Resultativa in den nordslavischen und baltischen Sprachen (Bestands-aufnahme unter arealen und...

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Björn Wiemer Markus Giger Resultativa in den nordslavischen und baltischen Sprachen (areale und grammatikalisierungstheoretische Gesichtspunkte) München, Newcastle LINCOM Europa 2005

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Björn Wiemer Markus Giger

Resultativa in den nordslavischen und baltischen Sprachen

(areale und grammatikalisierungstheoretische Gesichtspunkte)

München, Newcastle LINCOM Europa

2005

Resultativa in den nordslavischen und baltischen Sprachen

(areale und grammatikalisierungstheoretische Gesichtspunkte) Abstract: The monograph gives a systematic survey of resultative constructions, as they are understood in the Typology of Resultative Constructions (1988, ed. by V.P. Nedjalkov), in all Northern Slavic and Baltic languages. The relevant grammatical phenomena are assessed critically on a typological background and from the viewpoints of (i) morphological and diathesis types, (ii) aspectual and discourse behavior, (iii) the diachronic development, (iv) the lexical input, its restrictions and expansion, (v) other issues related to questions of grammaticalization (inter alia, the relation of the resultative to the perfect, the passive and possessive constructions). Beside standard varieties, non-standard varieties are given account of, first of all in Russian, Belarusian, Czech and Upper Sorbian. The book is intended to give a comprehensive basis necessary for an empirically verifiable comparison of (a) resultative constructions in the languages mentioned above with other languages in the world and of (b) resultative constructions with other grammatical categories and their ties with the lexicon.

Personalia Markus Giger wurde 1968 in Bülach (Schweiz) geboren. 1995 schloss er das Studium der Slavischen Philologie, Allgemeinen Sprachwissenschaft und Osteuropäischen Geschichte an der Universität Zürich ab, wo er von 1996 bis 2001 als Assistent am Slavischen Seminar arbeitete. Promotion 2001. Seit 2001 arbeitet er als Fachassistent für vergleichende slavische Sprachwissenschaft an der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag. Er beschäftigt sich mit dem Grenzbereich zwischen freien syntaktischen Konstruktionen und analytischen Verbalformen, Sprachtypologie und soziolinguistischen Fragestellungen. Björn Wiemer, geboren 1966 in Hamburg, studierte Slavistik und Allgemeine Sprachwissenschaft an den Universitäten Hamburg und Leningrad (Abschluß 1992), bevor er in Hamburg 1996 promovierte. Seitdem ist er in Konstanz am Lehrstuhl für Slavische Sprachen als Assistent und – nach der Habilitation 2002 – als Hochschuldozent tätig. Seine speziellen Arbeitsgebiete betreffen vor allem das slavisch-baltische Kontaktareal, die Aspektologie und Lexikologie sowie diachrone Syntax und Morphologie (Aspekttempus-Systeme, grammatische Diathese, Grammatikalisierung, Evidentialität).

Vorwort

i

0. Vorwort Gegenstand des vorliegenden Buchs sind Resultativ-Konstruktionen im Sinne der Typology of Resultative Constructions (TRC 1988, russische Originalversion Tipologija rezul’tativnych konstrukcij, TRK 1983). Der Terminus ‘Resultativ’ wird hier also nicht in bezug auf argu-menterweiternde Strukturen wie in Peter ass den Kühlschrank leer verstanden, in welchen ein adjektivisches (oder partizipiales) Komplement (hier leer) den erreichten Endzustand eines der Referenten (hier Kühlschrank) spezifiziert, welcher sich aus einer terminativen Handlung ergibt. Im Zusammenhang mit prädikativen Strukturen wie dieser werden ‘resultatives’ als Teilbereich komplexer Prädikate besprochen (vgl. Napoli 1999). Genau dieser Phänomen-bereich bleibt in dieser Arbeit jedoch vollkommen unberührt. Stattdessen konzentrieren wir uns auf primäre Prädikate (s. 1.3) und Resultativ-Konstruktionen im Sinne der TRK/TRC.

Demgemäss übernehmen wir die theoretischen Prämissen und einen Teil der Terminologie aus dieser klassischen Arbeit. Wir haben uns allerdings zum Ziel gesetzt, ihr allgemein-typo-logisches Raster systematisch auf alle satzprädikativen resultativen Konstruktionen in den ost- und westslavischen Sprachen (= Nordslavisch) sowie den beiden noch gesprochenen balti-schen Sprachen Litauisch und Lettisch (beides Vertreter des Ostbaltischen) anzuwenden. Es hat sich erwiesen, dass bereits in einem begrenzteren Areal – wie in dem durch dieses Sprach-gebiet vorgegebenen – zum Teil erhebliche Unterschiede bei der Verbreitung und Funktion von Resultativ-Konstruktionen bestehen, welche durch sprachgenetische Bezüge grösstenteils nicht erklärt werden können. Auch erlauben sie eine Reihe von bisher wenig beachteten Folgerungen über den Aufbau einer semantisch komplexen Kategorie, wie Resultativa sie darstellen. Diese Folgerungen ergeben sich vor allem aus der Wechselwirkung zwischen einem Konstruktionstyp, der zunächst nur syntaktisch zu werten ist, mit einem lexikalischen Input, welcher in den behandelten Sprachen unterschiedlich stark ausgeweitet wurde. Durch diese Wechselwirkung und die Ausweitung des lexikalischen Inputs verändert sich zum einen die Kernbedeutung der Konstruktion; entsprechend unterschiedlich ist zum anderen auch der Grad, in dem Resultativa in Opposition zu anderen temporalen Kategorien (und Paradigmen) des Verbs treten.

Indem wir also an die TRK/TRC anknüpfen, möchten wir das Untersuchungsschema ver-feinern und Forschungslücken aufweisen, dies vor allem hinsichtlich einer areal- und kontakt-linguistischen Erfassung der gewählten komplexen Kategorie. Unser Anliegen ist primär datenorientiert und funktionalistisch. Den Ausgangspunkt für die Systematisierung der Fakten und der an sie anschliessenden Erwägungen machen die heutigen Sprachzustände aus. Ausge-nommen hiervon sind notwendigerweise nur die in Abschnitt 8.1 behandelten, seit längerer Zeit ausgestorbenen elb- und ostseeslavischen Sprachen. Zu den in Abschnitt 3 besprochenen Eigenheiten in den NW-russischen Mundarten wäre ferner einzuschränken, dass das Material im wesentlichen den Zustand aus den ersten Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg reflektiert, welcher durch zunehmende Dialekt-Nivellierung (und damit Mundarttod) heute mit Sicher-heit nicht mehr unverfälscht gegeben ist. Trotzdem gilt unser Augenmerk nicht minder auch in diesem Subareal der diachronen Entwicklung, insofern diese erfassbar ist.

Wir hoffen, sowohl hinsichtlich der diachronen Veränderungen wie auch der gegenwär-tigen Situation alle aus der Sekundärliteratur sowie der eigenen Forschung verfügbaren Daten einer kritischen Revision unterzogen zu haben. Die Gewichtung der jeweiligen Phänomene in den einzelnen Sprachen (bzw. deren Varietäten) ist nicht überall gleichwertig, sondern bestimmt sich durch deren verschiedene Relevanz und Auffälligkeit im Gesamtzusam-menhang sowie zum Teil durch die Forschungslage. Ingesamt geht es uns nicht nur um eine Synthese der bisherigen Forschungsergebnisse, sondern auch darum aufzuweisen, wie eine semantisch und zum Teil auch morphosyntaktisch komplexe Kategorie unter Wechselwirkung mit dem Lexikon entsteht und sich verändert. Dabei sollte auch deutlicher werden, welche Folgen diese Wechselwirkung für eine Differenzierung der Sprachvarietäten innerhalb eines noch relativ überschaubaren Areals mit genetisch klarer Affiliation auf heutiger, synchroner

Resultativa

ii

Stufe haben kann und in welcher Weise Resultativ-Konstruktionen sich aus dem TMA-Geflecht einer Spache (bzw. Sprachvarietät) überhaupt herausgliedern lassen.

Wie weit uns dies gelungen ist, mag der Leser entscheiden. Wir haben nicht alle Beispiele mit morphologischen Kommentaren versehen, uns dafür aber bemüht, durch entsprechende Hervorhebungen in den Beispielen und deren Übersetzungen sowie durch Kommentare im fortlaufenden Text dem nicht der Einzelsprachen kundigen Leser genügend Orientie-rungshilfen zu geben. Bevor wir nun in die Materie einsteigen, möchten wir anmerken, dass diese Arbeit insgesamt nicht nur der Forschungsarbeit von Vladimir P. Nedjalkov und Emma Geniušienė sowie von Walter Breu wesentliche Impulse verdankt, sondern dass sie hinsichtlich der grammatikali-sierungstheoretischen Überlegungen in der vorliegenden Form nicht ohne den stimulierenden Ansatz Volkmar Lehmanns hätte entstehen können. Diesen vier hochverehrten Kollegen und Lehrern sei deshalb in diesem Sinne diese Arbeit gewidmet. Ferner möchten wir den folgenden Kollegen unseren Dank aussprechen: Aleksej Andro-nov, Petr Arkad’ev, Viktor Chrakovskij, Vladimir Plungjan, Birutė Sinočkina und Nina Sum-batova für deren muttersprachliche Auskünfte zum Standardrussischen, Magdalena Danie-lewicz, Marek Łaziński, Norbert Ostrowski, Anna Socka und Wojciech Tomasik für entspre-chende Auskünfte zum Polnischen, Lucie Jílková-Hašová und Bohumil Vykypěl zum Tsche-chischen, Ľubor Králik und Miriam Giger-Sitárová zum Slovakischen, Timo Meškank, Hync Rychtař und Lenka Šołćic zum Obersorbischen. Marek Łaziński und Anna Socka danken wir ausserdem für ihre kritischen Bemerkungen zu possessiven Resultativa im Polnischen, Anna Socka auch für das Einholen von Auskünften zum Kaschubischen durch Edward Breza, welchem für seine Auskünfte ebenso gedankt sei. Ferner bedanken wir uns bei Konstantin Lifanov für seine Informationen zum Slovakischen, Aleksej Andronov und ganz besonders Axel Holvoet für deren Auskünfte zum Lettischen, Lidija Leikuma für Auskünfte zum Latgalischen, Birutė Sinočkina für Auskünfte zur Sprache der russischen Altgläubigen in Litauen, Sergej Saj für Recherchen in der St. Petersburger lexikographischen Kartei der Pskover Mundarten sowie Michael Moser für hilfreiche Diskussionen und Hinweise zum Ukrainischen. Schliesslich gebührt unser ganz besonders herzlicher Dank Ljuba Veselinova. Ohne ihre kompetente und generöse Hilfe hätten wir in diesem Buch vermutlich auf speziell für die Belange der Resultativa angefertigte Karten verzichten müssen (s. 14).

Natürlich liegt die Verantwortung für jegliche Art von Fehlern oder Missinterpretationen gänzlich bei uns.

Zu guter letzt danken wir dem Verlag LINCOM Europa für die freundliche Aufnahme unserer Arbeit in die Reihe Studies in Slavic Linguistics.

Konstanz / Prag, Mai 2005 Björn Wiemer Markus Giger

iii

I n h a l t s v e r z e i c h n i s Vorwort i Inhaltsverzeichnis iii Verwendete Abkürzungen und Symbole vi 1. Einleitung: Eingrenzungen und Aufgabenstellung 1 1.1. Resultativ vs. Perfekt und Stativ 1 1.2. Interaktion mit Tempora 3 1.3. Syntaktische Funktionen von Partizipien 4 1.4. Zur Rolle lexikalischer aktionaler Eigenschaften 4 1.5. Diathese-Struktur und Diathese-Typen 6 1.6. Objektorientiertes Resultativ vs. Passiv 9 1.7. Die Aufgabenstellung 10 2. Standardrussisch 13 2.1. Diathese-Typen und ihre Korrelationen mit temporalen Funktionen 13 2.2. Lexikalisch und grammatisch bedingte Restriktionen und Ambiguitäten 16 2.3. Diskurspragmatische Besonderheiten vs. lexikalisch-aktionale Defaults 18 2.4. Knjazevs Faktoren-Hierarchie 25 2.5. Dialektale und diastratische Differenzierungen 25 3. Nord(west)russische Mundarten 29 3.1. Diathese-Typen und syntaktische Besonderheiten 29 3.2. Resultative vs. ereignisbezogene Verwendung, Perfekt-Funktionen 33 3.3. Zur Expansion der lexikalischen Basis 35 3.4. Bildungen von imperfektiven Verben 37 3.5. Bezüge zu evidentialen Funktionen 38 3.6. Diachroner Hintergrund 40 4. Die baltischen Sprachen 43 4.1. Litauisch 43 4.1.1. Korrelationen zwischen morphologischer Struktur und Diathese-Typen 43 4.1.2. Resultative vs. ereignisbezogene Verwendung, Perfekt-Funktionen 45 4.1.3. Possessive Resultativa mit turėti ,haben’ 47 4.2. Lettisch 49 5. Weißrussisch 53 5.1. Objektorientierte Resultativa (n/t-Partizipien) 53 5.2. Von Partizipien auf -(ü)šy gebildete Resultativa 54 6. Ukrainisch 59 6.1. Reste auf -(v)šy 59 6.2. Diathese-Typen und lexikalische Expansion der n/t-Partizipien 59 6.3. Konkurrenz mit pronominalen Formen der l-Partizipien 60 6.4. Die ukrainischen no/to-Formen 61 6.5. Ansätze für ein possessives Resultativ mit maty ,haben’ 66

iv

7. Polnisch 69 7.1. Diathese-Typen und lexikalische Expansion der n/t-Partizipien 69 7.2. Abgrenzung zum Passiv 70 7.3. Die polnischen no/to-Formen 71 7.4. Possessives Resultativ mit mieć ,haben’ 72 7.5. Beziehung des possessiven Resultativs zum Rezipientenpassiv 80 8. Ehemalige ostseeslavische Sprachen und heutiges Kaschubisch 83 8.1. Polabisch, Pomeranisch, Slovinzisch 83 8.2. Kaschubisch 84 9. Tschechisch 87 9.1. Diathese-Typen: Überblick 87 9.2. Resultative vs. ereignisbezogene Verwendung 88 9.3. Subjektorientierte Resultativa 90 9.4. Objektorientierte Resultativa 91 9.5. Possessive Resultativa 91 9.6. Diachrone Hintergründe 94 10. Slovakisch 97 10.1. Diathese-Typen: Überblick 97 10.2. Resultative vs. ereignisbezogene Verwendung 97 11. Ober- und Niedersorbisch 101 11.1. Diathese-Typen: Überblick 101 11.2. Abgrenzung gegenüber dem Passiv 101 11.3. Grammatisch und lexikalisch bedingte Restriktionen 104 12. Zusammenschau der Fakten, einige Folgerungen, Hypothesen und offene Fragen 107 12.1. Diathesetypen, morphologische Variation und Rückschlüsse

auf diachrone Entwicklungen 109 12.2. Zur arealen Verbreitung aktivischer Partizipien

(*ües-Formen und ihre „Rivalen“) 111 12.3. Zur Rolle der l-Partizipien 112 12.4. Variation und areale Verbreitung der possessiven Resultativa 113 12.5. Zur Entwicklung aktionaler Eigenschaften 114 12.5.1. Beziehung zwischen objektorientierten Resultativa

und analytischem Passiv 115 12.5.2. Besonderheiten einiger lexikalischer Gruppen 117 12.5.3. Ausweitung auf rein phasenbezogene Verblexeme

(subjekt- und objektorientiert) 118 12.6. Resümee zur Beziehung zwischen lexikalischer Basis,

Diathesetypen und aktionalen Funktionen 119 13. Tabellarische Zusammenstellung der Diathesetypen und

ihrer morphologischen Eigenheiten 122 14. Karten 125 14.1. Karte 1: Subjektorientierte Resultativa –

morphosyntaktische Typen und lexikalische Beschränkungen 126 14.2. Karte 2: Possessive Resultativa – morphosyntaktische Grundtypen 128

v

14.3. Karte 3: Possessive Resultativa 2 – Untertypen der HABERE-Konstruktion 130

14.4. Karte 4: Nordöstliche Peripherie der Slavia und Kontaktzone mit dem Baltischen – Verbreitung der morphologischen und Diathesetypen 132

15. Literaturverzeichnis 135

vi

Verwendete Abkürzungen und Symbole intr. intransitiv(es Verb) ipf. imperfektiv(es Verb) pf. perfektiv(es Verb) tr. transitiv(es Verb) LAF lexikalisch-aktionale Funktion (s. 1.4) ObRes objektorientiertes Resultativ PossRes possessives Resultativ SubRes subjektorientiertes Resultativ ⇐, ⇒ morphologische Derivation ←, → Zuordnung zu einer morphologischen bzw. funktionalen Kategorie ↔ Äquivalenz (aktional) ⊂, ⊃ semantische Inferenz balt. baltisch dt. deutsch fr. französisch ide. indoeuropäisch lett. lettisch lit. litauisch ns. niedersorbisch os. obersorbisch poln. polnisch russ. russisch slav. slavisch slk. slovakisch standardruss. standardrussisch tsch. tschechisch ukr. ukrainisch wruss. weißrussisch Kürzel in den morphologischen Kommentaren: 1, 2, 3 1., 2., 3. Person AKK Akkusativ COP Kopula DAT Dativ DEFART definiter Artikel DEMPRON Demonstrativpronomen DPART Demonstrativpartikel F Femininum GEN Genitiv INDEKL indeklinabel INF Infinitiv INS Instrumental IPF imperfektiv LOK Lokativ

vii

M Maskulinum N Neutrum NEG Negation NOM Nominativ PERF Perfekt-Partizip (= Perfekt zusammen mit Kopula) PPA Partizip Präteritum aktiv (Part. Prät. Aktiv) PPP Partizip Präteritum passiv (Part. Prät. Passiv) PRÄ Präfix PRS Präsens(stamm) PRT Präteritum(stamm) PL Plural REL relativer Anschluß RM Reflexivmarker SG Singular

1

1. Einleitung: Eingrenzungen und Aufgabenstellung 1.1. Resultativ vs. Perfekt und Stativ Unter ‘Resultativ’ verstehen wir, Nedjalkov/Jachontov (1983:7-9) folgend, ein Prädikat, welches einen Zustand benennt und dabei den entsprechenden Zustandswechsel präsupponiert: (1) Die Stadt ist umzingelt. Dies entspricht auch Mel’čuks Definition von ‘rezul’tativnost’’ (vgl. Mel’čuk 1998:76).

Wir unterscheiden die Resultativ- von der aktionalen (= ereignisbezogenen) Perfekt-Bedeutung. Durch die letztere wird der Zustandswechsel asseriert (fokussiert) und der Nachzustand impliziert: (2) Soldaten haben die Stadt umzingelt.

(= Die Stadt ist von Soldaten umzingelt worden.) Dabei kann es durchaus zu Ambiguitäten zwischen resultativer und ereignisbezogener Bedeutung kommen; vgl. etwa die folgenden Beispiele: (3a) Hans hat die Hosen (immer) frisch gebügelt i. ,Hans hat (immer) frisch gebügelte Hosen zur Verfügung’

(wer die Hosen gebügelt hat, bleibt dabei offen). → resultativ ii. ,Hans hat (immer) die Hosen gerade erst gebügelt’. → ereignisbezogen

(3b) Die Gäste sind (schon) gekommen. i. ,Die Gäste sind jetzt (seit kurzem) da’. → resultativ ii. ,Die Gäste sind gerade eingetroffen (⊃ und jetzt da)’. → ereignisbezogen Resultativ und Perfekt verhalten sich also gewissermassen spiegelbildlich zueinander, und ihr Unterschied läuft semantisch betrachtet auf einen Unterschied der Fokussierung hinaus, wel-che auf dieselbe denotative Situation angewendet wird und die Komponenten einer Ursache-Wirkung-Relation auf je spezifische Weise gegeneinander absetzt (s. Abb. 1). Kozinskij (1988:499-502) macht noch einen Unterschied zwischen der aktionalen Fokussierung, d.i. welcher Teil der Kausalkette als Figur und welcher als Hintergrund präsentiert wird (seine ‘pragmatic opposition’), und einer referenziellen Opposition, welche darauf beruht, ob in der komplexen Situation (Abb. 1) der Bezug zum Ereignis (Vorgang) oder zum Nachzustand asseriert wird und welcher andere Teil dieser Situation demgemäss nur inferiert wird. Wir sehen in der Sache keinen wesentlichen Unterschied, da man die Beziehung zwischen Perfekt- und Resultativ-Bedeutung letztlich kausallogisch verstehen muss, sich dazu die Begriffe der Fokussierung und Defokussierung („foregrounding“ vs. „backgrounding“) anbieten und damit referenzielle Unterscheidungen möglich werden.

Das ‘Stativ’ hebt sich vom Resultativ dadurch ab, dass es von dieser Kausalrelation abgetrennt bleibt, d.i. dass keine Beziehung zu einem Zustandswechsel hergestellt wird1:

1 Dies manifestiert sich u.a. in der Lexikalisierung gewisser Partizipien gegenüber ihren Ausgangs-verben (sofern diese überhaupt noch existieren). Für das Deutsche s. Bsp. (4b-c) und Nedjalkov/ Jachontov (1983:27f.) sowie die Anmerkungen zu den l-Adjektiven verbaler Herkunft in den entspre-

Resultativa

2

(4a) Die Pflaumen hängen am Baum (vs. ...?sind am Baum angehängt). (4b) Methode A ist Methode B überlegen. (4c) Hans ist eingebildet / überzeugt von seinem Recht. Stativa stehen somit ausserhalb der Kausalrelation (= Situation S); auf jeden Fall sind sie in einer Ursache-Wirkungs-Kette „rechts“ vom Resultativ anzuordnen2. Anfang und Ende blei-ben beim Stativ offen, während der resultative Zustand einen Anfang besitzt und die Perfekt-Bedeutung sich auf das Ereignis des Zustandswechsels beschränkt; vgl.: Abbildung 1: Kausalbeziehung zwischen Perfekt und Resultativ (bzw. zwischen ereignisbezogener und resultativer Bedeutung) S

Perfekt Resultativ Stativ • ZW NZ ZW = Zustandswechsel NZ = Nachzustand Im Sinne einer derartigen „janusgesichtigen“ Korrelation mit dem aktionalen Perfekt lässt sich sagen, dass Resultativa abgeleitete statische Situationen (russ. „proizvodnye statičeskie situacii“) denotieren (Knjazev 1989a:43; 1989b:84, 87); auch gegenüber Stativa (im oben definierten Sinn) entsprechen Resultativa in der Regel sekundären Zuständen („vtoričnye sostojanija“; Nedjalkov/Jachontov 1983:6f.). In jedem Fall beruhen sie auf morphologischer Derivation, bei der gegenüber dem Ausgangsverb mehr oder minder regelmässige seman-tische Verschiebungen eintreten, aber auch eine Reihe von Lexikalisierungen vorkommen. Letztere werden wir im folgenden gelegentlich streifen.

In der aspektologischen und typologischen Literatur werden Perfekt- und Resultativ-Funk-tion oft nicht konsequent voneinander getrennt (vgl. Wiemer 1997:76-80). So wird etwa von „perfektischer Bedeutung“ (russ. ‘perfektnoe značenie’) dann gesprochen, wenn man die Implikatur vom Zustandswechsel auf den Nachzustand meint, nicht aber den Zustandswechsel selbst. So z.B. in Vanja napisal pis’mo ,Vanja hat einen Brief geschrieben‘ (welches die Implikatur ⊃ Pis’mo napisano ,Der Brief ist geschrieben‘ auslöst) oder Rebenku ispolnilos’ tri goda ,Das Kind ist drei Jahre alt geworden‘ (mit der Implikatur ⊃ Rebenku (uže) tri goda ,Das Kind ist (schon) drei Jahre alt‘)3. Mit einer solchen Implikatur hat man es selbst dann zu tun, wenn perfektive Verben im Präteritum sich mit Temporaladverbien verbinden lassen, welche auf einen zur Sprechzeit aktuellen Nachzustand verweisen. So etwa im Beispiel aus Padučeva chenden Abschnitten (vgl. poln. zżółkły ,vergilbt’, wyblakły ,ausgeblichen’, przestarzały ,veraltet’, russ. ustalyj ,ermüdet, müde’, ogoltelyj ,zügellos’ etc. und Entsprechungen im Tschechischen und Ukrainischen). 2 Für einen ausgezeichneten Überblick über verschiedene Arten von Stativa und operationale Kriterien ihrer Unterscheidung vgl. Knjazev (1984; 1989a:15ff.). Speziell zum Litauischen vgl. auch Servaite (1985a:49-91). 3 Zu dieser Klärung vgl. auch Knjazev (1989b:89). Ein Unterschied in der Terminologie, nicht jedoch in der Sache liegt hingegen dann vor, wenn man statt ‘Perfekt-’ vs. ‘Resultativ-Bedeutung’ von ‘aktio-nalem’, ‘dynamischen’ oder gar ‘prozessualem Perfekt’ vs. ‘statischem Perfekt’ spricht (vgl. u.a. Breu 1988; Geniušienė 1987b:129; Knjazev 1989a; Maslov 1983; Padučeva 1998; Trubinskij 1984).

Einleitung

3

(2004:496): Sejčas tam proveliPF.PRT.3.PL ėlektričestvo ,Man hat dort jetzt elektrische Leitungen gelegt’. Wie die deutsche Übersetzung zeigt, ist die Umdeutung der Vergangenheitsform im Sinne der „perfektischen Verwendung“ keine auf das Russische begrenzte Angelegenheit, sondern setzt sich offenbar bei einem terminativen Lexeminput eines Vergangenheitstempus leicht durch, sofern dieses Tempus nicht auf ein narratives Regi-ster eingeschränkt ist (und weder im Russischen noch im Deutschen ist das der Fall). Man darf aber aus dieser Tatsache nicht (wie Padučeva es tut) den Schluss ziehen, als würde die betreffende Form damit zugleich resultativ werden. Dies würde auf die Behauptung hinaus-laufen, dass zwischen dem gerade zitierten Satz und seinem eigentlich resultativen Äquivalent grammatische Synonymie bestehe, also mit: Sejčas tam provedeno.PPP.NOM.SG.N ėlektričestvo ,Jetzt sind dort elektrische Leitungen gelegt (worden)’. Das ist aber nicht der Fall. Die beiden Sätze unterscheiden sich (im Russischen wie im Deutschen) hinsichtlich der aktionalen Fokussierung, wie sie in Abb. 1 dargestellt ist. Die Tatsache, dass das pf. Präteritum mit dem Adverb sejčas (bzw. das deutsche Perfekt mit dem Adverb jetzt) kompatibel ist, beweist noch nicht viel, solange man sich nicht des temporalen Referenzpotentials dieses Adverbs sicher sein kann. Auf diese Frage brauchen wir hier aber nicht weiter eingehen.

In der Tat gibt es im Russischen nur vereinzelte Fälle, in denen Formen des Präteritums perfektiver (pf.) Verben tatsächlich auf den Nachzustand fokussieren (d.i. diesen asserieren); so z.B. russ. Skaly navisli ,Die Felsen hängen über‘, Veki nabrjakli ,Die Augenlider sind angeschwollen‘4 und eventuell auch Deti ustali ,Die Kinder sind müde (geworden)‘. Typisch scheinen sie u.a. bei Naturbeschreibungen zu sein, in denen Bilder eines statischen Augen-blickszustands geschaffen werden. Diskurspragmatisch entsprechen diese aktivischen Formen ziemlich genau der Verwendung resultativer Partizipien im narrativen Präsens, auf die wir in 2.3 noch anhand der Bsp. (27-29) eingehen werden.

Ob nun, wie Isačenko (1960:436) behauptet, entsprechende präteritale pf. Verben zur Be-schreibung derartiger statischer Zusammenhänge (als, wie er sagt, „literarischer Kunstgriff“) in anderen slavischen Sprachen (wie z.B. dem Slovakischen) nicht auf eine äquivalente Ver-wendung stossen, wäre erst noch in einer genaueren empirischen Studie zu ermitteln. Ebenso wäre der genaue Umfang der pf. Verben, welche nicht bloss eine kontextbedingte Umdeutung vom Ereignis zum Nachzustand zulassen, sondern letzteren asserieren, im Russischen und in anderen slavischen Sprachen noch festzustellen. Auf jeden Fall lassen sich die verhältnis-mässig wenigen Verben, welche hierfür in Frage kommen, als Lexikalisierungen verstehen, insofern als eben in bezug zu den Ausgangsverben (sofern noch vorhanden) die einstige Implikatur (Ereignis → Nachzustand) sich zum assertiven Fokus der Bedeutung verschoben hat (s. Fn. 1). Diese lexikalisierte Verschiebung in der temporalen Bedeutung unterscheidet resultative l-Formen einiger weniger pf. Verben von einer weiter verbreiteten resultativen Umdeutung des gewöhnlichen l-Präteritums, die kontextbedingt ist und zudem auf intransitive terminative Verben beschränkt zu sein scheint (zur Terminativität s. 1.4). Vgl. hierzu auch Knjazev (1989b:84). Wir kommen am Schluss von Abschnitt 2.1 noch einmal auf solche Fälle zu sprechen. 1.2. Interaktion mit Tempora Bekannt ist, dass die aktionalen Eigenschaften der Perfekt:Resultativ-Korrelation mit Tem-pora korrelieren. Das manifestiert sich zum einen in einer Reihe ide. Sprachen darin, dass ehemalige Perfekt-Formen zum Präsens umgedeutet wurden (vgl. z.B. die germanischen „Praeteritopraesentia“). Zum anderen entspricht dem Resultativ auf präsentischer Zeitstufe regelmässig ein Perfekt oder Präteritum Passiv bzw. Aktiv (s. Bsp. 1 vs. 2; vgl. auch Knjazev

4 Vgl. Breu (1988:60), Padučeva (1998:145), Pospelov (1990:75f.). Bezeichnenderweise tritt dieses Phänomen im Standardrussischen fast nur bei intransitiven Verben (und damit bei subjektorientierten Resultativa; s. 1.5) auf.

Resultativa

4

1983:152; 1989b:89; Wiemer 1996:175f.). Damit hängt zusammen, dass Resultativa im Präsens sich als sehr viel „beständiger“ gegenüber einer ereignisbezogenen (und agentiven) Uminterpretation erweisen als im Präteritum (vgl. z.B. Dver’ otkryta ,Die Tür ist geöffnet (worden) / offen‘ vs. Dver’ byla otkryta ,Die Tür war geöffnet (= war offen) / wurde geöffnet‘). Auf diese beiden Umstände werden wir noch zurückkommen (s. zunächst 1.6, dann vor allem 2.2, 4.1.2). 1.3. Syntaktische Funktionen von Partizipien Da alle im weiteren anzusprechenden Konstruktionen mithilfe von Partizipien gebildet wer-den, ist es angebracht, eine möglichst klare Unterscheidung ihres syntaktischen Status vorzu-nehmen. Partizipien können (genauso wie Adjektive) aus der Sicht der Konstituenten-Struktur (oder auch in dependenzgrammatischer Sicht) prinzipiell in drei verschiedenen Funktionen erscheinen5:

(i) prädikativ, d.i. sie treten unabhängig von weiteren Gliedsatz-Prädikaten auf.

(ii) appositiv, d.i. sie treten, ähnlich nicht-restriktiven Relativsätzen, als Prädikate untergeordneter Gliedsätze auf.

(iii) attributiv, d.i. innerhalb einer NP. Als Resultativa im eigentlichen Sinn sind Partizipien nur in Funktion (i) definiert. Funktion (iii) spielt für Resultativ-Konstruktionen direkt keine Rolle, wird aber gelegentlich mitbe-handelt, vor allem wenn es um die l-Partizipien geht. Auch Funktion (ii) wird allenfalls am Rande gestriffen (s. etwa 3.6 und 4.1.2-4.1.3), jedoch nicht im Zusammenhang mit sog. ‘small clauses’ (zu diesen vgl. Napoli 1999). Da die betreffenden Partizipien selbständige Sätze mit ihren Aktanten konstituieren, können die Ausdrücke ‘Resultativ’ und ‘Resultativ-Konstruktion’ synonym verwendet wer-den. Alle an dieser Konstruktion teilhabenden Elemente gruppieren sich um das Partizip, und ihre Zusammensetzung unterliegt dem Kompositionalitäts-Prinzip. Das bedeutet, dass sich keine Auxiliarkomplexe herausbilden, welche die syntaktische Struktur und deren Verhältnis zum Argumentrahmen opak gestalten würden. Dies gilt insbesondere auch für den mit HABERE gebildeten Typ (s. 1.5). 1.4. Zur Rolle lexikalischer aktionaler Eigenschaften

Jedes Verblexem (im weiteren einfach ‘Verb’) besitzt bekanntermassen inhärente Eigen-schaften, die sich auf die interne zeitliche Konstitution der durch dieses Lexem bezeichneten Situation beziehen und die unabhängig von und vor jeglicher Einflussnahme durch grammatische Formen existieren. Für diesen aktionalen Default möchten wir nach Lehmann den Begriff der ‘lexikalisch-aktionalen Funktion’ (LAF) verwenden6. Ohne hier auf die Grundlagen von Lehmanns kognitiv (vor allem wahrnehmungspsychologisch) begründeter

5 Diese Dreiteilung entspricht den in der russischen Literatur zur Dialektologie sowie zur Umgangs-sprache gemachten Unterscheidungen (vgl. etwa Kuz’mina/Nemčenko 1971; Nemčenko 1975). Auch Ambrazas (1990) hat sie in seiner diachronen Arbeit über das baltische Partizipialsystem konsequent angewandt. In diesem lässt sich auch die Ausgrenzung der appositiven Funktion empirisch recht-fertigen, da z.B. die litauischen und lettischen sog. „Halbpartizipien“ (lit. ‘pusdalyviai’) praktisch nur in dieser Funktion vorkommen. 6 In der Literatur sind diverse in der Sache vergleichbare, jedoch in der Bezeichnung oft irreführende Termini verwendet worden, so z.B. ‘lexical aspect’. Vgl. dazu den hervorragenden Überblick von Sasse (2002), wonach lexikalisch-aktionale Defaults unter das zu subsumieren wären, was er als ‘ASPECT2’ etikettiert.

Einleitung

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Theorie eingehen zu müssen, sollten die folgenden Differenzierungen, welche für die weitere Diskussion direkt relevant sind, genannt und kurz erläutert werden (zu den Grundlagen sei in erster Linie auf Lehmann 1995 und 1999a verwiesen).

Verben mit einer transformativen oder mutativen Bedeutung (LAF) bezeichnen Situationen mit (in der Regel wahrnehmbaren) Zustandsveränderungen. Diese können graduell erfolgen (vgl. etwa ein Haus bauen) oder mehr oder minder abrupt (vgl. etwa die Tür aufreissen). Transformative Verben bezeichnen Zustandsveränderungen mit einem absoluten Endpunkt (s. die vorstehenden Beispiele), mutative dagegen solche mit relativen Endpunkten (z.B. däm-mern, sich schwärzen, erröten), wobei die Grenzen zwischen transformativen und mutativen Sachverhalten (bzw. Verbbedeutungen) unscharf sein können (vgl. etwa vergilben, verblassen oder verschwinden). Transformative Verben fokussieren per Default auf Ereignisse und sind von diesen motiviert, mutative sind dagegen eher verlaufsmotiviert. Dies lässt sich vor allem in Äusserungen erkennen, in welchen entsprechende Verben in einem minimalen Kontext ver-wendet werden; vgl. Sie bauten ein Haus (Default-Interpretation: Resultat erreicht → trans-formativ) vs. Draussen dämmerte es (Default-Interpretation: zum Referenzzeitraum ablaufen-der Prozess → mutativ). Ungeachtet dessen können Resultativa von Verben beider LAF-Gruppen im allgemeinen problemlos gebildet werden (vgl. Das Haus war gebaut; Das Papier war schon sehr vergilbt ⊃ es konnte aber noch weiter vergilben).

Terminativität nun darf man als der transformativen und mutativen Gruppe übergeordnete lexeminhärente Eigenschaft verstehen; sie legt nur fest, d a s s eine Endgrenze der bezeichneten Handlung angelegt ist. Terminativ im weiteren Sinn sind alle Lexeme, die eine inhärente Grenze involvieren, darunter auch punkthafte (konklusive, semelfaktive; s.u.), so-fern diese Zustandsveränderungen nach sich ziehen. Diese weite Auffassung von ‘Termina-tivität’ herrscht in der angelsächsischen Literatur vor und ist mit dem Ausdruck ‘telicity’ deckungsgleich. Terminativ im engen Sinn sind dagegen nur transformative Lexeme, die auch einen inkrementellen Zuwachs der Eigenschaft bezeichnen können, welcher mit der Erreichung der absoluten Endgrenze ausgeschöpft wird (vgl. Lehmann 1999a:226; Łaziński/Wiemer 1996a; Wiemer 2000). Sie beziehen sich meistens auf ereignismotivierte Lexeme, die beobachtbare und nicht-punkthafte Zustandswechsel bezeichnen; vgl. z.B. Die Tür öffnete sich allmählich; Paul lackierte das Auto zwei Stunden lang. Die gleich anzusprechenden konklusiven und semelfaktiven Lexeme sind damit nicht im engen Sinne terminativ.

Neben Verben mit einer für Resultativa günstigen transformativen oder mutativen LAF existieren noch ereignismotivierte LAF-Typen, welche für Resultativa ungünstigere Bedin-gungen schaffen. Es sind dies konklusive und semelfaktive Verben. Die konklusiven beziehen sich auf sensumotorisch nicht wahrnehmbare Ereignisse, so vor allem Sprechakte, soziale Akte (vgl. z.B. kaufen und verkaufen, nachweisen) und mentale Akte (Zweifel fassen, begreifen u.a.). Rein konzeptuell eignen sie sich damit schlechter als lexikalische Basis für Resultativa. Gleichwohl kommen auch sie als Resultativa vor, grossenteils sogar systema-tisch, und dies macht die Bewertung vor allem des diachronen Entwicklungswegs von Resultativa sehr schwierig (s. Abschnitt 12.5.1). Semelfaktive Verben7 dagegen denotieren je-weils ein „Quantum“ einer Handlung, welche in sich homogen ist, indem sie sich aus vielen gleichförmig wiederholenden Handlungen zusammensetzt. Semelfaktiva korrelieren von daher mit verlaufsmotivierten Verben und sind im Slavischen und Baltischen sehr oft von diesen morphologisch abgeleitet; vgl. etwa russ. stuk-nu-t’ ,einmal kurz klopfen‘ (⇐ stuč-a-t‘ ,klopfen‘), poln. krzyk-ną-ć ,einmal kurz schreien, „aufschreien“‘ (⇐ krzycz-e-ć ,schreien‘), lit. most-elė-ti ,einmal kurz winken‘ (⇐ mo-ti ,winken‘). Sie bezeichnen in keiner Weise die Veränderung eines Zustands (auch keines mentalen oder sozialen). Aufgrund dieser inhären-ten temporalen Struktur sind sie für Resultativa noch weit schlechter geeignet als Konklusiva. Wie wir sehen werden, kommen sie auch wesentlich seltener in den entsprechenden

7 Lehmann verwendet den Terminus ‘momentativ’.

Resultativa

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Partizipial-Konstruktionen vor (im Vergleich zu konklusiven Verben, ganz zu schweigen von transformativen und mutativen).

Wie Semelfaktiva bilden auch andere verlaufsmotivierte Verben keinen geeigneten Input für Resultativa, da die zugrundeliegenden Verläufe keinen inhärenten Zustandswechsel mit sich bringen. Zu derartigen Verben gehören solche, die lediglich Phasen von Verläufen modifizieren (In- und Egressiva, z.B. russ. za-govorit’ ,anfangen zu sprechen‘, za-dyšat’ ,zu atmen beginnen‘, za-zalenet’ ,anfangen grün zu werden‘ bzw. ot-ygrat’ ,das Spiel beenden‘, ot-gremet’ ,zu donnern aufhören‘, ot-zvučat’ ,zu läuten aufhören‘) oder in anderer Weise die Handlung „quanteln“ (z.B. Delimitativa wie russ. po-begat’ ,eine Zeitlang laufen‘, po-kurit’ ,eine Zeitlang rauchen‘)8. 1.5. Diathese-Struktur und Diathese-Typen Bis hierhin haben wir die Bestimmungen und Abgrenzungen weitestgehend an der aktionalen Natur der betreffenden Prädikate festgemacht. Durch die Einbindung in eine Kausalbeziehung ergeben sich aber natürlich auch regelmässige Korrelationen mit Eigenschaften der Argu-mentstruktur der prädikativen Einheiten, inklusive ihrer morphosyntaktischen Kodierung und eventueller referenzieller Einschränkungen (= Diathese im Sinne der Leningrader-St. Peters-burger Typologischen Schule9): das Perfekt weist einen Agens auf, welcher auch explizit genannt werden kann; das Resultativ präsupponiert einen Agens, kann ihn aber in der Regel nicht explizit ausdrücken; beim Stativ ist ein Agens auch in der semantischen Repräsentation absent (s. Abb. 1). Ferner fallen objektorientierte Resultativa (s.u.) in vielen Fällen mit Passiv-Konstruktionen zusammen (‘sovmeščennyj rezul’tativ’ gemäss TRK 1983), wobei solche Passiva oft als „Zustandspassiva“, „stative Passiva“ o.ä. bezeichnet werden. Jedoch sind Resultativa per se diatheseneutral (Nedjalkov/Jachontov 1983:13f., 31f.). Das aktionale Verhalten des Perfekts und des Resultativs kann überprüft werden mithilfe von temporalen (zum Teil auch lokalen u.a.) Adverbialen und Tests in narrativer Umgebung (vgl. u.a. Dahl 1985; Geniušienė 1974:25-27; Giger 2003a:125ff., 142, 226ff.; Knjazev 1989a:12f., 147-150, 214-217; Wiemer 1997:79f.), derer wir uns im folgenden bedienen werden.

Unter der ‘lexikalischen Basis‘ verstehen wir des weiteren den Bestand der Verbstämme, welche in einer Sprachvarietät den lexikalischen Input der betreffenden Konstruktion bilden.

Gemäss TRK (1983) bzw. TRC (1988) unterscheiden wir zwischen subjekt- und objekt-orientierten Resultativkonstruktionen (SubRes, ObRes). Beim SubRes ist das grammatische Subjekt des Resultativs identisch mit dem Subjekt des Ausgangsverbs, und dieses ist gewöhnlich intransitiv. Vgl. z.B. poln. Jan przejął się losem brata ,Jan nahm sich das Schicksal des Bruders zu Herzen‘ ⇒ Jan był przejęty losem brata ,Jan war vom Schicksal des Bruders sehr betroffen‘ oder russ. Glaza u deduški vospalilis' ,Grossvaters Augen haben sich entzündet‘ (wörtl. ,Bei Grossvater haben sich die Augen entzündet‘) ⇒ Glaza u deduški vospaleny ,Grossvaters Augen sind entzündet‘. Die letztere Konstruktion lässt sich freilich auch als „sekundär-possessiv“ einstufen (s.u.). Beim ObRes ist das Subjekt des Resultativs identisch mit dem (direkten) Objekt eines kausativen Ausgangsverbs (z.B. russ. Lesopil'ščiki srubili derevo ,Die Waldarbeiter sägten einen Baum um‘ ⇒ Derevo srubleno ,Der Baum ist

8 Freilich kommen bei egressiven und delimitativen Verben Übergänge zu transformativen Bedeu-tungen vor. So kann z.B. russ. ot-obedat’ entweder terminativ (= ,mit dem Mittagessen fertig werden‘) oder einfach egressiv (= ,mit dem Mittagessen aufhören‘) verwendet werden; analog kann po-govorit’ neben seiner eher aterminativen Bedeutung (= ,eine Zeitlang miteinander reden‘) auch terminativ (= ,eine bestimmte Angelegenheit mit jmd. besprechen‘) verwendet werden. In solchen Fällen wäre je-doch von zusätzlichen Lexemen (bzw. von Polysemie) zu sprechen, bei denen zu jedem eine separate LAF bestimmt werden müsste. 9 Zur Darstellung dieses Diathese-Begriffs und der entsprechenden Modellierungen vgl. Geniušienė (1987a).

Einleitung

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umgesägt‘). In vielen Fällen lässt sich (ohne weiteren Kontext) ein Resultativ auch auf zwei verschiedene Ausgangsdiathesen beziehen, und man kann dann von „bidiathetischen“ Resul-tativa sprechen. So z.B. bei russ. Dver' otkryta ,Die Tür ist geöffnet‘, welches sich entweder auf otkryt' ,öffnen‘ oder auf otkryt'sja ,sich öffnen‘ beziehen lässt, oder auch im Falle vieler Resultativa, die von emotiven Verben abgeleitet sind (z.B. udivlen ,erstaunt‘ ⇐ udivit' ,erstau-nen‘ oder udivit'sja ,sich erstaunt zeigen‘, smuščen ,verlegen‘ ⇐ smutit' ,verlegen machen‘ oder smutit'sja ,Verlegenheit zeigen‘).

Von einem p r i m ä r e n possessiven Resultativ (PossRes) wollen wir dann sprechen, wenn von einem transitiven Verb eine entsprechende Form deriviert wird, ohne dass die syn-taktischen Verhältnisse zwischen Subjekt und Objekt sich dabei verändern würden und das Subjekt das ranghöchste (= agensnächste) Argument zum Ausdruck bringt. Sofern solche Resultativa vorkommen, entspricht im typischen Fall der Subjekt- und Objekt-NP referenziell das Verhältnis zwischen Ganzem und Teil bzw. zwischen Possessor und Possessee; so z.B. in mundartl. russ. On.NOM nadevši šapku.AKK ,Er hat eine Mütze auf(gesetzt)‘, wörtl. ,... ist-eine-Mütze-aufgesetzt-habend‘ ⇐ On.NOM nadel šapku.AKK ,Er setzte eine Mütze auf‘ (s. zum Deutschen auch Bsp. 3a in resultativer Lesart)10. Primäre PossRes bauen auf bereits ausgebildeten SubRes auf und dürfen als eine der möglichen Folgen angesehen werden, welche die Erweiterung des lexikalischen Inputs letzterer mit sich bringt (s.u.).

Neben diesem primären Typ existieren jedoch noch weitere, s e k u n d ä r e Typen des PossRes, in denen die syntaktischen Beziehungen zwischen den Argumenten transitiver Verben, welche den lexikalischen Input der Partizipien bilden, verändert werden. Zu unter-scheiden wären hier zwei Fälle: entweder wird das rangniedrigste Argument nicht als Objekt-NP markiert, sondern gerät in den Status des Subjekts (so dass das Partizip, sofern es flektiert wird, dann mit dieser NP im Nominativ sowie im Genus und Numerus kongruiert), während das semantisch ranghöchste Argument wie ein externer Possessor markiert wird. Oder das resultative Partizip verbindet sich mit einem possessiven transitiven Verb (HABERE), womit die Voraussetzungen für die Entstehung eines Verbalkomplexes vorlägen, bei dem das ranghöchste Argument des dem Partizip zugrundeliegenden Verbs als Subjekts-Aktant des finiten HABERE-Verbs auftritt.

Der erste Fall, bei dem (zum Teil fakultativ) die Kopula ESSE auftritt, kann nochmals danach unterteilt werden, wie der externe Possessor (bzw. das demovierte ranghöchste Argu-ment) zum Ausdruck gelangt. Im uns interessierenden Areal kommen eigentlich nur zwei Möglichkeiten in Betracht. Im verbreiteteren Fall wird der Possessor durch eine adessive PP (,bei‘) ausgedrückt; vgl. obiges russ. Beispiel Glaza u deduški vospaleny und Fn. 13 (in 2.1). Hier ist der Possessor (u deduški ,beim Grossvater‘) syntaktisch zuerst nur Attribut innerhalb einer NP (mit dem Kopf glaza ,die Augen‘); er (bzw. seine oblique Kodierung) kann sich aber zur syntaktisch selbständigen NP entwickeln, welche das syntaktisch ranghöchste Argument des Prädikats ausdrückt, wenn die lexikalische Basis solcher PossRes sich ausweitet. Dies ist insbesondere in NW-russ. Mundarten geschehen (s. Abschnitt 3). Die zweite Abart des sekundären PossRes-Typs mit ESSE wäre die Kodierung des Possessors durch den Dativ. Dies ist im Lettischen der Fall, und auch hier hat sich der ursprüngliche Possessor zu einem obliquen Ausdruck des semantisch ranghöchsten Arguments des partizipialen Prädikats gewandelt (s. 4.2).

Was Konstruktionen mit einem transitiven Possessions-Verb des Typs HABERE angeht, so ist dies der eindeutig dominante Typ des Westslavischen (mit n/t-Partizipien) und entspricht dem geläufigen Perfekt possessiver Herkunft der germanischen und romanischen Sprachen (s. Bsp. 2, 3a). Es gibt allerdings ganz vereinzelt auch HABERE-Konstruktionen mit anderen Partizipien (s. 4.1.3, 8.2).

Die lexikalische Basis possessiver Resultativa kann deutlich ausgeweitet werden, wie etwa in den westslavischen (sekundär-possessiv) und den baltischen Sprachen (primär-possessiv,

10 Zur Systematik dieser grundlegenden Diathese-Typen vgl. Nedjalkov/Jachontov (1983:9-12).

Resultativa

8

im Lettischen auch beim sekundär-possessiven Typ mit dativischem Possessor, s.u.). In praktisch keiner der hier behandelten Sprachen ist die Ausbildung eines Auxiliarkomplexes beim HABERE-Resultativ weit vorangeschritten, mit evtl. Ausnahme inzwischen ausgestor-bener elb- und ostseeslavischer Sprachen (s. 8.1).

Die hier vollzogene Systematik innerhalb der PossRes soll keine Auskunft über diachrone Zusammenhänge geben, sondern zunächst einmal nur eine saubere morphosyntaktische Klassifizierung ermöglichen. Sie sei im folgenden schematisch zusammengefasst. Abbildung 2: Morphosyntaktische Typen possessiver Resultativa I. primärer Typ

Subjekt-NP ⎯ ESSE ⎯ a. PPA ⎯ Objekt-NP (AKK, GEN) (= ranghöchstes b. PPP (?) * (= rangniedrigstes Argument) Argument)

II. sekundäre Typen

1. externer Possessor ⎯ ESSE ⎯ Subjekt-NP a. u + GEN (= rangniedrigstes Argument)

b. DAT

2. Subjekt-NP ⎯ HABERE ⎯ a. PPP ⎯ Objekt-NP (= ranghöchstes b. PPA (selten) ** (= rangniedrigstes

Argument) Argument) * Theoretisch denkbar, jedoch nicht belegt (s. 3.1). ** Dazu s. 4.1.3 und Abschnitt 8. Die ungefähre geographische Verteilung dieser Typen ist auf Karte 2 nachgezeichnet (s. Abschnitt 14).

Beurteilt man die in TRK (1983) eingeführten Diathese-Typen gemäss der Verbreitung ihres Auftretens, so lässt sich eine gerichtete Implikation PossRes > SubRes > ObRes postulieren, wonach die Existenz von Resultativa weiter links in dieser Anordnung das Vor-kommen derjenigen weiter rechts impliziert (Nedjalkov/Jachontov 1983:17). Die unten unter-suchten Daten bestätigen diese implikative Beziehung, und sie lassen bedingt Hypothesen zur diachronen Entstehung von Resultativkonstruktionen und zu ihrer Ausweitung über die lexikalische Basis zu (s. Abschnitt 12).

PossRes erweisen sich sowohl in der Systematik der Bildungsweise wie auch (bedingt dadurch) in diachroner Hinsicht als abgeleitet, insofern als sie auf bereits bestehenden ObRes- oder SubRes-Konstruktionen aufbauen. Eine pauschale Zuordnung der mit ESSE gebildeten PossRes zu zuvor etablierten SubRes und entsprechend der mit HABERE gebildeten PossRes zu zuvor bestehenden ObRes ist nicht möglich, wenngleich sich hierbei starke Korrelationen einstellen: PossRes mit ESSE sollten in der Regel SubRes voraussetzen, unzweifelhaft gilt jedoch, dass PossRes mit HABERE auf bereits etablierten ObRes aufbauen. Letzteres des-halb, weil HABERE-Resultativa zumindest in ide. Sprachen in aller Regel auf objekt-orientierten Partizipien transitiver Verben aufbauen (bzw. von diesen ausgehend im Lexikon expandieren). Ausnahmen davon sind jedoch das Litauische (4.1.3) und zu einem gewissen Grad das Kaschubische sowie u.U. andere, inzwischen ausgestorbene ostseeslavische Sprachen (s. Abschnitt 8). Was die mit ESSE gebildeten PossRes angeht, so beruhen nur die primären PossRes notwendigerweise auf einer Erweiterung der lexikalischen Basis von subjektorientierten Konstruktionen (s.o.).

Einleitung

9

Hinsichtlich der sekundären PossRes (mit einer PP oder dem Dativ des Possessors und dann ranghöchsten Arguments) gestaltet sich die Lage hingegen weniger eindeutig. Man muss sich dazu zunächst klarmachen, dass die oblique Kodierung eines externen Possessors (als PP oder im Dativ) syntaktisch zum Kopf einer eigenständigen Konstituente reanalysiert werden muss, welche damit auch semantisch einen anderen Status als den eines Possessors erlangen kann. (Wir lassen hierbei die Frage ausser Acht, wie diese Reanalyseschritte chronologisch mit der Erweiterung der lexikalischen Basis beim Partizip verzahnt sein mögen.) Da dieser Entwicklungsschritt unabhängig vom sonstigen Aufbau der Resultativkonstruktion abgelaufen sein muss, kann man sich über die Beziehung des PossRes zum SubRes oder zum ObRes praktisch nur über die partizipiale Komponente der Konstruktion ein Bild machen. Sofern man nun einen Ansatzpunkt für die Ausbildung von sekundären PossRes in einem SubRes wie im oben schon zitierten russ. Glaza u deduški vospaleny ,Grossvaters Augen sind entzündet‘ erblicken kann, wäre zu sagen, dass dieser Diathesetyp in Verbindung mit der PP u+GEN zumindest im Standardrussischen auf einer vergleichsweise schmalen lexikalischen Basis beruht: er setzt eine inalienable Zugehörigkeit zwischen den Referenten der PP (= Possessor) und des grammatischen Subjekts (= Possessee) voraus und baut ohnehin auf intransitiven, durch den Reflexivmarker -sja gekennzeichneten Verben auf, denen in der Regel kausative Äquivalente zur Seite stehen, so dass das Partizip per se leicht bidiathetisch bleibt (s. dazu 2.1). Ganz abgesehen davon ist keinesfalls a priori zu entscheiden, ob diese lexikalische Basis auch diachron am Anfang der Entwicklung von SubRes stand. Die Basis subjektorientierter n/t-Partizipien ist in anderen slavischen (u.a. ostslavischen) Varietäten zwar zum Teil erheblich breiter als im Standardrussischen (s. 3.1, 6.2, 7.1, 9.3, 10.1, 11.1), doch ist fraglich, ob man daraus irgendwelche schlüssigen Folgerungen über die diachrone Expansion des lexikalischen (und damit auch diathesebezogenen) Inputs der Konstruktion mit externem Possessor und seine Beziehung zum SubRes ziehen darf. Schliesslich ist dieselbe Konstruktion auch mit einem Input weit verbreitet, welcher keine possessive Relation (zumindest keine inalienable) voraussetzt; vgl. etwa U brata kupleny vse bilety wörtl. ,Beim Bruder sind alle Eintrittskarten gekauft‘ (⊃ ,Der Bruder hat alle Eintrittskarten gekauft‘).

Schaut man nun weiter auf das lettische sekundäre PossRes, welches das ranghöchste Argument (bzw. den externen Possessor) im Dativ ausdrückt, so lässt sich hier aufgrund des objektorientierten t-Partizips klar erkennen, dass die ursprüngliche Possessiv-Konstruktion auf einem ObRes aufbaut. Dafür spricht nicht zuletzt auch die Tatsache, dass das lettische sekundäre PossRes als Input keine intransitiven Verben zulässt (s. 4.2). Summa summarum verliert damit die Annahme, dass sekundäre PossRes, die anfangs einem externen Possessor einschlossen, auf SubRes aufbauen, an Boden. Als plausibler erweist sich die Gegenannahme, dass auch dieser Resultativ-Typ sich direkt aus ObRes ableitet. 1.6. Objektorientiertes Resultativ vs. Passiv Objektorientierte Resultativa stellen häufig die Vorstufe zur Ausbildung eines echten Passivs dar. In allen hier behandelten Sprachen ist dies der Fall. Ein echtes Passiv zeichnet sich dadurch aus, dass die lexikalische Struktur (darunter auch die LAF) des betreffenden tran-sitiven Verbs erhalten bleibt (bzw., aus diachroner Sicht, quasi wieder hergestellt wird) und dass sich gegenüber dem Aktiv (= unmarkierter grammatischer Diathese) nur eine Verän-derung in der syntaktischen Kodierung der beiden privilegierten Argumente des Prädikats ergibt: das ranghöchste, d.i. agens-hafteste Argument (Actor), welches im Aktiv als kongru-enzauslösendes (nominativisches) Subjekt erscheint, wird entweder syntaktisch ganz unter-drückt oder ist allenfalls als oblique NP oder PP ausdrückbar; das rangniedrigste, d.i. patiens-hafteste Argument (Undergoer) avanciert vom präpositionslosen akkusativischen Objekt (= direktes Objekt) zum Subjekt, welches im Prädikat Kongruenz auslöst. Die Markierung dieses gegenüber dem Aktiv veränderten Linking in die Syntax erfolgt am Prädikat in Form von

Resultativa

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periphrastischen Bildungen (Partizip des Ausgangsverbs + Kopula/Auxiliar) oder mithilfe eines Morphems am Verb (Reflexiv- bzw. Mediummarker o.ä.); vgl. Wiemer (2004:273-276).

Hinsichtlich der Beziehung zum Resultativ sind für uns nur die periphrastischen Bildungen des Passivs von direktem Interesse. Der wesentliche Unterschied zwischen einem periphra-stischen (analytischen) Passiv und einem Objektresultativ besteht darin, dass das Resultativ gegenüber dem Ausgangsverb eine aktionale Verschiebung der Art bewirkt, wie wir sie in 1.1 erläutert haben. Das eigentliche Passiv führt zu keiner solchen Verschiebung; vgl. den aktivischen Satz in Bsp. (2) und seine passivische Entsprechung, welche in Klammern dazu-gesetzt ist, und den entsprechenden Unterschied zwischen Die Stadt ist umzingelt worden (Passiv des Perfekts) und Die Stadt ist umzingelt (ObRes auf präsentischer Zeitstufe). Die dia-chrone Entwicklung periphrastischer Passiv-Konstruktionen aus objektorientierten Resultativa ergibt sich in den hier betrachteten Sprachen (sowie generell den meisten Sprachen Europas) daraus, dass meistens (noch) kein Auxiliar vom Typ dt. werden verwendet wurde, mit dessen Hilfe eine klare morphologische Abgrenzung zum Resultativ möglich gewesen wäre. Die kontextfreie Ambiguität zwischen ObRes und Passiv bleibt bis heute im Regelfall bestehen, wo solch ein Auxiliar nicht existiert. Viele der sog. periphrastischen Passiva, die keine explizite Angabe des ranghöchsten (= agens-haftesten) Arguments erlauben (Lettisch und prinzipiell auch Slovakisch), stellen somit genau genommen objektorientierte Resultativa dar11. Man kann auch anders herum davon sprechen, dass ObRes- und Passiv-Funktion in einer Form zusammenfallen; diese ist dadurch aktional diffus, dass die ereignisbezogene (= passivische) vs. resultative Lesart durch andere Faktoren geregelt wird als durch die Kon-struktion an sich. Auf diese Faktoren werden wir in 2.2-2.3 genauer eingehen und auf sie in den darauffolgenden Abschnitten systematisch hinweisen.

Im Zusammenhang mit neutrischen (bzw. genusneutralen) Formen der Partizipien werden wir in einigen Fällen auch auf Konstruktionen eingehen müssen, die man zum Subjekt-Impersonal rechnen kann (so vor allem im Polnischen und Ukrainischen). Darunter wären, Plungjan (2000:217-219) folgend, passivnahe Konstruktionen zu verstehen, bei denen zwar das ranghöchste Argument syntaktisch unterdrückt wird, jedoch kein anderes Argument anstelle jenes demovierten Arguments den Status eines Subjekts erlangt; nicht zuletzt das direkte Objekt behält denselben syntaktischen Status wie in der aktivischen Konstruktion. Auf die Einzelheiten werden wir an entsprechender Stelle eingehen. 1.7. Die Aufgabenstellung Wir stellen hier die Unterschiede zwischen ereignisbezogener und resultativer Bedeutung in den Vordergrund, weil wir deren systematische Zusammenhänge − insbesondere diachroner und typologischer Art − vergleichend umfassen möchten, sofern dies anhand einer oft sehr lückenhaften Belegungsgeschichte und einer nicht immer vollständigen deskriptiven Er-fassung überhaupt möglich ist. Abgesehen davon treten Resultativkonstruktionen nur selten in morphologisch eindeutiger Form (als separates ‘gram’ im Sinne von Bybee/Dahl 1989) auf; sie stellen einen Synkretismus aus dem Merkmal [+ anterior] (zu einem ausgezeichneten Bezugspunkt, üblicherweise dem Sprechzeitpunkt), der transformativen Bedeutung des zu-grundeliegenden Verblexems sowie der zumindest syntaktischen Ausblendung des semantisch ranghöchsten (= agens-nächsten) Arguments (Dekausativierung) dar. Gerade darum ist es

11 Zur Begründung einer solchen Sichtweise verweisen wir auf Wiemer (2004:286-290). Für das Let-tische liesse sich (anders als im Slovakischen) auch dafür plädieren, Konstruktionen der Art t-Partizip + ESSE-Kopula noch nicht einmal als komplexe Tempusform, sondern gar nur als eine freie Zusam-mensetzung anzusehen (ähnlich prädikativen Adjektiven, die von einer Kopula begleitet werden). Denn Lettisch gehört zu den wenigen Sprachen, in denen es ein spezialisiertes Passiv-Auxiliar (tikt ,werden’) gibt, und dieses steht der resultativ oder stativ zu interpretierenden Konstruktion t-Partizip + ESSE-Kopula gegenüber (vgl. eingehend dazu Holvoet 1994a; 2001:159ff.).

Einleitung

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umso wichtiger, eindeutige semantische Kriterien zur Ausgrenzung dieser formal und lexika-lisch sehr heterogenen Klasse von Prädikaten zugrundezulegen. Die weiteren Grundlagen der Klassifikation werden unten ausführlich am Standardrussischen, als der in dieser Hinsicht am besten untersuchten slavischen Sprachvarietät, exemplifiziert und dann, so weit möglich, auf die übrigen Sprachen (bzw. deren Varietäten) angewandt.

Die folgenden Ausführungen gelten einer kritischen, an den Primärdaten orientierten Bestandsaufnahme der Resultativkonstruktionen in den nordslavischen und baltischen Spra-chen, wobei wir ausführlicher auf Einzelheiten eingehen werden, welche unseres Wissens bislang keine oder nur wenig Beachtung gefunden haben. Besonderes Augenmerk legen wir generell auf die Diathesetypen und den jeweiligen Grad der lexikalischen Ausbreitung (= Expansion im Lexikon) der Konstruktionen. Das letztere Kriterium sehen wir, Lehmann (1999b:207ff.) folgend, als zentral für die Einschätzung des Grammatikalisierungsgrades einer Wortklasse oder Konstruktion in der jeweiligen Sprachvarietät an. Ansatzweise werden wir dabei nicht nur auf diachrone, sondern auch auf soziolinguistische Hintergründe eingehen.

Systematisch werden wir Resultativa im Verhältnis zum (ereignisbezogenen) Passiv betrachten, dabei jedoch das sog. impersonale Passiv (im Slavischen mit der neutrischen Form der ehemaligen Nominalflexion der n/t-Partizipien, im Baltischen mit entsprechenden Formen der t- und m-Partizipien) im wesentlichen ausklammern. Eine Ausnahme machen wir nur bei den no/to-Formen des Polnischen, Ukrainischen und der NW-russischen Mundarten, zu deren diachronem Hintergrund allerdings nur das Nötigste gesagt werden kann. Die Stellung des „impersonalen“ Passivs und die Entstehung des Subjektimpersonals auf -no/to machen die hier besprochenen Verhältnisse noch um einiges komplexer und verdienten deshalb zunächst separate Studien12. Analoges betrifft den Status verschiedener agensfähiger NPs und PPs, insbesondere die schon viel diskutierte PP u+GEN in den NW-russischen Mundarten (zu dieser Problematik vgl. Wiemer 2002: 3.5.4, 5.3; 2004:305-313; im Druck3: 3.2; dort auch einschlägige Literaturangaben).

12 Vor allem, weil das diachrone Verhältnis des „unpersönlichen“ Passivs zu kongruierenden Passiva sowie auch seine Beziehung zu kongruenzlosen (grösstenteils nominalen) Satzmustern und den Funk-tionen eines Evidentialis (im Baltischen und den nordrussischen Mundarten) alles andere als geklärt und trivial ist. Vgl. zu dieser Problematik allgemein Wiemer (2002:350-371, 595-599, 615-620; im Druck3: 3.1, 3.3), für das Baltische jüngstens vor allem Ambrazas (2001).

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2. Standardrussisch 2.1. Diathese-Typen und ihre Korrelationen mit temporalen Funktionen Im Standardrussischen sind nur SubRes und ObRes mit n/t-Partizipien bekannt. Die gele-gentlich erwähnten „ob"ektno-posessivnye rezul’tativy“ vom Typ U nego ruka podnjata wörtl. ,Bei ihm (ist) die Hand gehoben‘ (= ,Er hat die Hand erhoben‘) sind eine sekundäre Erscheinung, insofern als die u+GEN-Phrase in vielen (den meisten?) Fällen kein Agens darstellt, sondern als externe Possessor-Phrase zu werten ist13. Bei den von Nedjalkov/ Jachontov (1983) besprochenen primären PossRes müsste das Agens im Nominativ, das Objekt im Akkusativ stehen (vgl. die NW-russ. Mundarten sowie das Litauische, s. 3.1 und 4.1). Vgl. dazu schon die Ausführungen in 1.5.

Die lexikalische Basis von SubRes ist im Standardrussischen sehr heterogen. Zunächst einmal sind sie sehr oft derivational ambig (im Sinne der „bidiathetischen“ Resultativa). Die Erklärung dafür ist laut Nedjalkov/Jachontov (1983:26), dass standardrussische SubRes in der Regel nur von denjenigen transformativen Verben mit einem Reflevixmarker (-sja) gebildet werden, wenn zu diesen parallel jeweils der entsprechende Stamm ohne diesen Marker vor-kommt. Vgl. z.B. (5) On vzvolnovan ,Er ist aufgeregt, erregt‘

⇐ On vzvolnovalsja ,Er ist in Aufregung geraten‘ → subjektorientiert, oder ⇐ Ego vzvolnovali.3.PL ,Man hat ihn in Aufregung versetzt‘ → objektorientiert.

Vgl. ebenso etwa On smuščen ,Er ist verlegen (geworden)‘ (⇐ On smutilsja ,Er zeigte Ver-legenheit‘, oder Ego smutili ,Man hat ihn verlegen gemacht‘).

Ausnahmen von dieser Regel sind u.a. (6a) vljublen ,verliebt (sein)‘ (⇐ vljubit'sja ,sich verlieben‘, mit nicht existentem *vljubit'). (6b) rasterjan ,zerstreut, verwirrt (sein)‘ (⇐ rasterjat'sja ,zerstreut werden‘,

das transitive rasterjat' hat eine andere Bedeutung, nämlich ,(der Reihe nach, allmählich) Gegenstände verlieren‘).

(6c) vospalen ,entzündet (sein)‘ (⇐ vospalit'sja ,sich entzünden‘, das transitive vospalit' ,entzünden‘ ist veraltet und wird nur noch in figurativer Bedeutung verwendet, z.B. vospalit' voobraženie ,die Vorstellung, Phantasie entzünden‘).

Vgl. dazu Knjazev (1983:150). Eine prominente Gruppe stellen bei diesen Ausnahmen n/t-Partizipien von Verben dar, die figurativ zur Bezeichnung mentaler Zustandswechsel ver-wendet werden; so z.B. uglubit’sja ,sich vertiefen (in)‘ ⇒ uglublen (v rabotu) ,in die Arbeit vertieft (sein)‘, pogruzit’sja ,sich hineinversetzen, hineinbegeben‘ ⇒ pogružen (v čtenii) ,im Lesen vertieft (sein)‘14. Bei diesen Resultativa ist eine derivative Beziehung zum entspre-

13 Die Entwicklung hat hier aller Wahrscheinlichkeit nach von denjenigen Fällen ihren Ausgang genommen, in denen der Referent des nominativischen Subjekts einen inalienablen Teil des Referents der u-Phrase darstellt (vgl. etwa U nego rot otkryt wörtl. ,Bei ihm (ist) der Mund geöffnet‘ = ,Sein Mund steht offen‘ ⇐ U nego (mimovol’no) otkrylsja rot wörtl. ,Bei ihm öffnete sich (unwillkürlich) der Mund‘ = ,Sein Mund öffnete sich‘); zu weiteren Ausführungen darüber vgl. Wiemer (im Druck3: 3.2) mit weiteren Literaturhinweisen. Auf den diachron sekundären Charakter der Konstruktion mit u+GEN weist u.a. der Umstand hin, dass sie de facto immer resultativ (nicht jedoch ereignisbezogen) interpretiert wird (vgl. Knjazev 1989a:113f., 138, 214f.). 14 Solche SubRes stehen nicht selten der Lexikalisierung nahe, und es wäre gerechtfertigt, sie in Ver-bindung mit dem Typ zanjat’sja ,sich (einer Sache) annehmen‘ ⇒ byt’ zanjatym ,beschäftigt sein‘ zu betrachten. Knjazev (1983:156; 1989a:116-119) bespricht sie als einen lexikalisch (und aktional) sehr

Resultativa

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chenden kausativen Verb ebenso praktisch ausgeschlossen (vgl. etwa *pogruzit’ kogo-nibud’ v rabotu *,jmd. in Arbeit vertiefen’). Von Verben der Sinneswahrnehmung mit dem Postfix -sja schliesslich werden gar keine Resultativa gebildet; die einzige Ausnahme stellt hierbei offenbar byt’ naslyšannym ,eine Menge gehört haben’ dar (⇐ naslyšat’sja ,eine Menge hören von’). Bezüglich dieser lexikalischen Gruppe unterscheidet sich das Standardrussische vom Ukrainischen, Polnischen, Tschechischen und Slovakischen (s. 6.2, 7.1, 9.3.) ebenso wie bei der Verbreitung adjektivischer l-Partizipien (s.u. sowie 6.3, 7.1, 8.2, 9.3).

SubRes können in der Regel nur resultativ verwendet werden. Eine Ausnahme stellen hier allerdings n/t-Partizipien emotiver Verben (u.a. udivlen ,verwundert‘, ogorčen ,betrübt‘, rasstroen ,in schlechte Laune gekommen, mürrisch geworden‘) dar. Diese erlauben nun zwar eine ereignisbezogene Verwendung, doch ist bei ihnen eine passivische (d.i. objektorientierte) Interpretation auch dann äusserst erschwert oder gar ausgeschlossen, wenn sie bidiathetisch sind, d.i. ohne Kontext auch von einem kausativen Verb der emotionalen Veränderung deri-viert worden sein könnten. Dies zeigt der folgende Beleg (zit. aus Knjazev 1989b:92), in dem das Adverbialpartizip navestiv ,besucht habend’ die relevante Referenzzeit angibt, nach welcher unmittelbar das Ereignis byla ogorčena ,war betrübt‘ eintrat: (7) Mat‘, navestiv menja v sledujuščij raz, byla ogorčena, čto ja isportil takuju interesnuju knigu

,Die Mutter war, als sie mich das nächste Mal besuchte, betrübt darüber, dass ich ein so interessantes Buch verschandelt hatte‘. (V. Šefner, „Imja dlja pticy“)

Das Partizip ogorčena stellt ein SubRes dar, da es sich hier nicht um ein Passiv (abgeleitet vom kausativen ogorčit’ ,jmd. betrübt machen’) handelt, sondern um eine Ableitung des dazu konversen sja-Verbs ogorčit’sja ,betrübt werden’. Das heisst, dass bei emotiven Verben wie diesen das n/t-Partizip per Default nicht auf ein von aussen kausiertes Ereignis zurückgreift.

Abgesehen von dieser relativ kleinen lexikalischen Gruppe lassen sich SubRes in ihrer Mehrzahl nicht mit Adverbialen verbinden, die die Referenzzeit angeben; vgl. etwa (8) #Glaza byli vospaleny v dva časa noči

,Die Augen waren um zwei Uhr nachts entzündet‘. Dies lässt sich nur als Nachzustand interpretieren (≠ Glaza vospalilis’ v dva časa noči ,Die Augen entzündeten sich um zwei Uhr nachts‘). Ebenso wenig lassen bidiathetische Resul-tativa eine ereignisbezogene Interpretation zu, wenn sie als Derivative von Verben mit dem Postfix -sja (also subjektorientiert) verstanden werden sollen; so kann etwa (9) Dver’ byla otkryta čas nazad ,Die Tür wurde/war vor einer Stunde geöffnet‘ in ereignisbezogener Lesart (‚wurde... geöffnet‘) nur objektorientiert verstanden werden (⇐ Dver’ otkryli.3.PL čas nazad ,Man öffnete die Tür vor einer Stunde‘), nicht dagegen subjekt-orientiert. Mit anderen Worten: eine derivative Beziehung zu Dver’ otkrylas’ čas nazad ,Die Tür öffnete sich vor einer Stunde‘ entfällt hier.

Die Blockade einer objektorientierten und ereignisbezogenen Lesart ist jedoch nicht die Folge der Intransitivierung des Basisverbs durch das Postfix -sja an sich. Denn wie Knjazev (1989a:120-122) darlegt, ist eine solche Lesart möglich bei sja-Verben, wenn diese einen Zustandswechsel bezeichnen, der einen externen Kausator präsupponiert (und der zur Argu-

beschränkten Sonderfall, der als russisches Äquivalent zum englischen Progressiv betrachtet werden kann.

Standardrussisch

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mentstruktur des entsprechenden transitiven Verbs gehört). Dies lässt sich bei bestimmten Verben beobachten, die sich unspezifisch auf eine Handlungsphase beziehen. Das n/t-Partizip muss dann bidiathetisch sein; vgl. etwa: (10a) V laboratorii opyty uže načaty ,Im Laboratorium haben die Versuche schon

begonnen‘ (wörtl. ,... sind schon begonnen‘) (⇐ Načalis‘ opyty ,Versuche haben begonnen‘

⊃ Kto-to načal opyty ,Jemand hat Versuche begonnen‘) vs.

(10b) *Dožd’ uže načat wörtl. ,Der Regen ist schon begonnen‘ (⇐ Načalsja dožd‘ ,Der Regen hat begonnen‘,

jedoch nicht *Dožd‘ načali *,Man begann den Regen‘). Demgegenüber kommt bei ObRes sehr regelmässig Konkurrenz mit der ereignisbezogenen Lesart auf. Diese deckt sich weitestgehend mit dem Passiv (s. 2.2), und man erkennt aus dieser Korrelation zwischen der Ausgangsdiathese des Basisverbs (Einschluss eines Kausa-tors) und der aktionalen Interpretation (ereignisbezogen) die unmittelbare, aber immerhin lexikalisch gesteuerte Beziehung zum Passiv im Russischen.

Mit dem Stativ ergeben sich Überschneidungen bei denjenigen ObRes, die zugleich als Konversen zu statisch verwendbaren ipf. Verben betrachtet werden können („Quasi-Resultativ“; vgl. Knjazev 1983:149 und Nedjalkov/Jachontov 1983:11f.). So etwa im Fall von (11a) Territorija pokryta lesami ,Das Gebiet ist von Wäldern bedeckt‘. ↔ (11b) Territoriju pokryvajut lesa ,Das Gebiet bedecken Wälder‘. Dem wäre noch die passivische Verwendung des ipf. Verbs hinzuzufügen: (11c) Territorija pokryvaetsja lesami ,Das Gebiet wird von Wäldern bedeckt’. (11a-c) sind denotativ vollkommen identisch, insbesondere kann kein externer Kausator ange-nommen werden. Man bemerke, dass auch im Deutschen der ansonsten deutliche aktionale Unterschied zwischen dem SEIN-Passiv (Übersetzung zu 11a) und dem WERDEN-Passiv (Übersetzung zu 11c) in diesem Fall verloren geht, da auch das letztere sich nur auf eine statische Situation bezieht. Diese Art der „denotativen Synonymie“ zwischen den drei ange-führten Konstruktionen ist im Standardrussischen bei einer grossen Anzahl von Verben mög-lich und besonders charakteristisch für wissenschaftliche Texte, in denen, anders als in narrativen Texten, in der Regel keine Sequenzierungen von Handlungen dargestellt, sondern viel häufiger atemporale Relationen zwischen Sachverhalten vorgestellt werden. (Wir kom-men darauf in 2.3 noch zurück; s. besonders den dortigen Vergleich von Bsp. 26a-b.)

Genau beschrieben wurden diese Fälle von Gavrilova (1973). Freilich fällt es schwer, ihrem Schluss zu folgen, laut dem es sich bei n/t-Partizipien in Sätzen von Typ (11a) nicht um Partizipien pf. Verben handeln könne. Diesen Schluss meint sie aufgrund der Synonymie zwischen (11a) und (11c) – mit einer finiten Form des entsprechenden ipf. Verbs – ziehen zu müssen. Im Sinne der Interpretation von Folgezuständen aus terminativen Ereignissen als resultativ (und damit sekundär-statisch) ergibt sich dieser Schluss jedoch keineswegs; viel-mehr ist ja der Nachzustand geradezu eine Folge auch der Zugehörigkeit der derivierenden Verben zum pf. Aspekt. Dass die resultativen n/t-Partizipien in diesem Fall auf Situationen referieren, die gar keine dynamische Präsupposition (sprich: einen Zustandswechsel) erfor-dern, da sie atemporal sind, ist nicht eine Eigenschaft der Konstruktion als solcher, sondern auf ein Zusammenwirken der speziellen Funktion des Präsens und der referenziellen Natur der Aktanten (und damit auch der lexikalischen Beschreibung der Basisverben) zurück-zuführen.

Resultativa

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Hinsichtlich der temporalen Interpretation gilt Ähnliches auch für eine bestimmte Gruppe subjektorientierter l-Partizipien, gebildet von intransitiven pf. Verben mit in aller Regel mutativer LAF. Mutative Verben bezeichnen, wie erinnerlich, parametrische Veränderungen (bezogen auf eine relative Endgrenze; s. 1.4). Die Zustandsveränderung wird auf dem Hintergrund einer (u.U. näher angegebenen) Zeitspanne konstatiert. Vgl. etwa Formen wie postarel ,(er ist) alt geworden’, raspolnel ≈ ,(er hat) Fett angelegt’, obrjuzg (< obrjuzglъ) ,(er ist) schwammig, wabbelig geworden’ in der prägnanten Diskussion von Knjazev (1989b:84), aus welcher auch der folgende Beleg stammt: (12) Otec vstretil menja v Baltijskom portu. My ne videlis‘ bol’še dvuch let. On obrado-

valsja, skazal, čto ja očen‘ vyros [< vyros-lъ] ... Otec pochudel, potemnel, v usach stala zametna sedina ,Der Vater traf mich im Baltischen Hafen. Wir hatten uns schon mehr als zwei Jahre

nicht gesehen. Bei ihm kam Freude auf, er sagte, dass ich sehr gewachsen sei... Der Vater war abgemagert und hatte sich verfinstert [wörtl. ,war finster geworden’], im Schnurrbart machten sich graue Haare bemerkbar’.

Das narrativ verwendete Präteritum liefert hier den Hintergrund für Veränderungen des Erscheinungsbilds der Protagonisten. Diese Veränderungen, welche dem Referenzzeitraum der Erzählung vorausgehen, werden hier so dargestellt, wie sie beide Protagonisten in bezug aufeinander wahrnehmen.

Man beachte, dass es sich bei diesen l-Formen nicht um Adjektive in prädikativer Verwendung handelt, sondern um das gewöhnliche l-Präteritum pf. Verben selbst (wenn dieses freilich auch etymologisch in einer direkten Beziehung zu den mit l-Suffix gebildeten anterioren Adjektiven steht). Dieses wird nur im Sinne der ‘perfektischen Bedeutung’ umgedeutet (s. das Ende von 1.1); wenn man so will, handelt es sich hier um eine spezielle Funktion des pf. Präteritums, die auch in anderen slavischen Sprachen auftritt (und offenbar auf terminative Verben beschränkt ist). 2.2. Lexikalisch und grammatisch bedingte Restriktionen und Ambiguitäten Resultativa werden prinzipiell nur von pf. Verben gebildet15, aber auch unter diesen ist ihre Expansion nicht maximal. Nicht gebildet werden sie

(a) von vielen Verben, die Ereignisse ohne erkennbaren Zustandswechsel bezeichnen (= Konklusiva und Momentativa), z.B. *udaren ,(auf)geschlagen‘,

(b) von pf. Verben mit lediglich Phasen modifizierenden oder semelfaktiven Präfixen (*Kniga byla počitana ?,Das Buch war (ein wenig) gelesen‘ *Moroženoe bylo liznuto ?,Das Eis war (einmal kurz) geleckt‘ etc.).

Das „unpersönliche“ Resultativ wird nur von sehr wenigen Verben gebildet, die entweder intransitiv sind (z.B. choženo ⇐ chodit’ ,umhergehen‘) oder absolutiv gebraucht werden, z.B.

15 Zu Ausnahmen vgl. Knjazev (1983:151; 1989a:58f.) und Krasil’nikova (1973:190). Die dort bespro-chenen Belege sind mit Ausnahme von pisan (Dnevnik pisan byl ne dlja pečati, ne dlja istorii ,Das Tagebuch wurde nicht zum Druck, nicht für die Geschichte geschrieben‘ = pisalsjaIPF.PRT.3.SG.M) allesamt resultativ; vgl. z.B.: i voobšče dva mesjaca pol ne meten wörtl. ,und überhaupt seit zwei Monaten (ist) der Fussboden nicht gefegt‘. Dies weist darauf hin, dass es sich um Relikte einer Zeit handelt, als die Aspekt-Korrelation weniger stark ausgeprägt war und noch allein die LAF des Verbs über die Verwendung als resultative Form entscheiden konnte (s. auch Fn. 37 in 3.4). Wir treffen dieses Phänomen auch in den Mundarten an (s. 3.3).

Standardrussisch

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(13) zdes’ nakureno wörtl. ,Hier ist (es) vollgeraucht‘ (⇐ nakurit’ ,vollrauchen, eine Menge rauchen‘).

(14) ja ne znala čto takoe markirovka / prosto sinim ili krasnym / kraskoj na stvolach zaljapano // ,ich wusste nicht, was das ist, eine Markierung / einfach in blau oder rot / mit Farbe

(war es) auf den Stämmen hingepinselt‘.

Zu weiteren relevanten Beispielen vgl. Knjazev (1983:151), Krasil’nikova (1973:188f.), Petrova (1968:125).

Die zuletzt genannten Fälle kann man in gewisser Weise als lexikalisiert ansehen, wobei sie sich hinsichtlich ihrer aktionalen Charakteristik nahtlos in die Gruppen der produktiv gebildeten n/t-Partizipien einfügen (Knjazev 1989a:108f.). Unter allen slavischen Sprachen ist damit im Standardrussischen die Bildung von n/t-Resultativa am stärksten auf transitive Verben und sja-Verben mit transitiven Pendants beschränkt (s. die folgenden Abschnitte; vgl. Knjazev 1989a:194f., 198-201).

Die Konkurrenz mit der Funktion des (ereignisbezogenen) Passivs hat systematischen Charakter16; anders gesagt: ObRes und analytisches Passiv fallen im wesentlichen formal zusammen (ausgenommen emotive Verben17, zu weiteren Ausnahmen s.u.). Sie gilt jedoch lediglich für die Nominalformen der Part. Prät. Passiv (auf -n/t-), da die Pronominalformen nur mit „halbkopulativen“ Verben (russ. ‘poluznamenatel’nye svjazki’) wie etwa okazat’sja ,sich erweisen‘, pokazat’sja ,erscheinen‘, ostat’sja ,bleiben‘ auftreten und dabei aus-schliesslich resultative Bedeutung haben18; vgl. z.B. (15) Den’gi okazalis’ (uže) perevedennymi na nužnyj sčet ,Das Geld erwies sich als (bereits) auf das benötigte Konto überwiesen‘. Die Überlagerung des ObRes mit dem Passiv-Paradigma im Russischen ist u.a. dadurch bedingt, dass beide Kategorien (ObRes und analytisches Passiv) nur von pf. Verben gebildet werden (s.o.). Hinsichtlich des Tempus besteht zwischen beiden ein asymmetrisches Verhält-nis: eine aktive Form wie Postroili školu ,Man hat eine Schule gebaut‘ kann einem ObRes sowohl auf präsentischer wie auf präteritaler Stufe entsprechen (Škola ∅ postroena ,Die Schule ist gebaut‘ vs. Škola byla postroena ,Die Schule war gebaut (worden)‘). Im Präsens kann ein ObRes somit zu einem Perfekt des Passivs umgedeutet werden (s. 1.1, 1.6). Diese Umdeutung ist bei einigen lexikalischen Gruppen sogar zwingend (s.u.), doch ist sie prinzi-piell im Präsens deutlich schwieriger als im Präteritum oder Futur. Vgl. dazu folgende Sätze (in Anlehnung an Knjazev 1983:152):

16 In der Formulierung von Knjazev (1983:156) erscheint die ereignisbezogene Funktion sogar als die primäre (!): „Причастие на -н, -т любого переходного глагола в русском языке может выражать акциональное значение, поэтому от значения глагола зависит лишь наличие у причастия также и результативного значения.“ (,Partizipien auf -n/t- eines beliebigen transitiven Verbs können im [Standard]Russischen ereignisbezogen verwendet werden. Deshalb hängt von der Bedeutung des Verbs lediglich ab, ob das Partizip auch eine resultative Bedeutung aufweist.’) (Vgl. auch Knjazev 1989b:92.) Es ist jedoch fragwürdig, ob diese heutige Situation der diachronen Ausgangslage entspricht; zur Diskussion s. 12.5. 17 Zu weiteren Einschränkungen vgl. Knjazev (1989a:141-143) und Lönngren (1970:108f.). 18 Vgl. Knjazev (1983:149; 1989a:56f.). In südlichen und NW-russischen Dialekten hingegen gibt es solche Resultativa durchaus. Trubinskij (1984:92-95) bezeichnet sie als „člennyj perfekt“. In Einzel-fällen sind Pronominalformen von n/t-Partizipien auch in der Umgangssprache (‘razgovornaja reč’’) gebräuchlich, wobei allerdings Konkurrenz mit der ereignisbezogenen Interpretation praktisch nicht zu beobachten ist. Ähnlich genutzt wird die Opposition zwischen Nominal- und Pronominalformen in der ‘spisovná čeština’ (s. 9.2).

Resultativa

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(16) V tu dver’, čto vela na kuchnju, vmesto filenki bylo vstavleno matovoe steklo.

i. ,In die Tür, die zur Küche führte, war anstelle einer Spanplatte eine matt durchschimmernde Glasscheibe eingebaut‘ → Resultativ im Präteritum

ii. ,In die Tür, die zur Küche führte, war anstelle einer Spanplatte eine matt durchschimmernde Glasscheibe eingebaut worden‘ → Passiv des Präteritums

(entspricht dem dt. Plusquamperfekt.)

(17) V tu dver’, čto vela na kuchnju, vmesto filenki ∅ vstavleno matovoe steklo. i. ,In die Tür, die zur Küche führte, ist anstelle einer Spanplatte eine matt

durchschimmernde Glasscheibe eingebaut‘ → Resultativ im Präsens ii. ,In die Tür, die zur Küche führte, ist anstelle einer Spanplatte eine matt

durchschimmernde Glasscheibe eingebaut worden‘ → Passiv des Perfekts. Die resultative Interpretation (i) ist beim Präsens (17) stärker als im Präteritum (16). Häufig ist sie gar nicht abänderbar, was erklärt, weshalb Adverbiale, die die Aktzeit angeben, mit diesen Formen im Präsens entweder gar nicht oder nur schwer verbindbar sind; vgl.: (18) *Včera derevnja zanesena snegom wörtl. ,Gestern (ist) das Dorf von Schnee bedeckt‘.

(19) Voz’mi ėtot stakan. ?On umyt včera / tol‘ko čto wörtl. ,Nimm dieses Glas. Es (ist) gestern / gerade erst abgewaschen‘. „Janusgesichtig“ ohne lexikalische Einschränkungen verhalten sich ObRes somit de facto nur im Präteritum19. 2.3. Diskurspragmatische Besonderheiten vs. lexikalisch-aktionale Defaults Wie später anhand tschechischen Materials noch näher ausgeführt werden wird (s. 9.2), sind jedoch temporale Adverbiale, welche in der Lage sind, die Aktzeit anzugeben, nicht per se mit einer resultativen Bedeutung inkompatibel. Wenn die Konstruktion auf präsentischer Stufe steht, können solche Adverbiale sich nämlich auch auf eine bleibende (oder irgendwie für die Kommunikationssituation relevante) Eigenschaft des Subjekt-Referenten beziehen. Sie tun dies, wenn sie selbst rhematisch, die resultativen Partizipien hingegen non-rhematisch auftre-ten. Werden Temporaladverbiale in diesem Sinne verwendet, verhalten sie sich wie Adver-biale des Ortes oder der Art und Weise. Vgl. dazu die folgenden geläufigen Beispiele20: (20) Škola postroena neskol’ko let nazad wörtl. ,Die Schule (ist) vor ein paar Jahren gebaut‘ (aus Knjazev 1983:155; vgl. auch Knjazev 1989b:86).

(21) Ėti ovošči kupleny včera na rynke (aus RG 1979/I:280) wörtl. ,Dieses Obst (ist) gestern auf dem Markt gekauft‘. Allerdings trifft diese Beobachtung wiederum nicht auf alle Fälle rhematisch verwendeter Adverbiale zu. Würde man nämlich in einen Beispiel wie (18) das Adverb včera rhemati-

19 Vgl. dazu u.a. auch Knjazev (1989a:155-159) und Padučeva (1998:147f.). 20 Vgl. weitere Beispiele in Knjazev (1989a:97f.) sowie die Diskussion in Kozinskij (1988:500f.), Krasil’nikova (1973:190-192) und Padučeva (2004:499f.).

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sieren (etwa indem man es an das Satzende verschiebt), wäre eine solche Äusserung genauso wenig akzeptabel.

Ganz Analoges lässt sich für die Angabe des syntaktisch demovierten ranghöchsten (= agens-nächsten) Arguments feststellen. So weist etwa Krasil’nikova (1973:187f.) darauf hin, dass in der Umgangssprache zwar Angaben des Agens durch eine NP im Instrumental stark gemieden werden, dass sie aber dennoch zu beobachten sind, wenn eine solche NP eigentlich possessiven Charakter aufweist oder die Art und Weise der Handlungsausführung näher beschreibt. Ihre Beispiele weisen eine solche NP alle in rhematischer Verwendung auf, während das partizipiale Prädikat selbst thematisch ist; vgl. etwa (22) ėto očen‘ zdorovo sdelano v smysle orkestrovki / i vsego / i voobšče-to nu napisano

bol’šim masterom ,das ist echt toll gemacht im Sinne der Orchestrierung / und alles / und überhaupt naja es ist von einem grossen Meister geschrieben‘.

(23) ėta p’esa napisana Alekseem Tolstym ,dieses Stück ist von Aleksej Tolstoj geschrieben‘.

In diesem Zusammenhang taucht ein weiteres Phänomen auf. Bestimmte Gruppen von Verben erlauben zwar die n/t-Konstruktion, lassen dabei aber praktisch die resultative Bedeutung nicht zu. Sie werden stattdessen ereignisbezogen verstanden (vgl. etwa die Einteilung in Lönngren 1970:63-76). Genannt werden hierunter in erster Linie (a) Transfer-Verben: pereslat’ ,herüber-, weiterschicken‘ und andere auf -slat’ ,schicken‘, peredat’ ,übergeben‘ und andere auf -dat’ ,geben‘ etc. (b) verba dicendi und Verben, die mentale oder soziale Akte bezeichnen: zametit’

,bemerken‘, isključit’ ,ausschliessen‘, poručit’ ,(eine Sache) auftragen‘, prostit’ ,verzei-hen‘, obmanut’ ,betrügen‘, kupit’ ,kaufen‘, soglasovat’ ,koordinieren, vereinbaren‘, dokazat’ ,beweisen‘ etc.

(c) Transport-Verben: prinesti ,herbringen, -tragen‘, otvezti ,wegbringen, -fahren‘ (d) auf Phasen bezogene Verben: načat’ ,anfangen‘, zaveršit’ ,beenden, fertig stellen‘ etc. sowie einige andere. Vgl. vor allem Knjazev (1989a:123-127), der betont, dass, selbst wenn n/t-Partizipien solcher Verben auf präsentischer Stufe verwendet werden, sie auf den Akt zurückverweisen, welcher zu der neuen lokalen Befindlichkeit bzw. dem neuen sozialen „Status“ geführt hat. Er führt dazu Sätze der folgenden Art an: (24a) Ty proščen, zamečen, preduprežden wörtl. ,Du (bist) entschuldigt, bemerkt, vorgewarnt‘.

(24b) Proizneseno važnoe slovo wörtl. ,Ein wichtiges Wort (ist) ausgesprochen‘.

(24c) Ego nevinovnost’ dokazana wörtl. ,Seine Unschuld (ist) bewiesen‘.

(24d) Vam poručeno ėto delo wörtl. ,Ihnen (ist) diese Sache aufgetragen‘.

(24e) Slušaj / nu my tebja ždem / ty prichodi / tort kuplen // (Umgangssprache) ,Hör zu / also wir warten auf dich / komm her / die Torte ist gekauft‘.

(24f) Tol’ko čto končilos‘ zasedanie pedagogičeskogo soveta. Ves’ klass isključen wörtl. ,Gerade eben ist die Sitzung des pädagogischen Rats zuende gegangen. Die gesamte Klasse ist ausgeschlossen‘.

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Obgleich solche Belege ausgesprochen selten sind, kommen sie eben dennoch vor (so etwa die authentischen Bsp. 24e-f, welche Knjazev 1989a:124 zitiert). Nicht alle Muttersprachler akzeptieren sie vorbehaltlos ohne breiteren Kontext.

Die RG (1979/I:280) führt neben diesen Fällen – dort illustriert durch das Beispiel: Zdanie postroeno v 1868 godu ,Das Gebäude ist im Jahr 1868 erbaut (worden)‘ – noch zwei weitere Kontexte an, in denen eine kopulalose Konstruktion mit pf. n/t-Partizip ereignisbezogen verstanden werden kann. Einerseits handelt es sich um Fälle, bei denen im näheren Kontext die (präteritale) Kopula einmal verwendet wurde, in den weiteren Gliedsätzen jedoch wegge-lassen wird. Man kann also von einer Ellipse der Kopula reden. Die Interpretation ist in diesem Fall präterital-passivisch; vgl. (25) Pri sostavlenii ėtogo slovarja bylo izpol’zovano 50 ischodnych ponjatij. (...) Vključen-

naja v ėtot slovar‘ leksika ∅ vzjata iz rabot po genetike rastenij. Sistema trojnoj inde-ksacii R. Ričensa ∅ zamenena sistemoj dvuch svjazok ,Bei der Erstellung dieses Wörterbuchs wurden 50 Ausgangsbegriffe verwendet. (...)

Die in dieses Wörterbuch aufgenommene Lexik sind Arbeiten zur Genetik der Pflanzen entnommen (worden). Das System der dreifachen Indexierung von R. Richens ist ersetzt (worden) durch ein System mit zwei Bündeln.‘

Andererseits geht es um nicht-aktuelle Vorgänge. Die Interpretation ist dann präsentisch-passivisch; vgl. (26a) Teorija informacii predpolagaet, čto samo po sebe soderžanie soobščenija pered tem,

kak ono ∅ zakodirovano, i posle togo, kak ono ∅ dekodirovano, ponimaetsja nami intuitivno

,Die Informationstheorie postuliert, dass der Inhalt der Mitteilung an sich, bevor er kodiert und nachdem er dekodiert wird [bzw. ,… worden ist‘], von uns intuitiv ver-standen wird‘.

Beide Verwendungsweisen sind häufig in wissenschaftlichen Texten anzutreffen. Bei der präsentisch-passivischen Verwendungsweise beachte man nun, dass sie offensichtlich nur deshalb möglich wird, weil selbst bei der Darstellung nicht-aktueller Vorgänge die Unter-scheidung zwischen resultativen und lediglich stativen Formen – d.i. zwischen Formen, die einen Zustandswechsel präsupponieren, und solchen, die keinen solchen Wechsel voraus-setzen – erhalten bleibt. Die n/t-Partizipien in (26a) sind resultativ (was besonders durch die Verbindung mit den temporalen Konjunktionen pered tem, kak ,bevor’ und posle togo, kak ,nachdem’ deutlich wird), und sie ermöglichen deshalb unter den gegebenen Kontextbedin-gungen eine Verschiebung zur ereignisbezogenen Interpretation. Im folgenden Beleg dagegen sind die n/t-Partizipien nur stativ: es wird weder ein Agens noch ein Zustandswechsel präsupponiert: (26b) Sočetanie slov v tekste podčineno suščestvujuščim v jazyke pravilam. V to že vremja

sočetaemost‘ každogo otdel’nogo slova (...) obuslovlena ego sobstvennoj individual’noj semantikoj.

,Wortverbindungen im Text sind den in der Sprache existierenden Regeln untergeord-net [= ordnen sich unter]. Zugleich ist die Kollokation jedes einzelnen Worts bedingt durch dessen eigene individuelle Semantik [= wird bedingt / bedingt sich durch].’

(D.N. Šmelev; zit. nach Knjazev 1984:83)

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Es lässt sich hier von dem schon anhand von Bsp. (11a) besprochenen Fall des „Quasi-Resultativs“ (s. 2.1) reden. Die Gegenüberstellung von (26a) und (26b) macht erneut deutlich, dass das Resultativ zwar mit dem Tempus (wie auch dem Aspekt) im allgemeinen eng interagiert, dass es aber nichtsdestotrotz als eine selbständige temporal-kausale Kategorie anzusehen ist, die sich auch dann (lexikalisch gesteuert) durchsetzen kann, wenn ansonsten identische Kontextbedingungen (bzw. -funktionen) vorliegen.

Knjazev (1989b:91) zufolge liesse sich diesen Beobachtungen noch ein weiterer Kontext-typ hinzufügen, in dem die prädikative Verwendung von n/t-Partizipien zwar nicht zwingend zu einer ereignisbezogenen Interpretation, aber doch zu einer Einbindung dieser Formen in einen sequenzierenden Zusammenhang führt. Dabei stehen n/t-Partizipien im narrativen Präsens – also einer Präsensverwendung, in der eine Sequenzierung der Handlungen im Vordergrund steht – zwischen finiten Verben. Vgl. etwa Knjazevs Beispiel aus einem historischen Roman: (27) (...) I vot ėtot samyj Aleksandr II uže v svoej stolice Sankt-Peterburge edet iz dvorca na razvod karaula. Na obratnom puti (...) pod ego karetu brošena bomba. Vzryv. Ubito i raneno neskol’ko kazakov imperatorskogo konvoja i koe-kto iz prochožich. No sud’ba vse ešče chranit imperatora. (...) No v ėtot samyj moment pod ego nogi brošena vtoraja bomba. On padaet.

,Und eben dieser Alexander II. fährt bereits in seiner Hauptstadt St. Petersburg von seinem Hof zur Ablösung der Wache. Auf dem Rückweg (...) wird [wörtl. ist] unter seine Kutsche eine Bombe geworfen. Eine Explosion. Es sind ein paar Kasaken aus dem Begleitzug des Imperators und jemand aus den Passanten getötet und verletzt. Aber das Schicksal bewahrt den Imperatoren noch einmal. (...) Doch gerade in diesem Moment wird [wörtl. ist] eine zweite Bombe geworfen. Er fällt.‘ (V. Kataev, „Kladbišče v Skuljanach“)

Die n/t-Formen fügen sich zwar in die Darstellung der Handlungssequenz ein, sie bewirken aber gleichsam jedesmal ein kurzes Stocken wie bei Schnappschüssen einer Kamera. Auf dem narrativen Hintergrund wirken sie wie ein „hot news“-Perfekt. Man kann n/t-Partizipien in diesem Sinn als objektorientiertes (passivisches) Äquivalent zu der perfektischen Implikatur auffassen, wie sie das pf. Präteritum terminativer Verben auszulösen vermag (und welches in 1.1 besprochen wurde); s. dazu Bsp. (28-29). Man könnte auf dem Hintergrund des narrativen Präsens von einem analogischen Resultativ sprechen, insofern als der primärdeiktische Sprecherbezug der n/t-Form annulliert und auf das gerade geltende Referenzintervall des narrativen Diskurses übertragen wird (vgl. Wiemer 1997:113). Damit wird eine imaginäre Wahrnehmung etabliert, welche sich in der verbalen Darstellung sowohl einmaliger wie auch wiederholter Handlungskomplexe durchsetzen kann. Resultative n/t-Partizipien sind damit auch in Kontexten anzutreffen, in denen entweder ein tatsächlich einmaliger Handlungskomplex oder ein real wiederholter, aber als episodisch (d.i. zeitlokalisiert) dargestellter Handlungskomplex in seiner internen Abfolge dargestellt wird. Entsprechende Äusserungen weisen gewöhnlich einen umgangssprachlichen Charakter auf, vermutlich gerade weil sie eine prägnante Veranschaulichung von Handlungsabläufen hervor-rufen. Den Fall episodischer Kontexte können Beispiele wie die folgenden (aus Knjazev 1989b:91) vor Augen führen, in dem der Sprecher sich auf ein selbst durchlebtes (28) oder geplantes (29) Erlebnis bezieht. In beiden Beispielen wird zudem die temporale Affinität der n/t-Partizipien zur perfektischen Lesart pf. transformativer Verben im Präteritum (hier unter-strichen) deutlich: (28) On vernulsja sjuda – i vot arestovan kak brodjaga. (S. Rodionov, „Dopros“) wörtl. ,Er kehrte hierher zurück – und, siehe da, ist verhaftet wie ein Vagabund.‘

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(29) V samom dele: čto možet byt‘ prošče? Vzjal ščetku, vydavil pastu iz tjubika... Minuta, drugaja, i privyčnaja procedura utrennego i večernego tualeta zakončena.

,Tatsächlich: was könnte einfacher sein? Er nahm die Bürste, drückte die Paste aus der Tube ... Ein-zwei Minuten, und die gewöhnliche Prozedur der Morgen- und Abendtoilette ist beendet.’ („Nauka i žizn‘“ 1984, № 12)

Auch in der Darstellung von Situationen, die sich real mehrmals ereignet haben – speziell solche habitueller Art –, sind resultative n/t-Partizipien keineswegs ausgeschlossen. Dies demonstrieren die folgenden Belege für das Resultativ auf präsentischer (30a) und auf präteritaler (30b) Zeitstufe (zit. nach Knjazev 1989a:103): (30a) Na duėli dralis’, kogda byla zadeta čest‘ (Kaverin) ,Man duellierte sich, als die Ehre geschmäht (worden) war / wurde’.

(30b) I drugich „chodjačich” professij togda chvatalo: stekol’ščiki, točil’ščiki... vse oni letom veščali o sebe so dvora krikom, zimoj, kogda okna zakryty, chodili po černoj lestnice (Šefner) ,Auch andere „wandernde“ Berufe gab es damals genug: Glaser, Messerschleifer... Alle machten sie im Sommer vom Hof auf sich durch Schreie aufmerksam, im Winter, wenn die Fenster geschlossen (worden ?) waren [wörtl. geschlossen sind], gingen sie über die Hintertreppe’. Wie durch die alternativen bzw. nicht ganz idiomatischen deutschen Übersetzungen ange-deutet sein soll, ist das n/t-Partizip auf präteritaler Stufe auch bei nicht-episodischer Zeit-referenz eher ereignisbezogen interpretierbar als auf präsentischer Stufe. Genau genommen weist die präteritale Form (hier: byla zadeta čest’ ,die Ehre war / wurde geschmäht’) dieselbe kontextbedingte Labilität zwischen resultativer und ereignisbezogener Verwendung auf, wie dies für das Pluperfect vieler Sprachen (u.a. des Englischen) bereits Comrie (1976:56) und Dahl (1985:147f.) vermerkt haben (zum Deutschen vgl. Thieroff 1994:108-110, zum Litau-ischen s. 4.1.2).

Entscheidend für alle in Bsp. (27-30) genannten Fälle ist, dass die Situation als episodisch erscheint, vor allem aber, dass ihre interne chronologische Struktur zutage tritt. Dabei wird in den Fällen, die auf real wiederholte Handlungen referieren (Bsp. 30a-b, evtl. auch 29), quasi ein Token der Situation herausgegriffen und die taxische Struktur des Situationstyps als solche vorgestellt. Dies kann sowohl auf präteritaler wie auf präsentisch-futurischer Zeitstufe geschehen.

Damit verhalten sich resultative n/t-Partizipien genauso wie andere Aspekt-Tempus-Grams in Kontexten, in welchen die primäre temporale Deixis aufgehoben ist. Sie erlauben insbe-sondere denselben veranschaulichenden Effekt, welcher auch anderen Aspekt-Tempus-For-men zuerkannt wird, wenn etwa in der slavistischen Aspektliteratur von einer „exemplarisch-illustrativen Bedeutung“ (russ. ‘ėkzempljarno-nagljadnoe značenie’) die Rede ist. Diese besteht darin, für eine an sich nicht zeitlokalisierte Situation durch das „Herausgreifen“ eines Vorfalls deren interne Abfolge darzustellen. Diese Funktion wird gewöhnlich finiten pf. Verben im Präteritum oder Präsensfutur zugewiesen, nicht selten verstärkt durch eine einlei-tende Form des nichtepisodischen Existenzverbs byvat‘; vgl. etwa: Byvalo, obnaru-žitPF.PRS.3.SG ošibku i srazu sjadetPF.PRS.3.SG pisat‘ pis’mo v redakciju... ,Es kommt vor, dass er einen Fehler entdeckt und sich sofort hinsetzt, um einen Brief an die Redaktion zu schreiben...’. Insbesondere besteht ein funktionaler Parallelismus zwischen der exemplarisch-illustrativen Bedeutung pf. Präsensfutur-Formen finiter Verben und dem sekundär-possessi-ven Resultativ mit u + GEN (s. Fn. 13). So weist Knjazev (1989a:210) darauf hin, dass einem

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Satz Ona vsegda prigotovitPF čto-nibud’ vkusnoe ,Sie bereitet immer etwas Schmackhaftes zu’ eine sekundär-possessive Konstruktion U nee vsegda prigotovleno čto-nibud’ vkusnoe wörtl. ,Bei ihr ist immer etwas Schmackhaftes zubereitet’ an die Seite gestellt werden kann. Der Unterschied zwischen Ereignisbezug (mit finitem Prädikat im Präsensfutur) und Resultat-bezug (in der PP+n/t-Konstruktion) bleibt dabei vollends gewahrt.

Mit diesem Exkurs in das narrative Register und die Darstellung imaginärer und „exempla-rischer“ Situationen sollte letztlich gezeigt werden, dass auch Formen mit einer resultativen Kernfunktion (wie die standardrussischen n/t-Partizipien) sich der Transposition aus dem Sprechzeit-Bezug heraus nicht widersetzen, sondern sich im Prinzip dabei genauso verhalten wie finite Formen pf. Verben auf verschiedenen Tempusstufen (vgl. dazu bereits Wiemer 1997:108f. sowie Padučeva 2004:501, die hier ihre Sicht der Dinge entgegen ihrem Standpunkt in 1998:153f. korrigiert; dort vertrat sie noch die Ansicht, dass n/t-Partizipien ohne Kopula nicht narrativ verwendbar seien). Kommen wir nun zu n/t-Partizipien konklusiver Verben. Diese können aufgrund ihres aktio-nalen Defaults allenfalls qua Implikatur auf Nachzustände referieren und verbinden sich im Präsens kaum mit Temporaladverbialen, welche normalerweise auf die Aktzeit fokussieren. Entsprechende Beispielsätze werden von Muttersprachlern meistens zurückgewiesen oder mit einer präteritalen Kopula versehen, um sie akzeptabel zu machen. Auch in Korpora haben wir (zumindest bislang) Sätze wie in (31a-b) nicht ausmachen können: (31a) *Ty tol’ko čto / pozavčera isključen iz gruppy wörtl. ,Du (bist) gerade erst / vorgestern aus der Gruppe ausgeschlossen‘.

(31b) ?Na prošloj nedele proizneseno važnoe slovo wörtl. ,In der vergangenen Woche (ist) ein wichtiges Wort ausgesprochen‘. Es ist offensichtlich, dass hier ein Konflikt zwischen dem Sprechzeitbezug der präsentischen Resultativ-Konstruktion und dem aktionalen Default der jeweiligen Basisverben sowie der Adverbiale besteht. Wiederum ändert daran auch eine satzfinale Verwendung dieser Adver-biale nichts. Trotzdem wären die Bedingungen genauer zu klären, unter denen Äusserungen wie (24e-f) trotz alledem, wenn auch marginal, vorkommen.

Die gerade angesprochenen Beobachtungen hängen zusammen, allerdings in einer Art, die insgesamt noch eine eingehende und systematische Untersuchung erfordert, da sie in der Fachliteratur bislang erstaunlich wenig Aufmerksamkeit erhalten haben. Sie sind keineswegs auf die slavischen und baltischen Sprachen beschränkt. Von einer „charakterisierenden“ Funktion resultativer Konstruktionen möchten wir dann sprechen, wenn das Resultativ selbst thematisch, das Adverbial hingegen rhematisch ist. Charakterisierende Resultativa mit Temporaladverbialen lassen sich auch im Deutschen feststellen, vgl. (32) <private Unterhaltung. Kiel, 8.1967> die Wohnung ist meiner Ansicht nach neunzehn-

hundertfünfundfünfzig gebaut (COSMAS). Auch im Schwedischen kommt sie vor: Boken är skriven 1950 (‘is written’), wenngleich Lindstedt (2000:380) einräumt: „not all native speakers are happy with this example“.

Aus diachroner Sicht wäre noch darauf hinzuweisen, dass präsentische ObRes im frühen Ostslavischen durchaus auch dann auftreten konnten, wenn das Temporaladverbial thema-tisch, die resultative Konstruktion selbst dagegen rhematisch war. Vgl. dazu einen Chronik-Beleg aus dem Jahr 1207 aus der Gegend von Novgorod (zit. nach Feoktistova 1961:201): (33) V lěto 6715 sveršena cerkovь svjataja pjatnica wörtl. ,Im Jahre 6715 (ist) die Kirche des Heiligen Freitags fertiggestellt‘.

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Diachrone Kontinuität darf man für diese Art von Verwendung zum einen deshalb annehmen, weil man sie z.B. in den russischen Mundarten um Pskov zumindest bis vor ein paar Jahrzehnten noch antreffen konnte (s. 3.2). Davon zeugen einige Belege z.B. bei Dmitrieva (1962:149f.): (34a) maja sjastra davno zamaš tudy vyšaccy wörtl. ,Meine Schwester (hat) vor langer Zeit hierher geheiratet‘.

(34b) korova njadavna tjalifšy wörtl. ,Die Kuh (ist) vor kurzem gekalbt-habend‘. Zum anderen sind n/t-Partizipien auf präsentischer Zeitstufe (d.i. ohne Kopula) auch bis ins 19. Jh. hinein für das Standardrussische gut belegt. Bulachovskij (1954:316-318) führt dazu eine anschauliche Belegsammlung an und behauptet, eine solche Verwendung sei am Beginn des 20. Jh. bereits nur noch als Stilisierung anzusehen gewesen; vgl. einen seiner Belege: (35) (...) Na drugoj den‘ oni streljalis‘ na pistoletach (...). U oboich pistolety vystrelili

razom: Volgin ubit napoval, u Alekseja Petroviča pulja prošla navylet, poniže serdca ,Am nächsten Tag haben sie sich mit Pistolen duelliert (...). Die Pistolen beider schossen gleichzeitig: Volgin war [wörtl. ist] auf der Stelle getötet, bei Aleksej Petrovič durchdrang die Kugel den ganzen Körper, unterhalb des Herzens’.

(A. Kuz’mič, „Monastyrskaja gora“, 1842). Man beachte allerdings, dass sich weder in der standardrussischen Verwendung des 19. Jh. noch in den NW-russischen Mundarten Belege finden lassen, in denen die resultativen Partizipien wirklich als narrativ gelten dürfen. Vielmehr charakterisieren solche präsentischen Resultativa Ereignisse, welche dem durch das Adverbial und/oder die umgebenden finiten Prädikate etablierten Zeitraum zugeordnet werden können. Analoges illustrieren die Belege aus dem modernen Standardrussischen wie Bsp. (20-21), die präsentischen n/t-Partizipien in (27) und das präsentische n/t-Partizip in (30b), kogda okna zakryty, welches habituellen Zeitbezug aufweist und auch ereignisbezogen gelesen werden kann, belegen. Solche Fälle haben eine berichtende Funktion und stehen somit diskurspragmatisch gewissermassen zwi-schen einer narrativen und einer temporaldeiktischen Verwendung. Ob man in der Verwen-dung resultativer n/t-Partizipien im narrativen Präsens des modernen Standardrussischen (wie in Bsp. 27 und 30b) funktional ein „Überbleibsel“ aus älteren Sprachperioden erkennen kann, muss der weiteren Forschung anheimgestellt bleiben.

Auf jeden Fall dürfte es sich bei dieser Form:Funktions-Relation um einen archaischen Zug zu handeln, der sich im Ostslavischen und Baltischen (sowie auch im Südslavischen, vgl. Fici Giusti 1994:133, 147 zum Bulgarischen und Giger 2003a:477f. zum Serbokroatischen), jedoch nicht im Westslavischen gehalten hat (s. 9.6). Das Westslavische wiederum hat sich in einen breiteren arealen Kontext mit germanischen und romanischen Varietäten gefügt. Wie Bsp. (24e-f) und (27) zeigen, ist eine solche Verwendung bis heute im Russischen anzu-treffen. Auch im Litauischen ist sie belegt; vgl. dazu etwa folgenden Beleg aus einem wissenschaftlichen Aufsatz über die Slavisierung des südöstlichen Litauens (A. Vidugiris, 1994): (36) Netrukus 1787 m. dekretu lenkų kalba įvesta į Vilniaus vyskupijos bažnyčias

wörtl. ,Kurz darauf (ist) im Jahr 1787 per Dekret das Polnische in die Kirchen des Vilnaer Bistums eingeführt‘ (= ,… wurde eingeführt‘).

Standardrussisch

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2.4. Knjazevs Faktoren-Hierarchie Ungeachtet dieser einschränkenden Beobachtungen, lässt sich im Prinzip die Faktoren-Hierarchie übernehmen, welche, abgesehen von den am Tempus ausgerichteten Präferenzen, laut Knjazev (1983:155-159; 1989a:107ff.) die Konkurrenz zwischen ereignisbezogener und resultativer Funktion regeln21:

1) Ausgangsdiathese des Basisverbs (s.o. die Restriktion, wonach prinzipiell nur ObRes auch ereignisbezogen interpretiert werden können)22. > 2) Lexikalische Bedeutung des Basisverbs (s.o.). > 3) Adverbialer Kontext auf Satzebene. Sofern nach den beiden ersten Kriterien aktionale Ambiguität noch nicht beseitigt ist, können Adverbiale, die das Aussehen, die Beschaffenheit u.ä. beschreiben, zugunsten der resultativen Lesart entscheiden (s. Bsp. 37), während Angaben über den Ort, das Ziel, die Schnelligkeit der Veränderung (inklusive Intervalle mit za+AKK) u.ä. klar die ereignisbezogene Lesart begünstigen (Bsp. 38). > 4) Die Position des Prädikats im satzübergreifenden Kontext. Hierbei begünstigen jegliche Anordnungen, die eine Sequenzierung von Ereignissen herbei-führen, die ereignisbezogene Lesart. Es handelt sich wiederum um narrative Defaults (vgl. dazu Wiemer 1997:81-101). (37) Truba byla skleena iz žesti (= ‘byla, sostojala iz žesti’) ,Das Rohr war aus Blech zusammengeklebt‘ (= ,… war, bestand aus Blech‘).

(38) Poėma budet napečatana zdes’, v Moskve i v Minske ,Das Poem wird hier, in Moskau und in Minsk gedruckt werden‘. Diese Faktoren-Hierarchie gilt auch in anderen Sprachen; zumindest gibt es bislang keine Evidenzen, die diese heuristische Annahme widerlegen würden (vgl. beispielsweise zum Litauischen Servaitė 1985b:66-70). 2.5. Dialektale und diastratische Differenzierungen

Den Frequenz-Angaben in Knjazev (1989a:174) zufolge sind insgesamt (über verschiedene Stile und die Tempora) n/t-Partizipien in ereignisbezogener Lesart häufiger als mit Resultativ-Bedeutung (48,5% vs. 34,8%; den Rest bilden, mit wenigen Ausnahmen, Stativa). Hinzuzufügen ist aber, dass gemäss Knjazev (1989a:175) und Krasil’nikova (1973:187) für die Umgangssprache die Proportion der Funktionen sich umdreht und die Formen als solche in der Umgangssprache gegenüber der Belletristik zwei- bis dreimal seltener sind.

21 Besonders detailliert ausgearbeitet worden sind diese Faktoren in Knjazev (1989a:82-106, 159-168). Die Beispiele (37-38) stammen aus Knjazev (1983:158). 22 Vorsicht ist geboten bei Partizipien wie uslovleno, dogovoreno ,vereinbart, abgesprochen‘. Diese sind nicht direkt von den reziproken Verben uslovit'sja, dogovorit'sja ,sich verabreden, vereinbaren‘ gebildet, sondern gegenüber diesen lexikalisiert (ein transitives *uslovit' existiert nicht, #dogovorit' ,zu Ende sprechen‘ dagegen spezifiert eine Phasen-Aktionsart und steht deshalb in keiner trivialen Bezie-hung zu dogovorit'sja). Von der Regel, dass SubRes und somit auch PossRes nur resultativen Charak-ter haben können, bildet das sekundäre PossRes u nich (meždu nimi) uslovleno / dogovoreno obo vsem wörtl. ,bei ihnen (unter ihnen) (ist) über alles abgesprochen‘ deshalb keine wirkliche Ausnahme: zum einen besteht keine normale Ableitungsbeziehung zum anzunehmenden Basisverb; zum anderen erlau-ben solche von Sprechakt-Verben gebildeten Konstruktionen leicht eine Implikatur von der ereignis-bezogenen zu einer resultativen Lesart. Vgl. entsprechend das tsch. PossRes Mají vše domluveno ,Zwischen ihnen ist alles abgemacht, Sie haben alles abgemacht‘ (s. 9.5).

Resultativa

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In vielen russischen Dialekten und den russischen Nichtstandard-Varietäten haben sich die Pronominalformen der n/t-Partizipien auf Kosten der Nominalformen ausgebreitet und diese teilweise sogar verdrängt (so etwa im Prostorečie, s.u.). Analoges gilt für Adjektive. Dies entspricht einer allgemein-slavischen Tendenz, welchen in den nordslavischen Varietäten zu einer starken Beschränkung, zum Teil gar zu einer nahezu vollständigen Beseitigung der Nominalformen geführt hat. Dort, wo sie noch verwendet werden, ist dies – mit Ausnahme einer Reihe russischer Mundarten – ein Anzeichen standardsprachlicher Normierung. Laut den Angaben in Nemčenko (1983:106) sind die Pronominalformen der n/t-Partizipien in den südrussischen und östlichen mittelrussischen Mundarten in der absoluten Überzahl (70-100%), während sie gerade im NW-russ. Dialektgebiet (s. Abschnitt 3) deutlich seltener sind, aber immerhin auch noch 35% aller prädikativen Partizipialformen ausmachen (vgl. auch Nemčenko 1975:182).

In der städtischen Umgangssprache (‘razgovornaja reč’’) weisen die Pronominalformen gemeinhin eine charakterisierende Funktion auf; vgl. etwa folgende Belege aus Krasil’nikova (1973:181): (39) on daže obtёsannyj takoj / vidiš‘ kak obtesalsja // wörtl. ,er ist sogar so ein rundherum gemeisselter / siehst du wie er abgemeisselt ist // (über das Ende eines Kamms)‘

(40) doma oštukaturennye byli // ,die Häuser waren mit Stukatur versehen‘ (wörtl. etwa ,… waren verstuckaturt‘). Solche Belege zeigen, dass kategorischen Behauptungen wie der in Morozova (1984:141) nicht beizupflichten ist, wonach der russischen Umgangssprache die prädikative Verwendung pronominaler Formen von n/t-Partizipien fremd sei. Gegenüber dem Prostorečie, einer städtischen Nichtstandard-Varietät des Russischen, dürften die Unterschiede eher quantita-tiver, nicht jedoch prinzipieller Art sein. Im Prostorečie scheint eine morphologische Unter-scheidung von ereignisbezogener vs. resultativer Prädikation durch das praktische Fehlen der Nominalformen genauso ausgeschlossen (vgl. u.a. Morozovas Belege ibd.) wie in der tschechischen Umgangssprache (zur ‘obecná čeština’ s. 9.2).

Bezüglich der Umgangssprache ist weiter zu erwähnen, dass nicht flektierbare Partizipien mit dem Suffix -(v)ši in ihr generell obsolet geworden sind; in bestimmten Mundarten sind sie jedoch noch verbreitet (vgl. Nemčenko 1975:181; s. Abschnitt 3). Ihre prädikative Verwen-dung steht ausserhalb der präskriptiven Standardnorm, sie sind vor allem in der Rede von Vertretern des Prostorečie zu vernehmen (wobei statt -vši des öfteren auch -mši als Suffix erscheint). Unter den Belegen für das Prostorečie gibt es nur subjektorientierte Formen, auch possessive Resultativa fehlen. Vgl. die folgenden Belege aus Morozova (1984:142f.) und Zemskaja/Kitajgorodskaja (1984:86):

• subjektorientiert, ohne Objekt (41) dve noči ne spamši / ustal // (⇐ spat’ ,schlafen‘) wörtl. ,zwei Nächte nicht geschlafen / (ich bin) müde //‘.

(42) oni poobedamši / mam / pust’ guljajut // (⇐ poobedat’ ,Mittag essen‘) ,sie haben Mittag gegessen / Mutti / sollen sie ruhig spazierengehen //‘.

– Vgl. ebenso: prosnuvši ,aufgewacht‘ (⇐ prosnut’sja ,aufwachen‘), prišedši ,gekommen‘ (⇐ prijti ,kommen‘), otdochnumši ,erholt, ausgeruht‘ (⇐ otdochnut‘ ,sich erholen, ausruhen‘).

Standardrussisch

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(43) ja raskrymši / teplo ! // (⇐ raskryt’sja ,1. sich öffnen; 2. sich ausziehen‘) wörtl. ,ich habe mich geöffnet [eigentlich: bin-mich-geöffnet-habend] / (es ist) warm ! //‘ = ,ich habe mich ausgezogen, weil es warm ist‘.

– Vgl. ebenso razdemši ,ausgezogen‘ (⇐ razdet’sja ,sich ausziehen‘), obumši ,mit Schuhen an den Füssen‘ (⇐ obut’sja ,sich Schuhe anziehen‘), odevši ,angezogen‘ (⇐ odet’sja ,sich anziehen‘) sowie einige andere.

(44) a ja davaj skorej vannu gotovit‘ / tri nedeli rebjatki ne myvši // (⇐ myt’sja ,sich waschen‘)

,und ich soll gleich die Badewanne vorbereiten / die Kinder haben sich drei Wochen lang nicht gewaschen‘.

(45) kvartira-to osvobodivši / možete v“ezžat’ // (⇐ osvobodit’sja ,frei werden‘) ,die Wohnung ist frei geworden / ihr könnt einziehen‘.

(46) každyj poženivši / bylo tesnovato // (⇐ poženit’sja ,heiraten‘) ,jeder hat geheiratet / es war ein wenig eng //‘.

• von transitiven Verben in absolutiver Verwendung (47) ne vidiš‘ / on vypivši // (⇐ vypit‘ ≈ ,sich einen hinter die Binde kippen‘) ,siehst du nicht / er hat einen in der Krone‘.

– Vgl. ebenso ne kušamši ,ohne essen, hungrig‘ (⇐ kušat‘ ,essen‘), ne evši ‘dito’ (⇐ est‘ ,essen‘) und einige andere. Ihre Verbreitung hinsichtlich Diathese-Typen und lexikalischer Basis ist damit im Vergleich mit den NW-russischen Mundarten deutlich eingeschränkter (s. 3.1, 3.3). Weist das anzusetzende ableitende Verb das Postfix -sja auf, fehlt dieses in aller Regel im Partizip mit dem (v/m)ši-Suffix (s. Bsp. 43-46).

Da diese Partizipien auch von ipf. Verben gebildet werden, und zwar in der Regel mit Negation (s. Bsp. 41, 44), liegt der Schluss nahe, dass die resultative Funktion lediglich als eine Inferenz aus dem Fehlen eines Sachverhalts entstehen kann, welcher per se noch nicht einmal terminativ zu sein braucht (s. spamši von spat’ ,schlafen‘ in Bsp. 41), aber bestimmte Assoziationen an negativ bewertete Nachzustände hervorruft (z.B. müde, unausgeschlafen sein), welche durch Formen entsprechender terminativer Verben zum Ausdruck gebracht werden könnten (z.B. spat’: ne spavši ,nicht geschlafen (haben)‘ → vyspat’sja: ne vyspavši ,nicht ausgeschlafen (haben)‘). Für die NW-russ. Mundarten gelten derartige Inferenzen (über Lexem-Grenzen hinaus) vermutlich in noch stärkerer Weise (vgl. die obigen Bsp. 41 und 44 mit den Bsp. 67-68 und 70-73 in 3.4). Man könnte hierin auf den ersten Blick eine Er-weiterung der lexikalischen Basis von Resultativa erkennen. Vermutlich bilden jedoch nicht-terminative und terminative, aber ipf. Verben (wie die gerade zitierten) im Prostorečie keine produktive Klasse, sondern deren (v/m)ši-Formen dürfen als isolierte Fälle betrachtet werden23. Hinsichtlich der mundartlichen Formen ipf. Verben könnte man vermutlich schon eher von einer offenen Klasse ausgehen (s. 3.3).

Als generelles Problem in den Nichtstandard-Varietäten – sowohl dem Prostorečie wie auch den entsprechenden Mundarten24 – wäre darauf hinzuweisen, dass oft nicht eindeutig

23 Wie z.B. Zemskaja/Kitajgorodskaja (1984:85) vermerken, tauchen sie zu Zwecken der Stilisierung auch in der Rede standardsprachlicher Sprecher auf. Sie sind ausserdem als gelegentlich anzu-treffendes Mittel der Parodisierung von Nichtstandard-Russisch in der Belletristik anzutreffen. 24 Vgl. die Beispieldiskussion in Ryko (2002:173-175) anhand einer Mundart aus dem westlichen Teil des mittelrussischen Dialektstreifens, welcher in Abschnitt 3 behandelt werden wird, sowie eine Reihe von Belegen aus den NO-weissrussischen Mundartgebiet (s. 5.2).

Resultativa

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zwischen einer prädikativen und einer appositiven („sekundärprädikativen“) Verwendung dieser Partizipien zu entscheiden ist. Man vgl. etwa die folgenden Prostorečie-Belege (aus Morozova 1984:142): (48) čto ž ubežala ne skazamši ? // wörtl. ,was bist du weggelaufen nichts gesagt ? //‘.

(49) prochladno ved’ / a Olen’ka raskrymši pobežala // wörtl. ,(es ist) doch ziemlich kalt / und Olen’ka sich-ausgezogen-habend ist losgelaufen //‘.

Es sind indes genau solche syntaktisch unklaren Kontexte25, welche die Entstehung der sog. Adverbialpartizipien (russ. ‘deepričastija’) in den slavischen Standardsprachen mit Sicherheit begünstigt haben (s. 3.4) und hinsichtlich derer sich sowohl in einer Reihe von Mundarten als auch im Prostorečie diese Partizipien als eigenständige Satzprädikate ausbilden konnten (vgl. Wiemer im Druck1: 2.2.1-2.2.2). Der Anteil der mundartlichen Basis am Prostorečie ist im übrigen bis heute nicht zu unterschätzen. So vermerken z.B. Zemskaja/Kitajgorodskaja (1984: 86), dass Partizipien auf -(v/m)ši im Leningrader Prostorečie häufiger anzutreffen seien als im Moskauer. Leningrad/St. Petersburg liegt innerhalb des NW-russischen Mundartengebiets mit seinen hinsichtlich resultativer Konstruktionen charakteristischen Eigenschaften, welches Gegenstand des nächsten Abschnitts sein wird.

Unabhängig davon fällt auf, dass die Anteriorpartizipien auf -v der standardsprachlichen Norm in der Umgangssprache so gut wie gar nicht vorkommen, und wenn Adverbial-partizipien gebildet werden, dann eher mit dem Formans -(a)ja. Partizipien auf -v kommen auch in den Dialekten nicht vor (vgl. Krasil’nikova 1973:172-177). Man ist also geneigt zu meinen, dass die Partizipien auf -(v)ši (neben evtl. -(a)ja) über das Prostorečie einst das Bindeglied zwischen Standardsprache und Dialekten hergestellt haben. Durch den Unter-schied in der formalen Markierung (-v vs. -(v)ši) wird der diastratische (soziolektale) Abstand zwischen diesen Varietäten auch morphologisch, und nicht bloss hinsichtlich ihrer syntak-tischen Funktionen, eindeutig markiert.

25 Ganz vereinzelt werden Formen mit dem (v/m)ši-Suffix auch ohne referenzidentisches Subjekt ge-braucht; vgl. etwa razumši kolko wörtl. ,Schuhe-ausgezogen-habend (ist es) stachelig‘ ≈ ,Wenn man sich die Schuhe ausgezogen hat, sticht es an den Füssen‘ (zit. aus Zemskaja/Kitajgorodskaja 1984:86). Auch in einem solchen Fall ist nicht klar zu entscheiden, ob die (v/m)ši-Form ein syntaktisch selb-ständiges Prädikat bildet oder als Konverb zu werten ist.

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3. Nord(west)russische Mundarten Das von der Bildungsweise her bunteste Bild bietet sich uns auf dem Gebiet der nord-russischen Mundarten, in erster Linie denen um Pskov und Novgorod. Auf dem Hintergrund der Resultativ/Perfekt-Konstruktionen gehören zu diesem Gebiet auch die westlichen Mund-arten des mittelrussischen Dialektstreifens. Ebenso wäre aufgrund ihrer Provenienz aus dem Gebiet um Pskov und Velikie Luki die russische Mundart der Altgläubigen hierin zu rechnen. Seit dem 17. Jahrhundert sind Altgläubige infolge religiöser Verfolgung in andere Gebiete ausgewandert, vor allem auch nach Litauen, Lettland, Weissrussland und das nordöstliche Polen26. Da ihre ursprüngliche Mundart zum westlichen Teil des mittelrussischen Dialekt-streifens gehört und sich Altgläubige in der Diaspora sehr kontaktscheu verhielten, darf man davon ausgehen, dass sie die archaischen Züge, welche bis ins späte 20. Jahrhundert vermerkt wurden, bereits aus dem ursprünglichen Siedlungsgebiet mitgebracht haben. Dazu zählen gerade Resultativa mit (v)ši-Partizipien, welche Maryniakowa (1976) zufolge genau dieselben temporalen und Diathese-Eigenschaften aufweisen, wie sie des weiteren hier für die NW-russischen Mundarten beschrieben werden (vgl. zu diesen Eigenschaften auch Čekmonas 2001:116f., 119). Ebenso treten in den Mundarten der im Baltikum lebenden Altgläubigen oft resultative n/t-Partizipien ohne Genus-Numerus-Kongruenz auf (Čekmonas 2001:118); auf diese Erscheinung gehen wir in 3.1 noch ein. Von der Siedlungsbewegung her haben sich die Altgläubigen des Baltikums nicht aus dem Gebiet herausbewegt, in welchem aktivische prä-teritale Partizipien in Funktion eines Resultativs in allen slavischen und baltischen Varietäten ubiquitär sind (vgl. Wiemer 2003:223f.). Über die Folgen von Sprachkontakt lässt sich somit bei den Altgläubigen in bezug auf das Resultativ praktisch nichts aussagen, und wir werden aus diesem Grund des weiteren auf sie nicht eingehen. 3.1. Diathese-Typen und syntaktische Besonderheiten Die Resultativ-Konstruktionen des NW-russischen Dialektraums weisen tendenziell ein ähn-lich vollständiges Tempus- und Modus-Paradigma auf wie die Perfekt-Formen des Litaui-schen und Lettischen (s. Abschnitt 4), so dass sie als eigenständiges ‘gram’ verstanden werden können (vgl. Sobolev 1998:75f.). Die folgende Tabelle zeigt die wesentlichen Bildungs- und Diathese-Typen27, welche bei Kuz’mina (1971), Matveenko (1961), Sobolev (1998), Trubinskij (1983; 1984) und in den Kommentaren zum DARJa (1996:12-16), verfasst von Kuz’mina und Nemčenko, besprochen werden. Der Typ auf -(v)ši kennt auch die selteneren Varianten -mši, -dši/-tši, -lši28:

26 Einen kurzen Abriss ihrer Migrations- und Sprachkontakt-Geschichte gibt Čekmonas (2001:101-103). 27 Zu den Beispielen vgl. Kuz’mina (1971:204-206), Sobolev (1998:74f.) und Trubinskij (1983:216, 226; 1984:97, 163f., 174, 177, 184, 216). 28 Zum Verbeitungsgebiet der Formen auf -mši in früherer Zeit vgl. Obnorskij (1953:225-230). Die Variante auf -lši geht auf eine morphonologisch bedingte Reanalyse zurück; s. dazu Fn. 55 (in 5.2). Man darf diese Varianten als Allomorphe betrachten. Zu ihrer morphologischen Analyse vgl. Nemčenko (1975:180, Fn. 5).

Resultativa

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Tabelle 1: Resultativ-Konstruktionen in den nord(west)russischen Mundarten

subjektorientiert objektorientiert possessiv (dt. Übers. wörtlich)

„unpersönlich“

On vstavši ,Er ist aufgestanden‘; Uže raz"jasnevši# ,Es ist schon aufgeklart, hell‘; Ja zamazavši(s’) ,Ich bin vollgeschmiert / habe mich vollgeschmiert‘; U kota na pečku zabranos’ ,Der Kater ist auf den Ofen geklettert‘ (wörtl. ,Beim Kater (ist es) auf den Ofen gestiegen‘); Devuška uechana ,Das Mädchen ist weggefahren‘, Mašina už újdena* ,Das Auto ist fortgefahren‘; Ljudej naechavši, naechano ,Viele Menschen sind angereist‘; Oni uechano ,Sie sind weggefahren‘

Trava skošena, skošen, skošeno ,Das Gras ist gemäht‘; Trava skosivši ,Das Gras ist gemäht‘, Pol pomyvši ,Der Boden ist gewaschen‘; Chleba prineseno, prinesen ,Es ist Brot gebracht‘; Chleb prinesši ,(Das) Brot ist gebracht‘

primäre29: On den’gi polučivši* ,Er (ist) Geld erhalten-habend‘ sekundäre: U menja postavlen, postavleno ,Bei mir ist auf-, hingestellt‘; U syna ženënos’ ,Beim Sohn ist geheiratet‘; U nego ujden, uechano ,Bei ihm weggegangen, weggefahren‘; U nego uechavši* ,Bei ihm weggefahren‘; U menja postavivši ,Bei mir hingestellt‘

Tam raskryto ,Dort (ist es) aufgedeckt‘, Na gore raspachano ,Auf dem Berg (ist es) (auf)gepflückt‘; Zdes’ rastajano, rastajan ,Hier (ist es) aufgetaut‘; Zdes’ rastajavši* ,Hier (ist es) aufgetaut‘; Zdes’ ubravši* ,Hier (ist es) aufgeräumt‘; Ničego jamu ne sdelafši+ ,(es ist) ihm nichts (Böses) getan (worden)‘; Zavalenos’ kuda-to ,(es ist) irgendwohin hineingerutscht‘ (über Socken)

* besonders selten # Subjekt elliptisch (sonst „unpersönlich“) + Als „unbestimmt-persönlich“ zu werten

(vgl. standardruss. Emu ničego ne sdelali.PRT.3.PL ,Man hat ihm nichts getan‘). Unter den subjektorientierten Fällen sind die von transitiven Verben gebildeten hervorzu-heben, in welchen das Objekt erhalten bleibt (nicht in der Tabelle aufgeführt); vgl. etwa (zit. nach Sobolev 1998:74f.): (50) ja čašku pomyvši

ich.NOM Tasse.AKK.SG abgewaschen.INDEKL ,Ich habe die Tasse abgewaschen‘.

(51) čerez troi sutki rodivši ona syna nach drei Tag+Nacht.AKK geboren.INDEKL sie.NOM Sohn.AKK.SG ,Nach drei Tagen gebar sie einen Sohn‘.

Solche Fälle sind ausgesprochen selten (so z.B. Dmitrieva 1962:154 für die Region um Pskov), sie dürfen aber als Ansatzpunkt für die Ausbildung primärer PossRes angesehen

29 Primär-possessive Resultativa auf -(v)ši können hier vernachlässigt werden, da sie extrem selten und gerade besser ausserhalb desjenigen Gebiets belegt sind, in welchem -(v)ši produktiv als SubRes verwendet wird (Trubinskij 1983:218). In diesem Sinn kann man primäre PossRes als lexikalisierte Einzelfälle betrachten.

Nord(west)russische Mundarten

31

werden. Diese sind ebenso rar gesät (weiter s.u.). Darin unterscheiden sich die NW-russ. Mundarten klar von den baltischen Sprachen.

Bidiathetische Resultativa werden von Trubinskij nicht gesondert besprochen, doch lassen sich bei ihm auch solche Beispiele finden, so z.B. in Trubinskij (1984:158, 164); vgl. auch Sobolev 1998:78):

(52) ne znaju, poterjavši gde-to, za sundukom moža NEG wissen.PRS.1.SG verloren.INDEKL irgendwo hinter Schrankkoffer.INS.SG wohl ,Ich weiss nicht, sie [die Socke] ist irgendwohin verlorengegangen, vielleicht hinter

dem Schrankkoffer.‘

(53) devuški-to nikudy ne chodili, Mädchen.NOM.PL-DPART nirgendwohin NEG gehen.PRT.PL

fsë pisan’em zanjafšy dauernd Schreiben.INS beschäftigt_sein.INDEKL ,Die Mädchen sind nirgendwohin gegangen, sie waren die ganze Zeit mit Schreiben beschäftigt.‘

(54) doložnó byt, svarivši vermutlich fertiggekocht.INDEKL ,Sie [die Eier] sind wohl fertiggekocht.‘

Ohne den weiteren Kontext und eine genaue Kenntnis der jeweiligen Mundart ist es oft unmöglich zu entscheiden, ob in solchen Fällen als Basisverb ein Transitivum oder ein Intransitivum (Verb mit Reflexivmarker) anzusetzen ist. Gleichwohl vermerkt Trubinskij (1984:80), dass bidiathetische Resultativa emotiver Verben (wie etwa standardruss. smuščen ,verlegen (sein)‘, oskorblen ,beleidigt (sein)‘, rasstroen ,enttäuscht, irritiert (sein)‘, s. 2.1) in diesen Mundarten praktisch nicht vorkommen.

Ebenso gibt es überhaupt keine Belege für primäre PossRes auf -n/t- (etwa *on den’gi polučen wörtl. ,Er (ist) Geld erhalten-habend‘). Sekundäre PossRes auf -n/t- werden nur von intransitiven Verben mit der PP u+GEN gebildet, wobei dieser PP fast immer ein belebter Referent entspricht, wie etwa in u syna ženënos’ ,Der Sohn hat geheiratet‘ (wörtl. ,Beim Sohn geheiratet‘) oder u menja vyspanos’-to teper’ ,Ich habe jetzt ausgeschlafen‘ (vgl. ausser Trubinskij 1983:225f. auch Petrova 1968:120-122). Sie sind also von subjektorientierten Konstruktionen abgeleitet. Ihr Auftreten ist im wesentlichen auf den nördlichen Teil des Dialektgebiets beschränkt, d.i. auf den Teil, in welchem Resultativa auf -(v)ši ohnehin praktisch inexistent sind und umgekehrt Resultativa mit n/t-Partizipien ihre stärkste Verbrei-tung gefunden haben (s. Ende dieses Unterabschnitts sowie Karten 1 und 4).

Die Ausgliederung „unpersönlicher“ (‘bezličnye’) Resultativa begründet Trubinskij damit, dass bestimmte, an sich transitive Verben – unter seinen Beispielen finden sich nur termi-native (z.B. zakryt’ ,schliessen‘, vypit’ ,austrinken‘) – zum absolutiven Gebrauch, d.i. ohne Objekt, neigen und dabei eine Bedeutungsveränderung erfahren; vgl. entsprechend für finite Verben: (55a) On vypil stakan vody

er.NOM austrinken.PRT.3.SG.M Glas.AKK.SG Wasser.GEN ,Er trank ein Glas Wasser aus‘ vs.

Resultativa

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(55b) On vypil ∅ wörtl. ,Er trank aus‘ ≈ ,Er kippte sich einen hinter die Binde‘ → Alkohol, insbesondere Wodka30

(vgl. Trubinskij 1984:123ff.). Dialektal lassen sich selbst gegenüber dem Prostorečie wesentlich mehr Verben in absolu-tivem Gebrauch belegen. Diese treten auch deutlich häufiger in Form von n/t-Partizipien auf; vgl. Äusserungen vom Typ vypito ,ausgetrunken‘ (oft ohne klare Subjekt- oder Objekt-orientierung), zdes‘ zakryto ,hier (ist) geschlossen‘ (Matveenko 1960:360; Trubinskij 1983: 225; 1984:97). In vielen Fällen ist aber nicht klar zu entscheiden, welcher syntaktische Status der „ausgelassenen“ NP zukommt bzw. ob eine solche überhaupt anzusetzen ist (vgl. dazu u.a. Kuz’mina 1971:85, 120, 122ff.). Im übrigen kommen derartige subjektlose Äusse-rungstypen so gut wie nie bei Partizipien mit dem Suffix -(v)ši vor. Belege wie mne prisnivši bylo wörtl. ,mir war geträumt‘ = ,Ich hatte (etwas) geträumt‘ (Leningrader Bezirk) sind sehr ungewöhnlich selbst in den Mundarten, in denen fast ausschliesslich nur Resultativa mit diesem Suffix gebildet werden (d.i. im Süden des Gebiets, s.u.); vgl. Kuz’mina (1975:207, Fn. 7).

Im Hinblick auf „unpersönliche“ Konstruktionen hat Timberlake (1976:555f.) festgehalten, dass in den NW-russischen Mundarten die Einbettung infinitivischer Komplemente viel weni-ger Restriktionen unterliegt als in der Standardsprache. In dieser sind Infinitive als Komple-mente im wesentlichen nur nach Matrixverben möglich, die Sprechakte bezeichnen (vgl. Wiemer, im Druck3: Abschnitt 2). In den hier behandelten Mundarten jedoch können auch Verben anderer lexikalischer Provenienz Infinitive unterordnen, und zwar nicht nur episte-mische Verben (die den Sprechakt-Verben semantisch und von ihrem syntaktischen Verhalten her ohnehin nahestehen) wie in (56), sondern auch von Bewegungsverben und anderen intransitiven Verben ohne Reflexivmarker (57) sowie von phasenbezogenen Verben (58): (56) ne dumano pit‘ moloka NEG denken.PPP.NOM.SG.N trinken.INF Milch.GEN ,(Man) dachte nicht daran, Milch zu trinken‘.

(57) u ej v Leningrad postupat‘ uechano bei sie.GEN in Leningrad.AKK sich_einschreiben.INF wegfahren.PPP.NOM.SG.N ,Sie ist nach Leningrad fortgefahren, um sich dort (für das Studium) einzuschreiben‘.

(58) u nego bylo vzjatos‘ bei er.GEN COP.PRT.3.SG.N sich_machen_an.PPP.NOM.SG.N

skosit‘ gektar mähen.INF Hektar.AKK

,Er hatte begonnen / sich daran gemacht, einen Hektar zu mähen‘. Von Tab.1 ferner nicht erfasst sind solche Resultativa, bei denen zwar der erste Aktant fehlt, der Objekt-Aktant aber in einem obliquen Kasus (Akkusativ oder Genitiv) erhalten bleibt (z.B. Nabrano ljudej.GEN=AKK ≈ ,Eine Menge Menschen ist zusammengekommen‘ bzw. ,… zusammengebracht worden‘ oder Izbu.AKK srubleno ,(Es) ist eine Hütte.AKK zusammen-gezimmert (worden)‘). Obgleich diese Konstruktion gegenüber der Standardsprache auffällig ist und häufiger Gegenstand der Diskussion war (Kuz’mina 1975; Timberlake 1976; Tru-binskij 1984:100), ist die Expansion ihrer lexikalischen Basis bislang nicht geklärt. Fest steht nur, dass sie in der Regel von transformativen Verben gebildet wird. Im Vergleich mit den übrigen Konstruktionen in den NW-russischen Mundarten darf man sie allerdings als

30 Vgl. ähnlich im slovakischen PossRes mit mať ,haben‘: má vypité ,ist angetrunken‘ (Giger 1997:114).

Nord(west)russische Mundarten

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marginal ansehen (Matveenko 1960:352). Sie kommen in einigen Mundarten auch mit der PP u+GEN als Ausdruck des Agens der Handlung vor; vgl. etwa (59) u menja bylo telёnka zarezano bei 1.SG.GEN COP.PRT.3.SG.N Kalb.AKK.SG erstochen.INDEKL

wörtl. ,Bei mir war Kalb.AKK erstochen‘ = ,Ich hatte ein Kalb geschlachtet‘ (zit. nach Sobolev 1998:74). In nennenswerterer Zahl scheinen sie aber nur nördlich von Pskov aufzutreten (s. Karte 4). Dort ist auch die Substratwirkung des Ostseefinnischen am nachhaltigsten. Die Genese solcher no/to-Konstruktionen dürfte deshalb in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Entstehung solcher Konstruktionen im weiter südlich gelegenen slavischen Gebiet (nördliche weissruss. Mundarten, Ukrainisch, Polnisch) stehen (zu diesen s. 5.1, 6.4, 7.3). Negativ stellt sich zu dieser Frage auch Moser (1998:341f.).

Aus Tab.1 geht ferner hervor, dass es sowohl kongruierende wie nicht kongruierende Partizipialformen gibt. Die nicht-kongruierenden Typen sind offenbar sekundär auf der Grundlage der kongruierenden entstanden (trava skošena > trava skošeno > trava skošen ,das Gras ist gemäht‘). Es ist meistens nicht eindeutig zu entscheiden, ob die Formen auf -no/to noch Teil eines nach Genus und Numerus unterscheidenden Paradigmas der n/t-Partizipien sind. In vielen Fällen (Mundarten) darf die no/to-Form als paradigmatisch ähnlich isoliert gewertet werden wie die nicht mehr kongruierenden Formen auf -n/t und -na/ta (ursprünglich maskulin bzw. feminin Singular) in anderen Mundarten. Vor allem deshalb klärt das Vorhan-densein oder Fehlen von Kongruenzmerkmalen in vielen Fällen nicht, ob die NP als Subjekt oder Objekt zu charakterisieren ist (vgl. Kuz’mina 1975:205-208, 213-231; Matveenko 1961:108-111).

Ebensowenig liefert die Bildungsweise auf -(v)ši vs. -n/t- zuverlässige Hinweise über den Diathesetyp, vielmehr muss auch dieser von Mundart zu Mundart gesondert bestimmt werden. Das NW-russische Dialektgebiet ist also in dieser Hinsicht alles andere als ein-heitlich31. Mit einer gewissen Vergröberung der Tatsachen lässt sich aber sagen, dass die Bildungsweise auf -n/t- im Norden (um den Onega-See, russ. ‘onežskie, lačskie, belozerskie govory’) klar überwiegt und auch bei der Bildung von SubRes auftritt, während von dort aus zum SW hin die Bildung auf -(v)ši immer mehr zunimmt und im Gebiet leicht nördlich von Tver’ den Typ auf -n/t- praktisch ganz verdrängt, indem auch ObRes mit -(v)ši gebildet wer-den (Gebiet um Seliger und Toržok, russ. ‘seligero-toržkovskie govory’). Eine „austarierte“, tendenziell komplementäre Verteilung beider morphologischer Typen auf subjektorientierte (-(v)ši) vs. objektorientierte (-n/t-) Resultativa trifft man de facto nur im Gebiet um Pskov und Novgorod an (vgl. die Tabellen in Trubinskij 1983:217 und 1984:72ff. sowie bei Kuz’mina 1971:22, 85ff., 142f. und Sobolev 1998:76, 84f.). Illustriert ist dies in Karte 4. 3.2. Resultative vs. ereignisbezogene Verwendung, Perfekt-Funktionen In diesem Gebiet zeichnen sich beide Bildungsweisen auch hinsichtlich des aktionalen Ver-haltens durch annähernde, jedoch keineswegs vollständige Komplementarität aus. Zunächst, so Trubinskij (1983:217f.), würden Resultativa auf -(v)ši generell nicht dazu verwendet, den Zeitpunkt des Zustandswechsels (d.i. die Bedeutung eines aktionalen Perfekts) anzugeben; sie verbinden sich so gut wie nie mit den entsprechenden Adverbialen (vgl. z.B. *On zabolevši včera večerom ,Er ist gestern Abend erkrankt‘, *Pol utrom pomyvši ,Der Boden ist am Morgen gewaschen‘) und sind nicht für narrative Sequenzen geeignet (Dmitrieva 1962:150; Ryko 2002:178-180). Dasselbe gelte für Resultativa auf -(v)ši auf präteritaler Zeitstufe (Ryko 2002:178-189; Trubinskij 1983:220). Diese Aussagen gelten auch für das Gebiet nördlich von

31 Vgl. dazu sehr ausführlich Kuz’mina (1971) und Trubinskij (1984).

Resultativa

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Tver’, in welchem diese Bildungen diejenigen auf -n/t- verdrängt haben (Trubinskij 1983:218-220). Für die Pskover und Novgoroder Mundarten ergibt sich somit hinsichtlich der Funktionen grosso modo folgende Kreuzklassifikation: Tabelle 2: Aktionale und Diathese-Merkmale in den NW-russischen Mundarten narratives

Präteritum Perfekt Resultativ

SubRes / intransitives Basisverb -l- -l- // -(v)ši ? -(v)ši ObRes / transitives Basisverb -l- -l- // -n/t- -n/t-

Wie zu erkennen, tendieren die Resultativa gegenüber dem narrativen Präteritum pf. Verben zu einer komplementären Verteilung. Besonders deutlich illustrieren dies Beispiele wie die folgenden32: (60a) Pri moëm-t" veke obrjanulasja mnog" slof, mnog" mnog" obrjanufšy, izmenifšy.

,Zu meinen Lebzeiten haben sich viele Wörter verändert, ganz viele sind verändert, anders geworden.‘

(60b) Oba syna u menja pomërši, v tu vojnu pómerli. ,Beide meine Söhne sind gestorben, sie sind im Krieg gestorben.‘

(60c) Traktor dolgo slomavši byl, spravili toper’. ,Der Traktor war lange kaputt, jetzt hat man ihn repariert.‘ Durch ihre syntaktisch selbständige prädikative Verwendung wären Partizipien auf -v(ši) in diesen Mundarten somit als eigenständiges ‘gram’ anzusehen, welches mit den l-Formen der Verben nicht synonym ist. Trotzdem wäre Trubinskijs Behauptung, Formen auf -(v)ši könnten nie im Sinne eines Perfekts verwendet werden (s.o.), ein wenig einzuschränken. Denn entgegen dieser kategorischen Aussage kommen gelegentlich auch transitive Formen auf -(v)ši vor, die wegen einer fehlenden Teil-Ganzes-Beziehung nicht zum possessiven Typ gerechnet werden können und die wegen der Beibehaltung einer agensfähigen NP (oder eines Pronomens) in die Nähe des Perfekts rücken. So z.B. ja testo spravivši ,Ich habe einen Teig gemacht‘ (wörtl. ‘ich (bin einen) Teig vorbereitet-Habender’; vgl. mit dem pf. Präteritum spravili ,haben repariert‘ in Bsp. 54c); vgl. dazu Nedjalkov/Jachontov (1983:29). Zu „ipf.“ Verben s. 3.4.

Der Vergleich zwischen spravivši und spravili in den gerade zitierten Belegen ist nun ein gutes Beispiel dafür, dass die l-Formen (d.i. das einfache Präteritum) auch in den NW-russischen Mundarten gegenüber den Formen auf -(v)ši dominieren können. Dies haben auch Bulatova (1975:195f.) und Dmitrieva (1962:144f.) nachgewiesen, wobei jede für einen anderen Teil des uns hier interessierenden Dialektgebiets (Karelien und die Region um Pskov). Offen bleibt dabei allerdings die Frage, inwieweit diese Asymmetrie zugunsten des l-Präteritums auf einen Einfluss der Standardsprache der letzten Zeit zurückzuführen ist oder eher davon zeugt, dass das neue Perfekt-System dieser Mundarten (mithilfe der resultativen Konstruktionen) doch nie voll ausgebildet gewesen ist.

Unabhängig davon können sich die oben zitierten Formen auf -v(ši) auch auf präteritaler Stufe generell nur auf einen Nachzustand beziehen und sind ebenso wenig wie im Standard-russischen gegen l-Formen austauschbar. Diese Austauschbarkeit ist im Litauischen und Lettischen in einem deutlich geringerem Mass gegeben (s. 4.1.2 und 4.2). Gegenüber dem Standardrussischen sind diese Formen schlichtweg auffallend häufig und überhaupt als

32 Trubinskij (1983:219f.). Zur aktionalen Komplementarität vgl. auch Breu (1988:52f.).

Nord(west)russische Mundarten

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syntaktisch unabhängige Prädikate möglich. Sie dienen gewöhnlich zur Bezeichnung eines zum Sprechzeitpunkt nicht mehr gültigen Zustands (Trubinskij 1984:162). Im Gegensatz dazu lassen sich Resultativa auf -n/t- sehr wohl in ereignisbezogener Verwendung belegen. So u.a. bei Transportverben wie prinesti ,herbringen‘, zavezti ,vorbeibringen‘; vgl. den folgenden Beleg (aus Trubinskij 1983:224; 1984:160) mit den standardrussischen Beispielen in 2.2: (61) žerd’ja-to iššo včeras’ pritaščen, vo u zgarody

,Die Stangen sind gestern noch hergeschleppt (worden), da beim Zaun.‘

Sporadisch angeführte Belege mit n/t-Partizipien intransitiver und transitiver aterminativer Verben wie f pastucha jdeno wörtl. ,beim Hirten (ist es) gegangen‘ (= ,Der Hirte ist gegangen / ging‘, Karelien), f kata carapana wörtl. ,beim Kater (ist es) gekratzt‘ (= ,Der Kater hat gekratzt / kratzte‘, Pskover Gegend), werden dagegen u.a. von Petrova (1968:125) aufgrund von Erfahrung in der Feldforschung im Sinne eines ‘experiential’ mit epistemischem Gehalt interpretiert33, nicht jedoch in der Funktion eines ereignisbezogenen Präteritums. Auch als „charakterisierendes Resultativ“ (im in 2.3 bestimmten Sinn) wären solche Belege kaum zu werten. Gleichwohl treten laut Trubinskij (1984:79-82) n/t-Partizipien transformativer Verb-gruppen häufiger ereignisbezogen auf als analoge (kongruierende) Formen im Standard-russischen – sofern sie mit der Nullkopula stehen, d.i. auf präsentischer Zeitstufe. Auf präteritaler Stufe (mit dem Präteritum der Kopula) werden diese Formen wiederum seltener als im Standardrussischen unter Hervorhebung des Zustandswechsels (d.i. ereignisbezogen) gebraucht (Trubinskij 1983:224f.; 1984:82f.). Tendenziell verhalten sich somit Formen auf -n/t- aktional ähnlich wie diejenigen auf -(v)ši (s.o.), d.i. eine eigentliche Pluperfect-Funktion ist nur schwach ausgebildet. 3.3. Zur Expansion der lexikalischen Basis Hinsichtlich der lexikalischen Basis wäre hervorzuheben, dass Resultativa auf -(v)ši ursprüng-lich nur von intransitiven Verben mit transformativer (bzw. mutativer) Funktion gebildet worden sein dürften34. Diese Vermutung wird dadurch erhärtet, dass Resultativa auf -(v)ši sehr häufig (meistens ?) ohne das reflexive Postfix -sja auftreten35. Man darf annehmen, dass das Postfix bei intransitiver Ausgangsbasis redundant gewesen ist (Kuznecov 1949:63), bevor – durch die Expansion dieses Reflexivmarkers – auto- und antikausative Derivate transitiver Stämme häufiger werden und dann auch Resultativa bilden konnten. Resultativa auf -n/t- dagegen wurden anfangs offenbar nur von transitiven Verben gebildet. Davon ausgehend darf man annehmen, dass sich die lexikalische Basis beider resultativer Partizipienarten sukzessiv derart erweitert hat, dass sie mit der Zeit in ihren Diathese-Typen konvergieren konnten (s.o.

33 „(...) внимание концентрируется на результате совершившегося действия. Речь идет о следах, которые оставили на дороге лось, волки, пастух.“ (,Die Aufmerksamkeit konzentriert sich auf dem Ergebnis der abgelaufenen Handlung. Es ist die Rede über die Spuren, welche auf dem Weg der Elch, die Wölfe und der Hirte hinterlassen haben.’) Funktional geraten solche n/t-Partizipien somit in den Bereich evidentialer Bedeutungen, welche auch sonst im Raum des Baltikums gut vertreten sind (s. Fn. 49 am Ende von Abschnitt 4 sowie 3.5). 34 Vgl. dazu sehr detailliert Trubinskij (1962), wo insgesamt 697 Verben aufgeführt werden, und Kuz’mina (1971:143ff.) mit 1981 Verben. Kuz’mina stellt allerdings in Frage, ob alle diese Verben Trubinskijs Definition entsprechen. In jedem Fall aber fällt das Gros der Verben unter diejenigen, die bereits lexikalisch einen Zustandswechsel indizieren. 35 Vgl. dazu allgemein Kuz’mina (1971:13, 138), Obnorskij (1953:233f.) und Sobolev (1998:75) sowie Bulatova (1975:197/Fn. 17, 201) über eine russische Mundart in Karelien, Dmitrieva (1962:154) über die Region um Pskov und die Daten in Ryko (2002) über eine Mundart im westlichen Teil des mittelrussischen Dialektstreifens.

Resultativa

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Kommentar zu Tab. 1). Resultativa auf -(v)ši von transitiven Verben sind eine junge Erscheinung; Kuz’mina (1971:134, 142) führt sie auf das 19.-20. Jh. zurück.

Generell ist die lexikalische Basis der n/t-Konstruktionen in den NW-russischen Mund-arten gegenüber der Standardsprache deutlich erweitert. So gibt es u.a. n/t-Konstruktionen von intransitiven und transitiven Bewegungs-Verben sowie von konklusiven Verben, die in der Standardsprache kaum oder gar nicht gebildet werden; vgl. u.a. Bsp. (57-58) sowie die folgenden: (62a) voda navožen ,Wasser ist gebracht‘ (62b) poprošeno ,(es wurde) gebeten‘ (62c) ona poblagodarena wörtl. ,sie ist gedankt‘ , aber auch solche Fälle wie (63) moi ogurcy dostany s podvalu

,meine Gurken sind aus dem Keller geholt, herbeigebracht‘ (aus Kuz’mina 1971:95) und nicht zuletzt von Verben mit Phasen-Aktionsarten, z.B. poechano ⇐ poechat’ ,los-fahren‘, poguljano ⇐ poguljat’ ,(eine Zeitlang) spazierengehen‘36. Vgl. auch den folgenden Beleg mit dem n/t-Partizip eines Verbs mit „akkumulativer“ Bedeutung (zit. aus Bulatova 1975:191): (64) u ego vsё nachozjajničeno, vsё sdelano

≈ ,bei ihm ist alles bewirtschaftet, alles getan‘ Freilich könnte nachozjajničat‘ womöglich auch transformativ im Sinne etwa von ,die Wirt-schaft in Ordnung bringen‘ verstanden werden.

Hinsichtlich phasenbezogener Spezifizierungen unterscheiden sich laut Trubinskij (1962:177; 1983:220; 1984:159) n/t-Konstruktionen von Resultativa auf -(v)ši, da diese – wie n/t-Resultativa im Standardrussischen – prinzipiell nicht von Verben gebildet würden, deren Affixe lediglich Phasen markieren (z.B. zagovorit’ ,zu reden anfangen‘ ⇒ *zagovorivši, bolt-nut’ ,etwas herausplappern‘ ⇒ *boltnuvši) oder „akkumulative“ Bedeutung haben (z.B. nabe-dokurit’ ,Unheil anrichten‘ ⇒ *nabedokurivši). Kuz’mina (1971:207) führt zwar auch Kon-struktionen mit -(v)ši an, die von delimitativen Verben mit dem Präfix po- stammen (porabo-tavši ⇐ porabotat’ (eine Zeitlang) arbeiten‘ u.a.), diese sind jedoch sehr selten. In anderen Einzelfällen sind Bildungen mit dem Präfix po- vermutlich gar nicht als Delimitativa zu werten, sondern sie haben eine quantifizierende Funktion, bezogen auf die Häufigkeit des Sachverhalts, welcher vom jeweiligen unpräfigierten Verbstamm bezeichnet wird. Vgl. die folgenden Belege: (65) ja sevodnja dva raza popivši

,Ich habe heute zweimal etwas getrunken‘ (zit. aus Bulatova 1975:192).

(66) vy poezdivši, povidavši ljudej ,Sie sind umhergefahren, haben Leute gesehen‘

(zit. aus Nedjalkov/Jachontov 1983:29). Dass Delimitativa von n/t-Partizipien offenbar häufiger gebildet werden, könnte darauf hin-deuten, dass diese als Resultativa schlichtweg älter sind, so dass sie von mutativ-trans-formativen Verben eher auch auf andere lexikalische Gruppen expandieren konnten. Eine 36 Zu den Daten vgl. u.a. Bulatova (1975:200), Knjazev (1989:198f.), Kuz’mina (1971:95, 110), Petrova (1968:125) und Sobolev (1998:80).

Nord(west)russische Mundarten

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Folge dieser Expansion ist, dass Partizipien entsprechender Verben gar keine resultative Be-deutung ausbildeten (s. die gleich unten folgenden Erwägungen und Abschnitt 12.5). 3.4. Bildungen von imperfektiven Verben In den NW-russischen Mundarten werden Prädikate auf -(v)ši von ca. 1500 Verben gebildet (Trubinskij 1984:158f.), darunter auch von solchen, welche im Standardrussischen dem ipf. Aspekt zugeordnet werden müssten. So z.B. živši ,gelebt‘, šovši ,gegangen‘, ležavši ,gelegen‘, rabotavši ,gearbeitet‘ (vgl. Kuz’mina 1971:171-180 und Trubinskij 1983:220). Häufiger ist dies jedoch bei n/t-Partizipien beobachtet worden (Bulatova 1975:198). In vielen Fällen kön-nen ObRes mit n/t-Partizipien, gebildet von Verben, die nach standardruss. Massstäben als ipf. zu klassifizieren wären (z.B. delan ,gemacht‘, pleten ,geflochten‘, stiran ,gewaschen‘ in Trubinskij 1983:225, vgl. auch Kuz’mina 1971:90ff.), auch als „charakterisierende Resulta-tiva“ verstanden werden37. Genauso wie bei den obigen Beispielen zu n/t-Partizipien atermi-nativer Verben lassen jedoch die dürftigen oder ganz fehlenden Kontexte hinsichtlich der aktionalen Semantik im allgemeinen keine zuverlässigeren Schlüsse zu. Auffällig ist, dass es sich dabei ganz überwiegend um n/t-Partizipien unpräfigierter Verben handelt (s. die obigen Beispiele sowie Bsp. 67-68, 70-73). Das gilt auch für die attributiv verwendeten Partizipien dieses Typs in der Standardsprache (s. Fn. 37).

Weiterhin fällt auf, dass n/t- und vor allem (v)ši-Partizipien ipf. Verben oft mit Negation stehen, bei einigen Verben sogar so gut wie ausschliesslich; so z.B. laut DARJa (1996:13) die Partizipien evši ,gegessen‘, kušavši ‘dito’, žravši ,gegessen, gefressen‘, pivši ,getrunken‘ und spavši ,geschlafen‘. Es sind dies dieselben, welche auch im Prostorečie verbreitet sind, und zwar gewöhnlich ebenso mit Negation (s. 2.4). Diese sowie einige wenige weitere Formen (meistens mit der Bedeutung ,sich an-/ausziehen‘ oder ,sich den Kopf bedecken‘) sind damit überregional auch ausserhalb des Kerngebiets der (v)ši-Resultativa in dialektalen und städtischen Nichtstandard-Varietäten relativ oft anzutreffen.

Aus den Ausführungen in Ryko (2002:190) lässt sich schliessen, dass (v)ši-Partizipien ipf. Verben auch eine Art indirekter Implikatur auf das Fehlen eines (oft wünschbaren) resul-tativen Zustands hervorrufen; vgl. unter seinen Belegen die folgenden: (67) sami-to ne učivši, tak rebjat-to chot’ skol’ko poučit‘ ,Selbst (haben wir) nichts gelernt, so (sollte man) den Kindern wenigstens ein bisschen (etwas) beibringen‘.

(68) pečka davno ne topivši ,Der Ofen ist seit langem nicht geheizt (worden)‘. Auch diese Beobachtung haben wir bereits für solche Partizipien im Prostorečie machen kön-nen (s. 2.4).

Nur selten vorzukommen scheinen n/t-Partizpien von Verben, die aufgrund sekundärer Suffigierung (d.i. zuerst präfigierte, dann suffigierte) als ipf. einzustufen wären. Vgl. etwa folgenden Beleg aus Trubinskij (1983:225), der freilich keine genauere Funktionsbeschrei-bung dieser Form gibt (ebenso wenig tut dies Timberlake 1976:554): 37 Eine rein charakterisierende Funktion weisen n/t-Partizipien einiger ipf. Verben im Standard-russischen bis heute auf, allerdings nur in attributiver Funktion und mit eng begrenzter Kollokation. Vgl. etwa sušёnye (frukty) ,Trockenfrüchte‘, žžёnyj (kofe) ,gebrannter (Kaffee)‘, nepisanye (zakony, pravila) ,ungeschriebene (Gesetze, Regeln)‘ (vgl. Krasil’nikova 1973:180). Sie sollten als isolierte Reste und somit als Lexikalisierungen angesehen werden, bei der die Partizipien wie relationale Adjektive zum Zweck der Sortenbildung funktionieren (vgl. Giger 2003a:56-59).

Resultativa

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(69) my tut žili, a ona otdavana byla ,wir haben hier (schon vorher) gelebt und sie war (hierhin?) verheiratet (worden)‘ (wörtl. ,... war weggeben‘).

Ein analoger Beleg findet sich bei Kuz’mina (1971:93): sed’moj god doči otdavana byla ,im siebten Jahr ist die Tochter weggegeben [= verheiratet ?] worden‘; aber auch sie liefert keine befriedigende Erklärung der Funktion solcher Partizipien. Ob es sich bei ihnen tatsächlich um Reflexe eines archaischen Sprachzustands handelt (wie Kuz’mina 1971:94 vermutet), kann jedenfalls aufgrund der Datenlage, wie sie bisher verarbeitet worden ist, nicht entschieden werden. Um eine solche Frage zu beantworten, wäre eine genauere chronologische Einord-nung der postulierten Entwicklungsschritte erforderlich.

Schliesslich gibt es aus einigen der Mundarten auch Belege, in denen die n/t-Partizipien ipf. Verben keineswegs als charakterisierend zu werten sind und dennoch als resultativ bezeichnet werden müssen. Verantwortlich dafür ist die Möglichkeit der terminativen Lesart der zugrundeliegenden Verben. Vgl. etwa die folgenden bei Bulatova (1975:198) angeführten Beispiele: (70) ne zakryli ni saraja i ničego // da i tak korova nedodoena ostavlena, da i kvašnja na sunduku ne pečena da i ničto // ,(sie) haben weder die Scheune noch irgendetwas zugesperrt // ja und die Kuh (ist) stehengelassen (worden), (ohne dass sie) zu Ende gemolken (war), ja und der Teig (ist) auf dem Schrankkoffer nicht gebacken und sowieso nichts (ist gemacht) //‘

(71) bežiš’ vsled pastucha: „oj / dorogoj / verni ty korovu // mni nado // korova ne doena“ // ,du läufst hinter dem Hirten her: „oj / mein Lieber / gib du die Kuh zurück // ich brauche sie // die Kuh (ist) nicht gemolken //‘

(72) tumbočka šatana // ,das Grabmal [?] (ist) gelockert/locker geworden‘

(73) pododejal’niki ne šity // ,die Bezüge (sind) nicht genäht‘. 3.5. Bezüge zu evidentialen Funktionen Im Zusammenhang mit einem derartigen Datenmaterial wäre nochmals auf Belege hinzu-weisen, in denen n/t- oder (v)ši-Partizipien von ipf. Verben eine pragmatisch bedingte Infe-renz auslösen, d.i. eine Assoziation aus der Sprechsituation heraus, welche über das Bedeu-tungspotential des entsprechenden Verblexems hinausgeht. Vgl. dazu Belege (74, 78) aus Bulatova (1975:198f.) mit ihren Kommentaren, Beleg (75) aus Ryko (2002:190, in verein-fachter Transkription) und Belege (76-77) aus Dmitrieva (1962:154): (74) na povarov ne učivši wörtl. ,auf Köche nicht gelernt‘ = ,Er/ich (?) hat nicht Koch gelernt‘.38

(75) i vot, u Chalmu sičas, umёrša naš chirurg, chažu zimu, chažu druguju, vot s jestym z borisovskim žyu¾ša, vot, sičas y familija mne Andreeva

,und naja, in Cholm (lebe ich) jetzt, unser Chirurg [= der erste Mann der Informantin?; BW/MG] ist gestorben, ich verbringe (allein) einen Winter, den zweiten (Winter), und da habe ich mit Borisovskij gelebt, nun ja, jetzt ist auch mein Nachname Andreeva.‘39

38 Geäussert als Rechtfertigung dafür, dass die gemeinte Person über zu wenig Kochkünste verfügt (vgl. mit Bsp. 67 oben). 39 Aus einer Erzählung einer Informantin über die Zeit nach dem Tod ihres ersten Mannes.

Nord(west)russische Mundarten

39

(76) v bajnju ja sama chadifšy wörtl. ,in die Sauna (bin) ich selbst gegangen‘= ,ich bin schon in der Sauna gewesen (⊃ und jetzt sauber)‘.

(77) v mjanja vse cetvera f školu chadifšy wörtl. ,bei mir (sind) alle vier (Kinder) in die Schule gegangen‘ = ,Alle meine vier Kinder sind in die Schule gegangen

(⊃ sie können lesen und schreiben, haben etwas gelernt)‘.

(78) ėto u medvedja broženo // wörtl. ,da (ist) bei einem Bären gewatet‘ = ,Hier ist ein Bär durchgewatet‘

(Forts.) net li medvedja ? // Šura / gljadi / ėto u Miški zdes‘ spano // ,ist der Bär nicht da ? // Šura / sieh mal / der Bär hat hier geschlafen [wörtl. ,beim Bären (ist) hier geschlafen]‘,

gemeint als Verweis auf die Spuren des Bären. In (74-78) liegt die Funktion nahe bei einem ‘experiential perfect‘ (vgl. mit Bsp. 67-68). Die prädikativen Partizipien ipf. Verben erfüllen für den Sprecher die diskurspragmatische Funktion einer Rechtfertigung oder Begründung, weshalb bestimmte Fähigkeiten vorhanden (77) bzw. nicht vorhanden sind (74), wie es zu bestimmten Lebensumständen kam (75) oder weshalb ein bestimmter (evtl. vorher bezweifelter) aktueller Zustand des Sprechers doch zutrifft (76).

In (78) haben wir es dagegen mit einer klar inferenziellen Funktion zu tun, welche einen Ansatzpunkt für die Entwicklung eines Evidentialis bieten kann. Die verbindende Brücke zu den Belegen (74-77) liegt in der pragmatischen Funktion: der Sprecher verweist auf Vorfälle, welche in seiner Abwesenheit oder der Abwesenheit des Adressaten stattgefunden haben und welche aufgrund enzyklopädischen Wissens zu den Folgezuständen führen (können), um welche es dem Sprecher eigentlich geht. Er veranlasst damit den Hörer zu einer weiter-gehenden (zunächst einmal nicht konventionalisierten) Inferenzleistung, die über Lexem-grenzen hinausgeht.

Interessanterweise hat sich nun aber, so weit uns bekannt, eine evidentiale Verwendung der Resultativ-Konstruktionen in keiner der NW-russischen Mundarten etabliert. Dies ist umso bemerkenswerter, als in den umgebenden oder naheliegenden ostseefinnischen und lettischen Varietäten u.a. Formen des subjektorientierten Perfekts die Grundlage für evidentiale Kon-struktionen bilden (vgl. Wälchli 2000). Diese Evidentialis-Konstruktionen sind allerdings im wesentlichen auf quotative Funktionen beschränkt. Diese sind konzeptuell von den typischen Funktionen des Perfekts stärker entfernt als die inferenzielle Verwendung, welche man im obigen Beispiel erkennen kann. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, weshalb die NW-russischen Mundarten sich gegenüber der sprachkontaktbedingten Ausbildung eines (quota-tiven) Evidentialis bislang als „resistent“ erwiesen haben40.

Die inferenzielle Funktion von n/t-Partizipien (insbesondere den nicht kongruierenden, wie im obigen Beispiel) erinnert dagegen an die inferenzielle Verwendung ebensolcher t-Par-tizipien in östlichen litauischen Mundarten (vgl. Ambrazas 1977; 1990:228; Wiemer, im Druck2: 2.1.5, 3.3). Diese sind aber vom Gebiet um Pskov und Tver‘ geographisch ziemlich klar getrennt, so dass von diesen litauischen Mundarten keine Sprachkontakt-Wirkung aus-gehen konnte.

40 (v)ši-Formen finden sich nur mehr oder minder zufällig im Skopus von explizit auf referierte Sprechakte verweisenden Prädikaten. Vgl. einen Beleg aus Dmitrieva (1962:155): gavarja kolo Peščory tud byfšy gorodov, byfšy cerkva ,Man sagt, bei Peščora gab es hier Städte, es gab eine Kirche‘.

Resultativa

40

3.6. Diachroner Hintergrund Die genaue Entstehungsgeschichte der Resultativa auf -(v)ši ist noch ungeklärt. Festzustehen scheint, dass es Vorläuferformen bereits im Novgoroder Dialekt des 13. Jh. und auch in der Smolensker Gegend sowie in bestimmten Redaktionen der „Russkaja pravda“ gab (vgl. Obnorskij 1953:213). Vgl. dazu Bsp. (79-80) aus einer Pskovskaja letopis’ von ca. 1510 (zit. nach Zaliznjak 1995:164, 166) und die für die Pskovskie letopisi (Chroniken) repräsentativen Belege (81-82) aus dem Material von Dmitrieva (1962:158-160): (79) Pskov vzemši bez brani ,Pskov ist ohne Waffen genommen (worden)’.

(80) tъ to pogubivši, jemu platiti (i) ,demjenigen, der verdorben/verloren hat, soll bezahlt werden‘, oder (ii) ,demjenigen, der verdorben wurde, soll bezahlt werden‘.

(81) i po tomъ knjazь … priechavъ vo Pskovъ, i pskoviči prijaša jego čestno ,und dann kam der Fürst nach Pskov, und die Einwohner von Pskov nahmen ihn

gebührend auf‘.

(82) i potomъ paki prišedše nemci, požgoša Ostrovci i Podъolešie ,und dann kamen wiederum die Deutschen, (sie) zündeten Ostrovci und Podlesie(?) an‘. In solchen Beispielen können die Diathese-Verhältnisse entweder unklar sein (s. die beiden Übersetzungen von Bsp. 80), oder das eigentliche Aktiv-Partizip steht allein mit dem Objekt der Handlung (s. Bsp. 79). Häufig kam es auch vor, dass das für das Partizip und das finite Verb gemeinsame Subjekt (im Nominativ) zwischen beiden Verbformen stand (s. Bsp. 76, nemci ,die Deutschen‘). Ferner wäre in Bsp. (81-82) auf die Verwendung der (v)ši-Partizipien als Teile narrativer Sequenzen hinzuweisen. In Bsp. (82) ist zudem zu erkennen, dass das Partizip noch mit seinem höchstrangigen Argumenten (nemci ,die Deutschen‘) kongruieren konnte41. Die syntaktische Struktur solcher Gliedsatzkomplexe ist in den historischen Quellen weder als eindeutig parataktisch noch als hypotaktisch zu verstehen. Mit einer Ausformung der syntaktischen Verhältnisse bei der Gliedsatz-Verknüpfung haben sich die NW-russischen Mundarte in syntaktischer Hinsicht jedoch auf einem anderen Weg entwickelt als die Varie-täten, welche zur wesentlichen Grundlage der russischen Standardsprache wurden (d.i. die mittelrussischen Mundarten im Gebiet Moskau-Suzdal’-Vladimir). In diesen Varietäten sind die (v)ši-Partizipien, nachdem sie endgültig indeklinabel wurden, nicht mehr als unabhängige Prädikate gebraucht worden, dienen aber in der Regel zur Angabe taxischer Beziehungen zum übergeordneten (finiten) Prädikat. Im südlichen Teil des NW-russischen Dialektraums hingegen haben sie sich als syntaktisch unabhängige Prädikate behauptet, sie verloren aller-dings auch ihre Fähigkeit zur narrativen Verwendung. Im nördlichen Teil dieses Dialekt-gebiets schliesslich sind sie stark zurückgedrängt worden oder ganz verschwunden (s.o. Kommentar zu Tab. 1).

In den Mundarten um Pskov des 20. Jahrhunderts finden sich nun durchaus auch Fälle des Gebrauchs von (v)ši-Partizipien, in denen diese syntaktisch als Teil eines komplexen Prädi-kats zusammen mit einem finiten Verb auftreten oder ihnen gar eine adverbiale Funktion (wie in der Standardsprache) zukommt; vgl. zwei der Belege aus Dmitrieva (1962:160):

41 Für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts noch bemerkt Obnorskij (1953:217), dass Plural-Formen auf -(v)še in Mundarten um Novgorod gebräuchlich waren. Vermutlich dürfte es sich dabei aber um paradigmatisch genauso isolierte, d.i. indeklinable Formen gehandelt haben wie bei den Partizipien auf -(v)ši.

Nord(west)russische Mundarten

41

(83) astalas‘ anna, kak f školu pojdё razufšy i razdefšy ,sie blieb (so wie sie war), wenn sie in die Schule ging barfuss und ohne Kleidung‘ (⇐ razut‘ ,Schuhe ausziehen‘, razdet‘ ,(Kleidung oder jmd.) ausziehen‘).

(84) ljažym v salomy zaryfšy (⇐ zaryt’sja ,sich eingraben‘) ,wir liegen in Stroh eingewühlt.‘ Eine solche Verwendung sollte nicht als Einfluss der Standardsprache bewertet werden, son-dern vielmehr als Fortführung eines archaischeren Zustands, in welchem die syntaktischen Verhältnisse polyprädikativer Verkettungen nicht eindeutig waren. Ähnliche Belege bespre-chen auch andere Dialektologen, wobei u.a. Bulatova (1975:199) auch Belege mit resultativen n/t-Partizipien, die Teile komplexer Prädikate darstellen, anführt; vgl. etwa Bsp. (85) (= Teil aus Bsp. 70): (85) korova nedodoena ostavlena ,die Kuh ist stehengelassen (worden), nicht zu Ende gemolken.‘ Auf entsprechende Belege mit n/t-Partizpien weist auch Timberlake (1976:556f.) hin, welche er nach generativischer Perspektive zu behandeln versucht. Es fällt auf, dass die finiten Prädi-kate in solchen Fällen gewöhnlich von Positionsverben und anderen Verben, die einen eher vorübergehenden Zustand bezeichnen, gebildet werden. Es wäre eine genauere Untersuchung wert zu prüfen, ob derartige Prädikatskomplexe mit (v)ši-Partizipien tatsächlich häufiger als mit n/t-Partizipien vorkommen.

In jedem Fall zeigen Belege wie (79-82), dass die in 3.1 dargestellten Diathesen der (v)ši-Prädikate sehr weit zurückreichende Wurzeln haben dürften. Es wäre jedoch voreilig zu behaupten, diese Formen hätten immer schon als Resultativa funktioniert. Was aus den bei Zaliznjak (1995:163-167) und anderenorts besprochenen Belegen hervorgeht, ist zunächst einmal bloss die Tatsache, dass Partizipien auf -(v)ši ihre Funktion als Satzprädikate infolge des Verlusts der Flexion und der Kongruenz erworben haben. Dies galt aber auch für Parti-zipien des Präsensstammes (auf -uč/’ač/ęč), welche zumindest unter Zaliznjaks Belegen zahl-reicher sind. Als wesentlichen Schritt zur syntaktischen Verselbständigung aller dieser Parti-zipien könnte man ansehen, dass sie als sekundäre (einer finiten Form juxtaponierte) Prädi-kate auch dann verwendet werden konnten, wenn das (oft implizite) Agens der von ihnen bezeichneten Handlung nicht gleichzeitig das (kongruierende) Subjekt des finiten Verbs war bzw. es gar kein finites Verb gab (s. Bsp. 79-80 sowie Zaliznjak 1995:163f., 166). Der syntaktisch letzte Schritt muss dann in der Loslösung vom finiten Verb und im vollständigen Verlust der vom Infinitivstamm gebildeten Partizipien gelegen haben. Die Entstehung eines Resultativs in tendenziell komplementärer Verteilung zum narrativ verwendbaren l-Präteritum (s. 3.2) wäre demnach als ein Nebenprodukt einer allgemeineren Entwicklung anzusehen, von der die gesamte Struktur des einfachen Satzes (inkl. Wegfall der Kopula) erfasst wurde und die zum grossen Teil allgemeinslavisch war. Eine Rekonstruktion dieser Entwicklung ginge jedoch über den hier gesteckten Rahmen hinaus42.

42 Zu einem Überblick über diesen allgemeinslavischen Prozess vgl. Wiemer (im Druck1: 2.2.1), zum Russischen vgl. Obnorskij (1953:217ff.).

43

4. Die baltischen Sprachen Da das inzwischen ausgestorbene Altpreussische (eine westbaltische Sprache) zu rudimentär dokumentiert ist und man sich in den erhaltenen Schriftdenkmälern meistens nicht sicher sein kann, ob deren Syntax nicht zu stark deutschen Einflüssen ausgesetzt war, können mithilfe dieser Sprache keine Aussagen zur einstigen Verbreitung und Entwicklung von Resultativ-Konstruktionen gemacht werden. Wie Smoczyński (2000) gezeigt hat, ging die Calquierung des Deutschen so weit, dass sogar ein neues Partizip-Formans auf -n- (gemäss dt. Partizipien auf -(e)n wie etwa in genomm-en) aufkam. Die folgenden Ausführungen beschränken sich deshalb auf die beiden einzigen noch bestehenden baltischen Sprachen, das Litauische und Lettische (beide Vertreter des Ostbaltischen). Auch bei diesen können jedoch bislang kaum Aussagen über die historische Entwicklung von Resultativ-Konstruktionen gemacht werden.

4.1. Litauisch

4.1.1. Korrelationen zwischen morphologischer Struktur und Diathese-Typen Im Litauischen werden Resultativa mit der Kopula būti ,sein‘ und einem präteritalen (bzw. anterioren) Partizip gebildet: mit dem aktivischen (auf -ęs.M.SG/-usi.F.SG und -ę.M.PL/-usios.F.PL) für das SubRes (und somit auch für einen Typ des PossRes im Litauischen) und mit dem passivischen (auf -tas.M.SG/-ta.F.SG und -ti.M.PL/-tos.F.PL) für das ObRes. Wie unten noch genauer ausgeführt werden wird, ist diese funktionale Verteilung, anders als in den slavischen Sprachen, komplementär. Das ObRes entspricht vom Bildungstyp und den Funk-tionsweisen genau demjenigen im Standardrussischen, d.i. es zeigt dieselben Überschnei-dungen mit der aktionalen Bedeutung des Passivs wie dort43. Dies gilt allerdings im Litau-ischen prinzipiell auch für SubRes und PossRes, wobei für diese beiden Diathesetypen die Vorgangsbedeutung auf präteritaler Stufe (d.i. für das Pluperfect) wiederum weniger leicht „zu bekommen“ ist (s. 4.1.2); vgl. dazu Geniušienė/Nedjalkov (1983:160f.). Alle bisher genannten Formen bilden das Gerüst für regelmässig gebildete und frequente Perfektreihen (‘perfektnyj razrjad’ im Sinne von Maslov 1983), in die sowohl resultative wie perfektisch-ereignisbezogene Verwendungen der oben genannten Partizipien integriert sind.

Die aktivischen und passivischen Partizipien sind aber zugleich Mittel zur Wiedergabe quotativer bzw. inferenzieller Funktionen eines Evidentialis, mit dem diverse Überschnei-dungen im Verbparadigma bestehen. Insbesondere verlieren t-Partizipien in der litauischen Standardsprache und vor allem den südöstlichen Mundarten des Litauischen ihre aus-schliessliche Objektorientiertheit, da sie auch von ein- und sogar nullstelligen Verben gebildet werden können. Sie stehen dann in der kongruenzlosen, genusneutralen Form auf -ta44 (und dem meist einzigen Argument im Genitiv); vgl. etwa Naktį lyta ,In der Nacht muss es geregnet haben‘ (⇐ lyti ,regnen‘), Čia žmonių.GEN.PL gyventa ,Hier haben (offenbar) Men-schen gelebt‘ (⇐ gyventi ,leben‘). In bezug auf nullstellige Verben gilt dasselbe für die aktivischen Partizipien, deren genusneutrale Form -ę auf lautet (z.B. Buvo jau sutemę ,Es war schon dunkel geworden’). Näheres zu diesen Überschneidungen in Geniušienė (im Druck: Abschnitt 4) und Wiemer (im Druck2: 3.3; im Druck3: 3.3 mit weiteren Literaturangaben).

In beiden baltischen Sprachen fällt gegenüber den nordslavischen Standardsprachen auf, dass das SubRes ausschliesslich mithilfe des Part. Prät. A k t i v gebildet wird. Vom Part.

43 Über das Verhältnis zum Passiv vgl. Geniušienė (1973). Aus Geniušienė (1974:24; 1976:146) geht hervor, dass nur zwischen 33-50% aller ObRes auf Textebene resultative Bedeutung haben. Passiv-Partizipien dienen auch produktiv und ohne Einschränkung hinsichtlich der Diathese zur Bildung unpersönlicher Sätze (vgl. Geniušienė 1976), vgl. z.B. Studentų pasiruošta egzaminams wörtl. ,Von den Studenten (ist) sich auf die Examina vorbereitet (worden).‘ 44 Diese entspricht etymologisch der slavischen no/to-Form (s. Abschnitte 6-7).

Resultativa

44

Prät. Aktiv wird auch ein PossRes gebildet, jedoch naturgemäss nur von transitiven Verben der semantisch dazu passenden lexikalischen Gruppen (vgl. Servaite 1985a:129-131). In jedem Fall weisen diese Partizipien volle Deklinationsparadigmen (mask. und fem.) auf, und sie werden auch attributiv verwendet. Sie sind etymologisch mit den Partizipien auf -(v)ši des NW-russischen und NO-weissrussischen Dialektgebiets verwandt, und es ist ein Teil dieser slavischen Mundarten, die – im Gegensatz zu den jeweiligen Standardsprachen – diese Partizipien auch prädikativ als SubRes einsetzen (s. Abschnitte 3 und 5.2).

Im Unterschied zu diesen russischen Mundarten werden im Litauischen PossRes aber regelmässiger gebildet, insbesondere von benefaktiv-transitiven Verben; vgl. z.B. Jis yra įsigijęs mašiną.AKK ,Er/sie hat sich ein Auto gekauft’ wörtl. ,sich-Auto-gekauft-Habender’ (⇐ į-si-gyti ,(für sich) erwerben‘), Ji yra susitaupusi pinigų.GEN.PL ,Sie hat sich Geld zusam-mengespart’ (⇐ su-si-taupyti ,(für sich) zusammensparen‘), Jie yra nusipirkę televizorių.AKK ,Sie haben sich einen Fernseher gekauft’ (⇐ nu-si-pirkti ,(für sich) kaufen‘), Mergaitė yra užsimovusi kepurę.AKK ,Das Mädchen hat sich eine Mütze aufgesetzt’ wörtl. ,sich-Mütze-aufgesetzt-habend’ (⇐ už-si-mauti ,sich aufsetzen, anziehen‘), Sportininkas buvo susilaužęs koją.AKK ,Der Sportler hatte sich das Bein gebrochen’ wörtl. ,war-sich-Bein-gebrochen-habend’ (⇐ susilaužyti ,sich das Bein brechen’)45. Die resultative Bedeutung der Perfekt-For-men ist bei diesen Verben als Default-Bedeutung zu betrachten und von derselben Natur wie beim temporal zweideutigen deutschen Perfekt in Bsp. 3a-b (s. 1.1). Auch dort erklärt sich die resultative Lesart vornehmlich durch die subjektorientierte bzw. possessive Diathese-Aus-richtung des Partizips.

Die zitierten PossRes-Fälle von benefaktiv-transitiven Basisverben entsprechen der nach Nedjalkov/Jachontov (1983) gegebenen Definition (s. 1.5). Sie unterscheiden sich von den eher als „klassisch“ zu bezeichnenden Fällen des possessiven Perfekts, von denen Holvoet (1994b:46) spricht, darin, dass die Bedeutung der Zugehörigkeit (im weiten Sinn) im obigen Fall durch den agglutinierten (und innerhalb der Wortform beweglichen) Reflexivmarker -si- unter Zusammenwirkung mit der Bedeutung des lexikalischen Stamms vermittelt wird, nicht jedoch durch das Zusammenwirken eines auxiliarisierten Verbs mit einem obliquen Kasus oder einer präpositionalen Markierung. Trotzdem lässt sich hier von einer possessiven Konstruktion sprechen. Das gilt auch für den Fall, wenn das Part. Prät. Aktiv von transitiven Verben gebildet wird, die zwar nicht einen benefaktiv zu interpretierenden Reflexivmarker einschliessen, aber dennoch auf Körperteile bezogene Handlungen benennen; vgl. etwa Raila buvo išskėtęs abi rankas ,Raila hatte beide Hände ausgestreckt’ (vgl. Servaitė 1985b:64f.). Dieser Fall kommt aber im Vergleich zu den transitiv-benefaktiven Verben seltener vor. Ganz abgesehen sollte man nochmals betonen, dass analoge Verben in den nächstliegenden slavi-schen Standardsprachen eben nicht zur Bildung derartiger PossRes herangezogen werden, auch wenn geeignete Verben im lexikalischen Inventar natürlich vorhanden sind (vgl. russ. vytjanut’ ruki, poln. wyciągnąć ręce ,die Hände ausstrecken’). Es ist bemerkenswert, dass, wie oben vermerkt, derartige PossRes auch in den NW-russischen Mundarten allenfalls vereinzelt vorkommen; verbreitet sind sie dagegen in den ostslavischen Mundarten, die direkt an das litauische Sprachgebiet angrenzen bzw. auf dessen Substrat sie entstanden sind, nämlich in einem grossen Teil der nördlichen weissrussischen Mundarten (s. 5.2).

Die Entsprechung zwischen Diathesetypen (ObRes vs. SubRes und PossRes) und morpho-logischer Bildungsart (Part. Prät. Passiv vs. Part. Prät. Aktiv) ist im Litauischen strikt, so dass es keine bidiathetischen Resultativa gibt. Der Austausch eines Aktiv-Partizips (86a) gegen ein Passiv-Partizip (86b) würde einen externen Agens implizieren lassen (vgl. Geniušienė/ Lötzsch 1974:318f.; Geniušienė/Nedjalkov 1983:163)46; vgl.:

45 Vgl. vor allem die gegenüber Geniušienė/Nedjalkov (1983) zu diesem Thema etwas ausführlichere Darstellung in Geniušienė/Nedjalkov (1988:382-384). 46 Ganz entsprechend sind Aktiv-Partizipien (a) primär intransitiver Stämme und (b) reflexivierter (sekundär intransitiver) Stämme mit autokausativer Funktion nicht synonym; vgl. z.B. (a) žuvęs ,(er

Baltische Sprachen

45

(86a) Berniukas yra nu- si- šuka- vęs Junge.NOM.SG.M COP.3.PRS PRÄ RM kämm.PRT PPA.NOM.SG.M ,Der Junge hat sich gekämmt‘, wörtl. ‘... ist ein sich-gekämmt-Habender’. ≠ (86b) Berniukas yra nu- šukuo- tas Junge.NOM.SG.M COP.3.PRS PRÄ kämm.PRS PPP.NOM.SG.M ,Der Junge ist gekämmt (worden).‘ Vgl. hiermit z.B. russ. Dver’ otkryta nastež’ ,Die Tür ist sperrangelweit offen / geöffnet‘ und poln. Dziecko jest uczesane ładnie ,Das Kind ist hübsch gekämmt‘, welche (ohne weiteren Kontext) entweder objekt- oder subjektorientiert interpretiert werden können (und damit zu den bidiathetischen Resultativa gehören). 4.1.2. Resultative vs. ereignisbezogene Verwendung, Perfekt-Funktionen Über die Konkurrenz zwischen dem ObRes und dem Passiv geben einige statistische Angaben aus Geniušienė (im Druck: Anfang von Abschnitt 3) Auskunft; diese Angaben beruhen auf der Auszählung von 5.730 Passivformen in 19 Texten (zum grössten Teil Belletristik, nur ein kleiner Teil aus der populärwissenschaftlichen Literatur). Laut Geniušienė besitzen Sätze mit dem passivischen t-Partizip in insgesamt 53% aller Text-Tokens eine resultative Funktion. Die Verteilung auf die Tempusstufen variiert dabei aber stark: auf präsentischer Stufe sind es 75%, auf präteritaler 64%, während es auf futurischer nur 15% sind.

Ganz abgesehen davon ist es mitunter schwierig, SubRes eher als resultativ oder als perfektisch (ereignisbezogen) einzustufen. Laut Geniušienė/Nedjalkov (1983:165f.) machen solche unklaren Fälle mehr als 10% aller Belege auf Textebene aus. Auch sie unterliegen produktiven Regeln und weisen prinzipiell keine lexikalischen oder durch die Diathese bedingten Restriktionen auf (Geniušienė 1989:286). Ob solche Formen resultativ interpretiert werden, hängt gleichwohl wieder von der lexikalischen Semantik des Basisverbs ab (vgl. Servaitė 1985b:64). Ferner werden in der Regel ęs/usi-Formen präfigierter Verben in aller Regel resultativ verstanden. Ähnliches gilt für die objektorientierten t-Formen: die Überlap-pung zwischen resultativer und ereignisbezogener Verwendung ist praktisch auf terminative Verben beschränkt; diese weisen eine starke Affinität zur Perfektivität auf (vgl. Geniušienė, im Druck: 3.1).

Das Part. Prät. Passiv von transitiven semelfaktiven und phasenbezogenen Verben tritt praktisch überhaupt nicht auf. T-Partizipien von Verben mit konklusivem Default werden jedoch wie im Russischen verwendet; vgl. z.B. Jis buvo pastebėtas / atrastas ,Er wurde bemerkt / wiedergefunden‘.

Das Part. Prät. Aktiv semelfaktiver und phasenbezogener Verben (von Delimitativa, In- und Egressiva) tritt nur äusserst selten in primärprädikativer Verwendung auf; gewöhnlich erfüllen sie eine appositive Funktion. In dieser werden sie erwartungsgemäss nicht resultativ, sondern ereignisbezogen interpretiert. Vgl. zwei Belege zu semelfaktiven Partizipien aus der zeitgenössischen Prosa:

ist) ums Leben gekommen‘ (⇐ žūti ,umkommen‘) vs. (b) nusižudęs ,(er hat) sich-umgebracht‘ (⇐ nusižudyti ,sich töten‘) oder (a) Petras yra paskendęs ežere ,P. ist im See ertrunken‘ (⇐ skęsti ,ertrinken‘) vs. (b) Petras yra nusiskandinęs ežere ,P. hat sich im See ertränkt‘ (⇐ nusiskandinti ,sich ertränken‘).

Resultativa

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(87) Nespėjo Juozas atsakyti žmonai į tokį svarbų klausimą, nes bilstelėjęs į duris trobon įvirto tik ką paminėtas Stasys. (B. Bušma, Giminės)

,Juozas schaffte es nicht, seiner Frau auf eine solch wichtige Frage zu antworten, denn, nachdem der gerade erwähnte Stasys kurz an die Tür geklopft hatte, kam er mit Schwung in die Hütte gerannt.‘

(88) Evaldas kaip įmanydamas tramdė bejėgišką įtūžį. Dirstelėjęs į Maleckį, pamatė, kad jo veidą pila prakaitas. (P. Dirgėla, Litorina, Litorina)

,Evaldas unterdrückte mit aller Gewalt seinen ohnmächtigen Zorn. Als er kurz auf Maleckis blickte, sah er, dass dessen Gesicht Schweiss übergoss‘.

Die aktivischen Formen der Perfektreihen sind immer dann gegen das einfache Präteritum austauschbar, wenn nicht der Satzkontext explizit auf den Zustand als solchen verweist. Letzteres wäre z.B. in (90b) und (90a) der Fall; vgl. auch die Quasi-Synonymie zwischen Jis (yra) apkvaišęs iš laimės und dem einfachen Präteritum Jis apkvaišo iš laimės ,Er ist vor Glück verblödet‘. Analoges gilt für das „unpersönliche Perfekt“ (bzw. Passiv), welches im Litauischen oft vorkommt: nicht kongruenzfähige Formen auf -ta sind z.B. nie resultativ, sondern nur perfektisch zu verstehen, wenn sie von verba dicendi oder Verben vergleichbarer lexikalischer Gruppen stammen; vgl. etwa sutarta ,abgemacht‘ (⇐ sutarti ,einwilligen‘), buvo apsispręsta ,man hatte sich entschieden‘ (⇐ apsispręsti ,sich entscheiden‘). Dadurch ist auch ihre Nähe zur evidentialen Funktion zu erklären (s. Fn. 49).

Im Zusammenhang mit dem SubRes heben Nedjalkov/Jachontov (1983:29f.) hervor, dass das Litauische einen typologisch offenbar seltenen Fall darstellt: Formen eines regulär gebildeten Perfekts weisen nämlich einige klar resultative Züge auf (anstatt umgekehrt). Gleichzeitig stellt aber eines seiner vorrangigen Verwendungsweisen die allgemein-faktische Funktion (‘experiential perfect’) dar (vgl. Wiemer 2001:70f.); vgl.: (89a) Mano tėvas (kadaise) yra vadovavęs kaimo mokyklos statybai. ,Mein Vater hat (einmal, vor langer Zeit) den Bau der Dorfschule geleitet.‘

(89b) − Ar kada nors esi buvęs Konstance? − Ne, niekada nesu lankęsis tame mieste. ,− Bist du schon einmal in Konstanz gewesen? − Nein, ich habe diese Stadt noch nie besucht.‘

Bei lexikalisch geeigneten Verben sind temporale Angaben möglich, die sich auf den Nach-zustand, nicht aber den Zustandswechsel beziehen. Sie sind dann nicht gegen das einfache Präteritum (in Klammern hinzugefügt) austauschbar; vgl.: (90a) Ji ką tik (yra) apsiavusi batus (?= apsiavė)

,Sie hat sich gerade ihre Schuhe angezogen.‘

(90b) Ji vis dar (yra) išvažiavusi (≠ #išvažiavo) wörtl. ,Sie ist noch immer weg(gefahren)‘ (vs. ,Sie ist weggefahren‘).

(90a) ist zweideutig: ką tik ,gerade eben‘ kann den Moment bezeichnen, an dem die Schuhe über die Füsse gezogen wurden; in dieser Funktion ist die Perfektform gegen das Präteritum (apsiavė) austauschbar. Eher bezieht sich (90a) jedoch auf den Zustand nach dem Anziehen der Schuhe, und der Satz entspräche dann einem PossRes. (90b) kann nur resultativ inter-pretiert werden, was man u.a. daran erkennt, dass ein Austausch gegen das einfache Prä-teritum (*išvažiavo) bei vis dar ,immer noch‘ ausgeschlossen ist. Dieselbe Erscheinung trifft man auch beim Pluperfect an; vgl.:

Baltische Sprachen

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(91a) Jis jau du metai buvo miręs (≠ #mirė) ,Er war schon zwei Jahre tot (gestorben)‘,

wörtl. ‘war schon ein zwei-Jahre Gestorbener’.

(91b) Ji ką tik buvo apsiavusi batus (?= apsiavė) ,Sie hat sich gerade die Schuhe angezogen‘ wörtl. ‘war Schuhe-angezogen-Habende’.

(91c) Jis visą laiką buvo įjungęs radiją47 (≠ #įjungė) ,Er hatte die ganze Zeit das Radio angeschaltet‘ wörtl. ,war ganze-Zeit Radio-angeschaltet-Habender’. In (91a) wird klar ein Nachzustand angegeben; das Präteritum könnte mit dem Adverbial (jau) du metai ,(schon) zwei Jahre (lang)‘ nicht verwendet werden. (91b) bezieht sich eher nicht auf die Handlung des Schuhe-Anziehens vor einem Bezugspunkt in der Vergangenheit − in dieser Bedeutung wäre es synonym zum einfachen Präteritum −, sondern auf den Nach-zustand. Von der Frequenz her ist dieser Fall sogar merklich häufiger anzutreffen als das SubRes im Präsens (vgl. Tab. 8 in Geniušienė/Nedjalkov 1983:162). Insbesondere werden solche Sätze mit der Implikatur gebraucht, dass der angegebene Zustand zum Sprechzeitpunkt nicht mehr anhält (Wiemer 2001:71). (91b) kann somit leicht einer Funktion entsprechen, die man in der russischen Aspektliteratur als „Annullierungs-Effekt“ (‘annuljacija dejstvija/ ėffekta’) bezeichnet. Eine detailreiche Besprechung temporaler Funktionen des ObRes (und Passivs) im Litau-ischen findet sich (im Rahmen allgemeiner Diskurs-Funktionen) neuerdings auch in Geniušienė (im Druck, Abschnitt 2-3). 4.1.3. Possessive Resultativa mit turėti ,haben‘ Schliesslich existiert im Litauischen noch ein PossRes mit dem nur wenig auxiliarisierten Verb turėti ,haben‘, welches daneben als hochfrequentes Vollverb funktioniert (z.B. turėti dviratį, šeimą, laiko ,ein Fahrrad, Familie, Zeit haben‘). Genau genommen gibt es sogar Ansätze zu zwei Resultativkonstruktionen mit turėti: eine mit dem Part. Prät. Passiv, welches mit dem direkten Objekt (im Akkusativ bzw. Genitiv) kongruiert. Es entspricht strukturell dem westslavischen PossRes mit HABERE-Verben (s. vor allem 7.4 und 9.5) und ist auf Par-tizipien transitiver terminativer Verben beschränkt. Anders aber als im Westslavischen ist es selbst in der Umgangssprache und der Publizistik äusserst selten. Vgl. einen der rar gesäten Belege: (92) Kartą vienas iš mūsiškių priėjo prie Lukjanovo ir perspėjo, kad jeigu jis mums neleis

pasisakyti, tai mes visuomet turime paruoštą.PPP.AKK.SG raštišką reikalavimą.AKK.SG wörtl. ,Einmal trat einer der unsrigen an Lukjanov heran und warnte, dass, wenn er uns nicht zu Worte kommen lassen würde, dann hätten wir stets eine schriftliche Forderung vorbereitet‘ (≈ in der Tasche parat) (aus den Memoiren von Landsbergis).

Bemerkenswert an dem anderen, mit turėti gebildeten Resultativtyp ist, dass er nicht mit dem Part. Prät. Passiv, sondern mit den oben genannten A k t i v -Partizipien eine Konstruktion bildet; vgl.:

47 Mit diesem Satz synonym wäre das entsprechende umgangssprachliche ObRes: (Pas jį) visą laiką radijas buvo įjungtas wörtl. ,Bei ihm war das Radio die ganze Zeit angeschaltet.‘ Es ist möglich, dass es sich hierbei um eine Calque des russ. umgangssprachlichen Modells handelt (s. dazu Fn. 13 in 2.1).

Resultativa

48

(93a) Stalčiuje jis turi pasislėpęs butelį (Hörbeleg) ,In der Schublade hat er eine Flasche versteckt.‘

(93b) O kokių drabužių ji turi pasitaisiusi! (Simonaitytė) ,Was für (schöne) Kleidung hat sie (für sich) in Ordnung gebracht!.‘ Dies ist eine echt periphrastische Konstruktion, deren Bedeutung sich – wie bei der anderen turėti-Konstruktion – aus der Summe ihrer Teile ergibt. Sie kann deshalb nicht mit den Formen des analytischen Perfekts gleichgesetzt werden. Das manifestiert sich u.a. darin, dass auch diese Konstruktion nur mit Partizipien transitiver Verben möglich ist (vgl. Sližienė 1967:69). Turėti gibt seine Rektion also auch in dieser Konstruktion nicht auf. Ebenso rigide sind die semantischen Restriktionen: die Partizipien müssen von transitiven terminativen Verben stammen, die beobachtbare Nachzustände implizieren; im Partizip wird diese Impli-katur fokussiert.

Eine plausible Erklärung für das Zustandekommen dieser Konstruktion gibt Senn (1966: 373): das Part.Prät. vertrete „einen (meist temporalen) Nebensatz“. Einem Satz wie (93a) entspräche seiner inneren Form nach also eine Übersetzung wie ‘In der Schublade hat er, für-sich-versteckt-habend, eine Flasche’ (≈ ‘Nachdem/Weil er eine Flasche in der Schublade versteckt hat, hat er sie dort’). Das grammatische Subjekt bleibt damit also der Possessor eines physischen Objekts im eigentlichen Sinn (Holvoet 1994b:46f.), und das Partizip ist syn-taktisch eine appositive Ergänzung zu turėti und kongruiert deshalb nicht mit dessen direktem Objekt (butelį ,Flasche‘); vgl. auch Otrębski (1956:281). Diese syntaktische Blockade dürfte ein Grund dafür sein, dass diese Konstruktion bislang so gut wie keine Anzeichen zeigt, zu einem Perfekt zu evoluieren. Allerdings ist das Partizip in einer solchen Konstruktion proso-disch gänzlich in den Satz eingegliedert, und es steht oft zwischen turėti und dessen Objekt (was aufgrund der pragmatischen Wortfolge des Litauischen aber nicht zwingend ist).

Geniušienė/Nedjalkov (1988:385) führen ein einziges Beispiel an, in dem die Konstruktion mit turėti – genauso wie diejenige mit būti ,sein‘ – Perfekt-Bedeutung annehmen kann: (94) Girdėjau, turi parašęs romaną = ..., esi parašęs romaną ,Ich habe gehört, du hast einen Roman geschrieben.‘ Das perzeptive Verb girdėti ,hören‘ im Matrixsatz appelliert hier nicht an ein Wissen über den physischen Besitz der angesprochenen Person (den Roman als fertiges Manuskript oder Buch), sondern an ein transformatives Ereignis, zu dem die NP romaną das effizierte Objekt bezeichnet. Eine Handvoll weiterer Belege dieser Art führt Servaitė (1985a:133) an (von ihr stammt ursprünglich auch Bsp. 94).

Man darf davon ausgehen, dass die praktisch ausnahmslose Beschränkung der turėti-Kon-struktion auf die resultative Funktion über die Transparenz ihrer inneren Form zu erklären ist. In Standardgrammatiken des Litauischen wird sie fast nirgends beschrieben (vgl. jedoch LKG II/1971:145), nach präskriptiven Normvorstellungen ist sie oft verpönt, obgleich in der Umgangssprache auch gebildeter Sprecher nichts Ungewöhnliches. Auch in Dialektbe-schreibungen finden sich zu ihr keine Anmerkungen. Aber selbst abgesehen davon stellt das PossRes mit turėti und einem anterioren Aktiv-Partizip offenbar eine typologische Rarität dar. So weit uns bekannt ist, hat eine solche Konstruktion nur noch im Griechischen während der Übergangszeit zwischen der hellenistischen Periode (Koiné) und dem Mittelgriechischen existiert (vgl. Browning 1969:39; Leluda-Voss 1997:73). Unter einer wichtigen Einschrän-kung ist eine solche Konstruktion auch noch im geographisch relativ nahen Kaschubischen zu beobachten (s. 8.2). Ansonsten scheint es jedoch weltweit kaum ein Analogon für sie zu geben48.

48 Dies ergab zumindest die Auswertung einer Umfrage im e-mail-Diskussionforum der „Association for Linguistic Typology“ durch einen der beiden Autoren im Jahr 2000.

Baltische Sprachen

49

4.2. Lettisch Für das Lettische gilt hinsichtlich der Diathesetypen und der Bildungsweise der Resultativa sowie ihrer Produktivität insgesamt dasselbe wie für das Litauische. Es gibt jedoch kein mit einem HABERE-Verb gebildetes PossRes (s. 4.1.3); vielmehr wird im Lettischen auch das PossRes mit der ESSE-Kopula (būt) zum Ausdruck gebracht, und zwar sowohl das primäre (s. Bsp. 96) wie auch das sekundäre (Bsp. 98-99 s.u.). Alle Resultativa werden somit durch ESSE und ein Part. Prät. Aktiv (→ SubRes, PossRes) oder Passiv (→ ObRes) gebildet. Ebenso wie im Litauischen ist die Bedeutung der Konstruktion an den lexikalischen Inhalt des dem Partizip zugrundeliegenden Verbs gebunden: subjektorientiert (95a) lieli viri uzauguši ,sie sind zu grossen Männern aufgewachsen (⊃ und sind es noch jetzt)‘.

(95b) tâ! nu esam padarijuši ,so! jetzt haben wir (es) vollbracht‘ (wörtl. ‘sind vollbracht-habend’).

possessiv (96) esmu pane °muse vinu dziju ,ich habe sein Garn genommen (⊃ und habe es jetzt)‘.

objektorientiert (97) nu visi darbi (ir)49 pabeigti ,jetzt sind alle Arbeiten beendet‘. Diese Belege und deren Übersetzungen stammen aus Endzelin (1922:751). Auch wenn Endzelins Beispiele zum Teil aus früheren Jahrhunderten stammen, dialektal nicht einheitlich sind und sein Werk vor über 80 Jahren erschienen ist, sind diese Verallgemeinerungen immer noch gültig, d.i. das an Mundarten ausserordentlich reiche Lettische ist in d i e s e r Hinsicht relativ homogen und scheint sich seit seiner ersten Dokumentierung (im 16. Jahrhundert) kaum gewandelt zu haben. Auch hierin stimmt es offenbar mit dem Litauischen überein.

Resultativa auf präteritaler Zeitstufe werden (wie im Litauischen) auf dieselbe Weise gebildet, bloss mit der Kopula (Hilfsverb) im Präteritum (3. Person bija).

Hinsichtlich des ObRes und seines Verhältnisses zum Passiv sind nun drei wichtige Unterschiede zum Litauischen hervorzuheben. Das Lettische verfügt zum einen über spezielle Auxiliare zur Bildung eines Vorgangspassivs, von denen sich im Standard tikt ,werden‘ durchgesetzt hat. Mit diesem Passiv gibt es einige Überschneidungen beim Zustandspassiv bzw. dem ObRes. Zum anderen werden im Lettischen nur noch relikthaft (und lediglich adnominal) Partizipien des Präsensstammes auf -m- gebraucht, mit denen im Litauischen eine regelmässiges Vorgangspassiv (mit dem Auxiliar būti ,sein‘) gebildet werden kann. Vgl. dazu Holvoet (2001:163-166) systematisch.

49 Endzelin (1922:751, 758, 795, 799) weist darauf hin, dass die Kopula in der 3. Person (ir) auch fehlen kann und dass sich dann systematisch eine Überlagerung mit der Funktion der Partizipien zur Kennzeichnung des sog. ‘modus relativus / obliquus’ (Evidentialis) ergebe. Ähnliches lässt sich auch über das Litauische sagen. Obwohl wir auf dieses komplexe Kapitel in der Grammatik der baltischen Sprachen hier nicht eingehen wollen, sei betont, dass diese Überlagerung nicht unbedingt der Resultativ-, sondern eher der Perfektbedeutung zuzuschreiben wäre: wie oben schon dargelegt, sind die Restriktionen für diese Funktion in beiden baltischen Sprachen sehr gering. Die resultative Funktion stellt sich aus dieser Sicht eher als lexikalisch beschränkter Sonderfall des Perfekts dar, ebenso (qua Inferenz) der ‘modus relativus’. Zu der Beziehung zwischen Perfekt und Evidentialis im Litauischen vgl. Ambrazas (2001:21-26) und Wiemer (1998; 2001:76-78; im Druck2: 2.1.2; im Druck3: 3.3), zum Lettischen vgl. vor allem Holvoet (2001:114-118, 122-131).

Resultativa

50

Schliesslich kann im Lettischen das Agens der durch ein ObRes präsupponierten Handlung durch eine NP im Dativ ausgedrückt werden. Eine solche NP ist possessivischen Ursprungs; vgl. einen Beleg aus Holvoet (2001:172): (98) Bet lai bija kā būdams, dvēseles

līdzsvars grāfam bija iegūts Gleichgewicht.NOM.SG.M Graf.DAT.SG.M COP.PRT.3 wiedergewinnen.PPP.NOM.SG.M

,Aber sei es wie es sein mag, das seelische Gleichgewicht hatte der Graf wiedererlangt‘ (wörtl. ,... das Gleichgewicht der Seele war dem Grafen wiedererlangt‘). Dativische Possessor-NPs gibt es zwar auch im Litauischen, doch diese sind deutlich seltener als im Lettischen. Vor allem aber können sie nicht zur Bezeichnung des ranghöchsten (= agensnächsten) Arguments des Verbs (bzw. Partizips) verwendet werden, wenn die Handlung tatsächlich stattgefunden hat – und daraus ein Nachzustand resultiert –, sondern nur wenn die Handlung modalisiert ist (genauer: wenn alethische oder deontische Notwendigkeit vorliegt): „Unlike Lithuanian, Latvian has datives with passive participles denoting actual rather than possible or inevitable events“ (Holvoet 1994a:134).

Eine Konstruktion der Art wie lit. turėti ,haben‘ + Part. Prät. Aktiv (s. 4.1.3) kann schon deshalb im Lettischen nicht existieren, weil es ein HABERE-Verb gar nicht gibt (das kognate turēt besitzt heute nur die konkrete Bedeutung ,halten‘) und Possession über Konstruktionen vom Typ mihi est liber ausgedrückt werden (vgl. vor allem Holvoet 1994b).

Im Vergleich zum litauischen PossRes mit turėti darf das lettische PossRes mit der dativischen Kodierung des agensnächsten (d.i. semantisch ranghöchsten) Arguments insofern als stärker grammatikalisiert gelten, als seine lexikalische Basis nicht nur transformative Verben ausmachen, sondern es auch von Konklusiva gebildet werden kann. Vgl. einen weiteren Beleg aus Holvoet (1994a:134; 2001:173): (99) Bet Ernestam jau neko vairs nevajadzēja,

viņam jau viss bija izteikts (A. Deglavs) er.DAT schon alles.NOM.M COP.PRT.3 aussprechen.PPP.NOM.SG.M ,Aber Ernest benötigte weiter nichts mehr, er hatte schon alles gesagt‘ (wörtl. ,ihm war alles schon ausgesprochen‘). Aufgrund seiner lexikalischen Semantik erlaubt das Verb izteikt ,aussprechen’ keine (auch im weitesten Sinne gefasste) possessive Beziehung mehr, so dass auch das dativische Argument viņam ,ihm’ nicht mehr als Possessor zu deuten ist.

Intransitive Verben sind allerdings in dieser Konstruktion ausgeschlossen (zu diesen gehören in der Regel auch Verben ohne ereignismotivierten lexikalisch-aktionalen Default im Sinne von 1.4). Die lettische Konstruktion ist somit hinsichtlich der lexikalischen Basis und der Interpretation des ranghöchsten Arguments am ehesten mit dem polnischen PossRes vergleichbar, welches durch mieć ,haben‘ gebildet wird (s. 7.4).

Die lettische PossRes-Konstruktion ist auf dem Weg zu einem Passiv. Als ein solches ist sie jedoch gegenüber dem litauischen Passiv (formal identisch mit dem ObRes) und gegen-über den entsprechenden Resultativa der NW-russischen Mundarten (s. Abschnitt 3) eindeutig weniger grammatikalisiert. Dies liegt nicht nur an der noch eingegrenzten lexikalischen Basis der lettischen Konstruktion, sondern auch an dem wenig selbständigen Charakter der dativischen Agens-Phrase. Im Vergleich zum litauischen genetivus auctoris (welcher ja ebenso possessivischen Ursprungs ist) kann diese Dativ-NP im wesentlichen nur als Topic verwendet werden (Holvoet 2001:174)50. Auch in dieser Hinsicht steht sie dem west- 50 Genauere Ausführungen zu einem Vergleich der NW-russischen, lettischen und litauischen obliquen Angaben des ranghöchsten Arguments in Passiv- und Resultativ-Konstruktion sind in Wiemer (im Druck3: 3.1) zu finden.

Baltische Sprachen

51

slavischen Typ des PossRes mit einem HABERE-Verb am nächsten (vgl. dazu auch Holvoet 1994b:47).

53

5. Weissrussisch 5.1. Objektorientierte Resultativa (n/t-Partizipien) ObRes werden nicht nur im Prinzip genauso wie im Russischen gebildet, sondern sie weisen dieselbe aktionale „Bandbreite“ zwischen ereignisbezogener, resultativer und statischer Funktion auf. Auch im Weissrussischen können ObRes des Präsens charakterisierende Funktion erlangen; vgl. die Diskussion russischer Beispiele vom Typ (20) (in 2.2) mit (100) Hėty dom pabudavany Û minulym godze

,Dieses Haus ist im letzten Jahr gebaut (worden)‘ (zit. nach Nechaj/Poplavskaja 1983:133). Anders als im Standardrussischen werden von den Partizipien heute aber nur Pronominal-formen gebildet51 (s. das letzte Beispiel und die unten folgenden). Separat stehen in diesem Sinne die neutrischen Nominalformen (-no, -to) da, welche ohne Kongruenz mit dem ersten (bzw. einzigen) Argument des Partizips verwendet werden. Vgl. entsprechende Beispiele bei Lomtev (1956:208), z.B. stoh ukradeno ,der Haufen ist gestohlen (worden).‘ Dieser offen-sichtliche Sonderstatus der neutrischen Nominalform hängt zusammen mit der Reanalyse dieser Form zu einem Marker des Subjekt-Impersonals im Polnischen und Ukrainischen (s. 6.4, 7.3). Selbst in Mundarten des Weissrussischen gibt es aber nur äusserst selten Belege, die auf eine gelegentliche aktivische Umorientierung dieser Partizipialform (mit Objekt im Akkusativ) hindeuten könnten. Vgl. etwa einen Beleg aus Matveenko (1960:352): (101) Chatu ščė dzedam pastaülena Hütte.AKK.SG noch Grossvater.INS.SG erbauen.PPP.INDEKL

wörtl. ,Die Hütte (ist) noch vom Grossvater erbaut‘ ≈ ,Die Hütte hat noch der Grossvater errichtet.‘

Im kodifizierten Standard entspricht diese Form der standardrussischen Verwendung (ohne das akkusativische Objekt!).

Bildungen mit n/t-Partizipien bestehen seit langer Zeit, und zwar auch von Verben, deren n/t-Formen eigentlich nur ereignisbezogene Interpretationen liefern können oder als charakte-risierendes Resultativ auftreten. So z.B. von Verben mit einem konklusiven Default, welche aus heutiger Sicht als ipf. eingestuft werden müssten. Vgl. etwa aus dem 15. Jahrhundert (zit. nach Karskij 1956:294, 385): (102) Byla vidovana zvězda ,(Es) ist ein Stern gesehen (worden).‘ (103) Chrъščeny jesmo ,Wir sind getauft (worden).‘ Bereits aus dem 16. Jh. sind auch ObRes im Skopus von Modalauxiliaren belegt, vgl. etwa (104) Měla byt’ sterta golova ,Der Kopf sollte ab-/aufgerieben sein/werden‘ (Karskij ibd.). Hier darf man mit Sicherheit polnischen Einfluss ansetzen.

Ob es im Vergleich zum Standardrussischen Unterschiede in der Verbreitung von subjekt-orientierten n/t-Partizipien gibt, entzieht sich unserer Kenntnis. Aus dem Fehlen entspre-chender Verweise in der Fachliteratur und gemäss der eigenen Erfahrung bei der Feldfor-schung auf weissrussischen Gebiet lässt sich aber schliessen, dass nennenswerte Unterschiede nicht existieren. SubRes von n/t-Partizipien dürften auch im Weissrussischen – und zwar 51 Lomtev (1951:118) führte zwar noch Beispiele mit den Nominalformen an, doch diese dürften schon damals als archaisch gegolten haben.

Resultativa

54

sowohl im kodifizierten Standard als auch in den gleich anzusprechenden Mundarten des nördlichen Sprachgebiets – relativ begrenzt sein und wären im wesentlichen als bidiathetisch zu charakterisieren. 5.2. Von Partizipien auf -(ü)šy gebildete Resultativa Wesentlich interessanter sind im Weissrussischen die Partizipien, welche in Mundarten in erster Linie zur Bildung von SubRes und PossRes verwendet werden. Neben den im Russi-schen belegten Typen gibt es dialektale Bildungen auf -(ü)šy, die den NW-russischen ent-sprechen; -vši und -üšy stellen lediglich durch verschiedene morphonologische Regeln bedingte Varianten dar. Diese Partizipien werden in Grammatiken und stilistischen oder kon-frontativen Aufsätzen zum Weissrussischen durchweg totgeschwiegen. Dies mag zur Charak-terisierung ihres normativen Status im heutigen Weissrussischen genügen. Hinsichtlich der geographischen Verbreitung dieser Konstruktionen lässt sich für das dialektale Weissrussi-sche ungefähr dasselbe sagen wie für die NW-russischen Mundarten (s. Ende von 3.1), aller-dings in umgekehrter Himmelsrichtung: Resultativa mit dem Formans -(ü)šy werden produk-tiv gebildet im nördlichen Dialektgebiet (nördlich und östlich von Zaslavl’, Novahrudak und Hrodna)52, während sie südlich davon seltener werden und schliesslich nur noch sporadisch als lexikalisierte Einheiten anzutreffen sind (Avanesaŭ 1964:298, 300f.); vgl. Karten 2 und 4. Wie im Litauischen, Lettischen und den NW-russ. Mundarten auch können solche SubRes von Verben jeglicher Ausgangsdiathese gebildet werden (s. Bsp. 105a-d), und es sind auch PossRes belegt (s. Bsp. 106a-c), jedoch keine ObRes, so dass man ähnlich den baltischen Sprachen von einer nahezu komplementären Verteilung der morphologischen Formantes auf die Diathesetypen sprechen darf: subjektorientierte Resultativa (105a) adzeža namokšy ,Die Kleidung ist durchnässt‘ (⇐ namoknuc‘ ,durchnässen‘, intransitives Basisverb).

(105b) vada darohu zan’aüšy ,Das Wasser hat den Weg eingenommen‘ (wörtl. ,... (ist) Weg-eingenommen- habend‘)

(⇐ zanjacca ,einnehmen‘, transitives Basisverb, Objektrektion beibehalten).

(105c) nas muž’jami dobrymi Boch adzjaliüšy ,Uns hat Gott mit guten Männern versehen‘ (⇐ adzjalic‘ ,versehen mit‘; dreistelliges transitives Basisverb, Objektrektion

erhalten).

(105d) l’udz’i čornyja padz’elaüšys’ ,Die Menschen sind schwarz geworden‘ (⇐ padzelacca ,werden‘, sekundär intransitives, antikausatives Basisverb, in

halbkopulativer Verwendung). possessive Resultativa (106a) jakoje jana plac’c’e adz’eüšy? ,Was für ein Kleid hat sie angezogen?‘ (wörtl. ‚... angezogen-habend‘)

(⇐ adzec’ ,anziehen‘).

52 Für das beginnende 20. Jh. verzeichnete Karskij (1956:361f.) diese Formen (vor allem auch ohne Kopula) für das Gebiet um Mahileǔ und Vicebsk, d.i. ganz im Osten und etwas weiter südlich als heute.

Weissrussisch

55

(106b) ja byü vušy admaraziüšy ,Ich hatte die Ohren abgefroren‘ (wörtl. ,... war Ohren abgefroren-habend‘) (⇐ admarazic’ ,einen Körperteil abfrieren‘).

(106c) my byl’i dastaüšy hrošy ,Wir hatten Geld bekommen‘ (wörtl. ,... waren Geld bekommen-habend‘)

(⇐ dastac’ ,bekommen‘). Solche Konstruktionen sind oft im Sinne eines experienziellen Perfekts zu interpretieren, wenn sie von anderen als transformativen Verben stammen, zumal wenn diese auch noch dem ipf. Aspekt angehören. Vgl. dazu die folgenden Belege: (107a) z’dz’es’ zamak byüšy ,Hier ist ein Schloss gewesen‘ (⇐ byc’ ,sein‘).

(107b) jana byüšy nastaün’icaj ,Sie ist Lehrerin gewesen‘.

(107c) my n’ikoha n’a v’idz’uüšy ,Wir haben niemanden gesehen‘ (wörtl. ,... niemanden gesehen-habend‘)

(⇐ vidzec’ ,sehen‘).

(107d) ja sama dajarkaj rabiüšy ,Ich habe selbst als Melkerin gearbeitet‘ (wörtl. ,... als-Melkerin-gearbeitet-habend‘) (⇐ rabic’ ,arbeiten‘).

(107e) ja l’ën rvaüšy, ale daüno ,Ich habe Flachs gerissen, aber das ist lange her‘ (wörtl. ,... Flachs gerissen-habend‘) (⇐ rvac’ ,reissen‘).

(107f) ja üžo svinjam davaüšy ,Ich habe den Schweinen schon gegeben‘ (wörtl. ,... Schweinen gegeben-habend‘) (⇐ davac’ ,geben‘). Prädikative (ü)šy-Formen von ipf. Verben treten häufiger mit Negation auf als die (ansonsten häufigeren) Bildungen von pf. Verben (Mackevič 1957:48). Dies stimmt mit Aussagen zu entsprechenden Formen im russischen Prostorečie und den NW-russischen Mundarten überein (s. 2.5, 3.4).

Wie abgesehen davon zu erkennen ist, kongruiert das Formans -(ü)šy nicht mit dem Subjekt. Das reflexive Postfix von Basisverben bleibt meistens erhalten, vgl. z.B. (zit. nach Mackevič/Hrynaveckene 1993:105; vgl. auch Mackevič 1957:46): (108a) jana zapracavaüšysja ,Sie ist überarbeitet‘.

(108b) brata übil’i, a bratava astaüšysja ,Den Bruder haben sie getötet, doch die Schwägerin ist (am Leben) geblieben‘.

Ebenso wie in den NW-russischen Mundarten und dem Prostorečie lässt sich feststellen, dass (ü)šy-Formen weissrussischer Mundarten nicht immer klar prädikativ oder appositiv verwendet werden; ihr syntaktischer Status ist mitunter adäquater als adverbial zu bezeichnen. In einem solchen Fall besteht keine Koreferenz zwischen dem (impliziten) ranghöchsten Argument des Partizips und dem finiten Verb, zu welchem es juxtaponiert wird. Vgl. dazu folgende Belege aus Mackevič (1957:44): pojas c’esen pajeüšy wörtl. ,der Gürtel ist eng gegessen-habend‘ (→ ,der Gürtel wird eng, wenn man gegessen hat‘), bul’ba ščarneje parėza(ü)šy wörtl. ,Kartoffeln werden schwarz abgeschnitten-habend‘ (→ ,Kartoffeln

Resultativa

56

werden schwarz, wenn man sie abschneidet‘), abu(ü)šy n’a ukusic’ sljapen’ wörtl. ,Schuhe-angezogen-habend beisst die Bremse nicht’ (→ ,wenn man sich Schuhe anzieht, beissen einen die Bremsen nicht‘). Es ist sehr schwierig zu beurteilen, ob es sich hierbei um einen archaischen Rest aus der Entstehungszeit der adverbialen Verwendung dieser Formen (im Sinne der standardrussischen Gerunds) handelt (s. 3.6), und wir gehen hier auf diese Frage nicht weiter ein.

Die lexikalische Basis der Verben ist wie in den NW-russischen Mundarten um Bewe-gungsverben und einige Phasenverben erweitert (z.B. naša nastaünica mahil’oüski instytut končiüšy ,unsere Lehrerin hat das Institut in Mahileŭ abgeschlossen‘; zit. nach Mackevič 1957:45f.), und es sind auch Subjektsaktanten zugelassen, die nicht eine Person, sondern einen Referenten auf niedrigerer Stufe der Animatheitsskala bezeichnen; s. Bsp. (105a-b, 107a) oder (109a) byü pacuk zabraüšysja ü pastku ,Eine Ratte war in die Falle getappt‘.

(109b) mjadovaja rasa byla žyta abliüšy ,Der Honigtau hatte den Roggen bedeckt, überflutet‘ (wörtl. ,... war Roggen überflutet-habend‘).

Ob solche Konstruktionen im Präteritum häufiger ereignisbezogen interpretiert werden, lässt sich anhand des begrenzten Datenmaterials und fehlender Kontexte nur schwer beurteilen. Die vorhandenen Belege lassen aber darauf schliessen, dass die Resultativbedeutung im Präteritum keineswegs die unbedingt vorherrschende sein muss. Sie hängt zum einen stark von der lexikalischen Bedeutung des Basisverbs ab, zum anderen erweisen sich diese Formen mitunter als kompatibel mit Temporaladverbialen, die eine ereignisbezogene Verwendung hervorrufen. Letzter Fall kommt zwar ziemlich selten vor, doch finden sich immerhin ein paar solcher Belege unter dem Material in Mackevič (1957:42, 47), hier angeführt als Bsp. (110a-b). Zu einer nicht-resultativen Verwendung (aufgrund der aktionalen Semantik der Basis-verben) vgl. weitere Belege (Bsp. 110c-e) aus Avanesaǔ (1964:298ff.)53: (110a) a dz’e heta tapor jina uz’aüšy? ,und wo hat sie das Beil (her)genommen?‘.

(110b) va ürem’a boju byli spaliüšy aboru ,während des Kampfes haben (sie) den Stall abgebrannt‘.

(110c) kal’i b my v’edal’i, my b byl’i zlažyüšy i nap’isaüšy mnoha kaskaü ,Wenn wir es gewusst hätten, hätten wir (uns etwas) ausgedacht und viele Geschichten (Märchen) aufgeschrieben‘

(⇐ zlažyc’ ,1. zusammenlegen, 2. erzählen‘; napisac’ ,(auf)schreiben‘).

(110d) staryja byl’i kryčaüšy ,Die Alten hatten geschrien‘ (wörtl. ,... waren geschrien-habend‘) (⇐ kryčac’ ,schreien‘).

(110e) pany nas stral’aüšy i pal’aüši sahnaüšy ,Die Herren haben auf uns geschossen und, als sie uns zusammengetrieben hatten,

haben sie Feuer entfacht‘ (wörtl. ,... uns geschossen-habend... gezündet-habend... zusammengetrieben-

habend‘) (⇐ stral’ac’ ,schiessen‘; pal’ac’ ,anzünden‘; sahnac’ ,zusammentreiben‘).

53 Für vergleichbare Belege vgl. ausserdem Mackevič/Hrynaveckene (1993:106).

Weissrussisch

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In (110c) ist die Form byl’i zlažyüšy ,waren ausgedacht-habend‘ nur durch den konklusiven Default des Basislexems als ereignisbezogen zu interpretieren. Ähnliches gilt für (110d), in welchem es sich wegen der Verbbedeutung (alternierend konklusiv oder progressiv) nur um eine Pluperfect-Bedeutung handeln kann. In (110e) können stral’aüšy ,geschossen-habend‘ und pal’aüši ,angezündet-habend‘ ebenso nur ereignisbezogen verstanden werden. In diesem Beispiel fällt zudem auf, dass die dritte Form (sahnaüšy ,zusammengetrieben-habend‘) resultativ in bezug auf die beiden anderen auftritt. Mit anderen Worten: die Form auf -(ü)ši an sich ist nicht nur aktional, sondern auch syntaktisch diffus, da sie sowohl als syntaktisch unabhängige wie abhängige Prädikate fungieren können54. Diese Situation erinnert an das Litauische und die NW-russischen Mundarten.

Zu bemerken wäre noch, dass die morphologische Markierung der SubRes (bzw. PossRes) im Weissrussischen praktisch auf das genannte Formans vereinheitlich worden ist, da die Nebenformen (Allomorphe ?) -mšy, -dšy und -tčy in den Dialekten nur ganz vereinzelt belegt sind (Avanesaǔ 1964:289)55. Der formalen Einheitlichkeit als eines ‘gram’ der Kategorie ‘Resultativ’ ist dies natürlich förderlich.

Partizipien auf -šy in Funktion des primären Prädikats sind seit dem 15. Jh. belegt; vgl. die vielen Belege in Karskij (1956:360-363). Die Anfänge dieser Entwicklung gehen sehr wahr-scheinlich auf gemein-ostslavische Zeiten zurück (s. 3.6). So verlegt Karskij (1956:361) die Anfänge auf ein Gebiet ausserhalb des heutigen Weissrussischen56. Diese Annahme stützt u.a. Rott-Żebrowski (1992:174f.): seit dem 11. Jh. verloren die Part. Prät. Aktiv zuerst ihre Deklination, dann zunehmend auch die Kongruenzmerkmale mit dem Satzsubjekt. Karskij behandelt die Formen auf -ši nur als einen, wenn auch wohl den häufigsten Untertyp nominaler Prädikate; denn auch z.B. Partizipien von Präsensstämmen (auf -’učy und -(a)ja) wurden prädikativ verwendet.

54 Der syntaktisch diffuse Charakter der Formen auf -(Û)ši verstärkt sich noch, wenn man Beispiele wie ja staü trochu zagarėüšy wörtl. ,Ich wurde ein wenig braungebrannt‘ bzw. ,Ich begann ein wenig braungebrannt zu sein‘ (Avanesaǔ 1964:299) berücksichtigt. Durch die Verbindung mit der inchoativen Kopula stac’ wird das resultative Partizip wie ein Adjektiv behandelt. 55 In Grammatiken wird ohnehin i.d.R. nur das Suffix -(Û)šy angeführt (vgl. z.B. Biryla/Šuba 1985:193). Allerdings erwähnt noch Karskij (1956:279), dass zu seiner Zeit (d.i. Anfang des 20. Jh.) das Suffix -mšy in Dialekten des NO durchaus häufig war (vgl. auch Rott-Żebrowski 1992:175). Im älteren Weissrussischen gab es auch Formen wie znalši ,gewusst-habend‘, vidalši ,gesehen-habend‘ (Karskij 1956:281). Diese dürften allerdings als reanalysierte Nachbildungen aufgrund einer Analogie zur morphonologischen Veränderung /f/ → /w/ → /l/ gewertet werden, welche ihrerseits durch die Labialisierung und Vokalisierung von /f/ (bzw. /v/) am Wortformauslaut und vor Konsonanten entstanden war (vgl. Obnorskij 1953:232; Shevelov 1979:294-301, 409-414, 418f.). 56 Er schreibt dazu: „Не на почве белорусского языка рассуждать о причинах, вызвавщих подобное употребление.“ (,Nicht auf dem Boden des Weissrussischen sollte man über die Gründe nachdenken, welche einen derartigen Gebrauch verursacht haben.’)

59

6. Ukrainisch 6.1. Reste auf -(v)šy Genauso wie im südlichen Dialektgebiet des Weissrussischen sind im Ukrainischen aktive Partizipien auf -(v)šy (phonetisch wie im Weissrussischen [üšy]) praktisch ausser Gebrauch gekommen57. Freilich bespricht Shevelov (1963:294-300) noch Fälle aus der Literatur des frühen 19. Jh. In ihnen hätten diese Partizipien in der Verwendung finiten Verben geglichen, indem sie mit diesen Koordination erlaubten und selbst das Subjekt bei sich hatten; vgl. z.B. (111) Piznavšy škapa šljax dodomu, smyknula raz, druhyj – i chlopcja ponesla

,Als die alte Mähre den Weg nach Hause erkannte, holte sie ein oder zweimal aus − und trug den Jungen davon.‘

Solch eine syntaktische Verwendungsweise war vermutlich schon zu damaligen Zeiten archaisch; sie entspricht derjenigen in den Pskovskie letopisi, welche wir in 3.6 angesprochen haben. Bezeichnenderweise jedoch ist sie nur bei Gerundien auf -(v)šy möglich gewesen, nicht jedoch bei denen auf -čy, welchen keine anteriore (perfektische) Semantik eigen ist (Shevelov 1963:295)58. Folglich waren sie laut Shevelov (ibd.) noch im 19. Jh. „a kind of participial predicate“ (vgl. auch Hryščenko et al. 1983:61). 6.2. Diathese-Typen und lexikalische Expansion der n/t-Partizipien ObRes werden wie im Weissrussischen nur von pronominalen Formen der n/t-Partizipien gebildet (vgl. Hnatjuk 1982:201). Sie sind weit verbreitet, obgleich z.B. Wieczorek (1994:20) meint, dass diese (die kongruierenden) Partizipien weniger gebräuchlich („maloupotrebi-tel’nye“) seien als das sog. „Perfekt“ auf -no/to (s. 6.4).

Gegenüber dem Standardrussischen ist die lexikalische Basis für subjektorientierte n/t-Konstruktionen breiter; sie erfasst deutlich mehr Autokausativa und ähnlicher subjektorien-tierter Diathese-Typen. Sie können nicht nur von einer kleinen Gruppe emotiver bzw. men-taler sja-Verben gebildet werden, sondern auch von solchen autokausativen sja-Verben, die sich auf physische Handlungen (Veränderung der Körperposition u.ä.) beziehen. Vgl. etwa (112) Malanka vyjšla z chaty i natknulas’ na Hafijku, ščo stojala, prytulena do odvirka

,Malanka kam aus der Hütte und stiess auf Hafijka, die an den Türpfosten angelehnt dastand‘

(aus Knjazev 1989:197, welcher nach Hnatjuk 1982:46 zitiert). Dazu kommen Resultativa von perzeptiven Verben vor wie etwa (113) zasluchanyj ⇐ zasluchatysja

≈ ,vom Hören verzaubert werden, sich im Hören vergessen‘ , von einer erweiterten Gruppe emotiver Verben 57 Schon im Ukrainischen des 16. Jh. seien diese Formen, so Nimčuk et al. (1978:273), nur aus Achtung vor kirchenslavischen Traditionen noch in Verwendung gewesen (vgl. auch Hryščenko 1983: 36f.). Heute stünde auch die Variante auf -v/∅ kurz vor ihrem vollständigen Verschwinden (Nimčuk et al. ibd.). Parchomenko (1956:317) dagegen bespricht Adverbialpartizipien auf -všy noch als Bestandteil der Standardsprache, schreibt jedoch auch, dass die attributiv verwendbaren prononimalen Formen bis auf eine Ausnahme (peremihšyj ⇐ peremohty ,siegen‘) nicht überlebt hätten (1956:308f.). In bezug auf diese Formen spricht auch Hnatjuk (1982:37) von „reliktovi zalyšky“. 58 Zur Chronologie vgl. Wiemer (im Druck1:2.2.2).

Resultativa

60

(114a) rozplakanyj ⇐ rozplakatysja ≈ ,stark zu weinen beginnen‘ (114b) nahor’ovanyj ⇐ nahor’ovatysja ,eine Menge Leid erfahren‘ (114c) usmichnenyj ⇐ usmichnutysja ,lächeln‘ u.a. sowie einer Reihe weiterer lexikalischer Gruppen, die verschiedenen autokausativen Diathesetypen zuzuordnen sind, wie etwa (115a) zarubc’ovanyj ⇐ zarubc’ovatysja ,vernarben‘ (115b) zadychanyj ⇐ zadychatysja ,aus der Puste geraten‘. In all solchen Fällen wären im Standardrussischen nur Part. Prät. Aktiv mit dem Suffix -(v)š- zu erwarten (pritulivšijsja, zasluchavšijsja, nagorevavšisja, zarubcevavšijsja, zadychavšijsja etc.). Der genaue Umfang der Expansion solcher SubRes wäre noch zu bestimmen; ebenso wäre genauer der Frage nachzugehen, inwieweit diese ukrainischen Partizipien auch als selbständige Satzprädikate fungieren können.

Als eine Folge der oben notierten lexikalischen Expansion sind ukrainische no/to-Formen häufiger auch dort bidiathetisch interpretierbar, wo ihre russischen Entsprechungen nur objektorientiert interpretiert werden können59. Vgl. dazu ein Beispiel aus Wieczorek (1994:64): (116) Pid cym hrozovym neboschylom i spravdi zibrano ostanky nevidomych istot. wörtl. ,Unter diesem Sturmhimmel (sind) tatsächlich Überreste unbekannter Wesen versammelt.‘ Die Form zibrano lässt sich sowohl mit dem transitiven zibraty ,versammeln‘ (... i spravdi chtos' zibrav ostanky nevidomych istot ,und tatsächlich hat jemand die Überreste unbekannter Wesen zusammengesammelt‘ → objektorientiert) als auch mit dessen antikausativem Derivat zibratysja ,sich versammeln‘ (... i spravdi zibralisja ostanky nevidomych istot ,und tatsächlich haben sich die Überreste unbekannter Wesen angesammelt‘ → subjektorientiert) in Verbin-dung bringen. Vgl. dagegen russ. sobrany ostanki ,Überreste sind versammelt‘ (← kto-to sobral ostanki ,jemand hat die Überreste zusammengesammelt‘, jedoch nicht sobralis’ ostanki ,Überreste haben sich angesammelt‘). 6.3. Konkurrenz mit pronominalen Formen der l-Partizipien Hinsichtlich der gerade diskutierten Diathesetypen verhält sich das Ukrainische genauso wie das Polnische (s. 7.1). Dasselbe gilt für die Verwendung von resultativen l-Partizipien (des sog. Part. Prät. Aktiv II), vgl. etwa (117a) začerstvilyj ,verhärtet‘ (117b) nabrydlyj ,unangenehm, leidig geworden‘ (117c) pryroslyj ,1. angewachsen, 2. erstarrt‘ (117d) pocholodilyj ,abgekühlt‘ (117e) rozsochlyj ,vertrocknet‘.

59 Vgl. Hnatjuk (1982:45-51), Wieczorek (1994:64f., 75-77) und Žovtobrjuch et al. (1975:161-164).

Ukrainisch

61

Sie sind fast ausschliesslich subjektorientiert, da von intransitiven Verben gebildet (darunter auch von sja-Verben)60, und werden – den Beispielen aus der einschlägigen Literatur (z.B. Hnatjuk 1982:33-36, 49f.) nach zu urteilen – vorwiegend attributiv oder appositiv verwendet (vgl. etwa prytulena in Bsp. 112). Auf Textebene (Tokens) scheinen diese Formen im Ukrai-nischen häufiger zu sein als im Russischen. Angaben in Zatovkaňuk (1986:42-45) zufolge, die auf einem Übersetzungsvergleich beruhen, werden im Ukrainischen anstelle russischer Part. Prät. Aktiv auf -(v)š- (in attributiver oder appositiver Verwendung) systematisch l-Partizipien benutzt. Zatovkaňuks Vergleich ist freilich nicht auf resultative Formen beschränkt, so dass zur relativen Token-Frequenz in den slavischen Sprachen, in welchen l-Formen als resultative Partizipien überhaupt noch verwendet werden, erst noch entsprechende Untersuchungen ange-stellt werden müssten. Auf jeden Fall sind auch im Ukrainischen viele der l-Formen schon deshalb als Adjektive anzusetzen, weil hinsichtlich der lexikologischen Beziehung zum mor-phologisch derivierenden Verb oft Bedeutungsverschiebungen festzustellen sind (oder dieses Verb gar nicht mehr verwendet wird). Dies gilt auch für äquivalente Bildungen im Polnischen und Tschechischen (s. 7.1, 9.1., 9.3). Ähnlich wie im Tschechischen treten bei den l-Partizipien zu demselben Stamm teilweise „Dubletten“ mit dem n/t-Suffix auf; vgl. etwa začučvere-n-yj – začučveri-l-yj ,geschwächt, erschöpft‘, pidpy-t-yj – pidpy-l-yj ,angetrunken‘ (Hnatjuk 1982:36f.).

6.4. Die ukrainischen no/to-Formen In jeder Hinsicht eine Mittelstellung zwischen Polnisch und Russisch nehmen im Ukraini-schen subjektlose Sätze mit der ursprünglich neutrischen Nominalform des Part. Prät. Passiv auf -no/to ein. Sie sind sowohl standardsprachlich wie dialektal produktiv, wenn auch wahr-scheinlich in geringerem Masse als im Polnischen; genauere Untersuchungen dazu fehlen, vor allem für verschiedene Dialektgebiete. Im Russischen sind no/to-Partizipien weit verbreitet, jedoch überwiegend nur zur Bildung von ObRes und vorrangig von Verben bestimmter lexikalischer Gruppen, so vor allem von Sprechaktverben (bylo skazano, čto ,es ist gesagt (worden), dass‘ etc.); die nicht kongruierende Verwendung scheint gegenüber der kongruie-renden (mit einer neutrischen nominativischen NP) eindeutig zu überwiegen. Die ukraini-schen no/to-Formen vereint mit den russischen deshalb die Verwendungsmöglichkeit mit dem Infinitiv (s. Bsp. 129a → ohne Kongruenz) oder mit Subjekten im Neutrum Singular (s. Bsp. 129b-c → kongruierend), nicht jedoch mit anderen NPs, welche nicht als Subjekte, sondern nur als Objekte gewertet werden können (s. Bsp. 129d). Solche Fälle, in denen Kasus-Homonymie (NOM=AKK) vorliegt oder, wie beim Infinitiv, kein Ansatzpunkt („Kontrolleur“) für eine Kongruenz im Genus und anderen nominalen Kategorien existiert, dürfen als syste-matische „neuralgische Punkte“ angesehen werden, an denen eine syntaktische Reanalyse der no/to-Konstruktionen von einer passivischen (mit Subjekt) zu einer aktivischen (mit Objekt) erfolgen konnte (s.u.).

Unter der Beibehaltung der Objektmarkierung (im Akkusativ) ist diese Form selbst in den russischen Mundarten, die an das weissrussische und ukrainische Dialektgebiet grenzen, äusserst selten (s. 5.1). Aufgrund der Tatsache, dass in russischen Mundarten Sätze vom Typ Ruku.AKK poraneno ≈ ,Man hat die Hand verletzt‘ nach dem Krieg nur noch in der Rede der ältesten Generation belegt werden konnten (Matveenko 1960:353; 1961:106), darf man vermuten, dass in ihnen diese Konstruktion spätestens seit dem Anfang des 20. Jh. deutlich zurückgegangen und mittlerweile nahezu inexistent geworden ist.

60 Als Ausnahmen von dieser Regel können allenfalls Fälle wie nedosjahlyj ,unerreichbar‘ (⇐ dosjah-nuty ,erreichen, herankommen‘) oder zrozumilyj ,verständlich‘ (⇐ zrozumity ,verstehen‘) gelten (vgl. ISUM 1985:311-317). Diese weisen aber einen modalen (alethischen) Bedeutungszuwachs auf und können allein deshalb nicht als bloss syntaktische Derivate der entsprechenden transitiven Verben angesehen werden; vielmehr sind sie als lexikalisiert zu betrachten.

Resultativa

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Gegenüber dem Russischen dienen no/to-Partizipien heute sowohl im Ukrainischen wie auch im Polnischen ausschliesslich zur Bildung subjektloser Sätze (d.i. ohne kongruente NP im Nominativ); vgl. genauer in Wiemer (im Druck3: 2.1). Gegenüber dem Russischen ist auch die lexikalische Basis erweitert, wenn auch in unterschiedlichem Umfang (s.u.). So werden z.B. von Semelfaktiva no/to-Prädikate produktiv gebildet (s. Bsp. 124)61.

Gegenüber dem Polnischen zeichnen sich ukrainische no/to-Prädikate durch folgende Eigenheiten aus:

• Sie werden nur selten von intransitiven und ipf. Verben gebildet. Laut Wieczorek (1994:17) gelten no/to-Formen von ipf. Verben als archaisch, auch in Mundarten sind sie nur schwach repräsentiert (Matveenko 1960:361). Auf einen Rückgang ipf. no/to-Formen lässt auch die Bemerkung in Shevelov (1963:140) schliessen, „that in more recent times impersonal sentences ending in -no, -to with the predicates in the imperfective aspect, are rarely found“ (ähnlich äussert sich auch Zatovkanjuk 1984:8).

• Sie werden von aterminativen Verben nur sporadisch gebildet; so etwa von Verben, die kontrollierte Sinneswahrnehmungen bezeichnen. Vgl. etwa pobačyty ,ansehen, schauen‘.

• Volitive Verben bilden keine no/to-Formen (mit Ausnahme offenbar von bažaty ,wollen, verlangen‘; vgl. Wieczorek 1994:18f.).

• In gewissen Fällen ist eine explizite Agens-Angabe möglich (s.u.). • Sie können mit der Präteritum- oder Futurform der Kopula buti ,sein‘ (bulo, bude)

auftreten, m.a.W.: sie weisen ein komplettes Tempusparadigma auf62. Zum letzten Punkt wäre hinzuzusetzen, dass subjektlose no/to-Formen mit bulo (bzw. bylo) schon in Dokumenten aus dem späten 17. Jh. belegt sind und noch in Mundarten des 20. Jh. vorkamen (Matveenko 1962:88-91).

Shevelov (1991:221) vermerkt, dass der westliche (galizische, wolhynische) Teil des ukrainischen Sprachgebiets konservativer gewesen sei als der östliche (d.i. östlich der Linie des Dnepr’), insofern als im ersteren der Gebrauch von no/to-Prädikaten lange Zeit zwischen einer „impersonalen“ (kongruenzlosen) Verwendung (mit möglichem Akkusativ-Objekt) und einer kongruierenden Verwendung (mit neutrischen NPs als grammatischen Subjekten) oszil-liert habe: „The western part of the country has been the most conservative in retaining both the „Polish“, i.e. temporal (past) type of impersonal -no/to sentences with acc of non-neuter nouns, and the „pre-Polish“ type of personal -no/to sentences with neuter nouns.“

Das Attribut ‘konservativ’ wäre jedoch mit Vorsicht anzuwenden und relativ im Rahmen einer umfassenderen Periodisierung zu betrachten. Denn es ist durchaus möglich (und bislang in der Forschung nicht aufgearbeitet), dass es mehrere „Vor- und Rückwärtsbewegungen“ in der syntaktischen und temporalen Interpretation der no/to-Form gegeben hat. Immerhin hat sich diese Form anfänglich (14.-15. Jh.) aus einem syntaktisch ambigen Status heraus ent-wickelt, bei dem sie durchaus mit neutrischen Subjekt-NPs kongruieren konnte. Das war nicht nur am Anfang ihrer Verwendung im Polnischen so (s. 7.3), sondern offensichtlich auch noch zu der Zeit, als das Ukrainische die polnische Entwicklungstendenz übernahm (16. Jahr-hundert; vgl. Moser 1998:339f.). Wenn also beispielsweise im Laufe der letzten gut 200 Jahre ein überwiegend kongruierendes Verhalten der no/to-Formen im Ukrainischen beobachtet werden kann (gleich ob durch das Russische beeinflusst oder nicht; s.u.), sollte dies eher als das Wiederaufleben eines früheren syntaktischen Status (d.i. der Objektbezogenheit dieser 61 So weit nicht anders angegeben, stammen die Fakten zu ukrainischen no/to-Formen aus der Mono-graphie Wieczorek (1994). 62 Die Verwendung der Kopulaformen war offenbar in der Zwischenkriegszeit in der präskriptiven Vorstellung ukrainischer Sprachwissenschaftler verpönt. Trotz alledem waren solche Verbindungen damals in Gebrauch und sind gemäss Wieczorek (1994:30-32) auch in der Nachkriegszeit an der Tagesordnung („širokoupotrebitel’ny“) gewesen. Zur Situation davor vgl. auch Shevelov (1991:220f.) und das reichhaltige Belegmaterial dieses Autors in (1963:142-144).

Ukrainisch

63

Form) gewertet werden. Analog dazu wäre die resultative (vs. ereignisbezogene) Verwen-dungsweise der no/to-Form und die Breite ihrer lexikalischen Basis zu beurteilen.

Für die jüngere Zeit könnte man nun einen verstärkten russischen Einfluss darin erblicken, dass die no/to-Konstruktion des öfteren mit resultativen und Kongruenz aufweisenden n/t-Partizipien gleichgesetzt zu werden scheint. Einen Hinweis darauf kann man in Belegen erblicken, in denen beide Konstruktionen nebeneinander erscheinen; vgl. etwa (118) Zakručeno ruky syryceju,

zusammenschnüren.PPP.NOM.SG.N Hände.AKK(?)=NOM Riemen.INS.SG

nohy v kolodky zabyti Beine.NOM in Blöcke.AKK pressen.PPP.NOM.PL ,Die Hände sind mit einem Riemen zusammengeschnürt (worden), die Beine sind in

Blöcke gepresst‘ (Shevelov 1963:146, vgl. dort auch entsprechende Belege). Auch hinsichtlich der aktionalen Semantik zeichnet sich die ukrainische no/to-Form als eine Art „Zwitter“ zwischen (ereignisbezogenem) Perfekt und Resultativ aus, die klar zwischen dem Polnischen (→ präteritale, ereignisbezogene Funktion) und dem (Standard)Russischen (→ eher resultativ) steht. Gemäss Shevelov (1963:140-142) und Wieczorek (1994:19-26) können diese Formen sowohl auf präsentischer wie auf präteritaler Zeitstufe entweder eine resultative oder eine ereignisbezogene Funktion haben. Sie eignen sich demgemäss einerseits zu narrativen Zwecken63, können aber auch wie Stativa behandelt werden; so etwa: (119) Našu hazetu tisno zvjazano z čytačamy

unser.AKK.SG.F Zeitung.AKK.SG.F eng verbinden.PPP.NOM.SG.N mit Leser.INS.PL ,Unsere Zeitung ist eng mit ihren Lesern verbunden.‘

Statische Verwendungen wie die in (119), in welcher kein Bezug zu einem Zustandswechsel besteht, qualifizieren Pivtorak (1970:54) und Shevelov (1963:142) freilich als inkorrekt. In der Tat ist nicht auszuschliessen, dass es sich hierbei um die Folge eines standardrussischen Einflusses der jüngsten Zeit handelt. Unabhängig davon wäre es einer genaueren Studie zu überlassen zu prüfen, ob und welche no/to-Formen als Stativa lexikalisierte Einzelfälle darstellen.

Auffallend ist ferner, dass no/to-Formen nur relativ selten mit Adverbialen stehen, die eine Zeitdauer anzeigen (Wieczorek 1994:83). Dies würde darauf hindeuten, dass diese Formen eine ereignisbezogene Lesart bevorzugen; vgl.: (120) Lampy bulo majže ves' čas Lampe.NOM.PL.F COP.3.SG.N.PRT wohl ganze Zeit.AKK.SG.M

vvimknuto (Ščerbak) anschalten.PPP.NOM.SG.N ,Die Lampen waren wohl die ganze Zeit angeschaltet.‘

63 Wieczorek (1994:25) schreibt: „(...) нарративных исключений в ненарративном перфекте слиш-ком много, скажем прямо – их не намного меньше, чем ненарративных перфектных -но, -то форм“ (,Narrative Ausnahmen gibt es im nichtnarrativen Perfekt zu viel, sagen wir es direkt: es gibt ihrer kaum weniger als nichtnarrativer Perfektformen auf -no/to.’) Vgl. dazu auch Matveenko (1962).

Resultativa

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(121) Spalene sonce uže davno zarilos' u dalekych piskach,

ale vikna i vikonnyci i dosi aber Fenster.NOM.PL.N und Fensterladen.NOM.PL.F bis jetzt

bulo začyneno nahlucho (Chvyl’ovyj) COP.3.SG.N.PRT schliessen.PPP.NOM.SG.N hermetisch

,Die glühende Sonne brannte schon lange auf die weiten Sandmassen, aber die Fenster und Fensterläden waren bis jetzt hermetisch verschlossen.‘ Wieczorek zeigt weiter, dass für die ereignisbezogene vs. resultative Lesart dieselben Prinzi-pien gelten, welche in 2.2-2.3 schon anhand des Standardrussischen besprochen wurden. Ihre Beispiele bestätigen die Hierarchie unter den dort genannten Faktoren, d.i. erst innerhalb des betreffenden Diathesetyps (ObRes vs. SubRes/PossRes) kommt der lexikalische Faktor zuerst zur Geltung64, dann die übrigen. Vgl. ein paar ihrer Beispiele (Wieczorek 1994:15, 18, 23, 25): (122) Vykryto bazu, pohrabovano, entdecken.PPP.NOM.SG.N Basis.AKK.SG.F ausrauben.PPP.NOM.SG.N

šče j zasadu zalyšeno. → perfektisch, narrativ noch und Hinterhalt.AKK.SG.F dalassen.PPP.NOM.SG.N

,Man machte eine Basis ausfindig, raubte sie aus, und stellte noch dazu einen Hinterhalt auf.‘ (Vgl. ähnliche polnische und russische Beispiele in 7.3 bzw. Bsp. 13-14, 17 in 2.2.)

(123) U chati bulo nakureno, in Hütte.LOK.SG.F COP.NOM.SG.N.PRT vollrauchen.PPP.NOM.SG.N

pid steleju slavsja synjuvatyj dymok. (Hucalo) → resultativ (im Präteritum) wörtl. ,In der Hütte war (es) vollgeraucht, unter der Decke schwebte bläulicher Dunst.‘

vs. (124) – Na zdorov’ja,– burknuto bulo auf Gesundheit.AKK.SG.N murmeln.PPP.NOM.SG.N COP.3.SG.N.PRT

u vidpovid’. in Antwort.AKK.SG.F → perfektisch

wörtl. ,– Zur Gesundheit,– war als Antwort gemurmelt‘ (= „murmelte es“).

vs. (125) Mechanizm zapuščeno, Mechanismus.AKK.SG.M in_Gang_setzen.PPP.NOM.SG.N

mechanizm dije. Mechanismus.NOM.SG.M arbeiten.3.SG.PRS → resultativ (im Präsens)

,Der Mechanismus ist in Gang gebracht, der Mechanismus arbeitet‘. Was schliesslich die Diskussion angeht, ob in no/to-Konstruktionen das Agens expliziert werden kann, so spricht eine ganze Reihe von Belegen zugunsten dieser Möglichkeit; vgl. Beispiele aus Wieczorek (1994:68, 85) und Smahlenko (1962:24):

64 Sie behauptet zwar gelegentlich (1994:92, 94) anderes, doch beruhen diese Behauptungen auf einer Verwechslung der aktionalen Semantik mit der Aspektzugehörigkeit der Verben (pf. vs. ipf.) und auf einer teilweise falschen Zuordnung von Verben zu aktionalen Klassen (terminativ vs. aterminativ) und Diathesetypen.

Ukrainisch

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(126) Ale ožyv, jak podano aber aufleben.3.SG.M.PRT als reichen.PPP.NOM.SG.N

jomu batjuškoju ikonu. ihm.DAT Pope.INS.SG.M Ikone.AKK.SG.F

,Aber er lebte auf, als ihm vom Popen die Ikone gereicht wurde.‘

(127) Hrjadku cybuli Beet.AKK.SG.F Zwiebel.GEN.SG.F

bulo zryto krotom. COP.3.SG.N.PRT aufwühlen.PPP.NOM.SG.N Maulwurf.INS.SG.M

,Das Zwiebelbeet war von einem Maulwurf aufgewühlt (worden).‘

(128) Raneno v hrudi tjažko, verwunden.PPP.NOM.SG.N in Brust.LOK.SG.F schwer

a volossja til’ky obsmaleno porochom. und Haar.AKK(=NOM).PL.M nur verrussen.PPP.NOM.SG.N Pulver.INS.SG.M ,Er wurde schwer an der Brust verwundet, die Haare waren nur durch Pulver verrusst‘ (А. Holovko).

Wieczorek (ibd. sowie 1989:115ff.) vermerkt freilich, dass solche Belege insgesamt selten seien65 und dass sie vorrangig aus der Publizistik stammten. Uneindeutig sind die Angaben dazu, ob die agentive NP im Instrumental sich eher auf Lebewesen oder gar nur Personen beziehen könne. Autoren sprachpflegerischer Arbeiten bestreiten dies in der Regel und schliessen eine agentiv interpretierbare oblique NP ganz aus (so z.B. Pivtorak 1970:53). Dagegen zeigen viele von Wieczoreks Beispielen, dass die vermeintliche Agens-Periphrase im Instrumental sehr leicht auch als eine semantische Rolle mit in der Argumentstruktur niedrigerem Rang bewertet werden kann (s. Bsp. 128 und 129a-c); daneben kommen metonymisch zu wertende NPs vor, so z.B. Institutsbezeichnungen anstelle der dahinter stehenden Kollektive in Bsp. (129d). Vgl. die folgenden Belege aus Wieczorek (1994:85) und Boljuch (1992:46f.) (zu weiteren vgl. Shevelov 1963:139f., 144f.; 1991:220): (129a) Niba ljubyty zakonom zaboroneno? etwa lieben.INF Gesetz.INS.SG.M verbieten.PPP.NOM.SG.N ,Ist es etwa durch das Gesetz verboten zu lieben?‘ (Vgl. russ. Razve ljubit’.INF zakonom.INS.SG.M zapreščeno.PPP.NOM.SG.N ?)

(129b) Misce traktorom rozorano. Ort.AKK(=NOM).SG.N Traktor.INS.SG.M aufpflügen.PPP.NOM.SG.N ,Der Ort ist durch einen Traktor aufgepflügt (worden).‘ (Vgl. russ. Mesto.NOM.SG.N raspachano.PPP.NOM.SG.N traktorom.INS.SG.M.)

(129c) Vživannja danoji formy Verwendung.AKK(=NOM).SG.N gegeben.GEN.SG.F Form.GEN.SG.F

zumovleno rozmirom virša. bedingen.PPP.NOM.SG.N Versmass.INS.SG.M ,Die Verwendung dieser Form ist durch das Versmass bedingt.‘ (Vgl. russ. Upotreblenie.NOM.SG.N dannoj formy obuslovleno.PPP.NOM.SG.N razmerom.INS.SG.M sticha.)

65 Zatovkanjuk (1984:5f.), von dem Wieczorek ihre Argumente übernimmt, spricht von 2% (15 auf 609) Belegen, in denen in no/to-Konstruktionen ein Agens im Instrumental genannt wurde.

Resultativa

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(129d) Instytut bulo zakryto Institut.AKK.SG.M COP.NOM.SG.N.PRT schliessen.PPP.NOM.SG.N

urjadom. Regierung.INS.SG.M ,Das Institut war durch die Regierung geschlossen worden.‘ (Vgl. russ. Institut.NOM.SG.M byl.COP.NOM.SG.M.PRT zakryt.PPP.NOM.SG.M pravitel’stvom.INS.SG.N.) Dieses Problem erfordert eine sorgfältige Einzeluntersuchung, wobei es geboten wäre, den Begriff des ‘Agens’ differenzierter zu fassen, als dies Wieczorek und andere Autoren tun. 6.5. Ansätze für ein possessives Resultativ mit maty ,haben’ In Beschreibungen des Ukrainischen – sowohl des kodifizierten Standards wie auch von Mundarten und sowohl dia- wie synchron – fehlt unseres Wissens eine Erfassung ehemaliger oder aktueller Ansätze zur Ausbildung eines PossRes mithilfe eines HABERE-Verbs. Solche Ansätze dürften im westlichen (galizischen) Teil des Sprachgebiets vorgelegen haben (oder auch jetzt noch existieren), insofern als in dieser Region der Einfluss des Polnischen – nicht zuletzt auf umgangssprachlicher Ebene – über mehrere Jahrhunderte sehr spürbar war. Deshalb erstaunt es ein wenig, überhaupt keine Hinweise auf ein PossRes mit maty ,haben’ zufinden. Auch in Shevelov (1966), der sich speziell mit den galizischen Elementen im geschriebenen Ukrainischen befasst hat, sind keine diesbezüglichen Vermerke zu finden. Nur ganz selten treten Belege in der Belletristik auf; vgl. etwa den folgenden Beleg aus Giger (2003:492): (130) Knižečka vid cisarja, Büchlein.NOM.SG.F von Kaiser.GEN

usjuda maju dveri vtoreni (Vasyl’ Stefanyk) überall haben.PRS.1.SG Tür.AKK.PL öffnen.PPP.AKK.PL ,Das Büchlein ist vom Kaiser, überall stehen mir die Türen offen‘ (wörtl. ,... habe ich die Türen geöffnet‘). Indes lassen sich, wenn auch rare und relativ schwache, weitere Indizien für Ansätze zu einem PossRes mit maty ausfindig machen. Wie zu erwarten, liegen ihnen transformative Verben oder konklusive Besitzwechsel-Verben zugrunde. Vgl. zwei der in Giger (2003:384) angeführten Beispiele, welche jedoch lediglich auf den Auskünften einer speziell abgefragten Informantin beruhen: (131) Majsternju vže maju prybranu Werkstatt.AKK.SG.F schon haben.PRS.1.SG aufräumen.PPP.AKK.SG.F ,Die Werkstatt habe ich schon aufgeräumt‘.

(132) Hist’ maje vže vse zaplačene Gast.NOM.SG.M haben.PRS.3.SG schon alles.AKK bezahlen.PPP.AKK.SG.N ,Der Gast hat schon alles bezahlt‘. Eine objektlose („elliptische“) Verwendung scheint bis auf ja maju napysane ,ich habe geschrieben (vorliegen)‘ nicht möglich zu sein; vgl. mit (131-132):

Ukrainisch

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(131') *V majsterny vže maju prybrano (prybrane) ,In der Werkstatt habe ich schon aufgeräumt‘.

(132') *Hist‘ maje vže zaplačene ,Der Gast hat schon bezahlt‘. Die variable Verwendung der neutrischen Pronominalform (prybrane) und der Nominalform (prybrano) des Partizips, wie sie in (131') angedeutet ist, weist einmal mehr auf den hinsichtlich der Diathese-Ausrichtung labilen Charakter der letzteren, der no/to-Form, hin, wie er in 6.4 diskutiert wurde. Bei Objekt-Kongruenz mit einem Maskulinum, Femininum oder einer NP im Plural ist, wie überall ausserhalb des Russischen, nur die Pronominalform möglich.

Es folgen noch ein paar weitere Belege (aus dem Internet), welche wir für die Gegen-wartssprache ermitteln konnten: (133) Todi poet Bohdan Stel’mach povidimyv, ščo načebto davno maje napysane libreto do „Mojseja“ i poradyv zaprosyty pysaty muzyku Myroslava Skoryka ,Da teilte der Dichter Bohdan Stel’mach mit, dass er schon lange das Libretto des „Moses“ (fertig)geschrieben [⊃ und vorliegen] habe, und empfahl, Myroslav Skoryk vorzuschlagen, die Musik dazu zu schreiben‘ (P. Sentyj, 2001 – aus der Besprechung einer Opern-Premiere).

(134) Oči joho – nemov polum’ja ohnjane, a na holovi joho – bahato vinciv. Vin im’ja maje napysane, jakoho ne znaje nichto, til’ky vin sam. (...) Z ust joho vychodyt’ hostryj meč, ščob nym zražaty narody. (...) I vin maje na šatach i na stehnach svojich napysane im’ja „Car nad carjamy i pan nad panamy“ ,Seine Augen sind gleichsam wie eine Feuerflamme, und auf seinem Kopf gibt es viele Kränze. Den Namen hat er (auf)geschrieben, welchen, dass weiss niemand, nur er selbst. (...) Aus seinem Mund ragt ein scharfes Schwert heraus, um mit diesem Völker zu befrieden [?]. Und er hat auf seinen Kleidern und auf den Hüften den Namen „Zar über den Zaren und Herr über den Herren“ geschrieben‘ (Zitat aus O. Vovk: „Spravžnje chrystyjanstvo abo Pro ščo pyše biblija“, Kyjiv 1998).

(135) Stjiny Desjatinnoji cerkvy majut’ zvyš 1 metra šyrokosty v dolynji, stjiny sv. Sofiji do pivtora metra; fundamenty jiji sydjat‘ hluboko do 2 i 2,5 metriv, i v suterenach majut‘ zroblene sklepinnje dlja chovannja nebižčykiv ,Die Wände der Desjatinnaja-Kirche haben unten eine Breite von mehr als 1 Meter, die Wände der Hl. Sophie bis zu anderthalb Metern; ihre Fundamente sitzen bis zu 2 oder zweieinhalb Meter tief, und im Souterrain gibt es ein Gewölbe zur Aufbewahrung Verstorbener‘ (wörtl. ,... haben sie [= die Fundamente] ein Gewölbe gemacht‘) (M. Hruševs’kyj: „Istorija Ukrajiny-Rusy“, t. 3, rozd. IV). In (134-135) handelt es sich um eine Personen- bzw. Ortsbeschreibungen, somit um statische Zusammenhänge. Der Bezug zum Agens der präsupponierten Handlung ist in diesen drei Belegen sehr unterschiedlich; in (135) kann dieser schlechthin nicht mit dem grammatischen Subjekt (fundamenty) zusammenfallen. Die wenigen verfügbaren Beispielen weisen ferner auf eine sehr schmale lexikalische Basis des PossRes mit maty hin.

Dieser insgesamt negative Befund könnte darauf hindeuten, dass die gesuchte Konstruktion nur im gesprochenen Ukrainischen „virulent“ war, bei der Normierung eines Standards aber nie berücksichtigt wurde – vielleicht weil sie verpönt war (als Polonismus oder Germanismus?). Die ohnehin schwachen Ansätze zur Ausbildung eines solchen PossRes im (galizischen) Ukrainischen hätten demnach weder die Ebene der Schriftsprache „erreicht“ noch wären sie Forschern von Nichtstandard-Varietäten aufgefallen. Man darf an dieser Stelle vielleicht spekulieren und annehmen, dass die gegenwärtige Situation im Ukrainischen an die

Resultativa

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historische Situation des PossRes mit mieć, mít, mať im Polnischen, Tschechischen und Slovakischen (s. 7.4, 9.5, Abschnitt 10) sowie an die schwache präskriptive Akzeptanz der Konstruktion turėti + Part. Prät. Aktiv im heutigen Litauischen (s. 4.1.3) erinnert. Vom schwachen Grad der Grammatikalisierung her ist die ukrainische Konstruktion sicherlich am ehesten mit der litauischen vergleichbar (aufgrund der schmalen lexikalischen Basis und der Nichtauslassbarkeit einer Objekt-NP).

Ebenso schlecht steht es mit Untersuchungen darüber, inwieweit das standardrussische „Modell“ eines sekundären PossRes (mit ESSE und der PP u+GEN) das Ukrainische vor allem in der Sowjetzeit beeinflusst hat. Wieczorek (1994:90f.) bemerkt zu dieser Konstruktion lapidar, dass sie nur sporadisch vorkomme. Zumindest auf städtischer Ebene ist ab der Mitte des 20. Jahrhunderts eine solche Interferenz aufgrund massiver ukrainisch-russischer Zwei-sprachigkeit sehr wahrscheinlich geworden66. Vgl. dazu einen abschliessenden Beleg aus aktueller Zeit, welcher jedoch natürlich keine Aussagen über die Funktionsbreite und lexika-lische Basis dieser Konstruktion erlaubt: (136) Sonce zajšlo za hory, podužčav viter, na schyl padajut‘ tuman i cholod, ale v mene vže zibranyj chmyz, šče trochy, i pytymu harčyj čaj ,Die Sonne wanderte hinter die Berge, der Wind wurde stärker, auf den Hang fallen Nebel und Kälte, aber ich habe schon Reisig zusammengebracht, noch ein bisschen und ich werde heissen Tee trinken‘ (wörtl. ,bei mir ist schon Reisig gesammelt‘) (http://krokus.org.ua/knigi/jurevich/kavkaz2003.html).

66 Ein analoger Einfluss wäre für das Weissrussische anzunehmen sowie für das Polnische. Für letzteres freilich nur unter historischer Perspektive, speziell des Polnischen in der sog. ‘kongresówka’, welche Teil des Zarenreichs war, und das regionale Polnische auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjet-union (sog. ‘polszczyzna kresowa’).

69

7. Polnisch 7.1. Diathese-Typen und lexikalische Expansion der n/t-Partizipien Im Polnischen werden, wie in den ostslavischen Standardsprachen auch, Resultativa praktisch nur mithilfe von n/t-Partizipien gebildet, in der heutigen Standardsprache zudem nur dann, wenn sie von pf. Verben stammen. Damit hören freilich die Gemeinsamkeiten mit dem Standardrussischen auch fast schon auf. N/t-Partizipien ipf. Verben werden heute praktisch nur zur Bildung des Passivs ipf. Verben verwendet (s. 7.2); es gibt hierzu nur wenige, lexikalisierte Ausnahmen mit charakterisierender Funktion67. Neben der Kopula być tendiert auch das Verb mieć zur Auxiliarbildung in PossRes mit pf. n/t-Partizipien. Auf diese Konstruktion kommen wir in 7.4 zu sprechen.

Wie im Ukrainischen auch treten im Polnischen n/t-Partizipien deutlich häufiger als SubRes auf wie im Russischen, wo SubRes zudem im Regelfall als bidiathetisch einzuordnen sind (s. 2.1). Vgl. Belege wie die in Weiss (1977:133-137), so etwa (137) dziadek oparty o lasce ,der auf einen Stock gestützte Grossvater‘

⇐ oprzeć się ,sich stützen‘ (nicht jedoch von oprzeć kogoś ,jmd. stützen‘). Zwar fehlen (so weit uns bekannt) Angaben zur Type- und Token-Frequenz von subjekt-orientierten n/t-Konstruktionen, aber im Polnischen dürften als SubRes einzuordnende n/t-Konstruktionen noch häufiger sein als im Ukrainischen. Anders als im Russischen werden sie in diesen beiden Sprachen von einer ganzen Reihe von intransitiven Verbstämmen gebildet, darunter nicht zuletzt mit emotiver und perzeptiver Semantik; vgl. etwa (138a) uśmiechnięty ⇐ uśmiechnąć się ,lächeln‘ (138b) wyschnięty ⇐ wyschnąć ,vertrocknen‘ (138c) obrośnięty ⇐ obrosnąć ,voll-, bewachsen mit‘ (138d) najedzony ⇐ najeść się ,sich satt essen‘ (138e) wyspany ⇐ wyspać się ,(sich) ausschlafen‘ (138f) zapatrzony ⇐ zapatrzyć się ,sich vergucken, vernarren (in)‘68. Eine „Dublettenbildung“ mit resultativen l-Partizipien, wie man sie teilweise im Ukrainischen und Tschechischen beobachten kann (s. 6.3, 9.3), ist im Polnischen nicht festzustellen. Analog zum Ukrainischen wäre es einer Detailstudie zu überlassen, den Umfang resultativer l-Formen im Lexikon und ihre Token-Frequenz auf Textebene genauer zu ermitteln69. Den subjekt-orientierten n/t-Partizipien stehen keine ipf. Äquivalente zur Seite (vgl. u.a. wysypiać się ,(sich) ausschlafen‘ ⇒ *wysypiany, schnąć ,trocknen‘ ⇒ *schnięty). Dieses Faktum ent-springt dem Umstand, dass ipf. n/t-Partizipien im modernen Polnischen nur noch zur Passiv-bildung zur Verfügung stehen und Partizipien intransitiver Verben kein Passiv bilden können, sondern nur das Subjekt-Impersonal (s. 7.3).

67 So etwa (Woda) jest gotowana ,(Das Wasser) ist abgekocht‘, (Owoce) są myte ,(Das Obst) ist (ab)gewaschen‘, Ten teren jest strzeżony ,Dieses Gebiet ist geschützt‘ (letzteres Beispiel kann auch als prozessuales Passiv verstanden werden). 68 Nur ein kleiner Teil der subjektorientierten n/t-Partizipien wäre als lexikalisiert anzusehen. Vgl. z.B. zrozpaczony ,verzweifelt‘ bei inexistentem *zrozpaczeć (es gibt nur ipf. rozpaczać ,in Verzweiflung sein‘). 69 Vgl. die Liste der Formen auf -ły verbaler Herkunft in Indeks (1973:449-452).

Resultativa

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7.2. Abgrenzung zum Passiv Da das Passiv im heutigen Polnischen nur noch analytisch, d.i. mithilfe von n/t-Partizipien gebildet wird, verdient es hier eine Reihe von Ausführungen. Im Standardpolnischen haben sich n/t-Partizipien von Verbstämmen beider Aspekte ähnlich komplementär auf Aspektfunk-tionen verteilt wie im Aktiv. Das heisst, dass allein schon die Aspektzugehörigkeit der Stämme (der Partizipien) eine Unterscheidung von progressiver oder iterativer Funktion (bei ipf. n/t-Partizipien) vs. der Funktion eines episodischen Ereignisses oder eines Nachzustands (bei pf. n/t-Partizipien) erlaubt (s. Bsp. 139-140). Nicht unwesentlich ist, dass die Aspektzu-gehörigkeit der Partizipien auch zur Unterscheidung des Merkmals [± episodisch]70 beisteuert (s. Bsp. 140a-b): (139a) Zadania (w tej chwili) są rozwiązywaneIPF przez uczniów. → progressiv

,Die Aufgaben werden (gerade) durch die Schüler gelöst.‘ vs.

(139b) Zadania są (już) rozwiązanePF przez uczniów. → resultativ ,Die Aufgaben sind (schon) durch die Schüler gelöst.‘ (140a) W tej firmie pracownicy są zwalnianiIPF często. → iterativ (⊃ [– episodisch]) ,In dieser Firma werden [wörtl. ‚sind‘] die Mitarbeiter häufig entlassen.‘ vs.

(140b) W tej firmie pracownicy byli zwolnieniPF wczoraj. → einmalig und ereignisbezogen (⊃ [+ episodisch])

,In dieser Firma sind die Mitarbeiter gestern entlassen worden.‘ Auf diese durch die Aspektzugehörigkeit des Partizips gesteuerte Aufteilung legt sich beim pf. n/t-Passiv noch die zusätzliche Opposition der zwei Auxiliare być ,sein‘ vs. zostać ,werden‘, wobei zostać nur mit pf. n/t-Partizipien kombinierbar ist. Diese Opposition der Auxiliare ermöglicht tendenziell eine klare morphologische Unterscheidung zwischen dem ereignisbezogenen (und zugleich episodischen) Passiv und dem (objektorientierten) Resultativ71; vgl.: (141a) Samochód akurat został naprawiony (przez naszego mechanika).

,Der Wagen ist gerade (von unserem Mechaniker) repariert worden‘ → perfektische Bedeutung (ereignisbezogen, episodisch) vs.

(141b) Samochód jest już naprawiony (?przez naszego mechanika). ,Der Wagen ist bereits (?von unserem Mechaniker) repariert‘ → resultativ. Funktional entspricht somit die polnische zostać-Konstruktion dem standardrussischen Passiv in der ereignisbezogenen Lesart (s. 2.1). Sprachhistorisch entstammt sie einer Lehnbildung, bei deren Durchsetzung am ehesten ein Vorbild der frühneuhochdeutschen Schriftsprache Pate gestanden haben dürfte (Weiss 1982:198-203). Systemimmanente Ansätze zur Ausbil-dung eines Auxiliars für ein Vorgangspassiv haben schon seit dem 16. Jh. existiert; von einer Grammatikalisierung des Verbs zostać als eines Passiv-Auxiliars aus seiner Verwendung als inchoativer Kopula heraus kann jedoch erst seit Anfang des 19. Jh. gesprochen werden (vgl. Duda 1972:395f.; Wiemer 2004:299).

Eine solch konsequente Funktionsaufteilung, wie sie oben für das Standardpolnische skiz-ziert wurde, hat sich in den polnischen Mundarten nicht etabliert. Aber auch in der Stan-

70 Im Englischen wird hierfür gewöhnlich die Bezeichnung [± time-located] verwendet. 71 De facto ist damit das Inventar temporaler Funktionen des Passivs gegenüber demjenigen des Aktivs erweitert (vgl. Lehmann 1992:550; Weiss 1977:103f.).

Polnisch

71

dardsprache ist die Opposition być : zostać funktional asymmetrisch geblieben. So weist z.B. Duda (1972:399f.) zu Recht darauf hin, dass być immer noch häufig anstelle von zostać als eigentliches (d.i. ereignisbezogenes) Passiv verwendet werden kann (vgl. die Übersetzungen von 139a und 140a)72. Dies ist ein Unterschied zum Deutschen, in dem das werden-Passiv das unmarkierte Glied der Opposition bildet, welches zur Kennzeichnung auch progressiver oder statischer Sachverhalte verwendet werden muss. Vgl. hierzu etwa Hier wird gerade der Garten gesäubert; Das Missgeschick wird von uns bedauert und die Besprechung von Bsp. (11a-c) in 2.1.

7.3. Die polnischen no/to-Formen Kommen wir nun zum grammatischen Status der polnischen no/to-Formen. Auf die Unter-schiede zum Ukrainischen haben wir bereits in 6.4 hingewiesen. Polnische no/to-Prädikate konstituieren, ähnlich wie im Ukrainischen, Satzmodelle ohne nominativisches Subjekt. Sie sind weder als eigentliches Passiv noch als Resultativ zu werten, sondern als eine Abart des Subjekt-Impersonals (im Sinne von Plungjan 2000:218f.; s.u.). Sie können grundsätzlich von jedem Verb, unabhängig von der Diathese – mit Ausnahme nullstelliger Verben – und der Aspekt-Zugehörigkeit, gebildet werden; es gibt dabei nur wenige lexikalische Restriktionen (zu diesen vgl. Puzynina 1993:34-36). Schliesslich eignen sie sich problemlos zur Narration. Polnische no/to-Prädikate sind immer präterital zu interpretieren und erlauben keine Kopula (było, jest, będzie) bei sich.

Anders als im Ukrainischen wird mit den polnischen Formen einzig und allein eine strikt syntaktische Agens-Dezentrierung erreicht: die Blockade der Agens-Nennung gilt ausnahms-los. Aus semantischer Sicht gibt es jedoch keine Veränderung: gegenüber dem Ausgangsverb verändert sich in keinem Fall (a) die lexikalische Diathese oder (b) das aktionale Verhalten. Zu (a): Verben mit dem Reflexivmarker się behalten diesen in der no/to-Form bei sich, ganz gleich ob sich das Verb mit się synchron von einem Verb ohne diesen Marker ableiten lässt oder nicht (vgl. u.a. reflexiva und reciproca tantum, lexikalisierte się-Verben wie z.B. starzeć się ,altern‘); im Ukrainischen geht das reflexive Postfix bei der Bildung der no/to-Formen hingegen verloren. Zu (b): Polnische no/to-Formen sind genauso wenig wie die finiten Formen ihrer Basisverben per se als Resultativa anzusehen; resultativ können sie allenfalls qua Implikatur funktionieren (wie dies auch für transformative pf. Verben im Präteritum gilt73). Diese Lesart setzt sich per Default etwa in dem folgenden Beispiel durch, wenn das in Klammern gesetzte Adverbial nicht mit geäussert wird (denn dann würde der Satz ereignis-bezogen sein, indem der Bezug zum Sprechzeit-Intervall zurückträte): (142) W narożnej sali (w ciągu dwóch miesięcy) zgromadzono rzeźby polichromowe z całego kraju. ,Im Ecksaal sind (im Laufe von zwei Monaten) polychrome Schnitzarbeiten aus dem ganzen Land zusammengetragen worden.‘

72 Vgl. Czarnecki (1980:81f.) und vor allem Weiss (1982:201): „im Futurum, beim Infinitiv und erst recht beim Adverbialpartizip begegnet heute noch być, wo von der Semantik her zostać zu erwarten wäre und in den dt. Übersetzungsäquivalenten werden auftritt“. Dass bis heute im Futur eher być anstelle von zostać verwendet wird, bestätigt die von Nedjalkov/Jachontov (1983:26) an einigen Sprachen beobachtete implikative Relation, wonach die resultative Bedeutung ein Tempusparadigma am ehesten in der Reihenfolge Präsens < Präteritum < Futur aufbaut, sowie den schon in 1.2 erwähnten Umstand, dass eine ereignisbezogene Uminterpretation resultativer Konstruktionen im Präsens schwieriger ist als im Präteritum und Futur. 73 Vgl. die in 1.1 angesprochene sog. perfektische Bedeutung, welche für transformative pf. Verben im Präteritum charakteristisch ist.

Resultativa

72

Eine vollständige Aufarbeitung der Entstehung der no/to-Konstruktion fehlt bislang. Als gesi-chert gelten darf eigentlich nur, dass es sich bei ihr um das Produkt einer weitestgehend rein syntaktischen Reanalyse der einstigen neutrischen Formen des Nominalparadigmas der n/t-Partizipien gehandelt haben muss. Die Ansätze dieses Prozesses gehen auf allgemeinslavische Grundlagen in der vorschriftlichen Zeit zurück. Im originär polnischen Schrifttum lassen sie sich bis in das späte 14. Jh. zurückverfolgen; in ihrer aktivischen, kongruenzblockierenden Interpretation haben sie sich aber erst zur Mitte des 17. Jh. durchgesetzt74.

Der Vergleich mit der ukrainischen Konstruktion zeigt, dass sich in der diachronen Evolu-tion der polnischen no/to-Formen der Schritt zur aktivischen Konstruktion mit einem defek-tiven Tempusparadigma konsequent vollzogen hat, während die ukrainischen Formen sowohl hinsichtlich ihrer grammatischen Diathese (d.i. ob mit oder ohne Subjekt als Ausdruck des rangniedrigsten Arguments) als auch in bezug auf ihre aktionalen Eigenschaften labil geblie-ben sind; insbesondere ist unter den ukrainischen Formen die Abgrenzung gegenüber einem Resultativ (entsprechend dem Zustandspassiv) schwächer ausgebildet (s. 6.4). Die einzige konsequente Übereinstimmung mit der polnischen Konstruktion besteht heute in der r e i n s y n t a k t i s c h e n Agens-Dezentrierung. 7.4. Possessives Resultativ mit mieć ,haben‘ Wie in den anderen westslavischen Sprachen auch (s. 9.5, 10, 11.1, 11.3) werden im um-gangssprachlichen Polnischen PossRes mithilfe der flektierten Formen des Verbs mieć ,haben‘ und n/t-Partizipien terminativer Verben des pf. Aspekts gebildet. Dies sind fast aus-nahmslos transitive Verben; als Ausnahmen könnte man u.U. allenfalls PossRes von tran-sitiven Verben in objektloser Verwendung werten wie z.B. odkurzyć ,staubsaugen‘, posprzą-tać ,aufräumen‘ (s.u. zwischen Bsp. 150 und 151-152) oder von Verben mit einem Präpo-sitionalobjekt wie etwa zapłacić ,zahlen (für), bezahlen‘ (⇒ mieć zapłacone ,bezahlt haben‘; s.u.).

Nur unter sehr spezifischen Bedingungen inalienabler und alienabler Zugehörigkeit kann das Partizip von einem Verb mit dem Reflexivmarker się abgeleitet sein, ansonsten kommen Partizipien von solchen Verben praktisch nicht vor. Vgl. zunächst ein dafür typisches Beispiel (zit. aus Kątny 1999:104): (143) Od tygodnia mam samochód zepsuty (⇐ zepsuć się ,kaputtgehen‘)

,Seit einer Woche ist mein Wagen kaputt‘ (wörtl. ,…habe ich den Wagen kaputtgegangen‘).

Vgl. auch Mają spalony dom ,Ihr Haus ist abgebrannt‘ (wörtl. ,Sie haben das Haus verbrannt‘ bzw. ,… ein verbranntes Haus‘ ⇐ spalić się ,abbrennen (intr.)‘). Die ableitenden Verben sind in solchen Fällen als Antikausativa zu qualifizieren, das wiederum von ihnen derivierte Partizip ist bezüglich dieser Verben als subjektorientiert zu betrachten75. Auf diesen lexikalisch sehr eingegrenzten Typ gehen wir am Ende dieses Unterabschnitts und in 7.5 noch ein.

74 Eine Verwendung der polnischen no/to-Form als eines kongruenzfähigen Partizips wäre etwa unten in Bsp. (149b) zu erkennen (aus dem 15. Jh.). Zu den rekonstruier- und dokumentierbaren Details dieser Entwicklung und einem Literaturüberblick vgl. Wiemer (2002:633-644), in gedrängterer Form vgl. Wiemer (im Druck3: 3.1). 75 Die ableitenden Antikausativa selbst bilden Prädikate, welche, wenn sie im Präteritum stehen, man als ereignisbezogene Pendants (d.i. gewissermassen als „perfektische Äquivalente“) zur PossRes-Konstruktion betrachten kann; vgl. Zepsuł mi się samochód ,Mir ist das Auto kaputtgegangen‘, Spalił im się dom ,Ihnen ist das Haus abgebrannt‘.

Polnisch

73

Wie alt diese Konstruktion generell ist, ist ungewiss. Vergleiche mit anderen westsla-vischen Varietäten (s. Abschnitt 8) lassen aber die vage Vermutung zu, dass sich unter dem Einfluss des deutschen Perfekts (haben + Partizip II) diese Konstruktion bereits seit vielen Jahrhunderten als ein beständiges Sprachkontakt-Produkt gehalten hat, welches sich allerdings kaum in der Schriftsprache niederschlug. Auch können keine sicheren Aussagen darüber getroffen werden, inwieweit im älteren Polnischen tatsächlich einmal auch die Funk-tionen des deutschen Tempus (als eines Perfekts) ausgebildet waren. Im heutigen Polnischen kann man allenfalls verschwindend geringe Ansätze zur Ausbildung einer echten Perfekt-funktion ausfindig machen (s.u.) – auch wenn man in Handbüchern und einigen speziellen Arbeiten gelegentlich auf gegenstehende Behauptungen (eher kursorischer Art) stösst. Diese beruhen entweder auf einer fehlenden Unterscheidung zwischen Perfekt und Resultativ (s. 1.1) oder auf einer mangelhaften Analyse der Daten (oder auf dem einen wie dem anderen).

Ungeachtet dessen ist spätestens seit Nitsch (1913) bekannt, dass u.a. in westpreussischen Mundarten des Polnischen Äusserungen des Typs (144) on ma to miejsce sprzedane ,er hat diesen Platz verkauft‘ relativ geläufig waren. Dabei wies Nitsch darauf hin, dass die Bedeutung des Partizips auch im Widerspruch zur possessiven Semantik von mieć stehen könne; s. dazu Bsp. (144) oder das oben gerade erwähnte Beispiel Mają spalony dom ,Ihnen ist das Haus abgebrannt‘. Wie jedoch Łaziński (2001:8) dargelegt hat, weist mieć als Vollverb ohnehin noch andere Bedeu-tungen auf, u.a. eine solche, die sich mit ‘als Eigenschaft zukommen, ausgestattet sein mit’ umschreiben liesse und in der sich bei „wörtlicher“ Lesart von mieć ebenso Widersprüche mit einer Objekt-NP ergeben können (vgl. etwa mieć braki w wykształceniu ,Defizite in der Bildung haben‘). Die Bewertung einer Auxiliarisierung von mieć (entsprechend tsch. mít, slk. mať) wäre somit nicht zu eng an die Frage nach einem blossen „Ausbleichen“ der lexika-lischen Bedeutung zu knüpfen (wie dies etwa Koronczewski 1980 tut).

Dass die gesamte Konstruktion bislang nicht zu einem Auxiliar-Komplex zusammen-gewachsen ist, geht nicht zuletzt aus der nahezu obligatorischen Kongruenz des Partizips mit der Objekt-NP hervor (s. passim die Beispiele in diesem Unterabschnitt). Die Endung des Neutrum Singular tritt als Default für den Fall (i) objektloser Verwendung auf (s. Bsp. 146-147), (ii) fakultativ dann, wenn das Objekt ein Zahlwort oder ein sonstiger quantifizierender Ausdruck ist (145) Część materiału mam już porobione

Teil.AKK.SG Material.GEN.SG haben.PRS.1.SG schon machen.PPP.AKK(=NOM).SG.N ,Einen Teil des Materials habe ich schon durchgearbeitet‘ (zit. aus Weiss 1977:371),

und (iii) dann, wenn den Platz eines Objekts ein Nebensatz einnimmt (s. Bsp. 153c) oder ein Infinitiv (s. Bsp. 153f). Auch die Verwendung ohne Objekt ist umgangssprachlich durchaus nicht ungewöhnlich, wenn auch vermutlich seltener als in den übrigen westslavischen Spra-chen (Giger 2003a:384, Fn. 435). Vgl. etwa den folgenden Beleg aus Pisarkowa (1964:234): (146) (Zrobiłeś tę pracę?) Mam już posprawdzane we wszystkich słownikach

,(Hast du diese Arbeit erledigt?) Ich habe es schon in allen Wörterbüchern überprüft‘. Keine besondere Rolle spielt dabei, ob man hier die Ellipse eines neutrischen Pronomens (to ,das‘, wszystko ,alles‘) ansetzen möchte oder nicht.

In einigen objektlosen Fällen lässt sich von Phraseologisierung sprechen, was sich u.a. darin ausdrückt, dass das entsprechende Verb in finiter Form nicht oder nur in einer etwas anderen Bedeutung verwendet wird .Vgl. etwa

Resultativa

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(147) Ludzie, którzy tam występowali, mieli przekopane (mit den Synonymen przesrane, przejebane, przechlapane) ,Leute, die dort auftraten, waren in einer ganz misslichen Lage‘ (eigentlich so viel wie ‘... hatten verschissen’).

PrzesrałeśPF.PRT.2.SG bzw. przejebałeś bedeutet dagegen so viel wie przegrałeś ,Du hast verloren’ (hier kommt die Bedeutungskomponente eines Konkurrenzkampfes hinzu); die Verben przekopać und przechlapać werden so gut wie gar nicht finit verwendet (zumindest nicht in dieser vulgär-figurativen Bedeutung).

Anhand der objektlosen Verwendung einiger Verben in der Verwendung als PossRes lässt sich somit ein regelrechter Kongruenzabbau nicht nachweisen. Das Auftreten der neutrischen Form -ne/te ohne Kongruenz ist per se kein Argument für (oder gegen) eine sich abzeichnende Grammatikalisierung in Richtung auf ein Perfekt (vgl. dazu Łaziński 2001:10f.; Schwendimann 2002:212).

Nitsch (1913) wies ferner darauf hin, dass Äusserungen wie in (144) in der Umgangs-sprache gebildeter Sprecher seiner Zeit keineswegs etwas Aussergewöhnliches gewesen seien. Von der Verbreitung dieses PossRes am Anfang des 19. Jh. zeugen Belege, welche Koronczewski (1980:49) und Pisarkowa (1964:233; 1984:58f.) aus Mickiewiczs Privatkorrespondenz anführen, so z.B.

(148) Rękopism (sic!) kursu mam dawno Manuskript.AKK.SG Kurs.GEN.SG haben.PRS.1.SG seit_langem

przepisany abschreiben.PPP.AKK.SG.M

,Das Manuskript des Kurses habe ich schon längst abgeschrieben‘. Auch ein Beleg mit dieser Konstruktion im Skopus von chcieć ,wollen‘ findet sich darunter (s. Bsp. 149a); ein vergleichbarer Beleg ist bereits in der Biblia Królowej Zofii (Mitte des 15. Jh.) anzutreffen (s. Bsp. 149b): (149a) Osoby najbardziej przeciwne małżeństwu Person.AKK.PL am_meisten gegen.AKK.PL Ehe.SG.N

w senacie chciałem mieć wymienione in Senat.LOK wollen.PRT.1.SG.M haben.INF nennen.PPP.AKK.PL

,Die Personen, welche im Senat der Ehe am meisten abweisend gegenüberstehen, wollte ich genannt haben‘

(Mickiewicz, Briefe).

(149b) Odpuścił Saul ... krolowi ... i wszemu. verzeihen.PRT.3.SG.M Saul.NOM König.DAT.M und alles.DAT

czso bylo krasnego. REL.NOM sein.PRT.SG.N schön.GEN.SG.N

ani czso tego chciał NEG REL.NOM DEMPRON.GEN.SG.N wollen.PRT.3.SG.M

zatracono mieć verlieren.PPP.NOM.SG.N(Nominalform!) haben.INF ,Saul verzieh dem König und allem, was es an Schönem gab, und wollte nichts

davon verloren haben‘.

(Vgl. das nicht resultativ zu wertende Prädikat mit Infinitiv in der lateinischen Vorlage: nec voluerunt disperdere ea; zit. nach Pisarkowa 1984:59.)

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Es gibt somit Grund anzunehmen, dass das PossRes mit mieć über Jahrhunderte seinen grammatischen Status nicht verändert hat. Noch weniger wie die tschechische und slova-kische Konstruktion dieses Typs weist das polnische PossRes mit mieć im standard- und um-gangssprachlichen Polnischen Anzeichen einer Entwicklung zu einem Perfekt auf76. So ist es nicht mit Adverbialen vereinbar, welche auf die Aktzeit (den Moment des Zustandswechsels) verweisen (zu vermeintlichen Ausnahmen vgl. Schwendimann 2002:213-217), und sie lässt sich entsprechend nicht in narrativen Sequenzen verwenden (Wiemer 1997:79). Auch die lexikalische Basis dieser Resultativ-Konstruktion ist sehr stark eingeschränkt geblieben (s.u.). Dazu kommt schliesslich, dass der Referent der Subjekt-NP nicht koreferent mit dem Agens der Handlung sein muss, sondern er ist dies oft nur über eine Implikatur, die leicht annulliert werden kann. So geht aus einem Satz wie (150) Babcia ma kolację

Grossmutter.NOM.SG haben.PRS.3.SG Abendessen.AKK.SG.F

już ugotowaną schon vorbereiten.PPP.AKK.SG.F ,Grossmutter hat das Abendessen schon vorbereitet‘

keineswegs zwingend hervor, dass die Grossmutter selbst das Abendessen zubereitet hat, sondern nur, dass es für sie gemacht vorliegt77 (zu ambigen Lesarten s. auch Bsp. 153b und 153e).

Dasselbe gilt für Beispiele ohne Objekt-NP wie etwa Masz na drzwiach napisane ,Du hast es auf der Tür geschrieben (stehen)‘, Wreszcie mam odkurzone i posprzątane ,Endlich habe ich gestaubsaugt und aufgeräumt‘. Solche Fälle sind hinsichtlich ihrer statischen Semantik und ihrer Diathese-Struktur vergleichbar mit Konstruktionen, in denen HABERE mit einem Adverb (bzw. einem neutrischen oder genusneutralen Adjektiv) steht und welche, ähnlich romanischen und germanischen Sprachen, auch im Westslavischen belegt sind; vgl. poln. Masz tu ładnie (dobrze, wygodnie)! ,Schön (gut, bequem) hast du’s hier!‘, tsch. Máš to pěkně tady, slk. Máš to pekne tu ,Du hast es hübsch hier‘ (vgl. etwa mit fr. J’ai froid ,Mir ist kalt‘, entsprechend im alemannischen Dialektraum des Deutschen: Ich habe kalt). Weiteres dazu in Giger (2003a:129).

Was eine Identität zwischen dem Referenten der Subjekt-NP und dem Agens der Handlung in PossRes (mit und ohne Objekt) angeht, so ist diese nicht selten sogar ausgeschlossen (so etwa in Bsp. 153c-d, 153f).

Die kategoriale Beschränkung dieser Konstruktion auf pf. Verben ist nicht minder strikt als bei ESSE-Konstruktionen. Vereinzelte Beispiele mit n/t-Partizipien ipf. Verben stellen aus aktionaler Sicht gerade keine Resultativa dar, sondern sie weisen Aspektfunktionen auf, welche auch für finite (aktivische) Formen derselben ipf. Verben typisch wären, wie z.B. eine iterative oder eine allgemeinfaktische. Vgl. dazu zwei der von Łaziński (2001:3f.) diskutierten Belege aus Weydt/Kaźmierczak (1999): (151) Czy ten samochód miał zmienianeIPF opony?

,Hatte dieser Wagen die Reifen (schon einmal) gewechselt bekommen?‘

76 Die von Weydt/Kaźmierczak (1999) aufgestellte Behauptung, es liesse sich eine solche Entwicklung im Sprachgebrauch der Generationen junger Polen feststellen, ist von Łaziński (2001) in jeder Hinsicht überzeugend widerlegt worden. Vgl. auch die eingehende Diskussion von Grenzfällen zur Perfekt-Bedeutung bei Schwendimann (2002). 77 Ausführlich dazu in Labocha (1988:239-241).

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(152) Czy rektor rzeczywiście ma utrudnianyIPF dostęp do informacji? wörtl. ,Hat der Rektor tatsächlich den Zugang zur Information erschwert?‘ d.i. ,Hat der Rektor tatsächlich einen erschwerten Zugang zur Information?’

In keinem der Belege beruht die präsentische Zeitreferenz auf einer einmaligen, direkt vorausgehenden transformativen Handlung. Zudem ist in beiden Belegen der Referent der Subjekt-NP nicht identisch mit dem Agens der Handlung.

Weniger strikt ist die Eingrenzung dieser Konstruktion auf transformativ-mutative (d.i. terminative) Verben. Diese stellen zwar die absolute Mehrzahl dar (zumindest auf Type-Ebene), n/t-Partizipien von Verben mit einem konklusiven Default sind aber auf Text-Ebene nicht selten. So z.B. von Verben, die mentale, perzeptive Akte, Sprechakte oder soziale Transaktionen („Verben des Besitz- und Verfügewechsels“ bei Hagendorf 1987:43 und Kątny 1999:99) angeben; vgl. etwa (153a) Kazik miał jeden (sc. zegarek) upatrzony .... (zit. nach Pisarkowa 1964:234) ,Kazik hatte eine (Uhr) ausgeschaut‘.

(153b) Biletu jeszcze nie miała zapłaconego ,Sie hatte die Fahrkarte noch nicht bezahlt‘.

(153c) Masz przecież przekazane, abyś tam więcej nie chodził ,Du hast schliesslich mitgeteilt bekommen, dass du dort nicht mehr hingehen sollst‘.

(153d) Wyróżnienie ma przyznane (zit. nach Kątny 1999:104) ,Eine Auszeichnung hat er zuerkannt bekommen‘.

(153e) Kwestię tę mamy rozstrzygniętą już dawno ,Diese Angelegenheit haben wir schon lange entschieden‘.

(153f) Mamy zabronione tam chodzić (zit. nach Labocha 1988:240) ,Wir haben verboten bekommen, dorthin zu gehen‘. Der Umfang der lexikalischen Basis für das PossRes wäre noch genauer zu bestimmen, u.a. weil es eine Reihe von schlecht vorhersagbaren Restriktionen gibt, bei der die sozio- oder gar ideolektale Varianz sehr gross ist. So ist etwa mieć kupione ,gekauft haben‘ akzeptabel, das von Nitsch seinerzeit angeführte mundartliche Beispiel in (144) erscheint jedoch aus der Sicht von Sprechern des heutigen Umgangspolnischen als zweifelhaft (Łaziński 2001:8), ebenso für viele Sprecher mieć (obiad) zjedzony ,(das Mittagessen) gegessen haben‘. Demgegenüber wecken z.B. mieć (nici) zerwane ,(die Fäden) abgerissen haben‘ und mieć zapłacone ,bezahlt haben‘ (s. Bsp. 153b), aber auch mieć majątek odebrany ,den Grundbesitz abgenommen bekommen haben‘, mieć samochód ukradziony ,das Auto gestohlen bekommen haben‘ u.ä. „deprivierende“ Partizipien (zu letzteren vgl. Hagendorf 1987:46f.) weniger Bedenken bzw. es besteht hinsichtlich ihrer zwischen Muttersprachlern deutliche Uneinigkeit. Uneindeutige Urteile bestehen auch hinsichtlich vieler der unten noch besprochenen Verben als Ausgangs-basis einer PossRes-Konstruktion.

Im Hinblick auf lexikalische Restriktionen sei auf den Fall des dreistelligen Verbs podarować ,schenken‘ hingewiesen (auch dieses gehört zu den „Verben des Besitz- und Verfügewechsels“). Nach Auskunft einer Reihe (linguistisch ausgebildeter) Muttersprachler erlaubt ein aktivischer Satz mit diesem Verb (s. Bsp. 154a) entweder keine Umformulierung mithilfe der mieć-Periphrase, oder diese wird nur dann akzeptiert, wenn diese Periphrase nicht als komplexes Prädikat mit Resultativ-Bedeutung aufzufassen wäre, sondern nur in einer Lesart, nach welcher das Partizip von podarować als Attribut oder appositive Ergänzung zum Akkusativ-Objekt von mieć zu interpretieren wäre. Dies entspräche der ursprünglichen „kompositionellen“ Lesart der gesamten Konstruktion, in welcher es nur um die Angabe des

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Besitztums geht. Vgl. (154a) mit der mieć-Periphrase in (154b-b'), welche zunächst einmal beide eigenartig klingen; die Wortfolge hat darauf keinen Einfluss: (154a) Wacek podarował Jackowi stare radio ,Wacek schenkte Jacek ein altes Radio‘.

(154b) ?Jacek miał stare radio podarowane Jacek.NOM haben.PRT.3.SG.M altes Radio.AKK.SG.N schenken.PPP.AKK.SG.N (i) #,Jacek hatte ein altes Radio geschenkt (bekommen)‘ (intendierte Lesart). (ii) ?,Jacek hatte ein altes geschenktes Radio‘ (tatsächliche Lesart).

ebenso wie (154b') ?Jacek miał podarowane stare radio ‘dito’. Die Bsp. (154b-b') klingen deshalb seltsam, weil das attributiv verstandene podarowane keinen Informationsgewinn mit sich bringt und die ganze Äusserung somit pragmatisch unbefriedigend wirkt. Akzeptabel werden (zumindest für einige Informanten) solche Sätze erst, wenn sie einen Hinweis auf das Agens der Handlung (des Besitzwechsels, przez Wacka) enthalten. Dabei wird nun die Wortfolge relevant: die Agens-Angabe kann nur unter direktem Kontakt auf das Partizip (dessen Argument es repräsentiert) folgen: (154c) Jacek miał stare radio podarowane przez Wacka (i) ,Jacek hatte ein altes, von Wacek geschenktes Radio‘ (attributiv) (ii) ,Jacek hatte ein altes Radio, geschenkt von Wacek‘ (appositiv, bevorzugte Lesart)

oder (154c') Jacek miał podarowane przez Wacka stare radio

‘dito’ (jedoch nur attributive Lesart). Sie können damit pragmatisch einen Sinn erwerben. Ihre Verwendung als PossRes wird dadurch aber verhindert (oder zumindest stark erschwert). Auf der semantischen Seite ent-spricht diesem Sachverhalt der Umstand, dass das n/t-Partizip seine Valenz-Eigenschaften, die es als finites Verb (bzw. als Lexikoneintrag) hat, in vollem Umfang behält.

Eine weitere Möglichkeit, den Informationswert der mieć-Periphrase mit podarowane zu steigern, bestünde darin, sie in einen kontrastiven Kontext zu setzen; vgl. etwa folgenden (erdachten) Fall: (154d) A: A co z Jackiem? Wacek mu nareszcie podarował swoje stare radio, które mu obiecywał? B: Jak to, nie wiesz? Przecież Jacek już od dawna ma (od niego) podarowane to radio ,A: Und was ist mit Jacek? Hat Wacek ihm endlich sein altes Radio geschenkt, das er ihm versprochen hatte? B: Wieso, weisst du das etwas nicht? Schliesslich hat Jacek das Radio schon lange (von ihm) geschenkt bekommen‘. In einem derartigen Kontext der „kontrafaktiven Erwartung“ (im Sinne Givóns) wäre die Zugabe des dritten Arguments als Angabe der „Herkunft“ (od niego ,von ihm‘) fakultativ möglich.

Voraussagen über die Gebräuchlichkeit (oder Akzeptabilität) einer Resultativkonstruktion zu treffen, erweist sich gerade bei dreistelligen Verben als sehr schwierig (s. dazu weiter in 7.5). Dass hierbei viele Idiosynkrasien vorliegen, die nicht durch den lexikalisch-aktionalen Default erklärt werden können, illustriert u.a. der Umstand, dass – anders als podarować

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,schenken‘ – u.a. das Sprechakt-Verb obiecać ,versprechen‘ uneingeschränkt als PossRes ver-wendbar ist (beide Verben haben eine konklusive LAF); vgl. etwa: (155) Mam obiecany etat w zakładzie ,Ich habe einen Posten im Arbeitsbereich versprochen (bekommen)‘. Freilich kann in diesem Fall wiederum das Agens (przez dyrektora ,vom Direktor‘) kaum expliziert werden (M. Łaziński, pers. Mitteilung).

Unabhängig vom Faktor des Informationswerts von mieć-Periphrasen sind im Zusammen-hang mit lexikalischen Restriktionen und Besonderheiten der Interpretation von echten PossRes-Konstruktionen noch zwei Umstände nennenswert. Der eine besteht in der Verwendung dieser Konstruktion zur Bezeichnung einer inalienablen Teil-Ganzes-Beziehung, vor allem bezüglich eines gerade aktuellen Zustands von Körperteilen, sowie auch einer Reihe von alienablen Relationen. Zu inalienablen vgl. zunächst zwei Belege aus der Belletristik (zit. nach Pisarkowa 1964:232f.): (156) Oczy ma utkwione w talerz

,Die Augen hat er/sie starr auf den Teller gerichtet‘.

(157) Paznokcie miała przycięte krótko i okrągło (i) ,Die Fingernägel hatte sie kurz und rund geschnitten‘ , oder genauer (sofern die Besitzerin der Fingernägel nicht zugleich Agens der Handlung war): (ii) ,Die Fingernägel hatte sie kurz und rund geschnitten bekommen‘. Auch in diesen Fällen ist die Frage nach der Identität zwischen dem Referenten der Subjekt-NP und dem Agens der Handlung verbspezifisch und mitunter ambig (letzteres etwa in Bsp. 157). Zudem stellt diese semantische Klasse den einzigen Bereich dar, in dem die Kon-struktion mit mieć ein n/t-Partizip enthält, welches selbst subjektorientiert gegenüber dem derivierenden Verb sein muss (letzteres ist antikausativ; s. obige Belege); vgl. etwa Ma skórę pomarszczoną wörtl. ,Sie hat die Haut gerunzelt‘ (⇐ Skóra jej się pomarszczyła wörtl. ,Ihr hat sich die Haut gerunzelt‘ = ,… ist die Haut runzelig geworden‘). Dagegen hängt bei einer alienablen Zugehörigkeitsbeziehung die Frage danach, ob die Ableitungsrelation bidiathetisch ist oder nur eine subjektorientierte Interpretation möglich ist, nicht unwesentlich von prag-matischen Hintergründen ab. Vgl. dazu zwei Fälle, in denen eine potenziell bidiathetische Beziehung vermutet werden darf: (158) Masz rozpięty płaszcz

,Du hast deinen Mantel aufgeknöpft‘ , im Sinne von ,Du hast einen aufgeknöpften Mantel‘ (⇐ Twój płaszcz się rozpiął ,Dein Mantel hat sich aufgeknöpft‘ antikausativ → n/t-Partizip subjektorientiert, oder Rozpiąłeś swój płaszcz ,Du hast deinen Mantel aufgeknöpft‘ kausativ → n/t-Partizip objektorientiert).

(159) Mamy szklanki rozbite ,Wir haben die Gläser zerschlagen‘, im Sinne von ,Wir haben zerschlagene Gläser‘ (⇐ Szklanki (nam) się rozbiły wörtl. ,Die Gläser haben sich (uns) zerschlagen‘ antikausativ → n/t-Partizip subjektorientiert, oder Rozbiliśmy szklanki ,Wir haben die Gläser zerschlagen‘ kausativ → n/t-Partizip objektorientiert).

Bezüglich dieser Beispiele variiert unter den Informanten sehr die Akzeptanz (als PossRes überhaupt) und die Bewertung (als deriviert von einem kausativen oder antikausativen Verb),

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ein subjektorientierter Default (d.i. der Bezug auf ein antikausatives Verb) scheint aber zu dominieren. In anderen Fällen scheint dieser Default noch stärker zu sein; vgl. die am Anfang dieses Unterabschnitts schon zitierten Beispiele Mam samochód zepsuty ,Mein Auto ist kaputt‘ (⇐ zepsuć się; s. Bsp. 143) und Mamy spalony dom ,Unser Haus ist abgebrannt‘ (⇐ spalić się ,abbrennen (intr.)‘). Das Motiv für die Stärke dieses Defaults dürfte zumindest zum Teil in der pragmatisch bedingten Unwahrscheinlichkeit einer Eigenverursachung des im PossRes angegebenen Zustands begründet liegen: wer macht schon sein eigenes Auto kaputt oder zündet sein Haus an?78

Verschieden starke, pragmatisch bedingte lexikalische Defaults hängen zusammen mit dem Grad (oder der Erwartbarkeit) der Kontrolle über das eigene Handeln (also: über das Handeln des Subjekts von mieć). Sie hängen somit nicht nur von dem Grad der „Alienabilität“ und (bei inalienabler Zugehörigkeit) der Bearbeitbarkeit des Körperteils ab (vgl. den diesbezüglichen Unterschied zwischen mieć oczy utkwione w talerz ,die Augen starr auf den Teller gerichtet haben‘ und mieć paznokcie przycięte ,die Fingernägel zurechtgeschnitten haben‘), sondern auch davon, wie gewöhnlich, erwartbar oder wünschenswert es aus pragmatischer Perspektive erscheint, dass die jeweilige Handlung von einer anderen Person ausgeführt wird. So ist bei mieć płaszcz rozpięty ,den Mantel aufgeknöpft haben‘ eine Interpretation mit Fremdverursachung eher ungewöhnlich, es sei denn, der Träger des Mantels ist z.B. ein kleines Kind oder ein Invalide, der Schwierigkeiten beim An- und Ausziehen hat. Weniger ungewöhnlich wäre ein fremdverursachter Zustand bei mieć szklanki rozbite ,die Gläser zerschlagen haben‘. Dazu würde es reichen sich vorzustellen, dass man nach einem ausufernden Saufgelage von Gästen oder nach einem Einbruch in die eigene Küche kommt und Satz (159) äussert; dies wird freilich nicht von allen Informanten als möglicher situativer Kontext akzeptiert (und die ganze Konstruktion damit sehr ungewöhnlich).

So kann die verschiedene „Spannweite“ pragmatisch bedingter lexikalischer Defaults eben nicht erklären, weshalb etwa Bsp. (158-159) von Informanten überhaupt schlechter akzeptiert werden als Bsp. (143, 156-157). Man müsste also in einer systematischen Untersuchung der Hintergründe für die Bildung der PossRes-Konstruktion nicht nur der Frage nachgehen, ob Informanten (in spontanen Reaktionen) einen Fremdverursacher als Agens der zustands-verändernden Handlung präsupponieren können (womit das n/t-Partizip objektorientiert, d.i. als abgeleitet von einem kausativen Verb zu sehen wäre). Ebenso müsste bei transitiven Verben mit einer für Resultativa „günstigen“ LAF – bei Verben also, die potenziell als denkbarer lexikalischer Input der PossRes-Konstruktion in Betracht kämen – im Einzelfall überprüft werden, ob sie überhaupt in der Praxis als Input dieser Konstruktion vorkommen (und von Informanten selbst verwendet werden würden). Aus den vorstehenden Ausführungen wird deutlich, dass die Frage danach, ob der lexikalische Input der PossRes-Konstruktion in den vorgestellten Situationen ausreichend adäquat er-scheint, oft eine Angelegenheit der sprachlichen Norm, genauer: der lexikalischen Konven-tionalisierung darstellt. Ebenso ist es, wie oben angedeutet, schwierig vorherzusagen, wann (d.i. mit welchem Verb) das n/t-Partizip in der mieć-Periphrase nur als Attribut (bzw. als appositive Partizipial-Wendung) zur Objekt-NP verstanden werden kann und wann nicht (vgl. podarowane ,geschenkt‘ gegenüber ukradzione ,gestohlen‘, kupione ,gekauft‘ oder zapłacone ,bezahlt‘). Die Verwendbarkeit semantisch geeigneter Verben (d.i. transformativer und einer Reihe von konklusiven Verben) wechselt mitunter auch diachron, wie etwa der obige Ver-gleich zwischen heute relativ inakzeptablem mam sprzedane (rzeczy ze strychu) ,ich habe (die Sachen vom Dachboden) verkauft‘ und vollends gebräuchlichem mam zapłaconą (swoją 78 Es sei denn, dies geschieht aus irgendeinem Grund vorsätzlich (z.B. mit dem Ziel des Versiche-rungsbetrugs). Vgl. Wreszcie mi się udało: mam samochód zepsuty. (I mogę sobie zażądać od ubez-pieczalni pokaźnej sumki) ,Endlich ist es mir gelungen: ich habe ein kaputtes Auto [im Sinne von: ich habe es kaputt bekommen]. (Nun kann ich für mich ein hübsches Sümmchen von der Versicherung fordern).‘

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podróż) ,ich habe (meine Reise) bezahlt‘ zeigt. Die Gründe für das wechselvolle Schicksal dieser syntaktisch instabilen Konstruktion liegen ganz offenbar nicht nur in den Valenz-Eigenschaften, der Möglichkeit einer objektlosen Verwendung und der lexikalisch-aktionalen Klasse der Verben begründet, sondern in pragmatischen Motiven. Den Grad einer Konven-tionalisierung unter den für das PossRes mit mieć in Frage kommenden Verben und deren n/t-Partizipien aufzuspüren, wäre Aufgabe einer akribischen lexikologisch-pragmatischen Studie, gestützt auf verlässliche Korpusdaten. Die Mechanismen, welche eine solche Konven-tionalisierung beschreiben, würden nützlichen Aufschluss darüber bieten, wie die lexikalische Basis von PossRes dieser Art expandieren (und evtl. auch wieder schrumpfen) kann. 7.5. Beziehung des possessiven Resultativs zum Rezipientenpassiv Die Möglichkeit der Fremdverursachung bringt uns zu dem anderen nennenswerten Umstand. Das PossRes mit mieć tritt in einigen der in 7.4 zitierten Beispiele (u.a. in Bsp. 153c, d, f) als Äquivalent des deutschen Rezipienten-Passivs auf, d.i. einer Diathese-Operation, bei welcher nicht das rangniedrigste Argument zum grammatischen Subjekt avanciert, sondern ein wie-teres Argument aus einer anderen Objekt-Position (im Dativ). Voraussetzung dafür ist natür-lich, dass das betreffende Verb dreistellig (ditransitiv) ist. Eine weitere Voraussetzung scheint zu sein, dass das zum Subjekt avancierende Argument einen belebten Referenten bezeichnet. Deshalb kann die Äquivalenz-Beziehung zwischen dem polnischen PossRes und dem deutschen Rezipienten-Passiv systematisch bei Sprechakt-Verben aller Couleur festgestellt werden sowie bei einigen „deprivierenden“ Verben. Erstere schliessen in ihre Argument-struktur einen Adressaten ein (der gelegentlich auch mit dem Träger der Rolle eines Benefi-zienten zusammenfällt, so etwa im Fall von przyznać ,zuerkennen‘, s.u.), letztere einen Malefizienten (als sozusagen negatives Pendant zum Benefizienten oder Rezipienten).

Diese zwei Bedingungen reichen aber nicht aus, um zu erklären, weshalb eine Interpretation im Sinne eines Rezipientenpassivs bei kupić ,kaufen‘ (als Konverse zu sprzedać ,verkaufen‘) ausgeschlossen ist. Immerhin entspricht kupić ,kaufen‘ den genannten Bedingun-gen genauso wie das deprivierende Besitzwechselverb odebrać ,wegnehmen‘ und das Sprech-aktverb przyznać ,zuerkennen‘ (welches in gewisser Hinsicht konvers zu odebrać ist). Ver-gleichen wir diese Verben in der mieć-Konstruktion; um diese Konstruktion mit dem Partizip von kupić akzeptabel zu machen, setzen wir einen kontrastiven Kontext der Art voraus, wie wir ihn in Bsp. (154d) konstruiert haben: (160a) Sędzia odebrał / przyznał Jackowi majątek Richter.NOM.SG.M wegnehmen / zuerkennen.PRT.3.SG.M J.DAT Grundbesitz.AKK ,Der Richter nahm Jacek den Grundbesitz weg / erkannte Jacek den Grundbesitz zu’.

(160b) Jacek miał majątek J.NOM.M haben.PRT.3.SG.M Grundbesitz.AKK.M

odebrany / przyznany (przez sędziego) wegnehmen / anerkennen.PPP.AKK.SG.M durch Richter.AKK wörtl. ,Jacek hatte den Grundbesitz weggenommen / zuerkannt (durch den Richter)’ d.i. ,Jacek hatte den Grundbesitz (durch den Richter) weggenommen / zuerkannt bekommen’.

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(161a) Wacek kupił od Jacka stare radio W.NOM.M kaufen.PRT.3.SG.M von J.GEN alt.AKK.SG.N Radio.AKK.SG.N ,Wacek kaufte von Jacek ein altes Radio’.

(161b) (Czy jeszcze nie wiesz?) #Jacek miał stare radio kupione

J.NOM.M haben.PRT.3.SG.M alt.AKK.SG.N Radio.AKK.SG.N kaufen.PPP.AKK.SG.N ,(Wusstest Du noch nicht?) Jacek hatte ein altes Radio gekauft’. Während in den Sätzen (160) das (b)-Beispiel denotativ äquivalent zu dem (a)-Beispiel ist – und damit Jacek in der Rolle des Malefizienten bzw. des Adressaten erscheint –, ist (161b) nicht eine denotativ äquivalente Periphrase zu (161a). Vielmehr „tauschen“ in (161a-b) Wacek und Jacek ihre semantischen Rollen, so dass in (161b) Jacek das Agens der Handlung repräsentiert (wenn wir einmal von der, in diesem Fall ohnehin wenig wahrscheinlichen, Eventualität der Fremdverursachung absehen).

Der Grund hierfür liegt in der semantisch symmetrischen Rangordnung zwischen einem Agens und einem Kontra-Agens im Falle von kupić—sprzedać. Diese scheint nur noch bei dać—wziąć ,geben—nehmen‘ vorzuliegen, im Falle anderer Konversen wie auch bei den sonstigen dreistelligen „Verben des Besitz- und Verfügewechsels“ und den Sprechaktverben ist die Rangordnung zwischen den zwei belebte Referenten repräsentierenden Argumenten asymmetrisch: bei ihnen verfügt der Referent des ranghöchsten Arguments (im Aktiv als Subjekt kodiert) alleine über die Übergabe bzw. Einnahme des Referenten des rangniedrigsten Arguments (im Aktiv als akkusativisches Objekt kodiert), der andere belebte Referent (im Dativ) erscheint wirklich nur als Empfänger (bzw. Bevor- oder Benachteiligter).

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8. Ehemalige ostseeslavische Sprachen und heutiges Kaschubisch 8.1. Polabisch, Pomeranisch, Slovinzisch Sofern sich über das Polabische anhand der erhalten gebliebenen Texte etwas aussagen lässt, wäre zu konstatieren, dass das Präsens des Passivs, welches mit dem Auxiliar båit (< *byti) ,sein‘ gebildet wurde, de facto ein ObRes war. Vgl. einen Beleg wie ją zazoně ,(er) ist verbrannt‘. Im Präteritum wurde das Passiv nur mit dem aus dem Mittelhochdeutschen entlehnten Auxiliar vårdot (< mhd. werd- *ati) ,werden‘ gebildet, über dessen temporale Referenz (ereignisbezogen vs. stativ) jedoch kaum etwas Zuverlässiges festzustellen ist; vgl. v ˚zv ´o˛zoně vårdol ,(er) war zusammengebunden (worden)‘ (vgl. Polański 22001:815). Im Slovinzischen wurde das ereignisbezogene Passiv im Präsens vor allem mit Formen des Typs bądą, d.i. den eigentlich futurischen Formen des Kopulaverbs gebildet, offensichtlich unter Einfluss der Polyfunktionalität von dt. werden in ich werde schlagen und ich werde geschlagen (Hinze 1966:491; 1968:329-332). Vgl. dazu die folgenden Belege (zit. nach Hinze 1968:329f., 331): (162) A gdy zgromadźeni byłi, rzek Pilat do nich: ktoregoź chciece ábym wam wypuscił?

Bárábáßá czyli Jesusa o ktorym rzecźono będze, yß Christusem jest ,Und da sie versamlet waren, sprach Pilatus zu ihnen: Welchen wolt ihr, dass ich euch

loß gebe: Barrabam oder Jesum, von dem gesagt wird, er sey Christus‘.

(163) Přöüd böü jadle ös teý skåkąńe ,Erst wird gegessen und dann (folgt) das Springen (d.i. Tanzen)‘.

Im zweiten Beleg ist das l-Partizip bemerkenswert, das im Slovinzischen zu einer komplementären Variante des n/t-Partizips wurde (Hinze 1966:502); s. auch weiter in 8.2 zum Kaschubischen. Das l-Partizip diente offenbar vorrangig zur Bildung des SubRes; vgl. etwa jĕs fpadlї / fpadlå ,bist hineingefallen’, nie ¾so u¾ vumjarli ,sind nicht gestorben’, jä zdeýx ´lї ,ist gestorben‘. Daneben traten freilich auch subjektorientierte n/t-Partizipien auf, so etwa jä zZińünå ,ist verschwunden’, jä vutuńunå ,ist ertrunken’ (alle Beispiele zitiert nach Lötzsch 1967:29). Die Partizipien wiesen dabei durchweg intakte Genus- und Numerus-Kongruenz auf.

Formen mit präsentischem Auxiliar hatten häufig perfektische Bedeutung, das heisst, sie waren ereignisbezogen; vgl. etwa üon ie zab’itï ,er ist getötet worden‘ (Lorentz 1925:173). Dies lässt sich auch durch die Verwendung von Adverbialen belegen, welche sich auf den Zustandswechsel beziehen: fčeråu von jä se svo bratko zdounï ,Gestern ist er mit seiner Braut getraut (worden)‘ (Hinze 1966:494). Nichtsdestotrotz ist auch die präsentisch-ereignis-bezogene und natürlich auch die resultative Bedeutung möglich: te z nie so věbrone rěbe ,dann werden [eigentlich: sind] aus ihm [dem Netz] die Fische herausgenommen‘ (ibd.:490), Tu na je zaxovonå ,Hier ist sie begraben‘ (ibd.:495). Häufig hängt die Art der aktionalen Lesart vom Kontext ab sowie evtl. davon, ob das Partizip nicht auch attributiv interpretiert werden konnte. Letzteres träfe z.B. auf jä zdeýx ´lї ,ist gestorben‘ (s.o.) zu, welches dann als ,tot‘ zu übersetzen und nur stativ zu verstehen wäre (s. dazu Lötzsch 1967:29, Fn. 13). Die Daten bieten aber nicht ausreichend Information, um eine Aussage darüber zu treffen, ob Resultativa, die mit der ESSE-Kopula gebildet wurden, aktional eher labil waren und häufiger auch eine ereignisbezogene Lesart erlaubten als ObRes.

Unklar bleibt ferner, ob das Slovinzische hinsichtlich der Zeitstufe von Resultativa mit präsentischer Kopula die in 2.3 und 9.6 angesprochene allgemein-westslavische Entwicklung mitgemacht hat. Uns sind bislang keine Belege bekannt, in denen derartige Konstruktionen mit präteritaler Referenz verwendet worden wären.

Eine materielle Entlehnung des deutschen Passivauxiliars wie im Polabischen oder im Sorbischen (s. 11.2) war dem Slovinzischen unbekannt (Hinze 1968:333). Es lässt sich aller-

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dings (vereinzelt) im Kaschubischen nachweisen: lén vorduýe v√rvóni nω_pýervi ,der Flachs wird zuerst herausgerissen‘ (im weiteren folgen an dieser Stelle Formen analog zu denjenigen im Slovinzischen: baÈe püostavýóni ,er wird gestellt‘, bąÈe vząti f pýec ,er wird in den Ofen gestellt‘; vgl. Topolińska 1967: 129f., Text aus Brzeźno).

Ob und in welchem Ausmass auch SubRes existierten, liess sich gemäss den uns vorliegenden Daten und Untersuchungen bislang nicht ermitteln. Das gilt auch für das Slovinzische und Pomeranische.

Man darf davon ausgehen, dass es ein PossRes mit einem HABERE-Verb in allen diesen inzwischen ausgestorbenen elb- und ostseeslavischen Sprachen gab. Die spärlichen Belege legen nahe, dass sie (unter deutschem Einfluss) zu einem ereignisbezogenen Perfekt oder gar einem allgemeinen Präteritum evoluiert waren. Vgl. etwa die in Havránek (1937:77) aus an-deren Arbeiten angeführten Belege zum Polabischen (z.B. mohss pirdohn ,hast verkauft‘) und zum Slovinzischen, z.B. (164) jáo mou ¾m fčeráo ¾ na pPl¨ rPb´i ¾¨ `nė ich haben.PRS.1.SG gestern auf Feld.LOK arbeiten.PPP.N

,Ich habe gestern auf dem Feld gearbeitet‘. Das Partizip (rPb´i ¾¨nė) ist hier von einem offenbar aterminativen Verb ohne derivative Stammerweiterung gebildet, welches man gemäss den heutigen slavischen Sprachen zu den ipf. Verben rechnen müsste. Da jedoch nicht von einer strengen Aspekt-Korrelation wie in den heutigen Sprachen ausgegangen werden kann, erweist es sich letztlich als recht müssig, ergründen zu wollen, ob in diesen spärlich dokumentierten slavischen Varietäten ein Resul-tativ bzw. ein Perfekt auch mithilfe von n/t-Partizipien ipf. Verben gebildet wurde (noch, welchen aspektuellen Funktionsbereich sie abdeckten).

Eingehendere Erläuterungen zur Zeitreferenz finden sich bei Lötzsch (1967:38f.). Sie zeigen die deutliche Expansion der lexikalischen Basis des (einstigen) PossRes – vgl. må ležalė ,er hat gelegen‘, må mjounė ,er hat gehabt‘ (ibd.:28, 53) –, explizite Referenz auf den Zeitpunkt der Handlung, unbelebte Subjekte und letztlich eine Verteilung der Auxiliare bäc ,sein‘ und mjec ,haben‘ genau nach dem Vorbild des deutschen Perfekts (ibd.:34). Dieses Perfekt unterschied sich vom Präteritum, das mit der l-Form, aber meist ohne Auxiliar gebil-det wurde (Lorentz 1925:170). Parallel zum Perfekt wurden ein Pluperfect und ein Futurum exactum gebildet (Lorentz 1925:172f.; Lötzsch 1967:36).

Im Slovinzischen war die Objekt-Kongruenz beim Partizip noch fakultativ vorhanden; vgl. Bsp. (165) ohne Kongruenz gegenüber Bsp. (166) mit Kongruenz:

(165) u ¾on m ´ωł chłopa zab ´itė er haben.PRT.3.SG.M Bauer.AKK.SG.M erschlagen.PPP.N

,Er hatte einen Bauern erschlagen‘.

(166) u ¾on m ´ωł krovą předono ¸ er haben.PRT.3.SG.M Kuh.AKK.SG.F verkaufen.PPP.AKK.SG.F ,Er hatte eine Kuh verkauft‘. Über andere PossRes-Konstruktionen ist unseres Wissens nichts bekannt. 8.2. Kaschubisch Kommen wir nun zum heutigen Kaschubischen. Die Verteilung von mit n/t-Partizpien gebil-deten SubRes und ObRes entspricht im grossen und ganzen derjenigen im Polnischen (s. 7.1).

Zum PossRes mit einer Objekt-NP s. Bsp. (167), entsprechend ohne Objekt-NP s. Bsp. (168) (aus Breza/Treder 1981:133):

Ostseeslavisch

85

(167) wa môta pole zagrabioné / zagrabiony

ihr haben.PRS.2.PL Feld.AKK.SG.N pflügen.PPP.N / .PPP.M ,Ihr habt das Feld gepflügt‘.

(168) jô móm zeżniwioné / zeżniwiony ich haben.PRS.1.SG ernten.PPP.N / .PPP.M

,Ich habe geerntet (= die Ernte eingefahren)‘. Wie zu erkennen ist, variieren in beiden Fällen die Endungen des Partizips, so dass nicht von einer festen Kongruenzregel zu reden ist. Leider lässt sich aus den bestehenden Arbeiten zum Kaschubischen nicht entnehmen, ob sich diese Konstruktionen bereits zu ereignisbezogenen Perfekta entwickelt haben oder immer noch eher als Resultativa zu werten sind. Gleichwohl möchten wir auf den folgenden Beleg hinweisen, in welchem das PossRes-Prädikat (ni mô zrobioné ,hat nicht gemacht‘) ereignisbezogen interpretiert werden muss, da es auf einen begründenden Nebensatz folgt79: (169) Temù, że w nym lësce Wasta E. Gołąbk pòddôwôł w wątplëwotã, czë autor tego tekstu

rozmieje pisac pò kaszëbskù, Redakcëjô ni mô zrobioné niżódëch redakcëjnëch zjinaków ni korektë na teksce òddónym przez autora.

,Da Herr E. Gołąbk in seinem Text Zweifel anmeldete, ob der Autor dieses Textes auf kaschubisch schreiben könne, hat die Redaktion keinerlei redaktionelle Unterschei-dungen oder Korrektur am Text, wie er vom Autor übergeben wurde, vorgenommen‘ („Òdroda. Pismiono wolnëch Kaszëbów“, nr 2 (23) 2002, S. 5 – redaktionelle Anmerkung unter einem polemischen Aufsatz).

Ähnlich sieht die Lage für die interessanteste Besonderheit des Kaschubischen aus, nämlich die prädikativ verwendeten l-Formen (Part. Prät. Aktiv II). Nur wenig uns zugängliche Primärdaten erlauben Schlussfolgerungen über deren temporale Funktionen.

Abgesehen davon, dass die nominalen Formen des Part. Prät. Aktiv II gesamtslavisch die Grundlage für ein Perfekt darstellten – welches sich im nahezu gesamten nordslavischen Raum weiter zu einem Präteritum entwickelte –, sind im Kaschubischen diese Formen auch mit miec ,haben‘ zu einem Prädikatskomplex verwachsen. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wäre die kaschubische Konstruktion äquivalent zum litauischen PossRes mit turėti ,haben‘ (s. 4.1.3); vgl. dazu Belege wie

(170) jô móm zesekłé ,ich habe gesät‘ (zit. aus Breza/Treder 1981:133). Es gibt jedoch drei Unterschiede gegenüber der litauischen Konstruktion. Der geringste besteht darin, dass die kaschubischen l-Partizipien Kongruenz abgebaut haben (analog zum PossRes mit n/t-Partizipien, s.o.). Gewichtiger ist im Vergleich zum Litauischen jedoch der zweite Umstand, dass nämlich die kaschubischen l-Partizipien allem Anschein nach diathese-indifferent sind: sie können entweder auf das höherrangige (agensnahe) oder das nieder-rangige (patiensnahe) Argument eines transitiven Basiverbs fokussieren. Darauf weisen Bele-ge hin wie konie bëłë zaprzęgłé ,die Pferde waren eingespannt‘ (objektorientiert), verglichen mit l-Partizipien, welche äquivalent zu (standard)polnischen n/t-Partizipien als subjekt-orientiert oder bidiathetisch zu klassifizieren wären; vgl. najadłi ,satt gegessen‘ (= poln. najedzony ⇐ najeść się ,sich satt essen‘), oblekłi (= poln. obleczony ⇐ oblec kogoś ,jmd. umhüllen‘ oder oblec się ,sich umhüllen‘) in Breza/Treder (1981:134f.). Ein ähnliches

79 Finale, kausale und die Art und Weise der Handlung konkretisierende Adverbiale (bzw. Gliedsätze) sind mit einer resultativen Interpretation in der Regel inkompatibel (vgl. Schwendimann 2002:212 unter Berufung auf Wiemer 1997:79).

Resultativa

86

Phänomen kann im zentralmährischen (hanakischen) Dialektgebiet beobachtet werden (s. Abschnitt 9.1; Giger 2003:65-67). Die Genese der PossRes-Konstruktion wie in (170-172) muss in diesen slavischen Varietäten aber zum Teil anders als die der äusserlich identisch wirkenden litauischen Konstruktion mit turėti erklärt werden, weil die darin beteiligten Par-tizipien konsequent subjektorientiert sind und nie mit dem Objekt kongruieren.

Der dritte, u.U. nicht minder gravierende Unterschied zu der litauischen Konstruktion mit turėti ,haben‘ besteht darin, dass die kaschubische Konstruktion mit miec gelegentlich auch ereignisbezogen verwendet werden kann. Davon zeugen ein paar wenige Belege mit Sprechaktverben (welche konklusiv sind) und dem Verb przekroczёc ,überschreiten‘ (in übertragener Bedeutung). Diese Belege stammen freilich alle aus nur einem Zeitschriften-Aufsatz (s. Nachweis zu Bsp. 170): (171) Jeden ksądz, mój brateczny drëch, mô rzekłé: „Ceszë sã, że jes të kritikòwóny“. ,Ein Pfarrer, ein lieber Freund von mir, hat gesagt: „Ich freue mich, dass du auch kritisiert wirst“‘.

(172) W swòji radikalëznie mô ju przekrokłé wszaldżi miarë, nawetka przedwòjnową „Zrzesz Kaszëbską“ ,In ihrem Radikalismus hat sie [die Zeitschrift „Òdroda“; BW/MG] jegliches Mass überschritten, sogar die Zeitschrift Zrzesz Kaszëbska aus der Vorkriegszeit‘. Ob die Verwendung dieser l-Formen von einer regulären Erweiterung der lexikalischen Basis dieser PossRes-Konstruktion zeugt, müsste erst noch über systematische Korpusstudien näher erforscht werden.

87

9. Tschechisch 9.1. Diathese-Typen: Überblick Im Tschechischen werden subjekt- und objektorientierte Resultativa mit dem Kopulaverb být ,sein‘ und dem n/t-Partizip gebildet, possessive Resultativa mit dem Verb mít ,haben‘ und dem n/t-Partizip. Von manchen Verben (vor allem intransitiven) wird ein l-Partizip gebildet (meist neben dem n/t-Partizip), welches dann ebenfalls in allen drei Typen von Resultativa Verwendung finden kann und im possessiven Typ Objektkongruenz aufweist (s. Bsp. 175b)80. Es ergibt sich somit folgendes Grundsystem: subjektorientiert (173a) Petr je zamilován / zamilovaný ,Petr ist verliebt‘. (173b) Jana je vyspalá ‚Jana ist ausgeschlafen‘.

objektorientiert (174a) Polévka je uvařena / uvařená ‚Die Suppe ist gekocht‘. (174b) Vejce je rozmáčklé ‚Das Ei ist zerdrückt‘.

possessiv (175a) Polévku mám uvařenou ,Die Suppe ist (für mich) gekocht; Ich habe die Suppe (als) gekocht(e)‘.

(175b) Dveře mám zacvaklé ‚Meine Tür ist eingeschnappt; Die Türe bei mir ist eingeschnappt‘. (wörtl. ,Ich habe die Türe eingeschnappt.‘)

Resultativa werden mit Partizipien pf. Verben gebildet. Zu den wenigen Ausnahmen des Typs Je psánoIPF, Máme vařenoIPF, pečenoIPF, placenoIPF ‚Es ist geschrieben, Wir haben gekocht, gebacken, bezahlt‘ vgl. ČJA (2002/4:586f.) und Karte 3, zu einigen Grenzfällen81 Giger (2003a:88-96). Diese unterscheiden sich semantisch nicht von den Resultativa der entspre-chenden pf. Verben.

Das n/t-Partizip kann dabei stets in der Nominalform (Kurzform) oder Pronominalform (Langform) stehen, das l-Partizip kennt nur die Pronominalform (bzw. seine historischen Pro-nominalformen dienen zur Bildung von Präteritum und Konditional). Das l-Partizip tendiert im Standardtschechischen heute formal zur Einschränkung auf Verben des Typs tisknout, d.i. Verben der 2. Verbalklasse mit Wurzel auf Konsonant (MČ 1986/2: 145, 444f.). Es kann stets nur resultativ verstanden werden, auch wenn es von transitiven Stämmen gebildet wird (s.

80 Zum l-Partizip im Tschechischen vgl. Damborský (1967), zu seiner Verwendung in Resultativa auch Giger (2003a:61-68). Zur Problematik des Begriffs ‘Partizip’ in der bohemistischen Tradition, welche sich nicht mit der russistischen oder slovakistischen deckt, vgl. Giger (2003a:52-54), Nübler (2002). 81 Ähnlich wie in 2.2, Fn. 15 zum Russischen angesprochen, finden sich vereinzelt Konstruktionen mit ipf. Partizip des Typs Už je [vlasy] nemá myté týden ,Sie hat sie [die Haare] schon eine Woche nicht mehr gewaschen‘ (vgl. Giger 2003a:90f.). Daneben treten vereinzelt Konstruktionen mít + ipf. n/t-Partizip mit nicht-resultativischer Bedeutung auf (Práci máme ztěžovanou shora ,Die Arbeit wird uns von oben erschwert’; s. ähnlich 7.4 zum Polnischen). Diese bilden ebenfalls eine Art Rezipientenpassiv, stehen damit jedoch (im Gegensatz zum Polnischen, 7.5) in einer noch näher zu bestimmenden Konkurrenzsituation zum produktiven tschechischen Rezipientenpassiv mit dostávat / dostat ,bekommen‘ + n/t-Partizip des Typs Karel dostal (od národního výboru) přidělenu garsoniéru ,K. hat (vom Nationalausschuss) eine Einzimmerwohnung zugeteilt bekommen‘, Karel dostal (od otce) přikázáno, aby se vrátil včas wörtl. ,K. hat (vom Vater) befohlen bekommen, rechtzeitig zurückzukehren‘. Vgl. dazu Giger (2003b; 2004).

Resultativa

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Bsp. 174b); zu dieser kleinen Anzahl von Fällen vgl. Damborský (1967:74) und Giger (2003a:65)82. 9.2. Resultative vs. ereignisbezogene Verwendung ObRes mit dem n/t-Partizip in der Kurzform (= Nominaldeklination) sind wie im Standard-russischen ambig gegenüber dem ereignisbezogenen Passiv (Vorgangspassiv); Verbindungen být + n/t-Partizip in der Langform (= Pronominaldeklination) können nur resultativ interpre-tiert werden (vgl. Štícha 1980:5): (176a) Před vloupáním byl zámek poškozen ‚Vor dem Einbruch war das Schloss beschädigt‘ / ‚Vor dem Einbruch wurde das Schloss beschädigt‘.

(176b) Před vloupáním byl zámek poškozený ‚Vor dem Einbruch war das Schloss beschädigt‘. Dies gilt auch, wenn das Verb být im Präsens steht, allerdings kann ein pf. ereignisbezogenes Passiv im Präsens nicht aktuell sein, sondern nur z.B. historisch oder habituell: Při každém lékařském vyšetření je pacientovi změřen krevní tlak ‚Bei jeder ärztlichen Untersuchung wird dem Patienten der Blutdruck gemessen‘ (Štícha 1984:105). Vgl. damit die Besprechung der standardrussischen Beispiele (29-30) in 2.3.

Diese differenzierte Verwendung von Kurz- und Langformen gilt für die Standardsprache (‘spisovná čeština’). In nichtstandardsprachlichen Varietäten wie der ‘obecná čeština’ existieren dagegen grundsätzlich nur Langformen83, allerdings treten im Rahmen des für die tschechische Sprachsituation charakteristischen ‘switchings’ zwischen standardsprachlichen und nichtstandardsprachlichen Elementen in der Umgangssprache (‘běžně mluvený jazyk’) auch Kurzformen (im folgenden unterstrichen) auf: (177a) Ten dum byl postavenej loni, když byl vyšetřovanej

‚Dieses Haus ist letztes Jahr erbaut worden, als er in Untersuchungshaft war‘ (wörtl. ,als er untersucht wurde‘) (= ereignisbezogenes Passiv mit der Langform; zit. nach Sgall et al. 1992:142).

(177b) K tomu vyhledávání bude prostě potřebí pochopitelně jenom zadat teda tu posloupnost nebo jak teda se v tom žargonu počítačovým říká ten řetězec znaků kterej má bejt vyhledán ‚Für die Suchfunktion muss man verständlicherweise einfach nur diese Folge oder, wie man im Computerjargon sagt, diese Zeichenkette eingeben, die gesucht werden soll‘ (= ereignisbezogenes Passiv mit der Kurzform; zit. nach Müllerová et al. 1992:173).

82 Breiter als in der Standardsprache und in den weiter westlich bzw. östlich gelegenen Dialekten ist (bzw. war) die Ableitungsbasis des l-Partizips in den zentralmährischen (hanakischen) Dialekten, wo insbesondere im Gegensatz zu den übrigen Varietäten auch objektlose possessive Resultativa mit l-Partizip auftreten können: Už mám dojedlý ,Ich habe fertiggegessen, bin fertig mit dem Essen‘, Mám rožlý ,Ich habe angezündet; Bei mir ist Licht‘ (Damborský 1967:105, 119; Šipková 1993: 48). Im Gegensatz zu den in 8.1 genannten slovinzischen und kaschubischen formal ähnlichen Verbindungen zeigt sich allerdings kein Übergang zu einer ereignisbezogenen (perfektischen) Semantik, diese bleibt stets resultativ. 83 Mit Ausnahme der Verbindung být bit, -a, -i ‚geschlagen werden‘ in den böhmischen Dialekten (vgl. ČJA 4:592f.). Zur neutrischen Kurzform auf -o s. unten.

Tschechisch

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(177c) Vy zase můžete buďto bejt jako vopravdu skálopevně rozhodnutý že teda každej LeibniTZ musí bejt nahraženej LeibniZ ‚Sie können entweder wirklich felsenfest überzeugt sein, dass jeder LeibniTZ durch LeibniZ ersetzt werden soll‘ (= ereignisbezogenes Passiv mit der Langform; zit. nach Müllerová et al. 1992:176).

(177d) sem od toho VElice zapatlána ‚Ich bin davon sehr verschmiert‘ (= bidiathetisches Resultativ mit der Kurzform; zit. nach Müllerová et al. 1992:39). Mit anderen Worten: die Opposition zwischen Kurz- und Langformen verliert allmählich ihre grammatische Funktion und behält nur stilistische Züge. Die einzige Ausnahme bildet die neutrische Kurzform auf -o, welche in subjektlosen Resultativa die fehlende Kongruenz anzeigt, und zwar auch in der ‘obecná čeština’ und (grob gesprochen) den böhmischen Dia-lekten (Je votevřeno / votevříno ‚Es ist geöffnet‘; ČJA 4:584ff. und Karte 3), nicht jedoch in Mähren, wo die neutrale Langform steht (vgl. auch Giger 2003a:79-82).

Das eben Geschilderte gilt umsomehr für die possessiven Resultativa: Die Opposition Kurzform:Langform ist stilistischer Natur, auch wenn die standardsprachliche Kurzform bei anteponiertem Partizip die possessive Resultativkonstruktion vom attributiv verwendeten Partizip differenzieren kann (178b), während die Langform attributiv oder prädikativ inter-pretiert werden kann (178c): (178a) Mám účast zajištěnu / zajištěnou ‚Meine Teilnahme ist gesichert; Ich habe die Teilnahme gesichert‘.

(178b) Měl připraven proslov o tom ‚Seine Rede darüber war vorbereitet; Er hatte die Rede darüber vorbereitet‘ (nur possessives Resultativum).

(178c) Měl připravený proslov o tom ‚Seine Rede darüber war vorbereitet; Er hatte die Rede darüber vorbereitet‘ oder ‚Er hatte eine vorbereitete Rede darüber‘

(possessives Resultativum oder attributiv verwendetes Partizip mit Vollverb mít). Die neutrische Kurzform auf -o tritt in objektlosen Konstruktionen wiederum auch nonstan-dardsprachlich im Westen des Sprachgebietes auf (Mám zaplaceno / zaplacíno ‚Ich habe bezahlt‘)84.

Im Tschechischen besteht keine Ambiguität zwischen Resultativ und Perfekt. Anders ge-sagt, das Tschechische hat kein ereignisbezogenes Perfekt85: Verbindungen von Resultativa

84 Vereinzelt sind Ansätze zum Kongruenzverlust feststellbar, vor allem bei quantifiziertem Subjekt, wobei in der nichtkongruenten Konstruktion ebenfalls die neutrische Kurzform auf -o auftritt: Povo-lení k činnosti zatím získalo 28 fondů, dalších 20 má podáno.N žádost.F (ČNK) ,Eine Betriebs-bewilligung haben bislang 28 Fonds erhalten, weitere 20 haben ein Gesuch eingereicht‘, Mezi Skandi-navským pobřežím a Islandem má NATO instalováno.N řetěz.M naslouchacích zařízení, který pohyby sovětských ponorek v této oblasti monitoruje (ČNK) ,Zwischen der skandinavischen Küste und Island hat die NATO eine Kette von Abhöreinrichtungen installiert, welche die Bewegungen der sowje-tischen U-Boote in dieser Gegend beobachtet‘; vgl. detailliert Giger (2003a:394-407). 85 Knjazevs (1988:366) Überlegungen, dass Hausenblas (1963), alle präsentischen Verbindungen být + perfektives n/t-Partizip deshalb als Resultativa behandle, weil sie sich nicht mit Adverbialien ver-binden, welche den Zeitpunkt des Vorgangs angeben, stimmt in dieser Ausschliesslichkeit nicht (s. unten zu Sätzen wie Tento dům je postavený loni). Dass Hausenblas auch solche Verbindungen als Resultativa anerkennt, welche sich nicht mit Adverbien des Typs immer noch verbinden (Ta útrata je (*stále) zaplacená ,Diese Zeche ist (*immer noch) bezahlt‘; Knjazev ibd.), ist berechtigt, da dies nicht heisst, dass sie sich überhaupt nicht mit Adverbialien der Dauer verbinden (Ta útrata / Ten účet je od

Resultativa

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mit Temporaladverbialien, welche den Zeitpunkt des Vorgangs ausdrücken, sind kaum belegt. Die auftretenden Ausnahmen gehören besonderen semantischen Typen an: Ein Satz Ten dům je postavený vloni ,Dieses Haus ist im letzten Jahr gebaut/erbaut‘ wird von Informanten mehrheitlich akzeptiert und kann verbunden werden mit anderen ähnlichen Fällen in anderen Sprachen (s. 2.2, 2.3 und 5.1), in denen wir von einer charakterisierenden Funktion des Resul-tativs sprechen wollen. Die vorliegenden Konstruktionen scheinen ermöglicht zu werden durch die kommunikative Bedeutung des in Frage stehenden temporalen Adverbiales: Dieses bildet ein bleibendes Kennzeichen des Subjekts (Alter des Gebäudes, evtl. damit verbunden der Stil, Entstehungsjahr, aber auch Verlagsort eines Buches, sein Verfasser); vgl. Ta kniha je tištěna v Berlíně ‚Dieses Buch ist in Berlin gedruckt‘ (MČ 1987/3: 242), Ta kniha je napsaná lékařem ‚Dieses Buch ist von einem Arzt verfasst‘. Vgl. demgegenüber den Ausschluss der Agensangabe in objektorientierten Resultativa in MČ (1987/3: 241): Kniha byla položena někým na stůl ,Das Buch wurde von jemanden auf den Tisch gelegt‘, aber Kniha byla položena/-á (*někým) na stole ,Das Buch war (*von jemandem) auf den [wörtl. ,auf dem‘] Tisch gelegt‘. Ähnlich verhält sich der Satz Von je v červenci narozenej ‚Er ist im Juni geboren‘ (Usus), in welchem der Zeitpunkt der Geburt als bleibende Eigenschaft formuliert ist (gleiches wäre im übrigen mit dem Geburtsort möglich). Man vergleiche auch folgenden Hörbeleg aus einer Brünner Strassenbahn: − Ukaž! Kdy to máš cvaklý? − 8:30 ‚Zeig mal! Wann ist deine Fahrkarte gestempelt? (wörtl. ,Wann hast du das gestempelt?‘) – 8.30‘. Das Interrogativadverb kdy bezieht sich hier nicht auf den Zeitpunkt des Vorganges, sondern auf die auf der Fahrkarte sichtbar aufgedruckte Zeitangabe, aus welcher deren Gültigkeitsdauer hervorgeht.

Zumindest ein Teil der entsprechenden Konstruktionen wird von Verben gebildet, deren Nachzustand insofern „uninteressant“ ist, als er durch die blosse Existenz des Subjektes schon impliziert ist. Nedjalkov/Jachontov (1983:35) sprechen von nonrhematischen Verben: Ein Haus, das nicht gebaut ist, existiert nicht, ebensowenig ein Brief, der nicht geschrieben ist (gut akzeptiert wurde auch ein Satz Ten dopis je včera napsaný ‚Dieser Brief ist gestern geschrieben‘) oder − wenn auch etwas anders zu verstehen − eine Stadt, die nicht gegründet worden ist (Nedjalkov/Jachontov 1983:36 führen dt. Diese Stadt ist im Jahre 1794 gegründet an). Beispiele dieser Art sind also nicht geeignet, die Ambiguität von Resultativ und Vor-gangspassiv zu illustrieren. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass ein Satz mit wirklicher Referenz des Temporaladverbiales auf den Zeitpunkt des Vorganges (Tu knihu mám včera půjčenou ‚Dieses Buch habe ich gestern ausgeliehen‘) von Informanten mehrheitlich akzeptiert wird, ohne dass dieser Typ allerdings in Korpora belegt wäre. Vgl. detailliert Giger (2003a:226-258). 9.3. Subjektorientierte Resultativa SubRes werden im Tschechischen von intransitiven terminativen Verben gebildet, die einen Zustandswechsel ausdrücken86. Es handelt sich dabei einerseits um mutative und trans-formativ-mutative Verben wie zblednout ‚erbleichen‘, zčernat ‚schwarz werden‘, zhloupnout (zblbnout) ‚verdummen‘, zhubnout ‚abmagern‘, andererseits um von transitiven Verben abge-leitete Antikausativa und Autokausativa wie pokazit se ‚verderben‘, učesat se ‚sich kämmen‘, schovat se ‚sich verstecken‘, welche „bidiathetische” Resultativa bilden. Daneben bilden auch diverse Reflexiva tantum Resultativa (zamilovat se ‚sich verlieben‘, rozkročit se ‚die Beine spreizen‘, vyběhat se ‚sich satt laufen‘ usw.). Ähnlich wie im Ukrainischen und Polnischen (s. 6.2, 7.1) sind Resultativa zu (ursprünglichen) reflexiven Wahrnehmungsverben wie zadívat se

pátého ledna zaplacená/-ý ,Diese Zeche/diese Rechnung ist seit dem fünften Januar bezahlt‘). Vgl. dazu Giger (2003a:125f., 245-247). 86 Zu Produktivität und Restriktionen der tschechischen Resultativa vgl. detaillierter Giger (2003a:174-217).

Tschechisch

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,seinen Blick richten, sich (in jmd.) verschauen‘ möglich. Nicht-reflexive Verben sind bei vergleichbaren semantischen Voraussetzungen stärkeren Einschränkungen unterworfen als reflexive. Die von Nedjalkov (1983:187) festgestellten Restriktionen für dt. sterben, fallen, kommen gelten auch für das Tschechische: ?být zemřelý ‚gestorben sein‘, *být spadlý ‚gefallen sein‘, *být přišlý ‚gekommen sein‘. Allgemein gilt, dass semantisch wenig spezielle Verben weniger leicht Resultativa bilden als semantisch speziellere (*být vzniklý ‚entstanden sein‘, aber být chcíplý/pošlý ‚verreckt sein‘ gegenüber ?být zemřelý ‚gestorben sein‘). Kaum akzeptiert werden Resultativa zu Bewegungsverben (z.B. *být doběhlý, odešlý87, vyšlý, uběhlý, slezlý ‚herbeigelaufen, weggegangen, hinausgegangen, entlaufen, hinuntergestiegen sein‘), am ehesten dagegen zu mit roz- präfigierten reflexiven Bewegungsverben, welche Bewegungen ganzer Gruppen auseinander bezeichnen: (179) Vojáci jsou rozprchlí do všech stran

‚Die Soldaten sind in alle Richtungen zerstreut‘ (wörtl. ,auseinandergelaufen‘). 9.4. Objektorientierte Resultativa ObRes werden von transitiven terminativen Verben gebildet, wobei der Bereich der Resul-tativa bildenden Verben im Tschechischen vor allem bei den Momentanverben (Semelfaktiva) weit ist (vgl. Giger 2003a:196). So werden etwa folgende Sätze akzeptiert: (180a) Jan je bodnutý ‚Jan ist gestochen‘. (180b) Jan je píchnutý ‘dito‘. (180c) Jan je udeřený ‚Jan ist geschlagen‘. (180d) Jan je štípnutý ‚J. ist gekniffen’. (180e) Jan je pokousaný ‚J. ist gebissen‘. Akzeptiert (und belegt) sind auch Resultativa von zabít ,töten‘ (Pan Dostál je zabitý ‚Herr Dostál ist getötet‘)88. Resultativa bilden auch transitive Bewegungsverben: (181) Zavazadla jsou dovezená, zavezená, přivezená

‚Das Gepäck ist hingebracht, weggebracht, hergebracht‘ (Štícha 1980:11f.). Keine Resultativa bilden Delimitativa wie poležet (si) ‚etwas liegen‘, postát ‚etwas stehen‘, posedět (si) eine Weile sitzen‘, poběhat (si) ‚etwas laufen‘, pokouřit (si) ‚ein wenig rauchen‘ usw. Bei manchen prinzipiell bidiathetischen Resultativa wie být přivyknutý ‚gewöhnt sein‘ steht eher die objektresultative Interpretation im Vordergrund (Fremdverursachung).

9.5. Possessive Resultativa PossRes werden im Tschechischen gebildet mithilfe des HABERE-Verbs mít, und zwar (erwartungsgemäss) ganz überwiegend von transitiven terminativen Verben. Sie gehören zum von Nedjalkov/Jachontov (1983:18f.) „sekundär“ („vtoričnyj“) genannten Typ, bei dem aus-gehend vom Zustand des Objekts (d.i. vom ObRes, allenfalls vom SubRes) dieser für einen Träger (Possessor) als relevant empfunden wird (vgl. die Illustration des sekundären PossRes 87 Bei den mit od- und u- präfigierten Verben bestehen allerdings dialektale Unterschiede: Grob ge-sprochen in Nordostböhmen sowie in Mähren und Schlesien sind SubRes des Typs je odešlý/odejitý ‚Er ist weggegangen‘ gängig (ČJA 4:581f.; Giger 2003a:181). Vgl. dazu Karte 1. Von jít derivierte Verben bilden im Westen des Sprachgebietes und im Standardtschechischen generell weder Passiv noch Resultativa, weil sie kein n/t-Partizip bilden (vgl. Berger 1991:71). 88 Zur entsprechenden Restriktion im Polnischen vgl. Weiss (1977: 170).

Resultativa

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durch slovakische Beispiele bei Nedjalkov/Jachontov ibd.). Eine der grössten semantischen Gruppen sind die PossRes, welche Zustände von Körperteilen und Kleidern des Subjekts ausdrücken (inalienable Teil-Ganzes-Beziehung; s. 7.4-7.5 zum Polnischen): (182) Pan Beyer měl vlasy rozdělené nad čelem

‚Herr B. trug [wörtl. hatte] die Haare über der Stirne gescheitelt‘ (B. Němcová).

(183) Klobouky měli naraženy hluboko do čela ,Die Hüte trugen [wörtl. hatten] sie tief in die Stirne gedrückt‘ (K. Poláček).

Weiter treten häufig Verben auf,

(i) welche das Hervorbringen oder Zerstören (Schädigen, Bewahren) eines Gegenstandes ausdrücken, z.B.:

nachystat ‚bereitstellen‘ naplánovat ‚planen‘ napsat ‚schreiben‘ poškodit ‚beschädigen‘ připravit ‚vorbereiten‘ rozbít ‚zerschlagen‘ složit ‚zusammenstellen, komponieren‘ spočítat ‚abzählen‘ udělat ‚machen‘ vymyslet ‚ausdenken‘ zachovat ‚erhalten‘ zařídit ‚einrichten‘;

(ii) Verben, welche das Plazieren eines Gegenstandes oder Menschen ausdrücken, u.a.: položit ‚hinlegen‘ rozložit ‚auslegen‘ sbalit ‚zusammenpacken‘ schovat ‚verstecken‘ umístit ‚unterbringen‘;

(iii) Verben, welche verschiedene soziale Akte ausdrücken, z.B.: koupit ‚kaufen‘ našetřit ‚sparen‘ prodat ‚verkaufen‘89 pronajmout ‚vermieten‘ půjčit ‚ausleihen‘ vrátit ‚zurückgeben‘ vyhrát ‚gewinnen‘ zaplatit ‚bezahlen‘;

(iv) Verben, welche verschiedene kommunikative Akte ausdrücken, u.a.: domluvit ‚abmachen‘ dovolit ‚erlauben‘ nahlásit ‚melden‘ nařídit ‚auferlegen‘ objednat ‚bestellen‘ ověřit ‚beglaubigen‘ potvrdit ‚bestätigen‘ slíbit ‚versprechen‘90;

89 Nicht jedoch podarovat ,schenken‘ (s. 7.4 zum Polnischen).

Tschechisch

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(v) Verben, welche sich auf Wahrnehmung und andere mentale Tätigkeiten beziehen, wobei jedoch die eigentlichen primären Wahrnehmungsverben ausgeschlossen sind, u.a.:

nacvičit ‚einüben‘ nalézt ‚finden‘ naučit ‚lernen‘ promyslet ‚durchdenken‘ prostudovat ‚gründlich studieren‘ přečíst ‚durchlesen‘ zaznamenat ‚bemerken‘ zjistit ‚feststellen‘;

(vi) Verben, welche sich auf Beginn oder Beendigung der Handlung beziehen, einschliess-lich entsprechender Aktionsartverben, z.B.:

dočíst ‚fertiglesen‘ dokončit ‚beenden‘ dokouřit ‚fertigrauchen‘ dopít ‚fertigtrinken‘ doprat ‚fertigwaschen‘ doprivatizovat ‚zu Ende privatisieren‘ dopsat ‚fertigschreiben‘ dostavět ‚fertigbauen‘ dostudovat ‚bis zum Ende studieren‘ odfajfkovat ‚abhaken‘ odpracovat ‚abarbeiten‘ odsloužit ‚(eine bestimmte Zeit hindurch bis zum Ende) dienen‘ odzpívat ‚(eine gewisse Menge Lieder bis zum Ende) singen‘ vyčerpat ‚erschöpfen‘ vyspat se ‚ausschlafen‘ vystudovat ‚das Studium abschliessen‘;

(vii) Transportverben: hodit ‚werfen‘ poslat ‚schicken‘ překročit ‚überschreiten‘ převést ‚überführen‘;

(viii) spezifische Aktionsartverben auf na- und roz-, z.B.: najezdit (se) ‚viel fahren‘ nakoupit ‚viel einkaufen‘ napracovat ‚viel arbeiten‘ naspat ,viel schlafen‘ rozečíst ‚zu lesen beginnen, aber noch nicht fertiglesen‘ rozjet ‚in Fahrt bringen‘ rozepsat ‚zu schreiben beginnen, aber noch nicht fertigschreiben‘.

Bei Verben der letzten Gruppe handelt es sich oft um Okkasionalismen. Abgesehen von Verben mit durativem oder stativem Default des Typs jíst ‚essen‘, zpívat ‚singen‘ oder vědět ‚wissen‘ und von den primären Wahrnehmungsverben bilden auch andere Verben (oder ge-wisse Bedeutungen) keine PossRes: dokázat (‚etwas Schwieriges fertigbringen‘), napadnout (někoho) ‚jemanden anfallen‘, nechat (něco) ‚etwas lassen‘, pochopit ‚begreifen‘, pomyslet

90 Ebenso wie im Polnischen (s. 7.4), aber ohne die dortige Einschränkung für die Agensangabe: Už ho [auto] mám slíbený od kolika kluků ,Ich habe es [ein Auto] schon von so vielen Jungs versprochen (bekommen)‘ (vgl. Giger 2003a:253).

Resultativa

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(něco/na něco) ‚etwas bedenken‘, představit ‚vorstellen‘, přesvědčit ‚überzeugen‘, uvěřit ‚glauben‘ u.a. 9.6. Diachrone Hintergründe Aus diachroner Sicht ist festzuhalten, dass das ereignisbezogene Passiv, bestehend aus dem Verb býti und dem ipf. und pf. n/t-Partizip, von Anbeginn der zusammenhängenden Über-lieferung des Tschechischen auftritt. Die frühere Aussage Havráneks (1937:103), n/t-Parti-zipien hätten im Tschechischen vor dem 16. Jh. kaum Vorgangsbedeutung gehabt, ist so nicht haltbar. Vielmehr ist es so, dass die Konstruktion bestehend aus dem Verb býti im Präsens und dem ipf. n/t-Partizip (Typ jest súzen) im Alttschechischen eine Handlung in der Gegenwart (jest súzen ,er wird verurteilt‘; zentrale Funktion) oder in der Vergangenheit (jest súzen ,er ist verurteilt worden‘; eher periphere Funktion) bezeichnen konnte. Das entsprach im Grunde einem regelrechten Passiv. Daneben konnte diese Konstruktion auch einen Zustand in der Gegenwart bezeichnen, also resultative Bedeutung haben (jest súzen ,er ist verurteilt‘), dies jedoch keineswegs generell, sondern semantisch und lexikalisch beschränkt (Štícha 1987:388f.). In Verbindung mit dem Verbum býti in einem nicht-präsentischen Tempus (Typ byl / bude súzen ,er wurde/war verurteilt, wird verurteilt (werden)‘) konnte das ipf. n/t-Partizip eine (unvollendete oder vollendete) Handlung oder einen resultativen Zustand ausdrücken. Das pf. n/t-Partizip schliesslich konnte − wie heute − eine Handlung oder einen resultativen Zustand ausdrücken (Štícha 1987:389).

Die vorliegenden Ambiguitäten wurden im Verlaufe der tschechischen Sprachgeschichte derart neu geordnet, dass die Ambiguität Passiv vs. Resultativ im pf. Aspekt bestehen blieb (s. 9.2)91, während sie im ipf. Aspekt (durch die weitestgehende Beseitigung der ipf. Resultativa) verschwand. Insbesondere verschwand auch die temporale Ambiguität der Partizipial-konstruktion mit präsentischen Formen von býti, in dem sie im ipf. Aspekt die Bedeutung eines präsentischen Passivs erwarb und im pf. Aspekt weitestgehend auf den Ausdruck des Resultativs beschränkt wurde (vgl. damit Polnisch in 7.2). Gemäss Kopečný (1968) ist diese präsentische Vorgangsbedeutung von Verbindungen des Typs jsem volán, jsem souzen erst-mals bei Rosa, d.i. in der 2. Hälfte des 17. Jh., explizit belegt. Havránek (1937:126) führt jedoch Belege für die Vergangenheitsbedeutung noch aus dem 19. Jh. an, so eine Übersetzung aus dem Französischen von J. Jungmann: od nich všemožnou péčí chován jsem; dáni mi rozliční učitelé ,von ihnen bin ich mit aller möglichen Sorge erzogen (worden); verschiedene Lehrer wurden mir gegeben‘ (im Original on m’éléva, on me donna; heute in dieser Bedeu-tung nur noch byl jsem chován und byli mi dáni učitelé mit präteritalem Auxiliar).

Diese westslavische Entwicklung hebt sich – wie in 2.3 angesprochen – vom Ostslavischen und Baltischen, aber auch vom Südslavischen ab und kann in einen Zusammenhang gestellt werden mit anderen areal bedingten Besonderheiten des Westslavischen im Bereich der Pas-sivbildung: besonderes Auxiliar im ereignisbezogenen Passiv im Polnischen und dialektalen Sorbischen (s. 7.2 zum Polnischen und 11.2 zum Sorbischen), besonderes Auxiliar im Rezipientenpassiv (kalkiert nach dt. bekommen oder materiell entlehnt aus dt. kriegen) im Sorbischen, Tschechischen und Slovakischen (s. Fn. 81).

PossRes sind im Tschechischen ebenfalls praktisch seit Beginn der Überlieferung belegt:

91 Unter Einschränkung natürlich der kodifizierten Verwendung von Lang- und Kurzformen des Partizips.

Tschechisch

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(184) Czoz na nych wiecze zadate, nezli ulozene gmate, proti bohu to czynyte a sswu dussy tiem winyte ,Was ihr von ihnen mehr verlangt, als ihr auferlegt habt, das tut ihr gegen Gott und ladet Schuld auf euere Seele damit‘ (Rukopis hradecký; Beginn der 2. Hälfte des 14. Jh.).

(185) (...) svědky, jenž sú proti mně svědčili, jež mám všecky sepsány i s jejich svědectvími ,(...) die Zeugen, welche gegen mich ausgesagt haben, die ich alle aufgeschrieben habe mitsamt ihren Zeugenaussagen‘ (Jan Hus, 1414).

Ihre Zahl ist allerdings offensichtlich in den ersten Jahrhunderten eher bescheiden (vgl. Giger 2003a:416-422). Als „sehr häufig“ bezeichnet die possessiven Resultativa Kučera (1980:69) in der Sprache von J.A. Komenský (Comenius), d.i. im 17. Jh. Wie im Polnischen, so ist auch hier vor allem bemerkenswert, dass die wichtigsten formalen, syntaktischen und semantischen Typen seit vielen Jahrhunderten existieren, ohne dass ein Übergang zum Perfekt stattgefunden hätte.

Auf eine fortschreitende Grammatikalisierung der PossRes deutet also die Zunahme der Frequenz im Text hin (die Expansion im Lexikon kann aufgrund der bislang bescheidenen Belegzahl für das Alt- und Mitteltschechische nicht ausreichend belegt und deshalb nur ange-nommen werden), weiter die syntaktische Reanalyse (die allerdings weitgehend bereits vor der durch Texte belegten Zeit vor sich gegangen sein muss) und der in (bescheidenen) An-sätzen vorliegende Kongruenzverlust (s. Fn. 84), kaum jedoch die Semantik der Konstruktion als solcher (sie bleibt resultativ, nicht-ereignisbezogen), die Obligatorität der Konstruktion (sie bleibt marginal) und die Wortfolge (sie bleibt „frei“). Vgl. dazu detailliert Giger (2003a: 369-416). Diese Feststellungen gelten mutatis mutandis auch für das Slovakische und das Sorbische.

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10. Slovakisch 10.1. Diathese-Typen: Überblick Das Slovakische bildet dieselben Typen von Resultativa wie das Tschechische, d.i. subjekt- und objektorientierte Resultativa mit dem Kopulaverb byť und dem n/t-Partizip, possessive Resultativa mit dem Verb mať und dem n/t-Partizip (vgl. MSJ 1966:560-562). Im Gegensatz zum Tschechischen kennt das Slovakische kein l-Partizip (Damborský 1967:80-84, 139; Sokolová 1993:50) und keine Kurzformen der Partizipien92. Die grundlegenden Bildungs-typen sehen aus wie folgt: subjektorientiert (186a) Peter je zamilovaný ‚P. ist verliebt‘. (186b) Jana je vyspatá ‚J. ist ausgeschlafen‘.

objektorientiert (187a) Polievka je uvarená ,Die Suppe ist gekocht‘. (187b) Vajce je rozprsknuté ‚Das Ei ist verspritzt‘.

possessiv (188a) Polievku mám uvarenú ‚Die Suppe ist (für mich) gekocht; Ich habe die Suppe (als) gekocht(e)‘.

(188b) Dvere mám zacvaknuté ,Meine Türe ist eingeschnappt; Die Türe bei mir ist eingeschnappt‘. 10.2. Resultative vs. ereignisbezogene Verwendung Zwischen dem ereignisbezogenen Passiv und vom ipf. Verb abgeleiteten relationalen Adjek-tiven resp. dem mit dem pf. Partizip gebildeten ObRes besteht durchgehend Ambiguität: (189a) Tehly sú pálené

‚Die Ziegel werden gebrannt‘ (Vorgangspassiv) oder ‚Die Ziegel sind gebrannt‘ (relationales Adjektiv) (vgl. Isačenko 1960:370).

92 Die neutrische Kurzform auf -no/to (im weiteren unterstrichen) findet sich bei Czambel (1902:97) noch in der Paradigmatik des slovakischen n/t-Partizips, allerdings ohne Beispiel. Lifanov (2005:54f.) führt jedoch einige zeitgenössische Belege an: In sprachlich ostslovakischen Texten aus den USA tritt eine ähnliche subjektlose no/to-Konstruktion mit Akkusativobjekt auf, wie sie in 6.4 bzw. 7.3 für das Ukrainische resp. Polnische beschrieben ist: Mordercu.AKK vynešeno.N na gilotinu, ponevac sam ne bul v šiľe, privjazano.N ho.AKK ku gilotiňe ,Der Mörder wurde auf die Guillotine gehoben, da er selbst nicht bei Kräften war, wurde er an die Guillotine gebunden‘. Daneben tritt die Kurzform in diesen Texten aber auch mit dem Kopulaverb auf: Hinshaw dostal pred daskeľa dňami list od „bielych čapkoch“, v ktorym mu bolo vyhrožovano, že ho ušmerca, ... ,H. bekam vor einigen Tagen einen Brief von den „weissen Mützen“, in dem ihm gedroht wurde [wörtl. war], er werde getötet‘. Die neutrische Kurzform findet sich indessen auch in Texten westslovakischer Provenienz: Ačkoľvek duchovným potrebám katolických Čechov, Moravanov a Slovákov vo Viedni nenie v dostatočnej miere vyhoveno: predsa je to potešetiľné čítať ... ,Obwohl den geistigen Bedürfnissen der katholischen Böhmen, Mährer und Slovaken in Wien nicht in genügender Weise entsprochen ist/wird, so ist es doch erfreulich zu lesen ...‘. Die Konstruktionen, in welchen die Kurzform auftritt, sind stets subjektlos, es sei denn, das Subjekt ist quantifiziert: Z „Tomáša Kempenského“ vytlačeno teprv desať hárkov ,Von „Tomáš Kempenský“ sind erst zehn Bogen gedruckt‘. Neben Fällen mit klar ereignisbezogener Bedeutung treten solche auf, welche resultativ interpretiert werden können. Die genaueren Umstände sowie auch die Herkunft dieser Konstruktion(en) im Slovakischen an der Wende des 19./20. Jh. wären indessen noch zu klären.

Resultativa

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(189b) Keď tam prišiel, bola už zavraždená ‚Als er dorthin kam, war sie bereits ermordet‘ (ObRes).

(189c) Bola zavraždená okolo polnoci ‚Sie wurde um Mitternacht ermordet‘ (Vorgangspassiv) (vgl. Sokolová 1993:49). Desambiguierung kann auf dieselbe Art erfolgen wie in anderen Sprachen mit einer derartigen Ambiguität, d.i. über Temporaladverbialien, welche den Zeitpunkt des Vorgangs bzw. die Dauer des Nachzustandes angeben, dynamische bzw. statische Lokaladverbialien und andere Umstände des Vorgangs sowie Agensangaben93: (190a) Pacient bol opatrne uložený na nosidlá ‚Der Patient wurde vorsichtig auf die Bahre gelegt‘ (ereignisbezogenes Passiv).

(190b) Pacient bol uložený na nosidlách ‚Der Patient war auf eine Bahre [wörtl. auf einer Bahre] gelegt / lag auf einer Bahre‘ (Resultativ) (vgl. Sokolová 1993:49). Noch stärker eingeschränkt als im Tschechischen sind Resultativa von ipf. Verben: Zwar existiert slk. byť písanéIPF ,geschrieben sein‘ analog zu tsch. být psánoIPF (V článku nie je písané, ze všetky neoriginálne veci su nanič ,Im Artikel steht [wörtl. ist] nicht geschrieben, dass alle nichtoriginellen Sachen zu nichts nütze sind‘; Usus Internet), nicht möglich sind in-dessen *Mám (už) varenéIPF, pečenéIPF, platenéIPF ,Ich habe gekocht, gebacken, bezahlt‘ (Gaj-dula 1976:261), stattdessen sind nur Mám navarenéPF, upečenéPF, zaplatenéPF ‘dito’ möglich. Dies entspricht der im ČJA (4:586f.) beschriebenen Beschränkung der entsprechenden tsche-chischen ipf. Resultativa im wesentlichen auf die böhmischen Dialekte mit Ausnahme der nordostböhmischen. Das Partizip kongruiert in den SubRes und ObRes mit dem Subjekt, in den PossRes mit dem Objekt94.

Das Slovakische bildet im wesentlichen dieselben semantischen Typen von Resultativa wie das Tschechische95. Da das l-Partizip fehlt, wird das n/t-Partizip in breitem Umfang auch von intransitiven Verben gebildet, vgl. slk. zvädnutý vs. tschech. zvadlý ,verwelkt‘, slk. zomretý vs. tschech. zemřelý ,gestorben‘, slk. rozkvitnutý vs. tschech. rozkvetlý ,erblüht‘ usw. Ver-breitet und auch standardsprachlich zugelassen sind die im Tschechischen mährisch-regional konnotierten Konstruktionen des Typs Je odídený ‚Er ist weggegangen‘, Je odcestovaný ‚Er ist verreist‘, Sú rozídení ‚Sie sind getrennt‘ (Havránek 1937:82; Krupa 1960:54; Sokolová 1993:50). Resultativa wie Okno je otvorené ‚Das Fenster ist geöffnet‘, Dieťa je učesané ‚Das Kind ist gekämmt‘ können bidiathetisch interpretiert werden.

Auch im Slovakischen sind nach dem Urteil muttersprachlicher Informanten Sätze wie Dom je postavený vlani ‚Das Haus ist letztes Jahr erbaut‘, Tento dom je postavený v roku 1992 ‚Dieses Haus ist 1992 erbaut‘ möglich. Zur angeblichen Ungrammatikalität des ersten Satzes vgl. Knjazev (1988:366); s. auch die relevanten Kommentare in 2.2, 2.3 und 9.2. 93 Knjazev (1989:184-186) weist, unter Berufung auf Pauliny (1977), darauf hin, dass aus puristischen Gründen das analytische Passiv in der Standardnorm zurückgedrängt worden sei (vgl. auch MSJ 1966: 553, 555; Sokolová 1993:43f., 71). 94 Der von Krupa (1960:54) als umgangssprachlich beschriebene Kongruenzverlust des Typs Idete na hokej? Nie, ja už mám dohovorené.N televíziu.F ‚Gehen Sie ans Eishockeyspiel? Nein, ich habe bereits Fernsehen verabredet‘ tritt nicht in grösserem Masse auf, ja wird von Informanten bestritten und höchstens als Okkasionalismus (Versprecher) akzeptiert, verdiente aber sicherlich noch eine nähere Untersuchung, wozu allerdings umfangreiche slovakische Korpora spontan gesprochener Sprache zur Verfügung stehen müssten. 95 Die Diskussion von Krupa (1960) und Ďurovič (1980) über possessive Resultativa mit „adjek-tiviertem“ Partizip und solchen mit „Perfektfunktion“ kann hier nicht aufgerollt werden. Sie beruht unserer Ansicht nach auf der Differenz zwischen reversibeln und irreversibeln Nachzuständen; vgl. Giger (1997).

Slovakisch

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Historische Daten zum Slovakischen liegen uns nur sehr beschränkt vor. Ereignis-bezogenes Passiv und ObRes lassen sich in älteren Texten aus der Slovakei relativ häufig finden; wie in den tschechischen und polnischen Texten lässt sich die temporale Ambiguität der präsentischen Copula beobachten (die folgenden Belege stammen alle aus Archivmaterial aus Trnava; vgl. Giger-Sitárová 2004): (191a) Na tom dosti pa[n] Thomek nemagicze, tu na tey swobodney czestie Zydu statek od

nieho wzal gest, mecz, klobuk a ruczniczy (...) na tom dosti pan Thomek negmiel, wzal posla panie Czoborowe[ho] za wrch sylu y moczy wzal gey do domu pana ffoytowe[ho] y tu gest Zid nebo posel do wiezeny dan skrze rucze pana Thomkowy a tu geho wezyli (...). (1534) ,Daran hatte Herr T. nicht genug, hier auf der freien Strasse nahm er dem Juden das Gut weg, Schwert, Hut und Gewehr (...), daran hatte Herr T. nicht genug, er nahm den Boten von Herrn C. am Kragen und nahm in mit Gewalt in das Haus des Herrn Vogt, und hier wurde (wörtl. ,ist‘) der Jude oder Bote ins Gefängnis gegeben durch die Hand von Herrn T., und hier hielten sie ihn gefangen.‘

(191b) Inter[r]ogat[io]: Ye-ly od Arway Pala tyelestne posskwrnena a maly-ly s/nim tyelesny skutek? Zdaliss nebola guss y pretim pre/takowe zle skutky trestana? (1711) ,Befragung: Ist sie von A.P. körperlich befleckt (worden) und hatte sie mit ihm körperlichen Verkehr? Ist sie nicht schon vorher für solche bösen Taten bestraft worden?‘

Während in (191a) das präsentische Copulaverb inmitten einer narrativen Reihe von Präteri-talformen auftritt, ist im fast 200 Jahre jüngeren (191b) das Nebeneinander von präsentischem Copulaverb in der ersten und präteritalem in der zweiten Frage auffällig; resultative und ereignisbezogene Interpretation sind in der ersten Frage von (191b) nicht zu trennen. Nur sehr vereinzelt finden sich possessive Resultativa: (192a) Pocsul swedek od tich gazdow, ktery lichwu maly zagatu w/Opay, ze gich sczely

Opayany na to prinuczit (...) (1751) ,Hat der Zeuge von diesen Bauern gehört, deren Vieh in O. gefangen war, dass sie Opayer dazu nötigen wollten (...)?‘ (wörtl. ,die Vieh in O. gefangen hatten‘).

(192b) Ad 4-[tu]m. Pocžula od ucžna, že se žalowal, že stul ma wigednany z panem, a precze z dyiwku gidat mussy (1769) ,Zum Vierten: Sie hat vom Lehrling gehört, dass er sich beklagte, er habe den Tisch mit dem Herrn ausgehandelt und müsse doch mit der Magd essen‘.

(192c) (...) a/tak/ych ponyzene, preboha, prosim, nech mna tu dluho nedrza, nebo nogim(!) ditkam i mne budu krky podrezane, proto_ze/sem ga/s/prace ruku/zywy, a/tak mam wčžyl zemlete: 130 mecy zboza draheho, a/tak to mam do/Pressporka westy (...) (1795) ,(...) und so bitte ich Sie, um Gottes Willen, untertänigst, man möge mich hier nicht lange festhalten, denn meinen Kindchen und mir werden die Kehlen durchgeschnitten, denn ich lebe von der Arbeit meiner Hände, und so habe ich jetzt gemahlen: 130 Säcke teures Getreide, und so soll ich das nach Pressburg führen (...)‘.

In (192a) entspricht das Subjekt der HABERE-Konstruktion mit Sicherheit nicht dem Agens des Vorganges (vielmehr drückt mať hier den eigentlichen Besitzer des Viehs aus), in (192b) könnte dies zwar theoretisch der Fall sein (aus dem Kontext geht indessen hervor, dass die Mutter des Lehrlings den entsprechenden Vertrag abgeschlossen hatte), in (192c) schliesslich liegt eine objektlose Konstruktion vor; das Verhältnis Subjekt – Agens bleibt unklar.

Resultativa

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Angesichts der Parallelität der meisten Bildungstypen von Resultativa im modernen Slovakischen gegenüber dem Tschechischen stellt sich hier die Frage, ob es sich um eine (fast) einheitliche Entwicklung im ganzen tschechisch-slovakischen Dialektkontinuum han-delt oder ob mit (u.U. rezentem) Einfluss des Tschechischen auf das Slovakische gerechnet werden muss. Diesen kann man auch im Falle des slovakischen Rezipientenpassivs vermuten (vgl. dazu Giger 2004).

101

11. Ober- und Niedersorbisch

11.1. Diathese-Typen: Überblick Auch das Ober- und Niedersorbische bilden Resultativa mit den Auxiliaren os. być, ns. byś (subjekt- und objektorientierte Resultativa) resp. os. měć, ns. měś (possessive Resultativa) und dem n/t-Partizip96: Obersorbisch (193a) Hdyž domoj přičampach, bě moja stara hižo stanjena ‚Als ich nach Hause getrottet kam, war meine Alte schon aufgestanden‘.

(193b) Njejsy dha hišće wuspany ‚Du bist wohl noch nicht ausgeschlafen‘. (194a) Do wobalki wučbnicy běštaj zešiwkaj zalěpjenej ‚In den Umschlag des Lehrbuchs waren zwei Hefte eingeklebt‘.

(194b) Worćizna je zapłaćena ‚Die Zeche ist bezahlt‘. (195a) Mam polo zworane ‚Mein Feld ist gepflügt, Ich habe das Feld (als) gepflügt(es)‘.

(195b) Hósć ma hižo zapłaćene ‚Der Gast hat schon bezahlt‘ (zit. nach Faßke/Michalk 1981:228-237). Niedersorbisch (196) Ruka jo wopuchnjona ‚Die Hand ist geschwollen‘.

(197) Wobjed jo dypkownje zwarjony był ‚Das Mittagessen ist pünktlich gekocht gewesen‘.

(198) Mam polo zworane ‚Mein Feld ist gepflügt, Ich habe das Feld (als) gepflügt(es)‘ (zit. nach Janaš 1984:312-316, 360).

11.2. Abgrenzung gegenüber dem Passiv In den sorbischen Dialekten wird das ereignisbezogene Passiv (Vorgangspassiv) durchgehend mit dem aus dem deutschen werden entlehnten Auxiliar os. wordować, ns. wordowaś 96 Ein l-Partizip existiert in den sorbischen Dialekten nicht, tritt allerdings in geschriebenen obersorbischen Texten manchmal auf, da das n/t-Partizip intransitiver Verben in der Schulgrammatik als falsch bezeichnet (vgl. Wowčerk 21954:137) und deshalb von manchen Autoren gemieden wird (Faßke/Michalk 1981:233; Jenč 1998:155). Die angeführten Beispiele weisen tschechische Parallelen auf: os. padły – tsch. padlý, os. wurostły – tsch. vyrostlý, os. zapadły – tsch. zapadlý. Daneben werden jedoch in breitem Umfang n/t-Partizipien intransitiver Verben gebildet, womit sich das Sorbische diesbezüglich ähnlich gebärdet wie das Slovakische (vgl. 10.2): wjadnyć – wjadnjeny ,verwelken‘, padnyć – padnjeny ,fallen‘, mjerznyć – mjerznjeny ,frieren‘ usw. (vgl. Faßke/Michalk 1981:317). Die n/t-Formen von Verben wie chodźeć ,gehen‘, spać ,schlafen‘ oder rejować ,tanzen‘ betrachten Faßke/Michalk (1981:318f.) nicht als Partizipien, da sie nicht attributiv, sondern nur im kongruenz-losen Neutrum im sog. impersonalen Passiv des Typs bu rejowane ,es wurde getanzt‘, bu spane ,es wurde geschlafen‘ auftreten können (vgl. analog dazu die entsprechenden deutschen Formen ge-schlafen, getanzt).

Resultativa

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(hordowaś, ordowaś) ausgedrückt, wobei in der obersorbischen Umgangssprache schon seit geraumer Zeit eigentlich nur die „Variante“ hodwać existiert (vgl. Breu 2000:38)97: (199) Chěže wordowachu natwarjene

‚Die Häuser wurden gebaut‘ (synthetisches Präteritum passiv).

(200a) Chěže su natwarjene wordowali ‚Die Häuser sind gebaut worden‘ (Perfekt passiv).

(200b) Te chěže su natwarene hodwali (os. Umgangssprache) ‚Die Häuser sind gebaut worden / wurden gebaut‘

(analytisches Präteritum passiv).

(201) Chěže su natwarjene ‚Die Häuser sind gebaut‘ (Präsens, Resultativum) (zit. nach Lötzsch 1968:340).

Vgl. vs. umgangssprachliches Passiv Präsens mit hodwać und ipf. Partizip: Te chěže hodweja twareneIPF ,Die Häuser werden gebaut‘.

Hier ist ein Kommentar zum Aufbau des obersorbischen Systems der Aspekt-Tempus-Formen am Platz. Das synthetische, auf den historischen slavischen Grammemen Imperfekt und Aorist beruhende Präteritum ist in der heutigen obersorbischen Umgangssprache weitest-gehend geschwunden und durch das ehemalige Perfekt ersetzt (vgl. 200b), das so – wie in den übrigen nordslavischen Sprachen – praktisch zu einem allgemeinen, analytisch gebildeten Präteritum geworden ist. Dies gilt im übrigen auch für sämtliche niedersorbische Dialekte. Der SSA (11:100-103) beschreibt für die zweite Hälfte des 20. Jh. einen Zustand, in dem die Gemeinden Ralbitz-Rosenthal/Ralbicy-Róžant und Crostwitz/Chrósćicy – auf welche sich der Termin ‘obersorbische Umgangssprache’ bezieht – teilweise zu den Gebieten mit Ersetzung des synthetischen Präteritums durch das Perfekt in durchschnittlich 95% der Relevanz-positionen gehört (s. dortige Punkte 108 und 109), teilweise zu denjenigen mit einer Er-setzung von durchschnittlich 67% (Punkte 126 und 127; vgl. SSA 11: 100-103). In noch weiter südöstlich gelegenen Dialekten (die allerdings unterdessen weitgehend ihre Sprecher-basis verloren haben) lag die durchschnittliche Ersetzung des synthetischen Präteritums durch das Perfekt unter 50% (vgl. auch Werner 1996:131). In diesen Dialekten war die Opposition zwischen (synthetischem) Präteritum und Perfekt passiv relevant, wie sie in (199) und (200a) auftritt.

Das aus dt. werden entlehnte Auxiliar ist im Sorbischen praktisch seit Beginn der Überlie-ferung belegt (vgl. Hinze 1968:321; Schuster-Šewc 1968), wurde in der ober- und niedersor-bischen Schriftsprache (Standardsprache) jedoch später aus puristischen Gründen aus der kodifizierten Norm ausgeschlossen98. Die beiden Schriftsprachen sind deshalb gekenn-

97 Für ihre Auskünfte zur obersorbischen Umgangssprache danken wir Lenka Šołćic. Allgemein zur obersorbischen Umgangssprache (‘serbska wobchadna rěč’) vgl. Breu (2000:51-54). 98 Im Obersorbischen konsequent und interessanterweise schon sehr früh: Hinze (1968:323f.) und Michałk (1972:85ff.) weisen darauf hin, dass zwar die aus dem Jahre 1679 stammende Grammatik von Ticin das wordować-Passiv noch ohne Kommentar aufführt, dass jedoch bereits Matthaei 1721 den Ausdruck des Passivs nach dem Modell des Deutschen ablehnt, was sich in den frühen obersorbischen Bibelübersetzungen niederschlägt. Bereits er empfiehlt być als Kopulaverb im ereignisbezogenen Passiv oder dann reflexive Bildungen. Im Niedersorbischen war diese Ersetzung nie dermassen strikt (vgl. Janaš 1984:313f.; Werner 1996:31), und insbesondere in den letzten Jahren hat die Frequenz von wordowaś in geschriebenen niedersorbischen Texten wieder zugenommen (vgl. – hier allerdings nicht in Verbindung mit dem Passiv – wordowaś spomnjeśa godne ‚bemerkenswert werden‘, (...) gaž wordujo z basnje „Mamje k dnju žeńskich” bźeze dalšych pśeměnjenjow „Mamje“ ,(...) wenn aus dem Gedicht ‘Mama zum Tag der Frau’ ohne weitere Veränderungen ‘Für Mama’ wird‘; „Rozhlad“ 47, 1997, 177f.). Ansätze zu einem präsentischen ereignisbezogenen Passiv mit den Futurformen des ESSE-Verbs wie im Slovinzischen (vgl. 8.1), die im Sorbischen des 16. und 17. Jh. nachweisbar sind,

Sorbisch

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zeichnet durch die Resultate der Konfrontation des dialektalen (dem Deutschen entsprechen-den) Systems mit einem System ohne spezifisches Auxiliar für das aktionale Passiv, wie es das Tschechische kennt. Das ereignisbezogene Passiv kann im Präteritum durch spezielle For-men des Auxiliars os. być, ns. byś ausgedrückt werden (buch, bu, bu etc.; vgl. Faßke/Michalk 1981:211-214 und Janaš 1984:313), die auf einstigen Aoristformen beruhen (vgl. Werner 1996:31), während die auf dem einstigen Imperfekt beruhenden regulären Formen desselben Auxiliars (běch, bě/běše, bě/běše etc.) das ObRes ausdrücken: Obersorbisch (202a) Jabłuko bu zjědźene

Apfel.NOM.SG.N COP.PRT.3.SG essen.PPP.NOM.SG.N ‚Der Apfel wurde gegessen‘.

(202b) Jabłuko běše99 zjědźene Apfel.NOM.SG.N COP.PRT.3.SG essen.PPP.NOM.SG.N ‚Der Apfel war gegessen‘.

Die Formen mit dem Stamm bu- sind innerhalb der Schriftsprache eher für die Publizistik als für die Belletristik charakteristisch (Knjazev 1989a:188). In der obersorbischen Umgangs-sprache entsprechen ihm wiederum die Formen des Präteritums (< Perfekts) von hodwać: (202a)' Te jabuko jo zjědźene hodwało

DEFART Apfel.NOM.SG.N COP.PRS.3.SG essen.PPP.NOM.SG.N werden.PRT.3.SG.N ‚Der Apfel ist gegessen worden / wurde gegessen‘.

Zum „impersonalen“ Passiv vgl. Fn. 96. Daneben kann das ereignisbezogene Passiv durch reflexive Formen ausgedrückt werden (bzw. ist – in der Terminologie von Faßke/Michalk 1981:212f. – durch das Präteritum, Perfekt oder Plusquamperfekt des direkten Intransitivs substituierbar): Obersorbisch (203) W cyłej delnjoserbskej literaturje, kotraž

a. analytisches Passiv bu pod tutym aspektom přehladana COP.PRT.3.SG unter DEMPRON.INSTR.SG.M Aspekt.INSTR.SG durchsehen.PPP.SG.F

b. „reflexives“ Passiv je so přehladała COP.3.SG RM durchsehen.PERF.SG.F

žadyn přikład njeje

‚In der ganzen niedersorbischen Literatur, welche unter diesem Aspekt durchgesehen wurde, ist kein Beispiel‘.

Diese Reflexivform tritt auch in allen anderen Tempora (wo die spezifischen Passivformen nicht stehen können) in passiver Funktion auf. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie sich – im Gegensatz zu den Reflexivformen aller anderen westslavischen Sprachen – mit Agens-angaben verbindet:

konnten sich letztlich nicht durchsetzen (Hinze 1966:491; 1968:325-328), wobei sich gemäss Hinze das wordować-Passiv im Niedersorbischen früher gegen diese Bildungen durchsetzte als im Ober-sorbischen. 99 Umgangssprachlich eher bě.

Resultativa

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Obersorbisch (204) W měsacu měrcu wobhladaja so wot komisijow wšě šule a šulske twarjenja

‚Im Monat März werden alle Schulen und Schulgebäude von Kommissionen besichtigt‘ (zit. nach Faßke/Michalk 1981:207).

Niedersorbisch (205) Wuknik se wot direktora chwali

‚Der Schüler wird vom Direktor gelobt‘ (zit. nach Janaš 1984:314). Darüber hinaus können auch die grundsätzlich resultativen Verbindungen być + n/t-Partizip manchmal ereignisbezogene (u.a. prozessuale, s. Bsp. 206) Bedeutung haben, und zwar obli-gatorisch im Infinitiv (hier kann die reflexive Form nicht auftreten); vgl. etwa: (206) Dźensa žony nochcedźa na rukomaj nošene być

‚Heute wollen die Frauen nicht auf Händen getragen werden‘.

(207) Nochceš sedźo wostajena być ‚Du willst nicht sitzengelassen werden‘ (zit. nach Faßke/Michalk 1981:235).

Fakultativ (d.i. in Konkurrenz mit der reflexiven Form) ist dies der Fall

(i) im Futur, vgl. etwa: (208) Zo bychmy před cyłym swětom złóstnistwo sóldnarjow w Africe wotkryli, budźe zapadoněmski sóldnar w zjawnym procesu wotsudźeny

‚Um vor der ganzen Welt das Verbrechertum der Söldner in Afrika aufzudecken, wird der westdeutsche Söldner in einem öffentlichen Prozess abgeurteilt werden‘

(zit. nach Faßke/Michalk ibd.); (ii) im Konjunktiv sowie – selten – im Präteritum, so etwa: (209) Zmylki njeběchu zwěsćene ani wot kontrolnych organow ani wot pućowaceje zjawnosće ‚Fehler wurden weder von den Kontrollorganen noch von der reisenden Öffentlichkeit festgestellt‘

(zit. nach Faßke/Michalk ibd.). In Präsens und Perfekt tritt dagegen gemäss Faßke/Michalk (ibd.) die Verbindung być + n/t-Partizip nie in ereignisbezogener Bedeutung auf100 (vgl. auch Ermakova 1973:222f.). 11.3. Grammatisch und lexikalisch bedingte Restriktionen Gemäss Faßke/Michalk können SubRes und ObRes („Zustandsformen“) ohne erkennbare Be-schränkungen auch von ipf. Verben gebildet werden (1981:232), während PossRes („Voll-zugsformen“) nur selten von ipf. Verben gebildet werden (1981:229). Betrachtet man 100 Dies im Gegensatz zu den Angaben bei Janaš (1984:313) zum Niedersorbischen, wo es ohne Einschränkungen heisst: „Das merkmallose Zustandspassiv steht auch in Kontexten, wo es in der Bedeutung des Vorgangspassivs gebraucht wird: Ja som wiźona ‚Ich bin [! – BW/MG]/werde gese-hen‘, Ten buźo wuzamknjony ‚Der wird ausgeschlossen sein/werden‘. In der normativen obersor-bischen Grammatik von Wowčerk (1954:140) werden die regulären Präteritalformen von być in Ver-bindung mit dem n/t-Partizip als Imperfekt bezeichnet, also durchaus als ereignisbezogene Form (běch jara wažena ‚Ich wurde sehr geehrt‘, běchmy prošeni ‚Wir wurden gebeten‘), die Formen buch, bu, bu etc. dagegen als Aorist (buch wuswobodźeny ,Ich wurde befreit‘).

Sorbisch

105

allerdings die Belege für Verbindungen des Verbs być mit dem ipf. n/t-Partizip, so gewinnt man den Eindruck, dass diese spezifischen Gruppen angehören, welche auch im Tsche-chischen auftreten; vgl.: (210) Tole je pisaneIPF cyle we zmysle Michała Nawki

,Dies ist ganz im Sinne von M. N. geschrieben‘101.

(211) Zapłaty běchu wjetše hač płat, z kotrehož běchu cholowy šiteIPF ‚Die Flicken waren grösser als der Stoff, aus dem die Hose genäht war‘.

(212) (...) zamk, kiž běše (...) hakle před krótkim wolijowanyIPF ‚Das Schloss, welches erst kürzlich geölt war‘.

(213) Radwor njeje na sedmich hórkach twarjenyIPF kaž Rom ‚Radibor ist nicht auf sieben Hügeln gebaut wie Rom‘.

Vgl. dazu nicht-rhematische Verben mit Hinweisen zu Art und Umständen der Herstellung von Produkten wie in tsch. Snad by vděk přišlo milostslečně ukrojit si kousek chleba, je včera pečenyIPF ,Vielleicht möchte das gnädige Fräulein sich ein Stück Brot abschneiden, es ist gestern gebacken‘, StavěnaIPF je [chaloupka] pouze z měkkých vepřovic ,Gebaut ist sie [die Hütte] nur aus weichen ungebrannten Ziegeln‘, Stavba je nedávno opravovanáIPF ,Der Bau ist kürzlich renoviert‘ (vgl. Giger 2003a:94-96). Weiter noch Obersorbisch (214) Poslednjej referataj běštej prašenjam syntaksy wěnowanejIPF

(Standard) (214)' Poslednjej referataj su prašenjam syntaksy wěnowanejIPF bóli

(Umgangssprache) ‚Die letzten zwei Referate waren Fragen der Syntax gewidmet‘.

(215) Žadyn žiwy čłowjek njeje był nuzowanyIPF sebje Lipu zdźeržeć ‚Kein lebendiger Mensch war/wurde gezwungen, sich die ‘Lipa’ zu halten‘.

Die beiden letzten Beispiele weisen keine notwendig resultative Bedeutung auf; sie erlauben eine aktivische ipf. Paraphrase (so wěnowali ,widmeten sich‘, žadneho čłowjeka njejsmy nuzowali ,wir haben keinen Menschen gezwungen‘). Die im Tschechischen in der Stan-dardsprache und in Böhmen auftretenden echten ipf. Resultativa des Typs Je/Mám vařeno, pečeno, placeno ,Es ist/Ich habe gekocht, gbacken, bezahlt‘ werden auch von obersorbischen Informanten akzeptiert: Je/Mam warjene, pječene, płaćene ‘dito’.

Hinsichtlich Produktivität und Restriktionen scheinen die sorbischen Sprachen eher etwas hinter dem Tschechischen zu liegen, soweit sich dies aus dem vorliegenden Material fest-stellen lässt. ObRes von Momentanverben des Typs ?Něchtó je storčeny / storkany dyrjeny ‚Jemand ist gestossen, geschlagen‘ rufen mehr Skepsis hervor als die tschechischen Analoga; ein dem Tschechischen být domluven entsprechendes *być dojednany, wučinjeny ‚verabredet sein‘ wird abgelehnt, ebenso ein dem slk. Sú rozídení entsprechendes *Staj rozeńdźenaj ‚Sie sind getrennt‘, *Wšitcy su rozjědźeni ‚Alle sind in verschiedene Richtungen weggefahren‘ oder ein dem tsch. být vysmrkaný und dem slk. byť vysiakaný entsprechendes *być wusmorknjeny ‚geschneuzt sein‘. Möglich sind ObRes zu transitiven Bewegungsverben; vgl.: (216) Něšto je přiwjezene, wotnjesene ‚Etwas ist hergebracht, weggebracht‘. (217) Něchtó je wotwjedźeny ‚Jemand ist weggeführt‘.

101 Vgl. damit den Archaismus tsch. být psáno, slk. byť písané.

Resultativa

106

Die Frequenz der PossRes liegt im Sorbischen auch in den Dialekten und der obersorbischen Umgangssprache tief (Breu 2000:70). Die resultative Semantik ist eindeutig, und es kann keinerlei Entwicklung zu einem ereignisbezogenen Perfekt ausgemacht werden, wie sie für das Slovinzische charakteristisch war (s. 8.1); auch die Kongruenz zwischen Objekt und Partizip bleibt im Gegensatz zum Slovinzischen erhalten (vgl. Lötzsch 1967). Möglich sind auch die aufgrund ihrer Diatheseverhältnisse für eine solche Entwicklung blockierten Typen (218) Jan ma wot dźěda sněhaki k hodam slubjene

,J. hat vom Grossvater zu Weihnachten Skis versprochen (bekommen)‘.

(219) Něchtó ma něšto přikazane ‚Jemand hat etwas auferlegt (bekommen)‘. Allerdings führen Faßke/Michalk (1981:228f.) PossRes von intransitiven Verben an, die im Tschechischen und Slovakischen kein Analogon finden; vgl. (220) Je rjekł, zo bórze zaso přińdźe, tak chětře hač změje tu kěžor pobyte

‚Er hat gesagt, dass er rasch wiederkommen werde, so rasch, wie der Kaiser sich hier aufgehalten haben werde‘.

sowie Mam pochodźene, Mam pojězdźene von den Aktionsartverben pochodźić ,etwas gehen‘ und pojězdźić ,etwas fahren‘. Allerdings werden diese von Muttersprachlern als ungewöhnlich und keineswegs geläufig bezeichnet.

Historische Daten zu den sorbischen PossRes liegen uns nicht vor.

107

12. Zusammenschau der Fakten, einige Folgerungen, Hypothesen und offene Fragen

Kommen wir zu einer Zusammenfassung der Fakten. Konsequent wurden die folgenden Arten von Resultativ-Konstruktionen unterschieden:

1) Objektorientierte Resultativa (ObRes), gebildet aus n/t-Partizipien (slavisch) bzw. t-Partizipien (baltisch) transitiver Basisverben unter Veränderung der Diatheseorien-tierung der letzteren, indem das Kongruenz auslösende Subjekt einer solchen Resul-tativ-Konstruktion dem Objekt der aktivischen (finit-transitiven) Verwendung des Basisverbs entspricht (Typ standardruss. Stul pokrašen ,Der Stuhl ist bemalt, gestri-chen‘ ⇐ pokrasit’ ,bemalen, streichen‘). Dieser Resultativtyp ist der mit Abstand ver-breitetste im gesamten hier betrachteten Areal. Dies entspricht der allgemein-typo-logischen Situation, und dieser Diathesetyp scheint den Ausgangspunkt für jegliche weitere Arten von Resultativ-Konstruktionen darzustellen (vgl. die Daten und implika-tiven Hierarchien in TRK 1983; TRC 1988).

2) Subjektorientierte Resultativa (SubRes), deren häufigster morphologischer Typ sich in den slavischen Varietäten formal nicht von demjenigen der ObRes unterscheidet: auch er wird von n/t-Partizipien mit einer ESSE-Kopula gebildet, allerdings nur von intran-sitiven Verben (primären ohne einen Reflexivmarker oder sekundären, d.i. solchen mit einem Reflexivmarker), in wenigen Fällen auch von transitiven Verben in absolutiver (objektloser) Verwendung (vgl. dialektal und umgangssprachlich russ. On vypivši ,Er ist betrunken‘, wörtl. ,ausgetrunken-habend‘). Die areale und diastratische Verbreitung rein subjektorientierter Resultativa variiert in der nordslavischen Sprachlandschaft zum Teil erheblich. Das Standardrussische weist dabei die grössten Beschränkungen auf: es bildet SubRes mit n/t-Partizipien so gut wie gar nicht von primär intransitiven Verben und fast nur von solchen Verben mit dem Postfix -sja (= formaler Reflexivmarker), welche transitive (kausative) Pendants aufweisen. Dadurch kommt es (bei kontextfreier Verwendung) zu einer systematischen derivativen Ambiguität zwischen ObRes und SubRes und einem Resultativtyp, den wir in dieser Arbeit – in Anlehnung an den Ausdruck ‘dvudiateznye rezul’tativy’ in TRK (1983) – als „bidia-thetisch“ bezeichnet haben. Vgl. standardruss. Stul.NOM.SG.M sloman.NOM.SG.M ,Der Stuhl ist zerbrochen, kaputt‘ ⇐ tr. slomat’ (stul.AKK) ,zerbrechen, kaputt machen‘ oder sekundär intr. slomat’sja ,zerbrechen, kaputt gehen‘. Zu Ausnahmen von dieser Regel s. Abschnitt 2.1.

Schon das Ukrainische, Polnische und Slovakische (Standardsprachen) weisen eine breitere Vertretung resultativer n/t-Partizipien von RM-Verben auf, welche keine kau-sativen Pendants kennen, so dass diese Partizipien nur als SubRes qualifiziert werden können (vgl. ukr. zadychanyj ,aus der Puste geraten sein‘ ⇐ zadychatysja ,aus der Puste geraten‘, poln. uśmiechnięty ,lächelnd‘ ⇐ uśmiechnąć się ,lächeln‘, slk. Sú rozídení ,Sie sind getrennt‘ ⇐ rozísť sa ,sich trennen‘). Dasselbe gilt für subjekt-orientierte n/t-Partizipien primär-intransitiver Verben (vgl. etwa slk. odcestovaný ,abgereist‘ ⇐ odcestovať ,abreisen‘, poln. obrośnięty ⇐ obrosnąć ,vollwachsen, um-/bewachsen werden (mit)‘). Ansonsten bilden auch hier (und in anderen slavischen Sprachen) prinzipiell dieselben anti- und autokausativen RM-Verben mit ihren kau-sativen Pendants die Grundlage für bidiathetische resultative n/t-Partizipien (vgl. z.B. poln. Filiżanka.NOM.SG.F jest rozbita.NOM.SG.F ,Die Tasse ist zerbrochen’ ⇐ tr. rozbić (filiżankę.AKK) ,(Tasse) zerbrechen’ oder sek. intr. rozbić się ,kaputt gehen‘ (analog zu russ. Stul sloman oben).

Im Baltischen dagegen werden SubRes von ObRes auch formal immer strikt unter-schieden, indem zur Bildung ersterer nur Part. Prät. Aktiv verwendet werden (s. 4.1.1, 4.2). Solcherart gebildete SubRes sind im Litauischen und Lettischen produktiv und unterliegen keinen nennenswerten Einschränkungen selbst bei transitiven (zwei- und

Resultativa

108

dreistelligen) Basisverben. Sie stellen von daher auch die Grundlage für die in diesen Sprachen auf Type- und Token-Ebene häufigeren primären PossRes dar (s.u.).

SubRes werden in einigen ost- und westslavischen Sprachen (bzw. Varietäten) auch mithilfe von l-Partizipien (Part. Prät. Aktiv II) der pronominalen Deklination gebildet (zur arealen Verteilung s.u.). Diese stehen zumindest in bestimmten Varietäten des Tschechischen teilweise in Konkurrenz mit n/t-Partizipien, welche entsprechende l-Partizipien zu verdrängen scheinen. Im Hanakischen sind (ebenso wie im Kaschu-bischen) l-Partizipien vereinzelt auch in objektorientierten Konstruktionen möglich, u.a. in einer Abart des PossRes (s.u.).

3) Bei den PossRes wäre nach morphosyntaktischen Kriterien zu unterscheiden zwischen drei Typen (mit Untertypen, s. 1.5):

(i) den primären, gebildet von Partizipien transitiver Verben unter Wahrung der Objekt-Rektion mit einer ESSE-Kopula (Typ lit. Ji.NOM.SG.F yra užsimovusi. NOM.SG.F kepurę.AKK ,Sie hat sich eine Mütze aufgesetzt‘, wörtl. ,... ist sich-eine-Mütze-aufgesetzt-habend‘ ⇐ užsimauti ,sich etwas aufsetzen‘); vgl. Spalte 7 in Tab. 3. Durch den Beibehalt der Diathese-Orientierung gegenüber den derivieren-den Verben stellt sich der Zusammenhang dieser PossRes mit den SubRes als enger dar wie mit den ObRes. Primäre PossRes sind selten, und sie kommen auch praktisch nur im nordöstlichen Bereich des hier betrachteten Areals vor, primär im Litauischen und Lettischen, aber auch in den an das baltische oder ostseefinnische Sprachgebiet angrenzenden (bzw. auf dessen Substrat entstandenen) weissrussi-schen und NW-russischen Mundarten. Ihre Seltenheit in den ostslavischen Varie-täten lässt sich einerseits durch spezifische lexikalische Restriktionen erklären: bereits das Basisverb muss possessiv sein oder eine Zugehörigkeits-Beziehung (in der Regel Teil-Ganzes-Relation) aufweisen. Andererseits wird in diesen Mund-arten (wie auch sonst im Nordslavischen) der Reflexivmarker generell nicht zur Bildung von reflexiv-benefaktiven Verben (welche ja transitiv bleiben) herange-zogen; vgl. dagegen das gerade angeführte litauische Beispiel.

(ii) den sekundären, gebildet durch n/t-Partizipien, ESSE-Kopula und der Bezeich-nung für einen externen Possessor. Dabei tritt eine Veränderung von einer subjekt- zu einer objektorientierten Konstruktion ein. Hierhin gehören der Typ mit einer adessiven PP wie in russ. (umgangssprachlich) U nee čemodan.NOM.SG.M so-bran.NOM.SG.M ,Sie hat den Koffer gepackt‘, wörtl. ,Bei ihr ist der Koffer gepackt‘ ⇐ sobrat’ ,sammeln, zusammenstellen, -packen‘) und der Typ mit einem dativi-schen externen Possessors wie in lett. Viņam.DAT jau viss.NOM.SG.M bija iz-teikts.NOM.SG.M ,Er hatte schon alles gesagt‘; vgl. Spalte 8 in Tab. 3. Als diachronen Ausgangstyp darf man dabei die Fälle ansehen, in denen das nomina-tivische Subjekt der Konstruktion einen (alienablen oder inalienablen) Teil des Referenten angibt, welcher durch die PP u+GEN bezeichnet wird, vgl. z.B. U vsech rubaški.NOM.PL byli. PRT.PL rasstёgnuty.NOM.PL wörtl. ,Bei allen waren die Hemden aufgeknöpft‘ = ,Alle hatten die Hemden aufgeknöpft‘ ⇐ rasstegnut’ ,auf-knöpfen‘). Für den lettischen Typ gilt Analoges. In beiden Fällen tendiert der oblique markierte externe Possessor zu einer Uminterpretation als Agens-Angabe.

(iii) den sekundären, bestehend aus einem anterioren (präteritalen, perfektischen) Parti-zip und einem HABERE-Verb, wobei das Partizip mit dem Objekt dieses Verbs kongruiert (Typ poln. Mam.PRS.1.SG bilety.AKK.PL zapłacone.AKK.PL ,Ich habe die Fahrkarten bezahlt‘). Mit zwei Ausnahmen sind im baltisch-slavischen Gebiet (wie auch anderswo) solche PossRes nur mit einem objektorientierten Anterior-Partizip anzutreffen, d.i. mit dem Typ des slav. n/t-Partizips; vgl. Spalte 9 aus Tab. 3. Solche Konstruktionen sind vor allem in den westslavischen Umgangssprachen

Zusammenschau und Folgerungen

109

und Mundarten mehr oder minder weit verbreitet. Sie existieren aller Evidenz nach seit einer Zeit, in welcher jeweils die schriftliche Überlieferung einsetzte. Eine Entwicklung zu einem ereignisbezogenen Perfekt ist in den bis heute gespro-chenen westslavischen Sprachvarietäten so gut wie nicht zu verzeichnen, wohl aber lag sie in den inzwischen untergegangenen elb- und ostseeslavischen Spra-chen (Polabisch, Slovinzisch, Pomeranisch) vor; die Daten und Arbeiten zum heutigen Kaschubischen erlauben in dieser Hinsicht allerdings kein klares Urteil. Ob sich das umgangssprachliche bzw. dialektale Polnische, Slovakische, Tsche-chische und Sorbische in ihrer „Resistenz“ gegenüber einer Entwicklung zum Perfekt hin als über Jahrhunderte hinweg archaisch erweisen, oder ob es in der Zwischenzeit Tendenzen zu einer Entwicklung gegeben hat, welche im Zuge des zunehmenden Einflusses der Standardsprachen wieder zurückgegangen sind, stellt bislang eine offene Frage dar.

Im Vergleich zum Westslavischen ist auffällig, dass man im Litauischen – anders als im Lettischen – ein sehr frequentes HABERE-Verb verwendet (turėti), dieses aber so gut wie nie in einer Konstruktion mit einem anterioren Passiv-Partizip einsetzt. Dagegen ist in der Umgangssprache eine Konstruktion dieses Verbs mit dem anterioren und transitiven Aktiv-Partizip gängig, welches seine Objekt-Rektion beibehält und zugleich mit dem Subjekt des Satzes kongruiert (Typ Turime.1.PL.PRS susivedę.NOM.PL.M visus duomenis.AKK.PL.M ,Wir haben alle Daten zusammen(geführt)‘); vgl. Spalte 10 in Tab. 3. Wie die westslavischen HABERE-Konstruktionen ist diese Konstruktion klar auf die resultative Funktion eingeschränkt und zeigt keine Ansätze zu einer Entwicklung auf ein ereignis-bezogenes Perfekt hin. Eine ähnliche Erscheinung ist nur noch im Kaschubischen und dem hanakischen Dialektgebiet (Zentralmähren) festzustellen, und zwar mit den ganz überwiegend (jedoch nicht ausschliesslich) subjektorientierten l-Partizi-pien; vgl. Spalte 11 aus Tab. 3. Die Genese der westslavischen Konstruktion dürfte anders zu erklären sein als im Litauischen, da die l-Partizipien dieser slavischen Varietäten letztlich beide Arten von Diatheseausrichtung (objekt- oder subjekt-orientiert) aufweisen können und gelegentlich auch mit dem Objekt des HABE-RE-Verbs kongruieren; letzteres ist im Tschechischen sogar konsequent der Fall, wenn ein Objekt vorhanden ist (s. Abschnitte 8-9). Die Part. Prät. Aktiv des Litauischen (auf -ęs/usi) dagegen sind stabil subjektorientiert und weisen nie Objektkongruenz auf (s. 4.1.3).

Die tabellarische Zusammenstellung dieser durch die Daten begründeten Typen befindet sich im Anschluss zu diesem Abschnitt (Tabelle 3). 12.1. Diathesetypen, morphologische Variation und Rückschlüsse auf diachrone Entwicklungen Wie aus dieser Tabelle zu ersehen ist, nimmt über alle Sprachen (Varietäten) des hier be-handelten Areals die Variation der morphologischen Zusammensetzung von Resultativa in der Reihenfolge ObRes < SubRes < PossRes zu, dagegen die Expansion der jeweiligen Partizipien in bezug auf das Inventar der derivierenden Verbstämme, d.i. der Umfang des lexikalischen Inputs, eher ab. Für die PossRes wäre diese Beobachtung noch einmal in dem Masse zu differenzieren, wie sie sich von SubRes oder ObRes ableiten (s. 12.4). Abgesehen davon aber lässt sich diese Feststellung anders auch so formulieren: ObRes bilden einerseits der Form nach den homogensten Diathesetyp, andererseits erfassen sie den potenziellen lexikalischen Input ihres Diathesetyps am konsequentesten; dagegen gibt es zum Teil erhebliche Beschränkungen schon bei der Bildung von SubRes, sei es durch n/t-Partizipien,

Resultativa

110

sei es durch alternative Formen102. Diese Beobachtung steht in umgekehrter Korrelation mit der von Nedjalkov/Jachontov (1983) aufgestellten implikativen Hierarchie, wonach das Vorhandensein von PossRes die Existenz von SubRes voraussetzt und diese wiederum das Vorliegen von ObRes (s. 1.5). Dass beide Anordnungen negativ miteinander korrelieren, dürfte kaum ein Zufall sein.

Ein Teil der Erklärung könnte darin liegen, dass ObRes, wenn sie den Ausgangspunkt für die Entstehung von Resultativ-Konstruktionen generell (sowie für ein analytisches Passiv) bildeten, auch „am meisten Zeit hatten“, sich im Inventar der Verbstämme auszuweiten. Die stärkeren Einschränkungen bei der Verwendung von n/t-Partizipien im Bereich der SubRes (gebildet von intransitiven Stämmen mit oder ohne RM) wären dann entweder als eine Folge einer nur sehr unvollständigen Expansion in den Bestand intransitiver Verbstämme zu werten, oder sie sind umgekehrt eher als Anzeichen eines Rückgangs einer solchen Expansion zu sehen, die vor allem dann eintreten konnte, als n/t-Partizipien sich hinsichtlich ihrer Diathese-Orientierung stabilisierten. Dieser etwas spekulative Erklärungsansatz macht natürlich nur dann Sinn, wenn man die Stabilisierung der Diathese-Orientierung in eine chronologische Relation zur Expansion der n/t-Partizipien im Verblexikon bringen kann. Dies ist aber ange-sichts der Tatsache, dass diese Stabilisierung grösstenteils in einer Zeit vor der historischen Dokumentation abgelaufen sein muss, mit grossen Schwierigkeiten verbunden.

Jedenfalls wies schon Brugmann (1895:119) darauf hin, dass in den dokumentierten Stadien alt-ide. Sprachen t-Partizipien sich in ihrer klaren Mehrheit bereits objektorientiert verhielten. Dies stützt die Annahme, dass die slavischen und baltischen Partizipien mit diesem Suffix in den empirisch an Texten nachprüfbaren Perioden (und nur um diese geht es hier), auf die Bildung objektorientierter Konstruktionen bereits deutlich eingeschränkt waren (vgl. auch die Ausführungen in Wiemer 2004:286-293). Freilich liefert diese mehr oder minder sichere Annahme in keinem Fall eine Antwort auf die Frage, ob n/t-Bildungen von intran-sitiven Verben für Relikte aus einer Zeit v o r dem Rückgang einer einstigen Expansion zu halten oder vielmehr als e r n e u t e Ansätze einer Expansion jüngerer Zeit zu werten sind. Von primär-intransitiven Verben sind n/t-Partizipien im grossen und ganzen nur spärlich belegt103; anders ist das gerade in denjenigen westslavischen Sprachen, in denen zwar viele Verben ein SubRes bilden, es jedoch kein l-Partizip (Part. Prät. II) mehr gibt, d.i. im Slova-kischen und Sorbischen.

Bei Ableitungen aus RM-Verben (d.i. sekundär-intransitiven Stämmen) tritt häufig „deri-vationale Ambiguität“ auf, so dass bidiathetische Resultativa entstehen. Im Standardrussi-schen ist dies systematisch der Fall (s. 2.1), in den anderen hier betrachteten Slavinen dagegen gibt es durchaus auch n/t-Partizipien von RM-Verben, die keine Pendants ohne RM aufweisen (s. vor allem 6.2, 7.1, 9.3).

Nun verdeutlicht einerseits die konsequente Expansion der n/t-Partizipien zur Markierung von SubRes (auf Kosten von -(v)ši-Formen) im nördlichen Teil der in Abschnitt 3 bespro-chenen russischen Mundarten am eindeutigsten eine solche jüngere Entwicklung (s. Ende von 3.1). Andererseits scheint es bei den kaschubischen l-Formen in possessiven Resultativ-Kon-struktionen mit miec ,haben‘ (s. 8.2) am plausibelsten, von dem Reflex einer archaischen (d.i. nicht-stabilisierten) Diathese-Orientierung auszugehen. Innovativ ist eher nur die Einfügung dieser Formen in den Skopus eines HABERE-Verbs. Beides, die instabile Diathese-Orien-tierung und die Anfügung an miec, dürfte durch den Kontakt mit dem Deutschen (genauer: mit dessen System der zusammengesetzten Tempora) gestützt worden sein, wie er ähnlich auch in den bereits ausgestorbenen elb- und ostseeslavischen Sprachen erkennbar ist (s. 8.1). 102 Diesbezüglich heben sich nur die beiden baltischen Sprachen wegen ihrer komplementären Vertei-lung der Partizipien auf ObRes vs. SubRes (s. 4.1.1, 4.2) deutlich vom Rest der Sprachen (Varietäten) ab. 103 Diese sind als lexikalisierte Einheiten anzusehen, so etwa russ. umgangssprachliches obaldennyj ,verrückt, zum verrückt werden‘ (⇐ obaldet’ ,verrückt werden, durchdrehen‘); vgl. Havránek 1937: 79ff.). Weitere Ausführungen dazu finden sich in Wiemer (im Druck1: 2.1.2).

Zusammenschau und Folgerungen

111

Die Ermittlung chronologischer Schichten bei den Funktionen resultativer Partizipien und ihre Verzahnung mit der Verbindung mit einem HABERE-Verb verdient zweifellos noch eine gründliche Aufarbeitung.

Auch bei der Beurteilung der Frage, in welcher chronologischen Relation die konver-gierende Entwicklung resultativer n/t- und l-Partizipien („Dublettenbildung“) in den westslavischen Sprachen stehe, infolge derer jeweils einer der beiden Formentypen tenden-ziell verdrängt werde (gegenwärtig sind die l-Partizipien klar im Rückzug), reicht ein einfa-cher Verweis auf Ergebnisse wie etwa die von Damborský (1967) nicht. Dieser urteilte, dass sich die l-Formen vom Bereich der SubRes auf denjenigen der ObRes (und der PossRes mit tsch. mít ,haben‘) sowie umgekehrt die n/t-Formen vom Bereich der ObRes auf denjenigen der SubRes (und wiederum auch der PossRes) ausgedehnt hätten. Doch ist wenig über das ursprüngliche (vorhistorische) chronologische Verhältnis der n/t- und der l-Partizipien und ihres Diathese-Verhaltens bekannt, und es dürfte vermutlich auch nicht mehr klar genug zu ermitteln sein. 12.2. Zur arealen Verbreitung aktivischer Partizipien

(*ües-Formen und ihre „Rivalen“) Die enge Verbindung zwischen SubRes und primären PossRes (bzw. die Bedingtheit letzterer durch erstere) kommt nicht zuletzt dadurch zum Vorschein, dass nur in den beiden baltischen Sprachen sowie in den von ihnen offensichtlich stark beeinflussten weissrussischen Mund-arten primäre PossRes in Gebrauch sind (vgl. Tab. 3, Spalten 5 und 7). Nur in den baltischen Sprachen dienen Part. Prät. Aktiv (< *ües) zur Bildung einer regulären und frequenten Perfektreihe, die sich mit anderen Kategorien des Verbs (Tempus, Modus) nahezu unein-geschränkt kombinieren lässt. Dagegen sind die etymologisch mit ihnen verwandten slavi-schen Äquivalente fast im gesamten slavischen Sprachgebiet seit langem aus der satzprädi-kativen Funktion verdrängt worden. Mit einer wichtigen Ausnahme (s.u.) tauchen in den slavischen Sprachen Fortführungen der *ües-Formen nur in schriftlichen Standardvarietäten auf, zudem lediglich als sog. Adverbialpartizipien (Gerundien u.ä.), die nur appositiv verwen-det werden können, oder auch als Attribute oder Appositionen innerhalb von bzw. bei Nominalphrasen104. Letzteres ist allerdings wiederum nur im Standardrussischen der Fall, wobei es sich bei diesen Formen auf -(v)šij um eine Wiederbelegung kirchenslavischer Muster handelt, die auf einen der sog. südslavischen Einflüsse zurückgeht105.

Während also fast im gesamten slavischen Sprachgebiet SubRes, welche mithilfe von Part. Prät. Aktiv (< *ües) hätten gebildet werden können, durch n/t- oder l-Partizipien verdrängt worden sind oder sich gar nicht erst ausgebildet haben, hebt sich auf diesem arealen und diachronen Hintergrund das baltisch-ostslavische Grenzgebiet dadurch ab, dass Nachfolge-formen der *ües-Partizipien sich als Resultativ- oder Perfekt-Formen gehalten oder gar ihre Position gestärkt haben. Letztlich unklar ist freilich auch in diesem Fall, ob in den bewussten weissrussischen Mundarten (s. 5.2) die Verwendung dieser Partizipien als eine relativ junge „Wiedereinführung“ durch baltischen Sprachkontakt zu erklären ist oder ob dieser Kontakt eine seit vielen Jahrhunderten stützende und damit diese Formen als SubRes und PossRes konservierende Wirkung ausgeübt hat. Die enge Verbindung mit dem Gebiet um Pskov und Novgorod macht die letztere Annahme durchaus plausibel. Zu ihrer Erhärtung müssten

104 Näheres dazu in Wiemer (im Druck1:2.2.1). Per se hat die Entstehung der Adverbialpartizipien, als einer syntaktischen Sonderklasse von Partizipien bzw. Konverben, nichts mit Resultativa zu tun; s. dazu auch die diachronen Bemerkungen am Schluss von Abschnitt 3. 105 Analoges gilt für entsprechende Einzelfälle in der standardtschechischen Schriftnorm (‘spisovná čeština’) oder dem kodifizierten Ukrainischen oder Weissrussischen. Alle diese Formen gehen auf russische bzw. durch das Russische vermittelte kirchenslavische Muster zurück.

Resultativa

112

allerdings die (nur in groben Zügen bekannte) Siedlungsgeschichte und ethnographische Hintergründe näher erforscht werden106.

Jedenfalls treten die Partizipien auf -(ü)šy in den baltischen Sprachen und den an dieses Gebiet angrenzenden weissrussischen Mundarten in Opposition zu einfachen Präterita auf und lassen sich auch in den letzteren als separates ‘gram’ verstehen (vgl. Wiemer 2003:223f.). Sie werden in diesen ostslavischen Mundarten gelegentlich auch als primäre PossRes verwendet (s. 5.2)107. Erklärungsbedürftig ist daher eigentlich nicht diese Konvergenz mit dem inter-ferierenden Baltischen, sondern die Feststellung, dass selbst in denjenigen NW-russischen Mundarten, in welchen Formen auf -(v)ši Resultativa mit n/t-Partizipien verdrängt haben, (v)ši-Formen so gut wie nie als PossRes gebraucht werden (vgl. die in 3.1 erwähnten Mund-arten um Seliger und Toržok, Raum Tver’ sowie Karten 2 und 4). Diese Mundarten liegen im Süden des NW-russischen Dialektgebiets und befinden sich relativ nahe am baltisch-ostsla-vischen Grenzraum. Sie sind freilich im gesamten nordslavisch-baltischen Areal zugleich die einzigen Varietäten, in denen n/t-Partizipien kaum oder gar nicht mehr zur Bildung von ObRes verwendet werden. 12.3. Zur Rolle der l-Partizipien Das l-Partizip geht auf eine exklusiv urslavische Innovation zurück (s. Fn. 108). Das nominale Paradigma dieser Formen hat sich in seiner Entwicklung vom pronominalen Paradigma „verselbständigt“, indem es zusammen mit dem Kopulaverb byti ,sein‘ (bzw. seinen Nach-folgeformen) ein reguläres Perfekt bildete (vergleichbar dem heutigen Perfekt der baltischen Sprachen) und im Nordslavischen schon lange zu einem allgemeinen Präteritum mutiert ist (zusammenfassend vgl. Wiemer, im Druck1: Abschnitt 4). Die Mehrzahl der syntaktisch als Adjektive (attributiv oder prädikativ) zu wertenden l-Partizipien (Part. Prät. Aktiv II) ist für die schriftlich belegte Zeit klar auf die resultative Funktion begrenzt. Trotzdem wäre auch hier erst noch zu klären, ob die resultative Funktion für die l-Partizipien auch die diachron erste war oder nicht eher als das Produkt einer späteren (aber auch noch in der vor-schriftlichen Zeit abgelaufenen) Entwicklung anzusehen ist108. Betrachtet man dazu die

106 Festzustehen scheint allemal, dass sich das baltische (speziell litauisch-aukštaitische) Sprachgebiet seit dem gut tausendjährigen Kontakt mit Ostslaven von SO nach Norden und NW hin kontinuierlich verkleinert hat. Der gesamte heutige weissrussisch-litauische Grenzstreifen stellt aus dieser Sicht das „jüngste“ Gebiet dar, in dem ein litauisch-ostslavischer Sprachwechsel mit den daraus zunächst resul-tierenden Substrat-Erscheinungen vor sich gegangen ist. Bei einem solchen Sprachwechsel muss auch die prädikative Verwendung aktivischer Anterior-Partizipien (-(ü)ši) Eingang in den Usus der durch das litauische Substrat berührten Sprechergemeinschaft gefunden haben. Es bleibt „lediglich“ die Frage, ob dieser Usus nicht vor dem Sprachwechsel aus dem Litauischen in das lokale Ostslavische bereits vorher ununterbrochen (seit dem Zerfall der slavischen Spracheinheit) bestanden hatte. Damit hätte das litauische Substrat diese Partizipien nicht eigentlich wiederbelebt, sondern sie nur unterstützt. 107 Umgekehrt werden diese Partizipien nach Norden hin seltener und sind offenbar im Gebiet des Onega-Sees gänzlich durch n/t-Partizipien verdrängt worden (s. Ende von 3.1). Dieses Gebiet wiederum ist nicht durch ein baltisches, sondern ein ostseefinnisches Substrat gekennzeichnet. Wieder dürfte es kein Zufall sein, dass hier auch die Satzmuster mit nicht-kongruierendem prädikativen n/t-Partizip (no/to) häufig sind (ohne notwendig zum Subjekt-Impersonal zu werden). In diesem Zusam-menhang sei noch darauf hingewiesen, dass das Gebiet um Pskov und Novgorod, in welchem die Form:Funktions-Verteilung der Partizipien auf -(v)ši und der auf -n/t- nahezu komplementär ist, sich genau im Übergangsgebiet zwischen (primär) baltischer und ostseefinnischer Kontaktzone befindet (s. Karte 4). 108 Das etymologisch identische l-Suffix findet sich auch in anderen nominalen deverbalen Deriva-tionen (wie z.B. břídil ,Trödler‘; vgl. Damborský 1967:109) und Adjektiven des allgemein-slav. Stammes tepl- ,warm‘, welches in einem etymologischen Zusammenhang mit dem Verb topiti (topić etc.) ,heizen‘ steht; dieses wiederum ist älter als das Adjektiv, da topiti mit altindisch tápati, tápyati ,erhitzt, ist warm‘ urverwandt ist (vgl. Vasmer 1958:94). Aus derartigen Fakten kann man schliessen,

Zusammenschau und Folgerungen

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baltischen Part. Prät. Aktiv, welche im Litauischen und Lettischen als einzige ein SubRes bilden, dann erweist es sich aufgrund ihrer sehr breiten lexikalischen Grundlage nicht als zwingend, dass transformative Verben die Ausgangsbasis für SubRes gebildet haben müssen. Entscheidend für die Herausbildung eines Perfekts ist die anteriore, von der LAF her unbestimmte Funktion dieser Verbalderivate. Analoges gilt eben auch für die slavischen l-Formen.

Als Partizipien bzw. Adjektive spielen die l-Formen heute nur noch in sehr begrenzten Teilgebieten des slavischen Sprachraums eine nennenswerte Rolle (auf Token- wie auf Type-Ebene), und nirgendwo mehr werden sie produktiv gebildet. Allgemein sind sie seit langem im Rückgang begriffen (zum Tschechischen vgl. Giger 2003a:68). Vor allem im Ukrainischen konkurrieren sie mit dem Part. Prät. Aktiv I (mit dem Suffix {(v)š}), und auch hier im wesentlichen nur in appositiver und attributiver Verwendung. Im Polnischen und Tschechi-schen tritt anstelle des Part. Prät. Aktiv I das subjektorientierte n/t-Partizip in Konkurrenz (vgl. dazu den Übersetzungsvergleich in Zatovkaňuk 1986). Als exemplarischen Fall kann hier zwischen russ. obros-š-yj – ukr. obros-l-yj – poln. obrośnię-t-y ,bewachsen, umwachsen (mit)‘ verglichen werden. Primär sind von der Dublettenbildung offenbar auch intransitive Stämme emotiver und perzeptiver Verben betroffen.

Der rezessive, oft relikthafte Charakter der l-Partizipien manifestiert sich nicht zuletzt in dem Umstand, dass ihre Reste heutzutage so verteilt sind, dass sie kein areales Kontinuum (mehr) bilden. Denn am besten sind sie im Ukrainischen, Polnischen und Tschechischen ver-treten, nicht aber im Slovakischen; innerhalb des westslavischen Gebiets wiederum sind sie am stärksten im Kaschubischen und Hanakischen (Zentralmährischen) vertreten, wo sie sogar im Verbund mit miec bzw. mít vorkommen – also wiederum in nicht zusammenhängenden Gegenden. Und offenbar nur im Hanakischen sind diese Formen für alle Diathesetypen vertreten (s. 9.1, 9.3). 12.4. Variation und areale Verbreitung der possessiven Resultativa Die grosse Variation, die sich – über das gesamte Areal betrachtet – gerade beim PossRes bietet, ist als Folge mehrerer Umstände zu werten. Zunächst einmal wäre einzuschränken, dass von den fünf belegten Typen nur zwei wirklich weit verbreitet sind, nämlich (i) der sekundär-possessive Typ, welcher aus einer ESSE-Kopula, einem n/t-Partizip und einem oblique markierten „Possessor“ (adessive PP oder Dativ) besteht (s. Tab. 3, Spalte 8), und (ii) die Verbindung eines HABERE-Verbs mit einem in den meisten Fällen Objektkongruenz aufweisenden n/t-Partizip (Spalte 9). Der primär-possessive Typ (Spalte 7) ist nur in einem Subareal systematisch vertreten (s. 12.3), die beiden anderen der mit HABERE gebildeten Konstruktionen (Spalten 10-11) gehören offenbar zu typologischen Raritäten: sie sind auch über das hier besprochene Sprachgebiet hinaus so gut wie nicht bezeugt (auch diachron nicht).

Sieht man nun von dieser auf die Frequenz bezogenen Einschränkung ab, so wäre ein Grund für das bei den PossRes deutlich „buntere“ Bild darin zu erblicken, dass sie entweder auf der Ausbildung der beiden anderen Diathese-Typen aufbauen (ESSE-Typen, Spalten 7-8) oder ein (zumindest am Anfang) transitives HABERE-Verb voraussetzen, mit welchem die jeweilige Diathese-Ausrichtung der beteiligten Partizipien in Wechselwirkung treten kann (Spalten 9-11). So setzt der primäre ESSE-Typ (Spalte 7) die produktive Bildung von SubRes voraus, der sekundäre ESSE-Typ (Spalte 8) dagegen eine auf Lexikon- und Text-Ebene gut vertretene Präsenz von ObRes. Nicht anders ist dies, wenn man die drei (stark ungleich verteilten) Untertypen der HABERE-Konstruktion betrachtet (Spalten 9-11): de facto bleibt das Partizip das bestimmende Glied innerhalb der Konstruktion; man darf gleichsam sagen, dass die Partizipialkonstruktion lediglich in den Skopus des HABERE-Verbs gelangt, ohne

dass das l-Suffix wesentlich produktiver und älter war, bevor es sich auf die uns interessierenden parti-zipialen Ableitungen – und damit auch auf die resultative Funktion – „spezialisieren“ konnte.

Resultativa

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dass sich am Diathese- oder aktionalen Verhalten etwas ändert. Das gilt im wesentlichen auch für Fälle ohne Objekt (z.B. poln. Mam posprzątane ,Ich habe aufgeräumt‘ im Sinne von ≈ ,Ich habe es hier aufgeräumt‘, Masz przejebane ,Du hast verschissen‘ → resultativ): dieser Typ bleibt statisch, und die Diathese-Ausrichtung ist dieselbe wie in aktivischen Sätzen mit dem entsprechenden finiten Verb109 (vgl. entsprechend Posprzątałem ,Ich habe aufgeräumt‘ → ereignisbezogen). Besonders deutlich wird dies anhand des Polnischen (s. 7.4).

Damit stellt zwar unter allen hier besprochenen Resultativa die HABERE-Konstruktion mit n/t-Partizip (Spalte 9) den am ehesten auxiliarisierten Verbalkomplex dar. Die gesamte Diatheseausrichtung der HABERE-Konstruktion richtet sich aber nach wie vor nach dem Partizip, ebenso stellt Objekt-Kongruenz auch im Tschechischen und Sorbischen den Normalfall dar; ferner weisen auch die aktionalen Charakteristiken des Typs HABERE + n/t-Partizip diesen bislang ungebrochen als Resultativ (nicht als Perfekt) aus. Aus diesen Grün-den darf, wenn überhaupt, so nur von einem ganz geringen Grad an Auxiliarisierung ausge-gangen werden. Am ehesten bestünde diese in der syntaktischen Reanalyse, wenn objektlose PossRes auftauchen oder Objekttypen – präpositionale und sententielle Objekte –, die sich nur über das Partizip mit dem HABERE-Verb verbinden (vgl. Giger 2003a:263-298).

Weiter fällt auf, dass das sekundäre PossRes mit ESSE (Spalte 8) und das mit HABERE + n/t-Partizip gebildete Resultativ (Spalte 9) sich aus arealer Sicht nahezu komplementär verteilen: letztere Konstruktion stellt ein Charakteristikum der westslavischen Sprachen dar, während im Ostslavischen die ESSE-Konstruktion vorherrscht. Es liegt auf der Hand, diese areale Verteilung funktional äquivalenter Konstruktionen auf die allgemeine Distribution von ESSE- vs. HABERE-Konstruktionen bei der Angabe von Possessivität (im weiten Sinne) in diesen Sprachgruppen zurückzuführen. Aufschlussreich wäre deshalb eine eingehende Ana-lyse von Textdaten aus regionalen Varietäten des Ukrainischen und Weissrussischen (sowie evtl. von östlichen Varietäten des polnischen Sprachraums), in denen sowohl ESSE wie HABERE-Konstruktionen zur Angabe von Possessivität verwendet werden (wenn auch in variierenden Proportionen). Leider sind solche Daten grösstenteils nur sehr schwer zugäng-lich, oder sie konnten bislang nicht ausreichend bearbeitet werden.

Unabhängig davon stellt sich bei einem Vergleich dieser beiden Resultativ-Konstruktionen die Frage, ob der diachrone Ansatzpunkt ihrer Entstehung in der Bezeichnung einer eigentlich possessiven Relation, insbesondere einer inalienablen Beziehung, bestanden haben mag. Obwohl dieser Erklärungsansatz der plausibelste ist und mit den bestehenden Fakten gut vereinbar erscheint, kann auch auf diese Frage bislang keine wirklich gesicherte Antwort gegeben werden. 12.5. Zur Entwicklung aktionaler Eigenschaften

Vielleicht als noch schlechter ergründbar wie die Entwicklung der Diathese-Orientierung der Partizipien und der syntaktischen Eigenschaften der jeweiligen gesamten Resultativ-Kon-struktion stellt sich die Frage nach dem aktionalen Verhalten (resultativ vs. ereignisbezogen) der Partizipien dar, die in objektorientierte Konstruktionen eingehen. Während nämlich für SubRes und PossRes kein Grund zur Annahme besteht, dass diese jemals ereignisbezogen verwendet wurden (oder gar deren diachrone Entwicklung von einer ereignisbezogenen Ver-wendung ihren Ausgangspunkt nahm), kann aufgrund allein des slavischen und baltischen Materials kein eigentlich empirischer Nachweis darüber geleistet werden, dass objektorien-tierte Konstruktionen tatsächlich zuerst nur eine resultative Funktion erfüllten, bevor sie auch ereignisbezogen verwendet wurden. Es ist sogar viel eher denkbar, dass sie in dieser Hinsicht diffus waren, d.i. beides erlaubten und die Konturierung der Funktion jeweils durch den 109 Sofern natürlich die objektlose Konstruktion mit HABERE nicht lexikalisiert ist und somit kein Äquivalent mit einer finiten Form des n/t-Partizips aufweist. Vgl. dazu die Bemerkung zu Bsp. 147 in 7.4.

Zusammenschau und Folgerungen

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Kontext erfolgte110. Dieses Problem kann auch umformuliert werden: ObRes und analytisches Passiv waren im Slavischen und Baltischen (wie vermutlich auch in anderen ide. Sprach-gebieten) nicht unterscheidbar, so wie sie bis heute in einer Reihe von Sprachen ObRes und analytisches Passiv formal zusammenfallen und nur durch den Kontext und lexikalische Defaults der die Partizipien bildenden Verben differenziert werden können. So würde damit die für das Standardrussische und Litauische ausführlich dargelegte Situation (s. 2.1, 2.3 und 4.1.2), die in grossen Teilen auch für das Tschechische und Slovakische zutrifft (s. 9.2, 10.2), den anfänglichen Zustand bis heute reflektieren. 12.5.1. Beziehung zwischen objektorientierten Resultativa und analytischem Passiv Zwar lassen sich ObRes – die ja mit Ausnahme eines ganz kleinen russischen Mundartgebiets in allen hier betrachteten Varietäten mit n/t-Partizipien bzw. t-Partizipien (im Baltischen) gebildet werden – in allen nachweisbaren Perioden in resultativer Verwendung belegen, ein oft mangelnder Nachweis an ereignisbezogener Verwendung kann aber auch die Folge des Fehlens geeigneter narrativer Kontexte sein, in denen eine solche Verwendung sehr viel wahrscheinlicher wäre; vgl. dazu die Bemerkung etwa über das Polabische in 8.1. Dasselbe Problem taucht auf, wenn gemäss den Erkenntnissen der TRK (1983) – die freilich auf einer verhältnismässig geringen Zahl von Sprachen beruhen – ObRes den Ausgangspunkt für die Entwicklung von Resultativa darstellen, und diese wiederum sich auf der Grundlage von transitiven transformativen Verben herausgebildet haben sollen. Die in der TRK gesammelten Fakten sprächen somit dafür, die resultative Funktion als die diachron erste anzusehen – wenn man nachprüfen könnte, ob dieselben Formen, die als ObRes auftraten, nicht zugleich auch ereignisbezogen gebraucht werden konnten (geeignete Kontextbedingungen vorausgesetzt).

Die Ausbildung einer ereignisbezogenen Funktion steht natürlich in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Entwicklung periphrastischer (analytischer) Passiv-Konstruktionen (s. 1.6). Nun zeigt gerade eine Reihe frühester Sprachdenkmäler z.B. des Tschechischen, dass dort prädikative n/t-Partizipien spätestens seit jener Zeit (14. Jh.) auch ereignisbezogen verwendet wurden (s. 9.6). Aus dieser Sicht kann man also davon ausgehen, dass ab jener Zeit bereits ein Passiv bestand (zur Begründung vgl. Wiemer 2004:293f.); dieses war freilich gegenüber dem ObRes morphologisch nicht abgesetzt (wie das z.B. im heutigen Standard-polnischen der Fall ist; s.u.). Es stellt sich also einmal die Frage, ob ObRes, die durch transi-tive transformative Verblexeme gebildet wurden, nicht zugleich auch ereignisbezogen ver-wendet werden konnten und bloss zwischen beiden Verwendungsweisen keine formale Unterscheidung möglich war. Es stellt sich aber auch die Frage, ob transformative Verben wirklich die einzigen unter den frühen Lexemen waren, welche den Input für ein ObRes lieferten. Die Gegenüberstellung von resultativer und ereignisbezogener Verwendung – und deshalb indirekt auch die Herausbildung der Opposition zwischen ObRes und analytischem Passiv – hängt eng mit der Expansion der lexikalischen Basis, die zum Input für die betreffenden Partizipien werden kann, zusammen. Gehen wir also auf diesen Zusammenhang jetzt ein.

Ein notorisches Problem stellen Resultativ-Konstruktionen auf der Basis von konklusiven Verben dar, vor allem von Verben, die Sprechakte, Perzeption (vgl. die grundlegenden Wahrnehmungsverben wie russ. uslyšat’ ,hören, vernehmen‘, uvidet’ ,sehen, erblicken‘ etc.), semiotische Akte (russ. pokazat’ ,zeigen‘, dokazat’ ,beweisen‘, ukazat’ ,auf-, nachweisen‘ u.a.) oder sozial relevante Transaktionen bezeichnen („Besitzwechsel-Verben“ u.ä., vgl. etwa russ. po-/obmenjat’ ,tauschen, einwechseln‘, lišit’ ,berauben‘, otnjat’ ,wegnehmen‘), aber

110 Zu den Begriffen der Diffusität und der Konturierung sowie ihrer Anwendung vgl. Lehmann (1996:279f.; 1999b:234, 240) und Wiemer (2002:197f., Kap. 4-5 passim).

Resultativa

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auch Resultativa von kausativen Verben der gerichteten Bewegung (Transportverben)111. Konstruktionen mit solchen Verben als lexikalischem Input stellen genau genommen gar keine Resultativa (ObRes) dar, weil ihr aktionaler Default sich in aller Regel nur schwer von dem jeweiligen Ereignis auf den Nachzustand umfokussieren lässt. Umso mehr betrifft dies die unten noch zu besprechenden Semelfaktiva.

Da aus der Entstehungszeit von ObRes mit n/t-Partizipien (die ja am Anfang der gesamten Entwicklung gestanden haben müssen) keine direkten Daten vorliegen, könnte man nur ver-suchen, Rückschlüsse auf die schon frühe Verbreitung von konklusiven Verben in ObRes-Konstruktionen, d.i. bei n/t-Partizipien, aus dem Umstand zu ziehen, dass insbesondere Verben, die Sprechakte oder damit assoziierte semiotische Akte bezeichnen, offenbar in allen dokumentierten Zeiten zu den gewöhnlichen und häufigsten Inputs für ObRes-Konstruktionen gehörten. Diese Vermutung stützen wir nicht auf konkrete statistische Daten (welche durch vergleichende Auszählungen in ausgewogenen Korpora zu gewinnen wären), sondern auf die einstweilen kursorische Beobachtung, dass in Belegen und Listen zu Konstruktionen mit n/t-Partizipien Verben der besagten lexikalischen Gruppen immer wieder eine prominente Posi-tion einnehmen. Konklusive (kommunikative und Bewusstseinsakte betreffende) Verben stel-len auch in den frühesten Belegen tschechischer PossRes mit mít ,haben‘ eine prominente Gruppe (Giger 2003a:417-420). Ausserdem tauchen ObRes mit konklusivem Input oft in Belegen aus den frühesten schriftlichen Quellen des Slavischen (Altkirchenslavisch und erste ostslavische Dokumente wie die „Russkaja pravda“ etc.) auf; vgl. etwa das reichhaltige Belegmaterial in Borkovskij (1949). Dies trifft insbesondere auf das sog. „unpersönliche“ Passiv zu. Dieses ist auch in den modernen slavischen Sprachen gang und gäbe. Bei ihm handelt es sich prima facie erst einmal um kongruenzlose n/t-Prädikate mit der (in der Regel) neutrischen Form -no/to und ihren Äquivalenten (standardruss. -no/to, poln. -ne/te, tschech. -no/to, lit. -ta etc.112); vgl. etwa

(221) russ. bylo skazano / veleno, čto ... (222) tsch. bylo řečeno, že ... (223) lit. pasakyta / apsispręsta, kad ... . Die Konstruktion ist nicht zwingend als objektorientiert zu werten: das semantisch rang-höchste Argument wird zwar syntaktisch ausgeblendet, aber das Partizip kann mit nichts kongruieren, weil diese Verben im Aktiv anstelle eines akkusativischen Objekts oft oder gar ausschliesslich einen propositionalen Aktanten in Form eines Satzkomplements erfordern. Der syntaktische Status dieses Komplements bleibt damit unklar (vgl. Giger 2003a:296f.). Nun können Resultativ-Konstruktionen mit konklusivem Input nur ereignisbezogen verstan-den werden. Beispiele wie (221-223) würden deshalb Vorboten des Vorgangspassivs dar-stellen, wenn man von ihrer hohen Frequenz in historischen Quellen113 ohne weiteres darauf schliessen dürfte, dass sie auch zum ersten Input für n/t-Konstruktionen gehörten.

Für die SubRes scheint sich die Frage nach der diachronen Relation zwischen resultativer und ereignisbezogener Funktion auf den ersten Blick einfacher beantworten zu lassen. Denn eine ereignisbezogene Interpretation von Resultativ-Konstruktionen dieses Diathesetyps er-

111 Es fällt auf, dass alle diese Verbtypen syntaktisch dreistellig („ditransitiv“) sind und Situationen bezeichnen, die auf konzeptueller Ebene oft noch mehr als drei Partizipanten einschliessen (so z.B. kaufen ↔ verkaufen und alle Transportverben, vereinfacht ≈ ‘X bewirkt, dass Gegenstand Y von A nach B versetzt wird’). 112 Im Lettischen wird statt des auch in prädikativen Adjektiven und Partizipien fehlenden Neutrums die Endung des Mask. Sg. (-t-s) verwendet. Was das Tschechische betrifft, so tritt in Mähren (im Substandard) auch die Pronominalform des Partizips auf -ný/tý, -né/té auf (vgl. 9.2). 113 Auch in mundartlicher Rede sind gerade die hier behandelten lexikalischen Gruppen und die Konstruktion mit dem neutrischen Partizip häufig anzutreffen. Um sich davon zu überzeugen, reicht ein Blick in transkribierte Dialekttexte.

Zusammenschau und Folgerungen

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weist sich durchgängig als schwieriger oder sogar ausgeschlossen, die resultative Funktion ist zumindest in den heutigen synchronen Sprachzuständen die präferierte oder gar einzig mögliche. Dies gilt jedoch wiederum nur so lange, wie SubRes-Konstruktionen lediglich durch terminative (transformative, mutative) Verben „gespeist“ werden. Sobald eine Erwei-terung der lexikalischen Basis eintritt, ergeben sich aufgrund durch andere LAFs auch hier andere Lesarten derselben Konstruktion, welche im Sinne eines Perfekts gewertet werden können. Die klarsten Beispiele hierfür liefern die baltischen Sprachen sowie die schon mehr-fach erwähnten NW-russischen und NO-weissrussischen Mundarten (s. Abschnitte 3 und 5). Diese bilden mit den baltischen Sprachen ein dialektales Kontinuum, welches „quer“ zu der genetischen Einteilung nach (ost)slavisch vs. baltisch verläuft, so dass man von intensiven und anhaltenden Sprachkontakten ausgehen darf. Dieses Areal ist fast deckungsgleich mit dem in 12.2 herausgehobenen baltisch-ostslavischen Grenzgebiet, in welchem primäre PossRes verwendet werden. Aus der Sicht der Systematik der Diathese-Typen und ihrer Beziehung zum lexikalischen Input ist dieser geographische Zusammenfall nicht verwun-derlich.

Die Frage nach dem anfänglichen lexikalischen Input der ObRes-Konstruktion bleibt nun jedoch an dem methodisch ad hoc nicht entscheidbaren Problem hängen, ob aufgrund der relativ hohen Frequenz einer bestimmten Verblexem-Klasse (hier derjenigen mit konklusiver LAF) in heutiger Zeit und ihrer durchgängigen starken Repräsentanz in allen betrachteten Sprachvarietäten diachron zurückgeschlossen werden darf, dass diese Klasse auch „unter den ersten“ war, die die Kategorie der ObRes (auf der Basis von n/t-Partizipien) zu etablieren begannen. 12.5.2. Besonderheiten einiger lexikalischer Gruppen Zur Rolle der LAFs von Verben, die häufig zum Input von Resultativ-Konstruktionen werden, wären noch die folgenden Bemerkungen hinzuzufügen.

Man wäre leicht versucht, Transportverben zu den Transformativa zu rechnen, doch ver-halten sich viele Transportverben aktional wie „Transaktions-Verben“ (Typ übersenden). Diese stehen oft zwischen typisch konklusiven und typisch transformativen Verben, insofern als mit dem Vollzug der eigentlichen Transaktion (dem Akt des Tausches, des Kaufens/ Verkaufens, der Übersendung/Inempfangnahme etc.) „vorbereitende“ Phasen assoziiert werden, welche leicht Teil der lexikalischen Bedeutung werden und damit Einfluss auf das syntaktische Verhalten der Verblexeme – ggf. verbunden mit Einflüssen auf deren Diathese-struktur – nehmen können (vgl. dazu u.a. Łaziński/Wiemer 1996b; Wiemer 2000). Wie in 2.2-2.3 erläutert wurde, erweisen sich Transportverben trotz ihres eigentlich transformativen Charakters (Ortswechsel mit Ziel) als ziemlich „resistent“ gegenüber Resultativ-Konstruk-tionen, und wenn sie dennoch als Input solcher Konstruktionen dienen (wie etwa in den russischen Mundarten um Pskov/Novgorod, s. 3.2-3.3), dann behalten sie durchweg ihren ereignisbezogenen Default bei. M.a.W.: fokussiert wird nur der Ortswechsel als abge-schlossener Vorgang, nicht dagegen die Befindlichkeit des transportierten Objekts an diesem Ort (= Nachzustand), und das auch im Präsens; vgl. russ. (224) Bol’noj uže privezen v bol’nicu

,Der Kranke ist bereits ins Krankenhaus gebracht (worden)‘. Diese „Resistenz“ gegenüber einer Umfokussierung auf den Nachzustand manifestiert sich auch formal im Polnischen, indem das Äquivalent zum gerade zitierten russischen Beispiel nicht im Präsens mit der Kopula być ,sein‘ verwendet werden könnte, sondern nur mit dem klar ereignisbezogenen Auxiliar zostać ,werden‘ im Präteritum:

Resultativa

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(225a) Chory został już przywieziony do szpitala ,Der Kranke ist bereits ins Krankenhaus gebracht worden‘.

(225b) *Chory jest (już) przywieziony do szpitala wörtl. ,Der Kranke ist (bereits) ins Krankenhaus gebracht‘.

Im Tschechischen sind demgegenüber ObRes von Transportverben möglich (s. 9.4).

Analoges gilt für konklusive Verben; vgl. poln. Portfel został / *był / *jest odnaleziony ,Das Portemonnaie wurde / *war / *ist wiedergefunden‘. Verben der oben genannten lexikali-schen Gruppen rücken demnach aktional in die Nähe von Semelfaktiva. Im Polnischen kön-nen diese Verben, ebenso wie viele Konklusiva, zwar als Passiva (d.i. ereignisbezogen) verwendet werden, nicht jedoch in Konstruktionen mit resultativer Semantik114 (s. 7.2); vgl. (226) Chłopczyk został / *był / *jest uderzony

(pobity w bok, pchnięty / dźgnięty nożem, ugryziony, uszczypnięty) ,Der Junge wurde / ?war / ?ist geschlagen (in die Seite geschlagen, mit einem Messer gestossen / gestochen, gebissen, gekniffen)‘.

Diese Restriktion wird verständlich, wenn man sich klar macht, dass – entgegen einer immer noch üblichen Praxis in der typologisch orientierten Literatur – Verben vom Typ engl. to hit sich sehr viel schlechter als Verben des Typs to kill dazu eignen, Terminativität und Transi-tivität zu demonstrieren (vgl. dazu Holvoet 1991:54-57; Tsunoda 1985). Aus demselben Grund taugen sie auch schlechter als Input für Resultativ-Konstruktionen. 12.5.3. Ausweitung auf rein phasenbezogene Verblexeme (subjekt- und objektorientiert) Das Polnische kennt also ObRes phasenbezogener (inkl. semelfaktiver) Verben generell nicht und lässt viele konklusive Verben nur im morphologisch anders markierten Passiv (mit zostać ,werden‘) zu. Mentale oder Sprechakte denotierende Verben sind allerdings mit der Kopula być ,sein‘ weit verbreitet (12.5.1). Im Tschechischen werden dagegen ObRes von Semel-faktiva transitiver Verben gebildet (z.B. Jan je štípnutý wörtl. ‚Jan ist gekniffen‘; s. 9.4). Sie verhalten sich damit anders als sonstige auf Phasen bezogene Verben: Delimitativa, Ingres-siva und Egressiva, Perdurativa; diese sind freilich in aller Regel zugleich intransitiv und könnten somit allenfalls SubRes bilden. Das Russische (Standardsprache) wiederum gestattet zwar im ObRes viele konklusive Verben (z.B. Ošibka najdena, obnaružena, zamečena ,Der Fehler ist gefunden, entdeckt, bemerkt (worden)‘), und dieses fällt damit morphologisch mit dem Passiv zusammen. Nicht möglich sind dagegen Semelfaktiva, ebensowenig andere phasenbezogene Verben (s. 2.2). Genau diese Restriktionen werden vom Litauischen und Lettischen im ObRes und bei dem auf diesem gründenden sekundären PossRes (d.i. bei t-Partizipien) geteilt, nicht jedoch die phasenbezogenen Beschränkungen beim SubRes, welches freilich mit einem anderen Suffix gebildet wird (s. Abschnitt 4).

114 Vgl. auch Wiemer (1997:112). Tatsächlich resultative n/t-Partizipien solcher Verben, wie etwa poln. X jest stuknięty ,X ist verrückt‘ (wörtl. ,geklopft‘) oder russ. X čoknut ‘dito’, dürfen als lexika-lisierte Einzelfälle angesehen werden, in denen die semantische Relation zum derivierenden Verb-lexem nicht trivial ist. Man beachte nämlich, dass diese Fälle zu den „bidiathetischen“ Resultativa gerechnet werden müssen, da unklar ist, ob sie von den entsprechenden transitiven Verben (stuknąć ,klopfen‘ bzw. čoknut’ ,anstossen‘) oder von deren durch den RM intransitivierten Äquivalenten stammen. Dies gilt selbst dann, wenn der transitive Stamm oder sein RM-Derivat heute obsolet ge-worden sein sollten (wie etwa russ. čoknut’ generell oder čoknut’sja, welches praktisch nur noch reziprok im Sinne von ,auf etwas (mit alkoholgefüllten Gläsern) anstossen‘ gebraucht wird).

Zusammenschau und Folgerungen

119

Einige der NW-russischen Mundarten weisen dagegen bei den n/t-Partizipien eine starke Ausweitung auf konklusive und sogar auf delimitative Verben auf. Dies gilt jedoch nicht für die (v)ši-Partizipien, zu denen es so gut wie keine Belege mit phasenbezogenen Basisverben gibt (s. 3.3). Diese Expansion ist in den genannten Mundarten allerdings auf dem Hintergrund der sich durchkreuzenden Diathesetypen mit den quasi areal aufeinander zulaufenden Suffix-Typen (n/t- vs. (v)ši-Partizip) zu beurteilen: wie erinnerlich (s. Ende von 3.1) haben die n/t-Partizipien im Norden des Gebiets die (v)ši-Partizipien verdrängt und übernehmen dort auch die Funktion eines SubRes115, während es im südlichen Teil umgekehrt ist ((v)ši-Partizipien bilden dort auch ObRes); s. Karten 1 und 4. Dabei ist die lexikalische Basis der n/t-Partizipien im nördlichen Teil dieses Mundart-Gebiets, welches nie einen unmittelbaren Kontakt zum Baltischen besessen hat, offenbar noch stärker um phasenbezogene Verben erweitert als im Litauischen (und Lettischen) diejenige der ęs/usi-Partizipien.

Das Fehlen einer direkten arealen Verbindung zwischen dem baltischsprachigen Gebiet und jenen nordrussischen Mundarten legt den Schluss nahe, dass die Expansion der lexika-lischen Basis in beiden Gebieten unabhängig voneinander verlaufen ist. Eine sehr starke Kon-vergenz aufgrund intensiven Sprachkontakts ist dagegen zwischen litauischen und weiss-russischen Mundarten anzusetzen. Die Daten zur funktionalen und arealen Verteilung der mit -(ü)ši gebildeten Partizipien in den weissrussischen Mundarten weisen darauf hin, dass in ihnen dieselbe komplementäre Verteilung besteht wie im Litauischen (s.o. und 5.2). Dies ist umso bemerkenswerter, als sich damit die an das litauische Sprachgebiet grenzenden (bzw. sich mit diesem überlagernden) weissrussischen Mundarten auch von den südlichen Mund-arten des NW-russischen Dialektgebiets (ungefähr zwischen Tver’ und Pskov) unterscheiden: trotz des prinzipiell identischen Formeninventars haben sich in den letzteren, wie oben erwähnt, die (v)ši-Formen auch auf ObRes-Konstruktionen ausgeweitet. Ausserdem bleibt in den weissrussischen Mundarten bei diesen Formen das Postfix -sja bei Derivaten von RM-Verben meistens erhalten, während es in den betreffenden NW-russischen Mundarten in der Regel verschwindet. Auch das deutet auf eine grössere Differenzierung der Diathesetypen und Ableitungsbeziehungen nach dem Muster des Litauischen hin116. 12.6. Resümee zur Beziehung zwischen lexikalischer Basis, Diathesetypen und aktionalen Funktionen Aus der oben dargelegten areal unterschiedlichen Expansion von Resultativ-Konstruktionen auf Semelfaktiva und andere phasenbezogene Verben lässt sich zumindest mit ziemlicher Sicherheit folgern, dass Semelfaktiva erst nach Transformativa und auch nach Konklusiva zum Input dieser Konstruktionen werden sowie dass sie selbst vor anderen phasenbezogenen und durativen Verben zu einem solchen Input werden (sofern sie und letztere überhaupt von der Expansion im Lexikon erfasst werden). In welcher chronologischen Relation Konklusiva zu Transformativa (und Mutativa) stehen, wird jedoch aus den obigen empirischen Beob-achtungen nicht ersichtlich. Einstweilen kann man also zumindest eine teilweise implikative Hierarchie der lexikalischen Expansion aufstellen, welche wie folgt aussieht (je weiter rechts, desto später ist der lexikalische Input hinzugekommen):

115 Dass dies eine relativ junge Entwicklung ist, zeigt sich u.a. daran, dass primäre PossRes mit diesen Partizipien nicht gebildet werden. (Dieser PossRes-Typ setzt ja einen SubRes voraus; s. 1.5, 3.1.) 116 Wir verfügen leider über keine Daten zur Situation zwischen dem Grenzgebiet von Weissrussland und Lettland (Latgalien) bis zum russischen Gebiet um Pskov. Solche Daten könnten natürlich eine „mikroareale Lücke“ schliessen helfen, indem man klären könnte, ob auch die dortigen ostslavischen Varietäten durch den Kontakt mit lettischen (latgalischen) Varietäten in der funktionalen Verteilung von Bildungstypen der Resultativa beeinflusst worden sind (oder umgekehrt das Lettische/Latgalische vom Ostslavischen).

Resultativa

120

(227) transformativ-mutative / konklusive > semelfaktive > in-/egressive > sonstige Verben. Die allgemeine Expansion der lexikalischen Basis kann einzelne lexikalische Gruppen „aus-sparen“ bzw. umgehen. Das zeigt ein Vergleich der NW-russischen Mundarten mit den nord-slavischen Standardsprachen: obwohl in jenen Mundarten die lexikalische Expansion der Resultativa generell weiter gediehen ist als in den Standardsprachen, sind z.B. Resultativa emotiver Verben in diesen Mundarten so gut wie gar nicht belegt. Kaum dürfte dies an einer geringeren Frequenz der Verwendung emotiver Verben durch Mundart-Sprecher liegen. Aber auch der lexikalische Input von mit einem HABERE-Verb gebildeten PossRes ist alles andere als „flächendeckend“. Dies zeigen die Daten zu diesem Diathesetyp aus den westslavischen Sprachen, nicht zuletzt aus dem Tschechischen und dem Sorbischen, d.i. den Sprachen mit dem wohl am weitest ausgebildeten PossRes dieser Art, und ihrem Vergleich untereinander: es gibt eine Menge an idiosynkratischen Ausnahmen, die weder durch den LAF-Typ noch durch die lexikalische Bedeutung an sich zu erklären sind (s. die entsprechenden Unter-abschnitte).

Die lexikalische Expansion ist auch unabhängig von der mit der Zeit eintretenden Wechselwirkung von Resultativa mit anderen („verwandten“) Kategorien/Konstruktionen des Verbs zu betrachten. Dies betrifft in erster Linie die Beziehung zum Passiv. So zeigt sich bei einer Gegenüberstellung des Standardrussischen mit den westslavischen Sprachen, dass in allen morphologischen und Diathese-Typen z.B. die polnischen und tschechischen Resultativ-Konstruktionen auf einer lexikalisch breiteren Basis stehen als im Russischen. Trotzdem ist im Polnischen die Unterscheidung des ObRes vom analytischen Passiv strikter als sowohl im Tschechischen wie auch im Russischen, vor allem weil das Polnische kein RM-Passiv mehr kennt, dagegen aber ein spezielles Passiv-Auxiliar ausgebildet hat. Aber auch im Russischen ist die Unterscheidung zwischen ObRes und Passiv im Vergleich zum Tschechischen insofern strikter, als das Tschechische keine ganz klar komplementäre Aufteilung des analytischen vs. RM-Passiv auf die Aspekt-Korrelation (pf. vs. ipf.) aufweist.

Das sorbische standardsprachliche RM-Passiv (im Gegensatz zum Tschechischem samt möglichem Ausdruck des Agens) dürfte sekundär entstanden sein, d.i. im Rahmen der puristischen Kodifikation, welche das aus dem Deutschen entlehnte Auxiliar wordować zu verdrängen suchte. Auch die Kodifikation des Auxiliarstammes bu- für das ereignisbezogene präteritale Passiv und des Stammes bě- für das präteritale Resultativ ist wohl primär vor dem Hintergrund der strikten formalen Trennung von Passiv und Resultativ im Deutschen zu sehen.

Von der Unabhängigkeit der oben genannten „Parameter“ zeugt auch das Litauische, in welchem die Überschneidung (Ambiguität) von ObRes und Passiv (im Litauischen nur analy-tisch gebildet) genauso systematisch ist wie im (Standard)Russischen; gleichwohl ist die lexikalische Basis aller Diathese-Typen im Litauischen breiter als im Russischen. Schliesslich ist im Litauischen (und Lettischen) die Aufteilung der morphologischen Typen (Partizipien) auf die Diathese-Typen komplementär, während sich in der überwiegenden Zahl der slavi-schen Varietäten die n/t-Partizipien auf Kosten der übrigen bei allen Diathese-Typen der Resultativa ausgebreitet haben. Als übergreifendes Fazit zu den oben diskutierten Beobachtungen sollte jedoch folgendes hervorgehoben werden: Die eigentlich resultative Funktion einer Resultativ-K o n -s t r u k t i o n „dünnt“ gewissermassen „aus“, wenn sie von einer ausreichend grossen Anzahl von Verblexemen gebildet wird, die entweder keine Fokussierung auf den ansonsten (durch das finite Verb im Aktiv) nur implizierten Nachzustand, sondern lediglich eine Fokussierung auf den Zustandswechsel selbst erlauben (Transportverben, Transaktionsverben und einige Konklusiva) oder die gar keinen Zustandswechsel bezeichnen können (viele Konklusiva, alle Semelfaktiva und sonstige phasenbezogene Lexeme). Mit anderen Worten: eine Resultativ-

Zusammenschau und Folgerungen

121

Konstruktion „entartet”, wenn ihr lexikalischer Input zu wenig auf Verben, die per Default einen Zustandswechsel anzeigen oder ihn leicht implizieren lassen (Transformativa, Muta-tiva), beschränkt ist bzw. wenn diese an der Zahl gering bleiben (auf Type- wie auf Token-Ebene, d.i. sowohl im lexikalischen Bestand wie auch auf Text-Ebene).

In diesem Sinne teilen Resultativa oft das Schicksal anderer grammatischer Kategorien (bzw. Konstruktionen), und zwar gerade auch solcher, die weniger auf einem konzeptuellen Synkretismus beruhen als sie selbst.

Resultative Konstruktionen (gebildet durch Partizipien) ⎯ Übersichtstabelle zu Diathesetypen und morphologischer Zusammensetzung:

objektorientiert (ObRes) subjektorientiert (SubRes) possessive (PossRes) n/t l mit ESSE mit HABERE (balt. nur t) *ües (nur slav.) n/t *ües l primär sekundär n/t *ües l

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Standard-russisch

+

(+), emotive Verben1;

ansonsten nur bidiathetisch

(parallel zu RM-Verben)

nur attrib. und

appos. Pronomi-

nal-Formen (-(v)šij)

nur attrib. und appos. Pronomi-

nal-Formen(-lyj)

+

(mit PP u + GEN)

NW-russ. Mundarten

+ (ausser

einige Ma. im südl.

Teil)

+ (einige Ma. im

südl. Teil)

+ (nur nördl. Teil)

+ (ausser nördl. Teil)

+ (mit PP

u + GEN)2

Litauisch + ⎯ ∅ ⎯ + ∅ + (+)3 pas ,bei‘ + AKK

(+) + ∅

Lettisch + ⎯ ∅ ⎯ + ∅ + + mit DAT

∅4 ∅ ∅

1 Ausser dieser lexikalischen Gruppe nur vereinzelte Fälle (Reste ?) von primär intransitiven Verben; z.B. zaržavlen(nyj) ,verrostet‘ ⇐ zaržavet’ ,verrosten’ sowie evtl. umgangsspr. obaldennyj ,durchgeknallt (fig.), irre’ (nur in der Pronominalform und kaum prädikativ verwendet) ⇐ obaldet’ ,verrückt werden, durchdrehen’, welches aber wegen seiner Bedeutungsverschiebung zum einst derivierenden Verb als schon lexikalisiert anzusehen wäre. 2 Frequenter und deutlich weniger Restriktionen unterlegen als in der standardruss. Umgangssprache. 3 Sehr wahrscheinlich als Calque aus dem Ostslavischen (Russischen, Weissrussischen). 4 Irrelevant, da im Lettischen kein HABERE-Verb existiert. Eine Ausnahme stellt das Latgalische (SO-Lettland) dar, in dem aber turēt ,haben’ keinerlei Verbindungen mit Partizipien eingeht (L. Leukuma, pers. Mitteilung).

Weissruss. (dialektal)

+

wie im Standard-

russischen

+

nur attrib. und appos. Pronomi-

nal-Formen(-lyj)

+

((v)ši)

+ (vgl.

Standard-russ.)

Ukrainisch

+

+ (breitere lexik.

Basis als im Standardruss.)

(⎯),

AdvPart

nur attrib. und appos. Pronomi-

nal-Formen(-lyj)

+ (vgl.

Standard-russ.)

(+) (be-schränkt auf Gali-zien ?)

Polnisch

+

+ (breitere lexik.

Basis als im Standardruss.)

(⎯),

AdvPart

nur attrib. und appos. Pronomi-

nal-Formen(-ły)

+

Kaschubisch + ⎯ + + ⎯ + ⎯ ⎯ + ⎯ +

Tschechisch

+

(+), vor allem im Hana-kischen

+ (breitere lexik.

Basis als im Standardruss.)

(⎯), AdvPart

+

+

(+), im Hanaki-schen auch objektlos

Slovakisch

+

+ (gegenüber Tschech.

ausgeweitet)

+

(Ober- und Nieder-) Sorbisch

+

+ (breitere lexik.

Basis als im Standardruss.)

+

†Slovinzisch, †Polabisch, †Pomoranisch

+

?

?

?

?

?

?

?

+

?

+ (im Slovinzi-

schen)

125

4. Karten Sofern überhaupt kartographisch (d.i. auf einer rein dialektalen Ebene) darstellbar, geben die nachfolgenden Karten in groben Zügen die Verbreitung der im Nordslavischen und Baltischen existierenden morphosyntaktischen Typen und ihrer Zuordnung zu Diathesetypen sowie einige Besonderheiten der jeweiligen lexikalischen Basis wieder. Zu ihrer Erstellung wurden in erster Linie konsultiert: Balhar (1974), ČJA (2002/4: 582f.), Kellner (1946; 1949), Michálková (1971) zum böhmisch-mährischen Sprachraum, Kuz’mina (1971), Matveenko (1961), Sobolev (1998), Trubinskij (1983; 1984) und die Kommentare in DARJa (1996:12-16) zum Russischen, Avanesaŭ (1964) zum Weißrussischen.

Onežskoe Ozero

Ladožskoe Ozero

Čudskoe Ozero

Dnestr

Elbe

Wisła

Gdańsk

Gor'kij

Rīga

Wrocław

Poznań

Pskovskoe Ozero

Donau

Don

Kraków

Vltava

A l p e n

K a r p a t e n

L'vivPraha Kyjiv

Minsk

Tver'Pskov

Hrodna

Moskva

Vologda

Warszawa

Novgorod

Archangel'sk

Hamburg

Bautzen

Brjansk

Bratislava

Volga

Dnepr

DaugavaNemunas

Odra

TallinnS.-Peterburg

Vilnius Smolensk

Velikie Luki

Oka

Kljaz'ma

Moskva

Bug

®0 200 400 600 800100 Kilometer

ArcGIS 9 Ljuba Veselinova, Dept of Linguistics, Stockholm University, SwedenApril 2005 Source: ESRI Data & Maps CDCreated in ArcGIS 9 using ArcMap

Brno

1

23

4

5

6

126

Karte 1

Subjektorientierte Resultativa – morphosyntaktische Typen und lexikalische Beschränkungen

1 n/t-Partizipien: nur im Slavischen

• fast nur von RM-Verben (Ausnahmen: baltisch-slavische Kontaktzone und einige NW-russische Mundarten)

• Standardrussisch: fast nur bidiathetisch (Ausnahme: emotive Verben) 2 baltisch-slavische Kontaktzone (vši < *ües) 3 baltische Sprachen (lit. vęs < *ües) 4 NW-russische Mundarten, in denen SubRes mit n/t-Partizipien häufiger sind

(Typ oni uechany ,sie sind weggefahren’) 5 Ungefähre Verbreitung des l-Partizips (alternativ zu n/t). [vertikale Schraffur] Beide Partizipien bilden SubRes auch von Autokausativa und perzeptiven Verben. 6 Lexikalische Basis der n/t-Partizipien erweitert, vor allem um primär-intransitive Bewegungsverben.

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Dnestr

ElbeWisła

Gdańsk

Donau

Vltava

WarszawaPoznań

PrahaBrno

KrakówWrocław

L'viv

HrodnaMinsk

Bratislava

Bautzen

Rīga

Novgorod

Brjansk

Tver'

Ladožskoe Ozero

Pskov

Čudskoe OzeroPskovskoe Ozero

St.Peterburg

SmolenskVilnius

A l p e n

K a r p a t e n

Kyjiv

Tallinn

Hamburg

Dnepr

Volga

Daugava

Nemunas

Odra

Velikie Luki

®0 140 280 420 56070 Kilometer

ArcGIS 9 Ljuba Veselinova, Dept of Linguistics, Stockholm University, SwedenMay 2005 Source: ESRI Data & Maps CDCreated in ArcGIS 9 using ArcMap

4

1

2 3

128

Karte 2

Possessive Resultativa 1 – morphosyntaktische Grundtypen (s. Abb. 2 in 1.5)

1 primärer Typ (mit PPA, lit. vęs < *ües bzw. -(ü)šy im angrenzenden Weißrussischen) 2 sekundärer Typ mit externem Possessor im Dativ 3 sekundärer Typ mit adessivem externem Possessor (u ,bei’ + GEN) 4 sekundärer Typ mit HABERE + PPP

Čudskoe Ozero

Dnestr

ElbeWisła

Rīga

Wrocław

Poznań

Pskovskoe Ozero

Donau

Kraków

Vltava

Gdańsk

A l p e n

K a r p a t e nBrno

L'viv

PrahaKyjiv

Minsk

Pskov

Hrodna

Warszawa

Novgorod

Velikie Luki

Smolensk

Hamburg

Bautzen

Bratislava

TallinnS.-Peterburg

Dnepr

Volga

Daugava

Nemunas

Odra Bug

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®0 125 250 375 50062,5 KilometerArcGIS 9 Ljuba Veselinova, Dept of Linguistics, Stockholm University, SwedenApril 2005 Source: ESRI Data & Maps CDCreated in ArcGIS 9 using ArcMap

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1

2

3

Vilnius

44

1

1

130

Karte 3

Possessive Resultativa 2 – Untertypen der HABERE-Konstruktion

1 sekundärer Typ mit HABERE + PPA (slav. -l, lit. -vęs) 2 Zentralmährische (hanakische) Mundarten, für welche die objektlose Verwendung mit dem l-Partizip belegt ist (Typ Mám rožlý ,Ich habe angezündet’). 3 Ostgrenze der PossRes mit n/t-Partizipien ipf. Verben

(Typ Mám vařeno ,Ich habe gekocht / etwas Gekochtes’) 4 Ost- und Nordgrenze der Verbreitung der nominalen Kurzform des Partizips auf -o im böhmischen Sprachraum

Onežskoe Ozero

Ladožskoe Ozero

Čudskoe Ozero

Dnestr

Wisła

Gdańsk

Gor'kijRīga

Don

Kraków

AugustówSuwałki MahileŭHrodna

PskovToržok Tver'

Lida

Brėst

Kaunas

Białystok

Daugavpils

Kaliningrad

Daugava

Nemunas

Ostrov

Vyborg

Belozersk

Petrozavodsk

L'viv

Kyjiv

Minsk

Moskva

Vologda

Warszawa

Archangel'sk

Dnepr

Volga

Vilnius Smolensk

Brjansk

TallinnS.-Peterburg

Velikie Luki

Oka

Kljaz'maMoskva

Bug

Polack

®ArcGIS 9 Ljuba Veselinova, Dept of Linguistics, Stockholm University, SwedenMay 2005 Source: ESRI Data & Maps CDCreated in ArcGIS 9 using ArcMap

0 170 340 510 68085Kilometer

7

531

4

2

Pskovskoe Ozero

Novahrudak

Zaslavl'

Vicebsk

6

Novgorod

132

Karte 4

Nordöstliche Peripherie der Slavia und Kontaktzone mit dem Baltischen –

Verbreitung der morphologischen und Diathesetypen (s. Tab. 1 in 3.1 und 5.2) 1 Ungefähre Südgrenze des no/to-Partizips mit AKK-Objekt im russischen Sprachraum 2 Ungefähre Südgrenze des vorwiegenden oder ausschließlichen Auftretens (in allen Diathesetypen) von n/t-Partizipien, oft ohne Kongruenz 3 Ungefähre Nordgrenze des vorwiegenden oder ausschließlichen Auftretens von vši-

Partizipien (ohne Kongruenz) zumindest beim SubRes 4 Gebiet mit nahezu komplementärer Verteilung von vši- und n/t-Partizipien auf SubRes

vs. ObRes 5 Nahezu ausschließliche Verwendung von vši-Partizipien für alle Diathesetypen (um

Toržok und Seliger). 6 Ungefähre Süd- und Ostgrenze des markanten Auftretens von Partizipien auf -vši bzw.

-(ü)šy (< *ües), begrenzt auf SubRes und primäre PossRes 7 Baltische Partizipien auf -vęs (< *ües), begrenzt auf SubRes und primäre PossRes

135

15. Literaturverzeichnis Ambrazas, V. 1977. Netiesioginės nuosakos (modus relativus) paplitimas ir kilmės problema.

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⎯ 2003. Zur Verbindung dialektologischer, soziolinguistischer und typologischer Methoden in der Sprachkontaktforschung (am Beispiel slavischer und litauischer Varietäten in Nordostpolen, Litauen und Weißrußland). Zeitschrift für Slawistik 48-2, 212-229.

⎯ 2004. The evolution of passives as grammatical constructions in Northern Slavic and Baltic languages. In: Bisang, W., Himmelmann, N., Wiemer, B. (eds.): What makes Grammaticalization — A Look from its Fringes and its Components. Berlin–New York: Mouton de Gruyter, 271-331.

Literatur

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⎯ im Druck2. Kosvennaja zasvidetel’stvovannost’ v litovskom jazyke. Erscheint in: Chrakovskij, V.S. (otv. red.): Tipologija kosvennoj zasvidetel’stvovannosti. Sankt-Peterburg.

⎯ im Druck3. On the diachronic and areal background of constructions called ‘impersonal’ in Polish, East Slavic and Baltic. Erscheint in: Manninen, S., Hiietam, K., Kaiser, E., Vihman, V. (eds.): Passives and Impersonals in European Languages. Amsterdam–Philadelphia: Benjamins.

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