich, daB das oben behandelte urdu(-d) ?Sklave" schon im Sumerischen der ?Kish tradition" in der Form

/ardu(-d), geschrieben ku-du, vorhanden war.

51) Vorschlage fur die Lesung des (?schmalen") ku in den ud.gal.nun-Texten bietet

M.Krebernik, BFE 270-272.

52) Die Lesung ku bzw. gu5 ist nur in einer auf babylonische Tradition zuriickgehen den Ortsnamenliste nachweisbar (?atlante geografico", MEE 3, 229ff. Z.97.123.127.

129). Sonst haben wir in Ebla auch(?) mit aru^ arx, n^, surx o.dgl. zu rechnen.

This content downloaded from 141.84.130.10 on Sat, 11 Jul 2015 16:56:41 UTCAll use subject to JSTOR Terms and Conditions