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2 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
1.Was sind Educasts?
Der Begriff Educast bezieht sich auf die Nutzungvon Podcasts und anderen Audio- und Videoauf-zeichnungen in Bildungskontexten. Educasts, auchals Educational Podcasts verstandene Aufzeich-nungen, sind an pädagogischer Thematik orientierteoder in pädagogischen Kontexten entstandene Ton-und Filmmedien (Schiefner, 2009). Educasts könnenüber einen sogenannten RSS-Feed abonniert werden.Dieses nutzerorientierte Benachrichtigungssystem in-formiert über Änderungen und neue Episoden, ohnedass man diese aktiv im digitalen Netz abrufen muss.Das dem Educast zugrundeliegende Podcast ist einKunstwort aus dem Markennamen iPod, einem weitverbreiteten Audiowiedergabegerät der Firma AppleInc., und dem englischen Wort „to broadcast“ mitder Bedeutung senden oder ausstrahlen, was sich imenglischen Sprachraum auf die Tätigkeit von Rund-funkanstalten (im engl. „broadcasting agencies“) be-zieht. Diese Wortschöpfung umfasst den Grundge-danken des Ausstrahlens oder Sendens medialer In-halte mittels technologischer Publikationsmecha-nismen auf ein entferntes Wiedergabegerät.
Podcasts waren zunächst rein audiobasiert. Mit-hilfe von Erweiterungen konnten dann auch elektro-nische Folien (zum Beispiel erstellt mit PowerPoint)synchron aufgenommen und anschließend abgespielt
werden (Enhanced Podcasts). Inzwischen hat sichdazu auch das Bewegtbild in Episoden etabliert.Diese werden als „Vodcasts” (Videos als Podcasts)oder als Videoblog (auch Vlog) bezeichnet. Mit„Screencasts“ können darüber hinaus Bildschirmin-halte (Screen), zum Beispiel Software- oder Com-puterinhalte, aufgezeichnet werden.
Mit dem Blick auf andere bedeutende Bildungs-ressourcen wie Nachrichtensendungen im Internet,außerschulische Jugendprojekte bis hin zu Weiterbil-dungsinstitutionen erfahren Educasts zunehmendeAufmerksamkeit. Sie dienen als Informationsquelle,Ausdrucksmittel individuellen Lernens sowie alsLerngegenstand. Educasts werden zudem auch ge-nutzt im Kunden-Support, zum Beispiel vonSoftware-Unternehmen zur Vorstellung ihrer Soft-ware oder für die Unternehmenskommunikation undPublic Relations. Besonders aber Hochschulen undSchulen sehen im Educasting einen Mehrwert für dieUnterstützung des Lernens.
In der Praxis : Werkzeuge und Links für die Erstellung von EducastsAufnahmetechnikEs werden Audio-‐ und/oder Videoaufnahmegeräte benöCgt.Neben professionellen teuren Aufnahmegräten bieten heuteauch die oG leicht verfügbaren digitalen Alltagsgeräte ausrei-‐chende Technologie für Aufnahmen (dies erleichtert insbe-‐sondere die Anwendung von Educasts in Schulen). NebenMp3-‐Recordern, DikCergeräten, Videokameras eignen sichbeispielsweise auch die Mobiltelefone oder Mobilcomputer(Laptops, Tablets) als Aufnahmegeräte. Zur Aufnahme vonScreencasts wird nur kostenlose SoGware benöCgt. Zum Bei-‐spiel eignen sich die freie Version von Jing/Techsmith(hRp://www.jingproject.com/features/) und die Open-‐Source-‐Version von CamStudio (hRp://camstudio.org/) Schni6/BearbeitungZur Bearbeitung des aufgenommenen Ton-‐ und Bildmaterialswird SoGware benöCgt, mit der die Aufnahmen geschniRen,verändert, mit Effekten versehen und durch Sounds, Bilder,Text etc. ergänzt werden können (folgende aus PlatzgründenbeispielhaGe SoGware dient als Hilfe für einen ersten Start,es sollte aber recherchiert werden, ob nicht inzwischen leis-‐tungsfähigere freie SoGware verfügbar ist): Audioaufnahme
und -‐bearbeitung: Audacity: (hRp://audacity.sourcefor-‐ge.net/) und Videoaufnahme: Windows Movie Maker, Avi-‐demux (Linux), Cinderella (Linux). Aufnahmen, Geräte undBearbeitungsprogramme vergeben bzw. benöCgen oG spezi-‐fische Dateiformate. Wenn diese nicht kompaCbel sindwerden KonverCerungsprogramme benöCgt. Zum Beispiel:HandBrake (hRp://handbrake.fr/downloads.php), das Pro-‐gramm wandelt DVDs und Videos für den iPod und dasiPhone um. Zusätzlich kann nach MP4 und Xvid encodiertwerden oder das SUPER KonverCerungsprogramm (hRp://su-‐per.soGonic.de/), das Programm wandelt unterschiedlicheAufnahmeformate in andere um. UrheberrechteWer seine Aufnahmen mit Musik oder Bildern ergänzen willmuss sich um Urheberrechte kümmern. Ein Reihe hilfreicherLinks finden sich bei Mister Wong.de mit Hilfe der Schlag-‐worte #l3t und #educast. Freie Materialien Auch freie Musik und Bilder sind im Internet erhältlich, zumBeispiel auf den Websites von Massivetracks.net, Jamen-‐do.com und Musicralley.com.
Educasts sind Audio-‐ und/oder Videodateien, die di-‐gital zu Lern-‐ und/oder Lehrzwecken bereit gestelltwerden.
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EducasCng. Wie Podcasts in Bildungskontexten Anwendung finden — 3
2. Vorgehen bei der Erstellung von Educasts Die Realisierung von Educasts scheint einfach: Auf-nahmesoftware starten, Aufnahme starten, auf-zeichnen und kommentieren. Dann wird das Produktzusammen mit einer textbasierten Beschreibung(„Shownotes“) online gestellt und die Zielgruppewird über die Existenz des neuen Lernstoffs automa-tisch informiert. Für die erfolgreiche Erstellung vonEducasts gilt es, sich mit der Gestaltung des Inhalts,mit den gewählten Technologien und der Veröffentli-chung auseinander zu setzen. Dazu werden in derBox „In der Praxis“ auf der vorherigen Seite Tippsfür Werkzeuge und Webadressen gegeben.
Educast sind didaktische Medien, die für Lernpro-zesse genutzt werden. Somit gilt es zum einen, didak-tische Prinzipien sowohl bei der Gestaltung als auchbeim Einsatz von Educasts zu berücksichtigen. Zumanderen gilt es, das Medium Educast auf seine Wech-selwirkung von unterschiedlichen Methoden, Lernin-halten und Zielgruppen hin zu untersuchen. Educastskönnen im Lernprozess zur Wissenspräsentation indarstellender und organisierender Weise sowie zurUnterstützung personeller Kommunikation genutztwerden. Damit können sie sowohl einem instruie-renden als auch einem konstruktivistischenLehr-/Lernverständnis zugeordnet werden. Entspre-chend lassen sich dann unterschiedliche didaktischeGestaltungsmöglichkeiten entwickeln (siehe Kapitel#lerntheorie).
3. Lern-‐/LehrtheoreGsche Verortung
Die Wissensrepräsentation wird zum Beispiel beiminstruierenden Lehren durch das Aufzeichnen vonVorträgen und Vorlesungen oder Erklärungen in denVordergrund gerückt. Die Struktur der Lerninhaltekann dabei sequentiell gestaltet werden. Die Mög-lichkeit, nicht verstandene Vortragsabschnitte sankti-onslos zu wiederholen, kann dabei eine Steigerungder Motivation bei den Lernenden erwirken (Schul-meister, 2001).
Lernende können dann ihren Lernstoff frei nacheigenen Bedürfnissen oder Lernständen auswählen.Bei diesem Modell agieren die Herstellenden als Leh-rende, von denen die Rezipienten etwas lernen sollen.Den Educasts können angeleitete Übungen und Auf-gaben beigefügt werden, mit dem Ziel, durch ihre Be-arbeitung die kognitive Verarbeitung des Gelerntenzu fördern. Derartige Nutzung in instruierendenLernformen folgt dem Lernmodell des Kogniti-vismus, bei dem davon ausgegangen wird, dass Lern-prozesse durch die geleitete Aufnahme und Verar-
beitung von Wissen erfolgen: Reize werden aufge-nommen und einer kognitiven Verarbeitung und Be-wertung unterzogen.
Eine andere Variante ist die Produktion von Edu-casts nicht durch Lehrende, die instruieren, sonderndurch die Lernenden selbst und kann dem konstruk-tivistischen Lernen zugeordnet werden (Harel &Papert, 1991). Die Aufgabe, selbst einen Educast zuerstellen, fordert Lernende dazu heraus, ihr selbst an-geeignetes Wissen wiederzugeben und für die Kon-struktion eines Educasts zu strukturieren. Dazu er-stellen sie ein Drehbuch.
Diese Nutzungsform von Educasts fördert einkonstruktivistisches Lernen: Wissen wird nicht vorge-geben und gelernt, sondern muss selbst erschlossen,verarbeitet, strukturiert und transferiert werden, umin die Konstruktion eigener kognitiver Schemata zumünden. Durch die Arbeit an der Konstruktion einereigenen Darstellung des Wissens wird dieser Prozessunterstützt. Der Educast dient dann als ein zu kon-struierendes Artefakt, das als eine veräußerlichteForm der erfolgten Lern- und Denkprozesse disku-tiert werden kann. Derartige Mediennutzung fürLernprozesse wird auch als Learning-By-Designing(Kafai & Harel, 1991) bezeichnet.
Mit Bezug auf den gesamten Prozess von derPlanung, über die Produktion bis zur Distributionund dem sich danach anschließenden Diskurs um dieInformation steht der Kontext zu einer bildungstheo-retisch-subjektwissenschaftlichen Basis (Faulstich &Zeuner, 1999) oder vor konstruktivistischem Ho-rizont einer Ermöglichungsdidaktik (Arnold, 2003)denkbar wären.
4. Didak(sche Gestaltungsmöglichkeiten für den Einsatzvon Educasts Ergänzend zur idealen technischen Umsetzung vonPodcasts ist besonders ihre adäquate didaktische Ge-staltung zu beachten. Neben den oben aufgeführtenlerntheoretischen Überlegungen zum Einsatz vonEducasts gilt es, den didaktischen Zweck und denpädagogischen Kontext und das didaktische Szenariozu planen.
Educasts finden als Medienwerkzeug sowohl mit demZiel der assisCerenden VermiRlung (zur InstrukCon),als auch der Gestaltung (KonstrukCon) ihre prakCscheAnwendung.
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Skizzieren Sie Beispiele für die Nutzung von Educasts▸ als instruierendes Lernen und ▸ als konstrukCvisCsches Lernen.
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4 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
Die Planung des InhaltsAm Anfang steht die Idee, das Thema welches erlerntoder bearbeitet werden soll. Erarbeiten Sie sich mitHilfe eines Drehbuches die genauen Lerninhalte,Lernziele und Produktionswege ihres Educasts. EinDrehbuch sollte die wesentlichen didaktischen Ab-läufe umschreiben und alle notwendigen Ressourcen,wie zum Beispiel Produktionsteam, Medien und Zeit,erfassen und einbeziehen. Wichtig für die Lernmoti-vation ist es, dass der Educast notwendige curriculareBezüge aufweist. Im Weiteren müssen auch rechtlicheAspekte bei der Produktion eines Educasts beachtetwerden, zum Beispiel Urheber-, Nutzungs- und Per-sönlichkeitsrechte.
Bei der Einbindung und Erstellung von Educastssollten Erkenntnisse aus empirischen Studien be-achtet werden (zum Beispiel über den Split-At-tention-Effekt oder über Lernerfolge bei Audio- undVideo-Medien, siehe Niegemann, 2008).
Didak(sche Szenarien
Im Folgenden werden didaktische Gestaltungen vonEducasts in verschiedenen Szenarien aus Hochschule,Schule, Freizeit und Beruf vorgestellt. Beispielsweisein der Hochschullehre werden Vorlesungen immeröfter auf Video aufgezeichnet und anschließend alsEducast bereitgestellt. Studierende haben so die Mög-lichkeit, nicht verstandene Vorlesungspassagennochmal anzuhören (zum Beispiel zur Prüfungsvor-bereitung) oder verpasste Vorlesungen (zum Beispielauf Grund von Krankheit) nachzuholen. Dieses Er-gänzungsangebot wird von Studierenden sehr be-grüßt und intensiv wahrgenommen, da es einenhohen Nutzen für das Lernen bietet.
Zentrale Podcast-Portale, beispielsweise an Uni-versitäten sind ideale Orte im Internet, um außerhalbvon Lernveranstaltungen und Arbeitsgruppen dasSelbstlernen zu unterstützen und zu fördern. Dabeisind Podcast-Portale nicht nur zentrale Anlaufstellenfür fachübergreifende Lernmaterialien, sie unter-
stützen zugleich zum Beispiel einen hochschulüber-greifenden Informationsaustausch in Forschung undLehre.
Gebündelt nach Fachbereichen, zentralen Einrich-tungen und Themen werden durch zentrale Podcast-Portale zunehmend Beiträge aus Forschung undLehre abrufbar und durch RSS-Feeds abonnierbarsein. Folgende Aspekte unterstreichen das innovativePotenzial: ▸ Verbesserung des Zugangs zu den Podcasts, ▸ Unterstützung der individuellen Informationsag-
gregation, ▸ nationaler und internationaler Wissenstransfer und
Wissenstransparenz, ▸ Vernetzung mit der Fachcommunity und anderen
Institutionen, ▸ Förderung des Online-Wissenschaftsjournalismus
und▸ Erhöhung der Marketingeffekte.
Screencasts werden meist zur anschaulichen In-struktion benutzt (zum Beispiel Softwareschulungen).Sie können aber auch zur Präsentation von Arbeits-ergebnissen in Veranstaltungen genutzt werden.Lernende, die ihre Ergebnisse präsentieren wollen,erstellen mithilfe eines Screencasts ihre Präsentation(beispielsweise Arbeitsergebnisse einer Projektarbeit)und stellen diese zum Herunterladen bereit. Dazusammeln sie in (durchaus auch verschiedenen) Com-putermedien visualisierte Darstellungen ihrer Ergeb-nisse (zum Beispiel Fotos, Webseiten, Präsentations-folien, Darstellungen in Textverarbeitungsseiten oderTabellenkalkulationen) und erstellen ein Drehbuchfür ihre Präsentation, die sie dann so durchführen,indem sie dazu zu einem imaginären Publikumsprechen. Das Publikum ruft die Präsentation onlineab. Lernende entwickeln dabei häufig mehr Ehrgeizals bei einer Präsenzpräsentation, da sie die Auf-zeichnung wiederholen können (Zorn, 2010).
Podcasts erlauben es Studierenden, Interviewsmit Wissenschaftlerinnen oder mit Praxisexpertendurchzuführen, szenische Dialoge zu entwickeln undaufzuzeichnen, eigene Features zu recherchieren undzu entwickeln. Damit kann Studierenden ein realisti-
Leifragen zur Erstellung des Drehbuches ▸ Welche Zielgruppe möchte ich erreichen?▸ Welche Lernziele sollen erreicht werden?▸ Welches technische Educast-‐Format (zum BeispielAudiocast, Screencast) soll zum Einsatz kommen? ▸ Welche Ressourcen (technisch, personell) sindvorhanden? ▸ Wie kann ich das InformaConsmaterial auf dasWesentliche eingrenzen, strukturieren? ▸ Wie gestalte ich die Lerninhalte? ▸ Wie sichere und fördere ich die MoCvaCon (Reka-‐pitulieren, Feedback)?
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Ein Beispiel für den innovaCven Medieneinsatz in For-‐schung und Lehre ist das zentrale Podcast-‐Portal derBergischen Universität Wuppertal (hRp://podcast.uni-‐wuppertal.de/). Das als “Work in Progress” zu verste-‐hende Portal wird stets weiterentwickelt. Ein weiteresBeispiel findet sich bei der Universität Graz(hRp://gams.uni-‐graz.at/pug).
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EducasCng. Wie Podcasts in Bildungskontexten Anwendung finden — 5
scher Erfahrungsraum möglich werden. Dies umfasstebenso die Ausformulierung einer Idee/Konzeption,wie deren Umsetzung. Ein derartiges Praxisprojektstellt Studierenden sicher, dass über einen langenZeitraum ihre Arbeitsergebnisse öffentlich zugänglichsind und trägt somit dem Gedanken des Lernport-folios Rechnung.
5. Projekte und Beispiele
Die AG-Podcasting begann explorativ 2005 Poten-tiale des Podcasting zu ergründen: ▸ Gestalten eigener thematischer Beiträge für den
Podcast: „Bildung im Dialog” (Medienbildung,Medienkompetenz).
▸ Im Selbstverständnis als Podcast-Service-Agentursteht unter dem Ansinnen innerhalb universitärerLehre weitere Lernangebote zu bieten. Die Crewberät und unterstützt andere Kommilitonen, dieeine Seminararbeit in Form eines Educasts ge-stalten möchten (Handlungskompetenz).
▸ Die Studierenden werden als Multiplikatoren amCampus und darüber hinaus angefragt. Dort ent-stehende Episoden eventdokumentierenden Cha-rakters fließen in den Podcast ein (Handlungskom-petenz, Netzwerkarbeit).
Die Macher des Kaffeepod der Universität Augsburgverfolgen mit ihrem Podcast-Konzept inhaltlich eineEinführung in die Welt der Universität informellenCharakters. Zielgruppe sind Studierende und Stu-dieninteressierte. Die Inhalte entstehen innerhalb vonSeminaren des Studiengangs “Medien und Kommu-nikation” der Universität Augsburg.
Der Podcast Bildungstalk strebt in seiner Wir-kung einerseits nach der Distribution lehrveranstal-tungsergänzender Themen wie auch dem Ermög-lichen des Kompetenzerwerbs für Studierende ausmedienpädagogischer und medienpraktischer Sicht.
In der Schule stehen die projektbezogenen Pod-cast-Produktionen durch die Schüler und Schüle-rinnen im Vordergrund (mehr unter Schulpodcas-ting.info). Neben internen Schulprojekten (z.B. Pod-casts im Fremdsprachenunterricht, Podcasts alsSchulradio) gibt es auch Podcast als Lernbrücken zuanderen Schulen. Wichtig ist zu beachten, dass beiminderjährigen Schülern die Verantwortlichkeit fürdie Inhalte im Podcast beim Lehrenden bzw. bei derSchulleitung liegt. Daneben ist es wichtig, bei derVerwendung von personenbezogenen Daten wieFotos und Namen von Minderjährigen die Erlaubnisder Eltern einzuholen.
In der außerschulischen Jugendbildung produ-zieren Jugendliche Podcasts zu selbstgewählten
Themen. Sie entwickeln dazu Interviews oder Mei-nungsbeiträge über Mode, Schule, Berufswahl, Musik,ihren Stadtteil, ihren Jugendtreff und weiteres. Dieserfolgt oft auch in Kooperation mit OffenenKanälen, die die Audioprodukte als Radiosendungenausstrahlen. Sie erreichen mit dieser Vermitt-lungsform ihrer Sichtweisen ein größeres Publikum,als wenn sie ihre Sichtweisen nur im Freundeskreisdiskutieren. Entsprechend der Ziele der Medienpäd-agogik tragen solche Projekte zur Erweiterung vonHandlungsoptionen und gesellschaftlicher Partizi-pation bei und fördern die Medienkompetenz.
Das Projekt VideoLern adressiert schließlich dieHochschullehre, konnte aber auch schon in der be-ruflichen Bildung erfolgreich eingesetzt werden. Diedahinterstehende Idee ist einfach: Der Lehrendezeichnet seinen Vortrag auf und produziert so einenEducast. Die Lernenden kommen in einen Compu-terraum und schauen sich dann den Educast inZweier- bis Dreiergruppen an und beantworten dabeiÜbungsaufgaben, die einerseits das Verständnis derVortragsinhalte überprüfen, andererseits aber aucheine Transferleistung einfordern. Der Lehrende stehtin diesem Zeitraum den Lernenden permanent fürFragen zur Verfügung, denn er ist durch den Educastvon seinem Vortrag entbunden. Vorteil dieses Lerns-zenarios ist, dass der instruierende Vortrag so durchselbstgesteuerte und kooperative Lernhandlungen an-gereichert wird. Darüber hinaus sind Variationen vonVideoLern untersucht worden, die ähnliche Lernzieleverfolgen (Gegenüberstellung der Vor- und Nachteilesiehe Krüger, 2009).
6. Bildungskontexte für den Einsatz von Educasts
Podcasts als Alltagsgegenstand in der Wissensgesell-‐scha>
Medienbildung zielt darauf ab, Medien zum Gegen-stand in Bildungsprozessen zu machen (Schelhowe etal., 2009). Die Erweiterung von Handlungsfähigkeitund die Teilhabe an der Wissensgesellschaft wärenbeispielsweise ein solches Ziel. Es stellt sich dieFrage, wie die Kenntnis der Nutzung und Gestaltung
Entwickeln Sie ein Lernszenario, in dem Educasts ein-‐gesetzt werden. BerücksichCgen Sie hierbei alle An-‐gaben zum Drehbuch.
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Recherchieren Sie im Internet Podcasts aus folgendenKontexten: Nachrichten, Jugendbildung, MigraCons-‐pädagogik, Schule. Hören/Sehen Sie sich die Beiträgean und noCeren Sie, welchen pädagogischen Zwecksie verfolgen.
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6 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
von Podcasts die eigene Handlungsfähigkeit er-weitern kann? Eine Antwort wäre, dass der Erwerbder Fähigkeit, Podcasts zu gestalten und sie im In-ternet für die Öffentlichkeit bereit zustellen es Men-schen ermöglicht, kreativ und öffentlichkeitswirksamihre Sichtweisen auf ein Thema darzustellen. Indemsie anderen Menschen ermöglichen, über das Internetihre Beiträge anzusehen, nehmen sie aktiv an Mei-nungsbildungsprozessen bei und erweitern ihre ge-sellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten.
Aus einer medienpädagogischen Perspektiveheraus wird Podcasting als Phänomen der medialenAlltagswelt wahrgenommen (siehe Kapitel #medien-paedagogik). Aus dieser Perspektive heraus werdenÜberlegungen angestellt, welche Kompetenzen Men-schen in der durch Medien beeinflussten Informati-onsgesellschaft erwerben sollten: Welche Kenntnisse,Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kompetenzen sind not-wendig, um mit Audio- und Videoprodukten aktiv ander Gesellschaft teilzuhaben? Entsprechend des Me-dienkompetenzmodells nach Dieter Baacke (1996)stellen sich demnach beispielhaft Fragen entspre-chend der folgenden vier Dimensionen: ▸ Medienkunde: Was sind Educasts? Wie müssen sie
technisch bedient werden? ▸ Medienwissen: Wozu können Educasts genutzt
werden? ▸ Medienkritik: Wie vertrauenswürdig sind Inhalte
von Educasts? ▸ Mediengestaltung: Wie und wozu kann ich selbst
Educasts erstellen?
Educasts zum selbstgesteuerten, lebenslangen Lernen
Im bildungspolitischen Kontext wird neben der Me-dienbildung eine lernerzentrierte Lehrauffassung mitBlick auf die Unterstützung und Förderung desselbstgesteuerten, lebenslangen Lernens erwartet(BLK 2004, 13ff). Die Selbststeuerung des eigenenLernens ist dabei ein Ideal zur aktiven Bewältigungdes durch Globalisierung sowie wirtschaftliche undtechnische Veränderungen hervorgerufenen Wandels.Im Wesentlichen soll die Verantwortung für vieleAspekte des Lernens in die Hand der Lernendengelegt werden. Die Lernenden sollen demnach mehroder weniger die Fähigkeit erhalten, sich selbst zu un-terrichten (Simons, 1992, zitiert nach Mandl &Krause, 2001; Dohmen, 1999). Diese aktive Aneig-
nungsprozess bietet umfassende Möglichkeiten zureigenen Lernausrichtung sowie zur Überprüfung desLernprozesses (Arnold & Gómez Tutor, 2007).
Vor diesem Hintergrund eröffnen Educastsmobile und flexible Lernwege, die besonders dasselbstgesteuerte Lernen unterstützen. So können dieLernenden selbst den Lernort und die Lernzeit be-stimmen. Darüber hinaus können beim Selbstlernenmit Educasts eigene Lernbedürfnisse festlegt werden,eigene Lernziele bestimmt, organisiert und reguliertwerden. Vorausgesetzt werden müssen die nötigenSelbstlern- und Medienkompetenzen zur Auffindung,Auswahl und Rezipieren von Educasts. Auch könnendurch gemeinsames Rezipieren der Educasts sozialeEinbindungen unterstützt und gefördert werden wiebeim gemeinsamen Explizieren, Argumentieren undRekapitulieren. Die Lernenden beeinflussen beim Re-zipieren der Educasts den eigenen Lernprozess selbstaktiv in (meta-) kognitiver, motivationaler, emotio-naler und sozialer Hinsicht.
Educasts in insCtuConellen Kontexten
Bildungsinstitutionen produzieren Educasts mitmehrfacher Absicht: Support des Lernenden, Trans-parenz der Lehre, Kontaktpflege zu den Alumni derInstitution, Steigerung der Reputation der Institution;im Fall von öffentlich zugänglichen Educasts eine Er-weiterung der Zielgruppe über den traditionellen Ver-anstaltungskontext hinaus. So leisten Educasts einenBeitrag als offene Bildungsmaterialien (Geser, 2007,siehe Kapitel #openaccess). Bei der Gestaltung vonEducasts gilt es, die Anliegen aller Rezipientinnenund Rezipienten zu berücksichtigen.
Literatur
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▸ Arnold, R. (2003). Ermöglichungsdidaktik: erwachsenenpäd-agogische Grundlagen und Erfahrungen. Baltmannsweiler /Hohengehren: Schneider-Verlag.
▸ Arnold, R. & Gómez Tutor, C. (2007). Grundlinien einer Er-möglichungsdidaktik. Bildung ermöglichen - Vielfalt gestalten.Augsburg: ZIEL Verlag.
▸ Baacke, D. (1996). Medienkompetenz als Netzwerk - Reich-weite und Fokussierung eines Begriffs, der Konjunktur hat.medien praktisch, 20(2), 410.
Educasts sind auch Bildungsgegenstand bei der För-‐derung von Medienkompetenz. !
DiskuCeren Sie in Kleingruppen, wie an Ihrer pädago-‐gischen Einrichtung Educasts eingesetzt werdenkönnten.
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EducasCng. Wie Podcasts in Bildungskontexten Anwendung finden — 7
▸ BLK Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und For-schungsförderung (2004). Strategie für Lebenslanges Lernen inder Bundesrepublik Deutschland. Materialien zur Bildungs-planung und zur Forschungsförderung, Heft 115. Bonn: Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsför-derung, URL: http://www.blk-bonn.de/papers/heft115.pdf[14-11-2010].
▸ Dohmen, G. & Bundesministerium für Bildung und Forschung.(2001). Das informelle Lernen: die internationale Erschließungeiner bisher vernachlässigten Grundform menschlichenLernens für das lebenslange Lernen aller. Bonn: Bundesminis-terium für Bildung und Forschung (BMBF), Referat Öffentlich-keitsarbeit, URL:http://www.bmbf.de/pub/das_informelle_lernen.pdf [14-11-2010].
▸ Faulstich, P. & Zeuner, C. (1999). Erwachsenenbildung : einehandlungsorientierte Einführung. Weinheim: Juventa-Verlag.
▸ Geser, G. (2007). Open Educational Practices and Resources,OLCOS Roadmap 2012. URL:http://www.olcos.org/english/roadmap/ [15-07-2010].
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▸ Kafai, Y. B. & Harel, I. (1991). Learning through Design andTeaching. In: I. Harel & S. Papert (Hrsg.), Constructionism.Norwood/New Jersey: Ablex Publishing Corporation, 85-110.
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▸ Krüger, M. (2009). Kooperatives Lernen mit Vorlesungsauf-zeichnungen anhand von drei Beispielen. In: A. Schwill & N.Apostolopoulos (Hrsg.), Lernen im digitalen Zeitalter. 7. e-Learning Fachtagung Informatik der Gesellschaft für Infor-matik e.V. (DeLFI 2009). GI-EditionProceedings: Bd. 153,Bonn: Gesellschaft für Informatik, 171-180.
▸ Mandl, H. & Krause, U. M. (2001). Lernkompetenz für dieWissensgesellschaft. Forschungsberichte LMU Nr. 145,München. Ludwig-Maximilians- Universität.
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