Wird die österreichische Realverfassung gemeingefährlich? Steuerungs-und Kontrolldefizite im...

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Wird die österreichische Realverfassung gemeingefährlich? Steuerungs- und Kontrolldefizite im österreichischen Bundesstaat Mag. Michael Bernt, MBA - BSA Wien Landstraße, 12. Juni 2013

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Wird die österreichische Realverfassung gemeingefährlich?

Steuerungs- und Kontrolldefizite im österreichischen Bundesstaat

Mag. Michael Bernt, MBA - BSA Wien Landstraße, 12. Juni 2013

Curriculum Vitae

Mag. Michael Bernt, MBA - BSA Wien Landstraße, 12. Juni 2013

•  Mag. Michael Bernt, MBA •  Diplomstudium der Rechtswissenschaften

•  „Rechtskontrolldefizite in der verstaatlichten Wirtschaft – unter besonderer Berücksichtigung manipulativen Informations- und unzureichenden Haftungsmanagements im Bereich der verstaatlichten Banken“

•  Verwaltungsjurist beim Land Salzburg •  Seit 2008 Prüfer im Rechnungshof •  MBA-Lehrgang Public Auditing

•  „Staatsinsolvenz, Staatsrating und Staatssteuerung – nationaler und internationaler Handlungsbedarf unter besonderer Berücksichtigung des Beitrags der öffentlichen Finanzkontrolle“ (gemeinsam mit Mag.a C. König)

Wird die Realverfassung gemeingefährlich?

Mag. Michael Bernt, MBA - BSA Wien Landstraße, 12. Juni 2013

•  Nein! •  Sie ist es bereits seit mindestens einem Vierteljahrhundert,

wenn nicht seit bald 40 Jahren!

•  Seit der Umwandlung der Landes-Hypothekenbanken in Universal- und damit auch Investmentbanken!

•  Seit den mit dem EU-Beitritt in Zusammenhang stehenden Versäumnissen in Hinsicht auf die österreichische Bankenlandschaft.

Landminen und Nebelbomben

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1974: Heiligenbluter Vereinbarung 1990: Kärntner Landesholding-Gesetz 1993: Bankwesengesetz (insbesondere § 92 Abs. 9 BWG) 1995: EU-Beitritt Österreichs 1997: Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (VRV 1997) 2003: Bericht des Rechnungshofs zur Hypo Alpe Adria 2009: Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria 2012: Tirol, Linz, Salzburg 2013: Spekulationsverbot: Wir warten darauf, aber es kommt nicht...

Memorandum zur Finanzverfassung

Rechnungshof, Haushalts- und Rechnungswesen

Mag. Michael Bernt, MBA - BSA Wien Landstraße, 12. Juni 2013

Bedenken

Mag. Michael Bernt, MBA - BSA Wien Landstraße, 12. Juni 2013

Die bisherige Vorgangsweise des Rechnungshofs bei seinen Prüfungen und Empfehlungen im Bereich des Haushalts- und Rechnungswesens der seiner Prüfungszuständigkeit unterworfenen Rechtsträger widerspricht möglicherweise in wesentlichen Elementen den wichtigsten Grundlagen, die für seine Arbeit maßgeblich sind.

1. Unionsrecht

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Vorgangsweise des RH widerspricht…

… dem Recht der Europäischen Union, das durch die Fiskalrahmenrichtlinie 2011/85/EU zu einer kohärenten und umfassenden Rechnungslegung und Finanzstatistik über alle Gebietskörperschaften und auch den Sozialversicherungsbereich hinweg, also über den gesamten Staatssektor, verpflichtet.

2. Baugesetze der Verfassungsordnung

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Vorgangsweise des RH widerspricht…

… den Baugesetzen der österreichischen Verfassungsordnung, wenn sich die Bundesländer auf der Grundlage einer politischen Vereinbarung ("Heiligenbluter Vereinbarung von 1974") mehr Macht aneignen, als ihnen die Verfassung zugesteht. Wenn gleichzeitig der Rechnungshof nicht als unabhängige Kontrollinstanz agiert, sondern sich der Realverfassungsmacht der Länder durch falsch oder gar nicht adressierte Empfehlungen beugt.

3. Finanz-Verfassungsgesetz 1948

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Vorgangsweise des RH widerspricht…

… dem Finanz-Verfassungsgesetz von 1948, nämlich dem § 16 Abs. 1, dessen Potenzial der Rechnungshof auch nach dem Beinahe-Bankrott eines Bundeslandes weder durch entsprechende Ausdehnung seiner Prüfungshandlungen noch durch korrekte Adressierung seiner Empfehlungen ausschöpft.

4. Bundes-Verfassungsgesetz 5. Rechnungshofgesetz

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Vorgangsweise des RH widerspricht…

… dem Bundes-Verfassungsgesetz sowie dem Rechnungshofgesetz, welche beide den Rechnungshof zur Durchführung von Gebarungsüberprüfungen und erst daraus abgeleitet zu Stellenüberprüfungen verpflichten. Wenn Defizite im Haushalts- und Rechnungswesen von Gemeinden oder Ländern in einer mangelhaften Verordnung des Bundes (Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung von 1997 des Bundesministers für Finanzen) begründet sind, dann hat diesem Umstand der Rechnungshof vor Ort (also im Finanzministerium) auf den Grund zu gehen und seine Empfehlungen an diese Adresse (Bundesministerin für Finanzen) zu richten.

6. Deklaration von Lima

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Vorgangsweise des RH widerspricht…

… der Deklaration von Lima, die in ihrem § 12 vorsieht, dass die Regeln der Staatsverrechnung im Einvernehmen mit der Obersten Rechnungskontrollbehörde zu erstellen sind. Von einer Einvernehmensherstellung mit Gliedstaaten oder Vertretern von Städten und Gemeinden ist dort keine Rede.

7. Strategien des Rechnungshofs

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Vorgangsweise des RH widerspricht…

… den wesentlichen, selbst erklärten Strategien des Rechnungshofs, in denen er sich als gemeinsames Organ der Gebietskörperschaften präsentiert und sich der Verbundenheit der Finanzwirtschaft von Gebietskörperschaften und staatsnahen Rechtsträgern verpflichtet ausgibt.

8. Logische Denkgesetze

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Vorgangsweise des RH widerspricht…

… den logischen Denkgesetzen, weil der Rechnungshof problematisch und irreführend die geprüften Stellen als seine Kunden bezeichnet, was sie nicht sind. die geprüften Stellen sind auch keine Prüfungsobjekte des Rechnungshofs: Prüfungsobjekte sind die Gebarungen von der Rechnungshofkontrolle unterworfenen Rechtsträgern (die Verhaltensgesamtheiten von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen mit Relevanz für die öffentlichen Finanzen).

9. Selbstverständnis

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Vorgangsweise des RH widerspricht…

… dem fundamentalen Selbstverständnis des Rechnungshofs als unabhängiger, objektiver und wirksamer Kontrollinstanz innerhalb des rechtsstaatlich-demokratischen Systems der Republik Österreich.

10. Dienstliches Gelöbnis

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Vorgangsweise des RH widerspricht…

… dem dienstlichen Gelöbnis des Präsidenten sowie aller seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welches zur Beachtung der Gesetze der Republik Österreich verpflichtet, also auch der Verfassung - nicht aber der Realverfassung.

Geprüfte Stellen sind keine Kunden!

Mag. Michael Bernt, MBA - BSA Wien Landstraße, 12. Juni 2013

Die geprüfte Stelle…

•  fragt die Leistungen des Rechnungshofs nicht nach. •  wählt den Rechnungshof als Leistungsersteller nicht aus. •  trifft keine Preisentscheidung. •  hat keine Eigentümerstellung am Prüfungsergebnis und am

Tätigkeitsbericht des Rechnungshofs. •  hat nicht das letzte Wort. •  kann existenziell in Frage gestellt werden.

Ein Unternehmensberater bezeichnet auch nicht die Angestellten seines Auftraggebers als Kunden!

Gespräch im Rechnungshof

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•  Dichter Nebel um die Länderfinanzen •  Memorandum zur Finanzverfassung •  Termin beim Präsidenten (25. Jänner 2013)

•  Hinweis auf Heiligenbluter Vereinbarung •  Hinweise auf Bedenken betreffend Bundes-Verfassung •  Hinweise auf Bedenken betreffend Salzburger

Landesrechnungsgesetz 1930

Salzburger Landesrechnungsgesetz 1930

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•  Artikel 18 (1)  Die Landesregierung verfasst für das abgelaufene Haushaltsjahr

den Rechnungsabschluß und legt ihn binnen 6 Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres dem Rechnungshofe zur Überprüfung vor.

(2)  Abweichungen vom Haushaltsplane sind zu begründen.

•  Artikel 20 Die Landesregierung verfaßt über das abgelaufene Haushaltsjahr den Rechnungsabschluß und legt ihn im folgenden Jahre nach Überprüfung durch den Rechnungshof dem Landtage zur Genehmigung vor.

Deklaration von Lima

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•  § 8. Verhältnis zum Parlament

Die von Verfassung und Gesetz eingeräumte Unabhängigkeit der Obersten Rechnungskontrollbehörden gewährleistet ihnen auch dann, wenn sie Organe der Parlamente sind und in deren Auftrag Prüfungen durchführen, ein Höchstmaß an Eigeninitiative und Eigenverantwortlichkeit. Die jeweilige Staatsverfassung hat das Verhältnis der Obersten Rechnungskontrollbehörde zum Parlament entsprechend den Bedingungen und Notwendigkeiten des betreffenden Staates festzulegen.

Deklaration von Lima

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•  § 9. Verhältnis zur Regierung und Verwaltung

Die Tätigkeit der Regierung, der ihr unterstellten Verwaltungsbehörden und der sonstigen von ihr abhängigen Einrichtungen ist Gegenstand der Kontrolle der Obersten Rechnungskontrollbehörde. Daraus folgt jedoch keine Unterordnung der Regierung unter die Oberste Rechnungskontrollbehörde. Insbesondere trägt die Regierung die volle und alleinige Verantwortung für die von ihr durchgeführten Handlungen und Unterlassungen und kann sich nicht auf Prüfungsfeststellungen - sofern diese nicht in Form von rechtskräftigen und vollstreckbaren Urteilen ergangen sind - und Gutachten der Obersten Rechnungskontrollbehörde berufen.

Deklaration von Lima

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§ 12. Gutachtertätigkeit und sonstige Mitwirkungsbefugnisse

(1) Die Obersten Rechnungskontrollbehörden können in wichtigen Fällen ihren Sachverstand in Form von Gutachten einschließlich Stellungnahmen zu beabsichtigten Gesetzen und sonstigen Vorschriften über finanzielle Angelegenheiten dem Parlament und der Verwaltung zur Verfügung stellen. Die Verwaltung trägt die alleinige Verantwortung für die Befolgung oder Ablehnung des Gutachtens. Durch solche zusätzliche Aufgaben darf jedoch zukünftigen Prüfungsfeststellungen der Obersten Rechnungskontrollbehörden nicht vorgegriffen und deren wirksame Prüfungstätigkeit nicht beeinträchtigt werden.

Deklaration von Lima

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§ 12. Gutachtertätigkeit und sonstige Mitwirkungsbefugnisse (2) Vorschriften für ein zweckmäßiges und möglichst einheitliches

Verrechnungsverfahren sollen nur im Einvernehmen mit der Obersten Rechnungskontrollbehörde erlassen werden dürfen.

Innovationsvorschläge für den Rechnungshof

Mag. Michael Bernt, MBA - BSA Wien Landstraße, 12. Juni 2013

•  Änderung der Prüfweise im Haushaltsrecht der Gebietskörperschaften

•  Änderung der Empfehlungsadressierung bei Prüfungen im Haushaltsrecht der Gebietskörperschaften

•  Etablierung des Prüfungsproduktes Verbindungsprüfung •  Annahme eines Mission Statements für den Rechnungshof:

•  „Der Rechnungshof unterstützt wirksames Regieren für eine wettbewerbsfähige Nation – Supporting effective government for a competitive nation.“

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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