Studien über den sogenannten Schallleitungsapparat bei den Wirbeltieren und Betrachtungen über die...

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XVII. Studien fiber den sogenannten Schallleitungsapparat bei den Wirbeltieren and Betravhtungen fiber die Funktion des Schneckcnfensters. Von Dr. lIermann Beyer~ Berlin. (Mit 24 Abbildungen.) Fortsetzung. Die Paukenh5hle gleicht mit ihren vielen Buehten and HShlen in der spongiSsen Knoehensubstanz der sehon bei den Kroko- dilen besehriebenen. Sie steht dureh eine besondere grofie 0ffnung, das Foramen eommunieans mit den Luftzellen des ttin- terhaupts, oder wenigstens mit einer Ausbuchtung in der Nahe des horizontafen Bogenganges in Verbindung. Aus der Masse der zahlreiehen lufthaltigen Knoehenzellen hebt sieh das kom- pakte knSeherne Labyrinth mit Bogengangen and Lagena deutlieh ab and ist wohl bier am leichtesten yon allen Tieren in seiner Totalit~t durch Praparation darzustellen. Der aueh sehon bei den Krokodilen erw~hnte Reeessus eavi tympani hat bei den VSgeln eine ganz besondere Ausbildung erfahren. Ieh mSehte trotz tier klassisehen Beschreibung yon Hasse mit einigen Wor- ten darauf eingehen, da mir seine Beziehungen zum Schneeken- feaster far die uns interessierende Frage tier Sehalleitung yon wesentlieher Bedeutung' zu sein scheint. Die an der Innenwand der PaukenhSble befindliehe Einsenkung, deren 0ffnung naeh aufien yon wechselnder GrSBe and Form rundlieh oder oval ist, zeig.t je naeh den versehiedenen Vogelgattungen mannigfaehe Formationen. Bald ist dieselbe finch, muldenfSrmig, bald tiefer, triehterartig, immer abet liegt an ihrem, zum inneren Labyrinth gerichteten Boden das Yorhoffenster mit der darin haftenden Versehlugplatte der Columella. Die Umrandung tier ganzen HShle ist v511ig knSehern, auf~er bei din niederen Vogelgattungen, den Wasserv~geln, bei welehen in tier oberen hinteren Wand eine

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XVII.

Studien fiber den sogenannten Schallleitungsapparat bei den Wirbeltieren and Betravhtungen fiber die Funktion

des Schneckcnfensters. Von

Dr. lIermann Beyer~ Berlin. (Mit 24 Abbildungen.)

Fortsetzung.

Die Paukenh5hle gleicht mit ihren vielen Buehten and HShlen in der spongiSsen Knoehensubstanz der sehon bei den Kroko- dilen besehriebenen. Sie steht dureh eine besondere grofie 0ffnung, das Foramen eommunieans mit den Luftzellen des ttin- terhaupts, oder wenigstens mit einer Ausbuchtung in der Nahe des horizontafen Bogenganges in Verbindung. Aus der Masse der zahlreiehen lufthaltigen Knoehenzellen hebt sieh das kom- pakte knSeherne Labyrinth mit Bogengangen and Lagena deutlieh ab and ist wohl bier am leichtesten yon allen Tieren in seiner Totalit~t durch Praparation darzustellen. Der aueh sehon bei den Krokodilen erw~hnte Reeessus eavi tympani hat bei den VSgeln eine ganz besondere Ausbildung erfahren. Ieh mSehte trotz tier klassisehen Beschreibung yon Hasse mit einigen Wor- ten darauf eingehen, da mir seine Beziehungen zum Schneeken- feaster far die uns interessierende Frage tier Sehalleitung yon wesentlieher Bedeutung' zu sein scheint. Die an der Innenwand der PaukenhSble befindliehe Einsenkung, deren 0ffnung naeh aufien yon wechselnder GrSBe and Form rundlieh oder oval ist, zeig.t je naeh den versehiedenen Vogelgattungen mannigfaehe Formationen. Bald ist dieselbe finch, muldenfSrmig, bald tiefer, triehterartig, immer abet liegt an ihrem, zum inneren Labyrinth gerichteten Boden das Yorhoffenster mit der darin haftenden Versehlugplatte der Columella. Die Umrandung tier ganzen HShle ist v511ig knSehern, auf~er bei din niederen Vogelgattungen, den Wasserv~geln, bei welehen in tier oberen hinteren Wand eine

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rundliehe ()ffnung bestehen bleibt, dureh welche die dutch die PaukenhShle ziehende Vena jugularis hindurehgeht. Das Vor- hoffenster liegt nicht direkt in der Sagittalebene, sondern der- artig gedreht, daft der obere Rand ein wenig welter naeh aul]en, der untere etwas mehr nach innen gertiekt ist und zugleieh seine L~ngsaehse yon hinten oben naeh v o r n unten zu vel'l~tuft. Seine Form weehselt mit derjenigen der Verschlufiplatte. Ibm direkt benaehbart und nur durch eine schmale, mitunter minimale Knoehenspange getrennt, befindet sich immer noeh in dem Re-

eessus selbst alas bier zum ersten Mal in der Tierreihe geson- dert auftretende Sehneckenfenster, versehlossen dureh eine Mem- brana tympani seeundaria.

Folg'en wir inbetreff der Ansicht des erstmaligen Auftre- tens des Sehneekenfensters bei den VSgeln den Ausftihrungen yon V e r s l u y s . Das Loch, welches H a s s e und alle spitteren Untersueher bci den Amphibien und Reptilien und auch bei den SehwimmvSgeln als Foram. rot. gedeutet haben, ist dem gleieh- namigen Loeh in der Labyrinthkapsel der Sauger und der Flie- ger nicht homolo~;. Der Zustand bei den WasservSgeln, den Cheloniern und den Stammformen der Saurier ist insofern al~ der ursprtingliehe anzusehen, als bei ihnen der iiufiere Tell des Ree. seal. tymp. ganz yon tier ¥ena jugularis ausgeftillt wird, demnach einfach den Kanal dieser Vene repr~isentiert (Fig. 17b). Der mediale Tell dieses Kanals besteht aus einer Vereinigung des Jugularkanals mit dem knSchernen Gang, dutch den der Duet. peril, das Cavum cranii erreieht. W~ihrend nun bei den Lacerten der Duct. peril, den Raum der rtiekgebildeten Vene einnimmt, hat sich bei den VSgeln der perilymphatische Gang unter Erweiterung des Jugularkanals bis an die Mtindung des- selben ausgedehnt und dort zur Bildung der Membr. tymp. see., Anlaf~ gegeben. Indem nun dureh die Bildung eines knSchernen Septums die Vcne sieh vom tibrigen abgegrenzt hat, entstand der Zustand, den H ass e beim Huhn beschreibt, wo n~mlich tier perilymphatische Sack unabh~ngig vom Jugularkanal die Schleim- haut der Pauke erreicht. Demnaeh hat also eine Trennung des nrsprtinglichen Foram. jug. ext. in ein Jugularisloch und ein Foram. rot. stattgefunden (Fig. 17a). Bei den SchwimmvSgeln fehlt diese knScherne Scheidewand und der Recessus wird dutch die Vena jugularis ausgeftillt. Das Foram. jug. ext. ist dabei mit der Au$eren ()ffnung des ReeesSUgr zu e i n e m Loch ver- schmolzen, in welchem die Vena jugularis steekt. Nach Hasse

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finder sieh bier das Foram. rot. an der Stele , wo der Duet. peril, die Vena jugnlaris erreieht. Das w/ire das Loeh, dureh das dor Duet. peril, mit dem Labyrinth kommuniziert, und dieses wird nieht yon einer Membran versehlossen, weswegen er yon dem offenen Foram. rat. der Sehwimmvbgel sprieht. Diese (3ffnung besteht aber an dem Labyrinth aller bisher behandelten Tiere und kann daher als eine Sonderbildung wohl nieht auf- gefalt werden. Da das Foram. rot. des t-Iuhns nnr ein Te l des Foram. jug. ist, ist es aueh kein Homologon dieses Loehes bei den Laoerten. Es ist also bei den Vbgeln, mit Ausnahme der Sehwimmvbgel, dureh die Bildung einer neuen 0ffnung in der

sch.- ....... l~rt~tl~lt,,,, ti( , ~ s

St .__._~ ~ ~ ...... Lb.

/,D.p. Seh.- ...... L ......

For. rot.. ........ _ ~ " S s.

v. j. x

a Fig. 17. b

Schema yon Lage und Verlauf des Duct. perilymph. a ~ Huhn b ~-~ Gans. Hath Versluys.

at . ~ Stapes D . p . ~ Ductus perilymphaticus Lb. ~ Labyrinthh6hle S .p . ~ Saecus perilymphaticus Sch, ~ Sehleimhaut der PaukenhShle For. rot. ~ Foramen rotundum V. j . i. ~ Vena jug. int. IX. = Nerv. Glossophar. F. j. e. ~ Foramen jug. ext. X. ~ Nerv. Vagus

Labyrinthkapsel~ das Sehneekenfenster, etwas neues hinzuge- kommen~ das aueh far die Frage der Sehalleitung yon beson- deter Wiehtigkeit sein mug.

Die Anlehnung der beiden Labyrinthfenster aneinander fie- sehieht nun in der mannigfaehsten Art. Bald liegt die Membran des Sehneekenfensters und das Vorhoffenster in der gleiehen Ebene, bald sind sic in einem stumpfen Winkel gegeneinander geneigt, bald stehen sic fast senkreeht zu einander. Da nun die dureh die Fensterhaut versehlossene Offnung" in Grbl% und Form aueh variiert, resultieren eigenartige Verhitltnisse der beiden Fenster zu einander. Immer fibertrifft an Grbge das Sehneeken-

Amhiv f. Ohrenhoilkundo. nd. 75. 1 7

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.fenster um ein bedeutendes das Vorhoffenster. So sieht man ex- zessive Sehneekenfenster, welehe die vier- bis ftinffache GrSfie des zugehSrigen Vorhoffensters besitzen. Der Gestalt naeh sind sic aueh untereinander versehieden. Liingliehe, ovale, rundliehe, aueh einem Viereek mit abgerundeten Eeken ahnliehe Formen kommen vet. Yon Einflu$ auf die Form scheint aueh die Lage der beiden Ebenen der Fenster, sowie die GrSBe und Tiefe des Reeessus zu sein. Bei gleiehgestellten Ebenen erseheint die Membran fast plan, bei tiefliegendem Reeessus und fast senk- rechter Stellung der Ebeuen zueinander umsehliel~t die Membrau je naeh dem Grade ihrer GrSge bald in einem konkavea Bogen, bald aueh halbkugelfSrmig das Vorhoffenster. Im letzteren Falle maeht es den Eindruek, als ob das kleine Vorhoffenster mit seiner Columella darin wie in einem Trichter liege, der auf der einen Seite knSehern, auf der anderen membranSs ist. Aber aueh konvexe ¥orbuehtungen der Fensterhaut zum ¥orhoffenster kann man beobaehten. Die Membran versehliel~t naeh innen den er- w~hnten Hohlraum, den H a s s e als Ree. seal. tymp. bezeichnet, urrd der mit der Seal. tymp. kommunizierend als der Beginn der Sehneekentreppe aufgefal~t werden sell.

Die kleine Cochlea und Lagena liifit sieh ebenso wie die anderen festen Teile des knSchernen Labyrinths aus der spon- giSsen Knoehensubstanz mehr oder weniger gut auspr~tparieren. ErSffnet man sic nun reeht vorsiehtig in ihrer ganzen Li~nge und entfernt den h~utigen Sehneekensaek mit der flasehenF6r- migen Lagena~ so gewinnt man einen Uberbliek fiber die Lage der Fenster zu einander, besonders aber aueh fiber die Form des Ree. seal. :tymp. (Fig. 18). Zuni~ehst fiillt es auf, daft die Trennung beider Fenster~ wie es in der mensehlichen Sehneeke dureh die Lam. spiral, oss. gesehieht; hier nieht besteht. Es verlanft eine kleine: vorspringende Knoehenleiste als Fortsetzung der ~ul~eren knSchernen Sehneekenhtille zwischen der Umran- dung der beiden Fenster und spannt sieh bogenf6rmig zwisehen denselben aus. Eine vSllige Trennung" sell allerdings dureh die Anlagerung des Aafangsteils der Sehneeke zustande kommen. Das ¥orhoffenster ist dabei mehr naeh der Sehneeke als naeh dem Vorhof gelagert. Blickt man in die yon unten erSffnete Schneeke hinein~ so sieht man den l~inglichen, etwas gesehwun- genen Hohlraum derselben, und an der tiefsten Stelle dureh die Sehattierung dunkler gefarbt und dutch die angelagerte Am- pulle des hinteren Bogengangs erkennbar das For. communie.

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vestib, im iiuiteren Ende des Vorhofs. Davoa durch die erwiihnte Leisie ~etrennt, liegt die grebe Membran. tymp. see. i a d e m gleichfalls erSffneten Ree. seal. tymp. Ihre GrSf~e entsprieht etwa der ttli!fte des Hohlraums der ganzen knSehernen Sehneeke. Direkt darer erbliekt man die ovale Versehlu[~platte im Vorhof- fenster mit dem Ligamentum annulare, welches infolge seiner Feinheit dunkel erseheiat, Oberhalb~ eigentlieh lateralw~trts~ sehimmert der innerste Teil des knSehernen Columellastiels dureh die feine Sehneekenhaut hindurch (Fig. 18).

¥iel verwiekelter ]st die Anlage be] den SehwimmvSgeln. Die Membran. tymp. sec. spannt sieh be] ihnen yon dem unteren

C. se. p.

C,

Mb.

Fig. iS.

Recessus sealae tymp. yon Strix flammea, erSffnet dureh Ahtraffen der media]. Cochleawand.

~I. C. ~ tIoh]rzum der Cochlea CoL S. ~ Columel]a St]el, dureh- V. P. ~ ~qersehluliplatte ~m Forameu sehimmernd dutch Mb. t. s.

vistibulare F . c . v . ~ Foramen communieans Mb. t. s. ~--- Membr. tymp, secund, vest]bali

im Foramen vestibulare C. sc. p. =~ Canal. semieirc, post. Knl. ~ Knoehen]elste zwisehen For. Amp. ~ Ampulle desselben

vest. u. For. cochl.

Rande des Vorhoffensters zu dem gleiehen des Reeessus und verl~uft dabei tiber die Seheide des Bulbus der Vena jugular]s, die sieh bier anlagert. Es handelt sieh bier aber nieht um ein wirkliehes Sehneekenfenster mit seiner Versehluitmembran, son- dern, wie sehon vorher besehrieben, um den :~uiSeren Tell des Jagularkanals, and der Versehlufi desselben wird dureh die Pau- kenhShlenschleimhaut and teilweise Anlagerung des Duet. peril. herbeigefahrt (Fig. 17b).

Ieh mSehte bier noeh einige Bemerkungen inbetreff des Ab- flusses der Endo- und Perilymphe anftisen. In de1" Wand des Vestihulums finden sich nach hinten and unten zu zwei feine

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Offaungen, die Apcrturen der bciden Aquaeducte, yon denen die vordere nach vora und unten verlaufende als Aquaeduetus vcsti- bull, die hintere naoh hinten und unten ftihrende als Aquae- ductus cochleae anzusehen sind. Der Ductus endolymphatieus ist, wie die instruktiven Bilder des hautigen Vogellabyrinths yon R e t z i u s dartun, fast durchweg yon betritchtlicher Breite, da er meistens wie eine riihrenartige Verlangerung" des Saeculus aus- lituft, sich dana in der Apert. aquaeduct, vestib, versehm~tlert, um dann wieder an Breite zuzunehmen und mit einem, den weiehen Hirnhiillen auhaflenden Sace. endolymph, zu enden. Viclleieht ist ftir die Erweiterung des Duct. endolymph, der Urn- stand mal~gebend gewesen, daft die Kommunikation zwischen Utrieulus and Sacculus nut dutch eine ovule, seharfrandige ()ffnung den lochfSrmigen Canalis utriculo-saccularis stattfindet. In der Anlage des perilymphat!schen Raumes und des Duetus perilymph, betont R e t z i u s im Anschlufi an H a s s e bci den- jenigen Vogelarten, dei'en Sehneekenfenster er als often bezeich- net, die Ahnlichkeit mit der Anlage bei den Krokodilen. Er besehreibt den Duct. perilymph, als eine in der Paukentreppe an der Basilarmembran welt offenstehende trichterfSrmige RShre, deren Wandung sich an die Peripherie des Foram. rot. anlegt, und dann gegen den Rec. seal. hinsieht. Hinsichtlieh der Stel- lung des Duct. perilymph, und des Forum. rot. bemerkt er, dab beide weniger nach hinten aufien, sondern mehr nach hinten ge- kehrt sind. Somit verbleibt der Duetus in der INithe des Forum. jugul, und der Jugularis, welcher cr nun so benachbart liegt, dal~ der Sacc. perilymph, an der Aui~enwand derselben zn liegen kommt, um durch das Drosselloeh mittels einer Fortsetzung mit dem Cavum epicerebrale zu kommunizieren. Die Anordnung derselben Gebilde erreieht dagegen bei denjenigen ¥ogelarten, welche ein membranSs versehlossenes Forum. rot. besitzea, eine grofie Anlehnung an die Verhiiltnisse am S~ugetierlabyrinth. Bei ihnen geht niimlich der Duct. perilymph, medianwiirts vom so- g'enannten Foram. rot. im Bereich der Scala tympani duroh die Apertura aquaeducti cochleae. Wie die anatomisehen Verh~ltnisse sich gestalten, ersieht man am besten aus den sehematisehen Zeichnungen vou Y e r s l u y s (Fig. 17).

Uber eine ganz eigenarlige Beobaehtung, die ich bei der Priiparation des GehSrorgans yon Syrnium aluco gemaeht habe, mSehte ieh noeh berichten. Die bei diesem Tiere die Form eines

¥iereeks darstellende betrachtliehe Membr. tymp. see. zeigte bei

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der ersten Betrachtung feine, naeh allen Seiten verlaufende Linien. Bei starkerer Verg'rSBerung und geeigneter Beleuehtung liefien diese Linien eine grSl~ere Reg'elm~if~ig.keit erkennen, und zwar derart, daft die ganze Membran sieh in eine grofie Zahl yon Figursn geteilt erwies (Fig. 19). In der Mitts der Mere- bran bilden die Figurea zwei Reihen fast regul/irer Seehseeke, die nur dureh die WSlbung der Membran teilweise versehoben sind. Rings umrahmt werden diese beiden Reihen yon Seehs-

E. ,V. P.

J. S.

Mb

Fig. 19.

~itteloLr yon Syrni~m alueo.

M~, t. ~- Membran. ~ymp. V . P . ~ VerschIu~-Platte J. St. ~ Jnfra-St~apediale For. v. ~ Foramen vestibulare ]L St. ~ :Extra-Stapediale For. e. ~ Foramen coehleare Sp. St. = Supra-Stapediale Mb. t. S. ~ Membr. tymp~ secund. Col. S, ~ Colamella Sti¢l (Facettierung)

eeken, durch nebeneinander liegende und. ineinander ~ibergreifende Reihen und eine Randzone ebenso gesfalteter Figuren. Bei den- jenigen der letzteren ist der seehste Winkel durch die knScherne Umrandung wie abgeschnitten, u n d e s verfUgen diese Figuren mithin mit diesem Rande als Grundlinie nur noch Uber vier Seiten. Die Seitenlinien an den Fig'uren markieren sieh als feine weil~- liehe Streifen, welehe in der Substantia propria der Membran ge- lagert sein mUssen, da dis Geflige der die ganze Membran tiber-

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ziehenden Sehleimhaut dartiber hinweggehen. Ihrer histologisehen Struktur naeh bestehen sie wohl aus bindegewebigen Fasern. Die Zeiehnung tier ganzen Membran ~thnelt in dieser Form dem Faeettenaug'e der Insekten. Ob diese ganze Eigenttimliehkeit, die ieh ttbrigens nieht mehr wieder bei anderen ¥Sgeln gefunden habe, mit irgend einer Funktionswirkung" der Membran zusammenh~ngt, oh dureh die Teilung derselben in kleine Absehnitte besondere Spannungsverh~ltnisse in den versehiedenen Bezirken herbei- geftihrt werden, dartiber kann ieh n~heres nieht aussagen.

In Betreff tier auBerordentlieh feinen Funktion des Geh5r- sinns der VSgel sind wohl Worte iiberfltissig; besitzen doeh einige Gattungen die F~bigkeit, ganze !~Ielodien nieht nut fehlerfrei naehzupfeifen, sondern aueh bestimmte komplizierte TSne und Kiting'e, wie auch die mensehliehe Stimme in HShe und Tiefe, ja sogar im Timbre naehzuahmen.

Wir wollen nun, naehdem wit den anatomisehen Aufbau des Mittelohrapparates besproehen haben, zusehen, in wieweit derselbe sieh fur die physiologisehen Funktionenim Sinne der versehiedenen Sehalltheorien verwerten l~l~t. Prtifen wit zu- nitehst einmal das Trommelfell der ¥@el, ob dasselbe den An- forderungen, welehe wit gewohnterma6en an eine l~Iembran stellen, die als ganzes auf Sehallwellen sehwingen sol1, naeh- kommt. Die im Verh~ltnis zur Gr56e des Tieres durehweg be- tr~ehtliehe Membran hat infolge ibrer Befestigung im knSehernen Annulusring eine m~Bige Spannung. Auf diese vermag viel-

leieht der als Analogon des Stapedius gedeutete lange Muskel derart zu wirken, dal~ bei seiner Kontraktion dureh die Ein- w~rtsbewegung des knorpligen Halses der Columella aueh eine solehe des hinteren oberen Trommelfellabsehnittes zustande kommt nnd dadureh eine leiehte Ersehlaffung der Membran. Wurde doeh dieser Muskel yon B r e s e h e t direkt als Laxator tympani be- zeiehnet. Jedenfalls ist die Deutung yon Gadow als Tensor tympani eine irrtUmliehe,, da doeh ein Muskel, weleher yon augen her in die PaukenhShle tritt und sieh an der Innenseite eines naeh arisen gewSlbten Trommelfells inseriert, bei seiner Kon- traktion nut eine Einw~rtsbewegung des letzteren und damit eine ¥erminderung der Spannung bewirken kann. Eine Span- nungsvermehrung der Membran wtirde dagegen nut bei dan- jenigen ¥ogelgattungen mSglieh sein, bei denen das Quadratbein sieh an der Vervollst~ndigung des Annulusringes beteiligt, und dutch seine Bewegung cinch Zug auf sie auszutiben vermag'.

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Wir haben also in dem Trommelfell der VSgel eine Mem- bran, der eta bestimmter Grad yon Spt~nnung zukommt, die abet nut sehr wenig ab~,tuderungs - und versehiedenen Sehallsehwin- gungen anpassungsffthig ist. Als ein, die Resonanzfithigkeit der Membran fSrderndes Moment k~me vielleieht die geringe naeh auDen konvexe Triehterform in Beeraeht, deren Einflult wir sehon bet der Besproehung tier gleiehen Anlage bet den Krokodilen betont haben. Nun ist abet feruer das Trommelfell der V5gel im Vergleieh zu demjeni~en aller bisher untersuchten Tiere, wenn aicht iiberhaupt aller Tiere, das diinnste und zarteste, da es h5ehstens 0,03 bis 0,05 mm betritgt, eine Feinheit, die der hoehgradigsten Atrophie der mensehlichen Membran gleiehkom- men wiirde. Zirkul/irfasern sind ferner nut am Rande, und hier aueh nur spitrlieh vorhanden, und daher besitzt die Membran aueh wenig Elastiziti~t. Sie vermag einem auf sie ausgetibten Druek einigen Widerstand entgegenzusetzen, ohne zu zerreil~en. Im troekenen Zustande dagegen ist sic /iul~el'st empfindlieh. Bet der geringsten, nieht zart genus ausgefiihrten Bertihrung reil~t sie sogleieh ein und es klafft dann der Spalt fast regelm/ii3ig in der Radi/irriehtung. Von weiterer Bedeutung fiir eine Membran~ die auf TSne versehiedener Sehwingungszahlen dureh Eigen- sehwingnngen reagieren soll, ist ferner noeh dig Belastung. Beim mensehliehen Trommelfell wird diese dureh Einlagerung des Hammergriffs in die Substanz der Membran bewirkt, wo- dureh diese, wie A. F i e k naehgewiesen, ihren Eigenton ver- liert. Wenn aueh das Trommelfell der VSgel ~tufierst diinn ist, so kann doeh dureh die Art, wie sigh der kurze Knorpelansatz an ihr befestigt, yon einer Belastung kaum gesproehen werden. Es existiert nitmlieh, wie sehon erwKhnt, keine radienartige Einfiigung des knorpligen Aufienstiieks der Columella, sondern nur eine Anlagerung" desselben. Aufierdem betrifft diese An- heftungsart nut einen sehr besehr/~nkten Bezirk im hinteren Trommelfellabsehnitt und diesen aueb nut in geringem Mal~e, soda[l eine Ditmpfung etwaiger Naehsehwingungen der Mere- bran dureh diesen kurzen, feinen Knorpelstreifen kaum erfolgen dilrfte. Das Trommelfell weist also ftir eine exakte Anpassung an eine grofie Zahl yon Sehwing'ungsgesehwindigkeiten mehr- faehe Naehteile auf, und zwar den Mangel ether Spannungs- finderungsm5gliehkeit, die aufierordentliehe Feinheit und geringe Belastung und die dadureh feblende Diimpfung.

Es seheint mir abet aueh sehliefilieh der (~bertragungsmodus

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trotz einer guten FunktionsmSgliehkeit des ~Tberleitungsstabes gegen die Annahme der molaren Sehalltheorie zu sprechen. Priift man niimlieh mittels einer Sonde die Bewegliehkeit der Mem- bran an ihren versehiedenen Segmenten, so findet man die leieh- teste und ergiebigste in dam vorderen oberen, die sehw~ehste im hinteren unteren Quadranten. Es folgt die Spitze des knor- pligen Firstes nur wenig der jedesmaligen Bewegung des Trom- melfellabsehnittes, indem sie bei Einw~trtsbewegung der oberen Hitlfte sigh naeh oben zu, der unterea H~tlfte naeh unten zu be- wegt, und sieh dabei ein wenig in gleiehem Sinne dreht. Be- traehtet man bei der niimliehen Bewegung des Trommelfells yon inn en her den knSehernen Columellastiel, so zeigt es sich deut- lich, dab eine irgendwie ergiebige Einwiirtsbewegung desselben nur bei Bewegung des oberen Trommelfellabsohnitts erfolgt, viel weniger dagegen bei einer solehen des unteren. Als Grund hier- fiir wgtre meiner Ansieht nach anzuseheu, dal~ aul~er der gerin- gen Spannung der ganzen unteren Trommelfellhiilfte sieh das Infrastapediale in diesem Bezirk als feine Leiste sehritg naeh dem hinteren unteren Rande der Membran hintiberspannt, und da es, wie wir gesehen haben~ am iuneren Annulusring befestigt ist, die Bewegung dieses Trommelfellabsehnitts hemmt (Fig. t6). Die bessere Schwingungsfi~higkeit des oberea Trommelfellab- sehnittes wiirde ungefi~hr der Form des GehSrgangs entspreehen. Denn die dureh diesen, allerdings 5frets nur sehlitzartigen Gang, einfliel~enden Sehallwellen mtil~ten infolge der Neigung des Trom- melfells und infolge der oft beobaehteten Vorbuehtung des un- teren GehSrgangs dureh angelagerte Muskeln gerade diesen Be- zirk zuerst treffen. Ist doeh aueh beim menschliehen Trommel- fell dieser Absehnitt der beweglichste.

Versueht man sehlietSlich dutch Druck auf den horizontal verlaufenden iiul~eren First Massensehwingungen des Trommel- fells, wenn aueh in grober Weise naehzuahmen~ und betraehtet dabei den Columellastiel und das knorplige Endsttiek, so sieht man die stiirkste Einw~trtsbewegung der knSeherneu Columella bei BerOh- rung des itulSersten in der Substanz des Trommelfells eingeftigten und naeh aul~en prominenten Punktes. Letzterer entspr~tehe aber nicht darn Umbo am mensehliehen Trommelfell, sondern dam Proeessus brevis, da das Trommelfell der VSgel, wie sehon erwi~hnt, ungef~thr einem Spiegelbild des mensehliehen Trommel- fells gleieh kommt. Geht man in iihnlieher Weise den Druek~ ausftihrend entlang des Firstes waiter bis zum Rande des Trom-

8tudien tiber d. sog. 8cballleitungsapparat bei den Wirbeltieren etc. 253

melfells, so nimmt man dabei sowohl die Bewegung desselben, wie die der knSehernen Columella ab. Immer mul~, am iiberhaupt den knorpligen First naeh innen zu bewegen, eine gewisse Kraft angewandt werden, die am ~ufiersten Ende desselben am ge- ringsten, naeh dem An nulusrand zu gesteigert werden mugl. Um nun auch die Bewegungen des innersten Columellateils der End- platte im Vorfenster der Beobaehtung zug~inglieh zu maehen, mul~ die mediale Vorhofwand 7 sowie die inhere Sehneekenwand abgetragen und die h~utigen Labyrinthgebilde entfernt werden. Entspreehend dem Einw~rtsriieken des knSehernen Columella- stiels sind aueh die Bewegungen der Platte am intensivsten bei jenen Trommelfellbewegungen, welehe dm'eh Bertihrung des End- punktes des knorpligen Firstes bewirkt werden, am geringsten, kaum bemerkbar diejenigen bei Bewegung des unterea Trommel- fellabsehnitts. Die gr5fite Exkursionsfahigkeit scheint dabei an der ovalen Platte die hintere Rundung zu besitzen. Die feine Einstellung, wie wir sie beim mensehliehen Stapes bei Luftver- diinnungen und Verdiehtungen im ~tul~eren GehSrgang zu sehen gewohnt sind, das tiefere Eindringen des hinteren hbsehnittes der Fufiplatte, die leiehte Drehung mit Senkung des oberen und Ausw~trtsriieken des unteren Randes, babe ieh an tier Platte der Vogeleolumella nieht bemerkt. Ob sie vorhanden, konnte ieh leider nieht entseheiden, da meine Versuehe mittelst des D el- s tanehesehen Rarefaetem's die entspreehenden Trommelfell- bewegungen auszulSsen, infolge der ungiinstigen Formverh~tlt- nisse des aul]eren GehSrganges zu keinem einwandfreien Re- sultat fiihrten. Der Uberleitungsstab erweist sieh also naeh diesen Erfahrungen als wenig zuverliissig zur Ubertragung yon Massen- sehwingungen des Trommelfells auf die Labyrinthfitissigkeit. Abet noeh das wesentlichste, die Verbindung des Trommel- fells mit diesem Stiel seheint mir hierftir noeh ungeeigneter zu sein.

Die Befestigung des iiul~eren knorpligen Endsttieks der Co- lumella am Trommelfell sell, versehiedenen Ansiehten zufolge, dureh eine knorplige Seheibe zustande kommen. In diesem Falle ware ja, wenn noeh angenommen wird, dal~ diese Verbin- dung als eine kontinuierliehe, breite zwisehen Stiel und Trom- melfell bestehe 7 die Ubertragung der Sehwingungen des Trommel- fells auf den Stiel eine verhfiltnism~l~ig gtinsfige. Ieh habe nun aber, wie friiher bemerkt, an s~mtliehen yon mir untersuehten Cohmellen eine Befestigungsart des knorpligen iiui~eren Endes

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in dieser Form hie beobachten kSnnen, sondern stets nur strieh- fSrmige Anheftungeu am Trommelfell und dem knorpligen feinea Halse gesehen. Durch eine solehe lose Yerbindung mittels eines derartigen l~berwegs, dargestellt dutch schmale Verbindungs- briieken~ welehe nur teilweise knorplig, teilweise sogar nur liga- mentSs erseheinen~ wiirde abet jedesmal eineVerminderung der Bewegungskraft bei Massensehwingungen des Trommelfells ein- treten (Fig. 16). Wenn nun dutch diese Verkntipfung zwisehen Columella und Trommelfell die Fortleitung der Sehwingungen ersehwert~ ja zum Tell gehemmt wird~ so ist es doeh kaum wahrseheinlieh, daft die Anlage diesem Zweeke dienen soll. Es wiirde also die lose Yerbindung mehr darauf hindeuten~ eine leiehtere Bewegliehkeit der Columella herbeizuftihren.

In einer interessanten Arbeit hat K r a u s e aus dem Bau der Columella der VSgel einen Einflu• auf die FeinhSrigkeit der- selben ableiten wollen. Die Bedeutung der Columella liege seiner Ansieht naeh darin~ die Sehwingungen des Trommelfells auf die VerschluSplatte konzentriert zu iibertragen, Das knorplige End- stack ni~hme dabei die Gesamtenergie der yore Trommelfell auf- gefangeaen Sehallwellen auf und leite sie dureh den je nach der Spezies mehr oder weniger versehmiilerten Stiel, gesammelt und konzentriert auf die Versehlul~platte fiber. Die triehter- fSrmige Erweiterung der letzteren~ sowie das Vorhandensein yon SehallSehera an ihr, trage noeh wesentlieh zur Verstih'- kung der Sehallempfindung bei, iudem die darin enthaltenen Luftteilehen noch in besondere sekundi~re Schwingungen gerie- teat welche das Gesamtprodukt der Sehallsehwingungea ver- mehrten. Im allgemeinen kSnne man demnach bei relativ grofien~ s~ark gewSlbtea Eudseheiben~ starken und hohlen Siielen und gut entwiekelter Triehterbildung auf feines Geh55 dagegen bei flaehen kleinen Seheiben, massiven Stielen und wenig oder gar nieht entwiekeltem Triehter auf ein geringes H5rvermSgen sehlieBen. Diese Uberlegung der Konzentrierung der Wel!en im Columellastiel kann nut bei der Annahme eiuer molekularen Erregung des Mittelohrapparates dutch Sehallsehwingungen Gtiltigkeit haben. Betraehten wir datum yon diesem Gesiehts- punkte aus das Mittelohr der VSgel.

Die Schallsehwingungen mtissen bei ihrem Einfliei~en in den aul~eren GehSrgang infolge der Euge desselben mehrfaehe Re- flektionen und dutch die vorgelagerte Muskulatur wie aueh sehliefilieh dureh die vorstehenden Federn eine Beeintraehtigung

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in ihrer Starke erfahren. Trotzdessen wtirde wohl noeh ein ge- nagendes Mal~ yon Sehallenergie das feine Trommelfell, das danne knorplige Yerbindungsstaek, sowie den feinen knorpligen Hals durehsetzen and in Sehwingungen bring'en kSnnen. Auf diesem Wege warden aber die molekularen Werlen in dem dan- nan ligamentSsen Anheftungsteile eine abermalige Sehw~ehung erhalten. In der feinen knSehernen Columella kSnnten nun allerding's die molekularen Wellen an St~trke zunehmen, wenn sie diesen feinen Stab seiner Li~nge naeh durehlaufen. Dean wie F r e y bei seinen Untersuehungen abet die Sehalleitungs- verh~tltnisse im Knoehengewebe gezeigt he/t, besitzt die L~ngs- riehtung des Knoohens eine hShere Leitangsf~tbigkeit als die quere, wobei noah besonders die mehr oder minder groiSe Dichte in der Aneinanderlagerung der Teilehen des Knoehens in Be- traeht kommt. Jedenfalls sprieht sieh aueh Kr e t s e h m a nn in diesem Sinne aus, wenn er meint, daf~ eine Columella mit grSf~erer Platte an tier Wasserseite und kleinerer an der Luftseite eine besonders ganstige Kombination darstellt, um Sehallwellen der Luf~, vornehmlieh sehwaehe tiefe TSne wirksam auf das fltissige Medium zu [tbertragen. Dem gegentiber betont K a y s e r und stellt es als ein dm'ch seine Beobaehtung and Prafung mittels des Wassertelephons gefundenes g'esiehertes Ergebnis dar, dal~ gerade dutch die Einschaltung" eines Columellastabes keine Ver- besserung, sondern eine direkte Ersehwerung tier Sehallzafalir yon der Luf~ zum Wasser entstehe. Meinem Daftirhalten naeh ist der Widersprueh dieser beiden Ansiehten in folg'endem be- grandet. K r e t s e h m a n n vergleieht die Columella mit dem Stimmstoek der Saiteninstrumente, als mit einer, den anlieg'en- den, hauptsaehlieh sehwingenden festen Seiten der Anlage eine gewisse Spannung verleihendenVorriehtung. VermSge dieser er- baleen eben diese Seiten eine starkere Sehwingbarkeit, die wie- derum in der umsehlossenen Luftsaule eine st~trkere Erregbar- keit bewirkt. K a y s e r dagegen l~tf~t die Columella beiderseits yon Membranen begrenzt sein, deren Spannung und leiehtere Sehwingbarkeit dureh Einsehiebung dieses Stieles wohl gesteigert werden wird, abet in viel geringerem Grade wie bei festen sehwin- genden, angi'enzenden Flitehen. Je g'eringer die Spannung, je loser oder beweglieher die Columella, zwisehen den beiden Mem- branen liegen wird, umso weniger Sehallvermehrung, sogar Ab- sehwaehung, wird eintreten. Diese letztere Versuehsanordnung, n~tmlieh die lose Anordnung zwischen zwei Membranen, kommt

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abet dem Trommelfell der V6gel sehr nahe. Wir haben gesehen, wie rein das Ligamentum annullare und dal~ die Columella leieht beweglich ist, und somit mSehte ich reich der Kayserschen Ansieht anschliel~en 7 n~imlieh dal~ die ganze Anlageart des Mittel- ohrs der VSgel w~enig zu Gunsten der Annahme der molekularen Fortpfianzung der Sehallwellen sprieht.

Aber neeh einige Punkte betreffs der Fortpflanzung im Ohr der VSgel sind zu beriieksiehtigen. Hatten wir angenommen, daI~ bei den Amphibien und Reptilien~ angepagt ihrer Lebens- weise, die Kopfknoehenleitung noeh eine bedeutende Rolle bei der Perzeption der Sehallwellen spielt, so mtissen wir diese Ubertragungsart derselben aueh bei den VSgeln bertieksiehtigen. W~hrend bei jenen Tieren das hitutige Labyrinth und mit ihm die feinea Nervenendstellen durehsehnittlieh in festen Knoehen- w~nden eingebettet liegen, finden wir bei den Krokodilen und VSgela die knSehernen Labyrinthteile umgeben yon einem System yon Hohlritumen, das besonders bei den VSgeln eine ganz be- sondere Ausdehnung besitzt. Ringsum lagert sieh Zelle an Zelle, die immer dureh feine Knoehenlamellen geteilt sind. Als haupt- siiehliehster Grand fth" diese Anlage diirfte wohl die Erleiehte- rung des Kopfknoehengewiehtes beim Sehweben in der Luft anzusehen sein. Aber diese vielen HohMtume, dureh deren An-

• einanderftigea der ganze Luftraum der PaukenhShle eine bedeu- reade VergrSgerung erfiihrt, kSnntea aueh als akustisehe I-Iilfs- momente aufgefagt werden. Naeh G a d s Ansieht dienen ja die pneumatisehen Zellen im mensehliehea Warzenfortsatz zur Ver- grSgerung des Luftraums der PaukenhShle, damit ftir die bei der Einwiirtsbewegung des Trommelfells in dieselbe eintreten- den Luftverdiehtungen ein g'rSl~erer Spielraum vorhanden ist, und so eine Hemmung desselbea in seiner Bewegung nieht 6r- folgen kann. Indem ferner die Zellen dareh Knoehenlamellen geteilt sind, wtirde das Entstehen voa EigentSnen des Luftraums vermindert. K r e t s e h m a n n meint sogar, dal~ dns gnnze System der Mittelohrr~ume klangverstlirkend zu wirken vermag, und dag infolgedessenKlangwirkungen, die ohne diese Anlage nieht mehr zur Wahrnehmung gelangten, dadureh noeh perzipiert wet- den k5nnten. Wenn nun dieser EinfiuB der Klaugversti~rkung ftir die Zellen des mensehliehen Warzenfortsatzes und die kleine PaukenhShle Galtigkeit haben soll, umwieviel mehr dana aoeh bei der grogen Zahl yon pneumatisehen Zellen, wie sie die Viigel besitzen. Es ist wohl anzanehmen, dal~ in diesem so

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verbreiteten Luftzellensystern die eing'esehlossenen Lufts~iulen leiehter auf Sehallwellen reagieren und selbst in Sehwingungen geraten werden, abet wohl mehr als Resonanzrg~ume, wie dutch molekulare Sehwingungen der Knoehenwande. Sehen wir doeh, dal~ bei den WasservSgeln, bei welehen die letzte Sehall- leitung vielfaeh rnehr Wiehtigkeit haben muff, diese Luft- zellen nur wenig vorhanden sind, das ganze Sehliifenbein viel- mehr ein festeres Gefiige zeigt. Dal~ bei einer solehen korn- pakteren Knoehenkapsel die Leitung der Sehallwellen, sei es in Luft oder Wasser, eine erheblieh bessere ist, wie am porSsen Knoehen, die Sehalltibertragung also yon tier Struktur des Knoehens abh~,ngt, da sie in der Cornpaeta eine urn so kritftigere, ie stlirker diese gegentiber der Spongiosa entwiekelt ist, haben die Yersuehe F r e y s ' s und I w a n o f f ' s an RShrenknoehen so- wie am rnensehliehen Sehii, del gezeigt. Der porSse Knoehen hat abet wieder den Vorteil vor dern kornpakten, daI~ bei ibm tier Ton gleieh anfangs beirn Erklingen zufolge der besseren Resonanz in seinen Hohh'iturnen kr~tftiger und starker ertSnt, dann abet sehneller wieder verklingt.

Verwerten wir nun diese Befunde and Erg'ebaisse ftir die Knoehenstruktur am Seblafenbein der VSgel and Krokodile, so werden wit annehrnen kSnnen, daft bei diesen Tieren, die ihr Geh6rorgan treffenden Sehallwellen in d e n vielen lafthaltigen Knoehenzellen derselben aueh resonieren werden. Ein Ton oder Klang wird stark ertSnen, dann abet wohl sehnell abklingen. Diesern letzteren Mangel ware nun vielleieht dadureh abzuhelfen, dag dem anfangs laut und roll ertSnenden Sehall ein welter and leieht passierbarer Eingang zurn perzipiei'enden Organ often st~inde. :Nehrnen wir abe t dieses an, so kSnnte vielleieht die exzessive VergrSfierung des SeMeekenfensters und seiner Mern- bran, die Urnsebliei~ung des Vorhoffensters dureh dasselbe und schliefflieb seine nahe Lage an dern Hauptluftraum tier Pauken- bShle hierfiir sehr giinstig sein. Vermag doeh ein, das Trornrnel- fell durebdringender und in tier PaukenhShle klingender Sehall- irnpuls die wei~e Mernbran in ihrer ganzen Breite zu durehsetzen und sieh dern Hohlraurn der knSehernen Cochlea and den darin enthaltenen hKutigen Gebilden rnitzuteilen. Die mit der peri- lyrnphatisehen Fltissigkeit ang'efiillte HSble des Ree. seal. tyrnp. kSnnte dabei gewisserrnaffen als eingesehobener Dampfnngs- apparat wirksarn sein. Betraehten wir ein yon der rnedialen Seite geSffnetes Vogellabyrinth, so kommt man unwillktirlieh zu

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der Ansicht, dal~ in dem machtigen, bis zur H/ilffe des knSehernen Schneckengeh~iuses reiehenden Sehneckenfenster, der ttaupt- znleitungsweg zu den membranSsen Gebilden, dagegen in dem kleinen oft nur ein Drittel der OrS~e des letzteren :betrugenden Vorfenster mit seiner feinen Columellaplatte eher ein Ausweiehe- upparat f~r den in der H5hle dutch die eintretenden Schwin- gungen ents~ehenden Innendruek za sehen ist. Fiir die letztere Ansieht kSnnte noeh folgende -~berlegung spreehen.

Wie wir gesehen hubert ist das Trommelfell nur bei den Sehwimmv5g'eln vermSge der Erg~nzung des Annulnsringes

• dureh den Fortsatz des Quadratbeins einer SpunnungserhShung fahig und besitzt daher einen doppelten Spannungs-und Er- sehlaffungsmeehunismus. Wenn wir nun aus dem Reiehtum tier der betreffenden Vogelspezies zur Verftigung stehenden TSne anf die Feinheit rasp. die hShere Ansbildung des GehSrs sehliei~en wollen, so muI~ dieser Sehlu$ trotz dieser feinen Trommelfellanlage zu Ungunsten der SehwimmvSgel uusfallen. Nhr eine geringe Zahl derselben verftigt tiber eine einiger- mal]en modulationsfahig'e Stimme. Dazu aber kommt noeh ganz besonders die geringe anatomisehe Ausbildang des wieh= tigsten Absehnittes des GehSrupparates, der Sehneeke. tt u s e h k e hebt ganz speziell hervor, daft die Form and GrSfie der Sehneeke bei den versehiedenen Vogelguttungen durehaus yon einunder abweiehend ist. Es besitzen nitmlieh die Raubv@el im Ver- h~Itnis zum Gewieht der Tiere grol~e, lunge, und stark ge- krtimmte, die WusservSgel dagegen sehmule, kurze und fast gerade Sehneeken. ~un sprieht sieh H y r t l inbetreff tier grSl~eren

oder geringeren HSrsehitffe der Tiere duhin aus, dag uns der unutomisehe Bauder Sehneeke hierftir einer~ Anhult biete. Je hSher die Sehneeke warde und jemehr die Zahl ihrer Windungen waehse, desto l~nger wtirde die Lamina spiralis, und desto mehr ±Nerven hatten uuf derselben Platz nn4 desto grSBer wtirde die Summe der gleiehzeitigen Partialeindrtieke auf das GehSr sein. Vielfueh gewundene Sehneeken spr~ehen daher ftir ein se]lr seharfes Geh5r. Demzufolge mul~ man aueh den SehwimmvSgelu nur ein besehr~nktes~ jedenfalls weit geringeres HSrvermSgen Wie den Fliegern zusehreiben. Da nun aber gerade die hShere Ausbildung tier Bewegungsf~higkeit des Trommelfells und. da- mit aueh tier Oolumella den feinh5rigen VSgeln fehlt, dagegea bei den dem anatomisehen Bau ihres GehSrapparates naeh weniger gut hSrenden SehwimmvSgeln vorhanden ist~ so mul~

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doch diese Einrichtung fiir diese Tiere erforderlieh sein, aber einem anderen Zwecke dienen sis zur Uberleitung der Sehall- wellen. Ich sehe darin einen feinen Regulierungsapparat des

intralabyrintharen Druekes. Die MSglichkeit der Spannung's- vermehrung des Trommelfells, die bei der konvexen Form desselben einer AuswKrtsbewegung der Columella gleichkommt wird aueh dem fltissigen Labyrintininhalt eine Druckentspan- nungsm@lichkeit verleihen, die fur diese Tiere bei ihrem Auf- enthalt im Wasser, besonders abet beim Tauchen, erforderlieh ist.

Denn abgesehen yore Wasserdruck wird auch das labile Gleiehgewieht des Labyrinthwassers bei den Wassertieren, abet aueh noch den WasservSgeln, besonders infolge tier schnellen und guten Fortpflanzung molekularer Wellen innerhalb des Wassers viel leichteren und starkeren Druck~nderung'en aus- g'esetzt wie bei Tieren, deren umgebendes Medium die Luft ist. Da ferner bei den Wassertieren die Kopfknoehenleitung" den Hauptanteil an der ZufUhrung" etwgger Schall- oder M01ekular- sehwingungcn zu den Nervenstcllen des Labyrinths tragt, so ist eine besondere ()ffnung in der Sehadelkapsel zur Zuleitung dieser Wellen nieht notwendig', wohl abet nachgiebige membranSs versehlossene Stellen, um die innere Fltissigkeit in dem beson- tiers erforderliehen labilen Gleichgewicht zu erhalten. Als solehe ware einerseits das Vorhoffenster mit seinem Balanzierapparat, und andererseits die Austrittsstelle des Duct. peril, anzusehen. Bei allen Tieren, die standig an alas fltissige Element gebunden sind, ist der Jugularkanal als letztere gentigend, bei denjenig'en Tieren abet, die abwechselnd in Luft und Wasser zu leben ge- wohnt sind, wird dieser Kanal nach Rtiekbildung tier Vene zum gleichen Zweck nur teilweise benutzt, oder es sehliefit sich der- selbe durch eine knScherne Abtrennung yon dem Jugularkanal ab, dehnt sich welter aus und dadurch kommt es zu einer Er- weiterung des Duct. peril. So verfagen auch noeh die Krokodile und SehwimmvSgel eigentlieh uur Uber diesen alten Kanal zum Durehtritt des erweiterten Duct. peril., wKhrend bei den eigent- lichen Lufttieren die Erweiterung nut den zu Gehirnhtlllen fiihrenden Gang beti'ifft, den Aquaeduetus cochleae, und die an- dere Seite des erweiterten Kanals als neue Offnung einem an- deren physiologisehen Zwecke dienen kSnnte, n~mlich tier Zu- fiihrung der Schallwellen zur Schnecke. (Fortsetzung fo]gt.)