Die Girlanden attischer Sarkophage und der Sarkophag Caffarelli

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EINFÜHRUNG Der Sarkophag Caffarelli in Berlin (Abb. 1) 1 gilt als ein herausragender Vertreter der frühkaiserzeit- lichen Kunstproduktion Roms. Front- und Rück- seite zeigen je zwei an Boukrania aufgehängte Girlanden. Über ihnen sind Opferkännchen und Pateren zu sehen. An den Schmalseiten sind Öl- bäumchen dargestellt. Der Typus der Schmalseiten- Reliefs ist an Sarkophagen singulär. Singulär ist insgesamt auch die kunstgeschichtliche Position des Sarkophages Caffarelli im Rahmen der frühen Kaiserzeit. In der Kunst der ersten nachchrist- lichen Jahrhunderthälfte ist er isoliert geblieben. Er gilt als Einzelstück, das sich einer kunstge- schichtlichen Tradition nicht einordnen läßt. Ver- suche zu ihrer Klärung liegen vor. 2 Nach G. Rodenwaldts ausführlicher Abhand- lung hat insbesondere H. Herdejürgen 3 den Caffa- relli-Sarkophag noch einmal einer kritischen Stil- analyse unterzogen. Sie ordnet ihn als zweites Stück in das Corpus der stadtrömischen und ita- lischen Girlandensarkophage ein und setzt sich nachhaltig mit dem Stil seiner Girlandenreliefs auseinander. Sie kommt zu einer jüngeren Datie- rung als die von Rodenwaldt erschlossene spätti- berische Epoche und findet seine chronologische Position unter frühclaudischen Parallelen. Herde- jürgens chronologische Interpretation des Sarko- phages Caffarelli in frühclaudische Zeit, etwa 40 n.Chr., kann als endgültig betrachtet werden, s.u. Nie hinterfragt wurde bisher die Ikonographie der Caffarelli-Girlanden. Ihrer Struktur lassen sich Einzelzüge ablesen, die über Herkunft und Zuge- hörigkeit der ausführenden Hände und ihrer Werkstatt Aufschluß zu geben vermögen. Drei Girlanden des Caffarelli-Sarkophages geben ihre typologische Bindung an Attika deutlich zu erken- nen (s.u.). Es sind die Girlanden der Vorderseite und die rechte der Rückseite. 4 Die Anordnung der Früchte an diesen drei Girlanden entspricht der an den attischen Girlandensarkophagen. Insbeson- dere die Analyse des Mittelteils der Girlanden (nicht der linken Rückseiten-Girlande) erweist die formale Verwandtschaft sowohl mit den später einsetzenden attischen Girlandensarkophagen als auch mit der späthellenistischen Girlande eines attischen Grabaltars in Athen, der dem ausgehen- den 1. Jh. v.Chr. angehört. 5 Die Caffarelli-Girlan- den stehen zum einen in attischer Typentradition und weisen zum anderen auf den Fortbestand des Typus an den attischen Girlandensarkophagen. Struktur und Gliederung der drei genannten Girlanden am Caffarelli-Sarkophag spiegeln so offensichtlich die Typik attischer Girlanden, daß die Bindung der ausführenden Meister an ihre griechische Werkstatt nicht abgebrochen gewesen sein kann. Die attische Werkstatt entsandte ihre Steinmetze nach Rom, oder der Auftraggeber ließ den Sarkophag Caffarelli in Athen arbeiten. Der in Rom arbeitende griechische Bildhauer setzte nicht nur römische Bildthemen mit geschulter 139 BABesch 83 (2008) Die attische Girlande und der Sarkophag Caffarelli Jutta Meischner und Ergün Laflı Zusammenfassung Der Typus der attischen Girlande wird bestimmt durch zwei vertikale Granatapfelreihen, die in Girlandenmitte aufeinander treffen; zwischen ihnen bleibt leerer Raum, ein vertikaler Spalt. Bekannt ist der attische Girlanden- typus von den Sarkophagen. Der Beginn der Produktion attischer Girlandensarkophage wird gegen 120 n.Chr. angesetzt. Der Typus der attischen Girlande indes begegnet bereits an einer späthellenistischen Grabara in Athen. Die hier folgenden Beobachtungen belegen den attischen Girlandentypus des weiteren am Caffarelli-Sarkophag in Berlin. Dieser ist von H. Herdejürgen überzeugend der claudischen Epoche zugeordnet worden. Zwischen dem Sarkophag Caffarelli von etwa 40 n.Chr. und den frühen attischen Girlandensarkophagen klafft eine Zeitlücke von 80 Jahren, also von drei Generationen. Es ist nicht denkbar, daß zwischen 40 und 120 n.Chr. in Attika keine Girlandenreliefs gearbeitet worden wären, eine Werkstattradition aber weiter bestand. Die Existenz kleinasiatischer Girlandensarkophage im 1. und frühen 2. Jh. n.Chr. macht das Fortleben auch der attischen Reliefgirlande in dieser Zeit wahrscheinlich. Vorläufer der attischen Girlandensarkophage sind unter Grab- und Götteraltären zu suchen. Diese Arbeit ist noch zu leisten.

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EINFÜHRUNG

Der Sarkophag Caffarelli in Berlin (Abb. 1)1 gilt alsein herausragender Vertreter der frühkaiserzeit-lichen Kunstproduktion Roms. Front- und Rück-seite zeigen je zwei an Boukrania aufgehängteGirlanden. Über ihnen sind Opferkännchen undPateren zu sehen. An den Schmalseiten sind Öl-bäumchen dargestellt. Der Typus der Schmalseiten-Reliefs ist an Sarkophagen singulär. Singulär istinsgesamt auch die kunstgeschichtliche Positiondes Sarkophages Caffarelli im Rahmen der frühenKaiserzeit. In der Kunst der ersten nachchrist-lichen Jahrhunderthälfte ist er isoliert geblieben.Er gilt als Einzelstück, das sich einer kunstge-schichtlichen Tradition nicht einordnen läßt. Ver-suche zu ihrer Klärung liegen vor.2

Nach G. Rodenwaldts ausführlicher Abhand-lung hat insbesondere H. Herdejürgen3 den Caffa-relli-Sarkophag noch einmal einer kritischen Stil-analyse unterzogen. Sie ordnet ihn als zweitesStück in das Corpus der stadtrömischen und ita-lischen Girlandensarkophage ein und setzt sichnachhaltig mit dem Stil seiner Girlandenreliefsauseinander. Sie kommt zu einer jüngeren Datie-rung als die von Rodenwaldt erschlossene spätti-berische Epoche und findet seine chronologischePosition unter frühclaudischen Parallelen. Herde-jürgens chronologische Interpretation des Sarko-phages Caffarelli in frühclaudische Zeit, etwa 40n.Chr., kann als endgültig betrachtet werden, s.u.

Nie hinterfragt wurde bisher die Ikonographieder Caffarelli-Girlanden. Ihrer Struktur lassen sichEinzelzüge ablesen, die über Herkunft und Zuge-hörigkeit der ausführenden Hände und ihrerWerkstatt Aufschluß zu geben vermögen. DreiGirlanden des Caffarelli-Sarkophages geben ihretypologische Bindung an Attika deutlich zu erken-nen (s.u.). Es sind die Girlanden der Vorderseiteund die rechte der Rückseite.4 Die Anordnung derFrüchte an diesen drei Girlanden entspricht deran den attischen Girlandensarkophagen. Insbeson-dere die Analyse des Mittelteils der Girlanden(nicht der linken Rückseiten-Girlande) erweist dieformale Verwandtschaft sowohl mit den spätereinsetzenden attischen Girlandensarkophagen alsauch mit der späthellenistischen Girlande einesattischen Grabaltars in Athen, der dem ausgehen-den 1. Jh. v.Chr. angehört.5 Die Caffarelli-Girlan-den stehen zum einen in attischer Typentraditionund weisen zum anderen auf den Fortbestand desTypus an den attischen Girlandensarkophagen.Struktur und Gliederung der drei genanntenGirlanden am Caffarelli-Sarkophag spiegeln sooffensichtlich die Typik attischer Girlanden, daßdie Bindung der ausführenden Meister an ihregriechische Werkstatt nicht abgebrochen gewesensein kann. Die attische Werkstatt entsandte ihreSteinmetze nach Rom, oder der Auftraggeber ließden Sarkophag Caffarelli in Athen arbeiten. Derin Rom arbeitende griechische Bildhauer setztenicht nur römische Bildthemen mit geschulter

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BABesch 83 (2008)

Die attische Girlande und der SarkophagCaffarelli

Jutta Meischner und Ergün Laflı

Zusammenfassung

Der Typus der attischen Girlande wird bestimmt durch zwei vertikale Granatapfelreihen, die in Girlandenmitteaufeinander treffen; zwischen ihnen bleibt leerer Raum, ein vertikaler Spalt. Bekannt ist der attische Girlanden-typus von den Sarkophagen. Der Beginn der Produktion attischer Girlandensarkophage wird gegen 120 n.Chr.angesetzt. Der Typus der attischen Girlande indes begegnet bereits an einer späthellenistischen Grabara in Athen.Die hier folgenden Beobachtungen belegen den attischen Girlandentypus des weiteren am Caffarelli-Sarkophagin Berlin. Dieser ist von H. Herdejürgen überzeugend der claudischen Epoche zugeordnet worden. Zwischendem Sarkophag Caffarelli von etwa 40 n.Chr. und den frühen attischen Girlandensarkophagen klafft eineZeitlücke von 80 Jahren, also von drei Generationen. Es ist nicht denkbar, daß zwischen 40 und 120 n.Chr. inAttika keine Girlandenreliefs gearbeitet worden wären, eine Werkstattradition aber weiter bestand. Die Existenzkleinasiatischer Girlandensarkophage im 1. und frühen 2. Jh. n.Chr. macht das Fortleben auch der attischenReliefgirlande in dieser Zeit wahrscheinlich. Vorläufer der attischen Girlandensarkophage sind unter Grab- undGötteraltären zu suchen. Diese Arbeit ist noch zu leisten.

Hand um, sondern ließ griechische Motive in dasgewünschte Bildprogramm einfließen. Ein Spezial-auftrag eines Römers an eine Werkstatt in Athenkann die Singularität des Stückes erklären helfen.

Die komplizierte kunstgeschichtliche Stellungdes Caffarelli-Sarkophages wäre folgende: Inspiriertdurch pergamenische Reliefs arbeiten griechischeBildhauer im Auftrag des jungen Imperiums undseines Imperators für die Staatskunst in Rom.6

Hier entsteht der augusteische Klassizismus. Seinberühmtestes Monument ist die Ara Pacis Augus-tae.7 Wie diese so ist auch der Sarkophag Caffarelliein hochoffizielles Monument frühkaiserzeitlicherRepräsentation. Opfergerät und die Lorbeerbäum-chen weisen ihn als ein römisches Auftragswerkaus. Der Reliefstil seiner Girlanden unterscheidetsich nachhaltig von dem der raumhaltigen AraPacis-Girlanden;8 der Sarkophag Caffarelli ist einhalbes Jahrhundert später als die Ara Pacis ent-standen. Wenn sich sodann die Struktur seinerGirlanden an den attischen, nicht aber an stadt-römischen oder italischen Girlandensarkophagender Folgezeit wiederfindet, so ist aus diesem Fak-tum folgender Schluß zu ziehen: Die für römischeAuftraggeber der frühen Kaiserzeit arbeitendenSteinmetze standen in griechischer Werkstatt-Tradition. Diese setzte sich nicht in Rom und Ita-lien, sondern in ihrem Herkunftsland Attika fort.Es muß also ihre Rückwanderung nach Athenund die Übernahme eines Kunstzweiges aus Romin attische Werkstätten9 gegeben haben. Oderaber der Sarkophag Caffarelli wurde nach vor-handenen Girlandenmustern in Athen hergestelltund fügte sich einer lebendigen Tradition ein.Wann dann die Serienproduktion attischer Gir-landensarkophage einsetzt, ist völlig offen. IhrBeginn wird von G. Koch vage mutmaßend gegen140 n.Chr., aber auch gegen 125 n.Chr. angenom-men, von F. Isik gegen 120 n.Chr.10 DatierendeAnhaltspunkte fehlen. Es bestünde demnach zwi-schen dem Sarkophag Caffarelli (40 n.Chr.) undden frühen attischen Girlandensarkophagen eineZeitspanne von 80 Jahren, das sind drei Genera-tionen. Dieses Dilemma ist in hohem Grade unbe-friedigend. Da es im späteren 1. und frühen 2. Jh.n.Chr. in Kleinasien Girlandensarkophage gegebenhat (s.u.), sind Reliefgirlanden, an Sarkophagen,Ostotheken oder Aren, auch für Attika anzuneh-men. Nach dieserart Zwischengliedern zu for-schen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit einedichtere Kette ihrer Überlieferung bestätigen.

Etwas länger als die Tradition der attischenGirlandensarkophage zeigt sich die der attischenGirlande als solcher. Ein identischer Typus exis-tiert mindestens seit dem Späthellenismus des

ausgehenden 1. Jhs. v.Chr. Er begegnet auf einerGrabara im Athener Nationalmuseum.11 An dereinen Seite der Ara hängt eine attische Girlandean zwei Stierköpfen. Die Girlande ist in ihrer Mittedurch eine Umschnürung unterteilt. Beidseitig dermittleren Umschnürung zieht sich je eine vertikaleStaffel dreier Granatäpfel hoch. Beide Girlanden-hälften sind in ihrer Mitte noch einmal umschnürt.Diese seitlichen Umschnürungen entsprechendenen der Caffarelli-Girlanden sowie auch sol-chen der kaiserzeitlichen GirlandensarkophageAttikas. Begleitende Ähren, Blüten und Traubenverzahnen sich eng. Es liegt das gleiche Schemavor wie an den späteren Girlanden der attischenSarkophage. Der Typus der attischen Girlande istalso bereits etwa fünfzig Jahre vor dem Caffarelli-Sarkophag nachweisbar, spiegelt sich, wie zu zei-gen sein wird, in dessen Girlanden und lebt anden attischen Girlandensarkophagen des 2. Jhs.n.Chr. in verstärktem Umfang weiter.

BESCHREIBUNG DER GIRLANDEN AM SARKOPHAGCAFFARELLI

Die vier Fruchtgirlanden von Vorder- (Abb. 1) undRückseite des Sarkophages Caffarelli sind wederstereotyp noch symmetrisch zusammengesetzt.Ihr Umfang verändert sich zwischen den Endenund der Mitte leicht. Die Mitte hängt nicht schwerdurch; die Bögen sind verhältnismäßig flach.Hauptbestandteil des Fruchtgewindes ist derGranatapfel; des weiteren gibt es Pinienzapfen,Piniennadeln, Eicheln, Ähren, Trauben und Wein-blätter. Die Granatäpfel werden von verschiede-nen Seiten und in unterschiedlichem Reifezu-stand gezeigt. Etliche sind von vorn gesehen undwirken so mit Stempel und Radialkerben blüten-ähnlich. Andere sind seitlich aufgeplatzt; mansieht die Fruchtkerne. Wieder andere sind nichtan den Seiten, sondern vorn aufgeplatzt undhaben eine Tulipa-ähnliche Silhouette, die wieeine Haselnuß aussieht. Hauchdünn zeichnensich zumeist an den oberen Rändern der Girlan-den Lorbeer- und Eichenblättchen ab. Es gibtauch einige anemonenartige, rundblättrige Blüten.Solche erscheinen öfter auf der unten rauh belas-senen Rückseite12 des Sarkophages, wo auch, imGegensatz zur Vorderseite, längere Zweiglein denoberen Girlandenrand begleiten. Die annäherndgleich großen Früchte erscheinen überall in ge-drängter Fülle.13 Selten sticht ein Blättchen aus derTiefe hervor und streift eine Frucht. Die Früchteliegen sowohl parallel zum Grund als auch querund in Schrägansichten. Die feinen Blättchen anden Rändern sind stets zur Mitte hin ausgerichtet.

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Alle Einzelheiten sind mit Sorgfalt ausgeführtund identifizierbar. Die Arbeit des Meißels wirdvon der des Bohrers unterstützt. Das Gesamtbildergibt ein dichtes Gewebe plastischer Details, dievon vergleichsweise scharfen Schatten konturiertwerden. Die einzelnen, etwa gleichgroßen Früchteliegen dicht gedrängt. Die säuberlich unterschie-denen Formen der zahlreichen Einzelglieder sindin verschiedener Perspektive richtig zueinandergelagert. Die Kontur der Früchte wird einheitlichdurch saubere bis scharfe Bohrung hervorgeho-ben. Auch Weintrauben und Weinblätter werdeneinzeln umrissen. Ansatzweise gibt es Punktboh-rung und fein belassene Stege. Die Verwendungdes Bohrers ist von maßgeblicher Bedeutung fürdie Wirkung des Reliefs. Die knappen, aber tiefenZwischenräume ergeben Hell-Dunkel-Effekte.Komposition und Ausführung wirken unruhig.Die Glieder der Girlande erscheinen künstlichzusammengedrängt. Ihr plastisches Volumen ent-faltet sich in nur einer Reliefschicht, sodaß dieGirlande insgesamt flach ist und keine Räumlich-keit erkennen läßt. Am oberen und unteren Gir-landenrand erscheinen halb verdeckte Blättchenin schemenhaft flachem Relief, die aber keineplastische Tiefenführung zu vermitteln vermögen.Die in zwei Dimensionen gestaffelten Früchte lie-gen, mehr oder weniger scharf begrenzt, in einund derselben Reliefebene.

Vorder- und Rückseitengirlanden unterscheidensich hinsichtlich der ausführenden Hände undTemperamente. Die Doppelgirlande der Rückseiteist weniger engmaschig gewirkt; die Früchte sindlockerer aufeinander bezogen und greifen natür-licher ineinander. Große Weinblätter überziehenhier die halbe Girlandenbreite; die Pinienzapfenhängen luftiger im Raum. Es gibt mehr quer zumGrund stehende, lückenfüllende Blättchen. Dielockere Natürlichkeit der aus der Tiefe hervor-drängenden Vielfalt organischer Gebilde an derAra Pacis erreichen auch die Caffarelli-Girlandender Rückseite bei weitem nicht.14

STILISTISCHE PARALLELEN ZU DEN CAFFARELLI-GIRLANDEN

Die überzeugend in spättiberische Zeit datierteFruchtgirlande des römischen Grabaltars 84815

kann in ihrer durch Bohrungen konturierten, dich-ten Fruchtfolge den Caffarelli-Girlanden unmittel-bar in Parallele gesetzt werden. Diese kann weiterauch mit dem Reliefstil der claudischen Ara 702 inRom verglichen werden. Aber die gegen 50 n.Chr.zu datierende Ara 703 dürfte das Relief Caffarellian Unruhe schon übertreffen. Die Ara der Iulia

Panthea16 wird zwar tiberisch angesetzt. Ihr Reliefmit tiefen, à jour-artigen Bohrungen entsprichtaber dem an 703, wird also nachtiberisch, d.h.mindestens zehn Jahre später und wie die Ara 703gegen 50 n.Chr. entstanden sein. Die Caffarelli-Girlande ist dichter gefüllt, natürlicher empfundenund daher etwas älter. Der schon von Rodenwaldtverglichene Geniusaltar in Neapel,17 dessen sti-listische Handhabung dieselbe ist wie an denCaffarelli-Girlanden, dessen handwerkliche Aus-führung nur salopper erscheint, charakterisiertseinerseits die Gruppe um die Caffarelli-Reliefsvon etwa 40 n.Chr. Der Schwung ihrer gerieftenTänien entspricht einander unmittelbar. Der vonHerdejürgen konstatierte ‘Hang zu strenger Ord-nung’18 claudischer Girlanden gegenüber solchenaus tiberischer Zeit träfe für die Caffarelli-Vor-derseite mehr zu als für die lockerer gearbeitetenGirlanden seiner Rückseite. Der fest auf das Jahr47 n.Chr. datierte Altar des Licinius Crassus 64319

schließlich verwendet lockere Füllsel wie die Caf-farelli-Rückseite und weist eine Zweierreihungder Früchte wie auf der Caffarelli-Vorderseite. DieSchattierung durch Bohrlinien sowie eine gewisseVielfalt der Motive entsprechen dem Caffarelli-Stil eng. Am Relief einer Graburne im MuseoNuovo20 ist die variable Lagerung verschiedenerFrüchte in einer Ebene großräumiger und lockerergegliedert. D. Mustilli datiert sie großzügig undetwas zu spät in die zweite Hälfte des 1. Jhs. n.Chr.

TYPOLOGISCHE PARALLELEN ZU DEN CAFFARELLI-GIRLANDEN

Wie oben erwähnt, sind Beobachtungen zur Struk-tur seiner Vorderseiten-Girlanden (Abb. 1) geeig-net, den Caffarelli-Sarkophag aus seiner typolo-gischen Isolierung zu lösen. Charakteristisch istdie Zusammensetzung der durchhängenden Gir-landenmitte. Hier greift das Früchtegewinde nichtin natürlich loser Folge ineinander wie z.B. an derlinken Rückseiten-Girlande. Es liegen sich vielmehrzwei vertikal gestaffelte Riegel von Granatäpfelngegenüber. Zwischen ihnen bleibt ein leerer Spalt,der formal nicht durchdacht ist. Das Zusammen-treffen der geschichteten Granatäpfel in der Mitteder Girlande fällt zwar trotz des leeren Zwischen-raumes21 nicht als besonders unnatürlich auf. Eswird auch nicht etwa durch die Umwicklung miteiner Tänie motiviert; denn es sind dünne, kaumerkennbare Bänder vorhanden, die beide Hälftenumwickeln, ohne aufzufallen oder in die Strukturdes Fruchtgewindes sichtbar einzugreifen.

Dieser Spalt zwischen vertikal gestaffeltenGranatäpfeln in der Mitte der Girlanden ist Kenn-

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zeichen des attischen Girlandentyps. Er findetsich an allen attischen Girlandensarkophagen, woer als krasser Einschnitt deutlich ins Auge fällt.22

Dieser unnatürliche Hiat in Girlandenmitte er-scheint als unorganische Zweiteilung des Frucht-gewindes. An dem attischen Girlandensarkophag2523 in Antakya (Abb. 16) entstand durch unreflek-tierte Routine ein enorm breiter Spalt von meh-reren cm.

Die Caffarelli-Girlanden werden im Folgendensolchen an attischen Sarkophagen gegenüberge-stellt. Beider typologische Zusammengehörigkeitwird demonstriert. Anschließend werden Girlan-densarkophage römisch-italischer Provenienz mitden Caffarelli-Girlanden verglichen. Zwischenihren Fruchtgirlanden und denen des Caffarelli-Sarkophages zeichnet sich eine strukturelle Ver-wandtschaft oder eine typologische Entwicklungnicht ab. Damit erweisen sich die Caffarelli-Gir-landen als attisch.

Die Reihenfolge der herangezogenen Beispieleorientiert sich an ihrer Aussagekraft, weniger anihrer Chronologie.

An den Rückseiten-Girlanden des Pariser Ama-zonomachie-Sarkophages 3624 sind seitliche Tänien-umwicklungen angegeben. Entsprechend kannhier der Mittelspalt ebenfalls als Einschnitt durcheine Umwicklung verstanden werden. Die Struk-tur der Caffarelli-Girlanden kehrt wieder. Es sinddies die zwei senkrechten Riegen dreier Granat-äpfel in der Girlandenmitte. Die vertikal gestaf-felten Granatäpfel erscheinen knotig und kompakt.Sie werden von Ährenrispen begleitet, die in derGirlandenmitte einander begegnen. Feine Blätt-chen ziehen sich am oberen Girlandenrand hin.Die typischen Kompositionsmerkmale der atti-schen Girlandensarkophage25 finden sich sowohlam frühen Sarkophag Caffarelli wie am späterenAmazonomachie-Sarkophag des 2. Jhs. n.Chr. inParis: Der Leerstreifen im Zentrum der hängendenGirlande zwischen zwei vertikalen Granatapfel-leisten und seitlich davon zur Mitte hin gebogeneKornähren. Der Dachdeckel-Sarkophag mit fliegen-dem Putto und steil aufwärts jagenden Löwen-und Pantherbigen in Athen 2026 zeichnet die ver-tikalen Fruchtriegel in Girlandenmitte perspekti-visch und nicht stereotyp. Weder klafft der Spalt inunverständlicher Weise noch wird er ungeschicktvertuscht. Die senkrechte Mittellinie ist hier scharfeingeschnitten und wird durch eine schmale Täniemotiviert. Schräge Kordeln umschlingen nocheinmal beide Girlandenhälften. Der Athener Sar-kophag 20 ist aufgrund seiner noch nicht abge-griffenen Motive, etwa der Armhaltung des Putto,früh anzusetzen. Auch der Athener Sarkophag 8

(Abb. 2-5) ist früh zu datieren, und zwar aufgrundfehlender Bohrungen. Er ist nicht zu Ende ausge-arbeitet. Die herabhängenden Tänien, die Ähren-rispen sowie die Löwenmähne mit anschließen-dem Reliefgrund stehen an der linken Nebenseitenoch in Bosse (Abb. 4). Die rechte Nebenseite(Abb. 3) und die Frontseite mit Adler (Abb. 2) zei-gen, wie sich der Steinmetz Gedanken um denbreiten, sinnlosen Mittelspalt der Girlanden macht:Der vertikale Zwischenraum ist hier nicht etwaals Umschnürung gekennzeichnet, sondern an-deutungsweise mit Relief feiner Blättchen verse-hen. Dieserart Kaschierung des traditionellen Ein-schnitts in die Girlande ist ohne Parallele. An derRückseite mit abfliegendem Putto und an der lin-ken, noch unfertigen Seite fehlt dieses Blättchen-relief über dem Spalt. Die Rückseiten- Girlandendes Istanbuler Erotensarkophages 1827 mit stüt-zendem Putto machen keine Umwicklungen deut-lich, sodaß der Mittelspalt unverständlich wirkt.Ein verschollener Sarkophag ehemals in BroomHall (Schottland) 1228 ist ein typisches Beispielmit deutlichen Schnüren in den seitlichen Hälftenund drei übereinander gestaffelten Granatäpfelnbeidseitig des leer belassenen Mittelstreifens zwi-schen ihnen.

Ihm steht in der stilistischen Ausführung derSarkophag 10 in Antakya, inv. 15948 (Abb. 9-14),29

nahe. Wie an dem ehem. in Broom Hall werdenalle Details der Girlande mit tiefen Bohrkanälenumrandet. An den Schleifen sind Stege belassen.Der bislang unpublizierte attische Girlanden-sarkophag mit Dachdeckel 10 in Antakya soll hierkurz insgesamt bekannt gemacht werden: L 207cm, mit Relief 213 cm; H 86 cm; T 89 cm, mitRelief 98 cm. Deckel H 47 cm; L 228 cm; T 108 cm.Die Nasen der Sphinx und des linken Eros in derLöwenbiga sind bestoßen.

Geschwungene Akrotere, ohne Relief. Das Dachdes Deckels ist mit blattförmigen Ziegeln mitMittelrippe gedeckt. Mehrfach profilierte Boden-und Abschlußleiste des Kastens. Alle vier Seitenschmücken dicke Fruchtgirlanden. Sie sind an denEcken mit breiten Tänienschleifen über Bouke-phala befestigt. Jede Girlandenhälfte ist von einerSchnur umwickelt. Die Mitte der Girlanden weistkeine Umwicklung durch eine Tänie auf. Hierklafft der breite, unorganische Spalt attischerGirlanden. Auf der Frontseite (Abb. 9) stützt einPutto mit Korkenzieherlocken und Scheitelzopfzwei zusammengebundene Girlanden. Er setztauf halbkugelartiger Basis zum Abflug an. Seinlinker Arm greift von vorn um die Tänienschleife;sein rechter legt sich abwärts hinter das Schleifen-band. In den Girlandenbögen stehen geflügelte

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Eroten in Ausfallstellung in einer Biga, einenSiegerkranz jeweils in der ausgestreckten Rechten.Der linke Kampfwagen (Abb. 11) wird von zweiLöwen gezogen, der rechte (Abb. 12) von zweiPanthern.

An der Rückseite (Abb. 10 und 13) stützt einAdler die Bindestellen zweier Girlanden. Der Adlerist ein aus der Staatskunst übernommenes Sym-bol für die aufsteigende Seele und erscheint sehrhäufig in der Grabkunst. Er steht im Viertelprofilnach links, wendet aber den Kopf zurück. Mit sei-ner linken, halbgeöffneten Schwinge greift er unterdie rechte Girlande. Diese linke Schwinge ist sonahezu verdeckt; doch zeichnet sich ihr äußererRand mit Deck- und Schwungfedern über derGirlande ab. Die rechte Schwinge ist vor der Gir-lande voll sichtbar. Ihr oberer Rand wölbt sich ausder Tiefe des Rückens vor. Die Federn des gött-lichen Tiers sind sorgfältig unterschieden und feinausgearbeitet. Die Deckfedern an Hals, Schwingen,Brust und Ständern sind nicht stereotyp, sondernin unterschiedlicher Größe und Lagerung, teilssteifer abstehend ausgeführt. Mächtig bauschensich die Hals- und Ständerfederbüschel. DieSchwanz- und Schwungfedern unterscheiden Kielund dichte Schrägriefelung deutlich. Voluminössind die Krallen herausmodelliert; realistisch deu-tet sich die faltige Hornhaut an den Ständernunten an. In den Girlandenbögen sitzen natura-listisch modellierte Löwenköpfe mit strähnigerMähne.

Auf der rechten Schmalseite (Abb. 14) hockt, inBlickrichtung zur Frontseite mit den Erotenbigen,die große Sphinx, das traditionelle Schmalseiten-motiv, direkt auf der Girlande. Der lange Schwanzist S-förmig aufwärts geschwungen. Körper, Pran-ken und Flügel sind detailliert wiedergegeben.Der weibliche Oberkörper und das Gesicht habenzarte Formen. Das leicht gewellte und fein ge-strähnte Haar ist nach hinten gestrichen. Auf derlinken Schmalseite erscheint über der Girlandeein gleicher Löwenkopf wie über den Girlandender Rückseite. Alle sechs Girlanden sind in derdurchhängenden Mitte in der üblichen Art atti-scher Girlanden durch einen vertikalen Zwischen-raum unterbrochen, der nicht kaschiert wird. Anden seitlichen Girlandenhälften werden dünneSchnüre deutlich. Die zwölf Girlandenenden sindmit sechs großen Schleifen zusammengebunden.Breite Bänder mit runden Enden und einem faden-artigen Fortsatz fallen von ihnen herab.

Die Figurenreliefs, auch die Löwen- und Stier-köpfe sind ohne Bohrer fein modelliert. Im Gegen-satz zu Sorgfalt und Detailreichtum der figür-lichen Reliefs sind alle Einzelformen der

Fruchtgirlanden und der Schleifen durch dichtePunktbohrung bzw. Bohrkanäle konturiert.Belassene Stege sind allenthalben sichtbar.Offensichtlich sind zwei verschiedene Steinmetzean dem Sarkophag tätig gewesen. DieUnterschiede in der bildhauerischen Ausführungsind eklatant. Die raumhaltige Bewegung desVogelkörpers und die Charakterisierung desGefieders sind keine Routinearbeit, sondern dieeines Meisters. Die Schleifen und Girlanden sindim spätantoninischen Flimmerstil modelliert, derjedes Detail mit gebohrten Konturen umgibt.Zwischen den Bohrungen verbleiben nur allent-halben feine Marmorstege stehen. Der Sarkophagmit Erotenbigen, Adler und Sphinx in Antakya 10(Abb. 9-14) ist ein typischer Vertreter der attischenSchule aus der mittleren Kaiserzeit. Er verwendetgängige Sepulkralsymbole, die ohne thematischeoder kompositorische Rücksichten kombiniertwerden. Die handwerkliche Ausführung aber, inArbeitsteilung erstellt, erreicht ein künstlerischesNiveau, das über dem Durchschnitt liegt.

Ein Fragment in St. Petersburg 39 zeigt diedünnen Schnüre der seitlichen Umwicklungen,aber keine Einschnürung in der Girlandenmitte.Hier erscheint ein unsinniger, vertikaler Mittelgratals schmal erhabenes Relief. Die zwei mittlerenGranatapfelschichten liegen sich gegenüber; zueiner eleganten Verbindung, etwa durch unregel-mäßige Schichtung, war der Steinmetz gedank-lich nicht in der Lage. Die Vorgabe war die dop-pelte Granatapfel-Dreierreihe; er trennte sie stattsie zu verbinden. Die Ausarbeitung ist grob undroutiniert. Am Athener Sarkophag mit Satyrköpfen4 (Abb. 8)30 scheinen die wuchtigen Früchte derzwei vertikalen Mittelriegen nicht fertig ausgear-beitet zu sein. Der mächtige Hiat zwischen ihnenwird nicht überbrückt. Die begleitenden Ähren-rispen sind z.T. bossiert; die übrigen Girlanden-teile erscheinen phantasielos vereinfacht. DerSarkophag gilt aufgrund seiner niedrigen Höheund glatten Dachfläche als früh,31 was schonwegen der groben Lochbohrung seiner Girlandennicht stimmen kann. Der Reliefstil früher Vertreterwie des Athener Girlandensarkophages 8 (Abb. 2)weicht von 4 stark ab. 8 bleibt ohne dessen nach-haltige Auflockerung durch reichliche Bohrungen,sondern besteht aus kompakt geschlossener, plas-tischer Form. Entweder ist der Deckel zu 4 nichtzugehörig, oder ein niedriger Deckel ist auch im3. Jh. möglich, wie H. Wiegartz zu entnehmen ist.32

Als ‘früh’ wird auch die Arbeit des Kindersarko-phages mit Dachdeckel im Britischen Museum 1(Abb. 6 und 7)33 eingestuft. Spuren des Bohrerssind nicht erkennbar. Die großen Blätter und

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Früchte greifen dicht ineinander. Der breite Mit-telspalt könnte hier als Binde verstanden werden,die in das Fruchtgewinde einschnürt. Vorn über-schreitet ein zum Flug ansetzender34 Putto alsGirlandenträger das Kastenprofil. Die ungewöhn-liche Größe des Putto verzichtet auf ein Felsstückals Basis und nutzt geschickt die unteren Sarko-phagprofile als Abflugbasis. Der Putto ist insge-samt mißproportioniert. Sein Körper mit Beinenund linkem Arm überzeugen. Aber die rechte, dieTänie umfassende Hand ist riesig und plump.Der Kopf wirkt wie von anderer Hand angesetztund zu groß. Kopf und rechte Hand scheinen hierwiederum auf Arbeitsteilung an ein und demsel-ben Stück hinzuweisen.

Verschiedene Hände ließen sich auch an demoben behandelten jüngeren Sarkophag in Antakya10 (Abb. 9-14) feststellen. Arbeitsteilung an einem‘frühen’ Vertreter der Gattung wie dem LondonerKindersarkophag 1 (Abb. 6 und 7) kann eher alssorglose Routine denn als tastender Versuch aneinem neuen Sujet, der einsetzenden Produktionattischer Girlandensarkophage, verstanden wer-den. Eine derartige Routine aber deutet auf beste-hende Tradition. Arbeitsteilung war auch denGirlanden des Caffarelli-Sarkophages abzulesen,dessen linke Rückseitengirlande vom Typus ab-weicht. Die Tradition in der Herstellung typischattischer Girlanden läßt sich ja bis auf die spät-hellenistische Grabara in Athen35 zurückverfol-gen. Gegen 40 n.Chr. läßt sie sich dann am Caffa-relli-Sarkophag fassen. Aus der Zeit zwischendem Caffarelli-Sarkophag und den frühesten atti-schen Girlandensarkophagen ist bis heute keinweiteres Beispiel eines attischen Girlandenreliefsbekannt. Es muß aber Zwischenglieder an Grab-und Götteraren oder auch an Ostotheken gegebenhaben. Nach solchen ist zu suchen. Der Beginnder Serienproduktion attischer Girlandensarko-phage, nach Isik36 gegen 120 n.Chr., ist in keinerWeise festgelegt. Eine erheblich frühere Fortfüh-rung von Girlandenreliefs auch an Sarkophagen inAttika bleibt offen. Denn es hat seit dem Hellenis-mus Girlandenreliefs in Kleinasien gegeben, s.u.

DER MITTELSPALT ATTISCHER GIRLANDEN

Der für attische Girlanden typische Mittelspaltkann ganz unsinnige, unreflektierte Formen an-nehmen. Offensichtlich wurden die eigentlicheBedeutung und das ursprüngliche Aussehen derGirlandenmitte bei späteren Routinearbeiten nichtmehr verstanden. Die rechte Nebenseite des Sar-kophages in Antakya 25 (Abb. 16)37 demonstrierteine derartige gedankenlose Wiedergabe. Die zwei

seitlichen, schmalen Umwicklungen in der Mittebeider Girlandenhälften werden durch Punkt-bohrungen von den Früchten und Blättern abge-setzt und als solche kenntlich gemacht. In derdurchhängenden Mitte aber klaffen die zwei ver-tikalen Früchteriegel an der schwersten Stelle derGirlande weit auseinander. Zwischen ihnen ver-bleibt ein leerer Streifen, der den Reliefgrund biszu 3 cm breit sichtbar werden läßt. Diese wider-sinnige Trennung beider Girlandenhälften müßtedazu führen, daß sie von den Stierköpfen, überdenen sie festgebunden sind, senkrecht herabfielen.Nur wenige Sarkophage aus der Hand ‘denken-der’ Steinmetze zeigen an dieser Stelle eine um-wickelnde Tänie. Es sind dies die Exemplare 11von der Römischen Agora in Athen und, diesemverwandt, eine lokale Nachbildung eines atti-schen Vorbildes in Patras.38 Weitere Girlandensar-kophage mit logischer Umwicklung an der Stelledes Mittelspaltes sind 15 und 1639 in Zypern. Allevier letztgenannten sind lokale Imitationen atti-scher Girlandensarkophage. Der tradierten undad absurdum geführten Form unverbundengestaffelter Früchte in der Mitte der Girlandewurde eine realistische Erklärung unterlegt, diesich an den genuin attischen Girlandensarkopha-gen so nicht findet. Die brave Arbeit in Bellapais,Zypern 15 gibt ein mittleres Girlandenband eben-so wie zwei seitliche Umwicklungen mit allerDeutlichkeit an. Die bescheidene Arbeit ist plump,der Realitätssinn dagegen wach. Die groben Wein-blätter und querstehenden Ährenrispen geben dielokale Imitation zu erkennen. Eine unabhängigeErfindung des lokalen Meisters ist auch die ori-ginelle Armhaltung der Putten. Die Arme erschei-nen von den Bändern der Verbindungsschleifenmehrfach umwickelt.

Morphologisch betrachtet, bietet sich für dieEntwicklungsphase der Girlande, die ihre mittle-ren Früchte nicht mehr verzahnt, sondern vertikalübereinander staffelt, als natürliche Erklärung an,daß hier eine umwickelnde Tänie angegeben war.Wurde diese nicht deutlich herausmodelliert, bliebein leerer Spalt zurück. An dem Athener Grab-altar40 mit seitlicher Girlande, der noch der spät-hellenistischen Epoche angehört, sind ein enggeschnürtes mittleres und ein seitliches Band vor-handen. Sein Girlandentypus mit zwei Reihenvertikal geschichteter Granatäpfel in der Mitteund gegenständigen Ährenrispen darüber ent-spricht genau dem der späteren attischen Girlan-densarkophage. Ein chronologisches Kriterium istdem Vorhandensein eines mittleren Tänienbandes- wie an den oben genanten vier provinziellenImitationen in Athen, Patras und Zypern - nicht

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zu entnehmen. Weder seine Vernachlässigungund Entstehung des widernatürlichen Spaltesnoch dessen spätere Kaschierung durch eineTänie lassen sich zeitlich fassen.

Die Caffarelli-Girlanden, ihre charakteristischeMitte der Granatapfelschichten und die seitlicheUmwicklung mit Kordeln oder Bändern (Abb. 1)sind nicht aus den Girlanden der Ara Pacis abzu-leiten. Deren üppig quellendes, luftig komponier-tes Gewinde kommt ohne Umschnürungen aus.Ihre wundervoll natürlichen Früchte, Blätter undZweige werden unsichtbar zusammengehalten.Dasselbe gilt auch noch für die linke Rückseiten-girlande des Sarkophages Caffarelli.41 Die übrigendrei aber gehen auf eine andere - wie gezeigtwurde - die attische Werkstattraditon zurück. Wiedie genannte späthellenistische Athener Grabaraerweist, ist diese Tradition in Athen bereits vor derZeit des Caffarelli-Sarkophages nachweisbar. Magder Typus der Ara Pacis-Girlanden mit Ähren,losen Zweigen und feinen Blättchen an den Rän-dern auf die Gestaltung der linken Rückseitengir-lande des Caffarelli-Sarkophages Einfluß ausge-übt haben, so weicht doch der phantasieärmereAufbau seiner Vorderseiten-Girlanden mit sichwiederholenden Früchtereihen von der linkenRückseite ab. Die Komposition der Vorderseiten-Girlanden fußt auf einem bereits vorhandenenattischen Typus. Zu diesem gehören die Granat-apfelschichten in der durchhängenden Mitte undder Spalt zwischen ihnen, weiter die Umschnü-rungen der Girlande an den seitlichen Hälften.Dieser Typus setzt sich dann am Genos der atti-schen Girlandensarkophage, nicht aber an demder italisch-römischen Sarkophage fort. Einmalauf die Struktur attischer Sarkophaggirlandenaufmerksam geworden, ist die Annahme einerFortentwicklung der Caffarelli-Girlanden zu denenrömisch-italischer Sarkophage nicht mehr denkbar.

RÖMISCHE GIRLANDEN

Man könnte der Girlande des vatikanischen Sarko-phages 7842 eine der Caffarelli-Girlande vergleich-bare Struktur ablesen. Feine Blättchen begleitenden oberen Rand. Aber die Knospen zwischenihnen sind neu. Die Form der knolligen Früchteist uniformer angelegt als am Sarkophag Caffarelli.Es fehlt insbesondere die vertikale Schnittstelle inGirlandenmitte. Genau in der Mitte sitzt hier einenur teilweise sichtbare Blüte. Eine dekorative Gir-lande in Paris43 aus der frühen Kaiserzeit mitPatera und Kännchen in den Bögen ist gröbergearbeitet und einfacher gefügt als die Caffarelli-Girlande. Sie ist offensichtlich nicht von griechi-

scher Hand geschaffen; denn es fehlt ihr die glie-dernd ausbalancierte Symmetrie der Caffarelli-und der attischen Girlanden. Die vergleichsweiseklobigen Früchte, auch die flachen Blättchen anden Rändern überschneiden sich kaum. Die Gir-lande ist weniger strukturiert als additiv kompo-niert. Ihre Komposition bleibt ohne das griechischeGefühl für Rhythmus und Symmetrie, wie diesesallen vier Girlanden des Caffarelli-Sarkophagesabzulesen ist. Auch an der linken Rückseiten-Girlande44 zeichnet sich - auch ohne Angabe dermittleren Zäsur - eine symmetrisch ausgewogeneAnordnung der Einzelfrüchte und Blüten ab: Amunteren Rand bilden fünf mittlere Granatäpfelden Schwerpunkt. Es folgen seitlich jeweils Wein-beeren und Weinblätter; über ihnen je ein großerGranatapfel und eine von vorn gesehene offeneBlüte. Am unteren Rand hängt hinter den Wein-blättern je ein Pinienzapfen. Die Abfolge vonBlättern, Früchten, Zapfen, Blüten und Ähren istan der linken Rückseiten-Girlande zwar in keinerWeise stereotyp. Aber die Lagerung großer undkleiner Früchte zueinander ist dennoch rhyth-misch strukturiert. Der Girlandenfries im PariserLouvre bietet dagegen keine Variation seinerBestandteile. Die rundlichen Früchte liegen, mehroder weniger vertikal geschichtet, einfach neben-einander. Am Baseler Sarkophag16 begegnet stattVielfalt der Früchte und ihrer ineinandergreifendenKomposition eine trockene Reihung weitläufiggelagerter gleichgroßer einzelner Früchte. Diepropere, aber glatte Arbeit in Ostia 24 bemühtsich durch Einflechten kleiner Blättchen um natür-liches Aussehen, vermag die Einzelglieder abernicht wirklich zu verzahnen. Die Girlanden an 35in Venedig, 59 im Nationalmuseum, Rom und 71in Villa Doria Pamphili sind mit ihren isoliert ge-sehenen, großformatigen Früchten ähnlich wie 24in Ostia komponiert. Die zwei kleinen Blütchenoberhalb der Mitte an 35 erscheinen ähnlich ander rechten Caffarelli-Rückseite in der Mitte amunteren Girlandenrand. Hier betonen sie die Mitteexakt unterhalb des Spaltes und haben struktu-relle Funktion. Den aus der Achse geschobenenBlütchen von 35 fehlt diese Funktion. Sie berück-sichtigen keine mittlere Senkrechte und sind un-proportioniert zusammengequetscht. Die über-großen Weinblätter sind nicht eingebunden undlegen sich flach auf die Girlande. Wenn am atti-schen Girlandensarkophag 10 seitlich des Mittel-spaltes am Stempel aufgeplatzte, blütenartig wir-kende Granatäpfel erscheinen (Abb. 11 und 13), sogeschieht dies in strukturierter Weise. Sowohlattische wie auch die Caffarelli-Girlanden sindstramm zusammengefügt, haben eine fortlau-

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fende Kontur, ohne schlauchartig zu wirken. Dieeinzelne Frucht ordnet sich einem Gesamtrhyth-mus unter, kommt weniger als Individuum zurGeltung. Die Venediger Girlande 35 zerfließt; dieFrüchte sind mächtig und haben im Verhältniszur Girlande ihr Eigengewicht. Die Girlande von46 in Neapel zeigt symmetrische Gliederung mitMittelachse. Die Granatäpfel liegen sich aber ver-setzt gegenüber; das sechste Glied ist hier einPinienzapfen. Durch die breit umhüllenden Wein-blätter verliert die Girlande 46 sehr an Volumen;die Früchte wirken unplastisch. Daß eine Seiteder Girlandenmitte anders gefüllt wird als diegegenüber liegende (Zapfen und Rispen) an 46 inNeapel und 50 in Ostia, ist unattisch. Die riesigenWeinblätter des Altares in Villa Borghese45 sindnicht Glieder der Girlande, sondern umhüllen sie.Entsprechend klobig sind die Früchte. Sie sindadditiv gelagert; sie greifen weder ineinandernoch bilden sie die vertikale Mittellinie attischerGirlanden. Die stereotypen Früchte mit Hüllblattvon 134 in Rom, Via Ulpiano bilden zwar einenvertikalen Mittelspalt. Der Girlandentyp insgesamtkann aber schwerlich als Derivat der Caffarelli-Girlanden verstanden werden. An 70, 128 und141 sowie am Fries vom Hadriansmausoleum46 istdie vertikal übereinander gestaffelte Lagerungeintönig geformter, knolliger Früchte wederstrukturiert noch gefällig in ihrer Anordnung. DieGirlande eines trajanischen Architekturfrieses inOstia47 ist zwar durch ein dünnes Bändchen mitunverhältnismäßig breiten Tänienenden in derMitte umwickelt. Die dicken, seitlich des Bandesvertikal gestaffelten Früchte entsprechen auch dermittleren Granatapfelschichtung an attischen Gir-landen. Aber die Häufung gleicher Früchte undBlüten sowie das Mißverhältnis zwischen demMittelband und seinen Ausläufern lassen sich nichtin die gleiche Bildtradition einordnen wie dieCaffarelli-Girlanden. Der Schritt von der Mitteder linken Vorderseiten-Girlande des Caffarelli-Sarkophages (Abb. 1) etwa zu den attischen Sar-kophaggirlanden K-S 1, 10-12, 14, 18, 20, 25, 36-37 (Abb. 2-16) ist mühelos nachvollziehbar; der zuden römischen Girlanden Herdejürgen 24, 35, 50-51, 56 indessen nicht.

DER SARKOPHAG CAFFARELLI UND DIE ATTISCHENGIRLANDENSARKOPHAGE

Den Girlanden des Caffarelli-Sarkophages (Abb. 1)ist nicht anders als den Girlanden attischer Sar-kophage (Abb. 2-16) ein Gefühl für Rhythmus undsymmetrische Balance abzulesen. Um einiges ver-einfacht, wiederholen sich die Grundzüge der

Girlanden Caffarelli an den Girlanden der atti-schen Sarkophage: In der Girlandenmitte treffenzwei vertikal geschichtete Granatapfelriegel un-verbunden aufeinander. Zwischen ihnen ergibtsich ein leerer Spalt; die mittleren Früchte greifennicht, locker versetzt, ineinander. Zu Seiten desMittelspaltes begegnen sich zwei Ährenrispen.Seitlich werden beide Girlandenhälften in ihrerMitte umschnürt. Hier gliedern Kordeln die Gir-landen und festigen ihre Struktur. Die Werkstatt,die gegen 40 n.Chr. den Sarkophag Caffarellischuf, beschäftigte griechische Bildhauer. DieseErkenntnis ist aus dem Vergleich mit den erst spä-ter einsetzenden attischen Girlandensarkophagenzu gewinnen. Gestützt wird diese Erkenntnisdurch die späthellenistische Grabara in Athen,48

die bereits denselben attischen Girlandentypusaufweist. Die attischen Girlandensarkophage kön-nen nach diesen Beobachtungen nicht ohne dieAnregung durch eine bereits bestehende formaleTradition gearbeitet worden sein. Der Caffarelli-Sarkophag war ein Glied dieser Typenkette. DieFrage nach dem Fortbestand seiner Typentraditonbis zu den ersten attischen Girlandensarkophagenwurde oben bereits gestellt. Weder ist im gering-sten klar, wie die Werkstattradition vonstattenging, noch insbesondere, wann die ersten atti-schen Girlandensarkophage entstanden sind. Eswird vom Beginn ihrer Produktion gegen 120/125oder 140 n. Chr. ausgegangen.49 Diese Ansätzesind unglaubwürdig spät. Es hätte einen Still-stand in der Herstellung von Girlandensarko-phagen über drei Generationen gegeben. DieProduktion attischer Girlandensarkophage muß,auch wenn Beispiele nicht nachgewiesen werdenkönnen, früher begonnen haben. Das Vorhanden-sein kleinasiatischer Girlandensarkophage im 1.Jh. v. sowie n.Chr. und weiter im frühen 2. Jh.n.Chr. (s.u.) stützt diese Annahme. Es scheint abervorerst nicht möglich zu sein, ein missing linkzwischen den Caffarelli-Girlanden und einem frü-hen Girlandensarkophag attischer Herkunft auf-zuzeigen.

War die Kunst der frühen Prinzipatszeit Romsvon der Tradition griechischer Kultur abhängigund auf die Übernahme griechischer Bildhauer-tradition angewiesen, so strahlt seit dem späten1. Jh. n.Chr. die Zivilisation des jungen Kaiser-reiches ihrerseits auf die Provinzen aus. Derenehemals maßgeblicher Einfluß erhebt nun denAnspruch auf Teilhabe an der imperialen Kulturdes neuen Zentrums. Anregungen und derenAuswirkungen verlagern sich vom ehemaligenGeberland Griechenland nunmehr zum Macht-zentrum des Imperiums, Rom. Hier arbeiten grie-

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chische Künstler im Dienste imperialer Propagan-da; hier ist auch der Caffarelli-Sarkophag in Auf-trag gegeben oder wahrscheinlich sogar geschaf-fen worden. Dieser war nicht Glied einerMassenproduktion. Er war vielmehr einMonument, das den höchsten Kreisen derGesellschaft zugeordnet war. Als solches muß esberühmt gewesen sein. Seine singuläre Stellungim Rom seiner Zeit mag für seine Bekanntheitgesorgt und bei einsetzenden Aufträgen an atti-sche Werkstätten einen maßgeblichen Einflußausgeübt haben. Das berühmte Monumentkönnte als Modell oder als Zeichnung eine zeit-lang tradiert worden sein. Schon hier kann deranstößige Mittelspalt durch ein Mißverständnisentstanden seien.

FRÜHE KLEINASIATISCHE GIRLANDENSARKOPHAGE

Für Kleinasien gibt es eine Reihe von Hinweisen,daß schon im 1. Jh. v. und n.Chr. Girlandensarko-phage hergestellt wurden. Sie stehen dort in derTradition der hellenistischen Rundaltäre. V. Strockadatiert ein Girlandensarkophag-Fragment in Aydinins 1. Jh. v.Chr.50 Die Medusa eines Sarkophag-deckels in Hierapolis ist claudisch.51 Der Girlan-densarkophag in Usak ist inschriftlich - ετïυς ρ’ -‘nach der spätestmöglichen und am Fundort übli-chen aktischen Ära in das Jahr 100 = 69/70 n.Chr.’datiert.52 Strocka rechnet mit Vorgängern diesesTyps im früheren 1. Jh. n.Chr.53 Isik billigt aller-dings dem datierten Einzelstück in Usak keineAussagekraft für die Chronologie früher kleinasi-atischer Girlandensarkophage zu und setzt derenBeginn wie in Rom und Athen gegen 120 n.Chr.an.54 Drei von Isik beigebrachte parallele Sarko-phage (Isik 1977 Abb. 58-60) werden von ihmfälschlich antoninisch angesetzt. Die drei sogen.Parallelen sind stilistisch aber keine Einheit. Dendatierten Sarkophag in Usak (Strocka 1996 Abb.18) zusammen mit dem in Manisa (Isik 1977 Abb.59) flavisch zu verstehen, bietet keinerlei Schwie-rigkeit.55 Als flavisch begründet Strocka auch denreich dekorierten Girlandensarkophag aus Ger-mencik in Izmir.56 Wie am Girlandensarkophag inManisa umziehen hier tief gebohrte KonturenFrüchte und Blätter. Die beiden Sarkophage mitschlauchartigen Girlanden (Isik 1977 Abb. 58 und60) sind zwar jünger, aber längst noch nicht anto-ninisch. Sie gehören vielmehr der trajanischenEpoche an und kommen den Girlanden des CelsusPolemaeanus-Sarkophages in Ephesus nahe, derfest auf das Jahr 115 n. Chr. datiert ist.57 Es hat inKleinasien also nachgewiesenermaßen Girlanden-sarkophage lange vor 120 n.Chr. gegeben. Dieser

Exkurs über frühe Girlandensarkophage in Klein-asien war nötig, um auf eine gewisse Wahrschein-lichkeit einer ähnlichen Entwicklung auch in At-tika zu verweisen.

SCHLUß

In Kleinasien war die Wiedergabe von Girlanden-reliefs seit dem Hellenismus nie abgebrochen.Sarkophage mit Girlandendekor sind zwar spär-lich, aber vorhanden. Für das Einsetzen der Pro-duktion von Girlandensarkophagen in Attika (120/125/140 n.Chr.) sind die gängigen Zeitvorstel-lungen vage, widersprüchlich und weder durchdatierte Einzelstücke noch Vergleiche mit bekann-ten Reliefs abgesichert. Hier erweist sich der Sar-kophag Caffarelli als ein wichtiges Bindeglied inder Tradition der attischen Reliefgirlande. Gleich-wie in Kleinasien ist die Reliefgirlande auch inAttika seit dem Hellenismus bis zum Beginn derMassenproduktion von Girlandensarkophagennicht aus dem Repertoire dekorativer Reliefs ver-schwunden, sondern zumindest an einem Einzel-stück nachgewiesen.

Gleichwohl ist seine Stellung als Bindegliedinnerhalb der Typentradition immer noch unbe-friedigend. Zwischen ihm (40 n.Chr.) und denfrühesten attischen Girlandensarkophagen (120n.Chr.) bestünde ein Zeitraum von drei Genera-tionen. Eine derartige Chronologie ist unglaubwür-dig. Da sich die Girlande am späthellenistischenGrabaltar in Athen mühelos im Zusammenhangmit den kaiserzeitlichen Sarkophag-Girlandenverstehen läßt, war ihre Typentradition nicht ab-gestorben. Zwischen 40 und 120 n.Chr. ist un-zweifelhaft mit missing links zu rechnen. Solchegab es möglicherweise an weiteren Grabaltären.Diese würden zwar das Fortleben der attischenGirlande belegen, nicht aber den Beginn der Pro-duktion von Girlandensarkophagen klären. Dievorangehenden Beobachtungen und Überlegun-gen sollten dazu dienen, ein Streiflicht auf denattischen Typus der Caffarelli-Girlanden zu wer-fen, insbesondere auf ihre Struktur mit Mittelspalthinzuweisen, der Kennzeichen der attischen Gir-lande ist.

ANMERKUNGEN

1 Rodenwaldt 1925.2 Brandenburg 1978, 304-308; Ambrogi 1990, 164.3 Herdejürgen 1996, 18.4 Rodenwaldt 1925, Taf. 2 links.5 Altmann 1905, 6-7, Abb. 3.6 Kraus 1953, 46, 50-51.7 Daß die Reliefs keineswegs unter Ausschluß einhei-

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misch-italischer Steinmetz-Tradition gearbeitet wurden,hat Conlin 1997, The Artists of the Ara Pacis, gezeigt.

8 Rodenwaldt 1925, 21-24.9 Wenn überhaupt mit mehreren attischen Werkstätten

zu rechnen ist. K-S 460 und Rogge 1993, 121 sprechenvon einer Werkstatt; Himmelmann 1974, 14 von einerweiteren in Kephissia.

10 K-S 436, 438, 470; Koch 1993, 106; Isik 1977, 380-382.11 s.o. Anm. 5.12 Rodenwaldt 1925, Taf. II.13 Die Beschreibung des Reliefstils durch Rodenwaldt

1925, 21, 24 ist grundlegend und endgültig.14 Herdejürgen 1996, 8.15 Die Ziffern entsprechen den Kat.-Nrn. bei Boschung

1987. Herdejürgen 1996, 18, Taf. 110, 3.16 Bildkatalog der Skulpturen des vatikanischen Museums,

Berlin, 1995, Taf. 411.17 Herdejürgen 1996, 18, Taf. 110, 2.18 Herdejürgen 1996, 19.19 Altmann 1905, Abb. 22.20 Mustilli 1939, 44 Nr. 26, Taf. 26.21 Himmelmann 1974, 144; K-S 435.22 K-S 435, Taf. 467-471. G. Koch erklärt diesen ‘Einschnitt’

nicht, s. auch o. Anm. 6.23 Die Nummern der attischen Girlandensarkophage

beziehen sich auf K-S 438-441.24 Baratte/Metzger 1985, 256-261 Nr. 166.25 Vgl. K-S 435, Taf. 467-471. 26 Alexandri 1969, 63, Taf. 54 b; K-S 640; Schauenburg

1995, 99 Nr. 150, Taf. 59, 3; Rogge 1993, 38 Anm. 148.27 Koch 1977, 114-115 mit Anm. 14, Abb. 4; K-S 647.28 Altmann 1902, 59-60, Abb. 22; Michaelis 1884, 154-155

Nr. 22; Koch 1982, 184 Nr. 19.29 K-S 638; Rogge 1993, 112 Anm. 28; Koch 1989, 183;

Schauenburg 1995, 26, 40, 46 mit Anm. 269; 58, 99 Nr.147, Taf. 58, 1und 59, 1.

30 Himmelmann 1970, 18 mit Anm. 3; Rogge 1993, 112,Taf. 47, 1; K-S 640.

31 Rogge 1993, 112 mit Anm. 27, Taf. 47, 1.32 Wiegartz 1975, 209.33 Giuliano 1978, 16, Taf. 20. 47; Walker 1990, 46 Nr. 56,

Taf. 23 (die Inventar-Nr. ist dort falsch angegeben; sielautet: 1861.7-24.13); Koch 1991, 214.

34 Die Putten attischer Sarkophage werden auf jüngerenArbeiten, als es der Kindersarkophag in London ist,durch ihre schräge Körperhaltung als fliegend, nicht alsschwebend gekennzeichnet, vgl. den oben erstmalsbeschriebenen Girlandensarkophag in Antakya 10,Abb. 9. Dennoch stemmen sich ihre Füße von einemFelsstück ab, wie es auch der eher schwebend als flie-gend dargestellte Putto auf dem frühen Sarkophag inAthen 8, Abb. 5 tut. Sie setzen also zum Flug an undfliegen noch nicht.

35 s.o. Anm. 5.36 s.o. Anm. 10.37 Gazette archéologique 1885 Taf. 29; Reinach 1912, 98, 1-

4; Himmelmann 1970, 12-14, Abb. 10, Taf. 15-17; Koch1973, 200-201; Koch 1989, 186-187, 208, Abb. 31, 60;Giuliano/Palma 1978, 13 Nr. 3, Taf. 3. 5; Rogge 1993,112, 114-115 mit Anm. 52, Taf. 46. 3; Rogge 1995, 38Anm. 148; KS 638.

38 Koch 1993, 112, Abb. 77.39 Himmelmann 1970, 21, Taf. 19-21; K-S 641. 645; Rogge

1993, 112 Anm. 25.40 s.o. Anm. 5. Die noch erkennbare Totenmahlszene

datiert die Ara um die Zeitenwende.41 s.o. Anm. 4.

42 Die Ziffern entsprechen den Kat.-Nrn. der römischenGirlandensarkophage bei Herdejürgen 1996.

43 Gusman 1914, Taf. 3.44 Rodenwaldt 1925, Taf. 2.45 Gusman 1914, Taf. 174.46 Herdejürgen 1996, Taf. 111. 7.47 Becatti 1943-1945, 44, Abb. 6.48 s.o. Anm. 5.49 K-S 436; Koch 1993, 106; Isik 1977, 380-382.50 Strocka 1978, 894-897, Taf. 203; Strocka 1996, 459-461,

Abb. 6-8,12, 14.51 Strocka 1996, 466 Abb. 30.52 K-S 520, Abb. 507; Strocka 1996, 464 mit Anm. 49, Abb.

18.53 Strocka 1978, 905, 913.54 Isik 1977, 380-382; dagegen Strocka 1996, 456-457.55 Vgl. Strocka 1996, 464.56 Strocka 1978, 905-911, Abb. 23-33; Strocka 1996, 464-466

mit Anm. 51, Abb. 19, 20, 22, 24, 26.57 K-S 520, Taf. 505-506; Strocka 1967, 900 mit Anm. 69,

Taf. 215; Strocka 1996, 466 Abb. 32-33, 36.

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Abb. 2. Attischer Girlandensarkophag inv. 1180, Athen, Nationalmuseum. Vorderseite (Foto G. Hellner).

Abb. 1. Sarkophag Caffarelli, Vorderseite. Berlin, Antikensammlung (Foto J. Laurentius).

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Abb. 3. Wie Abb. 2. Rechte Nebenseite. Abb. 4. Wie Abb. 2. Linke Nebenseite.

Abb. 5. Wie Abb. 2. Rückseite.

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Abb. 6. Attischer Girlanden- Kindersarkophag inv. GR 1861.7-24.13, Britisches Museum. Vorderseite (Foto B. Albert).

Abb. 7. Wie Abb. 6. Rechte Nebenseite.

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Abb. 8. Attischer Girlandensarkophag inv. 1191, Athen, Nationalmuseum (Foto Alinari 24348).

Abb. 9. Attischer Girlandensarkophag inv. 15948, Antakya. Frontseite (Foto V. Vaelske).

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Abb. 10. Wie Abb. 9. Rückseite.

Abb. 11. Wie Abb. 9. Frontseite, Löwenbiga. Abb. 12. Wie Abb. 9. Frontseite, Pantherbiga.

Abb. 13. Wie Abb. 9. Rückseite, Detail. Abb. 14. Wie Abb. 9. Rechte Nebenseite.

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Abb. 15. Attischer Girlandensarkophag inv. 8473, Antakya (Foto J. Meischner).

Abb. 16. Wie Abb. 15. Rechte Nebenseite.