Die Implantation von matrixfreien dreidimensionalen Knorpeltransplantaten in standardisierte...

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Orthopäde 2006 · 35:1246–1257 DOI 10.1007/s00132-006-1021-z Online publiziert: 17. November 2006 © Springer Medizin Verlag 2006 A. Jubel 1 · J. Fischer 2 · J. Andermahr 1 · J. Isenberg 1 · G. Schiffer 1 · M. Stoddart 3 · K. E. Rehm 1 · H. J. Häuselmann 3 1 Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universität Köln, Köln 2 Institut für Experimentelle Medizin, Klinikum der Universität zu Köln, Köln 3 Center for Experimental Cartilage Research, Center for Rheumatology and Bone Disease, Zürich Die Implantation von matrix- freien dreidimensionalen Knorpeltransplantaten in standardisierte Knorpel- defekte am Schafskniegelenk Originalien Traumatische Knorpelschäden gehören insbesondere bei jüngeren, aktiven Pati- enten zu den häufigsten Ursachen, die zu einer vorzeitigen Arthrose führen kön- nen [10]. Eine spezifische Behandlung, mit der am Ort der Läsion ein norma- ler, funktionsfähiger Gelenkknorpel rege- neriert werden kann, wurde bisher noch nicht gefunden [23]. Eine Ausnahme hier- von ist die frühzeitige Fixation großer os- teochondraler Fragmente mit biode- gradablen Stiften [27]. Hier bestehen gute Chancen auf eine vollständige Einheilung. Bei vielen Symptome zeigenden Arthrose- patienten ist ein künstlicher Gelenkersatz als Ultima Ratio erforderlich. Neueste Entwicklungen auf dem Ge- biet der Zellkultivierung haben in den letzten Jahren das Interesse an einer früh- zeitigen biologischen Therapie von Ge- lenkknorpelschäden geweckt [7]. Knor- pelproben von Patienten können an La- bors gesandt werden, die in einem Zeit- raum von 2–4 Wochen Chondrozyten kultivieren und zur Transplantation zu- rücksenden. Die bisher zur autologen Knorpel- transplantation vorgestellten Untersu- chungen waren im Wesentlichen klinische Verlaufsbeobachtungen am Menschen oder experimentelle Untersuchungen im Kleintiermodell. Den klinischen Untersu- chungen fehlt die exakte Reproduzierbar- keit der Defekte, um die erzielten Ergeb- nisse präzise zu analysieren und mit ande- ren Untersuchungen zu vergleichen. Die Erhebung von histologischen und biome- chanischen Daten ist bei Patienten nur begrenzt möglich, aber für die Bewertung eines Knorpelregenerats von essenzieller Bedeutung. In den wenigen prospektiv randomisierten klinischen Studien wur- den teilweise konträre Ergebnisse festge- stellt [4, 17]. In der hier vorliegenden Untersuchung soll die Effizienz der autologen De-novo- Knorpeltransplantation systematisch ana- lysiert werden. Hierzu wurde ein ovines Tiermodell entwickelt und implementiert. Das Ziel der Untersuchung besteht in ei- ner vergleichenden Analyse der Quanti- tät und Qualität des Regeneratgewebes in einem standardisierten chondralen Knor- peldefekt an einer Schafsfemurkondyle. Untersuchungsmethoden Für das Projekt wurden 60 weibliche, nicht trächtige Suffolk-Schafe in einem Alter von 6 und 7 Jahren als Versuchs- tiere genutzt. Von der Bezirksregierung Köln wurde gemäß § 8 Tierschutzgesetz eine Versuchsgenehmigung erteilt: AZ 23.203.2-K 34, 5/00. Versuchsablauf Der Versuch erfolgte in zwei Schritten. In einem ersten Eingriff wurde bei allen Schafen arthroskopisch eine kleine Menge an Knorpelgewebe aus der gering belaste- ten Zone des medialen femoralen Gleit- lagers entnommen. Um für alle Tiere die gleichen Versuchsbedingungen zu schaf- fen, wurde auch bei denjenigen Tieren ei- ne Knorpelprobe entnommen, die später kein Transplantat erhielten. Tab. 1 Anzahl der Versuchstiere 26 Wochen 52 Wochen Verluste Kontrolle 6 6 1/0 Periostalappen 8 8 1/0 Transplantat 10 10 1/1 Gesamt 24 24 4 1246 | Der Orthopäde 12 · 2006

Transcript of Die Implantation von matrixfreien dreidimensionalen Knorpeltransplantaten in standardisierte...

Orthopäde 2006 · 35:1246–1257

DOI 10.1007/s00132-006-1021-z

Online publiziert: 17. November 2006

© Springer Medizin Verlag 2006

A. Jubel1 · J. Fischer2 · J. Andermahr1 · J. Isenberg1 · G. Schiffer1 · M. Stoddart3 ·

K. E. Rehm1 · H. J. Häuselmann3

1 Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universität Köln, Köln2 Institut für Experimentelle Medizin, Klinikum der Universität zu Köln, Köln3 Center for Experimental Cartilage Research, Center for Rheumatology

and Bone Disease, Zürich

Die Implantation von matrix-freien dreidimensionalen Knorpeltransplantaten in standardisierte Knorpel-defekte am Schafskniegelenk

Originalien

Traumatische Knorpelschäden gehören

insbesondere bei jüngeren, aktiven Pati-

enten zu den häufigsten Ursachen, die zu

einer vorzeitigen Arthrose führen kön-

nen [10]. Eine spezifische Behandlung,

mit der am Ort der Läsion ein norma-

ler, funktionsfähiger Gelenkknorpel rege-

neriert werden kann, wurde bisher noch

nicht gefunden [23]. Eine Ausnahme hier-

von ist die frühzeitige Fixation gro ßer os-

teochondraler Fragmente mit biode-

gradablen Stiften [27]. Hier bestehen gute

Chancen auf eine vollständige Einheilung.

Bei vielen Symptome zeigenden Arthrose-

patienten ist ein künstlicher Gelenkersatz

als Ultima Ratio erforderlich.

Neueste Entwicklungen auf dem Ge-

biet der Zellkultivierung haben in den

letzten Jahren das Interesse an einer früh-

zeitigen biologischen Therapie von Ge-

lenkknorpelschäden geweckt [7]. Knor-

pelproben von Patienten können an La-

bors gesandt werden, die in einem Zeit-

raum von 2–4 Wochen Chondrozyten

kultivieren und zur Transplantation zu-

rücksenden.

Die bisher zur autologen Knorpel-

transplantation vorgestellten Untersu-

chungen waren im Wesentlichen klinische

Verlaufsbeobachtungen am Menschen

oder experimentelle Untersuchungen im

Kleintiermodell. Den klinischen Untersu-

chungen fehlt die exakte Reproduzierbar-

keit der Defekte, um die erzielten Ergeb-

nisse präzise zu analysieren und mit ande-

ren Untersuchungen zu vergleichen. Die

Erhebung von histologischen und biome-

chanischen Daten ist bei Patienten nur

begrenzt möglich, aber für die Bewertung

eines Knorpelregenerats von essenzieller

Bedeutung. In den wenigen prospektiv

randomisierten klinischen Studien wur-

den teilweise konträre Ergebnisse festge-

stellt [4, 17].

In der hier vorliegenden Untersuchung

soll die Effizienz der autologen De-novo-

Knorpeltransplantation systematisch ana-

lysiert werden. Hierzu wurde ein ovines

Tiermodell entwickelt und implementiert.

Das Ziel der Untersuchung besteht in ei-

ner vergleichenden Analyse der Quanti-

tät und Qualität des Regeneratgewebes in

einem standardisierten chondralen Knor-

peldefekt an einer Schafsfemurkondyle.

Untersuchungsmethoden

Für das Projekt wurden 60 weibliche,

nicht trächtige Suffolk-Schafe in einem

Alter von 6 und 7 Jahren als Versuchs-

tiere genutzt. Von der Bezirksregierung

Köln wurde gemäß § 8 Tierschutzgesetz

eine Versuchsgenehmigung erteilt: AZ

23.203.2-K 34, 5/00.

Versuchsablauf

Der Versuch erfolgte in zwei Schritten.

In einem ersten Eingriff wurde bei allen

Schafen arthroskopisch eine kleine Menge

an Knorpelgewebe aus der gering belaste-

ten Zone des medialen femoralen Gleit-

lagers entnommen. Um für alle Tiere die

gleichen Versuchsbedingungen zu schaf-

fen, wurde auch bei denjenigen Tieren ei-

ne Knorpelprobe entnommen, die später

kein Transplantat erhielten.

Tab. 1 Anzahl der Versuchstiere

26 Wochen 52 Wochen Verluste

Kontrolle 6 6 1/0

Periostalappen 8 8 1/0

Transplantat 10 10 1/1

Gesamt 24 24 4

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Herstellung der autologen Knorpeltransplantate

Die Chondrozytentransplantate wurden

– wie kürzlich von M. Stoddart [29] be-

schrieben – im Kooperationslabor, dem

Labor für Experimentelle Knorpelfor-

schung am Zentrum für Rheuma- und

Knochenerkrankungen ( Direktor: Prof.

Dr. H. J. Häuselmann) in Zürich herge-

stellt (. Abb. 1).

Die Chondrozyten wurden enzyma-

tisch aus den Knorpelproben isoliert und

in einer Monolayerkultur über 2 Passagen

vermehrt, bis eine ausreichende Zellzahl

(etwa 20×106 Zellen) vorlag [29].

Die Zellen wurden resuspendiert und

in eine Ca-Alginatmatrix eingebettet [29].

In einem ersten Schritt entstanden so klei-

ne, mit Chondrozyten angereicherte Al-

ginatkügelchen („beads“), die kultiviert

wurden. In diesen Kügelchen fand kei-

ne Zellvermehrung mehr statt, sondern

eine phänotypische Stabilisierung [14].

Nach 4 Wochen wurde das Alginat wie-

der aufgelöst und abzentrifugiert. Die ver-

bliebene Chondrozyten-Matrix-Suspensi-

on wurde in eine Silikonform gepresst, die

in ihrer Größe dem späteren Knorpelde-

fekt entsprach. Nach einem 4-wöchigen

Reifungsprozess in einem speziellen, mit

Wachstumsfaktoren (IGF-I) angereicher-

ten Medium entstanden die sog. „Chon-

dro-Discs“, die aus vitalen Chondrozyten

und einer juvenilen, unreifen Knorpel-

matrix bestanden [28] (. Abb. 1).

Operationstechnik

Arthroskopische Entnahme der Knorpelproben

Die Arthroskopie des medialen Kom-

partiments und die arthroskopische Pro-

benentnahme erfolgten mit einer 2,4-

mm/25°-Optik (Fa. Storz(r)) und eine 1,5-

mm-PE-Zange.

Platzierung des chondralen Defekts und Fixierung der Transplantate

Die Eröffnung des Gelenks erfolgte über

eine 7–9 cm lange, anteromediale Ar-

throtomie. Mit einer für diesen Versuch

entwickelten Präzisionsstanze wurde ein

kreisrunder Defekt mit einem Durch-

messer von 4 mm im Zentrum der me-

dialen Femurkondyle gesetzt, der den

subchondralen Knochen nicht eröffnete

(. Abb. 2).

Für die Versuchstiere der Leerdefekt-

gruppen war der Eingriff mit der Anla-

ge des Defekts beendet, und die Arthro-

tomie wurde verschlossen. Bei den Tie-

ren der anderen Versuchsgruppen wur-

de (über denselben Zugang) an der me-

dialen Fläche der Tuberositas tibiae ein

1×1 cm großer Periostlappen gehoben.

Dieser wurde unter Lupenvergrößerung

an die Größe des Defekts angepasst und

mit insgesamt 6–12 resorbierbaren Ein-

zelknopfnähten (Maxon(r) 7/0) so an den

Knorpelrand des Defekts genäht (Periost-

lappengruppe), dass die Kambiumschicht

in den Defekt zeigte. In der Gruppe von

Versuchstieren, bei denen eine autologe

Chondrozytentransplantation erfolgen

sollte, wurde zunächst das Transplantat

in den Defekt eingebracht und anschlie-

ßend der Periostlappen darüber in glei-

cher Weise fixiert.

Evaluation

Jeweils die Hälfte der Schafe in jeder Ver-

suchsgruppe wurde nach 26 und 52 Wo-

chen geopfert. Die Beurteilung der Re-

generatgewebe erfolgte verblindet durch

2 Untersucher nach einem standardisier-

ten Protokoll. Unmittelbar nach der Tö-

tung wurden der rechte und linke Hinter-

lauf im Hüftgelenk exartikuliert.

„Alginate beads“

Formgebung und Reifung

Probenentnahme

Transplantate

SilikonringTransplantat

Zellvermehrung/Monolayer

Abb. 1 8 Herstellung der Transplantate. Erklärung s. Text

Abb. 2 8 Platzierung des Defekts. a Mediale Femurkondyle des Schafskniegelenks nach anterome-dialer Arthrotomie mit einem zentralen kreisrunden Defekt (Durchmesser 4 mm), der den subchond-ralen Knochen nicht durchbricht. b HE-Färbung eines Dünnschnittpräparates durch das Zentrum des kreisrunden Defekts unmittelbar nach Entfernung des Knorpelbelags. Der subchondrale Knochen wird nicht eröffnet

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Originalien

Makroskopische Beurteilung

Bewertung mit dem ICRS-ScoreDie Beurteilung der Knorpelregenerati-

on in den einzelnen Defekten erfolgte mit

Hilfe des „ICRS-cartilage-repair-assess-

ment“-Protokolls [9].

Digitale DefektvermessungDie Fotodokumentation erfolgte mit ei-

ner digitalen Kamera (Sony® Cyber-shot

3,2 Mega Pixels) in einer Auflösung von

2240×1280 dpi. Die digitale Ausmes-

sung der Defektgröße und Fläche wurde

mit dem Programm VistaMetrix® Versi-

on 1.20.0 ((c) 2003, 2004 SkillCrest® LLC)

durchgeführt.

StabilitätsprüfungDie biomechanischen Stabilität des Knor-

pels wurde mit dem Artscan 200® In-

denter (Seriennummer 20126 ), der von

der Arbeitsgruppe um Jurka Jurvelin in

Kupio/Finnland entwickelt wurde [18, 19],

bestimmt.

Histologische UntersuchungenDie Proben wurden mit 4% Formalin fi-

xiert. Nach der Fixierung erfolgte die Ein-

bettung in Methylmetacrylat. Von den

Präparatblöcken wurden Dünnschnittprä-

parate in einer Dicke von 6 μm hergestellt.

Diese Präparate wurden folgenden spezi-

fischen Färbungen unterzogen: Giem-

sa und Masson-Goldner sowie Toluidin-

Blau und Safranin-O.

ICRS-Visual-Histological-Score und Mankin-ScoreDie Bewertung der einzelnen Schnitte er-

folgte mit Hilfe des „ICRS Visual Histolo-

gical Score“ [21]. In diesem Bewertungs-

system werden schrittweise 6 Parameter

beurteilt: 1) Knorpeloberfläche, 2) Ma-

trix, 3) Zellverteilung, 4) Zellvitalität, 5)

subchondraler Knochen und 6) Minera-

lisation.

Neben dem ICRS-Visual-Histologi-

cal-Score [21] wurden die gefärbten Pro-

ben mit Hilfe des Mankin-Scores [22] be-

wertet. Mit diesem Bewertungssystem

werden insgesamt 4 Parameter beurteilt:

1) die Struktur des Knorpels, 2) die Zell-

zahl, 3) das Ergebnis der Safranin-O-Fär-

bung und 4) die Tidemark-Integrität.

Im Gegensatz zum ICRS-Score wird

im Mankin-Score für das beste Ergebnis

der geringste Punktwert vergeben, also

0 Punkte; für das schlechteste 14 Punkte.

Statistische AuswertungDie statistische Auswertung erfolgte mit

dem Programm SPSS für Windows, Ver-

sion 12.0. Zum Vergleich der Ergebnisse

in den Behandlungsgruppen wurde ein

nicht parametrischer Test, der sog. Whit-

ney-Mann-U-Test herangezogen. Als si-

gnifikanter Unterschied wurde ein p-Wert

<0,05 gewertet.

Ergebnisse4 Tiere verstarben vor Versuchsende

(13, 17, 28 und 43 Wochen nach der Opera-

tion), sodass für die Auswertung nach 26

und 52 Wochen insgesamt 44 Defekte her-

angezogen werden konnten (. Tab. 1).

Leerdefekt Periostlappen Transplantat

0,00

0,02

0,04

0,06

0,08

0,10

0,12

0,14

Def

ektf

läch

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Größe der ursprünglichen Defektfläche 0,136cm2

Abb. 3 8 Größe der Defektfläche in cm2 nach 26 (dunkelgrau) und 52 Wochen (hellgrau) in Abhängigkeit von der durchgeführten Prozedur. Der Pfeil markiert die Größe der Fläche des mit der Stanze geschaffenen chon-dralen Defekts (0,136 cm2). Der Unterschied der Fläche des noch verblie-benen Defekts zwischen der Transplantatgruppe und den beiden anderen Gruppen ist zu beiden Zeitpunkten signifikant (p < 0,05)

Leerdefekt Periostlappen Transplantat

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

Pu

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e im

ICR

S-Sc

ore

Abb. 4 8 Ergebnis der makroskopischen Beurteilung des Regeneratgewe-bes mit Hilfe des ICRS Cartilage Repair Assessment (ICRS-Score). Die Säu-len geben die Höhe des Scores nach 26 Wochen (dunkelgrau) und 52 Wochen (hellgrau) an. Die mittleren Punktwerte der unbehandelten De-fekte entsprechen einem Knorpelschaden Grad IV, der Periostlappengrup-pe Grad III und der Transplantatgruppe einem Knorpelschaden Grad II der ICRS-Klassifikation. Der Unterschied zwischen den Transplantatgrup-pen und den Leerdefektgruppen jeweils nach 26 und 52 Wochen ist signi-fikant p < 0,05 (Mann-Whitney-U-Test). Zwischen der Periostlappengruppe und der Leerdefektgruppe sowie der Transplantatgruppe besteht zu beiden Zeitpunkten kein signifikanter Unterschied (p>0,05)

1249Der Orthopäde 12 · 2006 |

Makroskopische Beurteilung

DefektgrößeDie . Abb. 3 zeigt die noch verbliebe-

ne Größe der Defektfläche in den einzel-

nen Versuchsgruppen in Form von „box-

plots“.

Die kleinsten Defekte lagen bei den-

jenigen Kondylen vor, deren Defekte mit

einem autologen Transplantat behandelt

wurden. Während die Defektfläche in der

Periostlappengruppe und der Transplan-

tatgruppe im zeitlichen Verlauf kleiner

wurde, konnte in der Leerdefektgruppe

eine Größenzunahme gemessen werden.

ICRS Cartilage Repair AssessmentMit Hilfe des „ICRS Cartilage Repair As-

sessment“ konnte makroskopisch die

Qualität der einzelnen Regenerate be-

urteilt werden. Das Ergebnis wird in der

. Abb. 4 dargestellt.

LeerdefektgruppeDie unbehandelten Defekte wiesen in der

überwiegenden Zahl gar keine oder nur

eine geringe Füllung mit einem Regene-

ratgewebe auf (. Abb. 5a,b). Entzünd-

liche Veränderungen der Gelenke in Form

von Ergüssen oder Synoviahypertrophien

fanden sich bei keinem Gelenk.

PeriostlappengruppeDie Knorpelläsionen nach Periostlappen-

transplantation waren durch ein makros-

kopisch erkennbares Regeneratgewebe ge-

kennzeichnet(. Abb. 5c,d). An 7 Kon-

dylen waren am Rand der Defekte noch

die sternförmigen Spuren der Periostlap-

pennaht erkennbar. Makroskopische Spu-

ren des Periostlappens selbst waren nicht

mehr erkennbar. Die Oberfläche der Re-

generate wies tiefe Fissuren auf.

TransplantatgruppeIn der Transplantatgruppe wurden die

größte Flächendeckung durch Regenerat-

gewebe, der höchste Grad der Füllung der

Defekttiefe und auch die beste Integration

mit dem umliegenden Gewebe beobach-

tet (. Abb. 5e,f). Nach 52 Wochen wur-

den bessere Ergebnisse dokumentiert als

nach 26 Wochen.

Stabilitätsmessung mit dem Artscan 200®

Die relative Stabilität (RS) der Knorpel-

regenerate in Bezug auf den normalen

Knorpel der kontralateralen medialen Fe-

murkondyle (RS=1,0) war abhängig von

der durchgeführten Therapie und vom

Zeitpunkt der Messung (. Abb. 6).

Die Regenerate nach autologer Chon-

drozytentransplantation wiesen zu beiden

Untersuchungszeitpunkten die größte me-

chanische Festigkeit auf. Die mechanische

Abb. 5 8 Makroskopische Defektfüllungmit jeweils dem schlechtesten und besten makroskopischen Ergebnis in jeder Behandlungsgruppe nach 52 Wochen. a Schlechtester Leerdefekt, keine Defektfül-lung, degenerierte Oberfläche. Die Fraktur entstand beim Herauslösen der Kondyle. b „Bester“ Leerde-fekt: Der Boden des Defekts ist bis zu 25% der Defekttiefe mit einem Regenerat bedeckt. c Schlechtes-ter Periostlappen: Im Zentrum des Defekts erkennt man eine kleine „Regeneratinsel“, deren Höhe 50% des gesunden Knorpels erreicht. Eine Integration des Regenerats zum gesunden Knorpel hat nicht stattgefunden. d Bester Periostlappen: Das Regerat füllt die Defekttiefe teilweise komplett aus. Etwa drei Viertel des Regenerats sind mit dem umliegenden Knorpel integriert. Die Oberfläche zeigt einige kleine und wenige tiefe Fissuren. e Schlechtestes Transplantat: Der Defekt ist zu 25–50% der gesam-ten Tiefe aufgefüllt. Eine Integration des Transplantats hat nicht stattgefunden. f Bestes Transplantat: Der Defekt ist komplett aufgefüllt, zeigt eine komplette Integration zum umgebenden Knorpel und weist eine glatte, intakte Oberfläche auf

1250 | Der Orthopäde 12 · 2006

Originalien

Stabilität der Regeneratgewebe in den be-

handelten Defekten war nach 52 Wochen

größer als nach 26 Wochen. Bei den un-

behandelten Defekten verhielt es sich ge-

nau umgekehrt, die Stabilität des Regene-

ratgewebes war nach 52 Wochen sehr viel

schlechter als nach 26 Wochen.

Histologische BeurteilungDas Regeneratgewebe wies 52 Wochen

nach der autologen Chondrozytentrans-

plantation mikroskopisch eine ausgespro-

chen große Variabilität auf. Während 2 der

9 Kondylen charakteristische Merkmale

aufwiesen, die normalem Gelenkknorpel

sehr ähnlich waren, fanden sich in den üb-

rigen 7 Proben überwiegend Faserknor-

pelregenerate mit unterschiedlich gro ßen

hyalinen Anteilen. Insgesamt wurden die

Ergebnisse in der Gruppe der Transplan-

tate nach 52 Wochen besser bewertet als

nach 26 Wochen. Die unbehandelten De-

fekte wurden nach 1 Jahr schlechter be-

wertet als nach einem hal ben Jahr. Die

Ergebnisse der Bewertung mit dem ICRS-

und dem Mankin-Score zeigen . Abb. 7

und 8.

Typische Beispiele jeder Versuchsgrup-

pe zeigen . Abb. 9, 10 und 11.

Diskussion

Die ursprünglich von Brittberg beschrie-

bene Technik der Knorpelzelltransplan-

tation wird als Chondrozytentransplan-

tation der 1. Generation bezeichnet. Die

Knorpelzellen werden als Suspension un-

ter einen Periostlappen injiziert [12]. Für

die Defektregeneration stehen zwei chon-

drogene Quellen zur Verfügung: zum ei-

nen die Knorpelzellen, zum anderen die

Kambiumschicht des Periostlappens [24,

25]. Wird zusätzlich der subchondrale

Knochen eröffnet, so wie Brittberg dies

am Kaninchenmodell durchführte, steht

sogar eine dritte chondrogene Quelle zu

Verfügung. Es wird deshalb kritisiert, dass

der Ursprung des entstehenden Regene-

ratgewebes im Brittberg-Versuch voll-

kommen unklar ist.

Bereits Bentley [5] wies auf das Pro-

blem hin, die transplantierten Chondro-

zyten im Transplantatbett zu binden. In

der Brittberg-Technik [7] wird das Pro-

blem mit Hilfe des Periostlappens gelöst.

Driesang [11] aus der Arbeitsgruppe von

Hunziker fand in einer Untersuchung an

6 Ziegen heraus, dass sich die angenäh-

ten Periostlappen innerhalb weniger Ta-

ge ablösten, wenn die Kniegelenke nicht

immobilisiert wurden. In der hier vor-

liegenden Untersuchung konnten we-

der nach 26 noch nach 52 Wochen Res-

te eines Periostlappens vorgefunden wer-

den. Auch histologisch war der Nachweis

eines Gewebes, das einem ehemaligen Pe-

riostlappen entsprochen hätte, nicht mög-

lich, d. h. auch in dieser Untersuchung ist

es zu einem unbekannten Zeitpunkt nach

der Operation zu einer Ablösung des Pe-

riostlappens gekommen.

Welchen Einfluss dies auf die Entwick-

lung der Regeneratgewebe hatte, bleibt

unklar. Möglicherweise erklären sehr frü-

he Periostlappenverluste an einzelnen

Leerdefekt Periostlappen Transplantat

0,20

0,40

0,60

0,80

1,00

Rel

ativ

e St

abili

tät

(RS)

Abb. 6 8 Mechanische Stabilität des Regeneratgewebes in Abhängigkeit von der durchgeführten Prozedur und dem Untersuchungszeitpunkt. Die Mittelpunkte der Boxplots geben die mittlere Höhe der relativen Stabilität (RS) nach 26 Wochen (dunkelgrau) und 52 Wochen (hellgrau) an. Die ho-rizontalen Linien zeigen den jeweiligen Medianwert. Der Unterschied zur un-behandelten Gruppe (Leerdefekte) und zur Periostlappengruppe war nach 26 Wochen signifikant (p < 0,05). Nach 52 Wochen bestand ein signifikanter Unterschied zur Leerdefektgruppe (p < 0,05), jedoch nicht zur Periostlap-pengruppe (p=0,16)

0,00

2,00

4,00

6,00

8,00

10,00

12,00

14,00

16,00

18,00

Pu

nkt

sum

me

ICR

S-H

isto

-Sco

re

Leerdefekte Periostlappen Transplantate

Abb. 7 8 Mikroskopische Beurteilung (ICRS-Score). Die Summe des ICRS-Scores der verschiedenen Gruppen wird als als Boxplot dargestellt. Die fett hervorgehobenen Linien zeigen den jeweiligen Median. LD: Leerdefekte, PL: Periostlappen, T: Transplantate; Punktsummenwerte nach 26 Wochen (dunkelgrau) und 52 Wochen (hellgrau). Der Unterschied der Transplantat-gruppe gegenüber den beiden Kontrollen ist zu beiden Zeitpunkten signifi-kant (p<0,05)

0

2

4

6

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10

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14

Pu

nkt

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Man

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re

Leerdefekte Periostlappen Transplantate

Abb. 8 8 Mikroskopische Beurteilung (Mankin-Score). Die Summe des Mankin-Scores der verschiedenen Gruppen wird als Boxplot dargestellt. Die „fett“ hervorgehobenen Linien zeigen den jeweiligen Median. Punktsum-menwerte nach 26 Wochen (dunkelgrau) und 52 Wochen (hellgrau). Nach 26 Wochen ist der Unterschied der Transplantatgruppe gegenüber den beiden Kontrollen signifikant (p<0,05). Nach 52 Wochen ist der Unter-schied hoch signifikant (p<0,001)

1252 | Der Orthopäde 12 · 2006

Originalien

Kondylen die große Variabilität der histo-

logischen Qualität der Regenerate in der

Transplantatgruppe. Diese Beobachtung

stützt jedoch die Vermutung, dass auch

bei der klinischen Anwendung am Men-

schen die Lebensdauer der Periostlappen-

bedeckung begrenzt und spätestens mit

dem Beginn der Mobilisation beendet ist.

Die Anwendung der Chondrozyten-

transplantation der 1. Generation führ-

te tierexperimentell bei Kaninchen zu

Faserknorpelregeneraten oder hyalinar-

tigen Knorpelregeneraten [8]. Die biome-

chanischen Eigenschaften und der struk-

turelle Aufbau von Gelenkknorpel konnte

mit diesem Verfahren jedoch nie erreicht

werden.

Zwischenzeitlich wurden viele Ver-

suche unternommen, die Qualität von

Knorpeltransplantaten zu verbessern. Um

dieses Ziel erreichen zu können, wurden

Techniken des sog. Tissue-Engineerings

angewendet.

Hierbei werden vor allem 2 Ansätze

verfolgt:

F die Kultivierung der Knorpelzellen in

einer dreidimensionalen Matrix,

F der Einsatz von Wachstumsfaktoren.

Mehrere Arbeitsgruppen haben Versuche

mit unterschiedlichen Trägermaterialien

unternommen. Bevorzugt wurden biode-

gradable natürliche oder synthetische Trä-

germaterialien eingesetzt, die so lange als

Gerüststruktur für die transplantierten

Zellen dienen, bis diese ihre eigene knor-

peltypische Matrix synthetisiert haben

[20]. Die Kooperationsgruppe in Zürich

unter Leitung von Prof. Dr. Häuselmann

entwickelte ein Alginatkultursystem [16].

Es konnte gezeigt werden, dass sich hu-

mane und bovine Chondrozyten in die-

sem Kultursystem vermehren und knor-

pelspezifische aggregierende Proteogly-

kane synthetisieren [16].

Der Vorteil der matrixgekoppelten

Verfahren besteht in der vereinfachten

Anwendung, da kein Periostlappen mehr

gehoben werden muss [3]. An bestimmten

Lokalisationen kann der Eingriff sogar ar-

throskopisch durchgeführt werden [13].

Ein weiterer Versuch, der unternom-

men wurde, um die strukturelle und funk-

tionelle Qualität der Knorpelregenerati-

on zu verbessern, bestand in der Trans-

plantation eines trägerunabhängigen un-

Zusammenfassung · Abstract

Orthopäde 2006 · 35:1246–1257 DOI 10.1007/s00132-006-1021-z

© Springer Medizin Verlag 2006

A. Jubel · J. Fischer · J. Andermahr · J. Isenberg · G. Schiffer · M. Stoddart · K. E. Rehm ·

H. J. Häuselmann

Die Implantation von matrixfreien dreidimensionalen Knorpeltrans-plantaten in standardisierte Knorpeldefekte am Schafskniegelenk

Zusammenfassung

Das Ziel der hier vorliegenden Untersu-

chung besteht in einer vergleichenden Ana-

lyse des Regeneratgewebes in einem chond-

ralen Knorpeldefekt der Schafsfemurkondyle

nach autologer De-novo-Knorpeltransplan-

tation. Bei 48 Schafen wurde an der medialen

Femurkondyle ein chondraler Knorpeldefekt

mit einem Durchmesser von 4 mm platziert.

12 Defekte wurden der spontanen Heilung

überlassen, 16 Defekte mit einem Periost-

lappen bedeckt, und 20 Defekte wurden mit

einem autologen De-novo-Knorpeltransplan-

tat gefüllt. Im Vergleich zu den Kontrollgrup-

pen wurde die Transplantatgruppe sowohl

nach 26 Wochen als auch nach 52 Wochen si-

gnifikant (p<0,05) besser bewertet. Die Un-

terschiede zeigten sich v. a. im Grad der De-

fektfüllung, der Knorpelstabilität, der Zellver-

teilung und der Matrixbeurteilung. In einigen

Defekten konnte ein hyalinartiges Knorpelge-

webe nachgewiesen werden. Die Transplan-

tation von De-novo-Knorpel führt makrosko-

pisch und mikroskopisch zu qualitativ besse-

ren Regeneraten als eine Periostlappentrans-

plantation. Das transplantierte unreife Knor-

pelgewebe unterliegt in vivo einem Reifungs-

prozess.

Schlüsselwörter

Autologe Knorpeltransplantation · Knorpel-

defekt · Tiermodell · Periostlappentransplan-

tation · Chondrozytentransplantation

Implantation of matrix-free cartilage transplants in standardized defects in sheep knee joints

Abstract

The goal of the current investigation was to

make a comparative analysis of regenera-

tive tissue after autologous de novo carti-

lage transplantation on the femoral condyles

of sheep after a chondral defect. One chon-

dral defect measuring 4 mm in diameter was

placed in the center of one medial femoral

condyle of each of 48 Suffolk sheep. Twelve

defects were left to heal spontaneously, 16

defects were covered with periosteal flaps,

and 20 defects were filled with autologous

de novo cartilage graft. Macroscopic and mi-

croscopic assessments were performed at 26

and at 52 weeks. Regeneration was signifi-

cantly better (p<0.05) in the transplant group

than in the control groups at both 26 weeks

and 52 weeks. The differences were most ev-

ident in the grade of defect filling, cartilage

stability, cell distribution, and matrix assess-

ments. Transplantation of immature, autolo-

gous de novo cartilage leads to qualitative-

ly better regeneration both macro- and mi-

croscopically than does periosteal flap place-

ment alone. The transplanted, immature car-

tilage tissue undergoes maturation in vivo.

The regenerated tissue has hyaline-like fea-

tures.

Keywords

Autologous cartilage transplantation · Carti-

lage defect · Animal modell · Periostal flap ·

Chondrocyte transplantation

1253Der Orthopäde 12 · 2006 |

reifen Knorpelgewebes [1]. Dieses Verfah-

ren wird als ACT der 3. Generation be-

zeichnet. Der Arbeitsgruppe von Adkis-

son [1] gelang es, aus menschlichen Chon-

drozyten unter speziellen Kulturbedin-

gungen ohne Verwendung eines weiteren

Trägermaterials etwa 1,5 mm dicke Knor-

pelscheibchen zu „züchten“. Ein ähnliches

trägerfreies juveniles Knorpelgewebe kam

auch in der hier vorliegenden Untersu-

chung zum Einsatz.

Die aus den Knorpelproben isolier-

ten und in Monolayerkultur vermehrten

Chondrozyten wurden zwar zunächst in

einer Alginatmatrix kultiviert, einige Wo-

chen vor der Transplantation wurde das

Alginat jedoch entfernt. Zurück blieb ei-

ne zellreiche Chondrozyten-Disc mit ei-

ner unreifen Knorpelmatrix [15, 16].

Das makroskopische und mikrosko-

pische Erscheinungsbild der Regeneratge-

webe nach Transplantation der „Chondro-

Discs“ waren sehr heterogen und variabel,

so wie dies häufig bei Untersuchungen zur

Knorpelregeneration vorgefunden wird

[6]. Im Vergleich zu den Kontrollgrup-

pen wurde die Transplantatgruppe sowohl

nach 26 Wochen als auch nach 52 Wochen

besser bewertet. Die Unterschiede zeigten

sich v. a. im Grad der Defektfüllung, der

Knorpelstabilität, der Zellverteilung und

der Matrixbeurteilung.

Lichtmikroskopisch konnte in denjeni-

gen Defekten ein hyalinartiges Knorpelge-

webe nachgewiesen werden, die auch ei-

ne hohe Stabilität im Indentationstest auf-

wiesen. Diese Regenerate waren mikros-

kopisch durch einen festen Kontakt zur

Schicht des kalzifizierten Knorpels cha-

rakterisiert und waren lückenlos in den

umliegenden ortsständigen Knorpel in-

tegriert.

Auch andere Arbeitsgruppen engagie-

ren sich inzwischen an der Etablierung

von Kulturtechniken, um in vitro drei-

dimensionales, fremdmaterialfreies, au-

tologes knorpelartiges Gewebe zu pro-

duzieren. Dem Team um Jeanette Libe-

ra gelang die Entwicklung von „Knorpel-

spheroiden“ in humanem Serum, die ei-

ne große Adhäsionsfähigkeit auf mensch-

lichen Knorpelproben aufweisen [2].

Eine wesentliche Erkenntnis der hier

vorliegenden Untersuchung ist es, dass

das transplantierte unreife Knorpelgewe-

be in vivo einem weiteren Reifungsprozess

unterliegt. Die Ergebnisse der makrosko-

pischen und mikroskopischen Beurtei-

lung nach autologer Knorpeltransplanta-

tion waren nach 52 Wochen signifikant

besser als nach 26 Wochen. Die unbehan-

delten Defekte hingegen wurden wegen

der zunehmenden Degeneration im Lau-

fe der Zeit immer schlechter bewertet.

Der Prozess der Knorpelreifung er-

streckt sich offenbar über mehrere Mo-

nate, wenn nicht sogar Jahre. Es erscheint

deshalb durchaus sinnvoll, die Ergebnisse

nach einer autologen Knorpeltransplanta-

tion am Schafskniegelenk auch noch spä-

ter als nach 52 Wochen zu erheben. Die-

se tierexperimentelle Beobachtung deckt

sich mit klinischen Langzeitbeobach-

tungen nach autologer Chondrozyten-

transplantation [26], die zeigen, dass die

Bewertungsscores im Laufe der Jahre bes-

ser werden.

Fazit für die Praxis

Die hier festgestellten tierexperimentel-

len Ergebnisse zeigen, dass die autologe

Chondrozytentransplantation der 3. Ge-

neration eine vielversprechende Weiter-

entwicklung der biologischen Knorpelre-

generation ist. Der Einsatz am Menschen

sollte zunächst jedoch klinischen Studien

vorbehalten bleiben, um so die Effizienz

gegenüber anderen Methoden überprü-

fen zu können. Das nächste Ziel ist es, die

Qualität der De-novo-Knorpeltransplan-

tate dahingehend zu verbessern, dass ei-

ne periostlappenfreie Fixierung im Knor-

peldefekt möglich ist.

Abb. 9 8 Mikroskopische Beurteilung der Leerdefekte (Beispiel). a Giemsa-Färbung, Objektiv 6-fach, 26 Wochen alter Defekt (makroskopisches Bild s. Abb. 5b). Die Oberfläche ist diskontinuierlich. Der Rand des gesunden Knorpels ist in den Defekt „eingebrochen“. Unorganisierte Struktur der Matrix. Im Zentrum befindet sich ein hypozelluläres Regeneratgewebe. b Ausschnittsvergrößerung (Objektiv 30-fach). Man erkennt die typischen Chondrozytencluster am Rand des Defekts. c Gleicher Defekt wie a). Safranin-O Färbung, Objektiv 6-fach. Erheblicher Proteoglykanverlust der Knorpelmatrix, die in den Defekt eingebro-chen ist

Abb. 10 8 Mikroskopische Beurteilung der Periostlappen (Beispiel). a 52 Wochen nach Periostlap-pentransplantation (makroskopisches Bild s. Abb. 5d). Giemsa-Färbung, Objektiv 20-fach. Überwie-gend Faserknorpel, wenig hyaliner Knorpel. Vereinzelte Cluster, in der Nähe des subchondralen Kno-chens säulenartige Organisation der Zellen. b Gleiches Präparat wie a), Safranin-O-Färbung Objek-tiv 20-fach. Der Proteoglykangehalt im Regenerat ist verglichen mit dem umliegenden Knorpel (linker Bildrand) minimal

1254 | Der Orthopäde 12 · 2006

Originalien

Abb. 11 8 Mikroskopische Beurteilung der Transplantate (Beispiel). a Giemsa-Färbung, Objektiv 6-fach. Der Defekt ist 52 Wochen nach der Transplantation (makroskopisches Bild s. Abb. 5f) mit einem hyalinartigen Regeneratgewebe gefüllt. Oberflächliche Unregelmäßigkeiten. Gute Integration am De-fektrand. Am rechten Rand Fissur bis in die Zone IV. Vermehrtes Remodeling des subchondralen Kno-chens bei erhaltener Tidemarkintegrität. Die Knorpelmineralisation ist regelgerecht. b Gleicher Defekt wie in a: Safranin-O-Färbung, Objektiv 10-fach. Im Vergleich zum ortsständigen Knorpel keine Minde-rung der Intensität der Färbung, d. h. es besteht kein Proteoglykanverlust. c Gleicher Defekt wie bei a und b, Tolouidin-Blau-Färbung. Übersicht, Objektiv 6-fach. d Ausschnittsvergrößerung von c: Säulen-artige Organisation der Zellen. Der Anteil an vitalen Zellen ist >50%. e Ausschnittsvergrößerung von d: Die Zellen weisen eine charakteristische Chondrozytenmorphologie auf – hypertrophe Zellen, die von einer Lakune umgeben werden und in eine Matrix eingebettet sind

Korrespondierender AutorPD Dr. A. Jubel

Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universität KölnJosef-Stelzmann-Str. 9, 50924 Kö[email protected]

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkon-

flikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass kei-

ne Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in

dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Kon-

kurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation

des Themas ist unabhängig und die Darstellung der In-

halte produktneutral.

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Herbert-Lauterbach-Preis 2006 verliehen

Die Vereinigung Berufsgenossenschaftlicher

Kliniken verleiht den mit 7500 Euro dotierten

Herbert-Lauterbach-Preis 2006 an

Herrn Dr. Biberthaler,

Herrn Dr. med. Kroetz,

Herrn PD Dr. med. Linsenmaier,

Herrn Prof. Dr. med. Pfeifer,

Herrn PD Dr. med. Mussack,

Herrn PD Dr. med. Kanz,

Herrn Dr. med. Hoecherl,

Herrn Dr. med. Jonas,

Herrn Prof. Dr. med. Marzi,

Herrn PD Dr. med. Leucht,

Frau PD Dr. rer. nat. Jochum,

Herrn Prof. Dr. med. Mutschler

für die Arbeit „Serum S-100B-Messung gibt

zusätzliche, wertvolle Informationen für

die Indikation einer CCT in Patienten nach

Schädel-Hirn-Trauma: Eine Multizenterstudie

anhand 1309 Patienten“.

Die Arbeit beschreibt die Ergebnisse einer

Multizenterstudie zum derzeit kontrovers dis-

kutierten Thema der Indikation für eine initi-

ale Computertomographie bei Patienten mit

einem leichten Schädel-Hirn-Trauma Grad I.

Bei einer Gruppe von 1309 Patienten wurden

die Serum-Spiegel des neuroglialen Proteins

S-100B bestimmt und mit einer Kontrollgrup-

pe von 540 gesunden Personen verglichen.

Bei 99 % der Schädel-Hirn-Trauma-Patienten

mit im CT sichtbaren morphologischen Ver-

änderungen fanden sich signifikant erhöhte

S-100B-Veränderungen, wobei die Höhe des

Wertes im Serum mit der Schwere des Schä-

del-Hirn-Traumas gemessen am Glasgow-

Coma-Scale gut korrelierte. Für die klinische

Praxis könnte somit über die Messung von

S-100B die Anzahl der Untersuchungen mit-

tels Schädel-Computertomogramm um 30%

reduzieren. Neben der Einsparung wichtiger

Untersuchungsressourcen könnte so auch die

Strahlenbelastung für das in der Mehrzahl

junge Patientenkollektiv substantiell redu-

ziert werden. Zusätzlich kann aus diesen Er-

gebnissen abgeleitet werden, dass Patienten

mit erhöhten S-100B-Konzentrationen und

negativem Computertomographiebefund ei-

ner weiterführenden Diagnostik mittels Kern-

spintomographie zugeführt werden sollten,

um auch diskrete strukturelle Veränderungen

und Läsionen erkennen und therapieren zu

können.

Weitere Informationen unter:

Biberthaler P, Linsenmeier U, Pfeifer KJ,

Kroetz M, Mussack T, Kanz KG, Hoecherl EF,

Jonas F, Marzi I, Leucht P, Jochum M,

Mutschler W (2006) Serum S-100B concentra-

tion provides additional information for the

indication of computed tomography in pa-

tients after minor head injury: a prospective

multicenter study. Shock 25(5): 446-453

Quelle:

Berufsgenossenschaftliches

Unfallkrankenhaus Hamburg

www.buk-hamburg.de

Fachnachrichten

1257Der Orthopäde 12 · 2006 |