Die doppelte Währungsunion: Deutschland und Europa im wirtschaftlichen Integrationsprozess ; ein...

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163 Die doppelte Währungsunion: Deutschland und Europa im wirtschaftlichen Integrationsprozess Ein Rückblick und ein Vergleich von Gustav A. H o r n , Ulrich F r i t s c h e und Wolfgang S c h e r e m e t * Zusammenfassung Zweimal in den vergangenen 10 Jahren unterwarfen politisch-ökonomische Entscheidungen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland einem fundamentalen Wandel: Die Wirtschafts- und Währungsunion mit der DDR und die Einführung einer gemeinsamen Währung in Europa. Wäh- rend der europäische Einigungsprozess bisher ohne größere Schwierigkeiten verläuft, kommt die Inte- gration in Deutschland allenfalls stockend voran. Diese Arbeit versucht eine Erklärung dieser gegen- läufigen Entwicklungen. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob Europa bzw. Deutschland ein optima- ler Währungsraum ist. Daraus ergibt sich die weiter gehende Suche nach Bedingungen, um eine Währungsunion ohne tiefergreifende Friktionen durchführen zu können. Für den europäischen Integra- tionsprozess wurden bereits im Vorfeld Vorkehrungen getroffen, die sicher stellen sollten, dass eine Währungsunion erfolgreich im Sinne von mehr Wachstum und Beschäftigung sein konnte. All dies war in Deutschland nicht der Fall. Daraus resultiert die Frage, ob und wie ein Aufholprozess unter den Be- dingungen einer bereits existierenden Währungsunion überhaupt noch möglich ist. 1. Einleitung Zweimal in den vergangenen 10 Jahren unterwarfen politisch-ökonomische Entscheidungen die wirtschaftli- chen Rahmenbedingungen in Deutschland einem fun- damentalen Wandel. Die Wirtschafts- und Währungsuni- on mit der DDR im Juni 1990 vereinigte zwei unter- schiedliche Wirtschaftssysteme. Die Einführung des europäischen Binnenmarktes 1992 und der Beginn der Währungsunion verbanden die deutsche Wirtschaft mit der ihrer europäischen Partner. Beide Ereignisse stehen aus heutiger Sicht in einem sehr unterschiedlichen Licht. Während der europäische Einigungsprozess bisher ohne größere Schwierigkeiten verläuft, kommt die Inte- gration in Deutschland allenfalls stockend voran. In der Europäischen Währungsunion durchlaufen Länder wie Spanien, Irland oder Portugal, die über Jahrzehnte zu den Armenhäusern Europas zählten, einen teilweise dramatischen Aufholprozess an das übrige Europa. In Deutschland holt der Osten seit zwei Jahren nicht nur nicht mehr auf, sondern er fällt sogar wieder zurück. Diese Arbeit versucht eine Erklärung dieser gegenläu- figen Entwicklungen. Sie basiert auf den unterschiedli- chen makroökonomischen Umständen, unter denen die- se Währungsintegrationen abliefen. Beide Vorhaben sind als Integrationsprozesse zu verstehen, die vor allem politisch begründet waren, auch wenn hiermit in der Sichtweise vieler ökonomische Vorteile verbunden wa- ren. 1 Diese Vorteile wurden im Übrigen von anderen nicht nur der Höhe nach, sondern auch im Grundsatz bestrit- ten. 2 Im Kern ging es dabei um die Frage, ob Europa bzw. Deutschland ein optimaler Währungsraum ist. Für Euro- pa war die Antwort strittig, für die beiden deutschen Staa- ten nicht, da hier sämtliche Voraussetzungen fehlten. Daraus ergibt sich die weiter gehende Suche nach Be- dingungen, die zu erfüllen gewesen wären und noch sind, um eine Währungsunion ohne tiefergreifende Frik- tionen durchführen zu können. Eine solche Suche spitzt sich im Falle Deutschlands auf die Frage zu, ob und wie ein Aufholprozess unter den Bedingungen einer bereits Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung 69. Jahrgang, Heft 2/2000, S. 163–177 * Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, D-14191 Berlin; e-mail: [email protected], [email protected], [email protected] 1 Siehe hierzu Europäische Kommission (1995). 2 Siehe Neumann (1991).

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Wochenbericht des DIW 8/99 163

Die doppelte Währungsunion: Deutschland und Europaim wirtschaftlichen Integrationsprozess

Ein Rückblick und ein Vergleich

von Gustav A. H o r n , Ulrich F r i t s c h e und Wolfgang S c h e r e m e t *

Zusammenfassung

Zweimal in den vergangenen 10 Jahren unterwarfen politisch-ökonomische Entscheidungen diewirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland einem fundamentalen Wandel: Die Wirtschafts-und Währungsunion mit der DDR und die Einführung einer gemeinsamen Währung in Europa. Wäh-rend der europäische Einigungsprozess bisher ohne größere Schwierigkeiten verläuft, kommt die Inte-gration in Deutschland allenfalls stockend voran. Diese Arbeit versucht eine Erklärung dieser gegen-läufigen Entwicklungen. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob Europa bzw. Deutschland ein optima-ler Währungsraum ist. Daraus ergibt sich die weiter gehende Suche nach Bedingungen, um eineWährungsunion ohne tiefergreifende Friktionen durchführen zu können. Für den europäischen Integra-tionsprozess wurden bereits im Vorfeld Vorkehrungen getroffen, die sicher stellen sollten, dass eineWährungsunion erfolgreich im Sinne von mehr Wachstum und Beschäftigung sein konnte. All dies warin Deutschland nicht der Fall. Daraus resultiert die Frage, ob und wie ein Aufholprozess unter den Be-dingungen einer bereits existierenden Währungsunion überhaupt noch möglich ist.

1. Einleitung

Zweimal in den vergangenen 10 Jahren unterwarfenpolitisch-ökonomische Entscheidungen die wirtschaftli-chen Rahmenbedingungen in Deutschland einem fun-damentalen Wandel. Die Wirtschafts- und Währungsuni-on mit der DDR im Juni 1990 vereinigte zwei unter-schiedliche Wirtschaftssysteme. Die Einführung deseuropäischen Binnenmarktes 1992 und der Beginn derWährungsunion verbanden die deutsche Wirtschaft mitder ihrer europäischen Partner. Beide Ereignisse stehenaus heutiger Sicht in einem sehr unterschiedlichen Licht.Während der europäische Einigungsprozess bisherohne größere Schwierigkeiten verläuft, kommt die Inte-gration in Deutschland allenfalls stockend voran. In derEuropäischen Währungsunion durchlaufen Länder wieSpanien, Irland oder Portugal, die über Jahrzehnte zuden Armenhäusern Europas zählten, einen teilweisedramatischen Aufholprozess an das übrige Europa. InDeutschland holt der Osten seit zwei Jahren nicht nurnicht mehr auf, sondern er fällt sogar wieder zurück.

Diese Arbeit versucht eine Erklärung dieser gegenläu-figen Entwicklungen. Sie basiert auf den unterschiedli-

chen makroökonomischen Umständen, unter denen die-se Währungsintegrationen abliefen. Beide Vorhabensind als Integrationsprozesse zu verstehen, die vor allempolitisch begründet waren, auch wenn hiermit in derSichtweise vieler ökonomische Vorteile verbunden wa-ren.1 Diese Vorteile wurden im Übrigen von anderen nichtnur der Höhe nach, sondern auch im Grundsatz bestrit-ten.2 Im Kern ging es dabei um die Frage, ob Europa bzw.Deutschland ein optimaler Währungsraum ist. Für Euro-pa war die Antwort strittig, für die beiden deutschen Staa-ten nicht, da hier sämtliche Voraussetzungen fehlten.Daraus ergibt sich die weiter gehende Suche nach Be-dingungen, die zu erfüllen gewesen wären und nochsind, um eine Währungsunion ohne tiefergreifende Frik-tionen durchführen zu können. Eine solche Suche spitztsich im Falle Deutschlands auf die Frage zu, ob und wieein Aufholprozess unter den Bedingungen einer bereits

Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung69. Jahrgang, Heft 2/2000, S. 163–177

* Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, D-14191 Berlin;e-mail: [email protected], [email protected], [email protected]

1 Siehe hierzu Europäische Kommission (1995).2 Siehe Neumann (1991).

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existierenden Währungsunion überhaupt noch möglichist.

Während auf europäischer Ebene nicht zuletzt wegeneiner weit verbreiteten Skepsis gegenüber dem Vorha-ben einer Währungsunion zwischen Ländern mit einst-mals sehr hohen Inflationsraten und jenen mit zuvor be-reits niedrigen Preissteigerungen wohldefinierte makro-ökonomische Voraussetzungen zur Teilnahme an derWährungsunion zu erfüllen waren, gab es keine derarti-gen Bedingungen bei der Festlegung der Währungsuni-on zwischen den beiden deutschen Staaten. Für die Eu-ropäische Union wurden also bereits im Vorfeld Vorkeh-rungen getroffen, die sicher stellen sollten, dass eineWährungsunion erfolgreich im Sinne von mehr Wachs-tum und Beschäftigung sein konnte. All dies war inDeutschland nicht der Fall. Die Entscheidung hier warletztlich politisch motiviert. Auch wenn dies in dieserForm vielleicht unvermeidlich war, weil die Vereinigungzum überragenden politischen Ziel wurde, so ist für dieVernachlässigung ökonomischer Logik nach wie vor einhoher Preis zu zahlen.3

Im Folgenden sollen zunächst Bedingungen erörtertwerden, unter denen eine Währungsunion und ein wirt-schaftlicher Aufholprozess einer zurückgebliebenen Re-gion miteinander verbunden werden können. Dabeispielen die Voraussetzungen für erfolgreiche Währungs-union, die im Vorfeld festgelegt werden müssen, und derUmstellungskurs, mit dem die Währungen schließlich indie Währungsunion gehen wie auch die binnenwirt-schaftliche Lohn- und Preisbildung die entscheidendeRolle. Mit anderen Worten: Über den Erfolg einer Wäh-rungsunion entscheiden sowohl monetäre wie auch in-stitutionelle Rahmenbedingungen. Danach werden dieImplikationen einer Währungsunion untersucht. Kapitel 3diskutiert als Fallbeispiel eines gelingenden Aufholpro-zesses die Entwicklung Spaniens in den 90er Jahren. InKapitel 4 wird als Kontrast die Entwicklung in Ost-deutschland dargestellt.

2. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration

2.1 In tegra t ion und d ie Theor ie op t ima lerWährungsräume

Sowohl für Europa als auch für Deutschland war diemonetäre Integration mit der Erwartung verknüpft, dasshieraus auch eine wirtschaftliche Anpassung zurückge-bliebener Regionen verbunden ist. Aus dem Blickwinkelder ursprünglichen Theorie optimaler Währungsräumeist dieses Vorhaben widersprüchlich, da der zu schaffen-de Zustand (Integration und Einkommenskonvergenz)dort bereits ein Kriterium der Optimalität darstellen. EineWährungsunion ist demnach nur dann sinnvoll, wennbereits eine Angleichung in vielerlei Hinsicht stattgefun-den hat. Inwieweit der Wegfall des Wechselkurses pro-

blematisch ist, hängt von der Antwort auf die Frage nachder Funktion von Wechselkursen ab. In Gegenwart weit-gehend flexibler Wechselkurse — also in einem Systemdes „managed floating“ — können Länder, deren preisli-che Wettbewerbsfähigkeit hinter der ihrer Handelspart-ner z. B. wegen eines inflationsträchtigeren Lohnbil-dungsprozess zurückbleibt, mittels nominaler Abwertun-gen ihrer Währungen zumindest kurzfristig wettbewerbs-fähig erhalten. Eine Abwertung mit dem Ziel, diepreisliche Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen, hatjedoch einen entscheidenden Nachteil: Eine Abwertungist immer auch mit einem Reallohnverlust der Beschäf-tigten verbunden, da der Preis ausländischer Güter undimportierter Vorprodukte in Inlandswährung steigt. Wirdnun in den folgenden Tarifabschlüssen versucht, dieseReallohnverluste durch Nominallohnerhöhungen zukompensieren (und zumindest von diesem Versuch isti. d. R. auszugehen), so kommt es zu inflationären Ten-denzen; die preisliche Wettbewerbsfähigkeit verschlech-tert sich wieder. Insofern erscheinen Abwertungen dau-erhaft nicht als Instrument zur Sicherung der preislichenWettbewerbsfähigkeit geeignet.4

Von Gegnern einer Währungsunion wird häufig ange-führt, dass die einzelnen Volkswirtschaften auf Grund ih-rer unterschiedlichen Produktions- und Gütermarktstruk-turen unterschiedlichen wirtschaftlichen Risiken ausge-setzt seien. Um nun auftretende Schocks besserabfedern zu können, seien flexible Wechselkurse uner-lässlich. In dieser Argumentation geht es dabei nur umasymmetrische Schocks, d. h. Schocks, die die Ländereiner Währungsunion in unterschiedlichem Ausmaß tref-fen. (bei symmetrischen Schocks ist eine Anpassung un-ter den Ländern — bei Unterstellung ähnlicher produkti-onstheoretischer Grundlagen und gleicher Verzögerun-gen in der Verarbeitung von Schocks — nichterforderlich). Je häufiger und bedeutsamer asymmetri-sche Schocks, desto wichtiger sei die Beibehaltung derWechselkurse. Diese Argumentationsweise entsprichtauch den Überlegungen, die der älteren Theorie des op-timalen Währungsraums zu Grunde liegen.5 Ein Wäh-rungsraum ist in diesem Rahmen als eine aus verschie-denen Regionen zusammengesetzte Einheit definiert.Optimal ist dieser Währungsraum, wenn entweder asym-metrische Schocks hinreichend selten auftreten, oderaber andere Anpassungsmöglichkeiten als der nomina-le Wechselkurs existieren.6 Treten nur wenig oder keineasymmetrischen Schocks auf, so gibt es keinen Grund zueiner Anpassung, die Kosten einer Aufgabe des Wech-

3 Siehe Hoffmann (2000).4 Dies gilt zumindest theoretisch nicht in einem System völlig fle-

xibler Wechselkurse oder bei völlig flexiblen Preisen. Allerdings istdavon in der beobachtbaren Wirklichkeit nicht auszugehen.

5 Für einen Überblick über die ältere Theorie des optimalenWährungsraums siehe Ishyama (1975).

6 Siehe Eichengreen (1990a).

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selkurses sind somit gering oder sogar, im Extremfall,gleich Null. Treten häufige asymmetrische Schocks auf,sind die Kosten der Aufgabe des Wechselkurs desto ge-ringer, je leichter eine alternative Anpassung herbeige-führt werden kann. Als klassische Anpassungsmöglich-keit wird dabei oft das auf Mundell (1961) zurückgehen-de Kriterium der Faktormobilität genannt. Wird in einemWährungsraum eine Region von einem asymmetrischenSchock getroffen, so wandern bei Faktormobilität die Pro-duktionsfaktoren in Regionen, die nicht von dem Schockbetroffen sind. Für den Arbeitsmarkt hieße das: Kommt eszu großen Unterschieden in den Arbeitslosenraten zwi-schen den Regionen, so würden eine Migration aus denGebieten mit hohen Arbeitslosenraten in Regionen mitniedrigen Arbeitslosenraten führen. Investitionen wür-den in die Regionen mit den besten Ertragsaussichtenfür Kapital fließen. Inwieweit erfüllten Europa undDeutschland diese Eigenschaften eines optimalen Wäh-rungsraums und kann damit nach der älteren Theorie desoptimalen Währungsraums zu relativ geringen Kostenauf den Wechselkurs als Anpassungsinstrument verzich-ten?

Die Antwort auf diese Frage fällt in der Literatur nichteindeutig aus.7 Das liegt zum einen daran, dass dieseFrage im Grunde nur im Vergleich mit anderen Wäh-rungsräumen beantwortet werden kann. Denn kein Wäh-rungsraum erfüllt die Voraussetzungen perfekt, was wohlunter anderem daran liegt, dass Anpassungsprozesse inder wirklichen Welt selten so schnell und reibungslosablaufen, wie es die ökonomische Theorie voraussetzt.So bleiben auch in den USA, die nach allgemeiner Auf-fassung einen funktionierenden Währungsraum darstel-len, regionale Unterschiede in der Arbeitslosenquotebestehen; asymmetrische regionale Schocks sind eherdie Regel als unüblich.8 Als Vergleichsmaßstäbe wurdenso in der Regel die USA, Kanada oder Regionen inner-halb einzelner EU-Staaten herangezogen.9

Neben der Untersuchung von Angebots- und Nachfra-geschocks sowie Arbeitskräftemobilität wird von denmeisten Studien die Veränderung des realen Wechsel-kurses als Kriterium zur Beurteilung der Optimalität einespotentiellen Währungsraums herangezogen: Sind dieSchwankungen im realen Wechselkurs zwischen denpotentiellen Teilnehmerländern größer als zwischen denReferenzregionen, so sei offensichtlich ein erhöhter An-passungsbedarf gegeben, der Währungsraum demnachnicht optimal. Beurteilt man anhand der Variabilität desrealen Wechselkurses die Optimalität des Euro-Wäh-rungsraums, so fiel im Vergleich mit den USA die Antwortin der Regel negativ aus10, bei einem Vergleich mit denrealen Wechselkursen innerhalb europäischer Volkswirt-schaften deuten die Ergebnisse darauf hin, dass zumin-dest einige Kernländer (Deutschland, Frankreich, Öster-reich und die Benelux-Staaten) die Voraussetzungen füreinen optimalen Währungsraum erfüllten.11

Diese Ergebnisse sollten jedoch mit einiger Vorsichtinterpretiert werden. So ist es durchaus denkbar, dass diestarken Schwankungen des realen Wechselkurses aufSchwankungen des nominalen Wechselkurses zurück-gehen: In der Realität sind immer wieder stärkere Aus-schläge des nominalen Wechselkurses als der Preise inden beteiligten Volkswirtschaften zu beobachten. Vordem Hintergrund theoretischer Modelle des überschie-ßenden Wechselkurses bzw. bei existierenden Preisrigi-ditäten sind daher Auswirkungen stärkerer Ausschlägedes nominalen Wechselkurses auf den realen Wechsel-kurs zumindest kurz- und mittelfristig zu erwarten. Vondaher würden die geringeren Schwankungen des realenWechselkurs zweier Regionen innerhalb eines Wäh-rungsraums nur anzeigen, dass eben kein nominalerWechselkurs zwischen den Regionen existiert, der vari-ieren könnte. Über die Optimalität eines Währungsraumswürden die Schwankungen des realen Wechselkurseswenig aussagen.12

Darüber hinaus ist die von der älteren Theorie des op-timalen Währungsraums unterstellte Exogenität der Kri-terien problematisch. So gelangen Frankel und Rose(1996) anhand einer ökonometrischen Studie zu demSchluss, dass sich die Konjunkturzyklen zwischen zweiLändern angleichen, wenn sich die Handelsbeziehun-gen intensivieren. Ist dies der Fall, so würden auch dieSchocks, die die beiden Länder treffen, zunehmendsymmetrischer. Mit einer durch die Währungsunion an-gestoßenen weiteren realwirtschaftlichen IntegrationEuropas könnte es so zu einer Symmetrisierung derSchocks kommen. Geht man weiterhin von einem Ein-fluss der Geldpolitik auf den Konjunkturverlauf aus, so ist— bei einer Orientierung der Geldpolitik am Durchschnittder EWU — mit einer Angleichung des Konjunkturverlau-fes im Euro-Gebiet zu rechnen, wird doch die einheitli-che Geldpolitik von der EZB gestaltet.13 So erscheint we-niger wichtig, ob der Währungsraum ex ante die Kriterien

7 Siehe auch die Übersicht bei Breuss (1996)8 Siehe hierzu auch Krugman (1993)9 Siehe u. a. von Hagen/Neumann (1994), Breuss (1996), Gros

(1996) und Eichengreen (1990).10 Siehe u. a. Eichengreen (1990a), der eine um das drei- bis

vierfach höhere Variabilität der realen Wechselkurse in Europa er-rechnet.

11 So finden von Hagen/Neumann (1994) dass die Variabilitätder realen Wechselkurse zwischen diesen Kernländern in den spä-ten 80ern nicht größer war als die Variabilität der realen Wechsel-kurse zwischen den deutschen Ländern Mitte der 70er Jahre.

12 In dem von uns noch zu skizzierenden Modell gehenSchwankungen des realen Wechselkurses in einem einheitlichenWährungsraum vor allem auf die Unterschiede im Wachstum derLohnstückkosten zurück.

13 Tatsächlich ist bereits in den letzten Jahren durch die Zins-konvergenz auf das niedrige deutsche Niveau im Vorfeld der Wäh-rungsunion ein Angleichen der Konjunkturzyklen in den Kernlän-dern des EWS zu beobachten gewesen.

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eines optimalen Währungsraums aufweist, als dass diestrukturelle Entwicklung durch eine Währungsintegrationden Währungsraum in eine vorteilhaftere wirtschaftlicheEinheit verwandeln kann.14 Oder anders: Es ist durchausmöglich, dass sich die Währungsunion selbst ihren opti-malen Raum schafft.15 Vor diesem Hintergrund erscheintes wenig sinnvoll, die Kriterien der älteren Theorie opti-maler Währungsräume zur wirtschaftspolitischen Beur-teilung der europäischen Währungsunion heranzuzie-hen. Die in dieser Theorie untersuchten Kriterien gebenbestenfalls einen Einblick von der bisher erreichten Kon-vergenz.

2 .2 Exkurs : Nachho lende Entw ick lung undWährungs in tegra t ion — e in k le ines Mode l l

Wie immer man die Überlegungen zur Theorie optima-ler Währungsräume auf den Fall West- und Ostdeutsch-land anwendet, so ist offenkundig, dass hier die Voraus-setzungen bei weitem nicht erfüllt und massive Anpas-sungsprozesse erforderlich waren.16 Wenn auch vielesdafür spricht, dass die Anpassung der Handelsströmeinnerhalb einer Währungsunion leichter stattfindet alsausserhalb, bleibt damit doch die Frage, ob Regionen miteinem hohen Rückstand beim Pro-Kopf-Einkommen in-nerhalb einer Währungsunion eher aufholen können alsbeim Erhalt einer eigenständigen Währung.

Dies soll im Folgenden theoretisch anhand einesZwei-Länder-Falls untersucht werden, bei dem Land 1ein höheres Pro-Kopf-Einkommen aufweist als das Land2. Die Frage ist: Unter welchen makroökonomischenRahmenbedingungen ist die Chance hoch, dass Land 2in seiner Entwicklung zu Land 1 aufschließen kann?17

Um dieses Problem zu analysieren, ist es interessant,sich die makroökonomischen Marktkonstellationen vonhistorisch gelungenen nachholenden Entwicklungen vorAugen zu halten.

Nachholende Entwicklung in einer Geldwirtschaft hatdabei zwei Seiten: die Bildung von Einkommen und dieDominanz von Vermögensmärkten.18 Folgt man — wiein unserem Ansatz — Keynes’ Analyse aus dem erstenDrittel des vorigen Jahrhunderts, so muss die Einkom-mensentstehung an den Beginn der Erklärung des Ent-wicklungsprozesses gestellt werden. Eine Einkom-mensbildung in einer Geldwirtschaft setzt Kredite„ex nihilo“19 voraus, nicht vorausgegangene Erspar-nis. Ersparnis entsteht erst durch Einkommen. Defini-torisch ist die bekannte makroökonomische IdentitätI S Ex= + −Im damit zwar immer noch richtig; aller-dings ist die Ersparnis in der Logik des hier vertretenenAnsatzes Ergebnis von Investitionstätigkeit und Export-überschuss (S I Ex= + − Im ).

Hinzu kommt, dass in einer Geldwirtschaft mit endoge-nem Geld und der Finanzierung von Produktionsprozes-sen über ein Bankensystem das Angebot von Kapital

über den Verzicht auf das Halten von Liquidität bestimmtwird.20 Die Bereitschaft21 von Unternehmen und Haus-halten, inländisches Geldvermögen zu bilden, ermög-licht unter gewissen Umständen eine stabilitätsorien-tierte Einkommensbildung, die sowohl mit interner(Preisniveau-) und externer (Wechselkurs-) Stabilität ein-hergeht.22

Welches Szenario erlaubt aus diesem Blickwinkelnachholende wirtschaftliche Entwicklung? InstruktivesBeispiel ist die Marktkonstellation der BundesrepublikDeutschland in den 50-er und 60-er Jahren — insbeson-dere nach der Beendigung der Zahlungsbilanzkrise1950/51.23 Der eingeleitete Entwicklungsprozess beruh-te ganz wesentlich auf einer tendenziellen Unterbewer-tung der Deutschen Mark, da die Bundesbank im Zusam-menspiel mit der Einkommenspolitik eine größere Preis-stabilität durchsetzte als im Rest der Welt undgleichzeitig die Aufwertung der Mark immer nur zaghaftzuließ. So stand Deutschland tendenziell unter Aufwer-tungsverdacht.24 Aus entwicklungsstrategischer Sicht istdiese Konstellation zweifach interessant: Zum einen er-

14 Siehe Schelkle (1998).15 Siehe DIW (1997).16 Siehe Hoffmann (2000) in diesem Heft.17 Dabei wird hier davon ausgegangen, dass sich bei beiden

Ländern um Marktwirtschaften handelt, also keine institutionellenTransformationsprobleme vorliegen. Die folgenden Aussagen kön-nen also nicht z. B. auf Russland angewendet werden.

18 Dies unterscheidet unsere Betrachtung von einem neoklassi-schen Ansatz, in dem vorgegebene Ressourcen die Entwicklungs-möglichkeiten einschränken.

19 Siehe Schumpeter (1911).20 Der Kapitalertrag geht damit auf ein Knapphalten von Geld

zurück, der Zinssatz bestimmt die zu erwirtschaftende gleichge-wichtige Profitrate.

21 Fehlt es an dieser Bereitschaft, so kann es zur Flucht in Sach-werte („Betongold“) oder — was in einer Welt mit unterschiedlich„harten“ Währungen der Regelfall sein dürfte — zum verstärktenHalten von Fremdwährungen („Dollarisierung“) kommen. Unmittel-bare Folge sind Preissteigerungs- und Abwertungstendenzen.

22 Siehe zu einer ausführlichen Diskussion: Riese (1986); Riese(1994); Betz/Lüken-Klaßen (1989); Lüken-Klaßen (1993); Höl-scher (1994).

23 Man könnte aber auch Japans Aufstieg nach dem 2. Welt-krieg oder die Entwicklung der meisten südostasiatischen „Tiger-staaten“ in den 60-er und 70-er Jahren unter diese Marktkonstella-tion fassen. Zur Bundesrepublik siehe Hölscher (1994).

24 Ablesbar ist eine solche „Strategie“ vor allem an den Devi-senreservepositionen, die ja eine Fremdwährungsnachfrage derZentralbank darstellen und der Aufwertung entgegenwirken. Aller-dings ist eine solche „Strategie“ an die Bereitstellung von Liquidi-tät durch das Leitwährungsland und der zumindest mittelfristigenAkzeptanz der Unterbewertungssituation des nachholenden Lan-des gebunden. Im Falle der Bundesrepublik mehrten sich in den60er Jahren die Klagen, dass die Aufwertungen der DeutschenMark zu zögerlich kamen und den HandelsbilanzüberschussDeutschlands nicht beseitigten — ein deutliches Indiz für die an-haltende Unterbewertung. Allerdings gelang es Deutschland rela-tiv lange, diese Konstellation aufrecht zu erhalten. Siehe James(1996).

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laubt sie einen Überschuss der Einkommensentstehungüber die Verwendung; zum anderen sieht sich — solangeder Prozess stabilitätsorientiert abläuft — die Zentral-bank bei Aufwertungserwartungen mit einer Über-schussnachfrage nach heimischem Geld konfrontiertund kann selbst als ein der schwachen Währung ver-dächtiges Land auf der „richtigen“ Marktseite intervenie-ren.25 Auf mittlere Frist stärkt diese Position die Qualitätder heimischen Währung. Ein nachhaltiger Entwick-lungsprozess kommt allerdings nur dann zu Stande,wenn eine reale Aufwertung verhindert wird. Die Verteidi-gung des Wechselkurses einer unterbewerteten Wäh-rung ist es, die einen gewissen Spielraum für eine hoheEinkommensdynamik wahrt und gleichzeitig einen nied-rigen gleichgewichtigen Zinssatz ermöglicht.

Die folgende Darstellung verdeutlicht dies. Unser Mo-dell basiert auf einer Zinsparitätentheorie. Der gleichge-wichtige nominale Zinssatz i im Zwei-Länder-Fall ist:

i i zd2 1= +!

(1)

Dabei gibt zd das Zinsdifferential zwischen den beidenLändern in einer Gleichgewichtssituation an. In ihm spie-geln sich die länderspezifischen Ertragsraten beiderLänder und das Wechselkursrisiko wider. Weichen dieseErtragsraten, eben auf Grund eines Entwicklungsrück-standes im Land 2 weit voneinander ab, so bedingt dasals Gleichgewichtsanforderung eben auch einen weithöheren Zinssatz in Land 2 als in Land 1. Werden derWechselkurs mit e, Erwartungswerte mit einem Dach,sowie Veränderungen (Wachstumsraten) mit einem Del-ta gekennzeichnet, so ergibt sich:

zd e= +∆$ θ (2)

Das Zinsdifferential ist also bestimmt über die Ände-rungserwartungen des Wechselkurses sowie einerstrukturellen Liquiditätsprämie θ, die in einer Welt mit ver-schiedenen Reservewährungen wie Dollar oder Deut-scher Mark die relative Stellung der Landeswährung zudiesen Schlüsselwährungen angibt.26 Speisen sich dieWechselkursänderungserwartungen aus Erwartungenüber die unterschiedliche Nominalzinsentwicklung undunterschiedliche Inflationsraten, so gilt:

∆ ∆ ∆$ ( $ $ ) ($ $ )e i i= − − −α ρ ρ β2 1 2 1 mit + =α β 1 (3)

Dann zeigt sich, dass Aufwertungserwartungen fürdie Währung des Landes 2 in diesem Ansatz entwederauf künftigen höheren Zinsen als in Land 1 oder niedri-geren Inflationsraten begründet sein müssen. Da diehöheren Zinsen die Akkumulationsdynamik behindernwürden, darf, soll eine nachholende Entwicklung Be-stand haben, die Unterbewertung nur auf künftig nied-rigeren Inflationsraten begründet sein. Damit sind eingeringerer gleichgewichtiger Zinssatz und eine hoheAkkumulationsdynamik dann miteinander vereinbar,wenn die Unterbewertung nicht auf die Preissteigerungübergreift.

Dies ist nur dann möglich, wenn die Lohnentwicklungdiesen Kurs stützt. Auch hier ist das Beispiel der bundes-republikanischen Entwicklung in den 50-er und 60-erJahren erhellend. Bei hohen Produktivitätsfortschrittenund günstigen Absatzerwartungen der westdeutschenIndustrie blieb der Lohndruck von Seiten der Gewerk-schaften gering. Verschiebungen in der Einkommensver-teilung durch Marktlagengewinne der Unternehmenkonnten in Kauf genommen werden, so lange sie nichtauf die allgemeine Inflationsentwicklung übergriffen.27

Das bedeutet: im Vergleich zu einer Strategie mit einernicht unterbewerten Währung, muss die Verminderungder realen Arbeitseinkommen in diesem Entwicklungs-modell von den Beschäftigten hingenommen werden.Die relativ höheren Importpreise dürfen nicht durch ent-sprechend höhere Nominallöhne ausgeglichen wer-den.28 Unterstellt man eine Mark-up-Preisbildung , sobedeutet dies allgemein für jedes Land j, dass

ρ γπj j

j

j

w= oder in Wachstumsraten

∆ρ ∆γ ∆ ∆πj j j jw= + − (4)

wobei für w, π, γ für Löhne, Produktivität und den Mark-up-Faktor des jeweiligen Landes stehen. Nimmt man zu-nächst den Produktivitätszuwachs als gegeben an, sokann eine niedrigere Inflationsrate in Land 2 entwederdurch Umverteilung zu Lasten der Arbeitseinkommenoder durch Lohnzurückhaltung in Relation zu Land 1 er-reicht werden. Unter der Annahme, dass die Erwartun-gen sich entsprechend Gleichung (4) bilden, erhält manfür Gleichung (3):

∆ ∆ ∆ ∆ ∆ ∆ ∆$ ( $ $ $ $ $ $ ) ($ $ )e w w i i= − + − − + − −α γ γ π π β2 1 2 1 2 1 2 1

(5)

Zur Vereinfachung sei unterstellt, dass es keine Um-verteilungserwartungen für das Land 1 gibt, damit ist∆$γ 1 0= . Unter dieser Annahme ergibt sich:

∆ ∆ ∆ ∆ ∆ ∆$ ( $ ( $ $ ) ( $ $ )) ($ $ )e w w i i= + − − − − −α γ π π β2 2 2 1 1 2 1

(6)

Die Gleichung (6) zeigt, dass zur Fortdauer von Auf-wertungserwartungen Lohnzurückhaltung im Sinne rela-tiv niedriger erwarteter Lohnstückkostenzuwächse einentscheidendes Element ist. Dies gilt in zweifacher Hin-

25 Im Falle von Abwertungserwartungen ist die Interventions-möglichkeit der Zentralbank durch die Devisenreserven be-schränkt.

26 Diese sollen im Folgenden unverändert bleiben und werdenin der vorliegenden Analyse vernachlässigt. Allerdings ist zu erwar-ten, dass erfolgreiche nachholende Entwicklung über die längereFrist diese Prämie erhöht, somit das gleichgewichtige Zinsdifferen-tial senkt.

27 Siehe Hölscher (1994), Riese (1994).28 Das würde die Preisniveaustabilität gefährden, zu Abwer-

tungserwartungen bzw. Abwertungen führen, was wiederum dieImportpreise nach oben treibt (Abwertungs-Inflations-Spirale).

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sicht. Zum einen üben relativ niedrige Lohnstückkosten-zuwächse einen unmittelbar dämpfenden Effekt auf dieInflationsrate aus und erzeugen damit für sich genom-men Aufwertungserwartungen. Zum Zweiten beeinflus-sen sie mittelbar auch das Zinsdifferential. So wird diewirtschaftliche Entwicklung durch die Lohnentwicklungbeeinflusst. Gelingt es einen stabilen Aufholprozess zuinitiieren, dürfte sich auf Grund dann durch Rentabilitäts-erwartungen gespeisten stärkeren Nachfrage nachGeldkapital in diesem Land auch ein relativ höherer (rea-ler) Zinssatz einstellen und sich damit die Aufwertungs-tendenz verstärken. Der wichtige Punkt bleibt, dass einUmkippen der Aufwertungs- in Abwertungserwartungen— wegen der Befürchtung nicht stabilitätsorientierterLohnpolitik — vermieden wird.

Von wesentlicher Bedeutung für den Prozess nachho-lender Entwicklung ist dabei allerdings auch die Ausge-staltung der Produktivitätsentwicklung. Das soll kurz an-hand einer Abbildung erläutert werden, wobei auf dasKeynes’sche Konzept der Grenzleistungsfähigkeit desKapitals (also der Investitionsertragserwartung) zurück-gegriffen wird, die auch Vorstellungen über die Entwick-lung der Produktivität abbildet.

Die Abbildung 1 zeigt für den Zwei-Länder-Fall beiidentischer Kurve der Grenzleistungsfähigkeit (GLF1),dass es auf Grund der Bedingung in Gleichung (1) bei un-terschiedlichen gleichgewichtigen Zinssätze (i1 und i2) zuunterschiedlichen Investitionsvolumina (I1 und I2) kommt.Es werden die Punkten A im Land 2 und B im Land 1 rea-lisiert. Eine Verringerung des gleichgewichtigen Zinssat-zes — ermöglicht durch die oben geschilderte Strate-

gie — erlaubt in dieser Darstellung ein höheres gleich-gewichtiges Investitionsvolumen, d. h. A nähert sich B an.

Die Unterstellung einer identischen Kurve der Grenz-leistungsfähigkeit ist jedoch nicht zwingend notwendig.Im Allgemeinen wird von einer höheren Grenzleistungfä-higkeit im entwickelteren Land ausgegangen, sie kannjedoch auch für ein Land nicht ausgeschlossen werden,das zunächst einen Rückstand in der Entwicklung derpro Kopf Einkommen und eine schwache Währung auf-weist.29 Die Kurve der Grenzleistungsfähigkeit wäredann für dieses Land die in der Abbildung 1 mit GLF2 be-zeichnete. Im dargestellten Fall würde der höhere Zins-satz durch höhere Absatz- und Ertragserwartungen ge-nau ausgeglichen. In der Abbildung 1 wurde dies denPunkten B und C entsprechen.30 Mittelfristig würde einsolches Land seine anfänglich schwächere Position ver-bessern und einen nachholenden Entwicklungsweg ein-schlagen können.

2 .3 Imp l ika t ionen e iner Währungsun ion

Eine Währungsunion führt zu einer fundamentalenÄnderung der Beziehungen (1) bis (6). Dabei entfällt alsErstes oder bereits im Vorfeld der Währungsunion jeneRisikoprämie, die die Volatilität der Wechselkursentwick-lung bzw. wie im Falle vieler Entwicklungsländer die Er-fahrung mehrerer Fehlschläge bei der Einführung vonStabilitätsprogrammen in der Vergangenheit widerspie-

29 Siehe Schelkle (1990).30 Und es gilt dann ∆ ∆$ $π π2 1≥ .

Abbildung 1

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gelte, es ist also 0=θ . Dies bedeutet, dass bereits imVorfeld der Währungsunion mit zum Teil deutlichen Zins-senkungen in jenen Ländern zu rechnen ist, deren Wäh-rungen in der Vergangenheit immer wieder unter Abwer-tungsverdacht standen. Schon die glaubwürdige Ankün-digung einer Währungsunion führt dazu, dass dieErwartungen auf jenen Kurs ausgerichtet sind, der alsUmstellungskurs für die Währungsunion gewählt wird.Um diese Erwartungen zu stabilisieren, wurden die ent-sprechenden Werte für die EWU Länder bereits frühzei-tig angekündigt. Mit Beginn der Währungsunion entstehtdann einheitlicher Kapitalmarkt, so das auch keine Zins-differenzen mehr auftreten dürften. Hieraus ergibt sichüber (3) die zwangsläufige Schlussfolgerung, dass sichauch die Inflationsdifferentiale aufheben müssen.31 Esgilt also das „law of one price“ sowohl für den Zinssatzwie für das Preisniveau. Damit sinken einerseits dieSpielräume nationaler Wirtschaftspolitik im Sinne einer„Unterbewertungsstrategie“, andererseits werden Stabi-lität und niedrige Zinsen vom Hartwährungsland quasiimportiert. Dies war eine der entscheidenden Begrün-dungen für die EWU-Beteiligung vieler Länder.

Trotz eines einheitlichen Währungsraums kann esaber unter den gemachten Annahmen zu unterschiedli-chen Investitionsdynamiken kommen, und zwar dann,wenn unterschiedliche Ertragserwartungen zu unter-schiedlichen Kurven der Grenzleistungsfähigkeit führen.Dies verdeutlicht wieder die Abbildung 1 — bei einheitli-chem Zinssatz, beispielsweise i2, werden bei unter-schiedlichen Kurven der Grenzleistungsfähigkeit diePunkte A und C realisiert. Eine unterschiedliche Grenz-leistungsfähigkeit des Kapitals kann nunmehr nicht mehrdurch eine schwächere Währung in ihren Auswirkungengedämpft werden. Sie kann in vollem Umfang für einenachholende Entwicklung genutzt werden.

Die zwangsläufige Konvergenz der Inflationsentwick-lung, also für viele Länder der Stabilitätsimport, birgt aberauch Gefahren. So ist die Art der Preisniveauangleichungeine der wesentlichen Quellen für die Probleme, diedurch die Währungsunion in Deutschland aufgetretensind, während sie auf europäischer Ebene in dieser Artvermieden wurden. Der einheitliche Preis im Währungs-gebiet der hier betrachteten zwei Länder ergibt sich all-gemein als:32

p ep1 2= (7)

Im Fall der europäischen Währungsunion wurden dieUmstellungskurse anhand der Notierungen auf den De-visenmärkten im Vorfeld der Währungsunion festgelegt.Sie spiegelten also einen marktnahen Kurs wider. Im Fallvon Deutschland, wo die DDR ja dem westdeutschenWährungsgebiet beitrat, gab es nur den Umstellungs-kurs der Mark der DDR zur D- Mark, der unabhängig vonden inoffiziellen Umtauschkursen war. Es wurden zudemverschiedene Kurse für die Vermögensgrößen und die

laufenden Transaktionen festgelegt — wenngleich beideKurse meilenweit von einer marktnahen Bewertung wa-ren.33

Wie wichtig die richtige Wahl des Umstellungskursesist, lässt sich anhand von (4) verdeutlichen. Wenn (7) gilt,dann folgt aus (4):

γπ

γπ1

1

12

2

2

we

w= (8)

Mit anderen Worten der Umstellungskurs ist eine Mög-lichkeit, sicherzustellen, dass am Beginn der Währungs-union mit den herrschenden Lohnniveaus und der Pro-duktivität bei gegebener Technologie die preisliche Wett-bewerbsfähigkeit erhalten bleibt. Durch Verwendung dersich seit längerem eingependelt habenden Marktkursebei der EWU sollte genau dies erreicht werden, da erwar-tet wurde, dass keines der beteiligten Länder dann untergravierenden Wettbewerbsproblemen zu leiden hätte.Ansonsten hätte es im Vorfeld — wegen der nachzuwei-senden Stabilität der Wechselkurse — schon größere Un-gleichgewichte in der Leistungsbilanz geben müssen.

Bei der deutschen Währungsunion spielten dieseÜberlegungen allerdings nur eine untergeordnete Rolle.Hier wurde allein nach politischen Überlegungen ent-schieden. Die Art und Weise, wie die deutsche Wieder-vereinigung realisiert wurde, führte bei kurzfristig gege-bener Produktivität zu einer enormen realen Aufwertungauf dem Gebiet der ehemaligen DDR.34

3. Spanien und die europäische Währungsunion

Im Folgenden soll Spanien als ein Beispiel für ein er-folgreiche Integration in die EWU betrachtet werden. Esist in mehrfacher Hinsicht als Referenz gut geeignet: Zumeinen weist Spanien, eines der Länder mit den niedrig-sten Pro-Kopf-Einkommen zum Zeitpunkt des Beitritts zurEU, in den letzten Jahren mit die höchsten Zuwachsratendes Bruttoinlandsprodukt unter den EWU–Ländern auf,gleicht sich also im Hinblick auf das Pro-Kopf-Einkom-men an die großen Länder Deutschland und Frankreichan. Zum Zweiten liegen für Spanien konsistente VGRDaten für einen längeren Zeitraum vor, die einen Ver-gleich mit Ostdeutschland zulassen.

Die spanische Volkswirtschaft wies vor dem EU Beitrittund insbesondere bevor sie in das europäische Wäh-rungssystem eintrat, im Vergleich zu Deutschland sehr

31 Differenzen bleiben nur insofern bestehen als es nicht han-delbare Güter gibt.

32 Dabei ist die DDR mit Land 2 bezeichnet.33 Für Geldvermögen über DM 2000 war der Kurs 1:2. Für klei-

nere Vermögen und die laufenden Transaktionen 1:1. Siehe zueinem marktnahen Umrechnungskurs Pohl (1995).

34 Siehe Flassbeck (1995) und Pohl (1995).

170 Wochenbericht des DIW 8/99

hohe Inflationsraten auf. Diese wurden bis zum Beginn derEWU, Anfang 1999, deutlich zurückgeführt (Abbildung 2).Dies war auch notwendig, um die Stabilitätskriterien desVertrages von Maastricht zu erfüllen, und es war auch sinn-voll, weil die spanischen Unternehmen anderenfalls sehrschnell ihre preisliche Konkurrenzfähigkeit gegenüberden übrigen europäischen Anbietern verloren hätten.

Entsprechend dem im vorigen Kapitel dargestelltenModell mussten somit zwei Voraussetzungen erfüllt wer-den, um auf dem Weg zur Währungsunion SpaniensWettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Zum einen war es not-wendig, dass die Lohnentwicklung die Bemühungen umeine Rückführung der Inflation stützte. Und zum Zweitenwaren, solange die Inflationsraten über dem des euro-päischen Durchschnitts lagen, immer wieder Abwertun-gen der Peseta erforderlich, um die Konvergenz gleich-sam abzufedern.

So hat es denn auch zwischen 1980 und 1999, demBeginn der Währungsunion, mehrfach deutliche Abwer-tungen der spanischen Währung gegeben. Besondersmarkant fielen sie 1983 mit fast 20 % und 1993 mit gut12 % im Jahresdurchschnitt aus. In einzelnen Quartalenüberstieg die Abwertung im Vorjahrsvergleich 1983 so-gar die 20 % Marke und lag 1993 immerhin bei etwa

17 %. Zwischen diesen Abwertungen war der Wechsel-kurs der Peseta relativ stabil, zeitweise (1988/89) werte-te sie sogar auf. Es handelt sich also nicht um einen stän-digen Abwertungsprozess.

Entscheidend war jedoch, dass diese Abwertungenzumindest auf längere Sicht von einem Lohnbildungs-prozess begleitet wurde, der glaubwürdig auf niedrige-re Inflationsraten hinauslief. Bereits von 1980 bis Mitteder achtziger Jahre zeigte sich eine deutliche Reduzie-rung der Lohnzuwächse in Relation zur Produktivität:Die entsprechenden Zuwachsraten der Lohnstückko-sten sanken von gut 10 % auf gut 5 % ab. (Abbildung 3)Dies zeigt, dass sich der Lohndruck in Spanien in die-sem Zeitraum spürbar verringert hatte. Gleichwohl la-gen sie immer noch merklich über dem europäischenDurchschnitt vor allem der (west-)deutschen Entwick-lung. Insofern wäre in diesem Zeitraum die Integrationin einen europäischen Markt noch unweigerlich mit ei-nem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit verbunden ge-wesen. Dies wurde offenkundig auch auf den Devisen-märkten so gesehen. Dies schlug sich dann in derWährung auch in der drastischen Abwertung der spani-sche Pesete 1983 nieder. Nur in Kombination mit die-ser Abwertung blieb die Konkurrenzfähigkeit der spani-

-10,0

-5,0

0,0

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15,0

20,0

25,0

Wechselkursänderunggegenüber Vorjahr

Inflation

kurzfristige Zinsen

%

Abbildung 2

Kurzfristige Zinsen, Inflation und Wechselkursänderung in Spanien1980 bis 1999

Quellen: OECD; Berechnungen des DIW.

Wochenbericht des DIW 8/99 171

schen Firmen in der ersten Hälfte der achtziger Jahreim Euroraum erhalten (Abbildung 4).

Auf Dauer erwies sich die deutliche Abwertung nichteinmal als ausreichend. Denn gegen Ende der achtzigerJahre beschleunigte sich der Lohndruck wieder merklichin Richtung 10 % und die Lohnstückkostenentwicklungentfernte sich damit wieder vom europäischen Niveau.Die Folge war eine weitere kräftige Abwertung 1993,wodurch die Konkurrenzfähigkeit der spanischen Indu-strie wieder hergestellt wurde. Erst seither war die Lohn-entwicklung so moderat, dass die Konkurrenzfähigkeitspanischer Produkte auf dem europäischen Markt auchohne weitere Abwertung gewährleistet war. Der Kurs derPesete, der sich nach dieser Abwertung ergab, ging biszum Eintritt in die Währungsunion nur noch unwesentlichzurück.

Diese Entwicklung zeigt, dass die monetäre und realeIntegration einer Volkswirtschaft, die in ihrer Entwicklunganfänglich signifikant hinter dem zukünftigen gemeinsa-men Währungsraum zurückgeblieben war, ein langwie-riger Prozess ist, und mitnichten im ersten Anlauf zumErfolg führen muss. Der wesentliche Grund hierfür ist,dass eine Moderation der Lohnentwicklung nicht einfachist. Eine wichtige Voraussetzung für einen möglichst frik-

tionslosen Beitritt zu einem Währungsgebiet ist, — folgtman dem oben vorgestellten Modell — dass die Nomi-nallohnentwicklung im Beitrittsland die Produktivitätszu-wächse höchstens in gleicher Weise ausschöpft wie imübrigen Währungsgebiet und das die Umrechnungskur-se letztlich stimmen. Folgt die Lohnentwicklung in einemLand, weil es dort, wie beispielsweise in Italien bis An-fang der neunziger Jahre und eben auch Spanien, expli-zite oder implizite Indexierungsregeln im Hinblick auf ei-nen Inflationsausgleich gibt, einem deutlich höherenPfad, sind fundamentale institutionelle Änderungen er-forderlich, um die Beitrittsvoraussetzungen zu schaffen.

Dies betrifft zunächst und vor allem die Lohnfindungs-institutionen, die sich diese Regeländerung zu Eigenmachen müssen. Mikröokonomisch bestehen hierfürkaum Anreize, da jeder einzelne Reallohnverluste be-fürchten muss, wenn sich andere nicht an die neuenRegeln halten. Einfacher ist eine solche Änderung ge-samtwirtschaftlich zu entscheiden, da in diesem Fall —gesetzt es halten sich alle an die neuen Regeln — zu er-warten ist, dass die Inflationsraten zurückgehen und sichfolglich die Reallohnverluste in Grenzen halten. Ent-scheidend für die Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeiteines solchen Prozesses ist das Verhalten der Zentral-

Abbildung 3

Lohnstückkosten in der Landeswährung1980 bis 1999

Veränderung in % gegenüber Vorjahr

Quellen: OECD; Berechnungen des DIW.

-10,0

-5,0

0,0

5,0

10,0

15,0

Spanien

Euroraum

Westdeutschland

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bank. Sie muss ihre Politik glaubwürdig auf das neueniedrigere Inflationsziel ausrichten. Dies bedeutet, dassder Weg zur Konvergenz mit der Drohung einer restrikti-ven Geldpolitik verbunden ist. Je eher und je deutlichersich aber der Lohnbildungsprozess an den Erfordernis-se der Integration ausrichtet, desto mehr kann die Geld-politik ihren Kurs lockern. Dieser Prozess der Integrationhat in Spanien über ein Jahrzehnt gedauert.

4. Ostdeutschland und die deutscheWährungsunion

Der dramatische Einbruch von Produktion und Be-schäftigung in Ostdeutschlands wird oftmals vor allemauf die marode Strukturen in Folge der Planwirtschaftzurückgeführt. Die Währungsunion habe somit lediglichfundamentalen Strukturprobleme offen gelegt. Indeszeigt ein Vergleich mit den mittel- und osteuropäischenTransformationsländern, dass der Kollaps der Wirt-schaft in Ostdeutschland deutlich ausgeprägter war alsin den anderen Transformationsländern,35 obwohl mitdem Beitritt zur Bundesrepublik gleichsam über Nachtviel günstigere institutionelle Rahmenbedingungen wieeine stabile Geldordnung und ein funktionierendes

Rechtssystem erworben wurden sowie. Zudem wäreeine Anschubfinanzierung der Wirtschaftsentwicklungdurch den Anspruch auf massive Transfers möglich ge-wesen. Dies ist jedoch nur eine Seite der Geschichte.Für den freien Fall der ostdeutschen Wirtschaft unmit-telbar nach der Währungsunion und das nur mühsameAufholen gibt es aber zwei andere wichtige Gründe. Siesind in den makroökonomischen Rahmenbedingungenzu finden, die im Umfeld der Währungsunion geschaf-fen wurden: Die Einführung der D-Mark zu einem starküberbewerteten Kurs und die extremen Lohnstei-gerungen. Beides verhinderte eine Aufholen analog zuden in Kapitel 2 angestellten Überlegungen. Warumein derartiger Weg eingeschlagen wurde und welcheFolgen damit verbunden waren, soll im Folgenden nä-her erläutert werden.

Trotz Warnungen vieler Experten entschied sich dieBundesregierung im Frühjahr 1990, den Umtauschkurszwischen Mark der DDR und D-Mark für die Bewertungvon Stromgrößen, insbesondere Löhne und Preise, auf1:1 und für Bestandsgrößen, insbesondere die Verschul-

35 Siehe Blanchard (1997).

Abbildung 4

Lohnstückkosten in Euro1980 bis 1999

Veränderung in % gegenüber Vorjahr

Quellen: OECD; Berechnungen des DIW.

-10,0

-5,0

0,0

5,0

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Spanien

Euroraum

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dung der Betriebe, auf 2:1 festzusetzen. Auf den erstenBlick schien dieser Umtauschkurs durch ökonomischeFakten gerechtfertigt. Schätzungen zu Folge betrug dasProduktivitätsgefälle der DDR Wirtschaft gegenüber derBundesrepublik etwa 70 %.36 Bei einem Gefälle derDurchschnittslöhne von ebenfalls 70 % wären die Lohn-stückkosten in etwa gleich gewesen — vorausgesetzt dieProdukte beider Länder sind in gleichem Maße „welt-marktfähig“. Allerdings basierten die Schätzungen derProduktivität der DDR-Wirtschaft auf einer völligen Fehl-einschätzung der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft in derDDR unter marktwirtschaftlichen Bedingungen. Internrechnete die Administration in der DDR dann auch miteinem ganz anderen Austauschverhältnis. So betrug derso genannte „Richtungskoeffizient“,37 der angibt wie vie-le Mark der DDR bei der Produktion an Kosten entstan-den, um im Handel mit der Bundesrepublik 1 D-Mark zuerwirtschaften, 1:4,4. Gemessen daran entsprach eineUmtauschrelation von 1:1 einer Aufwertung der Produ-zentenpreise um rund 400 %.38 Zugleich stieg mit derÖffnung der Grenzen die Nachfrage nach westlichenProdukten sprunghaft an.

Die Einführung der D-Mark in der DDR zum 1. Juli1990 zu diesem Umtauschkurs und der damit verbun-denen Aufwertung führte im Wirtschaftsraum Ost-deutschland zu einem in der modernen Wirtschaftsge-schichte beispiellosen wirtschaftlichen Zusammen-bruch. Die gesamtwirtschaftliche Produktion ginginnerhalb des ersten Jahres um rund 30 % und die In-dustrieproduktion sogar um 50 % zurück. Diesem Ein-bruch der Produktion folgte mit einer geringen Verzöge-rung der Kollaps des Arbeitsmarktes. Von 1990 bis1992 stieg die Erwerbslosigkeit im Osten Deutschlandsvon nahe Null auf fast ein Drittel der Erwerbspersonen.Von ursprünglich knapp 10 Millionen Arbeitsplätzen derfrüheren DDR-Wirtschaft blieben kaum 6,5 Millionenübrig. Allerdings mündete nur ein gutes Drittel des Be-schäftigungsrückgangs in offene Arbeitslosigkeit. Etwaeine Millionen Menschen fanden eine neue Beschäf-tigung im Westen Deutschlands, entweder als Pendleroder als Übersiedler. Weitere 900 Tausend Menschenwurden von Umschulungs- und Arbeitsbeschaffungs-maßnahmen aufgefangen oder schieden im Rahmengroßzügiger Vorruhestandsregelungen vollständig ausdem Arbeitsmarkt aus. Ein Anstieg der offiziellen Ar-beitslosenquote auf Werte, die dem Höhepunkt der Er-werbslosigkeit in Deutschland während der Weltwirt-schaftskrise der frühen 30er Jahre entspricht, wurdefolglich nur durch Wanderungsbewegungen und insbe-sondere aber durch den massiven Einsatz von Mittelnder aktiven Arbeitsmarktpolitik verhindert.

Durch die Wahl des Umtauschkurses wurde folglichdie Möglichkeit vergeben bei dem herrschenden Lohn-niveau und der gegebenen Technologie die preislicheWettbewerbsfähigkeit herzustellen. Um dennoch die Er-

tragserwartungen für eine ausreichend hohe Investiti-onsdynamik herzustellen, hätte es bei diesen Rahmen-bedingungen einer Lohnpolitik erfordert die, der Produk-tivität nachgefolgt wäre, um so die Angleichung derLohnstückkostenniveaus zu ermöglichen. Jedoch wurdeauch dieser Weg nicht eingeschlagen. Von Anfang 1990bis Mitte 1991 verdoppelten sich vielmehr die Reallöhnein den neuen Bundesländern, während die Produktivitätsich nicht erhöhte. Die Lohnstückkosten nahmen vom 2.Quartal 1990 bis Mitte 1992 um 150 % zu und verbliebenbis Ende 1998 auf diesen Niveau (Abbildung 5). Die Wett-bewerbsnachteile, die sich durch die Wahl des Um-tauschkurses ergaben, wurde in der Folgezeit durchLohnpolitik somit noch verstärkt.

Was war dafür verantwortlich? In Ostdeutschland ha-ben die Lohnverhandlungen von Anfang an gezeigt,dass für die Lohnfindung nicht die Entwicklung der Prei-se und der Produktivität relevant ist, sondern als ent-scheidende Determinante der Lohnentwicklung das„Lohnniveau-West“ Eingang in die Tarifverhandlungengefunden hat. Nicht zuletzt mit Blick auf die Abwande-rung von Humankapital wurden die Ergebnisse der Tarif-verhandlungen gerechtfertigt. Mit diesem Argument, so-wie mit dem Hinweis auf die ökonomische Gesetzmäßig-keit, dass auf einem einheitlichen Markt nur eineinheitlicher Preis möglich ist, wurden die Tarifanhebun-gen von rund 30 % im 2. Halbjahr 1990 und etwa 60 % in1991 begründet.

Für diese Entwicklung wurde vielfach das westdeut-sche Lohnverhandlungsmodell herangezogen. DieLohnexplosion der ersten Monate nach der Einführungder D-Mark beruhten jedoch zumeist auf Tarifverträgen,die noch unter dem alten Regime abgeschlossen wor-den waren.39 An den ersten Tarifverhandlungen in Ost-deutschland nahmen zwar Gewerkschaften und Arbeit-geberverbände teil, durch die Zusammensetzung derArbeitgeberseite war jedoch eine echte Vertretung desostdeutschen Kapitals nicht gewährleistet. Die Ver-handlungsdelegationen der Arbeitgeber setzten sich imWesentlichen aus — westdeutschen — Verbandsfunk-tionären und aus — angestellten — Managern der ost-deutschen Unternehmen zusammen. Die eine Gruppehatte vor allem das Wohlergehen der westdeutschenUnternehmen im Auge, die an einer zusätzlichen Kon-kurrenz im preislichen Wettbewerb nicht interessiert

36 Siehe Deutscher Bundestag (1987).37 Siehe Scheremet/Zwiener (1996), 148.38 Für einen Überblick über die wirtschaftlichen Aspekte der

deutschen Vereinigung siehe Akerlof/Rose/Yellen/Hessenuis(1991); Sinn/Sinn (1991); Flassbeck/Scheremet (1992) sowieFlassbeck/Horn (1996).

39 Die folgende Darstellung stützt sich insbesondere auf Sche-remet (1996).

174 Wochenbericht des DIW 8/99

war. Die andere Gruppe trat kräftigen Lohnerhöhungennicht entgegen, da ihre eigenen Einkommen von denErgebnissen der Lohnverhandlungen abhingen. Umdie Kausalität noch einmal zu verdeutlichen: Weil es inder DDR keine „Kapitalisten“ gab, konnte das Interessedes ostdeutschen Kapitals nicht wirksam vertreten wer-den.

Die einzige Institution, der diese Aufgabe auf Grundder Eigentumsstruktur in Ostdeutschland hätte zufallenkönnen, nämlich der Treuhandanstalt, nahm an den Ta-rifverhandlungen aber nicht teil. Dies lag einerseits imSelbstverständnis der Treuhandanstalt begründet. Siesah sich selbst — und darin bestärkt durch die Politik —nicht als Interessenvertretung des Kapitals, sondernvielmehr als Teil des Staates. Der Staat darf sich aber —so die Argumentation — gemäß dem Verfassungs-grundsatz der Tarifautonomie nicht an Tarifverhandlun-gen beteiligen. Ein weiterer Grund für die Abstinenz derTreuhandanstalt lag in der deutschen Regelung derKonzernhaftung. Auf einen einfachen Nenner gebracht,besagt diese Regelung, dass eine beherrschende Mut-tergesellschaft in einem Konzern, im Fall des Konkur-ses einer Tochtergesellschaft für deren entstandenen

Verbindlichkeiten haften muss. Es war jedoch im Jahr1991 rechtlich nicht eindeutig geklärt, ob es sich im Fal-le der Treuhandanstalt um die Muttergesellschaft einesKonzerns handelt. Die Treuhandanstalt wollte deshalbvon Anfang an den Eindruck an vermeiden, sie agiereals direkte Vertreterin der in der Treuhandanstalt zusam-mengeschlossenen Unternehmen, um bei Konkursver-fahren nicht für Verbindlichkeiten der Unternehmen ver-antwortlich zu sein. Aus dieser Sicht war das Verhaltender Treuhandanstalt die logische Folge der Interpretati-on ihrer rechtlichen Stellung. Für die Tarifverhandlun-gen hatte dies aber erhebliche Konsequenzen. Zudemkam die Treuhandanstalt und damit der Bundeshaus-halt für die durch hohe Lohnzuwächse entstehendenVerluste noch nicht privatisierter Unternehmen auf. DieLohnexplosion ebbte erst mit der Privatisierung ab,denn erstens verhandelten nun auf der Arbeitge-berseite zunehmend Eigentümer, denen Gewinn-einbußen durch überhöhte Lohnabschlüsse entstan-den. Zudem wandten sich viele Arbeitgeber von den Ta-rifverbänden ab und bezahlten Löhne und Gehälter,die in der Regel unter den tariflich vereinbarten Sätzenlagen. Seit Abschluss der Privatisierung blieben die

Abbildung 5

Lohnstückkosten1) in OstdeutschlandIndex, 2. Quartal 1990 = 100

Lohnkosten (Bruttoeinkommen aus unselbstständiger Arbeit je Arbeitnehmer) in Relation zur Produktivität (reales Bruttoinlands-produkt je Erwerbstätigen).

Quelle: ESVG 79, Berechnungen des DIW.

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Lohnzuwächse dann auch hinter dem Produktivitäts-fortschritt zurück. Indes lag der Anteil der Gewinneam Bruttoinlandsprodukt auch 1996 mit 30 % nochdeutlich unter den rund 50 % im Westen Deutsch-lands.40

Das wichtigste politische Ziel der Politik unmittelbarnach der Vereinigung war die möglichst schnelle Anglei-chung der Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutsch-land. Es gab darüber hinaus einen gesellschaftlichenKonsens, dass dies weitgehend über eine rasche An-gleichung der Löhne in Ostdeutschland an das west-deutsche Niveau geschehen sollte. Die Tarifverhand-lungen fanden zudem in einem optimistischen Klimastatt. Es wurde allgemein erwartet, dass die ostdeutscheWirtschaft vergleichsweise rasch entlang des westdeut-schen Modells aufgebaut würde, getragen von massivenZuflüssen privater und öffentlicher Investitionen. Einwichtiger Aspekt im Umfeld der Lohnverhandlungen un-mittelbar nach der Währungsunion war, dass nach demBeitritt zur Bundesrepublik die Arbeitslosenunterstüt-zung, wie in Westdeutschlands, an das Lohnniveau ge-koppelt wurde. Dadurch konnte das verfügbare Einkom-men auch nach einer Entlassung zunehmen, solange dieLohnzuwächse entsprechend hoch waren. Die volkswirt-schaftlichen Kosten einer verfehlten Lohnpolitik wurdendamit externalisiert. Der disziplinierende Effekt drohen-der Einkommensverluste bei steigernder Arbeitslosigkeitging damit verloren.

Es gab folglich in Ostdeutschland keine politische,gesellschaftliche und wirtschaftliche Gruppe, die derschnellen Angleichung der Löhne etwas entgegenge-setzt hätte. Das wichtigste Prinzip des deutschen Lohn-findungsprozesses, dass nämlich zwei etwa gleichstarke Gruppen mit entgegengerichteten Interessenüber einen Kompromiss verhandeln, kam daher in Ost-deutschland nicht zum Tragen. Die Gewerkschaften, de-ren primäre Aufgabe die Verbesserung der Arbeitsbe-dingungen und Erhöhung der Einkommen der organi-sierten Arbeitnehmer ist, haben das Machtvakuum aufder Arbeitgeberseite genutzt, um hohe Einkommenszu-wächse für ihre Mitglieder durchzusetzen. Ein ord-nungspolitisches Vakuum erweist sich damit alsHauptursache der Lohnexplosion: Lohnverhandlungenohne wirtschaftliche haftende Eigentümer und ohnespürbaren Einkommensverlust durch Arbeitslosigkeit.

5. Schlussfolgerungen

Die vorgestellten Ausführungen machen deutlich. Einnachhaltiger wirtschaftlicher Aufholprozess ist an Markt-konstellationen gekoppelt, die sich in einem wettbe-werbsfähigen realen Wechselkurs messen lassen. Hohewirtschaftliche Dynamik bei interner Preisniveaustabili-tät verlangen einen marktfähigen nominalen Wechsel-kurs und lohnpolitische Disziplin. Nachholende Entwick-lung ergibt sich typischerweise im Kontext einer stabili-tätsorientierten „Unterbewertung“, d. h. einer Situation,bei der der Überschussnachfrage nach heimischen Gü-tern Aufwertungserwartungen gegenüberstehen. Solan-ge diese Situation nicht in einen Inflationsprozess mün-det, ermöglicht ein vergleichsweise niedriger Zinssatzeine hohe Investitionsdynamik. Eine solche Marktkon-stellation kann durch das glaubwürdige Versprechen ei-ner Wechselkursbindung im Vorfeld einer Währungsre-form unterstützt werden, solange dieser Wechselkurs derPosition der Wettbewerbsfähigkeit entspricht, wie Spani-ens Beispiel zeigt.

Demgegenüber zeigt die Entwicklung in Ostdeutsch-land, dass eine Marktkonstellation von krasser Überbe-wertung bei gleichzeitig massivem Anstieg der Lohn-stückkosten zu einem Verlust von Millionen Arbeitsplät-zen führen musste. Zwar wäre auch unter Bedingungeiner Währungsunion — bei einheitlichem Preis- undZinsniveau — ein Nachholprozess bei höherer Grenzlei-stungsfähigkeit des Kapitals in Ostdeutschland denkbar.Jedoch würde dies jetzt entweder eine dramatische Sen-kung der Löhne (mit stark negativen Folgen für die Bin-nennachfrage) oder eine (noch stärkere als bisher) Sub-ventionierung des ostdeutschen Kapitalbildung voraus-setzen.

Insofern bleibt das Fazit unbefriedigend. Ostdeutsch-land wird auf absehbare Zeit an den Folgen der makro-ökonomischen Konstellation in den ersten Jahren nachdes Wiedervereinigung leiden. Der Verstoß gegen öko-nomische Logik am Beginn des Vereinigungsprozessesführte zur Entstehung einer Struktur von Hochtechnolo-gieinseln bei gleichzeitig hoher Massenarbeitslosigkeit.Die bestätigt die Einsicht, dass ökonomische Grundsät-ze nicht ungestraft ignoriert werden können.

40 Siehe Lindlar/Scheremet (1998), Abschnitt 2.

176 Wochenbericht des DIW 8/99

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Summary

Double Monetary Union — Germany and Europe in the Process ofEconomic Integration: A Historical Review and a Comparison

Twice during the last ten years, political and economic decisions have subjected the economic envi-ronment in Germany to fundamental change: the economic and currency union with the GDR and theintroduction of a common currency in Europe. While the process of European unification has takenplace thus far without significant difficulties, integration within Germany is coming along only haltingly.This paper attempts to present an explanation for these contrasting processes. At its core, it is aboutthe question of whether either Europe or Germany is an optimal currency area. From this emerges thesearch for the conditions under which a currency union can be implemented without more far-reachingfrictions. For the process of European integration, precautions were taken beforehand which were de-signed to ensure the currency union’s success in terms of more growth and employment. All this wasnot the case in Germany. Thus, the question arises if and how a process of catching-up is even possi-ble under the conditions of an already-existing currency union.