Review über aktuelle Publikationen, Dokumente und Studien zu Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft im...

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s Review über aktuelle Publikationen, Dokumente und Studien zu Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft im Kontext der Strukturfonds Redaktion: Veronika Ratzenböck Verfasserin: Xenia Kopf

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Review über aktuelle Publikationen, Dokumente und Studien zu Kunst, Kultur und

Kreativwirtschaft im Kontext der Strukturfonds

Redaktion: Veronika Ratzenböck Verfasserin: Xenia Kopf

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Inhalt

Einleitung 3 Hintergrund: Aufmerksamkeit für die KKW auf EU-Ebene 4 Mitteilung der Kommission: Die Kultur- und Kreativwirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in der EU unterstützen 5 Strategieleitfaden: Nutzung der EU-Programme zur Förderung des Kulturpotenzials für die lokale, regionale und nationale Entwicklung 10 Nutzung der Strukturfonds für Kulturprojekte 14 EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland 20 Guide to Research and Innovation Strategies for Smart Specialisations (RIS 3) 29 Commission Staff Working Document: Competitiveness of the European High-End Industries 31 Commission Staff Working Document: Policy Options for the Competitiveness of the European Fashion Industries „Where Manufacturing meets Creativity“ 33 Weblinks 36

3

Einleitung

2012 sind auf EU-Ebene zu dem Thema Kultur bzw. Kreativwirtschaft und

Regionalentwicklung zahlreiche Studien, Leitfäden und Mitteilungen erschienen. Die Sektion

Internationale Angelegenheiten des BMUKK hat die österreichische kulturdokumentation

damit beauftragt, die Resultate und Empfehlungen dieser Publikationen zusammenzufassen

und schnell lesbar aufzubereiten. Der Review dient als Orientierungspfad und Vorbereitung

für die Verhandlungen zur kommenden Förderperiode, z. B. im Rahmen der Fokusgruppe

Kultur und Kreativwirtschaft bei der Österreichischen Raumordnungskonferenz im

STRAT.AT 2020-Prozess.

Die Publikationen wurden nach folgendem Raster analyisert:

- Hintergrund, AutorInnen und AuftraggeberInnen

- Aufbau, Methode und Ziele

- Inhaltliche Schwerpunkte und Stoßrichtung

- Kernaussagen und zentrale Ergebnisse

- Handlungsempfehlungen

- Geplante oder mögliche Follow-ups

Folgende Dokumente wurden aufbereitet:

- Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den europäischen

Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Die Kultur- und

Kreativwirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in der EU unterstützen

[COM(2012) 537 final]

- Strategieleitfaden: Strategische Nutzung der EU-Stützungsprogramme, einschließlich

der Strukturfonds, zur Förderung des Kulturpotenzials für die lokale, regionale und

nationale Entwicklung und der Auswirkungen auf die allgemeine Wirtschaft (OKM-

Arbeitsgruppe)

- Nutzung der Strukturfonds für Kulturprojekte (KEA)

- EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland

- Guide to Research and Innovation Strategies for Smart Specialisations (RIS 3)

- Commission Staff Working Document: Competitiveness of the European High-end

Industries [SWD(2012) 286 final]

- Commission Staff Working Document: Policy Options for the Competitiveness of the

European Fashion Industries „Where Manufacturing Meets Creativity“ [SWD(2012) 284

final]

4

Hintergrund: Aufmerksamkeit für Kultur und Kreativwirtschaft im Kontext der Strukturfonds auf EU-Ebene

Mehrere Studien und Veröffentlichungen der vergangenen Jahre1 belegen die Bedeutung der

Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) für Europas Entwicklung: sowohl hinsichtlich der

eigenen starken wirtschaftlichen Entwicklung – hoher Umsatz, hoher Anteil von 3,3% am

BIP, 6,7 Mio. Beschäftigte, widerstandsfähiger als andere Branchen in der Krise zwischen

2008 und 2011, wichtiger Faktor im globalen Wettbewerb – als auch hinsichtlich ihres

Beitrags zu Innovationen in den eigenen und anderen Branchen: Inhalte für IKT-

Anwendungen, Tourismus, Mode- und Luxusgüterbranchen. „Kulturkreativität“ wird als

essentieller Faktor bei der Entwicklung von Produkt- und auch sozialen Innovationen

identifiziert; damit fördert sie in wirtschaftlicher Hinsicht die Wettbewerbsfähigkeit der

verschiedensten Branchen als auch ‚weiche Faktoren’ wie Wohlbefinden und soziale

Kohäsion. Vor allem die nichttechnologischen Faktoren sind dafür bestimmend (Kreativität,

Design, neue Organisations- und Geschäftsmodelle) und können zur Bewältigung sozialer

Herausforderungen beitragen (Klimawandel, Nachhaltigkeit, demografischer Wandel,

kulturelle Vielfalt).

Der Beitrag von Kultur und Kreativwirtschaft zur regionalen Entwicklung wird neben den

wirtschaftlichen Faktoren im lokalen Mehrwert gesehen: Agglomerations-/Clustereffekte

durch hohe Offenheit und Interaktion mit anderen Branchen, Förderung von zahlreichen

unterschiedlichen Fähigkeiten, soziale Verantwortung und Integrativität sowie

Umweltfreundlichkeit. Außerdem sind die KKW eine „Soft Power“, die das Image Europas

prägen: dynamisch, attraktiv, kreativ, „offen für Kulturen und Talente aus der ganzen Welt.“

Das hat zu einem „Bewusstseinswandel“ auf EU-Ebene geführt: seit der „Europäischen

Kulturagenda im Zeichen der Globalisierung“ (2007) werden Kultur und KKW in der EU-

Politik verstärkt berücksichtigt; viele EU-Mitteilungen bekräftigen, dass Kultur als Basis von

Kreativität Innovationen fördert und so die Wirtschaft ankurbelt, Städte und Regionen

aufwertet bzw. attraktiv macht und „europäische Werte“ vermittelt. Ein breiter

Innovationsbegriff wird eingefordert, der auch Kultur, Kreativität und die KKW einschließt;

und die KKW sind ausdrücklich eines der möglichen Zielgebiete für „smart specialisation

strategies“ (Guide to Research and Innovation Strategies for Smart Specialisations“, 2012).

Dieser Bewusstseinswandel ist aber ein unvollständiger Prozess: das Budget für die

Programme KULTUR und MEDIA beläuft sich nach wie vor auf einen Bruchteil der Gelder, die

für Innovation und Kohäsion zur Verfügung stehen. Und der Begriff von „Kultur als Quelle

sozioökonomischer Entwicklung, der den einschlägigen Dokumenten zu Grunde liegt“2 findet

sich nur teilweise in den Finanzierungsprogrammen wieder.

1 KEA (2006): Kulturwirtschaft in Europa; CSES (2009): Study on the contribution of culture to local and

regional development; KEA (2009): Beitrag von Kultur zur Kreativität; 2 KEA: Nutzung der Strukturfonds für Kulturprojekte, S. 27

Mitteilung der Kommission: Die Kultur- und Kreativwirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in der EU unterstützen

5

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Die Kultur- und Kreativwirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in der EU unterstützen [COM(2012) 537 final] 26. September 2012

Autorin: Europäische Kommission, Generaldirektion Bildung und Kultur

Hintergrund und Zweck der Mitteilung

Die Bedeutung der KKW als wachstumsstarker Sektor, Innovationskatalysator, „Soft

Power“ und Schlüsselelement globalen Wettbewerb soll durch diese Mitteilung

hervorgehoben werden. Die EK formuliert darin eine Strategie, um die KKW durch

verschiedene Initiativen zu unterstützen (Förderprogramme, Rechtsrahmen,

bereichsübergreifende Zusammenarbeit etc.) und so stärker für Europas Entwicklung

nutzbar zu machen. Sie gibt Empfehlungen für Maßnahmen auf Ebene der EU und der

Mitgliedstaaten. Die Mitteilung konzentriert sich stark auf Kreativwirtschaft, z. T. auch auf

Kulturerbe. Kultur wird als Instrument für Image, Attraktivität und für den sozialen

Zusammenhalt gesehen. Zeitgenössische Kunst findet keine Erwähnung.

Zentrale Herausforderungen der KKW

- Rasanter Wandel, geprägt durch Globalisierung und Digitalisierung: neue Akteure treten

auf, große und kleine Strukturen existieren nebeneinander, Wertschöpfungsketten

verändern sich.

- Schwieriger Zugang zu Kapital: Bankensektor verfügt nicht über die Kompetenzen, um

Unternehmen und Vorhaben der KKW angemessen zu bewerten (v. a. immaterielle Werte).

- Nationale und sprachliche Fragmentierung der europäischen KKW: eingeschränkte

Zirkulation kultureller bzw. kreativer Werke und Kulturschaffender.

- Dynamische branchenübergreifende Entwicklungen, denen oft innerhalb der einzelnen

Branchen nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt wird („Schubladendenken“ steht

Synergien und neuen Geschäftsmodellen im Weg).

Handlungsempfehlungen & Follow-ups auf EU-Ebene – LANGFRISTIG

Die EK kündigt an, in folgenden Bereichen Maßnahmen für die KKW zu setzen:

Schaffung eines geeigneten Rechtsrahmens

- Small Business Act schafft Rechtsrahmen für KMU-Politik (Hauptform in den KKW)

- Schaffung eines digitalen europäischen Binnenmarktes für Rechte des geistigen

Eigentums, EU-Rahmen für Urheberrechte, verwaiste Werke und kollektive Wahrnehmung

von Rechten, Online-Vertrieb von AV-Werken, Bewertung immaterieller Vermögenswerte

- Markenschutz, Bekämpfung von Nachahmung und Produktpiraterie (Memorandum of

Understanding)

- Mehrwertsteuer: derselbe Steuersatz auf vergleichbare Produkte und Dienstleistungen

- Modernisierung des EU-Beihilfenrechts: Befreiung von der Anmeldepflicht für Beihilfen im

Kultursektor, nichttechnologische Innovation in Beihilfen für FuI(uE) integrieren

Mitteilung der Kommission: Die Kultur- und Kreativwirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in der EU unterstützen

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Erleichterung des Austauschs bewährter Verfahren und des „Peer Learning“

- OKM-ExpertInnengruppe zur KKW und ihr Strategieleitfaden (Policy Handbook) zur

Nutzung der EU-Programme für KKW; nächste Themen: Internationalisierung und Export

- Lernplattform der europäischen Allianz der Kultur- und Kreativwirtschaft für Austausch

zu Unternehmensförderung, Zugang zu Kapital und Bildung von Exzellenz-

/Kooperationsclustern.

- Peer Learning unter Stadtverwaltungen zum Thema Kultur für soziale und

wirtschaftliche (Wieder-)Belebung in Städten

2014–2020: Mobilisierung einer breiten Palette von Förderinstrumenten

- Kreatives Europa (KULTUR, MEDIA und Garantiefonds für KKW):

länderübergreifende Netze, Partnerschaften und Peer Learning zu Digitalisierung,

Globalisierung und Fragmentierung der europäischen Märkte

Finanzfazilität für Garantien

Kapazität der Finanzinstitute zur Bewertung kultureller und kreativer Projekte

verbessern

Publikumsentwicklung, neue Geschäftsmodelle und Internationalisierung der KKW

fördern.

- Erasmus für alle (Bildung):

Wissensallianzen (Partnerschaften zwischen Hochschulen und Unternehmen)

Allianzen für branchenspezifische Fertigkeiten (= Qualifikationsräte/Skills Councils,

Partnerschaften zw. Berufsbildungseinrichtungen und Unternehmen)

- Fonds der Kohäsionspolitik & ELER:

Werden weiterhin Investitionen in die KKW fördern, um den Beitrag der Kultur zu

regionaler und ländlicher Entwicklung, Stadterneuerung, Beschäftigungsfähigkeit

und sozialer Eingliederung zu nutzen. V. a. in den Bereichen: FuI,

Wettbewerbsfähigkeit von KMU, Unternehmertum in den KKW, Schutz und

Aufwertung von Kulturerbe und Kulturlandschaften

ELER: wird ebenfalls weiter zur Aufwertung des kulturellen Erbes und zur

Verbesserung des Zugangs zu kulturellen Dienstleistungen in ländlichen Gebieten

beitragen. V. a. im Rahmen von LEADER, durch Investitionen und Schulungen für

Unternehmen der KKW sowie Förderung von Vernetzung und Clustering.

Integration der KKW in die Strategien zur Intelligenten Spezialisierung – das

Potenzial der KKW für die RIS 3 sollte jetzt ermittelt werden

- COSME (Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der KMU):

Cluster und sektorübergreifende Aktivitäten fördern

Kompetenzen in Design, Kreativität und Produktion ausbauen.

- Horizont 2020 (Forschung, Innovation & technologische Entwicklung):

Innovative Technologien für Schaffung und Nutzung von Inhalten

innovative Materialien für die KKW

neue Formen der Innovation

- Connecting Europe (Fazilität für Verkehr, Energie und Internet):

Nachhaltige Finanzierung für „Europeana“ (Digitalisierung des Kulturerbes)

Mitteilung der Kommission: Die Kultur- und Kreativwirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in der EU unterstützen

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Austausch von Informationen zu Rechten und Lizenzierung

Kompetenzzentren zur Digitalisierung

- Außenbeziehungen (politischer Dialog zwischen EU und Drittländern):

Kultur weiterhin als Triebfeder nutzen für sozioökonomische Entwicklung, Stärkung

von Menschenrechten, Demokratie, Zivilgesellschaft etc.

Handlungsempfehlungen & Follow-ups auf EU-Ebene – KURZFRISTIG

Zu den Herausforderungen der KKW wird die EK kurzfristig folgende Maßnahmen setzen:

Wandel des Qualifikationsbedarfs

- Wissensallianzen: werden dzt. getestet, „Cinema and Industry Alliance for Knowledge and

Learning“ wird 2013 Bericht erstatten

- Europäische Qualifikationsräte: für Textil, Bekleidung und Leder (europeanskillscouncil.t-

c-l.eu), sowie für AV-Sektor und darstellende Kunst (dzt. wird Feasibility Study erstellt)

- ExpertInnengruppe: Bericht über kreative Partnerschaften zwischen Schulen und

Unternehmen/Organisationen der KKW bis Ende 2013

Besserer Zugang zu Kapital

- Europäische Allianz der KKW: zwei Partnerschaften zur Verbesserung des Zugangs zu

Kapital (FAME und C-I Factor)

- MEDIA-Produktionsgarantiefonds, evtl. ähnlicher Fonds für Mode

- Vorschläge zur Verbesserung der wirtschaftlichen Nutzung der Rechte des geistigen

Eigentums

Erweiterung des Marktes: neue Partnerschaften und Geschäftsmodelle

- Maßnahme für die Verbreitung europäischer Filme im digitalen Zeitalter, Empfehlung

über den europäischen Film im digitalen Zeitalter

- Pilotprojekt zur innovativen Nutzung der IKT in den KKW

- Thematisches Netz zu neuen Geschäftsmodellen für das Verlagswesen im digitalen

Zeitalter

- Europäische Konferenz zwecks Erfahrungsaustausch zu Publikumsentwicklung

- Bericht über Strategien öffentlicher Einrichtungen zur Verbesserung des Zugangs zu und

der Teilhabe an Kultur

- WORTH-Pilotprojekt: marktorientierte Unterstützung und Beratung für KMU in den

Sektoren Mode oder Design-Gebrauchsgegenstände zur Entwicklung von neuen

Produkten bzw. Dienstleistungen in Zusammenarbeit mit DesignerInnen

- Europäisches Kulturerbe-Siegel und Kulturhauptstädte Europas als „Labors“ für

Publikumsentwicklung und Bürgerbeteiligung

Vergrößerung der internationalen Reichweite

- Veranstaltungen in Drittländern

- Pilotprojekt: Handelsprojekt EU–China

- Risikoteilung bei Exportkreditversicherungssystemen für KMU prüfen

Mitteilung der Kommission: Die Kultur- und Kreativwirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in der EU unterstützen

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- Stärkung der Kultur in den Außenbeziehungen

- OKM-Handbuch zu Förderstrategien für die Internationalisierung der KKW

Mehr fruchtbare sektorübergreifende Zusammenarbeit

- Europäische Allianz der Kultur- und Kreativwirtschaft

- Drei große Demonstrationsprojekte zum Kulturtourismus

- Europäisches Zentrum für Dienstleistungsinnovation

- Smart Guide: wie die Fonds der Kohäsionspolitik für Dienstleistungsinnovationen

genutzt werden können

- Pilotprojekt: Entwicklung zweier traditioneller Industrieregionen zu „Europäischen

Gebieten für die Kreativwirtschaft“ (Anm.: „European Creative Districts“ –

Auswahlprozess noch nicht abgeschlossen)

- Möglichkeiten zur Stärkung der Mode- und Luxusgüterindustrie analysieren

- Empfehlungen des Lenkungsausschusses für europäisches Design auswerten, Aktionsplan

zur Berücksichtigung von Design in der Innovationspolitik ausarbeiten

- European Cluster Excellence Initiative: Schulungsmodule zur Stärkung der Rolle von

Kreativität, kreativen Fähigkeiten und KW im Wandel der klassischen Industrie

- Europäische Allianz für die Erlebniswirtschaft (KKW + Freizeit-, Sport- und Tourismus-

Branchen)

Handlungsempfehlungen auf Ebene der Mitgliedstaaten

Die EK ersucht die Mitgliedstaaten, v. a. in den folgenden Bereichen Maßnahmen für die KKW

zu ergreifen, auf allen territorialen Ebenen und unter Einbindung aller relevanter privater

und öffentlicher Stakeholder:

Grundsätzlich: Integrierte Strategien

- Vollständige Erfassung und Mobilisierung der kulturellen und kreativen Ressourcen

eines Gebiets Umfassende Bewertung des Potenzials der KKW für intelligentes,

integratives und nachhaltiges Wachstum, wissenschaftlich untermauert

- partnerschaftliche Herangehensweise: Einbeziehen aller relevanter Stakeholder aus

Kultur, Industrie, Wirtschaft, Bildung, Tourismus, Raumplanung etc. Sektor-

übergreifende(r) Austausch und Zusammenarbeit, gegenseitiges Verständnis fördern

- Überprüfung bestehender Maßnahmen und Instrumente, ob sie für KKW geeignet sind;

gegebenenfalls neue entwerfen

- Integration der KKW in Entwicklungsstrategien (Anm.: z. B. auch STRAT.AT!), v. a. auch

Strategien für intelligente Spezialisierung (RIS 3)

- Plattformen, Netzwerke, Cluster der KKW unterstützen

Wandel des Qualifikationsbedarfs

- Förderung von engeren, strukturierten Partnerschaften zwischen KKW, Sozialpartnern

und (Berufs-) Bildungseinrichtungen

- Frühzeitige Vermittlung kreativer Fähigkeiten, um Nachschub an kreativen Talenten

und Nachfrage nach anspruchsvollen kreativen Inhalten bzw Produkten zu gewährleisten

Mitteilung der Kommission: Die Kultur- und Kreativwirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in der EU unterstützen

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- Dadurch außerdem Beschäftigungsfähigkeit verbessern und Randgruppen integrieren

- Erleichterung der Anerkennung von nicht-formal3 und informell4 erworbenen

Qualifikationen, die für KKW relevant sind

Besserer Zugang zu Kapital

- Alternative, maßgeschneiderte Finanzierungsmöglichkeiten für die KKW schaffen

(Eigenkapitalbeteiligung, Business Angels, Risikokapitalbeteiligung, Garantien)

- Bankensektor mit mehr Kompetenzen zur Bewertung von Unternehmen der KKW

ausstatten (v. a. immaterielle Vermögenswerte) Investitionsbereitschaft des

Finanzsektors und der KKW selbst verbessern

- Unternehmen der KKW stärker unternehmerisch schulen (Geschäftsplanung, Kapital,

Finanzierung, Wachstum)

- Entsprechende Nutzung des Programms „Kreatives Europa“ und der Fonds der

Kohäsionspolitik

Erweiterung des Marktes: neue Partnerschaften und Geschäftsmodelle

- IKT und Internet zur Publikumsentwicklung (Zielgruppenerschließung) nutzen:

Schaffung, Produktion und Verbreitung der Produkte über digitale Plattformen

- Auf Digitalisierung abgestimmte Geschäftsmodelle fördern

- Dazu strategische, faire Partnerschaften mit anderen Branchen eingehen

- Ausgewogenes Verhältnis zwischen Interessen der Rechteinhaber (Einkünfte) und der

Allgemeinheit (Zugang zu Inhalten und Wissen, Förderung von kultureller und Medien-

Kompetenz) schaffen Förderung der Digitalisierung kultureller Inhalte, Entwicklung

von Online-Plattformen

Vergrößerung der internationalen Reichweite

- Strategien für Internationalisierung und Exportförderung, Zugang zu ausländischen

Märkten erleichtern Aufbau internationaler Partnerschaften und Kooperationen mit

Drittländern unterstützen

- Fragen der Regulierung und Möglichkeiten der Risikoteilung diskutieren

- Ressourcen bündeln, verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Ländern

- KKW als Imagefaktor für Europas Attraktivität nutzen

Mehr fruchtbare sektorübergreifende Zusammenarbeit

- KKW braucht multidisziplinäre Umfelder sektorübergreifende Zusammenarbeit sollte

also Teil jeder Fördermaßnahme sein

- Verstärkte Zusammenarbeit innerhalb der einzelnen kulturellen/kreativen Branchen

und mit anderen Sektoren, Austausch und gegenseitiges Verständnis schaffen

- Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Politikfeldern verstärken (Wirtschaft,

Industrie, Bildung, Tourismus, Innovation, Stadt-/Regionalentwicklung, Raumplanung).

3 Geplantes, strukturiertes und unterstütztes Lernen außerhalb des formalen Schul-, Berufsbildungs-

und Hochschulsystems (z. B. Aus- und Weiterbildungs-Programme, Kurse etc.) 4 nicht-strukturiertes/-organisiertes Lernen durch Lebens- und Berufserfahrung

Strategieleitfaden der OKM-Arbeitsgruppe

10

Strategieleitfaden: Strategische Nutzung der EU-Stützungsprogramme, einschließlich der Strukturfonds, zur Förderung des Kulturpotenzials für die lokale, regionale und nationale Entwicklung und der Auswirkungen auf die allgemeine Wirtschaft April 2012

AutorInnen: OKM-ExpertInnen-Arbeitsgruppe der EU-Mitgliedstaaten (Offene

Koordinierungsmethode) zum Thema Kultur- und Kreativwirtschaft

Auftraggeberin: EU-Kommission, Generaldirektion Bildung und Kultur

Hintergrund

Der Strategieleitfaden ist das erste Ergebnis der OKM5-Gruppe zu Kultur- und

Kreativwirtschaft6. Diese Arbeitsgruppe von ExpertInnen (nominiert von den Mitgliedstaaten,

darunter Mag.a Veronika Ratzenböck für Österreich) wurde vom Rat der Europäischen Union

in den Schlussfolgerungen zum Arbeitsplan für Kultur 2011–20147 initiiert und soll

politische Strategien für die Kultur- und Kreativwirtschaft in Europa entwickeln.

Zweck des Strategieleitfadens

Der Leitfaden ist ausdrücklich anwendungsorientiert: er soll politische

EntscheidungsträgerInnen aus Kultur, Wirtschaft und EU-Strukturfonds dabei unterstützen,

lokale, regionale und nationale Strategien für die KKW zu entwickeln und dafür die EU-

Programme – einschließlich der Strukturfonds – zu nutzen. Dadurch soll er zu der

europäischen Sensibilisierungsinitiative zur Berücksichtigung der Kultur in der

Regionalentwicklung beitragen (wie im EU-Arbeitsplan für Kultur 2011–2014 vorgesehen).

Der Hauptteil des Leitfadens sind konkrete Vorschläge für Maßnahmen, um die EU-

Förderprogramme für Kultur- und Kreativwirtschaft zu nutzen (Kap. 4). Sie werden ergänzt

durch zahlreiche Projekt-Beispiele aus den EU-Ländern, die zeigen, welche Modelle und

Herangehensweisen europaweit herangezogen werden, um die KKW für regionale

Entwicklung zu nutzen – bzw. umgekehrt, um die EU-Regionalförderprogramme für die KKW

zu mobilisieren. Obwohl darauf hingewiesen wird, dass der Leitfaden „sowohl auf kulturelle

Kernaktiväten als auch auf die Wirtschaftsbranchen abzielt“, liegt der Schwerpunkt – v. a.

was die Vorschläge für Maßnahmen betrifft – auf der Kultur- und Kreativwirtschaft. In den

Kernbereichen von Kunst und Kultur werden nur wenige Maßnahmen vorgeschlagen.

Stellenwert der Kultur- und Kreativwirtschaft in der Kohäsionspolitik 2014–2020

In der kommenden Periode 2014 bis 2020 wird sich die Kohäsionspolitik an der Strategie

„Europa 2020“ orientieren (intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum). Welche

Aktivitäten gefördert werden können, wird in den thematischen Zielen für alle GSR-Fonds8

und in den Investitionsprioritäten der drei Strukturfonds festgelegt; dafür liegen derzeit

5 Offene Koordinierungsmethode 6 http://www.creativeindustries.ee/omc 7 Schlussfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der

Mitgliedstaaten zum Arbeitsplan für Kultur 2011-2014 (2010/C 325/01) 8 übergeordnete Ziele, die aus den Europa 2020-Zielen abgeleitet sind und sich auf alle so genannten

GSR-Fonds beziehen: EFRE, ESF, Kohäsionsfonds, ELER und der neue Europäische Meeres- und

Fischereifonds EMFF (= alle Fonds, für die der Gemeinsame Strategische Rahmen, kurz GSR, gilt)

Strategieleitfaden der OKM-Arbeitsgruppe

11

Vorschläge vor. Diese Ziele (abgeleitet aus den Zielen von „Europa 2020“) sind weniger

detailliert als im auslaufenden Förderzeitraum. Kunst, Kultur und KW werden zwar nicht

explizit erwähnt, sind aber auch nicht ausgeschlossen: die Vorschläge „enthalten vermutlich

alle Bereiche, inklusive der Kultur“9. Die Kommission gibt in der Arbeitsunterlage

„Wesentliche Aspekte eines Gemeinsamen Strategischen Rahmens 2014 bis 2020“

Beispiele für konkrete Maßnahmen zur Förderung der KKW in der Regionalentwicklung:

- Cluster, Partnerschaften, Infrastrukturen für KKW und kreative Zentren

- Entwicklung von KMU in der KKW und „neue Tourismusformen“

- Sanierung der kulturellen Infrastruktur, integrierte Stadtentwicklungsprojekte

- Förderung interkultureller Aktivitäten (für soziale Integration)

- Förderung von kreativen Fähigkeiten und Kreativität

- IKT-Anwendungen

- Städtische und ländliche Erneuerung

Jeder Mitgliedstaat bzw. jede Region ist außerdem aufgefordert, eine eigene „Strategie für

intelligente Spezialisierung“ (Research and innovation strategies for smart specialisation,

RIS 3) zu entwickeln. Hier ist die Chance gegeben, die KKW ausdrücklich zu integrieren und

sie als Bestandteil der EU-geförderten Regionalentwicklung zu verankern.

Handlungsempfehlungen

Im vierten Kapitel werden zahlreiche Vorschläge für Maßnahmen gemacht (unterteilt in drei

Kategorien) und mit entsprechenden Beispielen ergänzt:

1. Schaffung von Voraussetzungen für die Kultur- und Kreativwirtschaft

1.1 Mappings & Studien

- Spezifische Eigenschaften, Stärken & Schwächen, Voraussetzungen, Entwicklungstrends

des Sektors erfassen

- Überblick über den Sektor schaffen (Volumen und Standort).

1.2 Strategische Allianzen, institutionelle Rahmenbedingungen

- Alle Akteure einbinden: Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Kunst & Kultur, um eine

integrierte Strategie zu schaffen, z. B.:

Arbeitsgruppen

Einrichtung einer speziellen Körperschaft

permanentes Netzwerk

NGOs

grenzübergreifende Zusammenarbeit & Austausch

speziell zugeschnittene Programme etc.

- Gemeinsame Finanzierung von Maßnahmen (z. B. Wirtschafts- und Kulturministerium)

1.3 Informationsdienstleistungen zur Aufklärung/Sensibilisierung

- Strategische und koordinierte Öffentlichkeitsarbeit:

9 Strategieleitfaden, S. 19

Strategieleitfaden der OKM-Arbeitsgruppe

12

Studienfahrten

Ergebnisse von Studien und Mappings verbreiten

Konferenzen und Workshops

„Good Practice“ kommunizieren

Websites und Newsletter

webbasierte Services für die KKW etc.

1.4 Strategien, politische Initiativen, Maßnahmen

- Geeignete politische Instrumente:

nationale, regionale und lokale Strategien und Entwicklungspläne

Aktionspläne

Förderprogramme

- zwei Alternativen: separate Politik vs. Integration der KKW in andere Politiken – können

auch komplementär eingesetzt werden.

2. Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft

- Grundlegend: KKW braucht Zugang zu vielen verschiedenen Services und

Unterstützungsmechanismen

- zunächst bestehende Unterstützungen ausbauen, damit KKW daran teilhaben kann; dazu

Kriterien an Bedürfnisse der KKW anpassen bzw. erweitern

2.1 Kapazitsätsaufbau

- Ist notwendig durch schnellen und starken Strukturwandel (technologische Entwicklung,

Digitalisierung, globaler Markt)

- auf allen Ebenen des Bildungssystems verstärkt Berufsausbildung und

Beratung/Coaching, v. a. für:

unternehmerische Fertigkeiten

Marketing

Projektmanagement

digitale Kompetenzen

Produkt- und Serviceentwicklung

Finanzierung

2.2 Physische Infrastruktur und Stadtsanierung (= Räume für kulturelles Schaffen)

- Räume für Arbeit, Experiment, Innovation, Netzwerk:

physisch & virtuell, temporär & permanent

- multidisziplinäre Umgebungen

- Alte Industrie-Infrastruktur als Innovations-/Kreativitätscluster

- Rolle der Kulturdenkmäler und kulturellen Einrichtungen für Ideen, Arbeit, Publikum

2.3 Gründerzentren

- ... für die KKW: Infrastruktur mit Fokus auf Qualität und Wachstum – dafür wird auch

Nicht-Vollauslastung in Kauf genommen!

- Spezifische KKW-Gründerzentren vs. Integration der KKW in „allgem.“ Gründerzentren

Strategieleitfaden der OKM-Arbeitsgruppe

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2.4 Zugang zu Finanzmitteln

- Zugang zu Finanzierung ist v. a. für KMU der KKW schwer, weil:

Grundlagen sind oft immaterielle Werte, geistiges Eigentum, das schwer in Zahlen

übersetzbar ist

Prototypen-Produktion statt Massenware

für Banken bisher nicht interessant

- Deshalb: Privatinvestitionen anregen, Private-Public-Partnerships etablieren

- Innovative Finanzinstrumente schaffen (Garantiemechanismen, Risikokapitalfonds,

Darlehen)

2.5 Netzwerke und Cluster

- KKW braucht Cluster, weil geprägt von Klein- und Mikrounternehmen, die in

wechselnden Teams an Projekten arbeiten

- Vielfalt innerhalb eines Netzwerkes/Clusters ist entscheidend, damit Wissensaustausch

und Kooperation stattfinden kann.

3. Förderung der Spillover-Effekte der Kultur- und Kreativwirtschaft auf Wirtschaft und

Gesellschaft

3.1 Innovation und Produktivität

- KKW mit anderen, auch traditionellen Branchen vernetzen, z. B. Sachgüterproduktion /

Industrie oder Handwerk

- Fachkräfte aus Kultur und KKW in die traditionellen Branchen holen

- Filmproduktionen ins Land holen

3.2 Tourismus und Branding

- Beitrag von Kultur und KKW zur regionalen Markenbildung (z. B. architektonische

Landmarks, Museen, Festivals)

3.3 Bildung und Lebenslanges Lernen

- Kunst, Kultur und KKW als Basis für Selbstentfaltung, Selbstbestimmung, Lebensqualität,

Gesundheit, Wohlbefinden etc.

- z. B. Kunst & Kultur im Gesundheits- und Pflegebereich

3.4 Umwelt

- Beitrag von Kunst, Kultur und KKW für vernachlässigte Gebiete

- Revitalisierung, Erholung und Erhalt vernachlässigter Gebiete

- umweltverträgliche Prozesse, Bewusstsein für Umwelt stärken

Nutzung der Strukturfonds für Kulturprojekte

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Nutzung der Strukturfonds für Kulturprojekte (Use of Structural Funds for Cultural Projects) Juli 2012

AutorInnen: KEA European Affairs: María Igleslias, Philippe Kern, Valentina Montalto

Auftraggeber: Europäisches Parlament, Ausschuss für Kultur und Bildung

Hintergrund und Zweck der Studie

Hintergrund der Studie ist jener „Bewusstseinswandel“, der zu einer gestiegenen

Aufmerksamkeit für Kultur und Kreativwirtschaft auf EU-Ebene geführt hat, vor allem im

Zusammenhang mit regionaler Entwicklung. Die Studie beleuchtet, welchen Stellenwert die

Kultur in der Kohäsionspolitik hat und welche Chancen demnach Kulturprojekte auf

Förderungen haben. Leader, weil aus dem ELER und damit aus der Agrarpolitik finanziert,

wird kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Die Studie skizziert, wie die Stellung der Kultur in

der Kohäsionspolitik (auf EU- und nationaler Ebene) verbessert werden könnte.

Der Fokus liegt etwas stärker auf dem wirtschaftlichen Aspekt, aber auch Kunst und Kultur

werden relativ umfassend einbezogen (die Fallstudien enthalten v. a. Unternehmertum,

Design, Produktinnovation, Digitale Medien, Mode, Videospiele/3D-Animation, daneben aber

auch Stadtsanierung mit kulturellem Ansatz, Digitalisierung von Kulturerbe, ein

Kunstzentrum, Kunst für Gesundheit und Radio für soziale Eingliederung).

Chancen und Hürden für die Kultur in den aktuellen Förderprogrammen

Die Studie fasst zusammen, welche Faktoren die Umsetzung von Kulturprojekten in der

aktuellen Periode beeinflussen: Die ausdrückliche, integrative Erwähnung von Kultur in den

EU-Dokumenten erleichtert den Zugang von Kulturprojekten zu SF-Förderungen wesentlich.

Daneben sind die Förderbedingungen (förderfähige Ausgaben, Kofinanzierung, Bürokratie)

für Kulturakteure und KMU der KW teilweise sehr schwer zu erfüllen, weil sie oft nicht über

ausreichend Finanzkraft und Verwaltungskapazitäten verfügen.

Auf regionaler Ebene sind die Operationellen Programme ausschlaggebend: ist Kultur hier

als Maßnahmenbereich oder sogar Priorität verankert, so steigen die Chancen auf

Finanzierung für Kulturprojekte deutlich an. Ob Kultur in den OPs eine Rolle spielt, hängt

wiederum davon ab, ob im Entwurfs- und Verhandlungsprozess KulturakteurInnen mit

einbezogen werden – was tatsächlich sehr selten der Fall ist. Zu Verhandlungen oder

Beratungen eingeladen werden nach dem vorgeschriebenen Grundsatz der Partnerschaft

(beinhaltet keinen Hinweis auf KulturakteurInnen) meistens Städte-/Regionen-

VertreterInnen, Gewerkschaften, Handelskammern, Universitäten, Arbeitnehmer-

/Arbeitgeber-Vereinigungen, manchmal auch Kirchen, etc. Die Chancen für Kultur und KW, in

die Regionalförderungen einbezogen zu werden hängen zusammengefasst von den

„Überzeugungskünsten“10 und der „Durchsetzungsstärke der nationalen/regionalen/lokalen

Kulturverwaltung“11 sowie von der allgemeinen Stellung der Kultur in einem Land/einer

Region ab. Durch die verstreuten Zuständigkeiten ist die Kohäsionspolitik außerdem

prinzipiell schwer zu durchschauen, was die ‚Einmischung’ (im Planungsprozess) und

10 S. 43 11 Nutzung der Strukturfonds für Kulturprojekte, S. 45

Nutzung der Strukturfonds für Kulturprojekte

15

Teilhabe (an den Förderungen) zusätzlich erschwert. Eine Lösung sind aktiv eingeleitete

Beteiligungsprozesse (z. B. Einholen von Projektvorschlägen von potentiellen

EmpfängerInnen in der Entwurfsphase der Programme) oder aktive Informationsarbeit zu

den Möglichkeiten der Regionalförderungen im Kultur- und Kreativsektor.

Kohäsionspolitik „neu“ 2014–2020 und die Stellung der Kultur

Ab 2014 wird es statt der bisherigen drei Ziele nur noch zwei geben: „Investitionen in

Wachstum und Beschäftigung“ (für 3 Regionstypen: weniger entwickelte, Übergangs- und

stärker entwickelte Regionen) und „Europäische Territoriale Zusammenarbeit“. Die drei

Kohäsionsleitlinien werden ersetzt durch elf thematische Prioritäten bzw. Ziele (abgeleitet

aus den Zielen von „EU 2020“).

Die Aussichten für Kultur sind in den neuen Vorschlägen vergleichsweise düster12: Kultur

kommt in den thematischen Prioritäten nicht vor und findet auch in den Verordnungen13

keine Erwähnung – mit einer Ausnahme: Kulturerbe in der EFRE-Verordnung. Kulturelle

Infrastruktur, Dienstleistungen und Angebote, wie sie in der Periode 2007–2013 bereits

stellenweise genannt werden, sind nicht mehr zu finden. In den Leitaktionen des

Arbeitsdokuments „Wesentliche Aspekte eines Gemeinsamen Strategischen Rahmens

(GSR)“ werden dagegen die KKW (Cluster & Kreativitätszentren und KMU der KKW), die

kulturelle Infrastruktur (Schutz und Erhalt des Kulturerbes, nachhaltige Stadtentwicklung

durch Sanierung der kult. Infrastruktur) und interkulturelle Aktivitäten (für soziale

Integration) genannt – allerdings werden diese Leitaktionen von vielen Seiten als zu konkret

kritisiert. Die Studien-AutorInnen nehmen an, dass das Dokument im Lauf der

Verhandlungen wesentlich vereinfacht und damit wieder allgemeiner wird.

Anschließend fasst die Studie die Stellung der Kultur in einer Reihe von thematischen

Prioritäten und den entsprechenden vorgeschlagenen Leitaktionen des GSR zusammen und

liefert Argumente und Belege (Projektbeispiele) für eine stärkere Berücksichtigung:

EU2020-

Ziel

Thematische Priorität und Stellung der Kultur in den jew. Leitaktionen

1. Stärkung von Forschung, technologischer Entwicklung und Innovation (FuI)

Immerhin werden unter den Leitaktionen zu dieser Priorität Kreativitätszentren/-

cluster und die KKW als „Quelle für externes Wissen“ genannt. Hier sollte aber

auch nichttechnologische und kultur-/kreativitätsbasierte Innovation

berücksichtigt werden, siehe EU2020-Leitinitiative „Innovationsunion“.

2. Verbesserung der Zugänglichkeit, Nutzug und Qualität der Informations- und

Kommunikationstechnologien (IKT)

Inte

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Neben den Infrastrukturen und Software sollten hier auch attraktive digitale und

digitalisierte Inhalte (Content) berücksichtigt werden, wie in der Mitteilung der

Kommission „Eine Digitale Agenda für Europa“ gefordert.

12 siehe Tabelle 11, S. 56 13 nicht untersucht werden hier die Verordnungen zu ELER und EMFF; allerdings bezieht sich der GSR

auf alle so genannten GSR-Fonds, das sind die SF (EFRE, ESF, KF) und die beiden Landwirtschaftsfonds

ELER und EMFF.

Nutzung der Strukturfonds für Kulturprojekte

16

Für den Zugang zu Finanzierung unter den Prioritäten 1 und 2 ist außerdem das

Vorliegen einer Strategie für Intelligente Spezialisierung im jew. Mitgliedstaat

Voraussetzung – im RIS 3-Leitfaden werden die KKW ausdrücklich erwähnt, hier

ist die Chance auf eine strategische Integration der KKW gegeben.

3. Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von KMU

Klein- und Kleinstunternehmen stellen den weitaus größten Anteil der KKW-

Branche. Für sie muss der Zugang zu Finanzierung verbessert werden, z. B. durch

Risikokapitalfonds oder Darlehen. Ihr Beitrag zur Attraktivität von Standorten

und zur Innovationsleistung wird im aktuellen Vorschlag ebenfalls zu wenig

gewürdigt.

4. Förderung der Bestrebungen zur Verringerung der CO2-Emissionen in allen

Branchen der Wirtschaft (CO2-arme Wirtschaft)

5. Förderung der Anpassung an den Klimawandel, Risikoprävention und -

management

6. Umweltschutz und Förderung der Ressourceneffizienz

Zu dieser Priorität findet sich derzeit der einzige Verweis in den Verordnungen

(Investitionsprioritäten) der Fonds, und zwar zum EFRE: Schutz, Förderung und

Erhalt des Kulturerbes. Die vorgeschlagenen Leitaktionen im GSR beinhalten

dementspr. Schutz und Erhalt des Kulturerbes und nachhaltige Stadtentwicklung

u. a. durch Sanierung der kulturellen Infrastruktur. Aber auch die Beiträge der

KKW zur Nachhaltigkeit durch ihren umweltfreundlichen Ansatz (intellektuelles

Kapital statt nicht erneuerbare Ressourcen, Suche nach nachhaltigen Alternativen,

Bewusstseinschaffung für Umwelt) sowie kulturelle Produktion und kulturelle

Vielfalt als Basis nachhaltiger Entwicklung sollten förderwürdig sein.

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7. Förderung der Nachhaltigkeit im Verkehr und Beseitigung von Engpässen in

wichtigen Netzinfrastrukturen (Verkehr und Infrastruktur)

8. Förderung von Beschäftigung und Unterstützung der Mobilität der

Arbeitskräfte

Die KKW werden hier nicht erwähnt, stellen aber einen beträchtlichen Anteil der

Arbeitsplätze in Europa. In einigen Städten und Regionen sind sie zur

wirtschaftlichen Triebfeder avanciert. Dieses Potential für Beschäftigung wird im

aktuellen Entwurf nicht ausgeschöpft.

9. Förderung der sozialen Eingliederung und Bekämpfung der Armut

Eine Leitaktion zu dieser Priorität umfasst interkulturelle Aktivitäten zur

Bekämpfung von Diskriminierung. Kultur kann aber ebenso zu interkulturellem

Dialog, Lösung von sozialen Problemen und damit zu sozialer Kohäsion beitragen.

10. Investitionen in Bildung, Kompetenzen und lebenslanges Lernen

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Kreativität und kreative Fähigkeiten werden in den Leitaktionen als Instrumente

zur Verringerung von Schulabbrüchen und zur Verbesserung des

Hochschulsystems genannt, es fehlt jedoch der Hinweis auf deren Beitrag zur

Innovationsfähigkeit für Arbeit und Produktentwicklung (siehe

„Schlussfolgerungen des Rates zu kulturellen und kreativen Kompetenzen und

ihrer Rolle beim Aufbau des intellektuellen Kapitals Europas“).

Nutzung der Strukturfonds für Kulturprojekte

17

11. Verbesserung der institutionellen Kapazitäten und Förderung einer effizienten

öffentlichen Verwaltung

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Der potentielle Beitrag der Kultur zur Modernisierung des öffentlichen Dienstes –

neue Finanzierungs- und Kommunikationsformen, kreative Innovationen für

Demokratie Gesundheit, öffentlicher Transport – wird nicht erwähnt.

Das Thema Europäische Territoriale Zusammenarbeit wird nach den Leitaktionen in einem

zweiten Anhang separat behandelt. Im Gegensatz zu den EU-Dokumenten und den

zahlreichen (grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen) Kulturprojekten

unter diesem Ziel in der aktuellen Periode (2007–2013) findet sich in diesem Abschnitt kein

Hinweis auf Kultur.

Im Vorschlag zur EFRE-Verordnung hat das Thema Entwicklung städtischer Gebiete eine

Aufwertung erfahren: zukünftig sollen die Mitgliedstaaten mindestens 5% der zugewiesenen

Mittel für integrierte, nachhaltige Stadtentwicklung investieren. Kultur oder die KKW werden

in diesem Zusammenhang nicht erwähnt, obwohl zahlreiche Beispiele der vergangenen Jahre

ihre wichtige Rolle bei diesem Thema belegen.

In folgenden Themenbereichen haben Kulturprojekte bisher zu den Zielen der

Kohäsionspolitik beigetragen (siehe Fallstudien und -beispiele in der Studie):

- Stadtsanierung & städtische Belebung

- Sanierung verlassener Industriegelände

- Bekämpfung von Arbeitslosigkeit in der Kultur- und Kreativwirtschaft

- Förderung der unternehmerischen Initiative

- Förderung von Innovation

- Verbesserung des Zugangs zu Finanzmitteln für KMU der KKW

- Einbeziehung von Kultur in politische Entscheidungsfindung

- Förderung von kreativen Talenten

- Stadt als Marke (city branding)

- Informations- und Erfahrungsaustausch zum gemeinsamen europaweiten Lernen

Handlungsempfehlungen auf EU-Ebene:

Kultur als thematische Priorität: Einführung einer neuen thematischen Priorität zu Kultur,

die Kulturerbe, Kunst und die KKW umfasst, sowie entsprechende Investitionsprioritäten in

die Grundlagen-Dokumente (GSR, Gemeinsame Bestimmungen, Fonds-VO)

Kreative Inhalte: Schaffung, Nutzung und Zugang fördern als Investitionspriorität in GSR,

Gemeinsamen Bestimmungen und EFRE-VO unter themat. Prio. 2 (IKT)

Förderung von kulturbasierten Kunstprojekten und Initiativen für Umweltschutz als

Leitaktion unter themat. Prio. 6 (Umwelt)

Nutzung der Strukturfonds für Kulturprojekte

18

Förderung der Kulturinfrastruktur: Aufbau, Erhalt und Ausbau als Investitionspriorität in

GSR und EFRE-VO unter themat. Prio. 6 (Umwelt)

Beitrag der Kultur zu Beschäftigung, sozialer Innovation und Integration:

- themat. Prio. 8 (Beschäftigung): Kunstvorhaben als Investitionspriorität in GSR und ESF-

VO, Förderung von Arbeitsplätzen in den KKW und kulturellen/kreativen Kompetenzen

in anderen Branchen als Leitaktion im GSR

- themat. Prio. 9 (soziale Integration): Hinweis auf Unterstützung sozialer Innovation

durch Kultur in ESF-VO, Kulturprojekte für soziale Integration als Investitionspriorität in

GSR und ESF-VO

- themat. Prio 10 (Bildung): Förderung von kulturellen Kompetenzen, die zur

nichttechnologischen und sozialen Innovation beitragen in GSR

Qualitative Auswirkungen von SF-geförderten Projekten bei Überwachung und Bewertung

berücksichtigen, wie z. B. sozialer Zusammenhalt, Attraktivität, Image etc.; für die OP

müssen Indikatoren für Input/Output/Resultat entworfen werden, hier sollten qualitative

Faktoren integriert werden

Handlungsempfehlungen auf EU- & nationaler / regionaler Ebene:

Breites Verständnis von Kultur und erweiterte Definition von Innovation: Beitrag der

Kultur zu den EU2020 Zielen sowie nichttechnologischen Innovationsbegriff anerkennen und

verankern in Grundlagen-Dokumenten: GSR, Gemeinsame Bestimmungen, Fonds-

Verordnungen und nationale/regionale/lokalen Entwicklungsstrategien ( STRAT.AT, OPs)

Partnerschaftsprinzip: Kulturakteure auf allen Ebenen (Vorbereitung, Verhandlungen,

Umsetzung, Überwachung, Bewertung) ausdrücklich einbeziehen; Verweis auf Kulturakteure

in den ECCP (European Code of Conduct for Partnership)

Bewusstseinsbildung für Wichtigkeit der Kultur für regionale Entwicklung, z. B. mittels:

Plattform zur Zusammenarbeit von Netzwerken wie ECIA, Eurocities, Culture Action Europe

mit dem Ausschuss der Regionen; nationale „Botschafter“ für Kultur in den SF; europäische

Kommunikationskampagne oder Veranstaltungsreihe; gezielte Veranstaltungen bei den Open

Days (Europ. Woche der Regionen und Städte)

Kapazitätsaufbau für nationale und lokale Kulturpolitik und -verwaltung (als Leitaktion im

GSR unter themat. Prio 11, Öffentliche Verwaltung), sowie für unabhängige Kulturakteure

(als Maßnahme in nationale/regionale Entwicklungsstrategien und OPs für potentielle

EmpfängerInnen) zu SF und zu den bürokratischen Themen Überwachung, Bewertung und

Indikatoren im Kulturbereich (Schulungen, Weiterbildungen)

Nutzung der Strukturfonds für Kulturprojekte

19

Handlungsempfehlungen auf nationaler / regionaler Ebene:

Verankerung der Kultur in den operationellen Programmen (national oder regional), inkl.

innovativer Finanzinstrumente für die KKW

Verankerung der Kultur in der Strategie für intelligente Spezialisierung (RIS 3); die RIS 3

sind lt. den dzt. Entwürfen eine ex-ante-Konditionalität für Finanzierung unter den themat.

Prio. 1 (FuI) und 2 (IKT)

EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland

20

EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland Juni 2012

AutorInnen: Deutschland: Cornelia Dümcke (Culture Concepts)

Spanien: Jordi Pascual (Open University of Catalonia)

Polen: Dorota Ilczuk and Małgorzata Nowak (Pro Cultura Foundation)

Auftraggeberin: Europäische Kommission, Generaldirektion Bildung und Kultur

Hintergrund und Zweck der EENC-Berichte

Die Vorschläge und Entwürfe zur Kohäsionspolitik 2014–2020 liefern zwar einzelne

Anhaltspunkte für Kultur und KW (Anm.: siehe dazu KEA, „Nutzung der SF für

Kulturprojekte“), aber diese Grundlage ist noch schwach. Die GD Bildung und Kultur hat

daher das European Expert Network on Culture (EENC) um ad-hoc Berichte gebeten, die

analysieren, wie Kultur und die KW zu lokaler und regionaler Entwicklung beitragen.

Insgesamt wurden 12 Länderberichte verfasst: Bulgarien, Frankreich, Deutschland,

Griechenland, Ungarn, Irland, Italien, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei und Spanien.

Davon werden hier drei zusammengefasst: Deutschland, Polen und Spanien. Die Ergebnisse

dieser Berichte (v. a. die Empfehlungen für eine bessere Verankerung der Kultur in der

kommenden Periode) sollen der GD Bildung und Kultur Argumentationsgrundlagen zur

Stärkung der Kultur in den Verhandlungen zur kommenden Förderperiode liefern.

EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland

21

SWOT-Analyse DEUTSCHLAND

Stärken

- Kultur und KW profitieren von den SF durch breit angelegte Ziele (thematischer Fokus:

regionale Attraktivität durch Kulturtourismus steigern)

- Stärkeres Bewusstsein für das wirtschaftliche und soziale Potential der KW

- SF-Investitionen haben Beschäftigungsfähigkeit, LLL und unternehmerische Fähigkeiten

gefördert und Innovationstätigkeit angeregt

- Kultursektor hat sich geöffnet für sektorübergreifende Kooperationen positive

Ausstrahlungseffekte für Stadtentwicklung, Wirtschaft, soziale Inklusion

- Bessere Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen für Kultur zuständigen Behörden

- SF-Kofinanzierung ermöglicht langfristige Planungssicherheit Kommunen (Finanzkrise)

- Grenzüberschreitende Projekte, die interkulturellen Dialog und kulturellen Austausch

fördern (v. a. in dem Bereichen Jugend und Schulen) werden hpts. von den SF ermöglicht

Schwächen

- Zu wenig Verständnis für die Rolle von Kultur und KW bei Programmverantwortlichen

- Zu geringer Stellenwert der Kultur in den regionalen politischen Strategien

- Viele Kulturprojekte werden nicht als solche erkannt

- Immer größere Schwierigkeiten, SF-Mittel für Kultur zu mobilisieren

- Fehlende EU-Kompetenzen bei AkteurInnen aus Kultur und KW, Hindernisse v. a. für

EinzelkünstlerInnen/KulturproduzentInnen, kleine Kulturorganisationen und KW-KMU

- Fehlende unternehmerische Kompetenzen bei AkteurInnen aus Kultur und KW

- Zum Teil geringer Organisationsgrad der Akteure aus Kultur und KW, daher schwache

Basis für die Durchführung von Programmen und Projekten

- Geringer Internationalisierungsgrad

Chancen

- Einbeziehen von Kultur in regionale & städtische Strategien und EU-Programme inkl. der

SF, um den Beitrag der Kultur zur regionalen Entwicklung zu nutzen

- Bedeutung der Kultur und der KW für regionale Entwicklung muss stärker nach außen

kommuniziert werden (außerhalb des Kultur-/KW-Sektors); dazu sollten weitere

Forschungen durchgeführt werden

- KulturakteurInnen sollten strategisch in die Erstellung und Durchführung von regionalen

Entwicklungsstrategien mit einbezogen werden

Risiken

- Den Interdependenzen zwischen dem öffentlich geförderten Kultursektor und der KW

wird in den Entwicklungsstrategien zu wenig Rechnung getragen

- Unausgeglichenheit zwischen „Leuchtturm-“ und kleinen Kulturprojekten

- Fallweise falsche Erwartungen bezüglich erreichbarer Besucherzahlen oder Rentabilität,

was zu Problemen bei den laufenden Kosten nach Abschluss des Projektes führt

- Eingeschränkte Verfügbarkeit nationaler Kofinanzierung

- KW: schwieriger Zugang zu Kapital und ineffektive Schulungs-Maßnahmen für

Beschäftigungsfähigkeit und unternehmerische Fähigkeiten

EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland

22

Handlungsempfehlungen DEUTSCHLAND (bez. auf Investitionsprioritäten aus der EFRE-VO)

Allgemeine Empfehlungen

- Ziele und Investitionsprioritäten unter den elf thematischen Prioritäten sollten Hinweise

auf Kultur enthalten, damit Behörden Kultur und KW in die nationalen strategischen

Rahmenpläne und die operationellen Programme aufnehmen können

- Ein Anteil des SF-Budgets sollte für Kultur und KW gesichert werden

- Programme entsprechend der regionalen Spezifika und Herausforderungen gestalten;

diese Flexibilität ist die Grundlage für kulturelle Vielfalt in der Regionalentwicklung. Sie

sollte durch das Prinzip der Mittelkonzentration nicht in Frage gestellt werden.

- Der Begriff „Innovation“ sollte immer auch soziale und kulturelle Innovation beinhalten.

Technologische und nichttechnologische Innovationen bedingen und ermöglichen

einander gegenseitig.

1. FuI: (b) FuI-Infastrukturen, Produkt- und DL-Entwicklung, Nachfrage-Stimulation ...

- Investitionen in das Innovationspotenzial von Kultur und KW

- Sektorübergreifende Zusammenarbeit

- Kooperationsmodelle zwischen Unternehmen und KünstlerInnen

- Künstlerische und soziale Innovationen nutzen für Raumplanung

2. IKT: (b) Entwicklung von IKT-Produkten und DL

- Mapping der IKT-Infrastruktur von Kulturorganisationen, um Bedarf zu erheben

- Entwicklung von IKT-Produkten mit kulturellen und kreativen Inhalten

- Digitaler Zugang zum Kulturerbe

- IKT-Unterstützung für intelligente Kulturtourismus-Produkte

- Trainings-Programme im ländlichen Raum zur Verbesserung der digitalen Kompetenzen

3. KMU: (a) Förderung des Unternehmertums

- Unternehmertum in Kultur und KW fördern

- Unterstützung für Start-ups (Plattformen, Netzwerke, Inkubatoren, Finanzinstrumente,

Kleinprojektefonds für Kleinstunternehmen)

- Initiative „Kultur- und Kreativwirtschaft“ der Bundesregierung und äquivalente regionale

Initiativen fördern

4. CO2-arme Wirtschaft: (c) Energieeffizienz in öffentlicher Infrastruktur

- Energieeffiziente Modernisierung und Renovierung öffentlicher Kulturinfrastruktur

- Kultur-Initiativen und -AktivistInnen unterstützen, die Bewusstseinarbeit zu

Energieeffizienz und Nachhaltigkeit leisten

- Bildungs-Programme und -Projekte zu Umweltschutz für Schulen entwickeln

5. Klimawandel: (b) Bewältigung von Risiken, Katastrophenschutz und -managementsysteme

- Konzepte zur Risikoprävention für Naturerbegebiete

- Management-Pläne für die 36 deutschen UNESCO-Welterbestätten

EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland

23

6. Umweltschutz: (c) Schutz, Förderung und Aufwertung des Kulturerbes

- Restauration von Kultur- und Naturerbe

- Regionale Konzepte, die auf Spezialisierung und Identitäts-Stiftung abzielen

- Integrierte Tourismus-Konzepte (Masterplan) entwickeln, dabei Kulturerbe und

zeitgenössische Kunst und Kultur verbinden

7. Beschäftigung: (a) Gründerzentren, Unternehmensgründungen

- Beschäftigungsfähigkeit der Akteure aus Kultur und KW verbessern

- Netzwerke, Inkubatoren, Co-Working Spaces für Kultur und KW

- Internationale Netzwerke und Mobilitäts-Programme für Kultur und KW

9. Integration: (a) Gesundheits- und soziale Infrastruktur, Verringerung der Ungleichheiten; (b)

Sanierung und Belebung benachteiligter Gebiete; (c) Unterstützung von Sozialunternehmen

- Alle genannte Investitionsprioritäten bieten viele Möglichkeiten, Kultur und KW in

Regionalentwicklungsstrategien zu integrieren

- Unterstützungs-Strategien für Sozialunternehmen

- Kommunikation der Rolle von Sozialunternehmen für Regionen und Städte

- Kunst, Kultur- und Bildungseinrichtungen in abgelegenen und benachteiligten Gebieten

für Inklusion fördern, Bottom-up Initiativen unterstützen

- Rolle von Sozialunternehmen für Regionalentwicklung erfassen

10. Bildung (a) Bildung, Kompetenzen, LLL

- Investitionen in Bildungs- und Kultureinrichtungen (D-Strategie „Kulturelle Bildung“)

- Bildungskonzepte anpassen (Karriere-Training, Berufs-Orientierung, Unternehmertum)

11. Öffentliche Verwaltung (Kapazitätsaufbau)

- Beobachtungs-Systeme für kulturbasierte Regionalentwicklung

- Forschung zur Nutzung der SF für Kultur (vgl. Ö)

- Schulung der öffentlichen Verwaltung zu SF-Programmen

- Initiativen und Arbeitsgruppen weiter unterstützen (Initiative „Kultur- und

Kreativwirtschaft“ der Bundesregierung, Ad-hoc Arbeitsgruppe „Kreativwirtschaft“ der

Länder, Ad-hoc Arbeitsgruppe „Kultur und EU-SF“ der Länder, interministerielle

Zusammenarbeit)

EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland

24

SWOT-Analyse SPANIEN

Stärken

- Dichtes kulturelles Gefüge, wichtigste Kulturerbestätten in gutem Zustand

- Dynamische Entwicklung der KMU in den KKW, gute unternehmerische Kompetenzen

- Spezialisierte Behörden (Analyse des Kultursektors, Förderung der KW)

- Neue, zukunftsträchtige Netzwerke und Initiativen entstehen

Schwächen

- Altmodische Sichtweise von Kultur: Staatsaufgabe, isoliert von anderen

Politikbereichen, keine Partizipation der Zivilgesellschaft, kaum Förderung für

zeitgenössische Kunst, kaum Aufmerksamkeit für Governance und Nachhaltigkeit

- Zu viele SF-Mittel für Kultur gehen in Infrastrukturen; Immobilien-Blase hat zu Bau-

Boom von kultureller Infrastruktur geführt – viele davon werden gar nicht eröffnen,

andere werden die laufenden Kosten nicht decken können

- Zu wenig Koordination und Austausch zwischen den Regionen; Gemeinde-/Regionen-

Bund ignoriert Kultur für regionale Entwicklung

- Ausbildungen in Kulturmanagement sind meist zu theoretisch

- Zu geringe Internationalisierung von Kultur und KW

- Unternehmen erkennen kulturbasierte Kreativität noch nicht als Innovations-

/Erfolgsfaktor einer postindustriellen Wirtschaft an

- Erfolgsindikator für die Regionalprogramme im Bereich Kultur bezieht sich nur auf

Kulturerbe: Zunahme der Anzahl denkmalgeschützter Kulturgüter pro Einwohner

- Zu viele kleine Projekte führen zu hohen Ausgaben für Administration

Risiken

- Starke Kürzungen im Kulturbereich in Folge der Finanzkrise (Kulturbudget -15%)

- Kulturelle Planungsprozesse finden isoliert statt (keine Verknüpfung zwischen

Politikbereichen oder Regionen)

- Öfftl. Debatte, ob Kultur ein Bürgerrecht ist und öffentlich gefördert werden soll

- Zugang zu Kulturgütern fehlt in manchen Randgebieten

- Nationales Reform-Programm schließt kulturbasierte Entwicklung nicht ein

Chancen

- Neue Partnerschaftsvereinbarung (2014–2020) kann zu einem Paradigmenwechsel

führen: von einem altmodischen Kultur-Begriff zu Kultur als Schlüsselfaktor für

nachhaltige Entwicklung

- Studie zur Nutzung der SF für Kultur sollte beauftragt werden (siehe Ö, FIN)

- Kulturprogramme könnten 2014–2020 die SF gut nutzen, weil der GSR viele

Ansatzpunkte enthält (Anm.: KEA-Studie nimmt an dass der derzeitige Entwurf für

den GSR noch wesentlich abgeschwächt wird)

- RIS 3-Strategien bieten ebf. guten Ansatzpunkt für Kultur und KW

- Die Finanzkrise hat dazu geführt, dass die KulturakteurInnen nach neuen innovativen

Lösungen suchen

EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland

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Handlungsempfehlungen SPANIEN (bezogen auf Investitionsprioritäten aus der EFRE-VO)

Allgemein

- Bessere Mapping-, Bewertungs- und Evaluierungs-Mechanismen

- Übergang von Institutionalisierung zu gemeindenahen/bürgernahen DL

- Passende Ebene für Interventionen (lokal, regional, multi-regional, national)

- Übergang von übermäßigen Investitionen in Kulturerbe zu Unterstützung für

kulturelle/kreative Unternehmen

1. FuI (b) FuI-Infastrukturen, Produkt- und DL-Entwicklung, Nachfrage-Stimulation ...

- RIS 3 für KKW nutzen

- Interministerielle Arbeitsgruppe (Finanzen, Kultur, Industrie, regionale Regierungen)

- Mapping der KKW

- Neue Cluster und Netzwerke in den KKW

- Produkt- und DL-Entwicklung in den KKW

- (Pilot-)Projekte zu Sozialer Innovation, angeleitet durch kreative Sektoren

- Offene Innovationsprozesse, angeleitet durch kreative Methoden

2. IKT (b) IKT-Produkte und DL

- IKT-Produkte mit kulturellem / kreativen Inhalt

- Schulungen für digitale Kompetenzen („E-Inklusion“)

3. KMU (a) Unternehmertum fördern

- Mehr überregionale Kooperation zu diesem Thema

- Finanzinstrumente für Start-ups

- Creative Credits-Programm (vgl. geplanter Kreativ-Scheck in Ö): Gutscheinsystem zum

Zukaufen von Kreativ-Leistungen

- Unternehmertum in (Aus-)Bildungseinrichtungen fördern

- Netzwerke und Gemeinschaften in einzelnen Branchen der KKW fördern

4. CO2-arme Wirtschaft (c) Energieeffizienz in öffentlicher Infrastruktur

- Mapping: kulturelle Infrastrukturen, die sich für Energieeffizienz und Nachhaltigkeit

engagieren, Toolkit für Selbstevaluation (vgl. Julie’s Bicycle)

- Plan zur Verbesserung der Energieeffizienz kultureller Infrastrukturen

6. Umwelt (c) Schutz, Förderung, Aufwertung des Kulturerbes

- Verpflichtender „cultural impact assessment plan“ im Vorfeld jedes Projektes,

Nutzung der Infrastrukturen (egal ob neu oder umgenutzt) muss immer ein Prozess

sozialer Innovation sein

- Mapping der Kulturvermittlungsprogramme von Museen, Kulturzentren, Festivals

- Maximalen Anteil an EFRE-Mittel festlegen, der in Infrastrukturen gehen darf

- Minimales Projektbudget festlegen, um nicht zu kleine Projekte zu finanzieren

- Kulturelle Infrastruktur-Projekte müssen einen zeitgenössischen Anteil haben

EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland

26

8. Beschäftigung (a) Gründerzentren und Unternehmensgründungen

- Mapping der Gründerzentren, die kulturelle und kreative Projekte umfassen

- KW-Gründerzentren, Unterstützung und Coaching für KKW

- Sprachunterricht zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit

- Schulung für Arbeitslose, die sich in den KKW selbständig machen wollen

- Kulturelle, kreative und interkulturelle Kompetenzen in die Bildungssysteme (formal,

nicht-formal und informell)

9. Integration (a) Gesundheits- und soziale Infrastrukturen, Verringerung der Ungleichheiten

- Mapping der regionalen Entwicklungs-Programme, Stellenwert der Kultur darin

- Sicherstellen, dass alle EFRE-geförderten Entwicklungsstrategien Kultur einschließen

- Bewusstseinsbildung zur Bekämpfung von Diskriminierung, interkultureller Dialog

- Mapping der Projekte die aktive Partizipation der BürgerInnen fördern

- Entwicklung einer Strategie, um Zugang zu Kultur für alle zu ermöglichen, auch für

AnnwohnerInnen benachteiligter Gebiete

(b) Sanierung und Belebung benachteiligter Gebiete

- Sicherstellen, dass alle Sanierungs- und Belebungs-Programme Kultur einschließen

- Mapping von erfolgreichen Belebungs-Prozessen, die Kultur umfassen

(c) Sozialunternehmen

- Sozialunternehmen im Bereich Kultur unterstützten, v. a. in Städten

10. Bildung (a) Bildung, Kompetenzen, Lebenslanges Lernen

- Plattform für Hochschulen und (Aus-)Bildungs-Einrichtungen zum Thema Kultur und

Entwicklung

- Neue Lehr-/Studienpläne, die Kunst, Kultur und die KW mit regionaler Entwicklung

und Internationalisierung verknüpfen

- Bildungs- und Weiterbildungseinrichtungen für Kreative

11. Öffentliche Verwaltung: institutionelle Kapazitäten und Effizienz verbessern

- Tiefgehende Erforschung der Nutzung der SF für Kulturprojekte 2007–2013

(vgl. Ö, FIN)

EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland

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SWOT-Analyse POLEN

Stärken

- Kulturelle Vielfalt, Kulturerbe von Weltrang

- Hohes Niveau in künstlerischer Ausbildung und Kulturinstitutionen

- Gute Ausschöpfung der EU-Fonds

- Strategische regionale Entwicklungspläne

Schwächen

- Keine kohärente Kulturpolitik auf nationaler und regionaler Ebene

- Große Unterschiede zwischen den Regionen was Kulturausgaben pro Kopf betrifft

- Unklare rechtliche Situation von Immobilien

- Kein öffentliches Bewusstsein für das sozio-ökonomische Potenzial von Kultur und

KW

- Kaum oder keine Förderung von kulturellen und kreativen Kompetenzen im

Bildungssystem

- Wenig Digitalisierung im Kulturbereich

- Fehlende Infrastrukturen für Kulturinstitutionen und künstlerische

Bildungseinrichtungen

- Fehlende Infrastruktur für Monitoring und Forschung zu KW

- Schwieriger Zugang der KW zu Finanzierung

- Fehlendes Netzwerk zwischen Stakeholdern (Politik, Kulturakteure, Unternehmen

etc.)

Chancen

- Polen ist bislang von der Finanzkrise relativ unberührt

- Jugend interessiert sich vermehrt für künstlerische Ausbildungen, NGOs nehmen

vermehrt am Kulturleben teil

- KW-Sektor entwickelt sich, Digitalisierung schreitet voran

- Bedarf an Monitoring und Forschung zur KW wurde erkannt

- Investition in Humankapital, v. a. kulturelle Kompetenzen im Zeitalter der

Globalisierung und Digitalisierung

Risiken

- Einseitig wirtschaftliche Ausrichtung, Soziales und Kultur werden vernachlässigt

- Abnehmende kulturelle Partizipation

- Voranschreitender Verfall von Sehenswürdigkeiten und kultureller Infrastruktur

- Kein Bewusstsein für Notwendigkeit von Clustern, Plattformen, Netzwerken etc.

- Fehlender Rechtsrahmen für Public-Private-Partnerships in Kulturbereich und KW

EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland

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Handlungsempfehlungen POLEN

In der offizielle Stellungnahme Polens zu den Vorschlägen der Kommission werden folgende

Ergänzungen vorgeschlagen:

- Erhalt des Kulturerbes als Beitrag zur Verbesserung der Wohnsituation und zur

Steigerung der Attraktivität für den Tourismus

- Kulturelle Infrastruktur (Kulturinstitutionen und künstlerische

Ausbildungseinrichtungen): sowohl neue Gebäude als auch Sanierung/Modernisierung

bestehender Infrastrukturen, um die kulturellen Kompetenzen der KonsumentInnen zu

verbessern und Investitionen in Humankapital zu gewährleisten

- Digitalisierung von kulturellen Gütern zum Erhalt und zur Verbreitung von Kulturerbe

via Internet

Zusätzlich schlagen die Studienautorinnen vor:

- Infrastrukturen für Monitoring und Forschung zum Kreativsektor auf nationalem und

regionalem Level schaffen

Guide to Research and Innovation Strategies for Smart Specialsation (RIS 3)

29

Guide to Research and Innovation Strategies for Smart Specialisations (RIS 3) Mai 2012

AutorInnen: Dominique Foray, John Goddard, Xabier Goenaga Beldarrain, Mikel Landabaso,

Philip McCann, Kevin Morgan, Claire Nauwelaers, Raquel Ortega-Argilés (RIS 3-

Plattform)

Auftraggeber: Europäische Kommission, Generaldirektion Regionalpolitik und

Stadtentwicklung

Hintergrund des RIS 3-Guides

Im Zentrum von Europa 2020 (intelligentes, nachhaltiges und inklusives Wachstum) steht die

verstärkte Investition in Forschung, Innovation und Unternehmertum. Dazu ist eine

umfassende europäische Innovationsstrategie notwendig (siehe Mitteilungen der EK:

Innovationsunion, Digitale Agenda für Europa, Regionalpolitik als Beitrag zu intelligentem

Wachstum im Rahmen der Strategie Europa 2020). Um die SF-Mittel effizienter für

Investitionen in Forschung und Innovation (FuI) einzusetzen, hat die EK die Mitgliedstaaten

mit der Erarbeitung von regionalen Innovationsstrategien für intelligente Spezialisierung

(RIS 3) beauftragt. Eine solche Strategie ist in den dzt. Vorschlägen für die Kohäsionspolitik

2014–2020 eine verpflichtende Voraussetzung (ex-ante Konditionalität) für Finanzierung

unter den thematischen Zielen/Prioritäten 1 (FuI) und 2 (IKT)14.

Zweck des RIS 3-Guides

Der Guide ist eine methodische Anleitung für politische EntscheidungsträgerInnen und

Verwaltungsbehörden zur Vorbereitung, Gestaltung und Umsetzung von RIS 3.

Was sind RIS 3 – Research and Innovation Strategies for Smart Specialisation

Integrierte, standortbezogene Forschungs- und Innovationsstrategien für intelligente

Spezialisierung. Die fünf Ziele der RIS 3:

1. Ausrichtung von Unterstützungs- und Investitionsmaßnahmen auf

nationale/regionale Prioritäten, Herausforderungen und Bedürfnisse

2. Aufbauen auf spezifische Stärken, Wettbewerbsvorteile und Leistungspotenziale

3. Unterstützung der technologischen und praxisbasierten Innovation, Anreiz für

Investitionen des Privatsektors

4. Einbeziehen aller Interessensvertreter (inklusiver Ansatz)

5. Aufbauen auf Belegen (evidenzbasiert, beleggestützt) und Überwachungs- und

Auswertungssysteme einrichten

14 sowie für die Priorität 1 des ELER (Wissenstransfer und Innovation in der Land- und Forstwirtschaft)

Guide to Research and Innovation Strategies for Smart Specialsation (RIS 3)

30

Handlungsempfehlungen

Der RIS 3-Guide enthält ein eigenes Kapitel zu „Cultural and Creative Industries“. Er schlägt

folgende Vorgangsweise zur Erarbeitung von RIS 3 unter Einbindung der KKW vor:

1. Mapping der regionalen Stärken (unter Berücksichtigung der Entwicklungsstufe der

regionalen KKW)

a. Identifizieren von Spezialisierungsmustern durch Mapping der KKW (qualitativ

und quantitativ)

b. Identifizieren von optimalen Bedingungen für die KKW („kreatives Ökosystem“)

c. Identifizieren von MultiplikatorInnen: Schlüsselpersonen und federführende

Organisationen, die potentielle PartnerInnen sein könnten

d. Eingehendere Erforschung des Sektors: statistischen Daten sammeln, qualitative

Befragungen durchführen

e. Durchführung von Leistungsvergleichen (Benchmarking) der regionalen KKW im

Vergleich mit anderen EU-Regionen

2. Beteiligung aller AkteurInnen aus Kultur, Verwaltung und Politik (inklusiver Ansatz)

a. Partnerschaften zwischen nationalen und regionalen Behörden entwickeln (in den

Bereichen Wirtschaft, Beschäftigung, Hochschulen, Kultur etc.)

b. Partnerschaften mit dem Privatsektor über Plattformen, Netzwerke, Cluster

c. Transnationale Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch fördern (bei KMU,

Behörden)

3. Strategischer und inklusiver Ansatz bei Investitionen und Nutzung von finanziellen

Ressourcen

a. EU-geförderte Programme den Bedürfnissen der KKW anpassen: Strukturfonds-

Programme, Kreatives Europa, COSME (Wettbewerbsfähigkeit für KMU),

Horizont2020 (FuI), Europäische Allianz der KKW, nationale/regionale Programme

der KKW

b. Innovative Finanzinstrumente entwickeln (Aktien-, Garantie-Fonds; siehe auch

Kreatives Europa)

c. Verbindungen zwischen KKW und regionaler/ländlicher/städtischer Entwicklung,

territoriale Zusammenarbeit, Kulturerbe, Tourismus nutzen

d. Investitionen in ...

i. Kulturerbe (Schutz, Aufwertung, Entwicklung siehe Investitionspriorität

6c des EFRE)

ii. IKT (auch IKT-basierte kulturelle Produkte)

iii. Stärkung des Unternehmertums in KKW

iv. Stadterneuerung mit Hilfe von Kultur

v. Neue Geschäftsmodelle für KMU der KKW

... dabei Ausgewogenheit von harten (Infrastrukturen wie Inkubatoren, Cluster,

Netzwerke etc.) und weichen Standortfaktoren (Humankapital) berücksichtigen.

Commission Staff Working Document: European High-end Industries

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Commission Staff Working Document: Competitiveness of the European High-End Industries [SWD(2012) 286 final] 26.9.2012

Autorin: Europäische Kommission

Hintergrund des Arbeitsdokumentes

Die Luxusgüterindustrie ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Europas (Europa hält

70% des Weltmarktes, 10% der europäischen Exporte, Wachstumsraten über 10% in 2010 und

2011); er fördert – trotz starker Präsenz von multinationalen und großen Unternehmen –

wesentlich die lokalen Wirtschaften, KMU, kleine Manufakturen und (Kunst-)

HandwerkerInnen in Europa, verknüpft technologische mit nichttechnologischer

(künstlerischer, ästhetischer, Nutzer-getriebener) Innovation und verbreitet Europas Kultur

und Kulturerbe.

Zweck des Arbeitsdokumentes

Das Arbeitsdokument fasst zusammen, welche Hürden für die zukünftige Entwicklung der

Luxusgüterindustrie in Angriff genommen werden müssen.

Die Luxusgüterindustrie

Luxusgüter sind Markenwaren im Hochpreissegment, die Status vermitteln: Mode, Schmuck,

Uhren, Parfum, Kosmetik, Accessoires, Lederwaren, Möbel / Einrichtung und

Haushaltswaren. Im weiteren Sinne umfassen sie auch: Gastronomie, Wein, Spirituosen,

Autos, Boote, Hotels, Freizeitaktivitäten, Einzelhandel, Auktionshäuser und Verlagswesen.

Handlungsempfehlungen

1. Die kreativen Anstrengungen der Luxusgüterindustrie schützen und Wachstum im

digitalen Markt ermöglichen

a. Schutz des geistigen Eigentums, Durchsetzung der Urheberrechte um

Fälschungen und Raubkopien einzudämmen

b. Bewusstsein der Konsumenten bzgl. Fälschungen und Raubkopien stärken

c. EU-weite Kampagne, die sich an Konsumenten richtet und die Schädlichkeit

von Fälschungen hervorhebt

d. Selektive Distribution ermöglichen, v. a. für Marken mit weniger Marktmacht

e. Besserer Markenschutz im Online-Bereich

f. Besserer Daten-Schutz für Konsumenten

g. Harmonisierung unfairer Handelspraktiken im Online-Bereich

h. Rechtliche Sicherheit und Vertrauensbasis für den Online-Bereich herstellen

(Siehe COM(2011) 942)

i. Dialog zwischen Stakeholdern und Selbstregulierungsmechanismen anregen

j. Bewusstsein für Bedürfnisse der Luxusgüterindustrie bei Behörden stärken,

Zollbehörden schulen

Commission Staff Working Document: European High-end Industries

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2. Export-Wachstum sicherstellen

a. Freien Marktzugang ermöglichen: Export-Hindernisse (Zölle,

Einfuhrbeschränkungen etc.) in Drittländern verringern

b. Harmonisierung von Einfuhr-Bestimmungen

c. Dialog mit SchlüsselpartnerInnen: derzeit China, Brasilien und Russland;

zukünftig auch: Indien, USA, Türkei, Japan

d. Versorgung mit wichtigen, hochwertigen Rohstoffen sicherstellen

3. Positive Ausstrahlungseffekte (Spill-overs) auf andere Sektoren, z. B. Tourismus,

nutzen

Luxusgüterindustrie trägt bei zu ...

a. Museenlandschaft: Luxusgüter finden sich in Museen, die viele Besucher

anlocken

b. Bildung: Europäische Marken investieren in Nachwuchs (Preise, Stipendien)

c. Architektur: Renovierung von historischen Gebäuden bzw. Bau neuer Gebäude

als Hauptquartiere und Flagship-Stores

d. Tourismus: 50% aller persönlichen Luxusprodukte werden von Touristen

gekauft

i. spezielle Packages anbieten, die Shopping mit Museen, Ausstellungen,

Ausflügen zu traditionellen Handwerks-Betrieben verbinden

ii. „Mode-Tourismus“-Produkte vermarkten

iii. Visa-Bestimmungen für TouristInnen aus Drittländern verbessern

Commission Staff Working Document: European Fashion Industries

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Commission Staff Working Document: Policy Options for the Competitiveness of the European Fashion Industries „Where Manufacturing meets Creativity“ [SWD(2012) 284 final] 26.9.2012

AutorIn: Europäische Kommission

Hintergrund des Arbeitsdokuments

Die Modeindustrie Europas zählt 850.000 Betriebe, 2 Mio. Arbeitsplätze in der Herstellung

und weitere 3 Mio. Arbeitsplätze in den anderen Teilen der Wertschöpfungskette (Design,

Marketing, Distribution, Handel). Sie hat in den letzten Jahrzehnten einen starken

Strukturwandel durchlaufen: Abwanderung der Produktionen in Niedriglohn-Standorte,

zugleich Schaffung von mehr Arbeitsplätzen im Bereich Distribution. Im globalen

Wettbewerb kann die europäische Mode-Industrie nicht mehr auf der Preis-Basis mithalten,

sondern nur über einen höheren Mehrwert ihrer Produkte. Dazu muss sich die Branche

stärker auf Wissen und Innovationen ausrichten – auch auf Grund der Finanzkrise.

Zweck des Arbeitsdokuments

Das Arbeitsdokument fasst zusammen, welche Hürden für die zukünftige Entwicklung der

Modeindustrie in Angriff genommen werden müssen.

Handlungsempfehlungen

1. Investitionen in Wissen, Kompetenzen, Kreativität und Innovation

a. Investitionen in Humankapital und Kompetenzen

i. Schutz und Förderung von traditionellem Wissen und Kompetenzen

(Traditionelle Fähigkeiten und Handwerkstechniken), Förderung von

modernen Kompetenzen und Unternehmertum in KMU

ii. Engere Zusammenarbeit zwischen Industrie und Bildungssystem (z. B.

Europ. Qualifikationsräte/European Sectoral Skills Council etc.)

iii. Kooperation zwischen Industrie und (Berufs-)Bildungssystem, zwischen

Unternehmen und Hochschulen (Wissensallianzen, werden dzt. getestet)

iv. Image des Sektors verbessern, Chancen kommunizieren um Nachwuchs zu

fördern

v. Zusammenarbeit zwischen DesignerInnen und WissenschaftlerInnen/

TechnikerInnen (Horizont 2020)

b. Kreativität und Innovationen für neue Geschäftsmodelle fördern

i. Im Rahmen von COSME (Wettbewerbsfähigkeit von KMU) neue

Geschäftsmodelle und die kommerzielle Nutzung kreativer Ideen fördern

ii. Forschung und Innovation zu Bedürfnissen der KonsumentInnen

iii. Forschung und technologische Innovation (Nano-Materialien, Smarte

Textilien etc.)

iv. Zusammenarbeit zwischen DesignerInnen und WissenschaftlerInnen/

Material-TechnikerInnen (Horizont 2020)

v. Verstärke transnationale Kooperation, um fragmentierte Märkte zu

Commission Staff Working Document: European Fashion Industries

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verbinden (Zw. verschiedenen AkteurInnen der Wertschöpfungskette,

Qualifikationen und Mobilität der Arbeitskräfte verbessern, kreative Ideen

austauschen, Kooperationen zw. Industrie und Forschung etc.)

vi. Nutzung von digitalen Medien und Distributionskanälen für Marketing

und Produktentwicklung unterstützen (Projekt eBIZ), auch Nutzer-

generierte Innovationen

vii. Marktorientierte Unterstützungs- und Coaching-Angebote für SME und

HandwerkerInnen (Pilotprojekt WORTH), um FuI und deren kommerzielle

Nutzung zu verbessern

viii. Erfahrungsaustausch zwischen nationalen Behörden zur Nutzung der SF

für die KKW

ix. EU-Programme für FuI vereinfachen, um Zugang für KMU zu ermöglichen

2. Kreative Anstrengungen der Mode-Unternehmen schützen und zugleich den digitalen

Markt fördern

a. Schutz von geistigem Eigentum/Urheberrechte in bilateralen Handels-Verträgen

verankern

b. Nationale Behörden (Marktüberwachung, Justiz etc.) zu Modeindustrie schulen

c. Bewusstsein der KonsumentInnen bzgl. der Schädlichkeit von Fälschungen

verbessern (EU-weite Kampagne)

d. COPIS (anti-counterfeit anti-piracy information system) für Zollbehörden wird

entwickelt

e. Digitalen Binnenmarkt für Mode schaffen, dazu Marken/Unternehmen und

Konsumenten im Online-Bereich besser schützen (KOM(2011) 942)

f. Online-Tool für KMU zur Wahrnehmung ihrer Rechte an geistigem Eigentum

g. Evtl. Bildung einer ad hoc „Fashion Group“

h. Dialog mit Drittländern zum Schutz des geistigen Eigentums (Brasilien, Russland,

Indien, China; zukünftig auch Euromed, Türkei)

3. Gleiche Wettbewerbsbedingungen für den internationalen Handel sicherstellen

a. Dialog mit Drittländern zu Handelsbarrieren und Einfuhrbestimmungen

(Brasilien, Russland, China; zukünftig auch USA, Indien, Türkei, Japan)

b. Market Access Teams in Drittländern zur Unterstützung von KMU

c. Prüfen der Risikoteilung von Exportkreditversicherungen für KMU

d. EU-China Informations-Plattform zu Standardisierung auf Mode ausweiten

e. Mapping von bestehenden Unterstützungsmechanismen in Drittländern für KMU

im Bereich Mode

f. Versorgung mit wichtigen, hochwertigen Rohstoffen zu leistbaren Preisen

sicherstellen (wo möglich, WTO+ Klauseln in Freihandelsabkommen)

g. Entwicklung von nachhaltigen, recycling-fähigen Materialien

h. Förderung natürlicher Rohstoffe aus der EU (z. B. Flachs, Hanf, Holz-Fasern), um

Abhängigkeit von Drittländern zu verringern

Commission Staff Working Document: European Fashion Industries

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4. Rahmenbedingungen für das nachhaltige Wachstum der Mode-Industrie herstellen

a. Zugang zu Finanzmitteln für KMU verbessern (COSME, Horizont 2020)

b. Evtl. Darlehen-/Garantiefonds für Modeindustrie

c. Zugang der KMU zu nationalen Förderungen sicherstellen

d. Evtl. EU-weite Kennzeichnung für Lederprodukte

e. Selektive Distribution ermöglichen, dabei „Trittbrettfahren“ verhindern

f. Call for Proposals für eine EU-weite CSR (Corporate Social Responsibility)-

Plattform

g. Mode in den RIS 3 berücksichtigen und damit in die Regionalförderungen bringen

h. Mode-Tourismus-Produkte schaffen und europaweit vermarkten: Mode,

Handwerk, Kultur und Tourismus verbinden (Mode-Museen, Fabriken,

Ausstellungen, Messen, Mode Wochen und Shopping-Viertel)

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Weblinks

- Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den europäischen

Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Die Kultur- und

Kreativwirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in der EU unterstützen

[COM(2012) 537 final]

http://ec.europa.eu/culture/our-policy-development/documents/com537_de.pdf

- Strategieleitfaden: Strategische Nutzung der EU-Stützungsprogramme, einschließlich der

Strukturfonds, zur Förderung des Kulturpotenzials für die lokale, regionale und nationale

Entwicklung und der Auswirkungen auf die allgemeine Wirtschaft (OKM-Arbeitsgruppe)

http://ec.europa.eu/culture/our-policy-development/documents/policy-handbook_de.pdf

- Nutzung der Strukturfonds für Kulturprojekte (KEA)

http://www.europarl.europa.eu/committees/de/cult/studiesdownload.html?languageDoc

ument=DE&file=75929

- EENC ad-hoc papers: Culture and the Structural Funds in Germany / Spain / Poland

http://www.eenc.info/news/culture-and-the-structural-funds-in-germany-italy-poland-

and-spain/

- Guide to Research and Innovation Strategies for Smart Specialisations (RIS 3)

http://s3platform.jrc.ec.europa.eu/s3pguide

- Commission Staff Working Document: Competitiveness of the European High-end

Industries [SWD(2012) 286 final]

http://ec.europa.eu/enterprise/newsroom/cf/itemdetail.cfm?item_id=6244

- Commission Staff Working Document: Policy Options for the Competitiveness of the

European Fashion Industries „Where Manufacturing Meets Creativity“ [SWD(2012) 284

final]

http://ec.europa.eu/enterprise/newsroom/cf/itemdetail.cfm?item_id=6244