Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge - Akademie der ...

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Irmela Wiesinger ein Beitrag zur Tagung: Veränderung. Hohenheimer Tage zum Migrationsrecht 2016 29.–31.01.2016 in Stuttgart-Hohenheim http://downloads.akademie-rs.de/migration/20160129_wiesinger_umf.pdf Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

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Irmela Wiesinger

ein Beitrag zur Tagung:

Veränderung. Hohenheimer Tage zum Migrationsrecht 2016

29.–31.01.2016 in Stuttgart-Hohenheim

http://downloads.akademie-rs.de/migration/20160129_wiesinger_umf.pdf

Unbegleitete minderjährige

Flüchtlinge

Hohenheimer Tage zum Migrationsrecht

30.01.2016

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Verteilung, Inobhutnahme und rechtliche

Vertretung

Irmela Wiesinger, Bundesfachverband UMF Kontakt: Jugendamt Main-Taunus-Kreis

Tel: 06192/201 – 1608 [email protected] oder [email protected]

Schutznormen im SGB VIII

§ 42 SGB VIII: Inobhutnahme als vorläufige Schutzmaßnahme Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, einen jungen Menschen auch ohne Einwilligung der Eltern in Obhut zu nehmen. Widersprechen die Eltern Anrufung des Familiengerichtes innerhalb von 48 Stunden nach der Inobhutnahme. Der Begriff Kindeswohl ist ein unbestimmter Rechtsbegriff Abwägung des Gefährdungsrisikos

SGB VIII - Inobhutnahme

§ 42 (2) SGB VIII „Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen.

Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen.

Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen.“

SGB VIII - Inobhutnahme

Sozialpädagogische Gestaltung der Krisenintervention

Clearingauftrag

Mitwirkung des Jugendlichen (siehe auch § 8)

Kontaktaufnahme zur Person des Vertrauens

Verantwortung für das Kindeswohl liegt beim Jugendamt

Sicherung des Unterhalts (siehe auch § 39)

Sicherung der Krankenhilfe (siehe auch § 40)

Rechtliche Vertretung

Berücksichtigung des Elternwillens

Spezifischer Schutzauftrag für uM

§ 42 (1) SGB VIII „Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

3. ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.

Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen.“

Erstkontakt vor der Inobhutnahme

Mit welchen Behörden/Stellen kann ein erster Kontakt entstehen? • Grenze Bundespolizei (auch Flughafen) • Zug Bundespolizei • BAMF und Erstaufnahmeeinrichtung • Selbstmelder im Jugendamt/andere Behörden • Selbstmelder in Jugendhilfeeinrichtung => JA • Privatpersonen bzw. Verwandte=> JA oder Polizei

Spezifischer Schutzauftrag für uM Zuständig ist das Jugendamt am tatsächlichen Aufenthalt des

unbegleiteten Minderjährigen (§ 87 SGB VIII) Auch hier Hoheitliche Aufgabe des Jugendamtes, staatliche

Garantenpflicht Kein Ermessen, Abwesenheit der Personensorgeberechtigten bei

Einreise aus dem Ausland gilt per se als Kindeswohlgefährdung! Geeignete Einrichtung kann Einrichtung der stationären Jugendhilfe

oder eine auf UMF spezialisierte Einrichtung sein (Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII)

Unterbringung in einer Erstaufnahme-Einrichtung oder Erwachsenenunterkunft unzulässig

Veranlassung der Bestellung des Vormunds innerhalb von drei Werktagen Kinderschutz hat Vorrang gegenüber den ausländerrechtlichen Regelungen des Aufenthalts- und Asylverfahrensgesetzes! Vgl. Bagljiae: Handlungsempfehlungen zum Umgang mit UMF, Mai 2014

Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher –

am 01.11.2015 in Kraft getreten

Einführung eines bundesweiten Verteilungsverfahrens nach Quoten des Königsteiner Schlüssels unter Berücksichtigung kindeswohlrelevanter Aspekte

Vorschaltung der sog. „vorläufigen Inobhutnahme (vorl.

IO)“ (14 Tage) am tatsächlichen Aufenthalt

Neue Regelung der örtlichen Zuständigkeiten für vorl. IO, IO, und Leistungen an uM

Anhebung der asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahrensfähigkeit von 16 auf 18 Jahre

Vorläufige und reguläre Inobhutnahme

Vorläufige Inobhutnahme (§ 42a) durch JA am tatsächlichen Ort

Ausschluss von der Verteilung Verteilung, Begleitung und Erstaufnehmendes JA bleibt Übergabe an zuständig Zuweisungsjugendamt

„reguläre Inobhutnahme“ und Clearingverfahren

Anschlusshilfe

Technischer Ablauf der Zuweisungsentscheidung

Jugendamt am tatsächlichen Aufenthaltsort ist zuständig für vorläufige ION

Jugendamt prüft und entscheidet über Verteilfähigkeit

Innerhalb von 7 Werktagen: Jugendamt teilt das Ergebnis der zuständigen Landesstelle mit

Innerhalb von 3 Werktagen: Landesstelle meldet uM beim Bundesverwaltungsamt: Verteilung oder Ausschluss der Verteilung

Bei Verteilfähigkeit: Bundesverwaltungsamt meldet Landesstelle innerhalb von 2 Werktagen das zur Aufnahme verpflichtete Bundesland

Innerhalb von 2 Werktagen: Landesstelle des aufnahmepflichtigen Bundeslandes weist uM an das zur regulären Inobhutnahme verpflichtete Jugendamt

„Insofern geeignete“ Fachkraft begleitet den uM zum neuen JA und „übergibt“ ihn spätestes nach 1 Monat (spätesten 2 Monate bis Ende 2016)

Kindeswohlprüfung mit Beteiligung des Kindes/Jugendlichen

Das Jugendamt am tatsächlichen Aufenthalt hat einzuschätzen, ob das Wohl durch das Verteilungsverfahrens gefährdet würde, ob sich eine verwandte Person im Inland oder im Ausland aufhält: wenn, dann

[…] hat das Jugendamt auf eine Zusammenführung des Kindes oder des Jugendlichen mit dieser Person hinzuwirken, wenn dies dem Kindeswohl entspricht

ob das Wohl d. Kindes oder Jugendlichen eine Inobhutnahme mit Geschwistern oder anderen unbegleiteten ausländischen Kindern oder Jugendlichen erfordert und ob der Gesundheitszustand das Verteilungsverfahren ausschließt

Kriterien für Ausschluss der Verteilung

Gefährdung des Kindeswohls

Gesundheit/Ansteckungsgefahr

Familienzusammenführung möglich, soweit sie kurzfristig erfolgen kann

Monatsfrist für die Durchführung der Verteilung wird überschritten (im ersten Jahr 2 Monate)

Geschwister dürfen nicht getrennt werden

Rechtliche Vertretung Während der vorl. IO ist das Jugendamt berechtigt und

verpflichtet, die „öffentlich-rechtliche Notvertretung“ (Wiesner) wahrzunehmen

Beteiligung des Kindes/Jugendlichen

Jugendamt ist in einer Doppelrolle Interessenskollision Verpflichtung, die Bestellung eines Vormunds unverzüglich zu

veranlassen, besteht erst in der regulären ION durch das Zuweisung

Im Rahmen der Vormundschaftsreform gibt es den Vorschlag, eine gesetzliche Amtsvormundschaft einzuführen

Aufgaben des Jugendamtes während der

vorläufigen Inobhutnahme Alterseinschätzung

Verwaltungsakt vorläufige ION

Klärung Verteilungswunsch: Berücksichtigung von

Geschwistern und Fluchtgemeinschaften

Kindeswohlprüfung bzgl. kurzfristiger Familienzusammenführung

Erstuntersuchung beim Gesundheitsamt einholen mit Stellungnahme zur Verteilung innerhalb von 14 Werktagen

Aufgaben des Jugendamtes während der

vorläufigen Inobhutnahme

Entscheidung Anmeldung oder Ausschluss vom Verteilungsverfahren

Rechtliche Vertretung – evtl. aufenthaltssichernde Maßnahmen, Gesundheitliche Maßnahmen

Begleitung und Fallübergabe an Zuweisungsjugendamt durch geeignete Person

Pflicht, personenbezogene Daten an aufnehmendes Jugendamt weiterzugeben

Der erste Augenblick entscheidet

„Eine Inobhutnahme ist für die Jugendlichen wesentlich mehr als ein Verfahrensvorgang, hier beginnt vielmehr die Ankunft in einer neuen Gesellschaft, in einer neuen Welt. Es ist von entscheidender Bedeutung für die weitere persönliche Entwicklung und den späteren Integrationsprozess, ob der junge Mensch die Inobhutnahme als Signal des Willkommenheissens versteht oder als bloßen Verwaltungsakt“ (Bundesfachverband UMF, Handlungsleitlinien zur Inobhutnahme, 2009).

Der erste Augenblick entscheidet Was brauchen junge Flüchtlinge?

Zeit, um Ankommen zu dürfen Als Mensch Willkommen sein Menschen, die Ihnen offen und vorurteilsfrei begegnen Menschen, die zuhören und fragen, was sie brauchen Respekt vor ihren erlittenen Beschädigungen Blick auf ihre Ressourcen und Fähigkeiten Gute Orte“ in den Erziehungshilfen: Ruhemöglichkeiten, Privatsphäre, Kontinuität, Verlässlichkeit in den Beziehungen, Sicherheit, Halt und Orientierungsangebote Menschen, die ihre Krisen (aus-) halten können

Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. (DIJuF)

You are so old as you feel

Alterseinschätzung - Altersfeststellung

Alterseinschätzung ist Aufgabe des Jugendamtes!

• Hohe Dunkelziffer, besonders bei Grenzkontrollen • i.d.R. keine gültigen Dokumente vorhanden • Es geht um Klärung, ob Minderjährigkeit als

Voraussetzung für ION vorliegt • Anspruch auf Schutz und Förderung des Minderjährigen

versus unberechtigter Zugang zu Jugendhilfe • Es gibt Jugendliche, die sich „ältermachen“

Alterseinschätzung - Altersfeststellung Jugendamt kann sich verschiedener Beweismittel bedienen* (Beweismittelerhebung nach § 21 SGB X): Auskünfte einholen Beteiligte anhören, Äußerungen von Zeugen und

Sachverständigen einholen Familiengericht kann ergänzende Ermittlungen durchführen *Empfehlungen der Bagljä, Mai 2014

• Kein einheitliches Verfahren bundesweit • Es existiert kein Verfahren für eine exakte Bestimmung des

Lebensalters • Bei medizinischen Verfahren Bandbreite von 1-2 Jahren • Teilweise entwürdigende Methoden, Praxis des systematischen

„Ältermachens“

Behördliches Verfahren zur Altersfeststellung § 42 f

Das Jugendamt hat im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme die Minderjährigkeit einzuschätzen und festzustellen durch • Einsichtnahme in Ausweispapiere oder • hilfsweise durch qualifizierte Inaugenscheinnahme dabei § 8 Abs. 1 und § 42 Abs. 2 Satz 2 beachten

In Zweifelsfällen hat Jugendamt ärztliche Untersuchung zu veranlassen durch • Antrag des Betroffenen oder seines Vertreters • oder von Amts wegen

• Untersuchung nur mit Einwilligung der betroffenen Person • Aufklärung über Untersuchungsmethode und Folgen des Ergebnisses • Aufklärung über Folgen bei Weigerung, Mitwirkungspflicht • Widerspruch und Klage gegen Versagung oder Beendigung der ION +

Antrag auf einstweiligen Rechtschutz

Inaugenscheinnahme + qualifiziertes

Erstgespräch: Grundlegende Standards Erstgespräch:

Grundlage für Einschätzung des Alters und Entscheidung über ION

Ganzheitliche Einschätzung der Person, Berücksichtigung der psychischen Reife und kultureller Faktoren

Beachten: Strapazen der Flucht, Erschöpfung – jM kann älter wirken

Fehlerspielraum berücksichtigen In Zweifelsfällen: Kann Minderjährigkeit mit

hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden? Wenn nein, hat Schutzgedanke Vorrang Inobhutnahme und 2. Gespräch am 2. oder 3. Tag Einschätzung der Einrichtung einholen

Inaugenscheinnahme + qualifiziertes

Erstgespräch: Grundlegende Standards Auf Atmosphäre achten, Angst abbauen

Vieraugenprinzip

MA qualifiziert

neutraler Dolmetscher

Information des jM über Verfahren, mögliche

Ergebnisse und Konsequenzen,auf Mitwirkungspflicht hinweisen

Vgl. Bagljiae: Handlungsempfehlungen zum Umgang mit UMF, Mai 2014

Inaugenscheinnahme + qualifiziertes

Erstgespräch: Grundlegende Standards Fragen zu Aufenthalt/Verbleib der Eltern, Wille und

Auftrag der Eltern, eigene Altersangabe, Alter der Eltern/Geschwister, Daten der Beschulung, Berufstätigkeit, Fluchtwege und –zeiten

Familienzusammenführung möglich? Wird um Asyl nachgesucht?

schriftliche Dokumentation, Kopie an jM, ION-Einrichtung, Zuweisungsjugendamt, später Familiengericht und Vormund,

Schriftliche Verfügung der Inobhutnahme

Versagung oder Beendigung der ION durch schriftlichen Verwaltungsakt und Belehrung über Rechtsmittel

Entscheidung über Verteilfähigkeit

Aufgrund der kurzen Fristen: idR. Altersfeststellung + qualifiziertes Erstgespräch = Entscheidungsgrundlage für Einschätzung der Verteilfähigkeit

Entscheidung über Verteilfähigkeit Grundlage ist qualifiziertes Erstgespräch

• Evtl. zweites Gespräch mit jM 2-4 Tage nach ION, evtl. gemeinsam mit Betreuer der Einrichtung

• Ablauf und Verfahren erklären • Verbleib der Eltern • Familienangehörige im In- oder Ausland • Wichtige Personen für eine gemeinsame Verteilung • Erklärung, dass jetzt noch auf Verteilungsort Einfluss

genommen werden kann • Erklären, was Jugendhilfe ist

Entscheidung über Verteilfähigkeit

• JH-Einrichtung nach Hindernissen für Verteilung fragen

• Termin Gesundheitsuntersuchung ab dem Tag der ION – ärztliche Stellungnahme innerhalb von 2-3 Tagen einholen

• Kontaktaufnahme zu Verwandten im In- und Ausland, evtl. über ISD oder andere Organisationen

• Empfehlung: Kindeswohleinschätzung im Zusammenwirken mit einer anderen Fachkraft oder Vorgesetzten

Entscheidung über Verteilfähigkeit „Das Jugendamt hat einzuschätzen, ob die Durchführung einer

Verteilung in absehbarer Zeit zu einer Gefährdung für die Entwicklung des Kindes/Jugendlichen im Hinblick auf u.a. das körperliche, geistige und seelische Wohl führen würde“.

„Verweigert sich das Kind/Jugendlicher dem Verteilungsverfahren und ist zu befürchten, dass die gegen dessen Willen durchgeführte Verteilung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer (Re)Traumatisierung führen kann, ist von der Verteilung abzusehen“. (BT-Drucksache 18/5921, S.23)

Rechtschutz gegen die Zuweisungsentscheidung: Klage beim Verwaltungsgericht + Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Wer ist anfechtungsberechtigt?

Aufgaben nach Entscheidung Ausschluss oder Verteilung

• jM geht nicht in das Verfahren reguläre ION, erstaufnehmendes JA bleibt zuständig, Zuweisung durch Landesstelle

• Bei Verteilung Meldung an Landesstelle + Fachliche Empfehlung zum Verteilungsort und zur geeigneten Form der Betreuung

• Nach Bekanntgabe Kontaktaufnahme mit Zuweisungsjugendamt

• Infos über die vorgesehene JH-Einrichtung einholen

Begleitung und Übergabe

• dem jM erklären, wohin er kommt und was weiter passiert • Einverständnis beim jM einholen über Weitergabe von

Daten an das Zuweisungsjugendamt, die JH-Einrichtung und den Vormund

• Aufnahmetermin vereinbaren • Begleitung klären (Fahrdienst, Betreuer, ASD,

Ehrenamtliche, Bufdi ?) • Übergabegespräch in der aufnehmenden Einrichtung –

Info über besondere Bedarfe des jM • Dolmetscher • Kontakt bei Rückfragen anbieten

Begleitung und Übergabe Datenübermittlung

• Dokumentation Erstgespräch • Dokumentation Alterseinschätzung • Einschätzung der Einrichtung • Ärztliche Stellungnahme zur Verteilung, Befunde und

weitere Behandlung? • Infos über evtl. vormundschaftliche Vertretung –

Asylantrag? • Erkenntnisse über mögliche Familienzusammen-

führung • Erkenntnisse über Verwandte im Inland, Überprüfung,

Besuchsregelung, Vormundschaft

Ende der vorl. ION

Übergabe an die Personensorge- und Erziehungsberechtigten Im Falle der Verteilung mit der „physischen Übergabe“ an das für die

reguläre Inobhutnahme zuständige Jugendamt Im Falle des Ausschlusses der Verteilung mit der Anzeige des

Ausschlusses/mit der Zuweisung

Bei Entweichen: Auffassung, dass ION zu beenden ist, da Jugendamt seine

Aufgaben de facto nicht erfüllen kann Regelung in Bund/Länder-Gruppe, dass ION 48 Stunden nach

Entweichen beendet wird Vorab sind Vermisstenmeldung und Suchaktionen zu veranlassen Bei erneutem Auftauchen – erneute ION am tatsächlichen Ort

Die Aufgaben des aufnehmenden JA Inobhutnahme: „normales“ Clearing ->

Familienzusammenführung unverzügliche Veranlassung einer

Vormundschaftsbestellung (3 Werktage) Einleitung Hilfeplanverfahren bzw. Entscheidung

über Leistungsgewährung nach Antragstellung durch Vormund

Grundsätzlich keine nochmalige Alterseinschätzung, nur „im Rahmen der vorläufigen ION“

Die Verantwortung des aufnehmenden Jugendamtes für ein gutes Ankommen

• Gute Aufnahmestrukturen und Netzwerke • bedarfsgerechte Einrichtungen, qualifizierte

Fachkräfte, Strukturaufbau • Kontinuität – so wenig Wechsel wie möglich Die Aufnahmepraxis und Standards sind

heterogen: Jugendhilfeeinrichtung, Hotel, ehemalige Haftanstalt, Kaserne, Sporthalle, Gast/Pflegefamilie, Auslagerung in Ferienhäuser, z.B. von NRW nach Norderney

• Jugendhilfeplanung – noch nie so wertvoll wie heute, Planungssicherheit-Prognosen

Die Weichenstellungen während der vorläufigen ION

Wie kann das Risiko reduziert werden, dass sich Jugendliche „falsch verteilt“ fühlen?

• Transparenz und klare Kommunikation über das

Verfahren – frühzeitiges Abfragen von Verteilungswünschen

• Ängste abbauen durch Vorbereitung und Informationen zum Aufnahmeort, Akzeptanz erreichen

• Standards für Begleitung und Übergabe • Kontakt zwischen abgebendem und

aufnehmendem Jugendamt - vor der Verteilung und im Bedarfsfall auch danach

Die Weichenstellungen während der vorläufigen ION

• Verantwortung und Fachlichkeit des ASD bei der Auslegung und Einschätzung • des Kindeswohls: Verfahrensstandards analog zu den

„üblichen“ Verfahren bei Kindeswohlgefährdung im ASD – Vieraugenprinzip beim Erstgespräch und bei Entscheidung über Verteilfähigkeit

• der Bedeutung von familiären Bindungen und Familienzusammenführung

• Im Umgang mit Verweigerung Notwendig sind: • Qualifizierung der Fachkräfte, Haltungen • Handlungsempfehlungen, Arbeitshilfen in allen

Bundesländern, Entwicklung einheitlicher Standards • Gesetzliche Vormundschaft?

Kindeswohl und Partizipation ja – aber nur, wenn es die Quote erlaubt

• Quoteneinhaltung durch Tendenz zur restriktiven Prüfung, z.B. bei der kurzfristigen Familienzusammenführung – enger Verwandtschaftsbegriff. Voraussetzung ist Eignung und Bereitschaft für Vormundschaft

• Wünsche des Jugendlichen zum Verteilort werden nur dann berücksichtigt, wenn das Bundesland Aufnahmeland ist,

Hohe Zahl von „Quotenverlierern“ und „Rückläufern“

Point of no return?

• Verteilentscheidungen müssen revidiert werden können, wenn sich nachträglich Erkenntnisse herausstellen, dass ein anderer Ort den Bedarf, die Entwicklungsmöglichkeiten und den Wunsch des jungen Menschen besser berücksichtigt

• z.B. bei folgenden Fallkonstellationen:

• jM hat Familienangehörige an einem anderen Ort - Überprüfung der Verwandten konnte nicht stattfinden

• jM teilt erst am Zuweisungsort mit, dass er enge Verwandte an einem anderen Ort hat

• Vormund sieht speziellen pädagogischen oder therapeutischen Bedarf, der am Zuweisungsort nicht gewährleistet werden kann

Schadensbegrenzung Dringende Handlungsbedarfe

• Welche Wege und Maßnahmen sind möglich, um eine fehlerhafte und nicht im Kindeswohl liegende Verteilentscheidung im Nachhinein auszusetzen oder zu korrigieren?

Klageverfahren oder innerhalb des Verwaltungsverfahrens?

• Wie ist ein Verbleib in einem Abgabeland möglich? – landesinterne Verteilung

• Wie ist eine Zuweisung in ein anderes Bundesland durch ein JA in einem Aufnahmeland möglich?

• Wie wird mit „Verteilungsverweigerern“ und „Rückläufern“ umgegangen, wenn (noch) kein Vormund vorhanden ist?

Wer ist verantwortlich: des abgebende JA oder das Zuweisungsjugendamt?

• Neue Entwicklung: „Quotenverlierer“ verteilen sich selbst um

Flexiquote? Verstärkte Anwendung von § 88a, Abs. 2, Satz 3? „ein anderer Träger kann aus Gründen des Kindeswohls oder aus sonstigen Gründen von vergleichbarem Gewicht die örtliche Zuständigkeit von dem zuständigen Träger übernehmen.“ § 42c, Abs.1: Ein Land kann seiner Aufnahmepflicht eine höhere Quote zugrunde legen Bundesländer und Kommunen nehmen freiwillig über die Quote hinaus auf, z.B. Anreizsysteme durch Anrechnung auf Aufnahmequote von Erwachsenen (Bsp. Hessen)

Die aktuellen Herausforderungen Asylverfahren dauern über mehrere Jahre und über Volljährigkeit hinaus geringere Chancen auf Schutz und Aufenthalt trotz hoher

Erfolgsaussichten für uM

Rückgang und Fehlen von einheitlichen Jugendhilfestandards, Fehlen von Strukturen und jugendhilfegerechter Unterbringung

Gefahr der „Chronifizierung des Vorläufigen“ durch Verfestigte Provisorien in der Unterbringung und Betreuung und Lange Ungewissheit bei der Aufenthaltssicherung

Ankommen wird massiv erschwert Flucht und Angst als Lebensmuster

Weiterführende Literatur

• BAGLJAE, Handlungsempfehlungen zum Umgang mit

unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, Mainz 2014

• Katzenstein/Gonzalez Mendez de Vigo/Meysen: Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher, JAmt 2015, 590

• Wiesner/Loos, Nachtragskommentierung Dez. 2015 https://rsw.beck.de/cms/?toc=WiesnerSGB.20

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Kontakt: Irmela Wiesinger 06192/2011608

[email protected] Bundesfachverband UMF

Jugendamt Main-Taunus-Kreis

http://downloads.akademie-rs.de/migration/20160129_wiesinger_umf.pdf

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