Inertia in Japanese organizations? Institutionen in der Genese der japanischen Spielesoftware

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Japan aktuell 6/2006 3 Studie Inertia in Japanese organizations? Institutionen in der Genese der japanischen Spielesoftware Cornelia Storz Abstract Dem japanischen Innovationssystem werden Schwächen in der Genese neuer Industrien nachgesagt. So verliert Japan zunehmend Anteile im Handel mit Spitzentechnologien. Tief- greifende Reformen werden empfohlen, um eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit Japans zu sichern. Dieser Beitrag geht der Frage der Wettbewerbsfähigkeit jenseits kurzfristig erscheinender Wettbewerbsnachteile nach, indem er nach den Ursachen für die erfolgreiche Etablierung einer innovativen, auf dem Weltmarkt erfolgreichen Industrie fragt, die sich trotz der identifizierten Schwächen des japanischen Innovationssystems durchsetzen konn- te: die japanische Spielesoftwareindustrie. Ihr Erfolg ist besonders erstaunlich, da Japan in der business software auf dem Weltmarkt kaum vertreten ist. Der Beitrag zeigt, wie durch Plastizität von Innovationssystemen neue, unerwartete Handlungsmöglichkeiten generiert werden können. (Manuskript eingereicht am 22.8.2006; zur Veröffentlichung angenommen am 1.11.2006) Keywords: Innovationssysteme, Japan, Spielesoftware, Plastizität, Management JEL-Klassifizierung: 03, 05, P0, P4 Die Autorin Prof. Dr. rer. oec. Cornelia Storz ist Professorin für Japanische Wirtschaft an der Johann Wolfgang Goethe Universität, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften. Von 2001 bis 2006 war sie Professorin für Japanische Wirtschaft an der Universität Marburg, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und Japan-Zentrum, von 1997 bis 2001 Professorin für Japani- sche Wirtschaft und Gesellschaft an der Hochschule Bremen. Sie arbeitet in Vorständen wissenschaftlicher Vereinigungen mit und ist u.a. seit 2005 Schatzmeisterin der European Association for Japanese Studies (EAJS). Sie ist zudem Mitglied im Beirat der DGA. Zu ihren Forschungsgebieten zählen der Vergleich von Wirtschaftssystemen, Innovationssyste- me und Selbstregulierung in der Umweltpolitik. E-Mail: [email protected]

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Studie

Inertia in Japanese organizations?Institutionen in der Genese der japanischenSpielesoftwareCornelia Storz

Abstract

Dem japanischen Innovationssystem werden Schwächen in der Genese neuer Industriennachgesagt. So verliert Japan zunehmend Anteile im Handel mit Spitzentechnologien. Tief-greifende Reformen werden empfohlen, um eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit Japanszu sichern. Dieser Beitrag geht der Frage der Wettbewerbsfähigkeit jenseits kurzfristigerscheinender Wettbewerbsnachteile nach, indem er nach den Ursachen für die erfolgreicheEtablierung einer innovativen, auf dem Weltmarkt erfolgreichen Industrie fragt, die sichtrotz der identifizierten Schwächen des japanischen Innovationssystems durchsetzen konn-te: die japanische Spielesoftwareindustrie. Ihr Erfolg ist besonders erstaunlich, da Japan inder business software auf dem Weltmarkt kaum vertreten ist. Der Beitrag zeigt, wie durchPlastizität von Innovationssystemen neue, unerwartete Handlungsmöglichkeiten generiertwerden können. (Manuskript eingereicht am 22.8.2006; zur Veröffentlichung angenommenam 1.11.2006)Keywords: Innovationssysteme, Japan, Spielesoftware, Plastizität, ManagementJEL-Klassifizierung: 03, 05, P0, P4

Die Autorin

Prof. Dr. rer. oec. Cornelia Storz ist Professorin für Japanische Wirtschaft an der JohannWolfgang Goethe Universität, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften. Von 2001 bis 2006war sie Professorin für Japanische Wirtschaft an der Universität Marburg, FachbereichWirtschaftswissenschaften und Japan-Zentrum, von 1997 bis 2001 Professorin für Japani-sche Wirtschaft und Gesellschaft an der Hochschule Bremen. Sie arbeitet in Vorständenwissenschaftlicher Vereinigungen mit und ist u.a. seit 2005 Schatzmeisterin der EuropeanAssociation for Japanese Studies (EAJS). Sie ist zudem Mitglied im Beirat der DGA. Zuihren Forschungsgebieten zählen der Vergleich von Wirtschaftssystemen, Innovationssyste-me und Selbstregulierung in der Umweltpolitik.E-Mail: [email protected]

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Studie

Inertia in Japanese Organizations?Institutional Foundations of the JapaneseGame Software IndustryCornelia Storz

Abstract

The Japanese innovation system is said to possess weaknesses in the genesis of new industries.One indicator is that Japan has increasingly been losing share in the world trade of hightechnologies. Radical changes of the Japanese innovation system have been recommendedto secure a sustainable competitiveness of Japan. This paper probes further into thequestion of competitiveness beyond short-term putative competitive disadvantages: It askswhy a specific high-tech industry, which possesses comparative advantages on the worldmarket, could be established despite the assumed weaknesses of the Japanese innovationsystem: The Japanese game software sector. Its success is especially astonishing since Japanis almost absent in the world markets of the business software sector. This paper givesevidence of how new and unexpected options for actions can be generated by the plasticityof innovation systems. (Manuscript received August 22, 2006; accepted for publicationNovember 1, 2006)Keywords: Innovation systems, Japan, game software, plasticity, managementJEL-Classification: 03, 05, P0, P4

The Author

Prof. Dr. rer. oec. Cornelia Storz is Professor for Japanese Economy at the Johann Wolf-gang Goethe University, Faculty of Economics and Business Administration, Frankfurt,Germany. From 2001 to 2006 she was Professor for Japanese Economy at the Universityof Marburg and from 1997 to 2001 Professor in Japanese Economy and Society at theUniversity for Applied Sciences, Bremen. She is treasurer of the European Associationfor Japanese Studies (EAJS) and council member of the German Asia Pacific Society.Her research focuses on the comparison of economic systems, the genesis and change ofinstitutions (especially institutional change in Japan), comparative institutional analysis,innovation systems and self-regulation in environmental policy.E-Mail: [email protected]

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1 Einführung

Der vorliegende Beitrag1 untersucht die Grundlagen für die Wettbewerbsfähigkeitvon Innovationssystemen jenseits kurzfristig erscheinender Wettbewerbsnachteileeinzelner Sektoren. Eine Vielzahl von Aufsätzen hat sich in den letzten Jahrenmit der Frage beschäftigt, warum es Japan – insbesondere im Unterschied zu denUSA – nicht gelungen ist, in neuen Industrien wie der Informations- und Kom-munikationstechnologie oder der Biotechnologie Fuß zu fassen. Zurückgeführtwurde dies auf überkommene Institutionen des japanischen Innovationssystems,die zwar einzelne Sektoren begünstigt haben, gleichzeitig aber den Anforderungenneuer Industrien an Flexibilität, Spezialisierung und Originalität nicht gewachsensind. Dieser Beitrag stellt dieser These die der Plastizität von Innovationssystemengegenüber und untersucht, warum es Japan aufgrund dieser Plastizität gelungenist, sich in einem Subsektor der Informations- und Kommunikationstechnologie –dem der Videospiele – international erfolgreich zu positionieren.

2 Problemaufriss: Intersektorale Spezialisierung undWettbewerbsfähigkeit Japans

Verschiedene Indikatoren geben Auskunft über die Wettbewerbsfähigkeit einzel-ner Länder. Die relativen Einfuhr- und Ausfuhrrelationen (RCA; revealed compara-tive advantage) oder die über den relativen Welthandelsanteil (RWA) ausgedrückteExportspezialisierung sind zur Messung von Wettbewerbsfähigkeit gebräuchliche,wenn auch nicht unumstrittene Indikatoren, da sie weder protektionistische Ef-fekte noch konjunkturelle Schwankungen ausreichend berücksichtigen. Aufgrunddieser Ungenauigkeiten sollen sie hier lediglich als ein ungefährer Anhaltspunktder internationalen Positionierung Japans verstanden werden.

Aus den Ausfuhr- und Einfuhrrelationen ergibt sich zunächst der sogenan-nte RCA-Wert, der unterschiedliche nationale Faktorausstattungsunterschiedewiderspiegelt. Japan besitzt im internationalen Handel, ähnlich wie die USAoder Deutschland, in knapp 20 Warengruppen einen deutlichen komparativenVorteil. Bemerkenswert ist, dass Japan im Spitzentechnikhandel einen kompar-ativen Nachteil, gleichzeitig aber im Bereich der hochwertigen Technik einen

1 Die Durchführung der Fallstudien wurde durch eine Einladung des Japanese Institute of LabourPolicy and Training (JILPT), Tokyo, im Mai/Juni 2006 ermöglicht. Die Verfasserin dankt herzlichfür die großzügige Unterstützung. Der Dank richtet sich ebenso an zwei anonyme Gutachter.

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ausgesprochenen Vorteil aufweist. Komparativen Nachteilen in der Spitzentechnikstehen damit, ähnlich wie in Deutschland, komparative Vorteile in der hochwer-tigen Technik gegenüber; Japan ist Nettotechnologiegeber in der hochwertigenTechnik. Der RWA-Wert zeigt weiter, dass Japan – auch hier ähnlich wie Deutsch-land – in seinen Exporten stärker auf hochwertige Güter spezialisiert ist als dieOECD-Länder insgesamt (Schumacher et al. 2003:36-40). Eine Ausnahme istdie Mikroelektronik, die zur Spitzentechnologie zählt und in der Japan ebensorelative Wettbewerbsvorteile besitzt. Besonders hohe RWA-Werte weist Japanbei Rundfunk-, TV-, Phono- und Videogeräten (115)2, bei optischen und fo-tografischen Geräten (107), bei Werkzeug- (60) und Maschinen für bestimmteWirtschaftszweige (außer Bau) (46), bei elektrischen Ausrüstungen (53) und beiKraftwagen und Kraftwagenmotoren (40) auf (Schumacher et al.: A16); in ge-bräuchlicher Terminologie also beim Fahrzeug- und Maschinenbau und bei derKonsumelektronik. Ihr gemeinsames strukturelles Merkmal ist, dass ihre Güteraus einer Vielzahl von Einzelteilen bestehen, deren koordinierte Entwicklung undFertigung eine zentrale Leistungskomponente darstellen. Weiteres gemeinsamesMerkmal ist die Inkrementalität von Forschung und Entwicklung sowie die hoheBedeutung von Prozessinnovationen, was ihre Zuordnung zu den hochwertigenTechnologien erklärt.

Die identifizierten Stärken in den genannten Warengruppen können gle-ichzeitig aber auch als Schwäche interpretiert werden, denn Japan ist es in denletzten Jahren nicht gelungen, in neuen Sektoren Fuß zu fassen, ganz im Un-terschied zu den USA. Dies hat zu erheblichen Bedenken gegenüber der Anpas-sungsfähigkeit des als rigide eingestuften japanischen Innovationssystems geführt(Cottrell 1996; Aoki 2000; Baba, Takai/Mizuta 1995). In einem jüngst erschiene-nen Beitrag, überschrieben mit „Inertia in Japanese Organizations“, identifizierenCollinson und Wilson (2006) Routinen und Pfadabhängigkeit als Ursache füreinen Verlust an Innovationsfähigkeit. Besonders eklatant sei Japans Schwächein der Software- und Biotechnologieindustrie, in denen japanische Unternehmennur vereinzelt überhaupt weltweit aktiv sind (vgl. im einzelnen OECD 1998,Lynn/Kishida 2006).

2 Ein positiver Wert zeigt an, dass Japans Exporte in diesen Subsektoren exportseitig stärker aufforschungsintensive Waren (hochwertige und Spitzentechnik) spezialisiert sind als die OECD-Ex-porte insgesamt. Der Anteil an forschungsintensiven Waren an den Exporten ist damit größer alsim Durchschnitt der OECD Länder.

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3 Institution und Innovation: Das Konzept vonInnovationssystemen

Zur Struktur der dominanten Industrien Japans und den sie begünstigenden Insti-tutionen ist gerade in jüngerer Zeit viel publiziert worden (Anchordoguy 2000;Goto 2000; Kokuryô 1997), sodass an dieser Stelle ein kurzer Abriss genügen soll.Um die Ursachen der hohen Wettbewerbsfähigkeit Japans in ausgewählten Sek-toren, gleichzeitig aber auch Japans Schwäche in anderen Sektoren zu verstehen,sind Erklärungsmuster entwickelt worden, die sich implizit oder explizit auf dasaus evolutions- und institutionenökonomischen Arbeiten gespeiste Konzept vonnationalen Innovationssystemen stützen.

Evolutions- und institutionenökonomische Ansätze haben eine ganze Reihevon Ansätzen hervorgebracht, um die Genese und Durchsetzung von Innovationeinerseits und die Heterogenität und Persistenz von Innovationsmustern ander-erseits zu erklären. Diesen Ansätzen ist eine große Realitätsnähe zu verdanken,da sie Innovation als endogen begreifen, die Bedeutung von Institutionen fürinnovatives Handeln herausarbeiten und individuelle und kollektive Lernprozesseanstelle rationaler, entscheidungstheoretischer Kalküle ins Zentrum ihrer Über-legungen stellen (vgl. auch Grupp 1997).3 Wissen und Innovation werden zurwichtigsten Ressource für Wirtschaftswachstum, was sich in der Neuformulierungder Produktionsfaktoren von „Arbeit, Boden, Kapital“ in „Wissen, Energie undMaterie“ ausdrückt (Boulding 1966). Innovation und Wissen werden nicht mehrnur in Bezug auf Spitzentechnologien als volkswirtschaftlich relevant eingestuft,sondern zahlreiche empirische Untersuchungen zeigen, dass selbst in als „lowtech“geltenden Industrien in hohem Maße spezifisches und schwer nachzuahmendesWissen akkumuliert wird (z.B. Norditaliens Textilindustrie) und dass auch derImport neuer Technologien und deren Adaption spezifische Kompetenzen er-fordert, über die nicht alle Akteure gleichermaßen verfügen (Nyholm et al. 2001).Aus dieser Erkenntnis kann die oben eingeführte Unterscheidung in Spitzentech-nologien und hochwertige Technologien hinterfragt werden, da sie, auch wennsie zunächst eine nur rein numerische Kategorisierung anhand des FuE-Inputsvornimmt, normative Implikationen besitzt, indem etwa eine Orientierung aufSpitzentechnologien innovationspolitisch als wünschenswert erscheint (Smith

3 Auch jüngere, dem neoklassischen Ansatz nahestehende Beiträge beschäftigen sich mit innovation-srelevanten Fragen wie etwa dem Zusammenhang von Marktstruktur und Innovationsentstehung.

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2005)4. Auch die Begriffe „Montageindustrien“ oder assembling industries, die sichals Sammelbegriff für die Fahrzeug-, Maschinenbau- und Elektronikindustrieneingebürgert haben, müssen kritisch verwendet werden, denn sie implizieren,dass diese Industrien lediglich ein Zusammensetzen von Teilen erfordern, ohnedass volkswirtschaftlich relevantes Wissen generiert wird. Alternativ könnte mandas japanische Exportmuster als eine Spezialisierung beschreiben, die aufgrundihrer Spezifität und Pfadabhängigkeit nicht ohne weiteres von anderen Ländernkopiert werden kann. Aus dieser Perspektive könnte es dann umgekehrt als einProblem erscheinen, dass andere Innovationssysteme nur begrenzt in der Lagesind, Wissen aus anderen Kontexten zu adaptieren. Aus einem solchen Verständ-nis heraus fragten Rosenberg und Steinmueller bereits 1988 pointiert: „Why areAmericans Such Poor Imitators?“. In diesem Beitrag soll es nicht darum gehen,die Bedeutung und möglicherweise auch die langfristigen Wettbewerbsvorteileunterschiedlicher Spezialisierungsmuster zu diskutieren, denn dies ist an andererStelle geschehen (Patel/Pavitt 1995). Der Beitrag soll vielmehr diejenigen, die sichmit aktuellen regionalen Entwicklungen auseinandersetzen, für die zumindestnicht fraglos hinzunehmenden normativen Implikationen der Diskussion um dieWettbewerbsfähigkeit von Innovationssystemen sensibilisieren.

Innovation, so eine zentrale Annahme evolutions- und institutionenökonomis-cher Ansätze, kann nur über seinen institutionellen und kulturellen Kontextverstanden werden (Lundval 1992). Es geht in diesen Ansätzen darum, Wech-selwirkungen zwischen Innovationsvorgängen und institutionellen Strukturenzu identifizieren. Hierzu wurde, erstmals von Christopher Freeman (1987), dasKonzept nationaler Innovationssysteme entwickelt. Freeman zeigt, dass Inno-vationstätigkeit zunehmend professioneller betrieben und immer stärker vonwissenschaftlichen Erkenntnissen getrieben wird. Der wissenschaftliche Charak-ter von Innovation und ihr zunehmend komplexer Charakter erfordern einezunehmende Institutionalisierung von Innovation. Der veränderte Charakterinnovativer Tätigkeit benötigt damit ein verändertes institutionelles Setting; gle-ichzeitig beeinflussen bereits etablierte Institutionen, wie und welche Art vonInnovation generiert und wie Wissen gespeichert wird (Johnson 1992).

4 Ein Argument in Bezug auf die Nachhaltigkeit der japanischen Wettbewerbsfähigkeit ist, dass Japansich durch seine Fokussierung auf hochwertige Technologien in einer „Sandwich“-Position befinde,da ehemals nachholende Staaten wie Südkorea heute in der Lage seien, diese selber herzustellen,gleichzeitig Japan sich aber nicht in den lukrativen Hochtechnologien positionieren könne.

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Innovationssysteme (Edquist 1997, Nelson 2003) sind als Summe politischer,ökonomischer und sozialer Organisationen und Institutionen, die in die Wis-sensproduktion involviert sind, ein Spezialfall eines institutionellen Settings (Nel-son 1993; Edquist/Hommen 2005). Auch für Innovationssysteme gilt daher, wasUntersuchungen zum institutionellen Wandel gezeigt haben: Institutionen ex-istieren nicht singulär, sondern verhalten sich zueinander komplementär (North1990:95; Ackermann 2001). Selbstverstärkende Effekte können zu einer raschen,teils auch zufälligen Durchsetzung bestimmter institutioneller Settings führen, wiedas dem Konzept der Pfadabhängigkeit zugrundeliegende Modell der Polya-Urne5

gezeigt hat (Arthur 1989; Arthur 1994). Pfadabhängigkeitseffekte führen sozu unterschiedlichen Innovationsmustern, bei denen sich historisch gewachseneUnterschiede in der Dominanz bestimmter Institutionentypen (formaler oderinformeller Art) perpetuieren.

Daraus folgt, dass trotz zunehmender globaler Integration wirtschaftlicherTätigkeiten sich die spezifischen Innovationsprofile der Systeme nur langsamverändern. Dosi (1982) hat hierfür den Begriff des technologischen Paradig-mas eingeführt6, das ein spezifisches Muster von Such- und Lösungsmethodenbeschreibt. Den spezifischen Profilen von Innovationssystemen in bestimmtenTechnologiefeldern unterliegen damit bestimmte institutionelle Konfigurationen,die durch die komplexe Interdependenz von technologischen und institutionellenEntwicklungen entstanden sind. Betont wird die dynamische Koevolution vontechnologisch-institutionellen Pfaden, die zur Herausbildung dominanter Pfadevon Innovationssystemen führten (Freeman 1998, Edquist/Hommen 2005, Lund-vall/Maskell 2000)7.

Das dominante Innovationssystem, das sich in Japan in den letzten 50 Jahrenherausgebildet hat, ist durch spezifische institutionelle Settings in den externen

5 Zur Illustration von Pfadabhängigkeit greift Arthur auf das sogenannte Polya-Modell zurück, einnach dem Mathematiker George Polya benanntes Modell, und erweitert dieses. Das Modell siehtfolgendermaßen aus: In einer Urne befinden sich zwei Kugeln mit den Farben weiß und rot. PerZufallsauswahl wird eine Kugel gezogen und entsprechend der gezogenen Farbe eine Kugel derselbenFarbe in die Urne gelegt. Dieses Vorgehen wird in jeder Runde wiederholt. Im Ergebnis steigt dieWahrscheinlichkeit zunehmend, nur eine der beiden Kugelfarben zu ziehen. Dieses Modell willselbstverstärkende Prozesse beschreiben, die bei Pfadabhängigkeit auftreten.

6 In der institutionentheoretischen Terminologie kann ein Paradigma als Meta-Institution verstandenwerden (Lundval 1992).

7 Neben nationalen Innovationssystemen sind auch anderer Grenzziehungen von Systemen möglichsind; so etwa regionale oder sektorale (Balzat/Hanusch 2004). Dieser Beitrag beschränkt sich aufnationale Innovationssysteme aufgrund der genannten anhaltenden Spezialisierungsmuster.

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und internen Arbeitsmärkten, im Kapitalmarkt, in der Bildungs- und Wettbe-werbspolitik und in der Industrieorganisation gekennzeichnet. UnterschiedlicheInstrumente (unternehmensspezifische Karriere- und Entlohungssysteme; Kred-itvergabe anstelle Risikokapital; auf Diffusion gerichtete Eigentumsrechte) undunterentwickelte Schnittstellen zwischen einzelnen Institutionen, insbesonderezwischen Universitäten und Privatwirtschaft, begünstigen bis heute inkrementelleInnovationsprozesse. Gleichzeitig wurden Netzwerkstrukturen zwischen Un-ternehmen entwickelt, welche die effiziente Koordination einer Vielzahl einzelnerArbeitsschritte (Hemmert 2000, Williamson 1985) und, durch „learning by inter-acting“, zeitnahe und kundenorientierte Innovationen ermöglichten. In dieserPerspektive kann das japanische Innovationssystem mit seinen spezifischen na-tionalen Schlüsselinstitutionen als eines begriffen werden, das in seiner Logikprimär auf Industrien ausgerichtet ist, die sich durch inkrementelle Forschungund intensive gegenseitige Abstimmungsprozesse auszeichnen.

Diese Stärken führen aber gleichzeitig zu mismatch-Problemen, da die vorhan-denen Institutionen zu den Erfordernissen neuer Industrien inkompatibel sind. Sosind der externe Arbeitsmarkt mit seinem Unterangebot an qualifizierten Spezial-isten, der interne Arbeitsmarkt mit seiner geringen Gewichtung individuellerKompetenzen und seiner Präferenz einer generalistischen Ausbildung, der kredit-basierte und risikoaverse Kapitalmarkt, die unterentwickelten Schnittstellen zwis-chen Forschungseinrichtungen und Industrie sowie schließlich die strategischenNetzwerke mit ihrer geringen Öffnung nach außen wesentliche Ursachen, warumJapan keine international wettbewerbsfähige Softwareindustrie entwickeln kon-nte. Die Nachteile wiegen schwer, da wechselseitige Komplementaritäten einenPfadwechsel zumindest kurzfristig verhindern: Auf langfristige und häufig person-alisierte Zusammenarbeit orientierte strategische Netzwerke mit einem tendenziellvertikalen Charakter, die komplementär zu spezifischen Innovationsstrategien(z.B. das System von Gastingenieuren) oder zu spezifischencorporate governanceStrukturen liegen (z.B. die nach wie vor anhaltende Bedeutung langfristiger strate-gischer Investitionen) und aufgrund ihres inkrementellen Innovationscharakterskeinen Risikokapitalmarkt benötigen, lassen sich nicht einfach auf die Anforderun-gen neuer Sektoren hin rekonstruieren. Gleichwohl richten sich die Bemühungender japanischen Wirtschafts-, Bildungs- und Innovationspolitik genau hierauf: Dasjapanische Innovationssystem in seiner jetzigen Ausrichtung gilt als nicht nach-haltig wettbewerbsfähig, was zu Reformen in sämtlichen innovationsrelevantenPolitikbereichen geführt hat (vgl. Hemmert 2005, METI 2001).

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Abgesehen von der Frage, ob es das gegenwärtig als Modell dienendeamerikanische Innovationssystem in der in Japan rezipierten Form überhauptgibt (Frieden (im Druck)) und inwieweit eine Konvergenz differenter nationalerInnovationssysteme möglich ist (Lynn/Kishida 2006; Schmidt/Spindler 2002),erscheint die gegenwärtige Einschätzung der Potenziale des japanischen Innova-tionssystems als zu pessimistisch. Grundsätzlich ist dem oft etwas determinis-tisch anmutenden Konzept der Pfadabhängigkeit entgegenzuhalten (vgl. auchCrouch/Farrell 2002), dass wir uns ganz im Hayek’schen Sinne nicht der Tatsacheverschließen sollten, dass ökonomische Entwicklungen offen sind – wir könnennicht prognostizieren, welche Industrien „Zukunftsindustrien“ oder welche Or-ganisationsformen besonders tragfähig sind. Auch hierfür ist Japan ein gutesBeispiel: Die japanische Industrieorganisation mit ihren netzwerkartigen, aufLangfristigkeit angelegten Interaktionen insbesondere zwischen Herstellern undPrimärzulieferern (First-tier-Zulieferer) ist nur als Reaktion auf bestehende Re-striktionen im bestehenden institutionellen Setting, insbesondere im Arbeits- undKapitalmarkt, zu verstehen (Waldenberger 1996). Zunächst wurde sie nämlich alsein Wettbewerbsnachteil identifiziert; erst im Zeitverlauf wurden ihre Potenzialeerkannt (vgl. ebenso zum e-commerce Storz 2005). Eine andere Frage ist die obenaufgeworfene hinsichtlich einer normativen Wertung von Spezialisierungsmustern.Insbesondere aber, und hier setzt das vorliegende Papier an, vernachlässigt einestrikt pfadabhängige Interpretation von Innovationssystemen die Plastizität8 in-stitutioneller Systeme. Durch die Plastizität von Innovationssystemen wird es,pointiert formuliert, nahezu irrelevant, ob Systeme pfadabhängig sind, denninnerhalb und am Rande von Systemen besteht eine ex ante nicht prognostizier-bare Vielzahl zu entdeckender Handlungsoptionen, welche Vorbedingung für dieGenese von innovativen Industrien sind. Dieser Plastizität ist bisher unzureichendBeachtung geschenkt worden.

8 Unter Plastizität wird hier eine ex ante bestehende Spannbreite potenzieller Möglichkeiten der Inno-vationsentstehung innerhalb von technologisch-institutionellen Pfaden von Innovationssystemenverstanden. Der Begriff wurde von Alchian und Woodward (1988) aus den Materialwissenschaftenin die Ökonomik eingeführt, um zu beschreiben, dass Akteure über eine Vielzahl von Entschei-dungsmöglichkeiten bei der Nutzung von Ressourcen verfügen.

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4 Kulturgüter und Videospiele: ErfolgreicheProduktlinien jenseits der Montageindustrien

Japanische Populärkultur gilt insbesondere unter jungen Konsumenten als „cool“:Bizarre Videospiele, phantasiereiche anime-Filme (Zeichentrickfilme), manga(Comics) oder eingängige Popmusik (J-Pop) sind weltweit beliebt. Jeder Ju-gendliche kennt Nintendo, die Spielkonsole Playstation und Videospiele wieFinal Fantasy und Dragon Quest. J-Pop ist die in Ostasien beliebteste Populär-musik; japanische, animierte Zeichentrickfilme füllen die Nachmittagssendungenin den USA, und 60% der animierten Zeichentrickfilme weltweit werden in Japanproduziert. Der animierte Zeichentrickfilm Spirited Away von Hayao Miyazakiist der erste animierte Film überhaupt, der je mit einem Oscar ausgezeichnetwurde. Die internationale Wertschätzung der japanischen Unterhaltungs- undMedienindustrie9 drückt sich in überdurchschnittlichen Exportdaten aus: DerExport hat sich nach Angaben des Marubeni Research Institute zwischen 1992und 2002 um 150% erhöht, während der Export von Gütern der verarbeitendenIndustrie nur um rund 21% gestiegen ist (Marubeni 2004). Dies hat die BusinessWeek zu der Frage provoziert, ob US-amerikanische Vertriebsagenturen auf ihreneue Funktion – den Import ausländischer, nämlich japanischer Kulturprodukte– ausreichend vorbereitet seien (Business Week 2004; Time Asia 2003). McGray(2002) setzt glqq Japan’s gross national product“ gar mit „Japan’s gross nationalcool“ gleich.

Jenseits dieser medialen Begeisterung und der durch Moden geprägten Gleich-setzung von japanischen Produktlinien mit „coolness“ sowie in Anerkennung derTatsache, dass gerade die Unterhaltungs- und Medienindustrie durch Volatilitätgekennzeichnet und sensibel gegenüber konjunkturellen Schwankungen ist (Shin-taku, Tanaka/Yanagawa 2004)10, sind ihre Optionen in der Tat beeindruckend:Positive Netzexternalitäten und ab Erreichen eines bestimmten Produktionsvolu-mens praktisch grenzkostenfreie Produktion machen einen Markteintritt attraktiv(Shankar/Bayus 2002; Clemens/Ono 2004). Zudem erwarten führende nationale

9 Auf englisch: entertainment and media industry; auf japanisch: kontentsu sangyô. Hierzu zählenim Einzelnen: filmed entertainment, television networks, television distribution, recorded music,radio, internet advertising, video games, business information, magazine publishing, newspaperpublishing, consumer book publishing, educational books and training, theme parks, sports (ChûôAoyama 2005), gelegentlich auch als Kulturindustrie bezeichnet.

10 Zudem ist die Preiselastizität der Nachfrage gering, da die meisten Konsumenten jüngeren Alters-gruppen angehören.

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Think tanks und internationale Organisationen (Marubeni 2004; PWC 2005;OECD 2005) aufgrund einer zunehmenden Sättigung mit materiellen Güternweltweit ein Wachstum der Unterhaltungs- und Medienindustrie von über 16%.Überdurchschnittlich soll insbesondere der Sektor Videospiele wachsen (ChûôAoyama 2005).

Innerhalb der Unterhaltungs- und Medienindustrie ist die Wettbewerbs-fähigkeit japanischer Videospiele besonders beeindruckend. Videospiele bestehenaus Hardware (insbesondere Konsolen), also Konsumelektronik, und aus Software,die auf dieser Hardware abgespielt wird11. Die Hardware für Videospiele wurdebis zum Aufkommen der X-Box von Microsoft ausschließlich von japanischen Un-ternehmen dominiert. Führend in der Konsolenproduktion sind Nintendo undSony Computer Entertainment (SCE). Aufgrund der komparativen Wettbewerb-svorteile japanischer Unternehmen in der Konsumelektronik, dem Maschinenbauund der Mikroelektronik mag dies wenig überraschend sein. Überraschend aberist, dass auch bei der Videogamesoftware ein Handelsüberschuss erzielt wird. ImJahr 1996 lag dieser bei 6 Mio. USD, im Unterschied zur defizitären Softwarein-dustrie insgesamt (OECD 1998:32). Der Umsatz von Spielesoftware hat sichin den Jahren 1995 bis 1999 mehr als verdoppelt (Shintaku, Tanaka/Yanagawa2004:97). Weltweit werden gegenwärtig 20-30% der Spiele von japanischen Her-stellern entwickelt. Während auf dem US-amerikanischen Markt japanischeHersteller ungefähr zu gleichen Anteilen vertreten sind wie US-amerikanischeHersteller, ist bisher auf dem japanischen Markt trotz seiner Offenheit keinamerikanisches Spieleunternehmen präsent. Überraschend ist der Erfolg derSpieleindustrie insbesondere vor dem Hintergrund, dass Software zu den Spitzen-technologien gezählt wird, in der Japan einen komparativen Wettbewerbsnachteilbesitzt.12 Viele Komponenten wie etwa Visualisierungstechniken werden mit

11 In amtlichen Statistiken wird Software oft noch nicht gesondert erfasst, sondern unter Un-ternehmensdienstleistungen subsumiert, was eine quantitative Erfassung erschwert. Wird Softwareerfasst, dann wird i.d.R. nicht nach Art der Software differenziert und Spielesoftware nicht geson-dert ausgewiesen. Die nachfolgenden Daten beruhen daher auf Angaben von Fachverbänden sowieauf Experteninterviews.

12 Auskunft von Interactive (spezialisiertes japanisches Beratungsinstitut zur Spielesoftware) sowie vonVertretern der Wirtschaftsinformatik. Innovationen finden in der Spieleindustrie in der Hardwareund in der Software statt. Für die Hardware liegen keine exakten Daten vor; die Entwicklung derPlaystation aber illustriert den steigenden FuE-Aufwand gut: Die Entwicklung von Playstation3 benötigte ca 1,5 Mrd. JPY und eine dreijährige Entwicklungszeit (Planung, Programmierungund Grafik: 2000 Entwickler/Monat); die Entwicklung der ersten Playstation erforderte nur 200Mio. JPY mit insgesamt 350 Entwicklern/Monat. In der Softwareentwicklung findet man F&E in

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Zeitverzögerung in der kommerziellen Software eingesetzt. Ergänzend anzufügenist, dass nicht nur 75,3% der hardware, sondern auch 49,7% der software vonSpielen exportiert werden (Stand 2004, vgl. CESA 2005:71).

Aus politischer Sicht ist der Sektor zusätzlich von Interesse, weil diewichtige Zielgruppe junger Erwachsener erreicht werden kann. Das japanis-che Wirtschaftsministerium METI hat auch aufgrund dieses „Mehrwertes“ eineVielzahl von Instrumenten zur Förderung dieses Sektors formuliert, und mittler-weile allgemein gebräuchliche Slogans wie „Cool Japan“ oder „J-cool“ geprägt.So werden über affiliierte Verbände (z.B. Digital Content Association Japan) einintensiver Personalaustausch mit südostasiatischen, koreanischen und chinesischenKünstlern oder über die Außenhandelsorganisation JETRO einschlägige Messenund Events im Ausland organisiert. Gerade aufgrund der nach wie vor belastetenaußenpolitischen Kommunikation mit den Ländern der Region ist die Popularitätjapanischer Kulturgüter willkommen.

5 Plastizität durch Re-interpretation und periphereInstitutionen

Unabhängig von den oben aufgezeigten Optionen ist die Wettbewerbsfähigkeit derjapanischen Spieleindustrie deswegen von Interesse, da ihre Genese zumindest aufden ersten Blick dem Konzept institutioneller Pfadabhängigkeit zu widersprechenscheint, denn die Institutionen des japanischen Innovationssystems haben erhe-bliche Fehlanreize für die Genese neuer Industrien wie der Softwareindustriegesetzt. Wie lässt es sich vor diesem Hintergrund erklären, dass ein Subsektorder Softwareindustrie, die Spielesoftware, entstehen und sich auf dem Weltmarkterfolgreich durchsetzen konnte? Nachfolgend wird argumentiert, dass die In-terpretation von Innovationssystemen als Summe von Institutionen mit relativeindeutigen Anreizen für Akteure, wie sie für Japan nachgezeichnet wordensind, im Zeitverlauf dynamisch verändernder Funktionszuschreibungen durchRe-interpretation sowie periphere Institutionen an den Systemgrenzen vernach-lässigt wird13. Alternativ könnte argumentiert werden, dass die Spielesoftware

der Entwicklung und Anpassung von Tools und Prototypen sowie bei Tests. Nach Schätzung vonExperten liegen die Entwicklungskosten bei 20% des Umsatzes.

13 Die Re-interpretation von Institutionen auf der einen und die Nichtkohärenz von Innovation-ssystemen sind analytisch getrennte Einheiten, die in der Realität aber überwiegend zu hybridenLösungen führen werden.

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im Unterschied zur kommerziellen Software kompatibel zum japanischen In-novationssystem ist. Dieses Argument vernachlässigt aber den innovativen unddynamischen Charakter der Genese dieser Industrie und soll daher nicht weiterverfolgt werden (vgl. Storz (im Erscheinen)). Sicherlich haben auch nichtinsti-tutionelle Faktoren wie die seit den 1920er Jahren tradierte Populärkultur desmanga und die günstige Ausgangsposition eines vergleichsweise großen Marktesfür game software14 die Genese der Spieleindustrie begünstigt. Die Genese einerneuen Industrie aber bedurfte der Schaffung eines adäquaten Innovationssystems.

Eine wichtige Funktion von Institutionen ist, Anreize für Handlungen zusetzen oder, allgemeiner formuliert, Verhalten zu kanalisieren. Deswegen ist eswichtig, „richtigen“ Institutionen, eine „richtige“ Ordnung zu schaffen, um soangemessene Verhaltensmuster zu evozieren (Schüller 2006). Die vergleichendeInstitutionenökonomik hat gezeigt, dass alternative institutionelle Settings in derTat unterschiedliches Verhalten begünstigen, was zu der Schlussfolgerung führt,dass eine Veränderung nicht wünschenswerter Zustände eine Veränderung desinstitutionellen Settings erfordert (Voigt 1998, 2002). Ein solcher Ansatz stellt eineeindeutige Kausalität zwischen Institutionen und dem durch sie evozierten Verhal-ten her. Dieser Beitrag möchte diese Perspektive erweitern: In einer dynamischenSicht können auch etablierte Institutionen neue, unerwartete Funktionen erfüllen,die zunächst aufgrund der begrenzten Rationalität von Akteuren (Jackson 2005)nicht vorhergesehen werden können.

Dies geschieht dadurch, dass bestehende Institutionen – auch in unerwarteterWeise – re-interpretiert bzw. an einen neuen Kontext adaptiert werden. Streeckund Thelen (2005) bezeichnen diese Form institutionellen Wandels als conversion,Dew, Sarasvathy/Venkataraman (2004) in Anlehnung an die Evolutionsbiologieals Exaptation. Ein bekanntes Beispiel ist das der urzeitlichen Federn, derenursprüngliche Funktion in der Isolationswirkung bestand und erst später in derEinsetzbarkeit für den Flug. Durch Re-interpretation können innerhalb einesInnovationssystems selbst diejenigen Institutionen, die in bestimmten Zusam-menhängen Innovationen behindern, in anderen Zusammenhängen innovativesHandeln begünstigen. Folgt man diesem Ansatz, dann erscheint die Annahme

14 Das Gesamtvolumen der Unterhaltungs- und Medienindustrie liegt in Japan zwar nur bei 13Billionen JPY und damit deutlich niedriger als in den USA mit insgesamt 34 Billionen JPY (beieiner ca. nur 2,2fach höheren Einwohnerzahl). Der Markt für Spielesoftware hingegen ist in beidenLändern ähnlich groß (Japan: 1 Billion JPY; USA: 0,9 Billionen JPY) (Digital Content Association2006; vgl. auch Chûô Aoyama 2005:5).

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sich selbstverstärkender Institutionen im Konzept der Pfadabhängigkeit frag-würdig, denn Selbstverstärkung erfolgt im Wesentlichen außerhalb von Akteuren,während neue Funktionszuschreibungen der aktiven und kreativen Leistung derbeteiligten Akteure Rechnung tragen, die nicht vorstrukturierte Situationen be-wältigen müssen. Institutionen besitzen dadurch eine hohe Adaptionsfähigkeit.

Die Plastizität von Innovationssystemen resultiert weiter aus der fehlendenKohärenz von Systemen. Das Konzept der Pfadabhängigkeit geht davon aus,dass Institutionen sich zueinander komplementär verhalten und sich gegenseitigverstärken. In der Realität jedoch erscheint diese Annahme fragwürdig: Innerhalbeines jeden Systems besteht eine Hierarchie dominanter und peripherer Institutio-nen, die unterschiedliche Anreize für die Genese von Wissen setzen (Amable 2003).Die Institutionen eines Systems sind einem permanenten Wettbewerb zwischenAkteuren ausgesetzt, sodass sie sich nur temporär in einem Gleichgewicht befinden.Dominante Institutionen werden permanent in ihrem Gültigkeitsanspruch vonperipheren Institutionen herausgefordert, welche die Angemessenheit des dom-inanten Designs in Frage stellen. Folgt man diesem Ansatz, dann sind institu-tionelle Systeme eher „Institutionenpools“, wie es Pascha (2006) genannt hat, nichtaber ein kohärentes, monolithisches, in sich geschlossenes System. Definitionenvon Innovationssystemen beziehen sich häufig nur auf das dominante System,d.h. jenes, das die Logik des gesamten Systems definiert. Häufig vernachlässigtaber werden Institutionen an der Systemperipherie. Entscheidend ist dabei nicht,ob periphere Institutionen bereits existent sind oder von Akteuren neu geschaf-fen werden (was eine Form einer institutionellen Innovation wäre), sondern diebeschriebene Vieldeutigkeit von Innovationssystemen.

Dieser Ansatz weist interessante Parallelen zur jüngeren evolutionärenÖkonomik auf. Koch (2005) etwa hat für die Formulierung von Wirtschaftspoli-tik gezeigt, dass die Wahl institutioneller Lösungen (wie politischer Instrumente)das Ergebnis von Verhandlungen zwischen einer Vielzahl von Akteuren ist, diein ständigem Wettbewerb um die Durchsetzung derjenigen Instrumente stehen,die sie als vorteilhaft für sich bzw. für die Lösung eines bestimmten Problemsbeurteilen. Das Ergebnis dieser Verhandlungen ist meist keine Harmonisierungunterschiedlicher Interessen, sondern ein Kompromiss, sodass Akteure grundsät-zlich versuchen werden, „ihre“ als geeignet erscheinende institutionelle Lösungin späteren Phasen durchzusetzen. Insofern ist es nicht so, dass in einem Systemeine, sondern dass eine Vielzahl institutioneller Lösungen existiert (Dijk 1997;Lindblom 1959). Akteure können sich dann nicht mehr etablierter Routinen

Inertia in Japanese organizations? 17

und einer spezifischen Systemlogik gemäß verhalten, sondern müssen eigeneLogiken entwickeln, sich zwischen Handlungsalternativen entscheiden oder dieseantizipatorisch schaffen (Crouch/Farrell 2002)15. In Innovationssystemen mages daher etwa die dominante Industrieorganisation der Fahrzeugindustrie geben,die auch für andere Sektoren eine Modellwirkung beansprucht; an der Peripheriedes Innovationssystems aber bestehen alternative Modi zur Zusammenarbeit vonFirmen.

Das Argument der Re-interpretation und der Aktivierung peripherer Insti-tutionen kann mit der grundsätzlichen Frage verknüpft werden, wie sich Insti-tutionen wandeln. Streeck and Thelen (2005) haben fünf Typen institutionellenWandels identifiziert, die sie als graduellen, transformativen Wandel beschreiben.Auch wenn Typologien immer unvollständig und Grenzziehungen willkürlicherscheinen mögen – so nachfolgend die Differenzierung zwischen displacementund layering –, kommt Streeck und Thelen der Verdienst zu, dass sie dem prozes-sualen Charakter von institutionellem Wandel und den Dynamiken von SystemenRechnung tragen. Institutioneller Wandel kann ihnen zufolge stattfinden in denFormen von:

• conversion: Institutionen werden neue Funktionen oder Zielsetzungenzugeschrieben (in diesem Beitrag bezeichnet als Re-interpretation);

• displacement: neue Modelle emergieren und stellen alte in Frage (in diesemBeitrag Nähe zu peripheren Institutionen);

• layering: neue Praktiken entstehen am Rande und scheinen zunächst nurgeringfügige Verbesserungen bestehender Institutionen zu sein, aber imZeitverlauf und mit zunehmendem Erfolg stellen sie bestehende Institutionenin Frage;

• drifting: unzureichend anpassungsfähige Institutionen werden von den Ak-teuren verlassen;

• exhaustion: Akteure unterminieren Institutionen, so dass sie im Zeitverlaufan Bedeutung verlieren.

15 Vor diesem Hintergrund wurde in der jüngeren Forschung das Konzept der Pfadabhängigkeit erweit-ert, indem danach gefragt wurde, wie Akteure selbst Pfade generieren (Stack/Gartland, 2003). Teilsunter Rückgriff auf Unternehmertheorien als auch auf die innerhalb der Standardisierungsökonomikstattfindende Diskussion um die tatsächliche Existenz von „lock-ins“ (vgl. Liebowitz/Margolis 1995)betonen diese Beiträge die Rolle von Akteuren, die ihre Umwelt und das institutionelle Settinggestalten, indem Rückkopplungseffekte und Kompatibilitäten aktiv erzeugt werden (Garud/Karnoe2001). In diesem Beitrag wird der Begriff der Plastizität bevorzugt, da als nichtgeklärt angesehenwerden kann, wann ein Pfad als „neu“ anzusehen ist.

18 Cornelia Storz

Das Konzept einer Systemplastizität unterscheidet sich damit vom Konzept derPfadabhängigkeit im Wesentlichen durch zwei Punkte: Erstens werden Hand-lungsspielräume von Akteuren innerhalb gegebener Strukturen betont. Im Rah-men reflexiver Prozesse können etablierte und allgemein akzeptierte Routinen,Institutionen und Spielregeln in Frage gestellt, re-interpretiert, durch Alternativenersetzt oder adaptiert werden. Zweitens erscheinen Institutionen nicht als gegeben,sondern als Ergebnis eines permanenten Wettwerbsprozesses. Hieraus ergibt sicheine größere Entwicklungsoffenheit. Aus dem Konzept der Systemplastizitätresultiert damit auch eine Skepsis zu dem in vielen institutionenökonomischenArbeiten angelegten Pessimismus der Optionen institutionellen Wandels.

6 Entwicklung von Videospielen und die Plastizitätdes japanischen Innovationssystems

Dieser Beitrag analysiert die Entwicklung der Spieleindustrie auf drei Ebenen: aufder Ebene der Industrie, der Spielefirmen und einzelner Projekte.16 Da die Analyseauf Fallstudien in der Softwareindustrie beruht, besitzt sie explorativen Charakter.Die nachfolgende Skizzierung der Kompetenzen in der Spieleentwicklung und desEntwicklungsprozesses kann daher nur fallbeispielartige Evidenz dafür aufzeigen,dass die Spieleentwicklung in japanischen Firmen durch besondere Charakteristikageprägt ist, die in dieser Ausprägung für die dominanten Industrien in Japanweniger gelten. Die spezifischen Probleme, die sich daraus ergeben, werdenüberraschenderweise nicht nur durch neue Institutionen, sondern auch durchRekurs auf bestehende dominante Institutionen gelöst.

Kompetenzen in der Spieleentwicklung

Videospiele werden für unterschiedliche Interessen entwickelt: Es gibt Rollen-,Aktions-, Sport-, Abenteuer-, Strategie-, Simulations- und Wissensspiele17. Sie

16 Daten und Informationen der nachfolgenden Abschnitte beruhen auf 30 Interviews mit keyin-formants und Akteuren der japanischen Spieleindustrie. Die Interviews wurden zwischen Maiund Juni 2006 in Tokyo durchgeführt. Gesprächspartner waren acht Software publisher, zweiSoftware developer, drei Zulieferer, vier Verbände, zwei Ausbildungseinrichtungen, ein Analyst,ein Risikokapitalgeber, ein Kreditunternehmen sowie zehn weitere keypersons (Forschungsinstitute,Wissenschaftler).

17 Besonders wichtige Kategorien hinsichtlich des Umsatzes sind Rollenspiele (RPG, role playing games)und Aktionsspiele. Bei ersteren spielt ein Spieler (oder mehrere) ein Spiel, das zu bestimmten Zeit-

Inertia in Japanese organizations? 19

können auf unterschiedlichen Medien gespielt werden, so auf Konsolen, PCs,Arkadenspielen (in Spielhallen), auf Mobiltelefonen oder im Internet. Die En-twicklungsprozesse der jeweiligen Software sowie die Anforderungen an dasHumankapital unterscheiden sich damit voneinander, sodass sich die nachfolgen-den Ausführungen zu Kompetenzprofilen und Projektabläufen nur als ungefähreAngaben verstehen. Im Anschluss wird die Einbindung dieser Kompetenzen inden Entwicklungsprozess skizziert.

Die Entwicklung von Videospielen erfordert unterschiedliche Kompetenzen:

• Spieldesign, Zeichnung, Ton (sogenannte künstlerische Tätigkeiten18),• Programmierung und• Testen.

Spieldesigner19 leiten und koordinieren das Projekt. Sie verfassen den Entwurffür ein Spiel und legen Ziel, Atmosphäre (oft als mission bezeichnet), Themaund Spielregeln (z.B. Anzahl der Spieler) fest. Ihre Aufgabe ist es, ein in sichschlüssiges und attraktives Gesamtkonzept zu entwerfen. Assistierende Spield-esigner wie die sog. level designer arbeiten mit Zeichnern und Toningenieurenzusammen und koordinieren einzelne Spielabschnitte; writer designer entwerfenTexte und Dialoge. Sobald das Konzept feststeht, erfolgt eine detaillierte Planung(design document), in der alles niedergeschrieben ist, was der Spieler währenddes Spieles sieht, tut oder hört. Die Funktion von Spieldesignern ist daher mitder Funktion herkömmlicher Autoren zu vergleichen, die ebenfalls das Genreeines Drehbuches, die leitende Handlung, die Atmosphäre, Anleihen aus andererLiteratur etc. festlegen; mit dem Unterschied allerdings, dass bei Videospielen derSpieler selbst die Geschichte und das Ergebnis entscheidet, da er aus einer Vielzahlvon Optionen auswählen kann, die der Spieldesigner anbietet. Vom Spieldesignerwird der Entwurf eines unterhaltenden, faszinierenden, anspruchsvollen undnicht zu technischen Spieles erwartet. Konkret ist es beispielsweise notwendig,die Schnelligkeit und den Rhythmus eines Spieles zu definieren und mit den

punkten Entscheidungen seitens des Spielers verlangt, in deren Abhängigkeit neue Handlungsweisenund Erzählabläufe eintreten. Entscheidend für den Erfolg eines Spieles ist daher ein kreativesDrehbuch, das eine Vielzahl von Handlungsabläufen anbietet. Für Aktionsspiele ist naturgemäßdie story weniger bedeutsam. Wichtig aber sind Art, Bewegungsabläufe und Typen der animiertenFiguren, da sie es sind, die das Spiel unterhaltsam machen und Objekt der Identifikation des Spielerssind.

18 Auf japanisch als Âchisuto (artist) oder kuriêtâ (creator) bezeichnet.19 Auch als Regisseur (auf japanisch: dairekutâ) bezeichnet.

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erwarteten Konsumentenpräferenzen abzustimmen. Game designer haben häufigStudiengänge wie Theater- oder Literaturwissenschaften belegt (in den USA auch:creative writing); weitere Qualifikationen sind Management- und Koordinations-sowie technische Fähigkeiten.

Die Bilder auf dem Bildschirm sind der erste Eindruck, den der Spieler voneinem Spiel gewinnt. Es ist Aufgabe von Zeichnern, das Konzept des Spielde-signers in animierte Figuren, Hintergründe, Tiere, Fahrzeuge, Symbole u.a.m.umzusetzen. Je nach Aufgabengebiet des Zeichners unterscheidet man Figurenze-ichner/Trickfilmzeichner (character artist/animator), die durch ihre Zeichnungenrealitätsnahe Persönlichkeiten schaffen, Hintergrundzeichner/Modellierer (back-ground artist/modelers), die Kulissen (fremde Planeten, Rennstrecken) entwerfen,und Oberflächenzeichner (texture artist), die Strukturen und Beschaffenheiten vonOberflächen darstellen. Zeichner müssen grundlegende mathematische Konzeptebeherrschen (besonders bei dreidimensionalen Spielen), Software an neue Er-fordernisse (etwa an neue Spiele oder Szenen) adaptieren, sich selbst eigenständigneue Softwaretools aneignen können sowie Kompetenzen in den Bereichen grafis-ches Design, Farbentheorie und Malerei besitzen.

Alle Zeichnungen werden mit Ton unterlegt, wodurch die erzählte Geschichteeine größere Realitätsnähe erhält. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeitzwischen Toningenieuren, Spieldesignern und Zeichnern, um die Stimmungeinzelner Spielszenen angemessen wiederzugeben. Zu Beginn eines Spieles erhaltenToningenieure eine Liste von Dialogen, Geräuschen (Fußbälle, die ins Netz gehen;Hintergrundstimmen; Sprechen bei unterschiedlichen Distanzen) und von Musik,die für das Spiel erforderlich sind, und die selbst erzeugt bzw. aus CD-Archivenzusammengestellt werden. Toningenieure sind musisch kreative und technischkenntnisreiche Personen und haben häufig musikwissenschaftliche Studiengängeabsolviert.

Programmierer und Systemingenieure wandeln Design, Zeichnungen undTon in Software um, indem etwa Algorithmen für Bewegungen (Drehungen,Geschwindigkeit, Schwerelosigkeit) entwickelt werden. Entscheidend ist, dassein Spiel nicht zu „technisch“ ist, so dass es von jedem gespielt werden kann,sowie weiter, dass möglichst wenig Speicherkapazitäten für die Programmierungverwendet werden. Nur geringfügige Änderungen können zahlreiche alternativeHandlungs- und Bewegungsabläufe verhindern oder aber ermöglichen. Innerhalbeines Programmierungsteams gibt es zahlreiche Spezialisierungen (Softwaretools,Klang, künstliche Intelligenz etc.). Programmierer besitzen gute mathematis-

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che Kenntnisse, sind mit Programmiersprachen wie C oder C++ vertraut, undkönnen eigenständig neue Programmstandards entwickeln. Da eine Program-mierfunktion im Unterschied zu Spielideen, Grafiken oder Ton in verschiedenenSpielen eingesetzt werden kann, ist in vielen Spielfirmen der Anteil der Program-mierer geringer als der der künstlerisch Beschäftigten.

Das Spiel wird während der Entwicklung mehrfach sowie die Endversiondes Spieles abschließend getestet. Die dokumentierten Fehler können teilweiseleicht behoben werden, teils führen sie zu erheblichen Revisionen am Spiel. Testersind spielerfahrene Personen, die technisches und kommunikatives Know-howbesitzen, um während der debugging-Phase (Behebung von Programmierfehlern)Fehler identifizieren und kommunizieren zu können.

Im Unterschied zu den traditionellen Fahrzeug- und Konsumelektronikindus-trien spielen damit kreative Anforderungen eine besondere Rolle, die Spannbre-ite der beteiligten Disziplinen ist breiter und die Heterogenität zwischen denbeteiligten Entwicklern ist besonders ausgeprägt.

In-house-Entwicklung von Software: Projektablauf

Spielesoftware kann entweder in-house entwickelt oder ganz bzw. zu Teilenoutgesourct werden. In diesem Abschnitt soll es um Charakteristika der In--house-Entwicklung gehen. Die In-house-Entwicklung findet in Teams statt, dieprojektbezogen gebildet werden. Der Projektablauf stellt sich wie folgt dar:

• Planung: Ideenfindung, Konzeptentwicklung, Spieldesign, Entwürfe. In derersten Entwicklungsstufe, der Planungsstufe, muss im Wesentlichen überdrei Punkte Einigkeit erzielt werden: die Geschichte und Atmosphäre desSpieles sowie die Charakteristika der animierten Figuren. An diesem Kern-team nehmen der verantwortliche Aufnahmeleiter (Produzent), ein bis zweiSpieldesigner, drei bis fünf Zeichner, ein bis zwei Toningenieure, und fünfbis zehn Programmierer teil. Außerdem ist in Japan seit Planungsbeginn dieMarketingabteilung Mitglied des Teams. Im Verlauf des Projektes kann dieAnzahl der Projektmitarbeiter um ein Vielfaches erhöht werden. Bei einemmittelgroßen Softwarepublisher etwa sind zu Projektende um die 200-300Projektteilnehmer keine Seltenheit. Diese Phase kann ca. sechs Monatebenötigen.

• Produktspezifikation und Entwicklung von Prototypen. Spezifikationen desSpieles werden diskutiert. Layout, features und technische Festlegun-

22 Cornelia Storz

gen bezüglich des insgesamt zur Verfügung stehenden Speichers erfolgen.Grafikdesigner und Toningenieure beginnen mit ihren spezialisierten Auf-gaben. Nach ca. acht Monaten wird ein erster Prototyp entwickelt.

• Informelle Bewertung und Modifikationen. Der Prototyp wird von der verant-wortlichen Projektleitung gemeinsam mit dem Team bewertet. Anschließenderfolgen im Zeitraum von ungefähr einem Monat Modifikationen. Änderun-gen werden z.B. dahingehend durchgeführt, dass Spiele „spannender“ oder„spielbarer“ werden. Gleichzeitig beheben einige Teammitglieder Program-mierungsfehler. Sobald die Teammitglieder das debugging abgeschlossenhaben, testet ein Team einer anderen Entwicklungsabteilung das Spiel. DieWahl dieses Teams erfolgt häufig dezentral.

• Abschließende Bewertung. Die abschließende Spielevaluierung (visuelleDarstellung, Ton, Musik, Kreativität, Kosten, Serienfähigkeit, Schwierigkeits-grad, erwartete Erfolgswahrscheinlichkeit) erfolgt durch die Marketingabteilung.In der Regel werden weitere Modifikationen gefordert.

• Abschließendes Testen. Spezialisierte game tester testen abschließend das Spiel.Danach folgt die Markteinführung.

In den meisten Firmen werden parallel zu dem eigentlich zu entwickelnden Spielinformelle experimentelle Projekte ad hoc gegründet, um die Tragfähigkeit neuerSpielideen zu diskutieren.

Heterogenität, Unsicherheit und Uneindeutigkeit alsCharakteristika der Spieleentwicklung

Der Entwicklungsprozess von Spielen zeigt drei bemerkenswerte Charakteris-tika: Heterogene Kompetenzen der Projektmitglieder, eine hohe Unsicherheitbezüglich der technischen Umsetzbarkeit sowie Uneindeutigkeit des gewünschtenZiels.

Heterogenität. Eine Heterogenität der Kompetenzen ergibt sich aus der Het-erogenität der beteiligten Disziplinen, die sich von künstlerischen zu originärtechnischen und betriebswirtschaftlichen erstrecken. Die Projektteilnehmer be-sitzen damit nicht nur unterschiedliche Wissensstocks, sondern es zeichnen sichaufgrund konträrer Interessen auch Spannungsfelder ab. Zwischen Grafikdesign-ern und Toningenieuren auf der einen und Programmierern auf der anderen Seitebesteht etwa ein dauerhafter Konflikt, inwieweit sich künstlerische Vorstellungendem technisch Machbaren beugen müssen bzw. wo diese Grenzen faktisch liegen.

Inertia in Japanese organizations? 23

Weitere Konfliktlinien bestehen innerhalb der künstlerischen Berufsgruppe, dasämtliche Elemente Speicherplatz benötigen, um deren Zuweisung die einzelnenKünstler miteinander im Wettbewerb stehen.

Unsicherheit. Unsicherheit resultiert aus dem Umstand, dass die künstlerischenIdeen von Grafikern, Textern und Musikern einer technischen Umsetzung bedür-fen. Die Abschätzung, ob eine Idee tatsächlich nur zu modifizieren oder gar nichtumsetzbar ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, so von den verfügbarenSpeicherkapazitäten und Tools, den Kosten zu entwickelnder Tools, aber auchvon der Kommunikationsfähigkeit zwischen Künstlern und Programmierern.

Uneindeutigkeit. Für den Erfolg eines Spieles entscheidend ist, dass diebeteiligten Akteure eine gemeinsame Vorstellung von dem Spiel und den einzelnenSpielzügen entwerfen. Spielkonzept und Spielideen aber sind uneindeutig undschwer kommunizierbar, da große Teile des Wissens bei Videospielen auf denpersönlichen Erfahrungen und Kenntnissen Einzelner beruhen, und gegenseitigesVerstehen allenfalls intuitiv möglich ist20. Dies gilt für das gesamte Projekt: Inder Planungsphase existieren die auftretenden Figuren nur in Form von Zeich-enentwürfen, die weder sprechen noch sich bewegen können noch eine für sietypische Mimik besitzen. Ähnliches gilt für Bewegungsabläufe, einzelne Szenen,Anordnung von Personen in einer Szene, einzelne Spielabschnitte oder die Musik:Das Spiel besteht nur als Vorstellung in den Köpfen von Designern, Zeichnern,Toningenieuren und Programmierern. Dieses implizite Wissen muss jedoch kom-muniziert werden, um ein Spiel überhaupt gemeinsam entwickeln zu können.Ähnliche Anforderungen stellen die entwicklungsbegleitenden Testphasen: EineBewertung dahingehend, dass das Spiel spannender sein soll, ist nur Personenzugänglich, die intuitiv Zugang zu dem Gesagten haben. Die hohe Bedeutung vonimplizitem Wissen erhöht wiederum die Unsicherheit in der Spielentwicklung:Es ist ja nicht so, dass eine einmalige Festlegung einer Figur endgültig ist. EineUmsetzung einer Figur von der Idee in die animierte, programmierte Figur kannetwa dazu führen, dass sich ganz neue Eigenschaften ergeben, die nicht beab-

20 Kikoski/Kikoski (2004) lehnen den Begriff der Intuition ab, da dieser ihres Erachtens nach dennotwendigen Erfahrungshintergrund unzureichend wiedergibt. Da die Implizität von Wissengraduell zu verstehen ist, können nur einzelne Ebenen in Managementprozessen bewusst aktiviertwerden (Ambrosini 2003).

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sichtigt waren. Insofern erfordert die Spielproduktion eine hohe und anhaltendeKommunikationsdichte21.

Sicherlich sind Heterogenität, Unsicherheit und Uneindeutigkeit auch inInnovationsprozessen in den Fahrzeug-, Konsumelektronik- und Maschinenbauin-dustrien gegeben: An jeder Produktentwicklung sind differente Disziplinen (Pro-duktion, FuE, Marketing) beteiligt, die Unsicherheit der Zielerreichung ist hoch,und Neues lässt sich per se ex ante nicht eindeutig festlegen. Gleichwohl dürftendiese Charakteristika in der Spieleindustrie ausgeprägter sein. Hierbei fällt beson-ders die Heterogenität der beteiligten Disziplinen ins Gewicht, da der Einbezugvon künstlerischen Disziplinen eine sehr viel breiter gefächerte Beteiligung vonKompetenzen meint; zudem besteht bisher praktisch keine Erfahrung hinsichtlicheiner Einbeziehung solch kreativer Berufe. Die Unsicherheit ist besonders hoch,da es nicht nur um die Frage des technisch Machbaren geht, sondern die Anima-tion zu nicht gewünschten Veränderungen führen kann. Ein Autodesign etwaverändert sich nicht in Abhängigkeit des Umfeldes, die Figuren aber entwickelneigene Charakteristika durch Bewegung. Am wichtigsten dürfte der hohe Gradder Uneindeutigkeit sein: Entscheidend für den Erfolg eines Spieles ist, ob esKonsumenten „spannend“ oder „unterhaltsam“ finden. Die Funktionalität (wennes nicht grobe Fehler in der Hardware oder Software sind) spielt eine nachgeord-nete Rolle. Die Konstruktion einer solchen Handlungslinie und die ansprechendeGestaltung von Figuren erfordert nicht nur, dass kreative Personen in der Lagesind, sich diese auszudenken, sondern insbesondere, diese intern in den Teams zukommunizieren und gemeinsam ein in sich kohärentes Spiel zu entwickeln.

Japanisches Management als Antwort auf die Anforderungenvon Spielesoftware

Verschiedentlich ist die These aufgestellt worden (Aoki 1992; Nonaka/Takeuchi1995), dass japanische Unternehmen in besonderer Weise in der Lage sind, im-plizites Wissen zu aktivieren und in explizites Wissen zu transferieren.22 Den

21 Diese Anforderung gilt grundsätzlich für Videospiele, wobei die Kommunikation bei Spieleserienim Unterschied zu neuen Spielen durch den gemeinsamen Erfahrungshintergrund vereinfacht seindürfte.

22 Der auf Michael Polanyi zurückgehende Begriff des impliziten Wissens bezeichnet nichtformal-isiertes, persönliches und kontextspezifisches Wissen, das nur schwer in explizites Wissen umzuwan-deln ist. Unter implizitem Wissen wird z.B. das „Gespür“ oder die „Intuition“ für die richtigeEntscheidung verstanden. Die Umwandlung von implizitem in explizites Wissen wurde u.a. von

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etablierten Institutionen des japanischen Managements werden durch langfristigeBeschäftigungsverhältnisse offenere Kommunikationsströme zugeschrieben, sodass von der „J-firm“ (Aoki 1992) erwartet wird, die Probleme von Heterogen-ität, Unsicherheit und Uneindeutigkeit zu lösen. Diese Fähigkeit scheint nun inbesonderer Weise für die Spieleindustrie relevant zu sein (Kohashi/Kagono 1995).Die Institution langfristiger Beschäftigung und nachgeordnete konkrete Organisa-tionsformen wie etwa Jobrotation begünstigen den Aufbau eines gemeinsamenErfahrungshintergrundes, erleichtern Beobachtungs- und Modelllernen, einenintensiven horizontalen Kommunikationsaustausch und eine offene Handhabungvon Information. Gleichzeitig werden die bestehenden Institutionen re-inter-pretiert, indem sie aus dem dominanten System selektiert, übernommen und anneue Anspruchsgruppen adaptiert werden.

Alle befragten Spieleunternehmen rekurrieren auf langfristige Beschäfti-gungsverhältnisse, womit sie sich von Praktiken insbesondere US-amerikanischerFirmen unterscheiden, die künstlerische und technische Projektabschnitte häufigüber temporäre Projektteams realisieren (Andersson/Andersson 2006; DeFil-ippi/Arthur 1998; Towse 2005; vgl. auch Chesbrough, Vanhaverbeke/West 2006).In japanischen Softwarehäusern sind Grafiker, Designer, Toningenieure und Pro-grammierer vornehmlich als feste Mitarbeiter (shain) angestellt. Wenn dies nichtder Fall ist und auf den ersten Blick die Arbeitsmärkte offener zu sein scheinen,lassen sich hybride Formen finden. So berichtete etwa ein führender Softwarepub-lisher davon, dass das Verwaltungspersonal (Marketing, Finanzierung) dauerhaftangestellt sei, während kreative Berufe befristet auf Projektbasis eingestellt würden.Ziel sei, permanent Zugriff auf neues, kreatives und originäres Wissen außerhalbdes Unternehmens zu haben, und andererseits nicht erfolgreiche Spieleentwicklernicht an das Unternehmen zu binden. Oberflächlich ähnelt dies den in der Lit-eratur häufig skizzierten offenen Organisationsformen in der Medienindustrie.Faktisch jedoch hat sich ein Beschäftigungsmuster herausgebildet, bei dem zwarAngehörige kreativer Berufsgruppen in der Tat zunächst nur auf Vertragsbasisangestellt werden, gleichzeitig aber bereits bei dem anstellenden Softwarepublisherim Unternehmen tätig sind und bei Eignung in Form einer Festanstellung über-nommen werden. Die Kurzfristigkeit der Projektarbeit in der Spieleentwicklungwird damit gewissermaßen überlagert von de facto langfristigen Beschäftigungsver-

Frey/Osterloh (2000) diskutiert. Das Konzept ist nicht unwidersprochen geblieben. Kritisiert wurdeetwa die unscharfe Abgrenzung zwischen implizitem und explizitem Wissen oder die Methodik dermeisten Beiträge zum Wissensmanagement.

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hältnissen23. Zudem senkt die Langfristigkeit der Beschäftigung das individuelleRisiko, was die Bereitschaft erhöhen dürfte, auch an innovativen Projekten mitunsicherem Erfolgsausgang (z.B. Spielserien in neuem Format) mitzuwirken.

Ebenso wird das Instrument der Jobrotation in der Softwareentwicklungangewendet. So ist es bei Nintendo üblich, dass Angehörige kreativer Berufsgrup-pen die Programmierungsabteilung durchlaufen (Aoyama/Izushi 2003). Ziel istes, bei den verschiedenen beteiligten Disziplinen eine ähnliche Erfahrungsbasisaufzubauen und durch Perspektivwechsel eine Aufweichung von Konfliktlinienzu erzielen.

Auch dominante Institutionen und Organisationsstrukturen aus der Indus-trieorganisation werden aufgegriffen, re-interpretiert und an die Erfordernisseder neuen Industrie adaptiert. Ein Instrument, das für die zwischenbetrieblicheZusammenarbeit von besonderer Bedeutung ist, ist die Institution des guest en-gineering, bei der entweder Entwickler aus Spielefirmen in die kooperierendenUnternehmen entsendet oder aber Entwickler aus kooperierenden Unternehmenin den Spielefirmen aufgenommen werden. Die institutionelle Vorkehrung dergegenseitigen Mitarbeiterentsendung, die ursprünglich in der Automobilindustrieseit den 1960er Jahren mit dem Ziel eines Kompetenzaufbaus bei den Zuliefer-ern entwickelt wurde, ist ein Instrument, das heute insbesondere genutzt wird,um in der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit einen verbessertenKommunikationsfluss zu schaffen. Angesichts der oben skizzierten Ambigui-tät der Spieleentwicklung und der zunehmenden Auslagerung von Entwicklungs-und Produktionsschritten spielt dieses Instrument eine besondere Bedeutung.Es bilden sich damit über einen längeren Zeitraum hinweg Projektnetzwerkeheraus, die mit der Latenz von Geschäftsbeziehungen über einzelne Projektehinaus die Bildung und Applikation von Erfahrungen und Erwartungen z.B.hinsichtlich gemeinsamer Projektabwicklungsstrukturen ermöglichen (vgl. Jones1996; Windeler, Lutz/Wirth 2000).

Die Akteure der japanischen Spieleindustrie greifen damit auf Instrumentezurück, die sowohl inner- als auch zwischenbetrieblich durch den Aufbau gemein-samen Erfahrungswissens und offener Informationskanäle den spezifischen An-forderungen der Spieleentwicklung gerecht werden. Gleichzeitig wird jedoch auf

23 Die Leistungskomponente des Gehalts ist nach wie vor relativ schwach. In einem Fall war einleistungsorientiertes Gehalt vor einigen Jahren eingeführt worden, das zu ausgeprägten Gehaltsdif-ferenzen geführt hat. Da weder eine höhere Motivation noch eine verbesserte Leistungsbereitschafterkennbar wurde, wurde das System wieder abgeschafft.

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periphere Institutionen zurückgegriffen, die der institutionellen Logik der beste-henden Institutionen widersprechen. Der nachfolgende Abschnitt geht diesennach.

Outsourcing und externe Entwicklung von Software

Die Darstellung bisher hat den Eindruck suggeriert, dass Softwareentwicklungüberwiegend in-house stattfindet. Richtig ist, dass die beiden großen Konsolenher-steller, Sony und Nintendo, Softwareentwicklung in-house betreiben. Allerdingserfolgt dies zu unterschiedlichen Anteilen. Sony entwickelt ungefähr 20%, Nin-tendo 80% seiner Spiele in Eigenfertigung. Die Spiele, die von außen bezogenwerden, werden von Softwarepublishern und Softwarehäusern entwickelt. Diessind meist mittelgroße Unternehmen, die hinsichtlich ihrer Position im Netzw-erk mit First-tier-Zulieferern vergleichbar sind. Die zehn führenden Publishersind – in der Reihenfolge ihres Umsatzes – Nintendo, Bandai, Konami, SquareEnix, Sony Computer Entertainment, Namco (Fusion mit dem Spielsegment vonBandai 2006), Capcom, Koei, Sega und Banpresto (Fusion mit NamcoBandai).Softwarepublisher vermarkten ihre Produkte meist unter eigenem Namen, und inwenigen Fällen unter OEM (Original Equipment Manufacturing). Softwarehäuser,auch bezeichnet als Developer, entwickeln Software ebenfalls selbst, produzierendiese aber nicht. Die Produktion übernimmt ein Publisher oder ein Hardware-produzent, sodass Produkte von Softwarehäusern meist über OEM vertriebenwerden. Kleinere Softwarezulieferer übernehmen in der Spieleentwicklung und-produktion spezialisierte Querschnittsaufgaben sowohl in künstlerischen (Erzeu-gung von Computergrafiken, Farbgebung, Hinterlegung mit Ton u.ä.) als auch intechnischen Bereichen (Programmierung einzelner Bewegungsabläufe, Entwurfvon Trailern u.ä.).

Neu im japanischen Kontext ist, dass die Konsolenhersteller Sony und Nin-tendo mit einer Ausnahme an keinem notierten Softwarepublisher beteiligt sind.Dies steht in deutlichem Kontrast zu der industriellen Organisation der dominan-ten Kernindustrien Automobil und Elektronik, in denen Hersteller wie Toyotaoder Nissan durchschnittlich 30% der Anteile an den First-tier-Zulieferern hal-ten. Stattdessen zahlen Softwarepublisher bzw. -developer zuvor vereinbarteLizenzgebühren in Abhängigkeit des benötigten Festwertspeichers (ROM) unddes Auftragsvolumens (Yanagawa 2004). Die auf Verträgen beruhende Zusamme-narbeit wurde auch als „rule-regulated network“ (Kohashi/Kagono 1995) beze-

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ichnet und ähnelt in ihrer Struktur Projektnetzwerken, wie wir sie aus der Film-und Fernsehindustrie kennen, etwa als eine Organisationsform ökonomischerAktivitäten zwischen rechtlich selbständigen, wirtschaftlich jedoch abhängigenUnternehmungen zur Durchführung zeitlich befristeter, komplexer und innova-tiver Projekte (Jones 1996; Windeler, Lutz/Wirth 2000). Eine Forschergruppezur japanischen Spieleindustrie an der Universität von Tokyo führt es auf diesenFaktor und die dadurch ermöglichte rege Gründungstätigkeit zurück, dass diejapanische Spieleindustrie überhaupt so erfolgreich werden konnte. Denn erst hi-erdurch konnten hochspezialisierte Dienstleistungen und Techniken bereitgestelltwerden (vgl. Yanagawa/Kuwayama 2000 sowie Shintaku, Tanaka/Yanagawa 2004).Die Gründungstätigkeit ist insofern bemerkenswert, da sie sich in ihrer Dynamikgrundlegend von der in anderen Branchen geringen Gründungsneigung unter-scheidet, was international vergleichende Studien zum entrepreneurship in Japanseit Jahren kritisieren (GEM 2005; GEM 2006). Die gegenwärtig rund 300 Soft-warehäuser sind Neugründungen aus den Jahren 1980 bis 2000. Zählt man diezahlreichen Marktein- und -austritte hinzu, dann liegt die Gründungsaktivitätsogar noch deutlich höher. In Bezug auf kleinere zuliefernde Unternehmen liegenindes keine Daten vor, zumal diese häufig in mehreren Branchen tätig sind (Spiele-software und anime). Es wird jedoch geschätzt, dass ihre Zahl in die Tausendegeht. Nach einem Rückgang der Gründungen seit ca.sechs Jahren als Folge einesstagnierenden Binnenmarktes zeichnet sich zurzeit ein Gründungsboom für kleineventures ab, die auf die Spieleentwicklung für Mobiltelefone spezialisiert sind.Diese Spiele sind weniger komplex als Konsolenspiele und stellen gleichzeitig einezunehmende Konkurrenz für die herkömmlichen und sowohl technisch als auchspielerisch anspruchsvollen Konsolenspiele dar.

Nahezu 70-80% der Spieleentwicklung und -produktion findet in Tokyo statt,sodass Tokyo immer wieder als Silicon Valley der Spieleindustrie bezeichnet wird.Die Schule der flexiblen Spezialisierung (vgl. z.B. Pyke/Sengenberger 1990) erklärtdie Spezifika lokaler Ökonomien mit der Verfügbarkeit kollektiver Güter, ohnedie kleinere Unternehmen ihre spezifischen Engpässe nicht ausgleichen können.Demnach dürfte die Clusterbildung in Tokyo insbesondere dadurch zu erklärensein, dass kleinere Unternehmen dort jene Ressourcen beziehen können, ohnedie sie gegenüber größeren Unternehmen nicht bestehen könnten (Baba/Shibuya1999; Baba/Shibuya 2000). In der Tat findet sich in Tokyo qualifiziertes Arbeit-skräftepotenzial durch Absolventen aus Universitäten, Hochschulen und neugegründeten Fachschulen sowie weiter durch Unternehmenswechsler aus ver-

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wandten Branchen, über deren Einstellung Unternehmen indirekt an der Diffu-sion wissenschaftlicher und praktischer Forschungsergebnisse partizipieren. Vonbesonderer Bedeutung sind die zahlreichen Messen, Medienveranstaltungen und„events“ in Tokyo, so etwa die von der CESA (Computer Entertainment Suppli-ers Association) organisierte Tokyo Game Show, best practice-Auszeichnungen,branchenbezogene Veranstaltungen der Association of Media in Digital (AMD)oder der Digital Contents Association sowie Musik- und Filmfestivals etwa derNon Profit Organization „Bit Valley Association“ u.ä.m.

Die Erfordernisse der Spieleindustrie an Individualität und Kreativität sowieder persönliche Hintergrund von Unternehmern in der Spielesoftware bedingenim Vergleich zur industriellen Kernindustrie recht unorthodoxe Management-methoden sowohl in der Personalführung als auch im Innovationsmanagement.Softwareproduzenten sind häufig selbst nicht Teil der universitären Elite, sodasssie dem universitären Hintergrund eine andere Wertigkeit beimessen als etablierteUnternehmen. In dieser Logik spielen weniger das Ranking von Universitäten alsvielmehr die individuelle Kreativität für die Personalauswahl eine Rolle. Bei derEinstellung von Designern, Zeichnern oder Toningenieuren maßen (mit einer Aus-nahme) alle befragten Publisher dem Rang einer Universität nahezu kein Gewichtbei. Als wichtig hingegen wurden individuelle Qualifikationen, erste Projekter-fahrungen und Kreativität gewertet. Dies ist bemerkenswert, da es nicht nur derdominanten Logik widerspricht, für eine bestimmte Anzahl von Einstellungeneine ex ante festgelegte Anzahl aus den führenden Universitäten vorzusehen, son-dern gleichzeitig auch individuelle Kreativität in den industriellen Kernindustrienvon nachgeordneter Bedeutung ist. Strategische Wettbewerbsvorteile der dominan-ten Industrien liegen in Funktionalität, Integration und sorgfältig abgestimmterInteraktion (Schnelligkeit des Innovationsprozesses, Fehlerfreiheit). Design abersetzt neue individuelle Fähigkeiten und Ausbildungsprofile voraus. Dies bedeutetnicht, dass der Hochschultyp irrelevant würde. Nach wie vor werden Führungspo-sitionen mit Absolventen von Universitäten besetzt und operative TätigkeitenFachhochschul- bzw. Fachschulabsolventen zugewiesen, aber dies spiegelt wenigerdie Reputation der Hochschule als vielmehr den faktisch unterschiedlichen Aus-bildungsinhalt wider. In der Folge ändert sich damit nicht nur die firmeninternePosition „kreativer Köpfe“, sondern auch das gesamte Innovationsmanagement,da neue organisatorische Routinen entwickelt und erlernt werden müssen, die sichvon den herkömmlichen Innovationsaktivitäten mit ihrer integralen Verknüpfungvon Forschung und Entwicklung, Produktion und Vertrieb unterscheiden. Auch

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wenn die stagnierende Marktentwicklung seit dem Jahr 2000 dazu beigetragen hat,die Fluktuation von Arbeitskräften zwischen Firmen zu reduzieren, können dieseneuen Institutionen nicht einfach abgeschafft werden.

Innerhalb der Firmen erfolgt die Spieleentwicklung, auch das ist neu, meist intemporär befristeten Projektnetzwerken. Das Spannende hierbei ist, dass auch beiIn-house-Entwicklungen versucht wird, eine hybride Lösung zu finden, um dieVorteile kurzfristiger Projektarbeit (Spezialisierung, Flexibilität, Mitarbeitermoti-vation) mit langfristiger Beschäftigung (verbesserter Informationsfluss, Aufbauimpliziten Wissens) zu verknüpfen: In den meisten Unternehmen bilden Entwick-ler ein Projektteam, in dem die unterschiedlichen Kompetenzen – Zeichnungen,Ton, Design – beteiligt sind. Nach Abschluss des Projekts können sich die Teil-nehmer innerhalb des Unternehmens alternative Projekte suchen, zu denen siewechseln möchten. Ein großes Motivationshemmnis stellen Serien wie Final Fan-tasy oder Dragon Quest dar, deren Entwicklung bei Künstlern aufgrund des relativgeringen Freiheitsgrades recht unbeliebt ist. Gleichzeitig aber sind Spielserienfür die Firmen die stabilste und wichtigste Umsatzquelle, so dass Spieleherstellerein Interesse daran haben, die kreativsten Köpfe in die Entwicklung einer neuenSerie einzubeziehen. Die Aussicht auf – auch parallele – Mitarbeit in anderenProjektteams dient so dazu, die Motivation von Künstlern durch das Angebot vonFreiräumen zu erhöhen.

7 Fazit

Der Erfolg der japanischen Spielesoftware steht auf den ersten Blick im Wider-spruch zu jenen Ansätzen, die den Misserfolg der japanischen Softwareindustriemit spezifischen institutionellen Konfigurationen des nationalen Innovationssys-tems in Japan erklären. Ausgangspunkt dieses Beitrags war daher die Frage,warum sich die japanische Spielesoftware trotz der für die Softwareentwicklungungünstigen institutionellen Konstellationen zu einer international wettbewerbs-fähigen Industrie entwickeln konnte. Das zentrale Argument dieses Beitrags kreistum die Plastizität von Institutionen: Es ist richtig, dass Institutionen Verhaltenkanalisieren und damit Fehlanreize evozieren können. Gleichwohl ist eine solcheKanalisierung nicht eindeutig. Institutionen können erstens in ihrer Funktionre-interpretiert und adaptiert werden, so dass sie ex ante unerwartete Zielsetzungenbegünstigen, und zweitens ist der Institutionenpool nicht beschränkt, wie es dieLiteratur zu nationalen Innovationssystemen nahe legt, sondern hält eine Varietät

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an Institutionen bereit, die zwar erst in einem Entdeckungsverfahren erschlossenund adaptiert werden müssen, die aber in der Kombination mit re-interpretiertenInstitutionen die Basis für institutionellen Wandel und Innovation stellen.

Im Einzelnen wurde gezeigt, dass gerade die Institutionen, die für die En-twicklung von Software als ungeeignet beurteilt wurden (Cusumano 1991; Baba,Takai/Mizuta 1995), entscheidende Wettbewerbsparameter für die erfolgreicheDurchsetzung der Spielesoftware waren. Japanische Unternehmen sind bekanntdafür, dass sie in besonderer Weise Instrumente entwickelt haben, um implizitesWissen zu aktivieren. Implizites Wissen spielt gerade bei der Spieleentwicklungdurch die Heterogenität der beteiligten Disziplinen, die Unsicherheit des En-twicklungsprozesses und die Uneindeutigkeit der Kommunikation eine großeRolle, so dass bestehende Institutionen sich hier als Wettbewerbsvorteil zeigen.Das Entscheidende ist nun, dass diese Institutionen flexibel genug sind, um anneue Erfordernisse angepasst zu werden; d.h. ihre Funktion wurde dahingehendre-interpretiert, dass sie auf neue Akteurskreise und auf neue Objektbereicheausgeweitet wurde. Vor diesem Hintergrund erscheint die oft geäußerte Befürch-tung fragwürdig, die Präferenz langfristiger Beschäftigungsverhältnisse stündeder Genese kreativer, neuer Industrien entgegen. Ganz im Gegenteil zeigt sich,dass das Vorhalten dieser Institutionen eine Voraussetzung für die Produktioninnovativer Spielesoftware ist. Ähnliches gilt für zwischenbetriebliche Innovation-sprozesse, in denen ebenso re-interpretierte Institutionen, etwa die Entsendungvon Gastingenieuren, entscheidende Vorteile für die Wissensgenese und die Offen-heit von Informationsflüssen bieten. In einer dynamischen Perspektive steht zuerwarten, dass die neuen Akteurskreise zu weiteren Re-interpretationen führen.Re-interpretation ist kein einmaliger Akt, sondern ein dynamischer Prozess.

Gleichzeitig wurden in den internen Arbeitsmärkten und in der zwischenbe-trieblichen Zusammenarbeit Institutionen mit neuen Logiken eingeführt. Beson-ders augenfällig im japanischen Kontext ist der Verzicht auf strategische Investitio-nen in Partnerunternehmen, was zumindest formal als Herausbildung eines neuenInstitutionentypus im Sinne temporärer Netzwerke, wie wir sie weltweit in derUnterhaltungs- und Medienindustrie finden, interpretiert werden kann. Ebensowurden wichtige Veränderungen in der Einstellungspraxis vorgenommen, indemdas Ranking der Universitäten für die Einstellung eine nachrangige Rolle besitzt.Dies ist besonders bemerkenswert, da in keiner anderen Industriegesellschaft dieWahl der Universität für den Übergang in den Arbeitsmarkt eine so entscheidendeBedeutung besessen hat.

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Aus diesen Beobachtungen lässt sich eine wichtige Schlussfolgerung ziehen:Wenn die Überwindung von lock-ins durch die Plastizität von Institutionen in derTat möglich ist, so macht es Sinn, institutionelle Variationen vorzuhalten, undnicht zu früh zugunsten scheinbarer Wettbewerbsnachteile vermeintlich nichtadaptionsfähige Institutionen aufzugeben. (Hier braucht kaum darauf hingewiesenzu werden, dass im Einzelfall eine Beurteilung, welche Institutionen unzureichendadaptionsfähig sind, äußerst schwierig ist.)

Aus Sicht des Pfadabhängigkeitskonzepts ist es überraschend, dass die Ein-führung neuer Institutionen in das bestehende Setting offenbar recht mühelosgelang. Offenbar sind Schnittstellen und Interdependenzen zwischen Institutionenplastizider, als es die These institutioneller Komplementaritäten nahelegt. Hierbesteht noch erheblicher Forschungsbedarf dahingehend, unter welchen Bedingun-gen Komplementaritäten institutionellen Wandel nicht behindern. Weiter konntenicht geklärt werden, welches Faktorenbündel – re-interpretierte Institutionenoder periphere Institutionen – für den Erfolg der Spielesoftware verantwortlichist. Eine solche Analyse gewinnt angesichts der Tatsache an Dringlichkeit, dass dielandesspezifische Nachfrage nach Videospielen in Japan – nämlich Rollenspiele– zwar vorteilhaft zu sein scheint für die Erschließung südostasiatischer Märkte,aber zunehmend nachteilig für die Erschließung des US-amerikanischen Marktesmit der Präferenz für Aktionsspiele (Storz 2006). Insbesondere der Markteintrittvon Microsoft in die Videospielindustrie schwächt die zuvor dominante Positionjapanischer Hersteller auf dem US-amerikanischen Markt. Eine mögliche Erk-lärung könnte der unterentwickelte externe Markt für Informationen sein. Sofehlt es z.B. in Japan an einer den USA vergleichbaren Auseinandersetzung zwis-chen Wissenschaft und Praxis, in der, wie in der regelmäßig stattfindenden GameDevelopers Conference, Best-practice--Modelle der Spieleindustrie reflektiert wer-den. Damit bleibt auch die Frage offen, welche Rolle nichtinstitutionelle Faktorenwie die relativ große Nachfrage nach Unterhaltungsgütern für die Genese derSpielesoftware spielen. Schließlich ist die „coole“ Spieleindustrie auch quantitativnoch längst nicht so bedeutsam wie die bisherigen Leistungsträger.

Insofern ist es nur natürlich, dass kein einhellig positives Bild von der Soft-wareindustrie gezeichnet werden kann, denn es entspricht der institutionellenLogik, dass bestehende Institutionen Verhalten auch in weniger wünschenswerteRichtungen leiten können. Jede Darstellung, die dies ausblendet, wäre undif-ferenziert. Trotz dieser Einschränkungen ist der bisherige Erfolg der japanischenSpieleindustrie, die in eklatantem Widerspruch zum Misserfolg der Softwarein-

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dustrie steht, ein exzellentes Beispiel dafür, dass wir uns ganz im Hayek’schenSinne nicht der Tatsache verschließen sollten, dass ökonomische Entwicklungenoffen sind.

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