Sollte auch die DFG ein EPSCoR-Proramm auflegen? Ein US-Beispiel zur Gestaltung von fairen...

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Verschärfter Wettbewerb um exzellente (Nachwuchs-)Wissenschaftler: Strategien und Handlungsoptionen im Kontext der Exzellenzinitiative Sollte auch die DFG ein EPSCoR-Programm auflegen? Ein US-Beispiel zur Gestaltung von fairen Ausgangsbedingungen im Wettbewerb um öffentliche Forschungsgelder Ist leistungsorientierte Mittelvergabe im Hochschulbereich „gerecht“ gestaltbar? Integrierte Analyse von Studierendenurteilen und hochschulstatistischen Daten für eine evidenzbasierte Hochschulsteuerung 4. Jahrgang ISSN 1860-3041 www.universitaetsverlagwebler.de Zeitschrift für Qualitätsentwicklung in Forschung, Studium und Administration Qualität in der Wissenschaft Hochschulen im Wettbewerb: Ausgangsbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten 3 UVW UniversitätsVerlagWebler 2010 QiW

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Verschärfter Wettbewerb um exzellente (Nachwuchs-))Wissenschaftler:

Strategien und Handlungsoptionen im Kontext der Exzellenzinitiative

Sollte auch die DFG ein EPSCoR-PProgramm auflegen? Ein US-BBeispiel zur Gestaltung von fairen Ausgangsbedingungen

im Wettbewerb um öffentliche Forschungsgelder

Ist leistungsorientierte Mittelvergabe im Hochschulbereich „gerecht“ gestaltbar?

Integrierte Analyse von Studierendenurteilen und hochschulstatistischen Daten für

eine evidenzbasierte Hochschulsteuerung

4. Jahrgang ISSN 1860-3041

www.universitaetsverlagwebler.de

Zeitschrift für Qualitätsentwicklung in Forschung, Studium und Administration

Qualität in der Wissenschaft

Hochschulen im Wettbewerb: Ausgangsbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten

3

UUVVWW UniversitätsVerlagWebler

2010

QiW

HHeerraauussggeebbeerrkkrreeiiss

Doris Carstensen, Dr. Mag., Vizerektorin für Qualitätsma-nagement, Gender Mainstreaming und Personalent-wicklung an der KunstUniversität Graz

Hans-Dieter Daniel, Prof. Dr., Professur für Sozialpsycholo-gie und Hochschulforschung, ETH Zürich (CH), Leiterder Evaluationsstelle der Universität Zürich

Michael Heger, Dr., Evaluationsbeauftragter der Fachhoch-schule Aachen, Leiter des Bereichs Hochschuldidaktikund Evaluation in der zentralen QualitätsentwicklungZQE

Achim Hopbach, Dr., Geschäftsführer der Stiftung zur Ak-kreditierung von Studiengängen in Deutschland, Bonn

Stefan Hornbostel, Prof. Dr., Leiter des Instituts für For-schungsinformation und Qualitätssicherung (iFQ), Bonn,Professur für Soziologie (Wissenschaftsforschung), Insti-tut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universitätzu Berlin

René Krempkow, Dr., Institut für Forschungsinformationund Qualitätssicherung (iFQ), Bonn

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Anschrift Verlag, Redaktion, AbonnementenverwaltungUVW UniversitätsVerlagWeblerDer Fachverlag für HochschulthemenBünder Straße 1-3 (Hofgebäude), 33613 BielefeldTel.: 0521-92 36 10-12, Fax: 0521-92 36 10-22

Satz: UVW, [email protected]

Anzeigen: Die Zeitschrift „Qualität in der Wissenschaft” ver-öffentlicht Verlagsanzeigen, Ausschreibungen und Stel-lenanzeigen. Aufträge sind an den Verlag zu richten. Die je-weils gültigen Anzeigenpreise sind der Homepage erhaltenSie auf Anfrage beim Verlag.

Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 08.11.2010

Umschlagsgestaltung: Wolff-Dietrich Webler, BielefeldGesetzt in der Linotype Syntax Regular

Druck: Sievert Druck & Service GmbH,Potsdamer Str. 190, 33719 Bielefeld

Abonnement/Bezugspreis:Jahresabonnement 59 Euro zzgl. Versandkosten Einzelpreis 15 Euro zzgl. Versandkosten

In dieser Zeitschrift werden i.d.R. nur Origialbeiträge pu-bliziert. Sie werden doppelt begutachtet. Die Autor/innenversichern, den Beitrag nicht zu gleicher Zeit an andererStelle zur Publikation angeboten zu haben. Beiträge wer-den nur dann angenommen, wenn die Autor/innen denGegenstand nicht in vergleichbarer Weise in einem ande-ren Medium behandeln. Senden Sie bitte zwei Exemplaredes Manuskripts in Papierform sowie einmal in Dateiform(kann als Daten-CCD der Papierform beigelegt oder per

E-MMail zugeschickt werden) an die Redaktion (Adressesiehe Impressum).

Wichtige Vorgaben zu Textformatierungen und beigefüg-ten Fotos, Zeichnungen sowie Abbildungen erhalten Sie inden „Autorenhinweisen” auf unserer Verlags-HHomepage:„www.universitaetsverlagwebler.de”.Ausführliche Informationen zu den in diesem Heft aufge-führten Verlagsprodukten erhalten Sie ebenfalls auf derzuvor genannten Verlags-HHomepage.

Erscheinungsweise: 4mal jährlich

Abobestellungen und die Bestellungen von Einzelheftensind unterschrieben per Post, E-Mail oder Fax an den Ver-lag zu richten. Eine Abo-Bestellvorlage finden Sie unterwww.universitaetsverlagwebler.de. Das Jahresabonnement verlängert sich automatisch um einJahr, wenn es nicht 6 Wochen vor Jahresende gekündigt wird.

Copyright: UVW UniversitätsVerlagWeblerDie mit Verfassernamen gekennzeichneten Beiträge gebennicht in jedem Falle die Auffassung der Herausgeber bzw.Redaktion wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskrip-te/Rezenzionsexemplare wird keine Verpflichtung zur Ver-öffentlichung/Besprechung übernommen. Sie können nurzurückgegeben werden, wenn dies ausdrücklich gewünschtwird und ausreichendes Rückporto beigefügt ist. Die Urhe-berrechte der hier veröffentlichten Artikel, Fotos und An-zeigen bleiben bei der Redaktion. Der Nachdruck ist nurmit schriftlicher Genehmigung des Verlages gestattet.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhe-berrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages un-zulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfälti-gungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein-speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Sandra Mittag, Dr., Bayerisches Staatsinstitut für Hoch-schulforschung und Hochschulplanung, München

Philipp Pohlenz, Dr., Geschäftsführer des Zentrums für Qua-litätsentwicklung in Lehre und Studium an der Univer-sität Potsdam

Uwe Schmidt, Dr., Leiter des Zentrums für Qualitätssiche-rung und -entwicklung der Universität Mainz, Ge-schäftsführer des Hochschulevaluationsverbundes Süd-west

Wolff-Dietrich Webler, Prof. Dr., Leiter des Instituts fürWissenschafts- und Bildungsforschung Bielefeld (IWBB),Professor of Higher Education, University of Bergen(Norway); Staatliche Pädagogische Universität Jaros-lawl/Wolga

Don Westerheijden, Dr., Center for Higher Education PolicyStudies (CHEPS), University of Twente, Netherlands

Lothar Zechlin, Prof. Dr., ehem. Rektor der UniversitätDuisburg-Essen, Vertreter der Agenturen im Akkreditie-rungsrat

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QiW4. Jahrgang ISSN 1860-3041

Philipp Pohlenz & Markus SeyfriedIntegrierte Analyse von Studierendenurteilen und hochschulstatistischen Daten für eine evidenzbasierte Hochschulsteuerung 79

Nadin Fromm & Gerd GrözingerSollte auch die DFG ein EPSCoR-PProgramm auflegen? Ein US-BBeispiel zur Gestaltung von fairen Ausgangsbedingungen im Wettbewerb um öffentliche Forschungsgelder 66

Zeitschrift für Qualitätsentwicklung in Forschung, Studium und Administration

Qualität in der Wissenschaft

SSee ii tt eennbb ll ii cckk aauu ff dd ii ee SScchhwweess ttee rr zzee ii tt ss cchh rr ii ff tt eenn

IVHauptbeiträge der aktuellen Hefte Fo, HSW, HM, P-OOE und ZBS

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Ruth Kamm & René Krempkow Ist leistungsorientierte Mittelvergabe im Hochschulbereich „gerecht“ gestaltbar? 71

Sebastian Bukow & Michael SondermannVerschärfter Wettbewerb um exzellente (Nachwuchs-))Wissenschaftler:Strategien und Handlungsoptionen im Kontext der Exzellenzinitiative 58

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IIII QiW 3/2010

im UniversitätsVerlagWebler erhältlich:

Insbesondere für diejenigen, die genauer wissen wollen, was sichhinter der Formel „die Humboldtsche Universität” verbirgt, bietetsich die Gelegenheit, wesentliche historische Ursprünge der eige-nen beruflichen Identität in der Gegenwart kennen zu lernen. Die Grundlagen der modernen deutschen Universität sind in eini-gem Detail nur Spezialisten bekannt. Im Alltagsverständnis dermeisten Hochschulmitglieder wird die Humboldtsche Universitäts-konzeption von 1809/10 (Schlagworte z.B.: „Einheit von Forschungund Lehre”, „Freiheit von Forschung und Lehre; Staat als Mäzen”,„Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden”) häufig mit der mo-dernen deutschen Universität gleichgesetzt, ihre Entstehung einergenialen Idee zugeschrieben. Die vorliegende Studie zeigt, unter welchen gesellschaftlichen unduniversitären Bedingungen sich einige zentrale Merkmale ihrer Kon-zeption schon lange vor 1800 entwickelt haben, die heute nochprägend sind. Dies wird anhand der akademischen Selbstverwal-tung, der Lehrfreiheit und der Forschung vorgeführt. Die über 50Jahre ältere, seit mindestens Mitte des 18. Jahrhunderts anhaltendeEntwicklungsdynamik wird lebendig. Schließlich wird als Perspekti-ve skizziert, was aus den Elementen der Gründungskonzeption derBerliner Universität im Laufe des 19. Jahrhunderts geworden ist.Der Text (1986 das erste Mal erschienen) bietet eine gute Gelegen-heit, sich mit den wenig bekannten Wurzeln der später vor allemWilhelm von Humboldt zugeschriebenen Konzeption und ihren we-sentlichen Merkmalen vertraut zu machen.

ISBN 3-937026-56-8, Bielefeld 2008, 30 Seiten, 9.95 Euro

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Bestellung - Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

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Wim GörtsProjektveranstaltungen – und wie man sie richtig macht

Wim Görts hat hier seinen bisherigen beiden Bänden zu Studienprojekten in die-

sem Verlag eine weitere Anleitung von Projekten hinzugefügt. Ein variationsrei-

ches Spektrum von Beispielen ermutigt zu deren Durchführung. Das Buch bietet

Lehrenden und Studierenden zahlreiche Anregungen in einem höchst befriedi-

genden Bereich ihrer Tätigkeit. Die Verstärkung des Praxisbezuges der Lehre

bzw. der Handlungskompetenz bei Studierenden ist eine häufig erhobene Forde-

rung. Projekte gehören - wenn sie gut gewählt sind - zu den praxisnächsten Stu-

dienformen. Mit ihrer ganzheitlichen Anlage kommen sie der großen Mehrheit

der Studierenden, den holistischen Lernern, sehr entgegen. Die Realisierung von

Projekten fördert Motivation, Lernen und Handlungsfähigkeit der Studierenden

erheblich und vermittelt dadurch auch besondere Erfolgserlebnisse für die Leh-

renden bei der Realisierung der einer Hochschule angemessenen, anspruchsvol-

len Lehrziele. Die Frage zum Studienabschluss, in welcher Veranstaltung Studie-

rende am meisten über ihr Fach gelernt haben, wurde in der Vergangenheit häu-

fig mit einem Projekt (z.B. einer Lehrforschung) beantwortet, viel seltener mit

einer konventionellen Fachveranstaltung. Insofern sollten Studienprojekte geför-

dert werden, wo immer es geht. Die Didaktik der Anleitung von Projekten stellt

eine „Königsdisziplin“ der Hochschuldidaktik dar. Projekte gehören zum an-

spruchsvollsten Bereich von Lehre und Studium. Nur eine begrenzte Zeit steht

für einen offenen Erkenntnis- und Entwicklungsprozess zur Verfügung. Insofern

ist auf die Wahl sowie den Zuschnitt des Themas und die Projektplanung beson-

dere Sorgfalt zu verwenden. Auch soll es der Grundidee nach ein Projekt der Stu-

dierenden sein, bei dem die Lehrperson den Studierenden über die Schulter

schaut. Die Organisationsfähigkeit und Selbstdisziplin der Studierenden sollen

gerade im Projekt weiter entwickelt werden. Der vorliegende Band bietet auch

hierzu zahlreiche Anregungen.

ISBN 3-937026-60-6, Bielefeld 2009,138 Seiten, 19.80 Euro

Reihe M

otivierendes Lehren und Lernen in H

ochschulen: Praxisanregungen

Bestellung - Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

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zeptionellen Teil ihres Beitrages diskutieren sie (die Wahrneh-mung von) Fairness bzw. Gerechtigkeit als Faktor für die Akzep-tanz und Wirksamkeit von Leistungs- und Qualitätsbewertungensowie Leistungsanreizen. Dies geschieht unter Einbeziehung ge-rechtigkeitstheoretischer Perspektiven und bezieht auch empiri-sche Forschungen zum Einfluss der Gerechtigkeitswahrnehmungauf die Akzeptanz und Wirksamkeit von Leistungsanreizen ein. Imempirischen Teil erfolgt anhand von zwei Praxisbeispielen dieAnalyse zu (unterschiedlichen) Ausgangsbedingungen: Erstens zu„Elite“- vs. „Normal“-Universitäten, zweitens zu „Metropol“- vs.„Regional“-Universitäten. Für das letztgenannte Beispiel werdenzudem Ergebnisse multivariater Analysen der Zusammenhängemit den Absolventenquoten von 150 Studiengängen eines Bun-deslandes vorgestellt. Im Ausblick werden mögliche Lösungen an-gesprochen. Der Beitrag könnte für Hochschulforscher wie auchfür Praktiker in Hochschulverwaltungen von Interesse sein, die mitsteigenden Anteilen leistungsbezogener Finanzierung häufigerdamit konfrontiert werden, eine „gerechte“ Leistungs- und Qua-litätsbewertung konzipieren zu sollen.

Philipp Pohlenz & Markus Seyfried stellen unter dem Titel „Inte-grierte Analyse von Studierendenurteilen und hochschulstatis-tischen Daten für eine evidenzbasierte Hochschulsteuerung“ Ver-fahren der Leistungsbeurteilung vor, die auf statistischen Indika-toren oder studentischen Befragungsdaten beruhen. Diese sindGegenstand einer anhaltenden Kontroverse. Ihnen wird vorge-worfen, dass sie Gerechtigkeitslücken bei der Beurteilung undHonorierung von Hochschulleistungen aufreißen, sofern nicht si-cher gestellt ist, dass sie diese in belastbarer Weise widerspie-geln. Der Beitrag zeigt anhand der kombinierten Analyse von Be-fragungs- und Hochschulstatistikdaten, inwieweit durch dieseDaten ein zutreffendes Bild der Realität in der Bewertung vonLehre und Studium gezeichnet werden kann.

Dass die QiW mit „Hochschulen im Wettbewerb“ dieses Heft zueinem Thema publiziert, welches offenbar nicht nur der Heraus-geberkreis spannend findet, zeigt der (neben einer Ausschrei-bung für Hochschulforscher-Nachwuchspreise) aus aktuellem An-lass in dieses Heft aufgenommene Call for Papers zur Jahresta-gung 2011 der Gesellschaft für Hochschulforschung, überschrie-ben mit dem Titel „Wettbewerb und Hochschulen“ (deadline28.01.2011). Der Hefttitel wurde zwar bereits formuliert, als derTitel des CfP noch nicht bekannt war und die Herausgeber hattendaran keinen direkten Anteil. Aber wie ein Autor dieses Heftesdazu schmunzelnd anmerkte, sieht es damit so aus, als wäre diesThema ganz auf der Höhe der Zeit.

R. Krempkow & P. Pohlenz

Philipp Pohlenz

Nicht erst seit der Exzellenzinitiative des Bundes befinden sichdie deutschen Hochschulen im nationalen und internationalenWettbewerb – aber seitdem stärker sichtbar. Das vorliegendeHeft versammelt hierzu Beiträge, die sich aus unterschiedlichenPerspektiven mit Ausgangsbedingungen und Gestaltungsmög-lichkeiten dieses Wettbewerbes befassen. Alle Beiträge bearbei-ten dies (auch) empirisch, die ersten beiden stärker für den Be-reich der Forschung, die letzten beiden für den Bereich Lehre.

Der Beitrag „Verschärfter Wettbewerb um exzellente (Nach-wuchs-))Wissenschaftler: Strategien und Handlungsoptionen imKontext der Exzellenzinitiative“ von Sebastian Bukow & MichaelSondermann verweist darauf, dass deutsche Hochschulen ineinem zunehmend anspruchsvolleren (inter-)nationalen Wettbe-werbsumfeld nicht nur um finanzielle Ressourcen und Reputationkonkurrieren, sondern verstärkt auch um qualifiziertes wissen-schaftliches Personal. Vor dem Hintergrund ihres am Institut fürForschungsinformation und Qualitätssicherung – iFQ Bonn ange-siedelten Projektes „Monitoring der Exzellenzinitiative“ führensie aus, dass in dieser Situation die Exzellenzinitiative von zentra-ler Bedeutung ist: Sie wirkt als Wettbewerbsbeschleuniger, solldazu beitragen, (internationale) Spitzenwissenschaftler zu gewin-nen, und sie eröffnet zugleich Möglichkeiten, institutionelleNeuerungen im Bereich der Personalrekrutierung einzuführen.Der „Wettbewerb um die besten Köpfe“ wird dabei genauer un-tersucht. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den (überwiegend)neu eingeführten Tenure-Modellen: Welche Abwägungsprozesseführen zur (Nicht-)Einführung dieses Instrumentes? Welche Rollespielt dieses Instrument für die Hochschulen im Wettbewerb umdie besten Köpfe?

NNadin Fromm & Gerd Grözinger diskutieren anhand eines bislangwenig bekannten US-Beispiels Möglichkeiten zur Gestaltung vonAusgangsbedingungen im Wettbewerb um öffentliche For-schungsgelder und formulieren hierzu im Titel ihres Beitrages dieFrage: „Sollte auch die DFG ein EPSCoR-PProgramm auflegen?“Denn in den USA, die ja durchaus als wettbewerbsorientiert gel-ten, führten die starken Unterschiede zwischen den Bundesstaa-ten bei der Einwerbung von öffentlich vergebenen Drittmittelnbereits vor Jahrzehnten zu Auseinandersetzungen darüber, obdies für die Leistungsfähigkeit des nationalen Hochschul- undWissenschaftssystem nachteilig ist. Im Anschluss an diese Debat-te wurde ein auf mehr (Chancen-)Gleichheit bzw. Gerechtigkeitin den Wettbewerbs-Startbedingungen zielender Ansatz durchdie National Science Foundation eingeführt, der zugleich dasPrinzip eines leistungsbasierten Antragsverfahrens berücksichtigt– das EPSCoR-Programm. Der Beitrag fasst zunächst die wichtig-sten Merkmale des Programms und seine Wirkung hinsichtlichder Verbesserung der Antragsfähigkeit/-erfolgschancen und demAuf-/Ausbau wissenschaftlicher Infrastruktur zusammen. Danachfolgt eine Darstellung der Regionalverteilung der öffentlichenForschungsmittel in Deutschland. Schließlich wird basierend dar-auf die Frage diskutiert, inwiefern das Prinzip ‚EPSCoR’ auf dasdeutsche Hochschul- und Wissenschaftssystem übertragbar ist.

Ruth Kamm & René Krempkow greifen von verschiedenen Seitenformulierte Ansprüche an eine „gerechte“ Bewertung von Leistun-gen und eine (leistungs-)gerechte Finanzierung von Hochschulenauf und verdichten dies zu der Frage: „Ist leistungsorientierte Mit-telvergabe im Hochschulbereich „gerecht“ gestaltbar?“ Im kon-

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René Krempkow

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For schung übe r Qua l i t ä t i n de r Wissenscha f t QiW

Deutsche Hochschulen agieren in einem zunehmend an-spruchsvolleren (inter-))nationalen Wettbewerbsumfeld. Siekonkurrieren u.a. um finanzielle Ressourcen, Reputationund wissenschaftliches Personal. Gerade der Personalrekru-tierung wird eine wichtige Rolle zugeschrieben, schließlichist für den Erfolg einer Hochschule die „Qualität“ ihrer Wis-senschaftler elementar. In dieser Situation ist die Exzellenz-initiative von zentraler Bedeutung: Sie wirkt als Wettbe-werbsbeschleuniger, soll dazu beitragen, (internationale)Spitzenwissenschaftler zu gewinnen und sie eröffnet zu-gleich Möglichkeiten, institutionelle Neuerungen im Be-reich der Personalrekrutierung einzuführen. Der „Wettbe-werb um die besten Köpfe“ wird nachfolgend genauer un-tersucht. Im Mittelpunkt stehen dabei folgende Fragen:Welche Aspekte sind aus Sicht der Hochschulen für die Ge-winnung exzellenter (Nachwuchs-))Wissenschaftler von Re-levanz? Welche Gestaltungs- bzw. Handlungsmöglichkeitenbestehen hierbei, welche Strategien werden ergriffen, wowerden Veränderungen angegangen, wo wird bewusst aufVeränderungen verzichtet? Ein besonderes Augenmerkliegt dabei auf den (überwiegend) neu eingeführten Te-nure-MModellen: Welche Abwägungsprozesse führen zur(Nicht-))Einführung dieses Instrumentes? Welche Rollespielt dieses Instrument für die Hochschulen im Wettbe-werb um die besten Köpfe?

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DDas Wettbewerbsprinzip hat sich als Steuerungsmodell inder deutschen Hochschullandschaft weitgehend durchge-setzt (vgl. Krücken 2008, S. 165-166). Zwischen den Uni-versitäten, aber auch in der außeruniversitären Forschunghat der Ressourcen- und Reputationswettbewerb zuge-nommen (vgl. Heinze/Arnold 2008, S. 686, 715). Dabei istein gesamtgesellschaftlicher Paradigmenwechsel zu erken-nen: Wettbewerb, verbunden mit Ausdifferenzierung undSystemstratifizierung, wird nunmehr überwiegend positivbewertet und als entscheidendes Instrument zur Erhöhungder wissenschaftlichen Qualität verstanden (vgl. Krücken2008, S. 165-166; zur Wettbewerbskritik bspw. Münch2007; Hartmann 2010). Mit Blick auf die deutsche Hoch-schullandschaft, ehedem eher von einem Gleichheitsideal(das wohl schon immer mehr Ideal denn Realität war) ge-prägt, ist dies ein durchaus bemerkenswerter Wandel (vgl.

Würmseer 2010). Dabei ist das Wettbewerbsparadigmakeineswegs nur Ausdruck eines gesellschaftlich-politischenDiskurses. Auch die organisationale Handlungsebene, diearbeitsalltägliche Praxis an den Hochschulen, wird durchden (zunehmenden) Wettbewerb geprägt.1 Die deutschenHochschulen stehen inzwischen in einem komplexen natio-nalen und internationalen Wettbewerb. Sie konkurrierenalso in verschiedenen Dimensionen miteinander, gerungenwird u.a. um finanzielle Ressourcen, Reputation und wis-senschaftliches Personal.In diesem Kontext kommt der Exzellenzinitiative eineSchlüsselrolle zu. Sie steht wie kein anderes Förderpro-gramm für interuniversitären Wettbewerb und damit denerwähnten Paradigmenwechsel (vgl. dazu Hartmann 2006).Sie führt zu einer ökonomischen Stärkung der gefördertenHochschulen bzw. Bereiche und bringt als „Reputationsma-schine“ (Simon zit. nach Bebber 2010) eine Umverteilungwissenschaftlicher Reputation mit sich, nicht nur auf Ebeneder einzelnen Wissenschaftler, sondern auch auf institutio-neller Ebene. Darüber hinaus ermöglicht sie schon auf-grund ihres Programmauftrags strukturelle Veränderungenan den Hochschulen und hat ein variantenreiches Experi-mentierfeld eröffnet (vgl. Sondermann et al. 2008). Vorallem aber bietet sie im globalen „Wettbewerb um die bes-ten Köpfe“ großes Potential: Ein Großteil der bereitgestell-ten Fördermittel (2006-2012: 1,9 Mrd. Euro) wird für dieBeschäftigung wissenschaftlichen Personals genutzt.2 Diefinanziellen Mittel der Exzellenzinitiative haben auf allenKarrierestufen umfangreiche Personalaufstockungen in dengeförderten Einrichtungen ermöglicht (Tabelle 1), wobeisich auch ein Wettbewerb der Exzellenzeinrichtungen un-tereinander um die besten Köpfe entwickelt hat: Die Kon-kurrenz zwischen Exzellenzeinrichtungen wird als vierthäu-figstes Problem im Bereich der Personalgewinnung genannt(11,3% der Nennungen, vgl. Sondermann et al. 2008, S.63), wenn man die maßgeblich beteiligten Wissenschaftler

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Michael SondermannSebastian Bukow

1 Die Unterscheidung zwischen der institutionell-gesellschaftlichen Ebeneeinerseits und der organisationalen Praxis andererseits ist für das Verständ-nis von Hochschulen zentral und theoretisch im organisationssoziologi-schen Neoinstitutionalismus begründet (vgl. einführend bspw. Hasse/Krücken 2005). So muss sich bspw. die alltägliche Praxis der Organisationnicht verändern, auch wenn in Folge gesellschaftlicher Erwartungen for-male Strukturen verändert werden.

2 Grundlage hier und nachfolgend sind die im Rahmen des Monitoring derExzellenzinitiative erhobenen Daten des iFQ.

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S. Bukow & M. Sondermann Verschärfter Wettbewerb um exzellente ...QiW

der Exzellencluster befragt. Darüber hinaus hat die Initiati-ve „wie ein Brennglas auf die Probleme der Karrierebedin-gungen, -entwicklung und -systeme im deutschen Wissen-schaftssystem aufmerksam gemacht“ (Sondermann/Bukow/Simon 2010, S. 271). Die Exzellenzinitiative ist dabei nicht bloß ein besondersprestigeträchtiger Wettbewerb um Fördergelder, sondernführt auch zu einem besonderen Erfolgsdruck bei denHochschulen bzw. Antragsstellern. Ein Grund hierbei istauch die große öffentliche Aufmerksamkeit, die der Exzel-lenzinitiative zukommt (vgl. dazu bspw. Hornbostel/Simon/Heise 2008). Drittmittelerfolge und -misserfolgeeinzelner Hochschulen werden bundesweit so intensiv undbreit diskutiert wie bei keinem anderen Förderprogrammzuvor. Offen ist derzeit, ob langfristig ein Erfolg oder eine„Bruchlandung“ der eingereichten Anträge schwerer wiegt(zu abgelehnten Exzellenzclustern siehe Simon/Schulz/Son-dermann 2010). Ein Vorgeschmack auf das, was bei dernächsten Auswahlrunde 2012 passieren kann, zeigtwomöglich die speziell in Berlin geführte Debatte um dasAbschneiden der Freien Universität (Überraschungsgewin-nerin) und der Humboldt-Universität (Überraschungsverlie-rerin) im Wettbewerb um den Zuschlag in der dritten För-derlinie der Exzellenzinitiative. Insgesamt dürfte sich derWettbewerbsdruck in der 2012 anstehenden zweitenRunde der Exzellenzinitiative noch verstärken, konkurrierendoch dann (voraussichtlich) alle derzeit geförderten Ein-richtungen und Hochschulen mit den zahlreichen neu ein-gereichten Konzepten um die auf 2,7 Mrd. Euro aufge-stockten Fördergelder (vgl. DFG 2010). Um in diesemWettbewerb reüssieren zu können, müssen die bereits ge-förderten Exzellenzeinrichtungen zum Zeitpunkt der (er-neuten) Begutachtung nachweisen können, dass das ange-strebte „Exzellenzniveau“ auch erreicht werden konnte.Das heißt, von Beginn an bestand ein massiver Erfolgs-druck, der sich auch als Zeitdruck bemerkbar macht. Es warunabdinglich, die Arbeit zügig aufzunehmen und die bean-tragten Projekte und Maßnahmen umzusetzen, um die Er-folgschancen für die neuerliche Runde (mit der viele da-mals bereits fest gerechnet haben) zu steigern. Die Folgehiervon war, dass nach der arbeitsintensiven Antragsphaseeine noch arbeitsintensivere Aufbauphase folgte, in der

nach Einschätzung der maßgeblich beteiligten Wissen-schaftler mehr Zeit in die Gremien- und Verwaltungsarbeitfloss und somit oftmals weniger Zeit für die eigene For-schungsarbeit zur Verfügung stand (iFQ-Befragung 2008,siehe Sondermann et al. 2008, S. 104-105).Der Wettbewerb der Projekte und Konzepte ist auch einWettbewerb um die besten Köpfe. Zentraler Baustein fürexzellente Forschung ist die Rekrutierung exzellenter For-scherinnen und Forscher, weshalb der angesprochene Zeit-druck gerade im Bereich der Personalgewinnung Erstaunli-ches bewirkte: So wurden bspw. die Berufungsverfahren fürdeutsche Verhältnisse sehr schnell durchgeführt. Im Mittelgelang es den Graduiertenschulen und Exzellenzclustern,Berufungsverfahren in 12 Monaten erfolgreich zum Ab-schluss zu bringen; 59% der Verfahren wurden in wenigerals einem Jahr abgeschlossen (von Ausschreibung bis Ernen-nung; Median 11 Monate, Standardabweichung 5,2 Mona-te).3 Auch wenn ein direkter Vergleich nur eingeschränktmöglich ist: Diese mittlere Verfahrensdauer bei „Exzellenz-berufungen“ liegt deutlich unter dem in Deutschland gängi-gen Wert. Nach Analysen des Deutschen Hochschulverban-des wurden zwischen Mitte 2007 und Anfang 2009, also ineinem ähnlichen Zeitraum wie die „Exzellenzberufungen“,deutschlandweit rund 37% der untersuchten Verfahren inweniger als einem Jahr abgeschlossen (Detmer/Metzler2009). Dies lässt im Vergleich zu früheren Studien eine ge-nerelle Verfahrensverkürzung vermuten (vgl. WR 2005 miteinem Mittelwert von ca. 23 Monaten (1997-2001)). DerDruck wirkt offensichtlich beschleunigend: Die Sprecher derlaufenden Exzellenzeinrichtungen gehen sicher zu Rechtdavon aus, dass in den anstehenden Fortsetzungsbegutach-tungen auch die Personalrekrutierung eine gewichtige Rollespielen dürfte; ein Kriterium dürfte dabei sein, in wie weit

Tabelle 1: Rekrutierung wissenschaftlichen Personals aus Mitteln der Exzellenzinitiative

3 Aktuelle Erhebungen des iFQ zeigen, dass lediglich 3,3% der „Exzellenzbe-rufungsverfahren“ länger als 1,5 Jahre dauerten. Darüber hinaus zeigt sich,dass Berufungen auf W3-Professuren im Mittel etwas mehr Zeit in An-spruch nehmen als Berufungen auf W1/W2-Professuren, aber selbst beiW3 liegt die durchschnittliche Berufungsdauer bei lediglich 14,6 Monaten(Median nur W3: 13,2 Monate). Datengrundlage ist eine iFQ-Datenerhe-bung (Stichtag 15.10.2009) zu Verfahren für diejenigen Professuren anGra-duiertenschulen und Exzellenzcluster, die zu mindestens 50% aus Mit-teln der Exzellenzinitiative finanziert werden. Für 183 von 211 Professurenliegen Daten zur Verfahrensdauer vor.

60 QiW 3/2010

FFoorrsscchhuunngg üübbeerr QQuuaalliittäätt iinn ddeerr WWiisssseennsscchhaafftt QiW

die Geförderten bereits in den Anträgen formulierte Zieleund Ansprüche hinsichtlich Verbesserungen der Rekrutie-rungsverfahren, der wissenschaftlichen Reputation der Re-krutierten und ggf. der Einhaltung von Frauenquoten erfül-len konnten. In den Förderanträgen der laufenden Exzellen-zeinrichtungen finden sich vielfach Aussagen über neueWege in der Personalrekrutierung und ambitionierte Ziele,wie man sich ab sofort im Wettbewerb optimal zu positio-nieren beabsichtigt (für eine Übersicht der Maßnahmensiehe Sondermann et al. 2008, S. 33-37 und 56-67).Damit sind wesentliche Rahmenbedingungen, unter denendie Exzellenzeinrichtungen gegenwärtig agieren, aufge-zeigt. Insbesondere der verschärfte Wettbewerb der Hoch-schulen bzw. Forschungseinrichtungen (und damit auch derExzellenzeinrichtungen) um die besten Köpfe ist in diesemZusammenhang von Bedeutung; die Exzellenzinitiativestellt dabei die finanziellen Mittel bereit, um sich an diesemWettbewerb verstärkt zu beteiligen. Zudem schafft sie dielegitimatorischen Vorraussetzungen für institutionelleNeuerungen im Sinne einer Reaktion auf Wettbewerbser-fordernisse. Es ist somit nun zu klären, über welche Gestal-tungs- und Handlungsmöglichkeiten die geförderten Hoch-schulen verfügen, welche Aspekte im Wettbewerb um diebesten Köpfe von Relevanz sind, welche Strategien von Sei-ten der Hochschulen ergriffen und wo zielgerichtet Verän-derung angegangen werden (bzw. wo dieses aus welchenGründen nicht geschieht).

22.. GGeessttaallttuunnggss- uunndd HHaannddlluunnggssmmöögglliicchhkkeeiitteenniimm WWeettttbbeewweerrbb uumm KKööppffee

EEine Grundvoraussetzung für die beobachtete Ausdifferen-zierung institutioneller Handlungsmöglichkeiten und -stra-tegien als organisationsindividuelle Reaktion auf die neueWettbewerbssituation ist die Föderalismusreform I, die„größte Grundgesetzreform in der Geschichte der Bundes-republik“ (Reutter 2010, S. 86). Die Große Koalition zieltemit dieser Verfassungsänderung u.a. auf eine Stärkung derLänderkompetenzen und des innerstaatlichen Wettbe-werbs. Die Reform soll hier nicht im Detail betrachtet wer-den. Entscheidend ist, dass die Gesetzgebungskompetenzim Hochschulbereich fast vollständig an die Länder übertra-gen wurde. Auch hier tritt der eingangs erwähnte Paradig-menwechsel klar zu Tage, soll doch mit der Reform dieHochschulautonomie gestärkt werden um den Wettbewerbzu intensivieren und so die Qualität der Hochschulen zuverbessern:

„Der Schlüssel zur Exzellenz liegt in den Hochschulenselbst. Sie müssen ihre Strukturen den Bedürfnissen derZeit anpassen und sich entsprechend weiterentwickeln.Die Föderalismusreform ist ein entscheidendes Signal,die Hochschulen aus der staatlichen Detailsteuerung zuentlassen und ihnen mehr Autonomie einzuräumen.Nach Abschaffung der Rahmengesetzgebungskompetenzdes Bundes liegt es nun in der Verantwortung der Län-der, Ihren Spielraum zu nutzen“ (BMBF o.J.).

Erst die Grundgesetzänderung erlaubt es also, dass der„Wettbewerb (…) künftig über die Gestaltung der Landes-hochschulgesetze geführt werden“ (Westerburg 2006, S.343) kann. Die Verfassungsreform ist damit der rechtliche

Nukleus der zwischenzeitlich erkennbaren Diversifizierunghochschulrechtlicher Regelungen, etwa im Bereich der Pro-fessorenbesoldung, der Ausgestaltung von Berufungsver-fahren, der Zulässigkeit „proaktiver“ Rekrutierungsverfah-ren oder von Hausberufungen (vgl. zu den Auswirkungender Föderalismusreform Anbuhl 2008; konzeptionellStock/Reisz/König 2009). Die Handlungs- und Gestaltungs-spielräume der einzelnen (institutionellen) Akteure habensich damit in wichtigen Bereichen vergrößert. Zwar bliebeneinzelne Bereiche unverändert (bspw. die Ausgestaltung ar-beitsrechtlicher Befristungsregeln, siehe dazu BMBF/BReg2008, S. 19-21), in der Summe haben sich in den letztenJahren aber neue, je nach Bundesland (noch) unterschied-lich ausgeprägte Freiheitsgrade ergeben (vgl. CHE 2010).Diese neue Handlungsfreiheit führt in Verbindung mit derzunehmenden „Verwettbewerblichung“ des Personalmark-tes (besonders plakativ etwa die Debatte um so genannte„Ablösesummen", vgl. Prußky 2010; auch §27 NHG) dazu,dass sich für jede einzelne Hochschule verstärkt die Fragenach ihrer Attraktivität im Wettbewerb um die bestenKöpfe stellt, denn: Attraktive Angebote steigern die Nach-frage und erhöhen die Chance, die Wunschkandidaten zugewinnen. In der Wirtschaft gelten insbesondere Lohn,Aufstiegschancen und Arbeitsklima als attraktivitätsrelevan-te Faktoren (vgl. Buchholz et al. 2009, S. 20). Auf der Mi-kroebene dürfte dies in der Wissenschaft nicht grundlegendanders sein.4 Auch hier dürften das direkte Arbeits-, alsoForschungsumfeld oder die jüngst häufiger thematisierteWork-Life-Balance und damit verbundene familienbezoge-ne Angebote von Relevanz sein. Wichtig ist zudem derAspekt der verbesserten Planbarkeit der eigenen Karriere.

33.. TTeennuurree aallss MMooddeellll zzuurr RReedduukkttiioonn vvoonn UUnnssiicchheerrhheeiitt

MMit Blick auf die Rekrutierung von exzellenten Nachwuchs-wissenschaftlern und vor dem Hintergrund der langjährigenDebatte um die Defizite im deutschen Hochschulsystem istan dieser Stelle die Strukturierung von Unsicherheit – imSinne einer gezielten Reduktion von Karriereunsicherheit –ein (mit-)entscheidender Faktor. Unsicherheitsreduktion istdabei einerseits ein möglicher Weise wettbewerbsrelevan-ter Faktor, andererseits wird so eine für deutsche Hoch-schulen vergleichsweise neue Personalentwicklungsstrate-gie möglich. Das zentrale Instrument ist dabei der Tenure,das heißt, dass schon mit der Einstellung auf eine (befriste-te) Nachwuchswissenschaftlerstelle (bspw. als Juniorprofes-sur) die Aussicht auf eine unbefristete Professur an der sel-ben Hochschule eröffnet wird. Die „Zielgruppe“ von Te-nure-Modellen sind promovierte Nachwuchswissenschaft-ler, die sich für einen Verbleib in der (universitären) Wissen-schaft entschieden haben, aber noch nicht auf eine un-befristete Professur berufen wurden.5 Ein Ziel des Tenure istes somit, die Karriere in Richtung einer Professur planbarer

4 Wohingegen für die Makro-/Systemebene argumentiert wird, dass sichWirtschaft und Wissenschaft unterscheiden; für die Wissenschaft benen-nen Buchholz et al. (2009, S. 26) als relevante Faktoren: Bedingungen fürSelbstbestimmtheit und Kreativität, Strukturierung von Unsicherheit, Fi-nanzierung und materielle Bedingungen sowie alternative Karriereoptio-nen. Zur Entscheidung „Wissenschaft oder Wirtschaft?“ vgl. auch Kremp-kow (2010).

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zu gestalten. Dabei steht im Kern ein US-amerikanischesVorbild Pate, bei dem mit der Einstellung des Postdocs einean klar definierte Kriterien gebundene Verstetigungsper-spektive vereinbart wird, so dass an ein und der selbenHochschule ein intraorganisationaler Aufstieg vom Assi-stant über den Associate bis hin zum Full Professor möglichwird. Allerdings wird in der deutschen Rezeption oft über-sehen, dass es sich dabei eher um einen Ideal- als einen Re-altyp handelt. Es ergibt sich auch in den USA mitnichtenimmer ein Aufstiegsautomatismus: Gerade an prestige-trächtigen US-amerikanischen Spitzenuniversitäten („Ivy-League“) greift der regelmäßig gewährte Tenure letztlichdoch nur selten. Die Umwandlung der befristeten in einedauerhafte Professur ist die Ausnahme, nicht die Regel (vgl.Herkommer 2007).Davon unbenommen besticht die Idee der verbessertenPlanbarkeit der Karriere, weshalb Tenure-Modelle auch inDeutschland seit einigen Jahren verstärkt diskutiert werden(dazu WR 2005; BMBF/BReg 2008). Der Tenure ist somitauch als Reaktion auf ein schon lange bekanntes Problemdes deutschen Wissenschaftssystems zu deuten: Das deut-sche System gilt in Folge der geringen Planbarkeit wissen-schaftlicher Karrieren als (international) nicht wettbewerbs-fähig. Dies bestätigt sich in den Erhebungen zur Exzellenz-initiative, hier rangiert das Problem, dass die angebotenenStellen auf Grund ihrer Befristung nicht attraktiv sind, andritthäufigster Stelle bei der Frage nach Schwierigkeiten beider Personalgewinnung (aus Sicht der maßgeblich beteilig-ten Wissenschaftler an Exzellenzclustern; 14% der Nennun-gen, vgl. Sondermann et al. 2008, S. 63). Gerade deshalbkönnte der Tenure im (inter-)nationalen Wettbewerb umdie besten Nachwuchswissenschaftler ein wichtiges Ele-ment sein, auch weil davon ausgegangen werden kann,dass insbesondere im Kontext der Exzellenzinitiative allebeteiligten Projekte in den anderen attraktivitäts- bzw.wettbewerbsrelevanten Bereichen (u.a. Gehalt, Infrastruk-tur/Mittelausstattung, Forschungsumfeld, Reputation u.ä.)auf hohem Niveau im Wettbewerb mithalten können. Des-halb ist der Bereich der Unsicherheitsreduktion besondersspannend, zumal hier eine jeweils durch die lokalen Aus-gangsbedingungen beeinflusste organisationale Vielfalt zuerwarten ist.6In der Realität waren Tenure-Angebote aber bis vor einigenJahren noch die Ausnahme (Buch et al. 2004, S. 31; Feder-keil/Buch 2007; BMBF/BReg 2008, S. 91), nicht zuletzt be-dingt durch rechtliche Hindernisse. So kann der Tenure mitdem Hausberufungsverbot kollidieren, wenn nämlich diemit Tenure ausgestattete Person bereits an der Tenure-ge-benden Hochschule promoviert hat und dort ggf. auch ha-bilitiert wurde. Allerdings wurde dieses Hausberufungsver-bot nach der Föderalismusreform teilweise etwasgelockert, so dass dieses Verbot bspw. nur noch „in derRegel“ gilt (bspw. § 48 (3) LHG BaWü; geändert durch Nr.20 b EHFRUG). Ein Tenure-Angebot kann darüber hinausproblematisch werden, wenn die später zu besetzende Pro-fessur ohne Ausschreibung besetzt werden soll. Ein solcherAusschreibungsverzicht liegt zunächst einmal nahe, wennes sich bei dem Tenure wirklich um ein personenbezogenesAngebot handeln soll. Zugleich ist ein Ausschreibungsver-zicht im deutschen Hochschulrecht aber meist nicht ohneweiteres möglich. Doch auch hier zeichnet sich seit der Fö-

deralismusreform eine Lockerung der rechtlichen Bestim-mungen ab, wie bspw. in Baden-Württemberg. Dort heißtes nun mit Blick auf Tenure-Optionen:

„Professuren sind in der Regel international auszuschrei-ben. (…) Ferner kann von der Ausschreibung abgesehenund das Berufungsverfahren angemessen vereinfachtwerden, wenn eine Juniorprofessur oder ein Dozent dereigenen Hochschule auf die entsprechende Professur be-rufen werden soll, bereits in der Ausschreibung der Ju-niorprofessur oder Dozentur die spätere Übernahme aufdie Professur in Aussicht gestellt worden ist, die Anfor-derungen an Eignung, Befähigung und fachliche Leistungerfüllt sind und eine entsprechende Stelle zur Verfügungsteht“ (§48 (2) LHG BaWü, geändert durch Nr. 20 (a)EHFRUG).

Die rechtlichen Hindernisse wurden also bereits reduziertund Abweichungsregelungen in einzelnen Landeshoch-schulgesetzen verankert. In Folge der angesprochenenrechtlichen Diversifizierung entstehen neue Freiheiten,nicht zuletzt auch durch Experimentierklauseln, die sich ex-plizit oder implizit auf die Exzellenzinitiative berufen (bspw.§46 NHG, „Exzellenzklausel“). Davon unabhängig stellenselbst die „alten“ Regelungen kein absolutes Hindernis dar:Zum einen kann eine gezielte „Unterbrechung“ der univer-sitätsinternen Karriere durch eine (in der Regel mind. zwei-jährige) Tätigkeit an einer anderen Hochschule das Hausbe-rufungsproblem lösen, zum anderen kann der Ausschrei-bungspflicht durch eine rein formale Erfüllung entsprochenwerden. Festzuhalten ist damit, dass aus rechtlicher Sichtein Tenure mittlerweile oftmals darstellbar ist.

44.. UUnnssiicchheerrhheeiittssmmaannaaggeemmeenntt aallss WWeettttbbeewweerrbbssvvoorrtteeiill?? DDeerr TTeennuurree aauuss SSiicchhtt ddeerr HHoocchhsscchhuulleenn

DDamit ist nun der Fokus auf die Frage zu richten, welcheAbwägungsprozesse hinter der Entscheidung für odergegen den Tenure liegen. Mit Blick auf das Tenure-Angebotsind analytisch zwei idealtypisch sequentiell angeordneteEntscheidungsprozesse zu unterscheiden: (1.) Die Entschei-dung für oder gegen ein Tenure und (2.) im Bedarfsfall dieEntscheidung über die konkrete Ausgestaltung des Tenure(vgl. Abbildung 1). Eine solche Entscheidungsprozess-Mo-dellierung erfordert dabei zwei Grundprämissen: (A) DieTenure-Entscheidung ist kein Selbstzweck, sondern Ergeb-nis strategischer Überlegungen der handelnden Akteure.Das heißt, mit der Entscheidung für (oder gegen) den Tenu-re werden bestimmte Ziele verfolgt und Kosten-Nutzen-

5 Die W2- bzw. W3-Professur ist in Deutschland die übliche und bis auf we-nige Ausnahmen alternativlose Möglichkeit für einen unbefristete Beschäf-tigung an den Hochschulen, wobei auch diese Stellen beim „ersten Ruf“immer häufiger befristet sind. Der DHV weist in einer aktuellen Untersu-chung (Untersuchungszeitraum 06/2007 bis 02/2009) eine Befristungsan-teil von knapp 18% aus (vgl. Detmer/Metzler 2009, S. 248). Damit wirddie Frage der Entfristung auch bei diesen Professuren zunehmend virulent.

6 Dabei sei angemerkt, dass sich die Untersuchung an dieser Stelle auf diePerspektive der Anbieter, also der Hochschulleitungen bzw. der Exzellenz-einrichtungen, Institute oder Fakultäten, fokussiert. Für die Betrachtungder Nachfrageseite – also die Bewertung seitens der Rekrutierten – liegennoch keine Daten vor, diese werden jedoch gegenwärtig erhoben.

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Kalküle verbunden. (B) Die Akteure verfügen über (forma-le) Handlungs- und Entscheidungsautonomie. Dabei hängtder tatsächliche Handlungs- und Entscheidungsspielraumnicht nur von der formalen Autonomie ab; er wird zugleichdurch landesrechtliche Vorgaben, hochschulspezifischePfadabhängigkeiten sowie (nicht) vorhandene Ressourceneingeschränkt. Unter Berücksichtigung dieser Prämissen istnun zu betrachten, welche Aspekte bei der Entscheidungfür oder gegen den Tenure eine Rolle spielen und wie derTenure ausgestaltet wird.

1. Die Grundsatzentscheidung: Tenure oder kein Tenure?Ein Blick in die Exzellenzeinrichtungen zeigt, dass schondiese Entscheidung keine einfache ist, sondern durchauskonfliktbehaftet sein kann. Im Ergebnis wurde nicht allenJuniorprofessoren bzw. Nachwuchsgruppenleitern eineTenure-Option angeboten, das heißt, nicht alle Graduier-tenschulen und Exzellenzcluster entscheiden sich in jedemFall für den Tenure (vgl. hierzu und nachfolgend Sonder-mann/Bukow/Simon 2010). Die geführten Interviews7 be-stätigen, dass es sich durchaus um einen bewussten Abwä-gungsprozess handelt, der dieser Entscheidung vorausgeht– wobei nicht immer das Wunschziel der Antragstellerdurchgesetzt werden konnte und zu Teilen hochschulspezi-fische Vorgaben die Spielräume stark begrenzen. Geht mandavon aus, dass der Tenure meist ein neu einzuführendesInstrument ist, so ist zunächst zu klären, was zu einer sol-chen Innovation führt. Schließlich ist mit Blick auf den be-kannten Strukturkonservativismus formaler Organisationen(also auch der Hochschulen, vgl. bspw. Schimank 2008)davon auszugehen, dass strukturelle Neuerungen nur miteinem gewissen argumentativen Aufwand durchzusetzensind und auch nicht immer organisational wirksam imple-mentiert werden (vgl. Fußnote 1).Die Befürworter nennen unterschiedliche Gründe für denTenure. Ein institutionelles Argument ist die Möglichkeitder längerfristigen Planung gerade auch für die Hochschuleselbst: Der Tenure dient damit als Bestandteil der Entwick-lungsstrategie und soll zu einer planbareren Entwicklungdes Forschungsbereichs beitragen – so soll auch dem in derExzellenzinitiative geforderten Gedanken der Nachhaltig-keit Rechnung getragen werden. Man kann also davon aus-gehen, dass der Tenure schon in der Antragsphase als be-gutachtungsrelevantes Element (weil Zeichen einer glaub-

würdigen Nachhaltigkeitsstrategie,die über bloßes „Projektdenken“hinausgeht) verstanden wurde. Be-merkenswert ist (dies bestätigt dasVorhandensein einer Entschei-dungsautonomie/-fähigkeit), dassdas Argument der institutionellenNachhaltigkeit auch als Gegenargu-ment herangezogen wird: „(…) derInstitutionsgedanke der Selbstver-ewigung ist zwar ein Hintergedan-ke, aber zunächst wollen wir wirk-lich auch sehen, ob wir mit unsererAgenda das schaffen, was wir schaf-fen wollen.“ (Sprecher-Interview)Ein weiteres zentrales Argument fürden Tenure ist die gesteigerte At-

traktivität der ausgeschriebenen Stellen, die ein Tenurenach Einschätzung einiger Einrichtungen bringt. Dies ist ge-rade dann der Fall, so wird berichtet, wenn Wunschkandi-daten weitere Angebote (mit Tenure) aus dem Auslandhaben. Hier soll das Angebot eines Tenure also Wettbe-werbsnachteile verhindern. Gleichwohl führt dieser Aspektnicht zwangsläufig zum Angebot eines Tenure, die Anbieternutzen ihre Entscheidungsfreiheit und nehmen ggf. auchden Nachtteil, „dass Sie ein bestimmtes Bewerberfeld inter-nationaler Art nicht bekommen“ (Sprecher-Interview), inKauf, wenn andere, wichtigere Gründe gegen ein Tenure-Angebot sprechen.Ein solcher Grund gegen den Tenure kann bspw. organisa-tionsstrategischer Natur sein: Denn ein verlässliches Tenu-re-Angebot erfordert oftmals bereits in der Antragsphaseeine konkrete, bindende Entscheidung darüber, aus wel-chen Mitteln und vor allem auf wessen Kosten die Versteti-gung gewährleistet werden soll (dies ist bspw. dann derFall, wenn entsprechende Angebote schon vorab mit „Stel-lenhülsen“ abgesichert sein müssen, bspw. Berlin undSchleswig-Holstein). Dass es hierbei in Zeiten knapper fi-nanzieller Ressourcen zu Verteilungskämpfen kommt, liegtauf der Hand. Daher kann der Verzicht auf den Tenure alsInstrument einer intraorganisationalen Friedenssicherungverstanden werden. Konflikte werden vermieden, das Stör-potenzial etwaiger Veto-Player, das gerade bei der Ein-führung neuer Instrumente beträchtlich sein kann, wirdvorab antizipiert. In dieser Lesart ist ein Tenure stets auchals finanzieller Zukunftsverbrauch, als (zu) frühe Festlegungauf bestimmte Forschungsfelder zu verstehen, was zwar ei-nerseits (von der „Nehmerseite“) gewünscht sein kann, an-dererseits (bei der „Geberseite“) auf wenig Gegenliebestoßen dürfte. Insofern überrascht es nicht, dass ein Tenuredort leichter angeboten werden kann, wo es bereits institu-tionelle Erfahrungen mit diesem gibt: „(…) die Tenure TrackGeschichte ist Gott sei Dank (…) üblich. (…) Das ist quasiein Automatismus.“ (Sprecher-Interview) Doch auch nor-mativ-kulturelle Gründe spiele ein Rolle bei der Ablehnungdes Tenure: „Ich finde, das hat sich bewährt, dass die Leute

Abbildung 1: Entscheidungsweg zum Tenure-Angebot

7 Die nachfolgende Betrachtung beruht auf leitfadengestützten Interviews,die das iFQ von 10/2009 bis 02/2010 mit Sprecher/innen von Graduier-tenschulen und Exzellenzclustern geführt hat. Diese werden nachfolgendmit „Sprecher-Interview“ gekennzeichnet.

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(…) ein zweites Buch schreiben, und dann müssen sie ebenin die Tretmühle des Bewerbungsprozesses. Also solcheEntfristungsgeschichten finde ich nicht erstrebenswert.Und deswegen wird es das hier auch nicht geben.“ (Spre-cher-Interview) Schließlich ist es vielen Einrichtungen auchgar nicht möglich, umfassende Tenure-Angebote zu ge-währen: „Wir können realistischer Weise nicht alle gutenjungen Leute halten, und wir sollten das vielleicht auch garnicht wollen. Denn es gehört ja auch dazu, dann mal wie-der woanders hinzugehen.“ (Sprecher-Interview). Hier wirddeutlich, dass mit dem Tenure teilweise auch die Gefahrverbunden wird, dass durch diese lokale Entfristung mit dertradierten Praxis des mehrfachen Ortswechsels (mit demZiel, unterschiedliche Forschungskontexten bzw. -kulturenzu erfahren) gebrochen wird. Insofern wird ein Verzicht aufTenure durchaus positiv gedeutet: „Also wenn wir für dieeine Art Durchlauferhitzer sind und die daraufhin attraktiveandere Angebote bekommen, ist uns das ja nur recht.“(Sprecher-Interview) Zudem zeigen unsere Interviews, dasseinige Sprecher (gerade von Exzellenzclustern) davon aus-gehen, dass „ihre“ Nachwuchswissenschaftler durch die„exzellenten“ infrastrukturellen Rahmenbedingen ohnehinrasch Rufe von außerhalb erhalten werden. Interessanter-weise wird dieser „Verlust“ der (aufwändig) rekrutiertenClusterwissenschaftler auch als Nachweis zugleich exzellen-ter Personalauswahl und Forschungsbedingungen im Exzel-lenzcluster interpretiert. Allerdings zeigen sich hier grund-legende normativ-kulturelle Unterschiede innerhalb derGruppe der Exzellenzeinrichtungen, andere Sprecher ver-treten eine diametral unterschiedliche Position: „(…) wirkriegen hervorragende Postdocs und hervorragende Dokto-randen (…) Die etablieren sich hier. (…) Die können teil-weise super gut werden, ja? (…) Die sind voll ausgebildet,sind gerade im vollen Saft, dann werden sie rausgeschmis-sen. Das ist doch bizarr!“ (Sprecher-Interview)

2. Die Tenure-Ausgestaltung: Tenure Option oder TenureTrack? So schwierig die Entscheidung für einen Tenure seinmag: Das „Ja“ zum Tenure sagt noch nicht alles darüber aus,was sich dahinter verbirgt. Den Tenure kann man an exzel-lenzgeförderten Hochschulen bis dato (noch) nicht erken-nen. Es gibt vielmehr eine Reihe unterschiedlicher Tenure-Varianten. Zwei Grundmodelle lassen sich jedoch heraus-destillieren: Die Tenure Option und der Tenure Track (vgl.Abbildung 1). Beiden Varianten ist gemein, dass sie an derjeweiligen Hochschule (zumeist) „Neuland“ sind. In einigenFällen sind diese Tenure sogar so neu, dass die Entwicklungder Verfahren und Kriterien, die letztendlich zur Entschei-dung über die Dauerprofessur führen sollen, hinterher-hinkt. Dies führt dazu, dass an einigen Exzellenzeinrichtun-gen Wissenschaftler zwar grundsätzlich über einen Tenurein der einen oder anderen Form verfügen, sie aber über das(in wenigen Jahren bevorstehende) Evaluationsverfahrennicht im Detail Bescheid wissen können. Hier spiegelt sichdie Neuheit des Instruments Tenure wider. Problematischkann dabei sein, dass diese Nachwuchswissenschaftlerdann im Extremfall gewissermaßen auch zum „Erprobungs-fall“ für zweckmäßige Verfahren werden können.Dennoch lassen sich schon jetzt die beiden Varianten Te-nure Option und Tenure Track hinsichtlich einer Dimensionklar voneinander abgrenzen, nämlich hinsichtlich der indi-

viduellen Planungssicherheit, die der Tenure ja eigentlichzu bieten verspricht. Konkret meint die Tenure Option, inder Praxis häufig als Kompetitiver Tenure betitelt, dass imGrundsatz eine Verstetigung der Position möglich und vor-gesehen ist, hierbei aber kein auf eine Person zugeschnitte-nes Verfahren stattfindet. Vielmehr stehen die (internen)Kandidaten im (internen) Wettbewerb, wobei in diesemFall auf eine externe Ausschreibung verzichtet werdenkann. In diesen Fällen liegt die Zahl der Dauerstellen deut-lich unter der Zahl potenzieller Bewerber. Der dabei entste-hende Wettbewerb wird innerhalb der Exzellenzeinrichtunggeneriert, so dass hier schon früh ein interner Konkurrenz-druck entsteht. Die Effekte und Konsequenzen dieser Situa-tion lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nichteinschätzen; sicher ist, dass diese Situation jedoch die in-terne Konkurrenz verschärft, was auch von Seiten derNachwuchswissenschaftler durchaus wahrgenommen wird,wie bspw. der Sprecher einer Graduiertenschule, an wel-cher für knapp eine Hand voll Nachwuchswissenschaftlernur ein Tenure eingeplant ist, betont.Ein ungleich höheres Maß an Planbarkeit verspricht dage-gen der Tenure Track. In diesen Fällen wurde eine perso-nenbezogene Zusage auf Entfristung gegeben, mit Blick aufdas US-amerikanische Vorbild also gewissermaßen ein„echter“ Tenure. Vorgesehen ist hier zum Ende eines be-stimmten Dauer als befristet Beschäftigter eine Evaluationder individuellen Leistung des Tenure Kandidaten. Die Ver-fahren waren zum Zeitpunkt unserer Interviews noch nichtdurchgeführt und auch beim Tenure Track sind wie bei derTenure Option verschiedentlich die genauen Details desVerfahrens und auch der Kriterien inkl. ihrer Gewichtungnoch nicht klar definiert (siehe oben). Geplant ist bei denTenure Tracks auf eine Ausschreibung zu verzichten. Diesschafft damit für den Nachwuchswissenschaftler eine ver-lässlichere Planungsgrundlage. Vor allem dann, wenn dieEvaluationskriterien frühzeitig klar vereinbart sind. Im Ge-genzug ist jedoch für die Hochschulen der „Zukunftsver-brauch“ größer. Frühe Festlegung auf bestimmte Personen(und ihre Forschungsschwerpunkte) bedingen eine langfris-tige forschungsstrategische Schwerpunktsetzung. DieserAspekt ist durchaus gewünscht und liegt im Zielraster derExzellenzinitiative. Gleichwohl stellen diese Zusagen diegeförderten Hochschulen teilweise vor ernorme Herausfor-derungen. Einige interviewte Sprecher schilderten, dass siedeswegen eine Verhandlung mit den beteiligten Fakultätendarüber, für welche Professuren im Zuge der Antragstellungfür eine Graduiertenschule oder einen Exzellenzcluster nunVerstetigungszusagen gemacht werden sollten, für nichtZiel führend erachtet haben: „Ich muss jetzt sagen, ich habedas (Anm.: Tenure) nicht zu einem besonders starken Punktgemacht. Warum nicht? Weil (…) bevor wir überhaupterste Meriten verdient haben, bevor überhaupt irgendet-was klar ist…mit Fachbereichen…in Verhandlungen einzu-treten über Fixierungen von Stellen, ... das habe ich ehrlichgesagt für fruchtlos und sinnlos gehalten.“ (Sprecher-Inter-view)Andererseits sind vielerorts tatsächlich zahlreiche Tenure-Angebote gemacht worden. Diese nun erfüllen zu können,gleichzeitig genügend Manövriermasse für die Weiterent-wicklung der Hochschule zu erhalten und nun auch nochfür die in 2012 anstehende neue Antragsrunde zur Exzel-

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lenzinitiative erneut Zusagen zu machen, kommt gegen-wärtig zwischen Kiel und Konstanz für manche Hochschuleder Quadratur des Kreises gleich. Dieser Herausforderungsind sich die Sprecher der Exzellenzeinrichtungen durchausbewusst. Die Konsequenzen der Schwerpunktbildung imjeweiligen Themenbereich – so sehr die beteiligten Wissen-schaftler der Graduiertenschulen und vor allem der Exzel-lenzcluster davon sicher profitieren – werden durchaus mit-gedacht. Pars pro toto sei hier folgende Einschätzung einesInterviewten angeführt: „Und was halt jetzt sicher stattfin-det, dass (…) da irgendwelche Leuchttürme hinein konzen-triert werden. Und andere Bereiche im gewissen Sinn ver-nachlässigt werden. (…) so ein bisschen konzentrieren istgut, aber wenn das in krebsartige Geschwulste irgendwoausartet, dass der Krebs den anderen alles wegfrisst, dannist das krank. Und in dem Sinn ist es sicher für die Univer-sitäten langfristig nicht so einfach, sozusagen ein wirklichgut ausgewogenes Maß zu finden, dass man einerseitsdiese Leuchttürme schön vernetzt und voranbringt, aberumgekehrt trotzdem einen gesunden Grundsockel für alleAusbildungen hat.“ (Sprecher-Interview)

55.. ZZuussaammmmeennffaassssuunngg uunndd AAuussbblliicckkAAusgangspunkt der Betrachtung war der Befund, dass sichdie Hochschulen zunehmend in einem wettbewerblichenUmfeld befinden. Dabei kommt dem Wettbewerb um diebesten Köpfe auch und gerade im Bereich der Nachwuchs-wissenschaftler eine zentrale Rolle zu. Die Exzellenzinitiati-ve hat hier die Einführung neuer Rekrutierungsstrategienbefördert. Ein Instrument zur Steigerung der Attraktivitäteiner Hochschule ist dabei der Tenure, der in Deutschlandbis dato oftmals noch Neuland ist. Es wurden einige Aspek-te aufgezeigt, die die Entscheidungsfindung zur Einführungund Ausgestaltung des Tenure beeinflussen und welchezentralen Überlegungen dabei eine Rolle spielen.Abschließend gilt es festzuhalten, dass die Realität in derOrganisationspraxis naturgemäß vielfältiger und fluider istals hier dargestellt werden kann. Gerade das neue Instru-ment „Tenure“ ermöglicht und erfordert unterschiedlicheAusgestaltungsvarianten und ist vielfach ein (institutional)learning on demand, also ein Prozess, der erst dann zu kon-kreten (Ausgestaltungs-)Entscheidungen führt, wenn dieseunmittelbar erforderlich sind. Der dynamische Wettbewerbund die Neuheit des Instruments erlauben den Hochschu-len dabei einen in gewisser Weise experimentellen Umgangmit diesem Instrument, man könnte auch von einer organi-sationalen „Muddling-Trough-Strategie“ sprechen. Denn imZweifel vertraut man in der Umsetzung der Tenure-Zusagenauf „die Kurzfristigkeit von Verwaltungsentscheidungen“und die Erfahrung, dass „am Ende immer (…) Lösungen ge-funden werden“ (Sprecher-Interview).So kann gegenwärtig noch nicht gesagt werden, in wie weitsich der Tenure an den Hochschulen durchsetzen wird. Er-kennbar ist gleichwohl schon jetzt, dass die Hochschulenim Wettbewerb um die besten Köpfe auf dieses Instrumentsetzen. Zugleich zeigen die Daten, dass manche Akteureauch bewusst auf ein Tenure-Angebot verzichten, auchwenn damit ggf. ein Wettbewerbsnachteil in Kauf genom-men wird. Das Instrument „Tenure“ erfordert ganz offen-sichtlich einen komplexen und nicht immer einfachen Ab-

wägungsprozess, in dem – geprägt von den jeweiligen insti-tutionellen Rahmenbedingungen – unterschiedliche ratio-nal-strategische und normativ-individuelle Argumente eineRolle spielen. So werden anhand des Tenure durchaus un-terschiedliche Handlungsstrategien seitens der Hoch-schulakteure erkennbar. Es gibt hier weder ein regelmäßi-ges Tenure-Angebot noch (im Angebotsfall) ein Tenure-Standardmodell. Bezogen auf die Positionierung im Wett-bewerb heißt das, dass es auch hier keine Standardlösunggibt, die eine optimale Positionierung garantiert, vielmehrprägen hochschul- oder gar einzelfallspezifische Lösungendas Bild. Deutlich wird jedoch, dass die seit kurzem beste-henden rechtlichen Freiheiten (teilweise extensiv) genutztwerden, um im Wettbewerb um die Besten mithalten zukönnen. So führt dieser Wettbewerb zunächst einmal zueiner größeren Vielfalt an Rekrutierungsstrategien, und eswird sich noch herausstellen, ob und ggf. welches Vorge-hen sich als besonders erfolgreich herausstellt. Offen bleibtan dieser Stelle gleichwohl, ob die aus Anbietersicht (teil-weise) als wichtig eingestuften Tenure-Angebote auch vonSeiten der Nachfrager – den Wissenschaftlern – als attrakti-vitätssteigerndes Element bewertet werden. Hierzu erhebtdas iFQ gegenwärtig Daten, um so zu klären, ob die Strate-gie der Hochschulen bzw. Exzellenzeinrichtungen auch dieInteressenlage der Bewerber trifft.

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Dr. des. Sebastian Bukow, Dipl.-Soz., wissen-schaftlicher Mitarbeiter, Institut für Forschungsin-formation und Qualitätssicherung (iFQ Bonn), E-Mail: [email protected]

RReennéé KKrreemmppkkoowwLeistungsbewertung, Leistungsanreize und die Qualität der Hochschullehre

Konzepte, Kriterien und ihre Akzeptanz

Mehr als eineinhalb Jahrzehnte sind vergangen, seit das Thema Bewertung derHochschulleistungen und dabei vor allem der „Qualität der Lehre” in Deutsch-land auf die Tagesordnung gebracht wurde. Inzwischen wird eine stärker leis-tungsorientierte Finanzierung von Hochschulen und Fachbereichen auch im Be-reich der Lehre immer stärker forciert. Bislang nur selten systematisch unter-sucht wurde aber, welche (auch nicht intendierten) Effekte Kopplungsmechanis-men zwischen Leistungsbewertungen und Leistungsanreizen wie die Vergabe fi-nanzieller Mittel für die Qualität der Lehre haben können. Für die (Mit-)Gestal-tung sich abzeichnender Veränderungsprozesse dürfte es von großem Interessesein, die zugrundeliegenden Konzepte, Kriterien und ihre Akzeptanz auch em-pirisch genauer zu untersuchen. Nach der von KMK-Präsident Zöllner angereg-ten Exzellenzinitiative Lehre und der vom Wissenschaftsrat angeregten Lehrpro-fessur sowie angesichts des in den kommenden Jahren zu erwartenden Erstse-mesteransturms könnte das Thema sogar unerwartet politisch aktuell werden. Im Einzelnen werden in dieser Untersuchung die stark auf quantitative Indika-toren (v.a. Hochschulstatistiken) bezogenen Konzepte zur Leistungsbewertungund zentrale Konzepte zur Qualitätsentwicklung bezüglich ihrer Stärken undSchwächen sowie Weiterentwicklungsmöglichkeiten diskutiert. Bei der Diskus-sion von Leistungsanreizen wird sich über den Hochschulbereich hinaus mitkonkreten Erfahrungen in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung auseinander-gesetzt – auch aus arbeitswissenschaftlicher und gewerkschaftlicher Sicht. Beider Diskussion und Entwicklung von Kriterien und Indikatoren zur Erfassungvon Qualität kann auf langjährige Erfahrungen und neuere Anwendungsbei-spiele aus Projekten zur Hochschulberichterstattung mittels Hochschulstatisti-ken sowie Befragungen von Studierenden und Absolventen sowie Professorenund Mitarbeitern zurückgegriffen werden. Abschließend werden Möglichkei-ten zur Einbeziehung von Qualitätskriterien in Leistungsbewertungen und zurErhöhung der Akzeptanz skizziert, die zumindest einige der zu erwartendennicht intendierten Effekte und Fehlanreizwirkungen vermeiden und damit zurQualität der Lehre beitragen könnten.

RReeiihhee

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kkkkrreeddiittiieerruunnggISBN 3-937026-52-5, Bielefeld 2007, 297 Seiten, 39.00 Euro

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In den USA führten die starken Unterschiede zwischen denBundesstaaten bei der Einwerbung von öffentlich verge-benen Drittmitteln bereits in den späten 1970iger Jahren zupolitischen Auseinandersetzungen darüber, ob sich dies ge-genüber einer Leistungsfähigkeit des nationalen Hochschul-und Wissenschaftssystem nachteilig erweist. Im Anschlussan diese Debatte wurde ein auf (Chancen-))Gleichheit zie-lender Ansatz bei der Verteilung öffentlicher Forschungsgel-der durch die National Science Foundation eingeführt. DasProgramm „Experimental Program to Stimulate CompetitiveResearch“ hat das Ziel, der zunehmenden geografischenUngleichverteilung und steigenden Konzentration von öf-fentlichen Drittmitteln für universitäre Forschung durcheine Regionalverteilung entgegen zu wirken. Zugleich wirddas Prinzip eines leistungsbasierten Antragsverfahrensberücksichtigt, da sich die Bundesstaaten um diese zusätzli-chen Gelder ebenfalls bewerben müssen. Die Teilnahme amWettbewerb wird solchen Bundesstaaten bewilligt, die, lautNSF-FFörderranking, nur geringfügig Drittmittel für univer-sitäre Forschung einwerben. Der Beitrag fasst zunächst diewichtigsten Merkmale des amerikanischen Regionalpro-gramms und seine Wirkung hinsichtlich der Verbesserungder Chancengleichheit durch Steigerung der Antragsfähig-keit/-eerfolg und dem Auf-//Ausbau wissenschaftlicher Infra-struktur zusammen. Danach folgt eine Darstellung der Re-gionalverteilung der öffentlichen Forschungsmittel inDeutschland. Schließlich wird im Anschluss daran die Fragegestellt, ob das Prinzip ‚EPSCoR’ auf das deutsche Hoch-schul- und Wissenschaftssystem übertragbar ist.

11.. DDaass aammeerriikkaanniisscchhee RReeggiioonnaallpprrooggrraammmmEEntgegen einiger zunächst kritischer Stimmen durch dieNational Science Foundation (NSF) wurde 1979/80, in Zu-sammenarbeit mit dem amerikanischen Kongress, die zu-sätzliche Förderlinie „Experimental Program to StimulateCompetitive Research“ (kurz: EPSCoR), zunächst als ‚Experi-ment’ für den Zeitraum von fünf Jahren, eingeführt. Die Kri-tik richtete sich zuvorderst gegen die Einführung einerQuotierung der Mittelvergabe durch einen Regionalansatz.Die Einführung eines solchen Schlüssels würde der bishe-rigen Leistungs- resp. Exzellenzorientierungen im Wettbe-werb um öffentliche Forschungsgelder entgegen stehen:„The NSF should continue to support the presently existingconcentrations of scientific R&D activity; this is extremelyimportant to the national welfare. To destroy them becausethey are successful would be the height of folly.“ (Hauger,

2004, S. 98). Darüber hinaus wurde angemerkt, dass derBereich der universitären Forschung, Schwerpunkt im För-derportfolio der NSF, zu wenig Berücksichtigung fand. DieAbgeordneten waren hingegen stark motiviert, günstigereVoraussetzungen für ihre Bundesstaaten zu schaffen, um soderen Potenzial besser zu nutzen. Vor diesem Hintergrundder Auseinandersetzung lässt sich die Einführung EPSCoRsdurchaus als eine für beide Seiten gewinnbringende Kom-promisslösung bezeichnen. Denn EPSCoR bedeutet: (1)Berücksichtigung der Regionalverteilung durch Stärkungschwächerer Bundesstaaten, (2) Vergabe der Gelder durchein integriertes Wettbewerbsverfahren, gemäß der Perfor-manzorientierung der NSF und (3) eine Schwerpunktset-zung auf universitäre Forschung. Damit soll erreicht wer-den: „(...) to strengthen research and education in thesciences and engineering, including independent researchby individuals, throughout the United States, and to avoidundue concentration of such research and education.“(Legal Act NSF, 1950; §1862: Function (e), siehe:http://www4.law.cornell.edu/uscode/uscode42/usc_sec_42_00001862----000-.html, letzter Zugriff: November2009). Das Ziel ist Bestandteil des übergeordneten Man-dats der NSF, das bei Gründung der Institution, 1950, fest-gelegt wurde, und welches nun mit dem Regionalpro-gramm prinzipielle Umsetzung findet. Die weiteren Ziele, die die NSF mit dem Programm verbin-det, lauten: „(...) Increase the R&D competitiveness of aneligible state through the development and utilization ofthe science and technology (...) resources residing in itsmajor research universities (...). EPSCoR achieves its objec-tives by: (1) stimulating sustainable S&T infrastructure im-provements at the state and institutional levels that signifi-cantly increase the ability of EPSCoR researchers to compe-te for federal and private sector R&D support, and (2) pro-viding means to accelerate the movement of EPSCoR re-searchers and institutions into the mainstream of federaland private sector R&D support“ (s. http://www.ehr.nsf.gov/EHR/EPSCOR/info.HTM, letzter Zugriff: Juli 2010, zi-tiert nach: Matthews 2008, S. 7).Im Jahr 2010 verfügt EPSCoR über ein Budget von 147,1Mio. Dollar. Ein Großteil der Mittel werden im Rahmen dessog. Research Infrastructure Improvements (2010/114,4Mio. Dollar), als eine von mehreren Programmlinien verge-ben. Diese Gelder werden in erster Linie, wie der Nameschon sagt, genutzt, um die wissenschaftliche Infrastrukturin den Bundesstaaten auf- und auszubauen. (Darüber hin-aus verfügt das Programm noch über weitere Investitions-

NNaaddiinn FFrroommmm && GGeerrdd GGrröözziinnggeerr

SSoollllttee aauucchh ddiiee DDFFGG eeiinn EEPPSSCCooRR-PPrrooggrraammmm aauufflleeggeenn?? EEiinn UUSS-BBeeiissppiieell zzuurr GGeessttaallttuunngg vvoonn ffaaiirreenn AAuussggaannggssbbeeddiinngguunnggeenn iimm WWeettttbbeewweerrbb uumm ööffffeennttlliicchhee FFoorrsscchhuunnggssggeellddeerr

Gerd GrözingerNadin Fromm

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N. Fromm & G. Grözinger Sollte auch die DFG ein EPSCoR-PProgramm auflegen?QiW

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strategien, wie: „Co-Funding“, „Outreachand Workshops“, ausführliche Informatio-nen s. http://www.nsf.gov/od/oia/pro-grams/epsc or/about.jsp, letzter Zugriff:September 2010). Ingesamt erhalten nach 30jähriger Laufzeitgegenwärtig 25 Bundesstaaten plus zweiAußenterritorien, im Rahmen von EPSCoR,Mittel zur Unterstützung des universitärenForschungsbereichs, zwei weitere sind imAntragsstatus. Anspruch zur Teilnahme amEPSCoR-Verfahren erhalten nur solcheBundesstaaten, die im Drei-Jahres-Rankingder NSF weniger als 0,75% Drittmittel fürihre Forschung einwerben konnten. (Fürden Beispielzeitraum 2006-2008 lassensich ausführliche Angaben zu den einge-worbenen NSF-Drittmittel je Bundesstaatfinden, s. http://www.nsf.gov/ od/oia/pro-grams/epscor/eli gibilitytable09.pdf, letzterZugriff: September 2010). Doch eine gerin-ge Drittmittelquote ist allein keine Garantie, um zusätzlicheGelder zu erhalten. Die für befugt erklärten Bundesstaatenmüssen sich im weiteren Verlauf in einem Wettbewerbdurchsetzen. Laut Auskunft der Programmverantwortlichenentspricht das Verfahren der üblichen Bewertungspraxis derNSF (s. Merit Review Process der NSF, s. http://www.nsf.gov/bfa/dias/policy/meritreview/, letzter Zugriff: Septem-ber 2010). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich EPSCoR in denletzten Jahrzehnten vierfach ausgedehnt hat: (1) umfasst dieZahl der berechtigten Einheiten mittlerweile mehr als dieHälfte der amerikanischen Bundesstaaten, (2) sind auch diedafür allozierten Mittel der NSF im Steigen begriffen, (3)haben andere öffentliche Forschungsförderungen ihrerseitsEPSCoR-ähnliche Programme aufgelegt. (Insgesamt umfas-sen die solcherart vergebenen Mittel über 400 Mio.Dollar/FY2008) und (4) schließlich hat sich die mit EPSCoRverbundene Strategie der Steigerung der Wettbewerbsbe-fähigung universitärer Forschung auf die sozio-ökonomischeEntwicklung eines Bundesstaates auf Grundlage eines wis-senschaftsbasierten Technologietransfers erweitert.Die Frage, ob EPSCoR positive Auswirkungen auf die An-tragsfähigkeit und die Drittmittelquote der teilnehmendenUniversitäten bedeutet, kann nur eingeschränkt beantwor-tet werden. Denn der Einfluss der zusätzlichen EPSCoR-Dollar auf die wissenschaftliche Wettbewerbsfähigkeiteines Bundesstaates lässt sich nur schwer quantifizieren.Bisher sind keine Daten verfügbar, um die Wirkung einereinzelnen Programmlinie auf die gesamte wissenschaftlicheLeistungsfähigkeit eines Bundesstaates zu berechnen. Allerdings lässt sich ein positiver Trend abbilden. So unter-streicht Tabelle 1 zunächst anhand des Publikationsoutputsdie anhaltenden bestehenden Unterschiede zwischen den

US-Bundesstaaten. In Abbildung 1 kann anhand der Datenzum durchschnittlichen Publikationsoutput je Tsd. promo-vierter Wissenschaftler aber auch gezeigt werden, dass sichdie Regionen im Zeitverlauf leicht annähern. Die nachfol-gende Abbildung 2 bietet einen weiteren Grund zur positi-ven Bilanzierung und macht erkennbar, dass die Bundes-staaten mit EPSCoR ihre Drittmittelquote fast immer stei-gern konnten. Und die strukturelle Drittmittelwettbe-werbsfähigkeit zu steigern ist das zentrale Ziel des Pro-gramms.Abschließend können noch einige Bemerkungen qualitati-ver Art hinzugefügt werden. Die Programmverantwort-lichen verweisen auf die dynamisierende Wirkung, die EPS-CoR bedeuten kann. Nach den Wirkungen des Programmsbefragt, sind sich die Verantwortlichen in den Bundesstaa-ten einig, dass EPSCoR eine Stimulanz der Forschungsorien-tierung, eine Anleitung zur Schwerpunksetzung der univer-sitären Forschung und die Entwicklung einer allgemeinenInnovationsstrategie in den berechtigten Bundesstaaten be-wirkt hat. Oftmals stellt das Programm eine der ersten Ini-tiativen in der Richtung vor Ort dar und darf als kompensa-torisch für einen kaum existierenden ‚policy-body’ (zitiertnach: Hauger 2004) in dem Bereich auf Bundesstaaten-ebene bezeichnet werden. Das hat dann u.a. zur Folge, dassweitere politische Maßnahmen durch State & Local Gov-ernment folgen, um die Wirkungen des Programms weiterauszubauen und nachhaltig zu unterstützen.

22.. ÖÖffffeennttlliicchhee FFoorrsscchhuunnggssfföörrddeerruunngg iinnDDeeuuttsscchhllaanndd –– EEPPSSCCooRR mmeeeettss DDFFGG

AAuch in Deutschland besteht ein erhebliches regionalesUngleichgewicht von Forschung. Soweit das private Mittel

Tabelle 1: Publikationsoutput nach EPSCoR und Non-EPSCoR-Bundesstaaten

Abbildung 1: Publikationsoutput je Tsd. Wissenschaftler (mit Promotion)nach EPSCoR und Non-EPSCoR-Bundesstaaten

Quellen der Daten: Science and Engineering Indicators 2010, Tabelle 8-42, S. 8-93

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betreffen, ist dies oft dem Industrieanteil im jeweiligenBundesland geschuldet (hier hat etwa Baden-Württembergmit seiner Zentrierung auf Automobil, Maschinenbau undElektrotechnik eine Spitzenposition, indem es gut ein Vier-tel aller FuE-Ausgaben auf sich vereinigt). Aber die öffent-liche Forschungsförderung versucht hier gar nicht erst dementgegen zu wirken, sondern schafft ganz eigene Ungleich-gewichte. In Tabelle 2 ist dargestellt, welche Mittel jedesLand für FuE selbst ausgibt und was es aus Bundesmittelnerhält. Angegeben ist auch die Relation zum „KönigsteinerSchlüssel“ (K.S.), der im Wissenschaftsbereich den meistbe-nutzten Standard für eine ‚angemessene’ Aufteilung derLänder darstellt. Dieser berechnet sich zu zwei Drittel nachdem aktuellen Steueraufkommen und zu einemDrittel nach der Bevölkerungsgröße. DerSchlüssel wird seit 1949 für zahlreiche Bund-Länder-Aufteilungen vor allem im Wissen-schaftsbereich angewandt. Alternativberech-nungen ändern dabei wenig, da der K.S. mitanderen Gewichtungen hoch korreliert (r =0,985** mit dem BIP, r = 0,999** mit der Bevöl-kerung).In der Tabelle wird deutlich, dass sowohl beiden Länder- wie den Bundesmitteln erheblicheDifferenzen herrschen. Auf Seiten der Länderhaben vor allem die relativ wirtschaftsstarkenStadtstaaten immer hohe Mittel zu veraus-gaben und die in ihrer Wirtschaftsstruktur tra-ditionell geprägten westlichen Flächenländer,wie Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein oderNordrhein-Westfalen dagegen besonders nied-rige. Die neuen Bundesflächenländer weisensowohl Werte über als auch unter dem Durch-schnitt auf, wobei die positive Seite nur durchSachsen repräsentiert wird. Und besonders auf-fällig ist der bestehende Zusammenhang vonFuE-Ausgaben des Bundes und der jeweiligen

Länder. Beide Verteilungen korre-lieren eng (die beiden letztenSpalten mit r = 0,783**).Wenn einzelnen Bundesländernmit schwachen finanziellen Mög-lichkeiten die Kraft fehlt, in wis-sensbasierte Einrichtungen zu in-vestieren, scheint es auch derBund nicht als seine Aufgabe an-zusehen, hier ausgleichend tätigzu werden. Im Gegenteil. DieZahlungen der Zentralebene ak-zentuieren sogar noch das Un-gleichgewicht der Bundesländer.Während bei den Länderausga-ben das adjustierte Minimum 70und das Maximum 135 beträgt,erreichen die Werte für den Bund33 und 265.Hochschulen in Ländern, die re-lativ finanzschwach sind bzw. dieder Wissenschaft weniger Bedeu-tung als anderen Politikfeldernzuweisen, haben zumindesttheoretisch eine gewisse Chance

sich von ihren Regierungen unabhängiger zu machen, wennsie bei der Einwerbung von Drittmitteln besonders erfolg-reich sind. Es lässt sich sogar von einem zunehmendenDruck in diese Richtung ausgehen, denn die - ihre Hoch-schulen via Grundmittel finanzierenden - Länder scheinenimmer weniger gewillt, Forschung auf diesem klassischenWeg mitzufinanzieren. Ein Indikator dafür ist die Entwick-lung des Verhältnisses dieser beiden Größen. Drittmittel

Abbildung 2: NSF Research Support Funding, by cohorts (1980-2004)

Quelle: NSF 2009

Tabelle 2: FuE-Ausgaben der öffentlichen Hand nach Bundesländern (2007)1

Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010, S. 441, 446

1 In der Tabelle 2 sind die Werte über 100 in den letzten beiden Spaltenfettgedruckt, um hervorzuheben, wann die Bundesländer überdurch-schnittlich viele Mittel ausgeben bzw. erhalten.

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pro 100 Euro Grundmittel umfassten 1996 14 Euro, 2000schon 18 Euro und 2005 21 Euro (Wissenschaftsrat 2008,S. 16).Von besonderer Bedeutung ist dabei die DFG, da hier so-wohl vom Auftrag - Grundlagenforschung zu finanzieren -wie von der Größenordnung des Budgets her der einfluss-reichste Geldgeber für die Hochschulen benannt ist. Derstatistische Zusammenhang zwischen den Drittmittelnüberhaupt und den DFG-Bewilligungen hat die DFG selbsteinmal mit einem r=0,96 angegeben, einem Wert der„praktisch kaum zu überschreiten“ ist (Deutsche For-schungsgemeinschaft 2003, S. 35). In Tabelle 3 ist deshalb die Regionalverteilung ihrer Zuwen-dungen angegeben und wieder in Relation zum ‚Königstei-ner Schlüssel’ gesetzt.2 Und zwar geht es hier um die ‚Net-toverteilung’, also was ein Land nach Abzug seines Beitragszur (Bund-Länder-finanzierten) DFG erhält. Neben den Zu-wendungen insgesamt sind noch die besonders wichtigenProgrammarten Allgemeine Forschungsförderung, Sonder-forschungsbereiche, Graduiertenkollegs und Exzellenzinitia-tive angegeben. Nicht berücksichtigt ist der – relativ gerin-ge – Anteil nicht-regionalisierbarer Mittel, etwa für die Ge-schäftsstelle der DFG.Die Größen zeigen die schon bekannte ungleiche Regio-nalverteilung. Für die hier dargestellten DFG-Mittel insge-samt reicht die Spannbreite der Relation von 10 (Branden-burg) bis 420 (Bremen). Bei der detallierteren Betrachtungergibt sich, dass in der Allgemeinen Forschungsförderung(‚Normalverfahren’) das Verhältnis am wenigsten verzerrtist. Hier beträgt die Relation 21 zu 297. Die Einzelförde-rung im Normalverfahren ist - noch - das relativ finanz-stärkste Programm der DFG, dicht gefolgt von den Sonder-forschungsbereichen. Aber seine Bedeutung nimmt weiter

ab. Wurden 2003 noch 35,1% der Mittelhierin verausgabt, sank dieser Anteil 2006auf 31,9% und 2007 auf 29,3% (Wissen-schaftsrat 2008, S. 27). Bei den Sonderforschungsbereichen dage-gen ist das Verhältnis besonders polarisiert.Es beginnt mit minus 28 (bei einem negati-ven Wert zahlt ein Land mehr ein, als es er-hält) und geht bis zu einem Wert von 480.Vor diesem Hintergrund ist die Stellung-nahme des Wissenschaftsrats zu den SFBsinteressant, die eine gewisse Skepsis ge-genüber der Bedeutungssteigerung dieserFörderlinie erkennen lässt: „Zum anderenmüssen notwendigerweise auch angemes-sene Möglichkeiten zur Förderung andererForschungsverbünde (wie etwa Forscher-gruppen) sowie v.a. auch von Einzelprojek-ten bestehen. Diese Instrumente solltengroßen Forschungsverbünden gegenübernicht als nachrangig betrachtet werden, dasie unabdingbare Erfolgsmodelle der For-schungsförderung sind, mit deren Hilfe ent-scheidend zum Erkenntnisfortschritt beige-tragen wird. Zudem existieren keine Daten,die nahe legen würden, dass ihre wissen-schaftlichen Erträge denen von SFB oderFZT nachstehen“ (Wissenschaftsrat 2009,S. 6).

Bei den Graduiertenkollegs lautet die Relation der Bundes-länder -34 zu 198. Die Exzellenzinitiative reicht von 0 bis191 und scheint damit wieder gleich verteilter. Es mussaber darauf hingewiesen werden, dass hier der Finanzie-rungsschlüssel ein etwas anderer ist. Der Bund trägt dabei75%, während bei der DFG es sonst nur 58% (bzw. 62%einschließlich der vollständigen Übernahme der Kosten fürdie Programmpauschale) sind (Gemeinsame Wissenschafts-konferenz 2010, S. 7). Damit zeigt sich als Gesamteindruck:Auch die DFG-Bewilligungen zeigen das Muster starker re-gionaler Ungleichheit im Zufluss von Bundesmitteln, wobeibesonders die Koordinierten Programme dazu beitragen.

33.. WWiisssseennsscchhaaffttssppoolliittiisscchhee SScchhlluussssffoollggeerruunnggeennEEPSCoR-Programme haben in den USA erfolgreich dahinge-hend gewirkt, dass sie ‚zu starke’ Regionaldifferenzen in deröffentlichen Forschungsförderung zu einem gewissen Anteilkompensiert haben, so dass Anreize zur Anschlussfähigkeit

Tabelle 3: DFG-Mittel nach Bundesländern in Prozent / K.S. * 1003 (2008)

Quelle der Daten: Gemeinsame Wissenschaftskonferenz, 2010

2 Eine Berechung auf Hochschulebene wäre wünschenswert. Leider sind dieAngaben für dieses Aggregatsniveau nur unvollständig verfügbar, da dasForschungsförderranking der DFG nur solche Hochschulen in ihren Publi-kationen namentlich nennt, die oberhalb der 0,5 Mio. Euro Förderungs-grenze (gemessen am Drei-Jahres-Zeitraum des DFG-Rankings) liegen.Dazu kommt das Problem, Ausgaben für Programmtypen nicht nachFächergruppen aufteilen zu können. Auch auf Anfrage waren detalliertereDaten leider nicht erhältlich.

3 Der K.S. bildet hier die Grundlage für einen adjustierten Wert, der sichdaraus ergibt, wenn die Ausgabenverteilung der Forschungsmittel mit derrelativen ökonomischen Bedeutung des Bundeslands gewichtet und aufeinen Durchschnittswert von 100 adjustiert wird. In der Tabelle 3 sind dieWerte über 100 wieder fettgedruckt, um hervorzuheben, wann die Bun-desländer als relativ überdurchschnittlich erfolgreich gelten dürfen. Werteunter 100 geben dementsprechend an, welche Bundesländer bzw. in wel-chen Programmlinien der DFG die Länder relativ unterdurchschnittlich er-folgreich sind.

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gesetzt wurden. Deutschland ist in den letzten Jahren denumgekehrten Weg gegangen. Es hat stärker denn zuvor aufmeritokratisch begründete Prinzipien der Forschungsförde-rung gesetzt, wie es vor allem in der Exzellenzinitative deut-lich wird. Der Wissenschaftsrat warnt: „Überhaupt ist die in-flationäre Verwendung des Exzellenzbegriffs schon im allge-meinen wissenschafts- und förderpolitischen Sprachge-brauch problematisch, da hierdurch zunehmend eben daskaschiert wird, worauf eigentlich aufmerksam gemacht wer-den soll: eine wirklich herausragende und damit eben auchseltene Leistung. Dabei wird übersehen, dass sich Exzellenzimmer auf einer breiten und soliden Basis gründet und erstin Relation zu dieser überhaupt erkennbar wird. Daher soll-te die DFG ihren Auftrag weder rhetorisch noch faktisch auf‚Exzellenzförderung’ verengen und damit verdecken, dassneben der Förderung von Exzellenz eine wichtige Aufgabeder DFG darin liegt, die sehr gute Forschungsbasis Deutsch-lands in der Breite zu fördern, da ohne diese die Grundlagefür die Prozesse der Herausbildung von exzellenten Leistun-gen fehlt. Der Wissenschaftsrat ermutigt die DFG, diese Hal-tung offensiv zu vertreten“ (Wissenschaftsrat 2008, S. 15).Es kann deshalb als problematisch angesehen werden,wenn auch in Deutschland eine ‚zu starke’ Regionaldiffe-renz zu beobachten ist. Und da Einrichtungen der gemein-samen Forschungsförderung auf kurze Frist nur schwer re-lokalisierbar sind, ist hier vor allem die DFG gefragt. Auchbei dieser Einrichtung ist das doppelte Ungleichgewicht zubeobachten, da einmal die Bundesländer in ihrem Einwer-beerfolg hoch differieren, zum anderen sich aber auch dieHochschulen separieren: Größere Einrichtungen erzielenzunehmend Erfolge, während die kleineren zurückbleiben. Diese strukturelle Schiefverteilung wird selbst dort zugege-ben, wo die gegenwärtigen DFG-Verteilungsmechanismenverteidigt werden: „Ein ‚Matthäus-Effekt’ zunehmenderSelbstverstärkung von Drittmitteln ist also auf der Antrags-ebene von Universitäten und für das Normalverfahren derDFG kaum auszumachen, vielmehr ist ein konstant sehrhohes Ausmaß der Ungleichverteilung zwischen den Insti-tutionen zu beobachten.“ (Auspurg/Hinz/Güdler 2008, S.679). Auch wenn sich hier aus Platzgründen auf die Länder-Verteilung konzentriert wurde und die Darstellung der Dis-tribution von DFG-Mitteln nach Einrichtungen ausgeblen-det blieb, gibt es natürlich Überschneidungen mit dieserDiskussion. Die aktuelle Debatte (Auspurg et al. 2008; Aus-purg/Hinz/Güdler 2009; Jansen/Heidler/Görtz 2009;Münch 2007, 2009, 2010) hat dabei offen gelegt, dass dieBeschränkung auf das Normalverfahren zu kurz greift, weildie Koordinierten Programme zunehmend wichtiger wer-den und hier eine Zentrierung auf wenige, in der Regeldann größere Universitäten durchaus vorliegt. Das ist beider Verteilung nach Bundesländern genauso zu beobach-ten. Und die Diskussion um die Angemessenheit der DFG-Förderprinzipien hat weiter darauf aufmerksam gemacht,dass eine Konzentration der Mittel auf nur wenige Univer-sitäten durchaus ineffizient sein könnte, weil die For-schungsproduktivität (etwa gemessen am Publikationsout-put) nicht damit zwingend mitwachsen muss, sondern viel-leicht sogar sinkt (Münch 2010). Die Suche nach Alternati-vmechanismen zur Verteilung öffentlicher Forschungsmittelist deshalb nicht nur legitim, sondern auch geboten.Noch einmal der Wissenschaftsrat dazu: „Noch nicht abseh-bar ist, ob das gegenwärtige System der Wissenschaftsför-

derung auch dann noch adäquat ist, wenn es - auch nachAuffassung der DFG - unterschiedliche Typen von Hoch-schulen geben wird: wie z.B. forschungsstarke Hochschulenmit internationaler Sichtbarkeit in ihrer ganzen Breite, sol-che mit herausragenden Profilbereichen, solche die sich aufdie Aus- und Weiterbildung oder auf anwendungsnahe For-schung und Entwicklung konzentrieren“ (Wissenschaftsrat2008, S. 15). In diesem Sinn wird angeregt, seitens der DFGauch in Deutschland ein ‚experimentelles’ Programm nachUS-Vorbild aufzulegen, das so die Nachhaltigkeit des Wis-senschaftssystems steigern sollte.

Der Beitrag basiert auf dem Forschungsprojekt „Sicherungdes Kreativitätspools, Verbesserung der Chancengleichheit:EPSCoR ein Vorbild für die DFG?“, das an der UniversitätFlensburg im Rahmen der BMBF-Initiative „Neue Gover-nance der Wissenschaft - Forschung im Verhältnis von Wis-senschaft, Politik und Gesellschaft“ durchgeführt wurde.

LLiitteerraattuurrvveerrzzeeiicchhnniiss

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Münch, R. (2010): Der Monopolmechanismus in der Wissenschaft. Auf denSchultern von Robert K. Merton. Berliner Journal für Soziologie, Jg. 20,S. 341-370.

Wissenschaftsrat (2008): Stellungnahme zur Denkschrift der Deutschen For-schungsgemeinschaft: Perspektiven der Forschung und ihrer FörderungXII (2007 - 2011). Berlin.

Wissenschaftsrat (2009): Stellungnahme zu den Programmen Sonderfor-schungsbereiche und Forschungszentren der Deutschen Forschungsge-meinschaft. Berlin.

Nadin Fromm, M.A., Mitglied des Promotions-kollegs „Verantwortliche Hochschule“,E-Mail: [email protected]

Dr. Gerd Grözinger, Professor für Sozial- und Bil-dungsökonomie, Universität Flensburg; Sprecherdes von der Heinrich-Böll-Stiftung unterstütztenPromotionskollegs „Verantwortliche Hochschule",E-Mail: [email protected]

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Wenn es um Leistungs- und Qualitätsbewertungen sowiederen Vergleiche geht, wird oft auch deren Fairness bzw.Gerechtigkeit22 diskutiert: „Fair ist der Vergleich nur zwi-schen Hochschulen, die mit Blick auf die Zielsetzungen, ihrProfil und ihre Strukturen wirklich vergleichbar sind.“, soFederkeil (2009, S. 7). Dagegen sagte der baden-wwürttem-bergische Wissenschaftsminister Frankenberg33: „Es ist imLeben immer so, dass es keine gleichen Voraussetzungengibt.“ Was als gerecht wahrgenommen wird, kann sich alsoauch zwischen Personen deutlich unterscheiden, die alsProtagonisten der Leistungsorientierung im Hochschulbe-reich gelten. In diesem Beitrag sollen daher zur Erweiterungder Argumentationsbasis der Diskussion gerechtigkeits-theoretische Überlegungen eingebracht werden. Danachwerden diese in den Kontext leistungsorientierter Hoch-schulsteuerungsinstrumente eingeordnet. Dass die Argu-mentation nicht nur theoretische Bedeutung hat, wirdanschließend im empirischen Teil mithilfe zweier Praxisbei-spiele und entsprechender Daten für einen häufig in derleistungsorientierten Mittelvergabe im Bereich Lehre ver-wendeten Indikator veranschaulicht. Vor dem Hintergrundder erst kürzlich hochschulpolitisch wieder geforderten Er-höhung des Stellenwertes der Lehre gilt unser Interessedabei der Frage, welche Hochschulen günstigere und wel-che ungünstigere Ausgangbedingungen haben, neben derForschungsexzellenz auch bei Indikatoren für Lehrqualitätzu punkten.Dabei wird auch der Frage nachgegangen, welche Bedin-gungen erfüllt sein müssen, damit leistungsorientierteSteuerungsinstrumente als akzeptabel gelten können. Be-trachtet werden erstens die Bedingungen, unter denen In-strumente zur Anwendung kommen. Ein zweiter Schwer-punkt liegt auf den Verfahren, d.h. der Funktionsweise derInstrumente und ihrer Anwendung. Drittens stellt die Wir-kung der Instrumente eine Grundlage für die Ergebnisbe-wertung dar. Die Fragestellung wird aus theoretischer undempirischer Perspektive bearbeitet. Im theoretischen Teilwird in gerechtigkeitstheoretische Überlegungen eingeführtund ein Zusammenhang mit der Akzeptanz leistungsorien-tierter Steuerungsinstrumente aufgezeigt. Im empirischenTeil werden erste Versuche unternommen, diese Ergebnisseauf konkrete Steuerungsinstrumente in der Ebene Land –Hochschule anzuwenden und Empfehlungen für aus Ge-rechtigkeitsgesichtspunkten und Wirksamkeitserwartungensinnvolle Weiterentwicklungsmöglichkeiten abzuleiten.

11.. GGeerreecchhttiiggkkeeiittsspprriinnzziippiieenn

NNicht nur die politisch-gesellschaftliche Debatte um Ge-rechtigkeit ist breit gefächert und wird auf der Basis vielfäl-tiger Gerechtigkeitsvorstellungen geführt. Gerechtigkeitwird auch aus der Perspektive verschiedener Wissenschafts-disziplinen mit unterschiedlichen Schwerpunkten diskutiert(vgl. für einen Überblick z.B. Roman Herzog Institut 2009;Wegener 1995). Allgemeine Gerechtigkeitsprinzipien fin-den auch Eingang in die Diskussion der Akzeptanz undWirksamkeit konkreter Verfahren wie der leistungsorien-tierten Mittelvergabe im Hochschulwesen. Ihren Ursprunghaben die wichtigen Gerechtigkeitsprinzipien in normati-ven Gerechtigkeitstheorien. Diese zielen vornehmlich dar-auf ab, aus als allgemeingültig angenommenen PrinzipienGerechtigkeitsvorstellungen abzuleiten, die sich auf Institu-tionen und institutionelle Regelungen für das Zusammenle-ben in großen, teilweise anonymen Gesellschaften anwen-den lassen. Im Zentrum stehen kann die Durchsetzung vonGerechtigkeit in den allgemeinen Ausgangsbedingungen(Chancengleichheit), in den Verfahren des aufeinander be-zogenen Handelns zwischen Personen (Verfahrensgerech-tigkeit) oder in den darauf aufbauenden Handlungsergeb-nissen (Verteilungsgerechtigkeit) (vgl. Rawls 1975).Entscheidend geprägt wurde die gerechtigkeitstheoretischeDebatte des 20. Jahrhunderts durch egalitär liberale Ansät-ze: Institutionen gelten nach Rawls dann als gerecht, wennsie zwei abstrakten Gerechtigkeitsprinzipien entsprechen.Nach dem ersten, vorrangigen Prinzip gleicher Grundfreihei-ten verfügen alle Mitglieder einer Gemeinschaft über gleicheliberale Freiheitsrechte. Das zweite, nachgeordnete Unter-schiedsprinzip erlaubt soziale und wirtschaftliche Differen-zen, wenn davon die Gesellschaft als Ganze profitiert undkein Einzelner einen Nachteil erfährt (Rawls 1975, S. 81ff.).

RRuutthh KKaammmm && RReennéé KKrreemmppkkooww

IIsstt lleeiissttuunnggssoorriieennttiieerrttee MMiitttteellvveerrggaabbee iimm HHoocchhsscchhuullbbeerreeiicchh „„ggeerreecchhtt““ ggeessttaallttbbaarr??

René Krempkow Ruth Kamm

1 Für hilfreiche Anregungen und Hinweise danken wir Patricia Schulz undWilliam Dinkel vom iFQ Bonn, Michael Heger von der Hochschule Aachensowie dem HoFoNa-Arbeitskreis Organisationstheorien innerhalb der Ge-sellschaft für Hochschulforschung.

2 Fairness ist aus unserer Sicht im hier verwendeten Sinn als Gerechtigkeit zuverstehen. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit Gerechtigkeit, ohnedie Begriffsunterschiede zwischen Fairness und Gerechtigkeit explizit zuthematisieren. Zu einer theoretisch fundierten begrifflichen Differenzie-rung objektiver Fairnessmaßstäbe und individueller und gemeinschaftli-cher Gerechtigkeitsvorstellungen vgl. z.B. Rawls (1975).

3 Er sagte dies gegenüber der Badischen Zeitung vom 13.11.2009 zumThema Exzellenzinitiative.

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Angestrebt werden soll die Verbesserung der Ausgangsbe-dingungen der Personen mit angeborenen oder sozialenNachteilen, damit Unterschiede tatsächlich allen zugutekommen können. Zudem sollen im Kontext des Unter-schiedsprinzips nach der Idee der fairen Chancen Ämter undPositionen allen Mitgliedern einer Gesellschaft unabhängigvon sozialer Herkunft o.ä. externen Kriterien offen stehen.Als Theorien, die nicht die Gleichheit als zentrale Gerechtig-keitsforderung in den Mittelpunkt stellen, sind vom ega-litären Liberalismus zum Beispiel libertäre Theorien abzu-grenzen (vgl. Krebs 2001). Ihre Ausgangsbasis bilden gleicheFreiheits- und Eigentumsrechte sowie bestimmte Verfah-rensrechte. Alle darauf beruhenden Ergebnisse, die sich ausindividuellem Handeln ergeben, sind als gerecht anzusehen,verwirklicht wird damit Leistungsgerechtigkeit. Umvertei-lungen innerhalb einer Gemeinschaft sind hingegen aus Ge-rechtigkeitserwägungen nicht zulässig, weil sie individuelleEigentumsrechte verletzen (insbesondere Nozick 1974).Trotz der Unterschiede ist den verschiedenen liberalen An-sätzen die Frage inhärent, an welcher Stelle welche Art vonGleichheit gewährleistet werden muss. In libertären Theo-rien wird die Gleichheit in den Ausgangsbedingungen ver-folgt. Verschiedene Ansätze des egalitären Liberalismus aufder anderen Seite unterscheiden sich im Verständnis vongleicher Freiheit. Sie kann anders als von Rawls definiertbeispielsweise auch als Gleichheit der Lebensaussichten,d.h. der Verfügbarkeit über gleich viele Ressourcen, aufge-fasst werden. Indem dem aristotelischen Grundsatz der for-malen Gleichheit bzw. Gerechtigkeit gefolgt wird (Gleichesgleich und Ungleiches ungleich zu behandeln), finden un-terschiedliche Ausgangsbedingungen von Personen/Grup-pen auch in unterschiedlichen Verfahren/InstrumentenBerücksichtigung (vgl. auch Koller 1995).4

22.. GGeerreecchhttiiggkkeeiitt iimm KKoonntteexxtt vvoonn LLOOMMIInwiefern sich die Gerechtigkeitsprinzipien der philoso-phisch-normativen Debatte und daran angelehnte Ergeb-nisse empirischer Forschung auf den hochschulischen Kon-text übertragen lassen, wird in diesem Abschnitt unter-sucht. Zu beachten ist, dass auf der individuellen Ebene dieAkzeptanz von Gerechtigkeitsprinzipien in der konkretenAnwendung und das daraus resultierende Handeln auchvon der subjektiven Wahrnehmung der jeweiligen Aus-gangsituation, des Verfahrens oder der Ergebnisse von Ver-fahren abhängen.5Über lange Zeit war materielle Gleichbehandlung das zen-trale Prinzip des Einsatzes von Steuerungsinstrumenten undder Mittelvergabe im deutschen Hochschulsystem. GleicheAufgaben wurden gleich bewertet und die Akteure entspre-chend gleich ausgestattet, um die ihnen übertragenen Auf-gaben erledigen zu können. Die Qualität der Aufgabener-füllung - insbesondere im Bereich Lehre - wurde in denletzten Jahren zunehmend kritisch beurteilt. Für Außenste-hende sind die Ermittlung und Bewertung der Bedarfe ein-zelner Akteure weitgehend intransparent. Beurteilungenaus (Verfahrens-)Gerechtigkeitsperspektive sind auf dieserBasis kaum möglich, denn die Verfahren erfüllen grundle-gende Bedingungen hierfür nicht. Von der Leistungsorientierten Mittelvergabe (LOM) erhofftman sich neben stärkerem Wettbewerb und höherer Qua-

lität der Aufgabenerfüllung höhere Transparenz und Lei-stungsgerechtigkeit der Mittelvergabe. Bedeutung und Ver-breitung von leistungsorientierten Steuerungsinstrumentenhaben im deutschen Hochschulsystem in den vergangenenJahren zugenommen. Dies zeigt beispielsweise der zwi-schenzeitlich bundesweit flächendeckende Einsatz vonLOM zwischen Staat und Hochschulen (König/Anger 2010;Nickel/Ziegele 2008; Leszczensky/Orr 2004). Die Untersu-chung leistungsorientierter Hochschulsteuerungsinstru-mente nimmt in der Hochschulforschung eine wichtigeStellung ein (vgl. z.B. den Sammelband von Bogumil/Hein-ze 2009; Kanzlerarbeitskreis 2009). Insbesondere die aufGovernance-Ansätzen basierende Literatur betont die zu-nehmende Bedeutung dieser Instrumente, die den Charak-ter von Steuerung und Koordination im deutschen Hoch-schulwesen entscheidend verändern (vgl. für einenÜberblick u.a. Lange 2009; de Boer/Enders/Schimank2007). Anders als im traditionell durch Inputorientierungund staatliche Detailsteuerung geprägten System liegt dasAugenmerk auf der Ergebnisorientierung. Hochschulenwerden mehr Freiheiten eingeräumt, Zielvorgaben nach ei-genem Ermessen effizient und effektiv zu erfüllen. Daher, soauch die Argumentation aus der Governance-Perspektive,verfügen Hochschulen in einigen Aspekten über erweiterteHandlungsspielräume.In der Hochschulforschung wird bisher allgemein nicht sehrhäufig in den Blick genommen, wie die neuen Steuerungs-instrumente auf der Meso-Ebene (Fakultäten/Fächer) vonden Betroffenen eingeschätzt werden.6 Dabei, so das die-sem Beitrag zugrunde liegende Argument, hängt die Funk-tionsfähigkeit von leistungsorientierten Steuerungsinstru-menten in hohem Maße auch davon ab, ob davon betroffe-ne Akteure diese akzeptieren (vgl. Krempkow 2007, S.232f.; Wottawa 2001, S. 153f.) und in erwarteter Form aufAnreize reagieren. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sieHandlungsspielräume nutzen, indem sie die Instrumente„unterlaufen“ (Stock 2009, S. 18; Krempkow 2007, S. 63f.).Demnach dürften als gerecht angesehene Steuerungsinstru-mente und -systeme eher dauerhaft Akzeptanz finden unddie intendierten Wirkungen entfalten können als solche,die Ungerechtigkeitswahrnehmungen hervorrufen.Allerdings spielt das Leistungsprinzip als Gerechtigkeit-sprinzip für die Bewertung von Forschungsleistungen seitlangem eine zentrale Rolle. Die aus individuellen For-schungsleistungen resultierende Reputation in der Fachge-meinschaft ist für Wissenschaftler/innen von hoher Bedeu-tung (vgl. Osterloh/Frey 2008, S. 8). Sie ziehen einerseitsein hohes Maß an Motivation aus der forschungsbezogenen

4 Andere nichtegalitäre Theorien legen alternative Gerechtigkeitsstandardsals absolut gültige Gerechtigkeitsanforderungen zugrunde, etwa die Ver-wirklichung humanistischer Grundwerte wie Zugang zu Nahrung und Ge-sundheitsversorgung für alle. In Ergänzung können zusätzliche Güter aufder Basis weiterer Prinzipien, z.B. Verdienst, Vorsorge für zukünftige Gene-rationen oder Gleichverteilung, verteilt werden (vgl. Krebs 2001).

5 Für einen Überblick über die empirische Gerechtigkeitsforschung vgl. z.B.Mikula (2002) oder die entsprechenden Beiträge in Roman Herzog Institut(2009).

6 Ausnahmen bilden zum Beispiel eine qualitative Studie zur Wahrnehmungder leistungsorientierten Vergütung durch Professor/innen (vgl. Zeitlhöfler2007), die jedoch die Mikroebene fokussiert; sowie zwei Studien vonMinssen/Wilkesmann und Schröder, die aber kaum gerechtigkeitstheoreti-sche Überlegungen ansprechen (ausführlicher diskutiert in Krempkow2007, S. 78f.).

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Anerkennung, andererseits werden sie auch vornehmlichdaran gemessen. Daher spielt die angemessene Sichtbarkeitüber Publikationen oder Auszeichnungen und Preise einezentrale Rolle (Frey/Neckermann 2009; Hornbostel 2002).Mit leistungsorientierten Steuerungsinstrumenten wirdeine weitere Form der Bewertung und Honorierung imHochschulsystem erbrachter Leistungen eingeführt, dasLeistungsprinzip somit noch verstärkt. Idealtypisch bestehtein direkter Zusammenhang zwischen Aufgabenerfüllungund finanzieller Ausstattung bzw. nichtmonetärer Anerken-nung der Leistungen. Die Mittelvergabe soll auf dem Gradder Erfüllung explizierter und kommunizierter externer Kri-terien beruhen. Die Einführung von leistungsorientiertenSteuerungsinstrumenten würde damit den Vergleich einzel-ner Akteure im Hochschulsystem ermöglichen. Demnachwird es beispielsweise möglich, besonders forschungsstarkeoder in der Lehre starke Hochschulen zu identifizieren unddiese ggf. zu belohnen und damit besonders zu fördern.Dies heißt im Umkehrschluss auch, dass das Prinzip derGleichbehandlung aufgegeben wird. Im Mittelpunkt stehtnicht mehr die materielle Gleichbehandlung bei gleicherAufgabenzuweisung, sondern die Beurteilung von Leistun-gen. Vor diesem Hintergrund ist die Frage zu stellen, wiediese Reform (vgl. Lange 2009) aus gerechtigkeitstheoreti-scher Perspektive zu bewerten ist und ob sie von den be-troffenen Akteuren als (leistungs-)gerecht betrachtet undmitgetragen wird.Auf der Basis der Gerechtigkeitstheorien ist erstens zu über-legen, wie die Ausgangsbedingungen gestaltet werdenmüssen, damit der Einsatz der Instrumente und daraus re-sultierende Ergebnisse als gerecht eingeschätzt werdenkönnen. Insbesondere ist zu klären, inwiefern Chancenge-rechtigkeit besteht. Zweitens sind zur Verwirklichung vonVerfahrensgerechtigkeit die Instrumente selbst hinsichtlichihrer Eigenschaften zu betrachten. Es ist auch danach zu fra-gen, für wen einzelne Verfahren gelten sollen. Denn imSinne des aristotelischen Prinzips der formalen Gleichheitsollten für Akteure mit unterschiedlichen Ausgangsbedin-gungen unterschiedliche Verfahren angewandt werden. Zuden unterschiedlichen Ausgangsbedingungen zählen dabeietwa die Reputation von Hochschulen oder ihre Aufgaben-schwerpunkte. Drittens schließlich ist darüber nachzuden-ken, wie mit den Ergebnissen umgegangen wird. Das istinsbesondere deshalb von Bedeutung, weil Allokationsent-scheidungen auf der Basis von leistungsorientierten Steue-rungsinstrumenten eine zyklische Wiederholung zugrundeliegt. Verteilungsergebnisse bilden oft gleichzeitig die Aus-gangsbasis für die nächste Verteilungsrunde. Zusammenfas-send heißt das, dass bei der Einführung von leistungsbezo-genen Steuerungsinstrumenten zu bedenken ist, an wel-cher Stelle in den Ausgangsbedingungen oder im Verfahrender leistungsorientierten Mittelvergabe welche Formen vonGleichheit gewährleistet und welche Ungleichheitenberücksichtigt werden sollen.Die empirische Forschung zur Gerechtigkeit verweist dar-auf, dass Gerechtigkeit kein objektiver Zustand ist (vgl. z.B.Mikula 2002, S. 257ff). Menschen besitzen ein Gerechtig-keitsempfinden, das sich aus verschiedenen Komponentenspeist und mit der Reichweite und dem Gegenstand vari-ieren kann. Unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten beurteiltwerden in der Regel Verteilungsergebnisse. Akzeptanz wird

v.a. erreicht, wenn die zugrunde liegenden Verfahren alsgerecht beurteilt werden. Wer Verfahren und in der Folgedie daraus resultierenden Ergebnisse akzeptiert, wird selte-ner mittel- oder langfristig in eine innerliche oder sogarnach außen getragene Verweigerungshaltung eintreten.7Dies könnte auch für die Gestaltung von akzeptablen unddamit potentiell wirksam(er)en leistungsorientierten Steue-rungsinstrumenten im Hochschulbereich relevant sein.

33.. PPrraaxxiissbbeeiissppiieelleeEEin Ergebnis von Zeitlhöfler (2007, S. 119f.) ist, dass sichempfundene Ungerechtigkeit aufgrund vorhandener indivi-dueller Handlungsspielräume zwar häufig nicht negativ aufdie individuell präferierten Aufgaben niederschlägt, aller-dings stärker auf die anderen Aufgaben. Während For-schung für einen relativ großen Teil der Wissenschaftler zuden präferierten Aufgaben gehört, ist die Lehre eher zu denanderen Aufgaben zu zählen. Dies zeigen Analysen zuWunsch und Wirklichkeit im Alltag von Hochschulmitglie-dern (z.B. BuWiN 2008, S. 89; Krempkow 2007). Da hiersowohl intendierte als auch nichtintendierte Effekte in denBlick genommen werden sollen, bietet sich im Folgendender hochschulische Aufgabenbereich Lehre an. Hinzukommt: Leistungsanreize und Steuerungsinstrumente wer-den häufig auf der Makroebene (Bundesländer, Hochschu-len – z.B. König 2010, Leszczensky/Orr 2004) oder auf derMikroebene thematisiert (also als Anreize für einzelne Wis-senschaftler, zum Beispiel im Rahmen der leistungsorien-tierten Besoldung – vgl. Zeitlhöfler 2007; Krempkow 2007,S. 59f.). Eher selten wurden bisher Informationen aus derMesoebene (Fächer bzw. Studiengänge) einbezogen, wasnachfolgend in einem der beiden Beispiele geschehen soll.Da die LOM in der Hochschulfinanzierung und in dieserauch die Lehre in vielen Bundesländern wie in der Vergan-genheit in anderen OECD-Staaten zunehmendes Gewichterhält (vgl. König u.a. 2010, Krempkow 2007, S. 73), istkünftig mit stärkerer Thematisierung der (Leistungs-)Ge-rechtigkeit von LOM zu rechnen. Je unterschiedlicher dieAusgangsbedingungen sind (vgl. WR 2008, S. 78; Kremp-kow u.a. 2010), desto stärker sollte entsprechend der vor-gestellten Gerechtigkeitstheorien und empirischen Ergeb-nisse die Akzeptanz von LOM und damit ihre Wirksamkeitbetroffen sein. Dass es sich dabei um kein rein theoreti-sches Szenario handelt, soll beispielhaft an einigen Datenzu unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in der Lehreauf der Ebene von Hochschulen illustriert werden.

3.1 „Elite“-UUniversitäten vs. „Normal“-UUniversitäten inDeutschlandAusgangspunkt ist der Vergleich der sog. „Elite“- mit „Nor-mal“-Universitäten des INCHER Kassel8 bezüglich ihrerAusgangsbedingungen und Ergebnisse im Hochschul-Wett-bewerb. Bislang herrschte hierzu bei Befürwortern vonLOM oft die (implizite) Annahme ähnlicher Ausgangsbedin-gungen innerhalb gleicher Hochschulart/Fächerkultur vor –

7 Daneben kann die Wahrnehmung weiterer mit Verfahren und Ergebnissenzusammenhängender Aspekte die Akzeptanz beeinflussen, etwa – vermit-telt über die Arbeitszufriedenheit – Arbeitsbedingungen, Autonomieerle-ben oder Kontext (vgl. z.B. Krempkow 2007, S. 247f.).

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oder die Annahme der Bedeutungslosigkeit von Unter-schieden. Von LOM-Skeptikern wurden bisher v.a. Unter-schiede im Leistungspotential („Studierfähigkeit“, z.B. ge-messen an Abiturnoten) im Zusammenhang mit Leistungs-bewertungen und Leistungsanreizen thematisiert. Denndiese könnten den „Output“ von Fakultäten/Fächern be-einträchtigen (vgl. ausführlicher zu dieser DiskussionKrempkow 2008). In jüngerer Zeit wurde auch die sozialeDimension der Studierenden wieder etwas häufiger thema-tisiert (z.B. Herkunftsaspekte: Bildungsherkunft, Ge-schlechtszugehörigkeit, Migrationshintergrund) undAspekte, die sich als besondere Lebenslagen bezeichnenließen (z.B. Eltern-/Schwangerschaft, PflegebedürftigkeitFamilienangehöriger, häufige Erwerbstätigkeit/Teilzeitstu-dium). Diese Aspekte werden z.T. unter dem Stichwort „Di-versität“ diskutiert (u.a. zusammen mit Begabungsaus-schöpfung, vgl. Krempkow 2010). Aktuelle bundesweiteDaten, welche vergleichende Analysen hierzu auf derEbene einzelner Hochschulen/Fakultäten erlauben, gibt esbislang kaum.9Derzeit sind nur aggregierte Daten des o.g. INCHER-Tabel-lenbandes nutzbar. Zwar sind hier Unterschiede zwischen„Elite“-Unis und „Normal“-Unis (d.h. zwischen in der 3.Linie der Exzellenzinitiative geförderten und den in der Ex-zellenzinitiative nicht geförderten Universitäten10) ausge-wiesen, nicht aber die institutionelle Varianz.11 Das Fazitzur Datenlage muss daher lauten: Bislang ist mit bundes-weiten Daten nur eine deskriptive Bestandsaufnahme vonDifferenzen verfügbar und damit keine (kausale) Interpreta-tion von Zusammenhängen. Als Desiderat ergeben sichdaraus multivariate Zusammenhangsanalysen, auf die wiram Beispiel eines Bundeslandes noch zurückkommen.Zunächst sollen aber exemplarisch einige Ergebnisse zu den

Ausgangsbedingungen anhand des INCHER-Tabellenbandesvorgestellt werden: siehe Tabelle 1.Es zeigte sich, dass in allen Dimensionen bei den „Elite“-Unis andere Ausgangsbedingungen als bei „Normal“-Uniszu finden sind. Dies gilt insbesondere für die Bildungsher-kunft (Anteile Nichtakademikerväter differieren um 13 undmehr Prozentpunkte), in nicht ganz so hohem Maße auchfür andere Aspekte. Noch größere Differenzen ließen sich

8 Diesen legte das INCHER Kassel mit einer Auswertung des bundesweitenKooperationsprojektes Absolventenstudien als Tabellenband „Grundaus-wertung nach Förderung durch Exzellenzinitiative“ Anfang 2010 vor.

9 Grundsätzlich vorhandene Daten sind derzeit nicht als Scientific Use File(SUF) verfügbar. (Ausnahme: HIS-Absolventenpanel 1997, das aber keineHochschulzuordnung ermöglicht). INCHER plant ein SUF für 2011.

10 Die vom INCHER als „Exzellenz-Unis“ bezeichneten in der 1. und 2. För-derlinie erfolgreichen Universitäten können hier aufgrund deutlich ab-weichender Fächerzusammensetzung nicht vergleichend betrachtet wer-den.

11 Varianzen innerhalb der Gruppe der „Elite“-Universitäten waren immer-hin exemplarisch anhand einer „Elite“-Universität untersuchbar. Diese istzugleich eine der 6 Gewinner im Stifterverbands-Wettbewerb „Exzellenzder Lehre“ und damit ein besonders geeigneter Fall, um die Ausgangsbe-dingungen auch für die Lehre zu betrachten. Ergebnis war: Die Differen-zen dieser Universität zum Schnitt der anderen „Elite“-Universitäten bzgl.ihrer Ausgangsbedingungen waren kleiner als zu „Normal“-Universitäten(vgl. Krempkow 2010).

12 In Klammern und kleinerer Schrift wurde hier als Maß für die Bedeutsam-keit der Differenzen das Confidence Intervall angegeben (CI für das 95%-Alpha-Fehlerniveau). Dies bezeichnet die Zuverlässigkeit des angegebe-nen Wertes mit Hilfe des Bereiches, in dem sich dieser mit 95%igerWahrscheinlichkeit bei wiederholter Befragung unter denselben Bedin-gungen befinden würde). Bei bedeutsamen Differenzen im Vergleich zu„Normal“-Unis wurden die Werte fettgedruckt hervorgehoben.

13 Kann auch als „Internationalität“ eingeordnet werden (Lenz u.a. 2006):keine eindeutige Bewertung möglich.

14 Die Bewertung von Studienabschlussnoten gestaltet sich schwierig, dadie Notenvergabepraxis auch je nach Standort sehr unterschiedlich aus-fallen kann (ausführlicher vgl. Lenz u.a. 2006; Krempkow 2007, S. 128f.).

Tabelle 1: Vergleich der Ausgangsbedingungen und Ergebnisse anhand des INCHER-Tabellenbandes

Daten: Heidemann 2010

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vermutlich zeigen, wenn vergleichbare Daten für Fachhoch-schulen vorlägen (z.B. differenziert nach Fächergruppen).Die aufgrund deutlich anderer Fächerzusammensetzung lei-der nicht vergleichbaren Zahlen aus dem INCHER-Tabellen-band deuten darauf hin (z.B.: 65% Nichtakademikerväter,17% familiäre Gründe für Studienverlängerung, 42% Er-werbstätigkeit während des Studiums). Würde man LOM-Skeptikern folgen, wäre dies – mit Ausnahme von Ge-schlechtszugehörigkeit und Migrationshintergrund (zudenen keine einheitlichen Thesen formulierbar sind) – gün-stiger für die „Elite“-Unis. Eine solche Sichtweise würde je-doch an dieser Stelle zu kurz greifen. Denn sie unterstelltZusammenhänge zwischen Ausgangsbedingungen und Er-gebnissen, die erst noch empirisch zu überprüfen wären.Für eine weitergehende Bewertung wäre also eine empiri-sche Analyse der Zusammenhänge von Indikatoren zu Aus-gangsbedingungen mit Indikatoren zu Ergebnissen von Stu-diengängen, z.B. der Absolventenquote, nötig15 (wie sie inleistungsorientierten Mittelvergabemodellen Anwendungfindet). Dies ist aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit bun-desweiter Datensätze leider momentan nicht möglich.Hilfsweise soll daher nachfolgend auf bereits vorliegendeAnalysen innerhalb eines Bundeslandes zurückgegriffenwerden. Dies erscheint auch deshalb angemessen, weilzahlreiche LOM-Verfahren in den Bundesländern zwischenden Hochschulen zur Anwendung kommen.

3.2 „Metropol-UUniversitäten“ vs. „Regional-UUniversitäten“in SachsenInnerhalb Sachsens gibt es bislang keine „Elite“-Universität.Allerdings gibt es als aussichtsreich eingeschätzte Kandida-

ten, die in der nächsten Runde der Exzellenzinitiative einenAntrag eingereicht haben. Ein gemeinsames Merkmal der„Elite“-Universitäten und dieser sächsischen Universitätenist, dass es überwiegend große, traditionsreiche Universitä-ten in großstädtischem Umfeld sind. Nach Lange (2009, S.93) hatten sie in der Exzellenzinitiative bessere Startchancenals „Regional-Universitäten“16 – u.a. bezogen auf „Wettbe-werbsvorteile bei der Gewinnung leistungsbereiter Studen-ten“. Daher sollen nachfolgend Differenzen sowie Zusam-menhangsanalysen von „Metropol-Universitäten“ gegenüber„Regional-Universitäten“ anhand von Daten des SächsischenHochschulberichtes vorgestellt werden (siehe Tabelle 2).Auch für den Vergleich zwischen Metropol- und Regional-Unis zeigt sich, dass die Ausgangsbedingungen in fast allenAspekten differieren. Darüber hinaus gilt dies überwiegendauch für die Prozessqualität (wenngleich in geringeremAusmaß). Nachfolgend werden die Ergebnisse einer empiri-schen Analyse der Zusammenhänge von Ausgangsbedin-

15 Möglicherweise sind unterschiedliche Ausgangsbedingungen bedeu-tungslos, wenn sich kein Zusammenhang zu Output/ Outcome zeigt unddamit gleichwertige Chancen bestehen. Bisher vorliegende Analysen zei-gen jedoch Zusammenhänge (vgl. die in Krempkow u. a. 2010 genanntenStudien).

16 Zur Verwendung dieses Begriffes vgl. auch Winter/Kreckel (2010, S. 13)sowie Schnell (2007, S. 12).

17 Durchschnittswerte gewichtet nach Studierendenzahl im Präsenzstudium2005, In Klammern: Confidence Intervall (CI für 95%-Alphafehlerniveau,gerundet, Erläuterung siehe auch Fußnote 12).

18 Kann auch als „Internationalität“ eingeordnet werden (Lenz u.a. 2006):keine eindeutige Bewertung möglich.

19 Die Bewertung von Studienabschlussnoten gestaltet sich schwierig, dadie Notenvergabepraxis auch je nach Standort sehr unterschiedlich aus-fallen kann (ausführlicher vgl. Lenz u. a. 2006; Krempkow 2007, S. 128f.).

Tabelle 2: Vergleich von Ausgangsbedingungen, Prozessqualität und Ergebnissen anhand des Hochschulberichtes Sachsen

Daten: Krempkow 2008

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gungen mit einem Indikator zum Output von Studiengän-gen am Beispiel der Absolventenquote20 unter Kontrollevon Prozessqualitätsaspekten vorgestellt. Ähnliche Analy-sen erfolgten unter Einbeziehung weiterer Ergebnisindika-toren bereits zu einem früheren Zeitpunkt21 (vgl. Kremp-kow 2008, in dem auch online verfügbaren Beitrag findetsich eine ausführlichere Erläuterung der Variablen und derAnalysemethode). Als Ergebnisse werden in Tabelle 3 zentrale Kennwerte derRegressionsmodelle dargestellt.22 Die Ergebnisse der Ana-lyse zeigen, dass neben der Fächerkultur auch die Bildungs-herkunft23 und die Frauenanteile mit den Absolventenquo-ten der Studiengänge zusammenhängen, und zwar meiststärker als mit Indikatoren der Prozessqualität. Dies gilt amstärksten im hier aufgrund seiner größten Erklärungskraftfavorisierten Modell 1, aber darüber hinaus relativ stabil inden drei weiteren dargestellten alternativen Modellen (Mo-delle 2 bis 4, mit Einbeziehung zusätzlicher Variablen). Sta-tistisch signifikante Ergebnisse sind fettgedruckt dargestellt. Wenn nun die Absolventenquoten (zumindest in Sachsen,wahrscheinlich auch anderswo) tatsächlich z.T. stärker mitAusgangsbedingungen zusammenhängen als mit der Pro-zessqualität (die im Gegensatz zu den meisten Ausgangsbe-dingungen immerhin teilweise beeinflussbar ist), dann kön-nen Leistungsbewertungen und die leistungsorientierteMittelvergabe anhand von Absolventenquoten nicht alsleistungsgerecht wahrgenommen werden. Denn wenn diesim Verfahren nicht berücksichtigt wird, kann es als man-gelnde Berücksichtigung des Grundsatzes der Verfahrensge-rechtigkeit angesehen werden, „Gleiches gleich und Unglei-ches ungleich“ zu behandeln.

44.. AAuussbblliicckk

DDie empirischen Ergebnisse aus dem vorangegangenen Ab-schnitt lassen eine doppelte Gefahr erkennen: Sowohl dieChancengerechtigkeit, als auch die Verfahrensgerechtigkeitkönnten als ungenügend eingeschätzt werden, sofern un-

terschiedliche Ausgangsbedingungen verschiedener Hoch-schulen in der zunehmend leistungsorientierten Mittelver-gabe nicht berücksichtigt werden. Es gäbe durchaus mögli-che Lösungen für die geschilderte Problematik. Unter Um-ständen könnte die Differenzierung nach Hochschulen mitähnlichen Ausgangsbedingungen bzw. nach Hochschulty-pen die Basis für die Bildung ähnlicher Gruppen darstellen,so dass sich für Hochschulen relativ gleichwertige Aus-gangsbedingungen gestalten ließen. Exemplarisch zeigt diesder Entwurf der europäischen Hochschul-Klassifikation, diein 14 Dimensionen Aspekte wie „determination of predo-minant fields of study“ und „regional engagement“ einbe-zieht (CHEPS 2009, S. 22f.). Auch das INCHER und das CHEplanen die Bildung von Gruppen ähnlicher Hochschulen fürkünftige Ergebnisvergleiche. Zudem stellte Rip im März2010 auf der Konferenz „The Changing Governance of Re-search“ in Speyer eine Einteilung in „Classical Elite-Univer-sities“, „Enterprising Universities“ und „Niche occupyingUniversities“ vor.Eine mögliche Alternative zu solchen Gruppenbildungenstellt der (rechnerische) Ausgleich unterschiedlicher Aus-gangsbedingungen bei Leistungsbewertungen und Leis-tungsanreizen mit Bonussystemen dar, wie es z.B. für finni-sche Schulen mit erhöhten Anteilen an sozial benachteilig-

20 Relation Absolventen-/Anfängerzahl vor dem der durchschnittlichen Stu-diendauer entsprechendem Zeitraum.

21 Hier wurden im Vergleich zu Krempkow (2008) die neu gebildeten Varia-blen Metropol-Universitäten (Dresden+Leipzig=1 vs. Chemnitz+Frei-berg=0), Bildungsherkunft und Bildungsausländeranteil zusätzlich einbe-zogen. Für „Besondere Lebenslagen“ liegen die Daten leider nicht aufStudiengangsebene vor. Zudem sind die Differenzen meist geringer.Daher wurden diese nicht ins Regressionsmodell einbezogen.

22 Das korrigierte R-Quadrat in der zweiten Zeile der Tabelle 3 steht als Maßfür die Erklärungskraft der Modelle. Die standardisierten Beta-Koeffizien-ten in den nachfolgenden Zeilen sind ein vergleichbares Maß für die Er-klärungskraft der einzelnen Variablen. Für alle gilt: Je näher am Wert 1,desto aussagekräftiger sind die Ergebnisse. Für Detail-Erklärungen hierzuvgl. einschlägige Lehrbücher zu multivariaten Analysemethoden.

23 Bildungsherkunft und Kompetenzförderung sind als einzige Variablen nurin zwei Modellen (marginal) signifikant und damit weniger stabil.

Tabelle 3: Zusammenhangsanalyse von Ausgangsbedingungen, Prozessqualität und Absolventenquote, (**/*/+ = signifikant auf dem 1-/5-/10-Prozent Niveau)

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R. Kamm & R. Krempkow Ist leistungsorientierte Mittelvergabe im Hochschulbereich ...QiW

ten Kindern oder bei britischen Universitäten mit erhöhtenAnteilen an „nontraditional students“ bereits erfolgte.24

Die Chancen und Risiken solcher Differenzierungsvariantenwurden bisher allerdings kaum diskutiert (zu einigen Aspek-ten vgl. Krempkow u.a. 2010). Obwohl solche Entwick-lungsarbeiten noch am Anfang stehen, können in ihnenMöglichkeiten gesehen werden, auf immer wieder (und mitsteigenden Anteilen von Leistungsbudgets an den Gesamt-budgets auch drängender) aufkommende Fragen und Dis-kussionen zur (Leistungs-)Gerechtigkeit von leistungsorien-tierten Steuerungsinstrumenten an Hochschulen künftigeAntworten zu liefern. Dennoch bleiben zahlreiche Fragen offen, die mit den dis-kutierten Punkten zusammenhängen, aber hier nicht weiterbearbeitet werden konnten. Zu fragen ist, ob es neben derpolitisch intendierten vertikalen Differenzierung in der For-schung (in „Elite“-Unis vs. andere) einen Trend gibt, deraufgrund unterschiedlicher Ausgangsbedingungen in For-schung und Lehre auf eine Polyvalenz der einen und die re-lative Monovalenz der anderen Hochschulen („Niche occu-pying Universities“) hinausläuft. Oder gibt es neben dervertikalen Differenzierung auch einen Trend zu stärkererhorizontaler Differenzierung des Hochschulsektors z.B. inforschungsorientierte neben lehrorientierten Universitätenin Deutschland, wie beispielsweise mit Blick auf die Exzel-lenzinitiative und die im Gegensatz dazu eher kompensato-risch wirkenden Wettbewerbe zur Förderung der Lehr-Ex-zellenz vermutet wird (vgl. Ash 201025)? Davon, welche(evtl. versteckte) Differenzierung in welchem Ausmaß be-reits existiert, hängt die Anzahl möglicherweise bereitsexistierender Gruppen von ähnlichen Hochschulen ab, die„nur“ noch explizit gemacht werden müsste. Dies gilt alter-nativ auch für die Art von Bonussystemen, die u.U. zuschaffen wären. Darüber hinaus wären solche Fragen auchin einem gesellschaftlichen Aushandlungsprozess zu veror-ten, um Zielprioritäten zu klären. Denn was ist zu erwarten,wenn bei steigenden Leistungsbudgetanteilen in den Leis-tungsanreizsystemen wie schon in mehreren Bundesländerngeschehen die Absolventenquoten eine große finanzielleRolle spielen - und diese Erfolgsquoten negativ mit dem(ggf. hohen) Anteil von Nichtakademikerkindern zusam-menhängen? Dann werden rational kalkulierende Hoch-schulleitungen kaum dem zugleich politisch intendiertenZiel der Erhöhung der sozialen Diversität der Studierendenentsprechen können – und aus dem Blickwinkel von Ge-rechtigkeitsfragen wollen. Daran würde sich unter diesenVoraussetzungen erst etwas ändern, wenn das gesamtge-sellschaftliche Ziel der sozialen Diversität auch im Mittel-verteilungverfahren eine höhere Priorität erhält. Ihre Priori-sierung durch die Hochschul- oder Fakultätsleitung ohneflankierende finanzielle Anreize würde in einem solchenSystem mit hoher Wahrscheinlichkeit als „ungerecht“ emp-funden, weil sie mit Verlusten an Ressourcen und damitauch an Gestaltungsspielräumen (sowie bei Veröffentli-chung von Ranglisten/Leistungsvergleichen auch an Repu-tation) bei den Hochschul- und Fakultätsmitgliedern ver-bunden wäre. Dies gilt insbesondere, wenn die Institutions-mitglieder diese Entscheidung wegen fehlender Transpa-renz ggf. nicht nachvollziehen können und bei ihrem Zu-standekommen nicht mitwirken konnten. Die vorgestelltentheoretischen Annahmen lassen vermuten, dass sozialer Di-

versität dann eine wichtigere Rolle zukommen würde,wenn sie ein wichtiges Element des gemeinsamen Ver-ständnisses des Gerechten darstellen würde. Ist dies auf-grund unterschiedlicher subjektiver Gerechtigkeitsvorstel-lungen nicht der Fall, kann versucht werden, über die Ver-besserung von Verfahren die Akzeptanz zu erhöhen. Dieempirische Forschung bietet Ansatzpunkte dafür, wie Leis-tungsanreize und ihre Implementationsprozesse gestaltetwerden können, damit sie häufiger als „gerecht“ empfun-den werden, Akzeptanz und letztlich Wirksamkeit entfaltenkönnen.

LLiitteerraattuurrvveerrzzeeiicchhnniiss

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24 Statistisch fundiert werden könnten solche Bonussysteme evtl. mittelsBerechnung von Residuen oder Generalisierten Linearen Modellen (Lite-ratur dazu vgl. Krempkow u. a. 2010).

25 Ash (2010, S. 264) schreibt auch: „Doch schon mit den Antworten aufdie Auslobung des Wettbewerbs der drei Förderlinien war eines derKernziele des ganzen Unternehmens, eine funktionale Differenzierungder Hochschullandschaft – genauer: die Sichtbarmachung der an sich be-reits gegebenen Differenzierung – bereits verwirklicht worden, dennmehrere Dutzend Institutionen bewerben sich gar nicht erst um dieseMittel und zeigten damit, dass sie sich nicht in erster Linie als Orte derSpitzenforschung begreifen (können).“

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Philipp Pohlenz:Datenqualität als Schlüsselfrage der Qualitätssicherung von Lehre und Studium

Hochschulen wandeln sich zunehmend zu Dienstleistungsunternehmen,die sich durch den Nachweis von Qualität und Exzellenz gegen ihre Wett-bewerber durchsetzen müssen. Zum Vergleich ihrer Leistungen werden verschiedene Evaluations-verfahren herangezogen. Diese stehen jedoch vielfach in der Kritik, be-züglich ihrer Eignung, Leistungen der Hochschulen adäquat abzubilden. Verfahren der Evaluation von Lehre und Studium wird vorgeworfen, dassihre Ergebnisse bspw. durch die Fehlinterpretation hochschulstatistischerDaten und durch die subjektive Färbung studentischer Qualitätsurteileverzerrt sind. Im Zentrum des vorliegenden Bandes steht daher die Untersuchung vonpotenziellen Bedrohungen der Aussagefähigkeit von Evaluationsdaten alsSteuerungsinstrument für das Management von Hochschulen.

ISBN 3-937026-63-0, Bielefeld 2009, 170 Seiten, 22.80 Euro

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Verfahren der Leistungsbeurteilung, die auf statistischen In-dikatoren oder studentischen Befragungsdaten beruhensind Gegenstand einer anhaltenden Kontroverse. Ihnenwird vorgeworfen, dass sie Gerechtigkeitslücken bei der Be-urteilung und Honorierung von Hochschulleistungen auf-reißen, sofern nicht sicher gestellt ist, dass sie diese in be-lastbarer Weise widerspiegeln. Der Beitrag zeigt anhandder kombinierten Analyse von Befragungs- und Hochschul-statistikdaten, inwieweit durch diese Daten ein zutreffen-des Bild der Realität in der Bewertung von Lehre und Stu-dium gezeichnet werden kann.

11.. AAuussggaannggssppuunnkkttIIndikatoren zur Beschreibung von Hochschulleistungen ge-winnen stetig an Bedeutung für die Hochschulsteuerung.Sowohl zur Rechenschaftslegung von Hochschulen, als auchzur internen Qualitätssicherung und -entwicklung werdenbelastbare Daten gebraucht, die ein verlässliches Bild zurAufgabenerfüllung der Hochschulen zeichnen. Die in die-sem Zusammenhang eingesetzten Daten stammen sowohlaus der amtlichen Hochschulstatistik (z.B. zur Ermittlungvon Abbrecher- und Absolventenquoten) als auch aus stu-dentischen Befragungen zu ihrer Einschätzung der Studien-qualität. Gerade diese Befragungsdaten sind Gegenstandeiner anhaltenden Diskussion, die sich auf die Eignung dererhobenen Daten für Zwecke der Hochschulsteuerung be-zieht (vgl. zusammenfassend Pohlenz 2009).1Kritik und Skepsis bezieht sich auf die Qualität der Erhe-bungsinstrumente (insbesondere hinsichtlich der Operatio-nalisierung des theoretisch schwer greifbaren Konstrukts„Lehrqualität“ in studentischen Zufriedenheitsurteilen)sowie auf die Qualifikation der Studierenden als sachkundi-ge Beurteiler der Lehre. Aber auch die Auswertung und In-terpretation sowie die Darstellung der Befragungsresultateist Gegenstand der methodischen Kritik an den landläufigeingesetzten Verfahren (siehe z.B. Kromrey 1999; 2003). Hintergrund der Debatte ist auch, dass Daten meistens eherin einer beschreibenden als in einer erklärenden Perspekti-ve genutzt werden (Veres/Mihály 2007: 29). Einflussfakto-ren kritischer Qualitätsurteile der Studierenden bleibenvielfach unerkannt, bzw. werden mit unterkomplexen Ver-fahren untersucht. Die produzierten Informationen werdendaher selten effektiv für Steuerungsprozesse genutzt. IhreFunktion wird dann hauptsächlich als Instrument zur Bedie-

nung externer Anforderungen, beispielsweise in Akkredi-tierungsverfahren wahrgenommen. Der Nutzen für die in-terne Qualitätsentwicklung wird dagegen vielfach skeptischgesehen. Sowohl studentische Befragungsdaten als auchLeistungsindikatoren sind mit dem Einwand konfrontiert,dass sie Gerechtigkeitslücken bei der Beurteilung von Lehreund Studium produzieren, sofern nicht sicher gestellt ist,dass sie den beurteilten Gegenstand in zuverlässiger undfairer Weise, methodisch korrekt abbilden (Pohlenz 2009)Umso wichtiger ist es darüber nachzudenken, wie sich dieGüte der genutzten Daten und Informationen im Hinblickauf den Untersuchungsgegenstand bestimmen lässt und inwelcher Weise das bislang eingesetzte Instrumentariumggf. weiterentwickelt werden muss. Die Akzeptanz der ein-gesetzten Verfahren zur Qualitäts- bzw. Leistungsbeurtei-lung als angemessene und wissenschaftsadäquate Instru-mente kann als unbestrittene Voraussetzung für deren er-folgreiche Nutzung für die Hochschulentwicklung angese-hen werden. Zwar gibt es bereits eine Vielzahl von Untersuchungen, diesich kritisch mit Testgütekriterien und psychometrischen Ei-genschaften von studentischen Befragungsdaten beschäfti-gen (z.B. Prisching 2009: 160, Lück 2009, Braun 2008, zu-sammenfassend Pohlenz 2009) . Die entsprechenden Analy-sen ziehen jedoch nur sehr bedingt den Kontext ein, inner-halb dessen die Studierenden ihre Qualitätsurteile fällen. Sosind die verschiedenen Ausstattungssituationen von Hoch-schulstandorten oder auch von Fachbereichen an einemStandort üblicherweise kaum der Referenzrahmen für dieInterpretation von Erhebungsdaten oder der entsprechen-den Auswertungen zur Frage der Validität und Reliabilität. Strukturelle Parameter der Hochschulen sind zumeist nichtBestandteil der entsprechenden Erhebungsinstrumente,vermutlich deshalb, weil sie den Befragten schlichtwegnicht bekannt sind. Typischerweise erhobene Urteile zum„Lernklima“ – beispielsweise abgebildet als Beurteilung derAngemessenheit der Anzahl teilnehmender Studierendenin den Lehrveranstaltungen – werden entsprechend nichtvor dem Hintergrund der objektiven Ausstattungssituationder Hochschule oder des Fachbereichs interpretiert. Eine

PPhhiilliipppp PPoohhlleennzz && MMaarrkkuuss SSeeyyffrriieedd

IInntteeggrriieerrttee AAnnaallyyssee vvoonn SSttuuddiieerreennddeennuurrtteeiilleenn uunndd hhoocchhsscchhuullssttaattiissttiisscchheenn DDaatteenn ffüürr eeiinnee eevviiddeennzzbbaassiieerrttee HHoocchhsscchhuullsstteeuueerruunngg

Markus SeyfriedPhilipp Pohlenz

1 Dazu gehören insbesondere die Validität, Reliabilität und Kontextsensiti-vität der erhobenen Daten. Für diese Aspekte gibt es Verfahren, mit derenHilfe die Güte des Erhebungsinstrumentes überprüft werden kann (etwaüber Pre-Tests der Erhebungsinstrumente und hier mit Hilfe von Faktoren-analysen, Cronbachs alpha, Mittelwertvergleichen, etc.).

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QQuuaalliittäättsseennttwwiicckklluunngg//-ppoolliittiikk QiW

solche Einschätzung der Erhebungsdaten wird vermutlichimplizit vorgenommen. Eine systematische Untersuchungder Urteilswirksamkeit von Ausstattungsparametern, dieaußerhalb des Einflussspielraums der Hochschulen liegen istjedoch derzeit eher die Ausnahme, als die Regel. Gerade im Zusammenhang mit einer wettbewerbsorientier-ten Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Hochschulstan-dorten und einzelnen Studiengängen scheint es aus vorlie-gender Sicht aber mehr als angezeigt zu sein, die unter-schiedlichen Voraussetzungen, unter denen Studierende zuihren Qualitätsurteilen kommen, in die Nutzung dieser Ur-teile für Steuerungsentscheidungen einzubeziehen. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich daher mit studenti-schen Befragungen zur Studienzufriedenheit und hier insbe-sondere mit der Frage, inwieweit die Einschätzungen derBefragten mit externen Umständen und Ausstattungssitua-tionen der Hochschulen korrespondieren. Der Fokus liegt vor allem auf aggregierten hochschulstatis-tischen Grunddaten, die als Indikatoren für Rahmenbedin-gungen des Studiums herangezogen werden. Als Datenba-sis steht eine Befragung Studierender zu ihrer Zufriedenheitmit dem Studium an der Universität Potsdam zu Verfügung,die Anfang 2010 basierend auf dem Studienqualitätsmoni-tor der HIS-GmbH Hannover durchgeführt wurde.2

22.. DDaatteennggrruunnddllaaggee uunndd VVoorrggeehheennsswweeiisseeAAn der Befragung beteiligte sich rund ein Viertel der Stu-dierenden (ca. 4.700 Studierende). In die nachfolgend be-richteten Auswertungen wurden die Daten von 18,5% derStudierenden einbezogen Das entspricht einer Anzahl von n= 3.754 Personen. Im Rahmen der Befragung wurden die studentischen Zu-friedenheitsurteile zu verschiedenen Aspekten abgefragt: (i)Angaben zum individuellen Studiengang (Fächerwahl, etc.),(ii) Betreuungssituation, (iii) Lehrangebot, (iv) Studienver-lauf, (v) Rahmenbedingungen des Studiums, (vi) Beratungs-und Serviceleistungen der Universität, (vii) Globalurteil zurstudentischen Zufriedenheit. Ein erster Ergebnisbericht zuden deskriptivstatistischen Auswertungen wurde der Hoch-schulöffentlichkeit vorgelegt und auf den Internetseiten derUniversität publiziert (Pohlenz 2010).3Die Betrachtung der entsprechenden Ergebnisse fördert zuTage, dass grosso modo die Studierenden der mathema-tisch-naturwissenschaftlichen sowie der humanwissen-schaftlichen Fächer eine höhere Zufriedenheit mit dem Stu-dium zu Protokoll geben, als die Kommilitoninnen undKommilitonen der geistes-, sozial- und rechtswissenschaft-lichen Fächer. Würde man aus diesem Befund unmittelbar den Schlussziehen, dass die Studienqualität an der Mathematisch-Na-turwissenschaftlichen Fakultät besser sein muss, als an denNachbarfakultäten, wäre der oben skizzierte Vorwurf ge-rechtfertigt, dass studentische Befragungsdaten, bzw. dieArt ihrer Interpretation, Gerechtigkeitslücken aufreißt,wenn die entsprechenden Ergebnisse bei der Honorierungvon Leistungen der Bereiche zum Einsatz kommen. Einzweiter Blick auf die Ergebnisse zeigt nämlich, dass die Un-terschiede bei der Studienzufriedenheit nicht so sehr zwi-schen den Fächern variieren, sondern vielmehr zwischenden verschiedenen Abschlussarten: So kritisieren insbeson-

dere Studierende der Zwei-Fach Bachelor-Studiengängestudienorganisatorische Probleme. Gleiches gilt für dasLehramts-Studium, in dem ebenfalls mehrere Studienfächerparallel studiert (und mit den erziehungswissenschaftlichenFächern kombiniert) werden. Damit korrespondierend ist die Studienzufriedenheit derStudierenden aus mathematisch-naturwissenschaftlichenFächern insbesondere in den Ein-Fach Bachelor-Studi-engängen ausgeprägt. Kandidatinnen und Kandidaten desLehramts sind dagegen auch in der Mathematisch-Natur-wissenschaftlichen Fakultät mit Faktoren belastet, die zueiner kritischen Beurteilung der Studienbedingungenführen. Der Anteil Studierender in Zwei-Fach-Bachelor-Stu-diengängen ist an der Philosophischen Fakultät am höch-sten und fällt an der Mathematisch-Naturwissenschaftli-chen Fakultät vergleichsweise gering aus. Entsprechendwenig überraschend ist die beschriebene Befundlage, dieaber bei einer oberflächlichen Betrachtung nicht angemes-sen berücksichtigt wird. Dies stützt eine eher skeptische Argumentation, die sichgegen die Verwendung von studentischen Befragungsdatenin Prozessen der Hochschulsteuerung ausspricht. In der Tatsind Fehlurteile und potenziell Fehlsteuerungen absehbar,wenn an das Ergebnis einer höheren studentischen Zufrie-denheit in der einen oder anderen Fakultät Leistungsbeur-teilungen geknüpft werden. Vermutlich würde dadurch dieAkzeptanz studentischer Befragungsdaten weiter beein-trächtigt und ihre Erhebung als Instrument der Qualitätssi-cherung entsprechend diskreditiert werden. Um dies zu vermeiden, erscheint es angezeigt, studentischeBefragungsdaten durch ihre Verknüpfung mit Strukturdatender Hochschule (also Kennziffern aus der Hochschulstatis-tik) extern zu validieren. Es stellt sich die Frage, inwieweithochschulstatistische Kennziffern Zusammenhänge mit Stu-dierendenurteilen aufweisen. Dieser Frage wird im Folgen-den nachgegangen, um zu überprüfen, inwieweit sich –mehr oder weniger – objektiv beschreibbare Ausstattungs-bedingungen in den studentischen Befragungsdaten wider-spiegeln.Dabei war es zunächst wichtig die Kennziffern danach aus-zuwählen, inwieweit sie eine inhaltlich begründete Zuord-nung zu bestimmten Konstrukten aus der Studienzufrie-denheitsbefragung ermöglichen. In die Betrachtung einbe-zogen wurden daher die Betreuungsrelation (Zahl der Stu-dierenden je Professorin bzw. Professor), der Anteil vonPrüfungen, die in einem Zweit- oder Drittfach abgelegtwurden (zur Berücksichtigung der besonderen Prüfungsbe-lastung Studierender in Kombinationsstudiengängen)sowie die Höhe der eingeworbenen Drittmittel in den Lehr-bereichen. Als Untersuchungseinheiten wurden aufgrund der Daten-verfügbarkeit geclusterte Studienfächergruppen (n = 21)gewählt.4 Eine Einzelfallbetrachtung erfolgt nicht, da esauch betrachtete Subgruppen Studierender gibt, in denendie Fallzahl sehr gering ist. Dementsprechend bestand die

2 Informationen zum Studienqualitätsmonitor unter http://www.his.de/abt2/ab21/sqm/index_html (zuletzt 24.10.2010).

3 Der vollständige Ergebnisbericht ist unter: https://www.pep.uni-potsdam.de/media/reports/up_vollerhebung_kurzbericht_100419_final.pdf (zuletzt 24.10.2010) einzusehen.

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P. Pohlenz & M. Seyfried Integrierte Analyse von Studierendenurteilen ...QiW

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Gefahr bei einer Betrachtung von einzelnen Studienfächern,Einzelfällen ein zu hohes Gewicht einzuräumen.5Für die Analysen werden zunächst Fragenblöcke indexiert,die in der Befragung zur Studienzufriedenheit die Betreu-ungssituation, die Beeinträchtigung des Studiums durchäußere Faktoren sowie den Forschungsbezug der Lehre the-matisierten. Der Index zu den Betreuungsleistungen beinhaltet Bewer-tungen auf einer fünfstufigen Skala von 1 („Sehr schlecht“)bis 5 („Sehr gut“). Er speist sich aus Fragen zu • Kontaktmöglichkeiten, • zur Erreichbarkeit der Lehrenden, • zur Betreuung bei Praktika, zu Hilfestellungen bei Aus-

landsaufenthalten, • zur Unterstützung bei der Klausur- und Prüfungsvorberei-

tung, • zu Rückmeldungen über erbrachte Studienleistungen und

Lernfortschritten • sowie zum Engagement der Lehrenden für die Belange

der Studierenden.

Der Index zu den Beeinträchtigungen während des Studi-ums beinhaltet Bewertungen auf einer fünfstufigen Skalavon 1 („Nie“) bis 5 („Sehr häufig“). Er bezieht sich aufAspekte wie • große Teilnehmerzahlen, • den Ausfall wichtiger Lehrveranstaltungen, • das Prozedere bei Anmeldungen zu Lehrveranstaltungen

und Prüfungen, • Verlängerung der Studienzeit wegen nicht belegbaren

Wahlpflichtveranstaltungen und • die Beeinträchtigung der Studiensituation durch Pendeln

zwischen den Universitätsstandorten.

Der dritte eingesetzte Index beschreibt den Forschungsbe-zug der Lehre. Die einzelnen Items mussten auf einer fünf-stufigen Skala von 1 („Unwichtig“) bis 5 („Sehr wichtig“)bewertet werden. Hierbei geht es vor allem darum,• inwieweit in den Lehrveranstaltungen durch die Studie-

renden ein konkreter Forschungsbezug identifiziert wird(etwa durch spezielle Veranstaltungsbestandteile) und

• inwieweit die Möglichkeit gegeben ist, selbst zu forschen(bspw. im Rahmen von Lehrforschungsprojekten).

Dabei lassen sich schon a priori verschiedene Annahmen zuden Zusammenhängen treffen. So ist beispielsweise davonauszugehen, dass eine hohe Betreuungsrelation vermutlichmit einer eher schlechteren Bewertung der Betreuungssi-tuation korrespondiert. Unter Berücksichtigung der hiervorgestellten Codierungen wird daher ein negativer Zusam-menhang erwartet. Demgegenüber lässt sich für die Be-trachtung des Anteils der Prüfungen im zweiten und drittenFach in Verbindung mit der Häufigkeit von Beeinträchtigun-gen ein positiver Zusammenhang erwarten. Diese Vermu-tung liegt darin begründet, dass Beeinträchtigungen vorallem dort besonders zu Tage treten, wo das Studium meh-rerer Fächer koordiniert werden muss. Für den Zusammenhang zwischen den Drittmitteln und derBewertung des Forschungsbezuges in der Lehre wird eben-falls ein positiver Zusammenhang erwartet, da die Drittmit-telaktivitäten vor allem dort sehr stark in die Lehre trans-

portiert werden (können), wo drittmittelgeförderte For-schung stattfindet. Es wird angenommen, dass sich dies inder Beurteilung der Lehrpraxis durch die Studierenden wi-derspiegelt.

33.. EErrggeebbnniissssee

TTabelle 1 verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen denStudierendenurteilen und den Daten aus der Hochschulsta-tistik. Abgesehen vom Anteil der Prüfungen im zweiten unddritten Fach (gemessen als Anteil an der Gesamtzahl allerabgelegten Prüfungen) korrelieren die Parameter mittel bisstark mit dem entsprechenden Index für die Betreuungslei-stungen bzw. den Forschungsbezug der Lehre. Die Vorzei-chen entsprechen abgesehen vom Anteil der Prüfungen imZweit- und Drittfach ebenfalls den Erwartungen, d.h. hoheBetreuungsrelationen – viele Studierende je Professor –gehen mit einer negativen Beurteilung der Betreuungsleis-tungen einher.

Bei den Drittmitteln ist dies umgekehrt: je höher das Dritt-mittelvolumen im Lehrbereich ist, desto stärker fällt die Zu-stimmung der Studierenden zu einer forschungsbezogenenLehrpraxis aus. Abbildung 1 zeigt exemplarisch den Zusam-menhang zwischen Betreuungsrelation und der Beurteilungder Betreuungssituation.Die gewählte Vorgehensweise ist freilich mit Limitationenverbunden. Diese bestehen darin, dass Aussagen zur kausa-len Verknüpfung der einzelnen Parameter und der entspre-chenden Wirkungsrichtung fehlen und dass natürlich durchdie reine Höhe des Drittmittelvolumens keine Aussage aufdie Art der damit ermöglichten wissenschaftlichen Praxis inForschung und Lehre getroffen werden kann. Nichtsdes-totrotz liefern die Befunde wichtige Hinweise. Diese lassensich in der These verdichten, dass die studentischen Zufrie-denheitsurteile durchaus einen rationalen Beurteilungskernhaben, dass sich also beispielsweise ein gelungener Transfervon Forschung in die Lehre den Studierenden durchaus auchals solcher darstellt. Der vielfach erhobene Vorwurf, Studie-rende seien nicht geeignet, den Forschungsbezug der Lehre

Tabelle 1: Korrelationen zwischen Strukturindikatoren undStudierendenurteilen

Quelle: Befragung zur Studierendenzufriedenheit, Univer-sität Potsdam 2010

4 Diese Untersuchungseinheiten sind zwar zweifelsohne problematisch, sieempfehlen sich jedoch, weil die Datenbestände in höchst unterschiedli-chen Aggregaten vorlagen und eine Dissaggregation (auf der Ebene voneinzelnen Studienfächern) für bestimmte Parameter (etwa Betreuungsrela-tionen) nicht sinnvoll möglich war. Die Klassifikation nach Studienfächer-gruppen entspricht der vom statistischen Bundesamt vorgegeben Grup-pierung.

5 Eine Gewichtung der Fälle kam hier ebenfalls nicht in Betracht, da geradebei Gruppen mit sehr wenigen Fällen die Gefahr bestand die Gewichte derStudierendenurteile – etwa anhand der Häufigkeitsverteilung aller Studie-renden – fehlzuspezifizieren.

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zu beurteilen, weil sie keinen Einblick in die Forschungsakti-vität haben, wird dadurch zumindest anzweifelbar.

44.. GGlloobbaallee ZZuuffrriieeddeennhheeiittssuurrtteeiillee aallss rreelleevvaannttee BBeeuurrtteeiilluunnggsskkoommppoonneennttee??

IIn einem nächsten Schritt versuchen wir das „globale Zu-friedenheitsurteil“ der Studierenden durch die Indizes, diewir aus den Befragungsdaten gebildet haben sowie durchdie hochschulstatistischen Strukturdaten zu erklären. Mitdem studentischen Globalurteil ist die Frage nach derZufriedenheit mit dem Studium insgesamt gemeint.Dieses wurde ebenfalls in einer fünfstufigen Skalavon „Sehr unzufrieden“ (1) bis „Sehr zufrieden“ (5)abgebildet. Im Folgenden berichten wir drei Regressionsmodel-le, die jeweils eine eigene Modellspezifik haben (nurstudentische Zufriedenheitsurteile, nur hochschul-statistische Strukturdaten und ein kombiniertes Mo-dell). Die Regressionsmodelle werden wiederum fürdie 21 Fächergruppen geschätzt. Die Signifikanzwer-te werden hier zur Beschreibung der Modellgüte ge-nutzt und nicht für mögliche Inferenzschlüsse auf dieGrundgesamtheit.6In Tabelle 2 sind die Ergebnisse der Berechnungendargestellt. Dabei zeigt sich für das erste Modell einbemerkenswert hoher Erklärungsbeitrag der einzel-nen Indizes für die Varianz im Gesamturteil der Stu-

dierenden zu ihrer Zufriedenheit mit den Studi-enbedingungen.7 Insgesamt werden rund 79%der Varianz erklärt (r²korrig = 0,79), wobei derIndex für die Wahrnehmung des Forschungsbe-zuges den geringsten Erklärungsbeitrag leistet.Den stärksten Effekt auf die Gesamtbeurteilunghaben die aggregierten Urteile zur Beeinträchti-gung der Studiensituation. Darüber hinaus wei-sen die einzelnen Koeffizienten die erwartetenVorzeichen auf (siehe oben).Der Erklärungsbeitrag des zweiten Modells liegtzwar deutlich darunter, dennoch werden immer-hin noch 30% der Varianz durch die einbezoge-nen Strukturvariablen aufgeklärt (r²korrig = 0,30).Ein Blick auf die Beta-Koeffizienten zeigt zudem,dass die Betreuungsrelation einen nennenswer-ten bereinigten Effekt auf das Gesamturteil derStudienzufriedenheit hat. Die eingeworbenenDrittmittel hingegen zeigen keinen Einfluss aufdie Studienzufriedenheit. Der Befund eines Zu-sammenhangs zwischen den Drittmittelvoluminaund der studentischen Wahrnehmung eines For-schungsbezuges der Lehre ist wohlmöglich nichtals Determinante für die Gesamtzufriedenheitder Studierenden zu werten, entfaltet aber, wieoben beschrieben Wirkung bei der Erklärung derstudentischen Wahrnehmung des Forschungsbe-zuges der Lehre. Auch für dieses Modell weisenalle Koeffizienten die erwarteten Vorzeichen aus.Im kombinierten Regressionsmodell zeigen er-

Abbildung 1: Zusammenhang von Betreuungsrelation und Beurteilungder Betreuung

Quelle: Befragung zur Studierendenzufriedenheit, Universität Potsdam2010

Zeichenerklärung: ANGL = Anglistik; BIO = Biologie/Biochemie/Biowissenschaft;CHEM = Chemie/Biochemie; ERZ = Erziehungswissenschaft; GE = Geschichte;GEO = Geographie/Geoökologie; GEOW = Geowissenschaften; GER = Germani-stik; INF = Informatik/Softwaresystemtechnik; KU = Kunst, Kunstwissenschaft;LIT/SPR = Allgemeine und vergleichende Literatur- und Sprachwissenschaft; MA =Mathematik; MU = Musik(einschließlich Musikwissenschaft); PHIL/RELI = Philo-sophie/Religionswissenschaft; PHY = Physik; PSY = Psychologie; REW = Rechts-wissenschaft; ROM = Romanistik; SLA = Slawistik; SPO = Sportwissenschaft; SPV= Sozial-, Politik-, Verwaltungswissenschaft; WIWI = Wirtschaftswissenschaft

Tabelle 2: Regressionsmodelle nach Indizes und Makrodaten

Quelle: Befragung zur Studierendenzufriedenheit, Universität Potsdam 2010 sowie Dezernat 1, Universität Potsdam

6 Die Regressionsschätzung für Stichproben mit geringen Fallzahlen istetwas problematisch, obgleich sich beispielsweise weite Teile der verglei-chenden Politikwissenschaft genau mit derartigen Modellen befassen. Hierhandelt es sich oftmals nur um Fallzahlen von n = 30 oder weniger (i.d.ROECD-Staaten oder EU-Staaten, vgl. etwa exemplarisch Hallerberg/vonHagen 1998, 1999). Diese durchaus fragwürdige Praxis stellt entsprechen-de Herausforderungen an die weiterführenden Überprüfungen und Unter-suchungen. Allerdings können diese Fragestellungen an dieser Stelle nichtim Einzelnen vertiefend behandelt werden, daher sei hier auf die Literaturzu diesem Thema verwiesen (vgl. etwa Jann 2006; 2009).

7 Allerdings ist dieses Ergebnis insofern nicht verwunderlich, das es sich umein von der HIS entwickeltes, d.h. vor allem im Hinblick auf Validität undReliabilität bereits ausführlich getestetes Befragungsinstrument handelt.Die Ergebnisse sind somit Ausdruck einer entsprechenden Konstruktvali-dität.

83

P. Pohlenz & M. Seyfried Integrierte Analyse von Studierendenurteilen ...QiW

QiW 3/2010

wartungsgemäß die Beurteilung der Betreuungsleistungenund die wahrgenommenen Beeinträchtigungen des Studi-ums sehr starke Effekte auf die Gesamtzufriedenheit. Dem-gegenüber verliert die (hochschulstatistisch gemessene) Be-treuungsrelation deutlich an Erklärungskraft, was nicht zu-letzt daran liegt, dass die Zusammenhänge mit den Studie-rendenurteilen zur Betreuung (siehe Tabelle 1) auf eine ent-sprechend hohe Multikollinearität schließen lassen. Demge-genüber verliert aber der Anteil von Prüfungen im Zweit-und Drittfach kaum an Bedeutung. Die Erklärungskraft desGesamtmodells erhöht sich gegenüber dem ersten Modellallerdings nur marginal um rund 4%. Die Beta-Koeffizientender Indizes geben im Gesamtmodell erneut die erwartetenVorzeichen wieder. Für die hochschulstatistischen Datenhaben sich zwei Vorzeichen gegenüber dem Ursprungsmo-dell verändert, obgleich die Effekte hier so gering sind, dassvon keinem eindeutigen Zusammenhang gesprochen wer-den kann.Die Ergebnisse geben somit Anhaltspunkte dafür, dass derEinbezug externer Urteilskomponenten einen (wenn auchgeringen) Erkenntniszuwachs für die Erklärung studenti-scher Zufriedenheitsurteile bedeuten kann. Dies führt aberletztendlich zu der wichtigen Erkenntnis, dass die studenti-schen Zufriedenheitsurteile gerade nicht, wie vielfach ver-mutet und kritisiert, ausschließlich auf einer subjektiv ver-zerrten Basis zu Stande kommen. Vielmehr wird das Urteildurch begründete Urteilskategorien mitbestimmt und lässtsich entsprechend durchaus als Spiegel der Realität des Stu-dienalltages beschreiben.

55.. ZZuussaammmmeennffaassssuunngg uunndd SScchhlluussssffoollggeerruunnggeennDDie vorgestellten Ergebnisse verdeutlichen, dass Studieren-denurteile durchaus in engem Zusammenhang mit relevan-ten Indikatoren von Lehre und Studium stehen. Dies wirdals Indiz dafür gewertet, dass Studierende dazu in der Lagesind, adäquate Urteile zu Lehre und Studium zu treffen. Ne-gative studentische Urteile zu Betreuungsleistungen derHochschule bzw. der Studienfächer sind demnach nichtetwa Ausdruck einer generellen Unzufriedenheit oder„prinzipiellen Systemkritik“, sondern spiegeln zuverlässigdie diesbezüglichen Problemlagen wider. Allerdings ist entscheidend, dass die Studierendenurteiledurch die Interpretation nicht zu einer unmittelbaren Leis-tungsbeurteilung überhöht werden. Sie sollten vielmehrzum Anlass genommen werden, erneut darauf hinzuweisen,dass der Spielraum für die Leistungserbringung eben maß-geblich durch extern verantwortete und zu verantwortendeRahmenbedingungen gesetzt wird. Anliegen des Beitragesist es eher darauf hinzuweisen, dass Studierendenurteile alsGegenstand von Leistungsbeschreibungen – und bei allergebotener Vorsicht: Leistungsbeurteilungen, nicht per se zuFehlurteilen führen müssen, weil sie subjektiv verzerrt sind.Entsprechend stellen sie auch nicht per se Bedrohungen derGerechtigkeit von Leistungsbeurteilungen dar. Allerdings ist eine weitere Schärfung des Instrumentariumsangezeigt, um die Aussagefähigkeit und damit die Akzep-tanz der Ergebnisse im Wissenschaftsbetrieb zu erhöhen.Wie bereits erwähnt, sind auch die hier eingesetzten Aus-wertungsansätze durchaus in ihrer Aussagefähigkeit limi-tiert. In diesem Sinne wäre eine stärkere Einbettung von

studentischen Befragungsdaten in den Kontext, in dem siedurchgeführt werden, zu fordern. Dies impliziert die Durchführung von weitergehenden Un-tersuchungen (wie etwa Interviews o.ä.), um zusätzliche In-formationen zur validen Beschreibung der Studienrealitätzu generieren. Dies bedeutet insbesondere auch – wie imvorliegenden Beitrag angeregt – sich stärker mit Strukturenund Rahmenbedingungen zu beschäftigen, ohne dabei inein von Teichler (2002) beschriebenes „Wirr-warr“ hinein-zugeraten (Teichler 2002, S. 39). Die simultane Untersu-chung von individuellen Befragungsdaten und aggregiertenInformationen auf der Ebene von Studienfächern sprichtdafür, auch methodisch die Mehrebenenstruktur der Datenbesser zu berücksichtigen, als dies derzeit in der landläufi-gen Praxis der Qualitätssicherung von Lehre und Studiumder Fall ist. Im Kontext der methodischen Weiterentwick-lung von Analyseansätzen ist darüber hinaus die Bedeutungvon Zeiteffekten zu erwähnen.

LLiitteerraattuurrvveerrzzeeiicchhnniissBraun, E. (2008): Das Berliner Evaluationsinstrument für selbsteingeschätzte

studentische Kompetenzen. Göttingen.Hallerberg, M./Hagen, J. von (1998): Electoral Institutions and the Budget

Process, in Kiichiro Fukasaku and Ricardo Hausmann (Eds.): Democracy,Decentralisation, and Deficits in Latin America. Paris.

Hallerberg,M./Hagen, J. von (1999): Electoral Institutions, Cabinet Negotia-tions, and Budget Deficits in the EU, In: Poterba, J./Hagen, J. von (Eds.):Fiscal Institutions and Fiscal Performance, Chicago.

Jann, B. (2006): Diagnostik von Regressionsschätzungen bei kleinen Stich-proben. In: Diekmann, A. (Hg.): Methoden der Sozialforschung, Sonder-heft 44 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, S.421-452.

Jann, B. (2009): Diagnostik von Regressionsschätzungen bei kleinen Stich-proben (mit einem Exkurs zu logistischer Regression). In: Kriwy,P./Gross, C. (Hg.): Klein aber fein! Quantitative empirische Sozialfor-schung mit kleinen Fallzahlen, S. 93-125.

Kromrey, H. (1999): Von den Problemen anwendungsorientierter Sozialfor-schung und den Gefahren methodischer Halbbildung. In: Sozialwissen-schaften und Berufspraxis, Jg. 22/H. 1, S. 58-77.

Kromrey, H. (2003): Qualität und Evaluation im System Hochschule. In:Stockmann, R. (Hg.): Evaluationsforschung, 2. Auflage, Opladen, S.233-258.

Lück, S. (2009): Studentische Modulevaluation: Methoden, Ergebnisse undSchlussfolgerungen aus statistischer Sicht. Hamburg.

Pohlenz, P. (2010): Studienzufriedenheit an der Universität Potsdam. ErsterErgebnisbericht zur hochschulweiten Befragung Studierender im WiSe2009/2010. Zentrum für Qualitätsentwicklung in Lehre und Studium. S.1-20 Im Internet unter: https://www.pep.uni-potsdam.de/media/reports/up_vollerhebung_kurzbericht_100419_final.pdf [letzter Zugriff:07.09.2010].

Pohlenz, P. (2009): Datenqualität als Schlüsselfrage der Qualitätssicherungvon Lehre und Studium. Bielefeld.

Prisching, M. (2009): Die Vermessung der wissenschaftlichen Landschaft. In:Kellermann, P./Boni, M./Meyer-Renschhausen, E. (Hg.): Zur Kritik eu-ropäischer Hochschulpolitik. Wiesbaden, S. 148-162.

Teichler, U. (2002): Die Zukunft der Hochschulen in Deutschland. Was sichaus der Perspektive der Hochschulforschung dazu sagen lässt. Die Hoch-schule, 1, S.29-45.

Zoltán, V./Mihály, N. (2007): Paradoxie der Qualität und der Erforschung derZufriedenheit an Hochschulen. Update Forschung und Wissenschaft,Heft 4, Sommersemester 2007, Fachhochschule Mainz, S. 29-31.

Dr. Philipp Pohlenz, Geschäftsführer Zentrum fürQualitätsentwicklung, Leiter der Servicestelle fürLehrevaluation, Universität Potsdam,E-Mail: [email protected]

Dr. Markus Seyfried, wissenschaftlicher Mitarbei-ter, Zentrum für Qualitätsentwicklung, UniversitätPotsdam sowie Lehrstuhl für Politikwissenschaft,Verwaltung und Organisation Universität Potsdam,E-Mail: [email protected]

84 QiW 3/2010

Vom 11. bis 13. Mai 2011 findet in Wittenberg die 6. Jah-restagung der GfHf statt. Ausgerichtet wird sie vom Institutfür Hochschulforschung (HoF). Hierfür startet die GfHf einen Call for Papers.

Wettbewerb hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einerzentralen Leitvorstellung im Hochschulbereich entwickelt.Nicht nur im hochschulpolitischen Diskurs rangiert Wettbe-werb unter den zentralen Topoi, sondern auch in der Hoch-schulpraxis: Immer mehr Verfahren werden eingesetzt, dieeinen Wettbewerbsdruck unter den Hochschulen undHochschulangehörigen erzeugen und damit für Effizienz-,Leistungs- und Qualitätsgewinne sorgen sollen. Der Wett-bewerb bzw. der Wettbewerbsgedanke ist auf den ver-schiedenen Ebenen zunehmend präsent: • Auf internationaler Ebene konkurrieren die nationalstaat-

lichen Hochschulsysteme miteinander. Im Kontext desBologna- und Lissabon-Prozesses wurde gar ein Wett-streit zwischen Kontinenten thematisiert. Viele Hoch-schulen verorten sich selbst im internationalen Wettbe-werb und verstehen sich als „global player“ bzw. es wer-den derartige Ansprüche an sie herangetragen.

• Auf der Ebene der Bundesländer sollte insbesondere dieFöderalismusreform von 2006 für mehr Wettbewerb zwi-schen den Bundesländern sorgen. Indem den Ländernmehr Regelungskompetenzen zugesprochen wurden,sollte ein „Wettbewerbsföderalismus“ an die Stelle des„kooperativen Föderalismus’“ treten.

• Auf der Ebene der Organisationen stehen die Hochschu-len im Wettbewerb zueinander: Sie konkurrieren um Wis-senschaftspersonal, um Dritt- und Fördermittel, Stu-dienanfänger/innen, Studienwechsler/innen etc. PrivateHochschulen versuchen, sich gegen die öffentlich-rechtli-chen zu behaupten. Fakultäten, Fachbereiche, Depart-

ments, Institute und Seminare stehen in Konkurrenz zu-einander – sowohl innerhalb der eigenen Hochschule alsauch hochschulübergreifend.

• Auf personaler Ebene wetteifern die Wissenschaftler/in-nen um Geltungsansprüche wissenschaftlicher Erklärun-gen und Deutungen, um materielle, finanzielle und räum-liche Ressourcen, um Stellen, Reputation, Kontakte, Titel,Preise, Auszeichnungen und die Studierenden um Stu-dienplätze, finanzielle Fördermöglichkeiten, Beschäfti-gungsmöglichkeiten an der Hochschule etc.

Auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulfor-schung 2011 sollen diese Entwicklungen im Hochschulbe-reich auf den verschiedenen Ebenen, national wie interna-tional in ihrer Breite und Vielschichtigkeit erörtert werden.Vortragsvorschläge hierzu sind herzlich willkommen. Be-sonderes Interesse besteht an Beiträgen, die ihre empiri-schen Ergebnisse fallübergreifend und theoretisch reflektie-ren. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Beiträge zuweiteren Themen der Hochschulforschung einzureichen(„open track“).

Wenn Sie mit einem Vortrag an der Tagung teilnehmenmöchten, reichen Sie bitte bis 28. Januar 2011 ein Abstractein (max. 350 Worte).

Bitte senden Sie Ihr Abstract an folgende Adresse: [email protected]

Die Rückmeldung über die Annahme oder Ablehnung derBeiträge erfolgt bis zum 28. Februar 2011.

Das vorläufige Programm ist ab Anfang März 2011 im In-ternet verfügbar unter: http://www.hochschulforscher.de

6. Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung (GfHf) zum Thema „Wettbewerb und Hochschulen“

Mi t te i l ungen QiW

im Verlagsprogramm erhältlich:

WWiimm GGöörrttss ((HHgg..)):: PPrroojjeekkttvveerraannssttaallttuunnggeenn iinn MMaatthheemmaattiikk,, IInnffoorrmmaattiikk uunndd IInnggeenniieeuurrwwiisssseennsscchhaafftteenn

ISBN 3-937026-00-2, Bielefeld 2003, 142 Seiten, 18.70 Euro

WWiimm GGöörrttss ((HHgg..)):: PPrroojjeekkttvveerraannssttaallttuunnggeenn iinn ddeenn SSoozziiaallwwiisssseennsscchhaafftteenn

ISBN 3-937026-01-0, Bielefeld 2003, 98 Seiten, 14.00 Euro

WWiimm GGöörrttss ((HHgg..)):: PPrroojjeekkttvveerraannssttaallttuunnggeenn - uunndd wwiiee mmaann ssiiee rriicchhttiigg mmaacchhtt

ISBN 3-937026-60-6, Bielefeld 2009, 138 Seiten, 19.80 Euro

Bestellung - Fax: 0521/ 923 610-22, E-Mail: [email protected]

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IIIQiW 3/2010

MitteilungenQiW

Die 2006 gegründete Gesellschaft für Hochschulforschungverleiht im Rahmen ihrer sechsten Jahrestagung 2011 zumvierten Mal die von Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Teichler gestif-teten Nachwuchspreise:

Ulrich-TTeichler-PPreis für hervorragende Dissertationen inder HochschulforschungPreis der Gesellschaft für Hochschulforschung für hervorra-gende Abschlussarbeiten (Diplom, Master)

Die Gesellschaft für Hochschulforschung möchte mit denNachwuchspreisen besonders wichtige Arbeiten jungerWissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Öffent-lichkeit herausstellen. Die prämierten Arbeiten sollen einenfundierten Beitrag zur fachlichen und professionellen Wei-terentwicklung der Hochschulforschung als Disziplin leis-ten. Zu den Kriterien der Preisvergabe zählt der Erkenntnis-gewinn für die Hochschulforschung in theoretischer, me-thodischer oder empirischer Hinsicht. Außerdem wird Wertauf die Relevanz der Forschungsergebnisse für die Hoch-schulpraxis gelegt.

Der Preis für die prämierte Dissertation besteht aus einemDruckkostenzuschuss in Höhe von maximal 2.000 Eurosowie zusätzlich einem Preisgeld von 1.000 Euro. Die Höhedes Preisgeldes für die prämierte Abschlussarbeit beträgt1.000 Euro.

Die Preise werden an Doktorandinnen und Doktorandensowie Absolventinnen und Absolventen von Hochschulenaus dem deutschsprachigen Raum (D, A, CH, LI) verliehen.Die Verfasserinnen und Verfasser müssen keine Mitgliederder Gesellschaft für Hochschulforschung sein. Die Arbeiten(deutsch oder englisch) müssen zum Zeitpunkt der Einrei-

chung abgeschlossen und begutachtet sein; eingereichtwerden können Arbeiten, die in den Jahren 2009 und 2010abgeschlossen und begutachtet wurden. Vorschlagsberech-tigt sind sowohl die Verfasserinnen und Verfasser der Ar-beiten selbst als auch Personen, die mit der Arbeit gut ver-traut sind. Die Wiedereineichung von Arbeiten aus Vorjah-ren ist nicht möglich.

Vorschläge für die Prämierung 2011 können ausschließlichin elektronischer Form bis zum 31. Januar 2011 beim Vor-stand der Gesellschaft für Hochschulforschung eingereichtwerden. Vorschläge sollen – neben der vorgeschlagenenArbeit und unter Angabe ihrer Bewertung – ein einseitigesAbstract der Arbeit und zusätzlich ein wertendes Gutachtenenthalten. Über die eingereichten Arbeiten entscheideteine Jury, die aus Mitgliedern der Gesellschaft für Hoch-schulforschung besteht.

Die Prämierung der Arbeiten der Preisträgerinnen undPreisträger erfolgt im Rahmen der 6. Jahrestagung der Ge-sellschaft zum Thema „Wettbewerb und Hochschulen“, dievom 11. bis 13. Mai 2011 in Wittenberg stattfinden wird.

Kontakt:Gesellschaft für HochschulforschungVorstandsmitglied Dr. Anke BurkhardtInstitut für Hochschulforschung Wittenbergan der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg(HoF Wittenberg)Collegienstr. 62D-06886 Lutherstadt WittenbergE-Mail: [email protected]

Ulrich-TTeichler-PPreis für hervorragende Dissertationen in der Hochschulforschung

LLiieebbee LLeesseerriinnnneenn uunndd LLeesseerr,,

nicht nur in dieser lesenden Eigenschaft (und natürlich für künftige Abonnements) sind Sie uns willkommen.

Wir begrüßen Sie im Spektrum von Forschungs- bis Erfahrungsberichten auch gerne als Autor/in.

Wenn das Konzept der „Qualität in der Wissenschaft” Sie anspricht - wovon wir natürlich überzeugt sind - dannfreuen wir uns über Beiträge von Ihnen in den ständigen Sparten

• Qualitätsforschung, • Qualitätsentwicklung/-politik,• Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte, aber ebenso • Rezensionen, • Tagungsberichte, • Interviews.

Die Hinweise für Autorinnen und Autoren finden Sie unter: wwwwww..uunniivveerrssiittaaeettssvveerrllaaggwweebblleerr..ddee..

IV

Se i tenb l i ck au f d i e S chweste r ze i t s ch r i f t en QiW

HHaauuppttbbeeiittrrääggee ddeerr aakkttuueelllleenn HHeeffttee FFoo,, HHSSWW,, HHMM,, PP-OOEE uunndd ZZBBSS

Auf unserer Homepage www.universitaetsverlagwebler.de erhalten Sie Einblick in das

Editorial und Inhaltsverzeichnis aller bisher erschienenen Ausgaben.

HM 4/2010„Einfach reinschmeißen - Gute haltendas aus ..." - Über die IntegrationNeuberufener in die Hochschule

Organisations- und Managementforschung

Elke Wild, Fred Becker, Ralph Stegmüller & Wögen TadsenDie Personaleinführung von Neuberufenen – systematische Be-trachtungen zum Human Ressource Management von Hochschulen

Martin MehrtensDie Neuen sind die Hoffnungsträger!Das Fördern und Begleiten der Neuberufenen ist ein wirkungsvollerBeitrag zur Gestaltung des Wandels in der Universität Bremen

Malte SchophausCoaching für Wissenschaftler/innenEin landesweiter Coach-PPool als Modell für systematische Personalentwicklung

Matthias KlumppDie neuen Akteure im Hochschulma-nagement: Hochschulprofessionen

Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte

Ricarda Mletzko & Miriam RauerGut ankommen und Fahrt aufnehmen

Forschung 2+3/2010

Forschungsgespräche

Fo-GGespräch mit Jürgen Schlegel übereuropäische Forschungsförderung

Forschungspolitik/Forschungsentwicklung

Wilhelm KrullCrisis - Competition - Creativity. Changes in German and European Higher Education, Research and Technological Development

Anette C. Hurst & Dietmar WechslerWissenschaftsmanagement als zentra-ler Innovationsfaktor: Gestaltung vs. Verwaltung

Christoph MandlInnovation and Research Programmes,Time for an Uncoupling: 11 Theses

Volker UhlChange Management der Administra-tion des Heinrich-PPette-IInstituts für experimentelle Virologie und Immunologie an der Universität Hamburg

Wolff-Dietrich WeblerForschungsportfolio und Lehrportfolioals neue Grundlagen für Berufungen inProfessorenämter

HSW 4+5/2010Das Bachelor-SStudium braucht eine neueStudieneingangsphase! Studierfähigkeit fürein frei(er)es Studium

Hochschulentwicklung/-ppolitik

Ludwig HuberAnfangen zu Studieren - Einige Erinnerun-gen zur „Studieneingangsphase“

Wolff-Dietrich WeblerEingangsphase zu welchem Ausgang? –Studienziele und deren anteilige Einlösungin der Studieneingangsphase

Birgit Hilliger, Peter Kossack, Uta Lehmann & Joachim LudwigDie bedarfsorientierte Weiterentwicklungvon Studieneingangsphasen: Ein Projektbe-richt aus der Universität Potsdam

Robert W. Jahn, Juliane Fuge & Matthias SöllMacht Mentoring aus Lehrjahren Herren-jahre? Evaluationsergebnisse der Imple-mentation eines Team-MMentoringkonzeptsfür Studienanfänger

Renate von der Heyden, Annette Nauerth& Ursula WalkenhorstGelingende Transitionen an den Schnitt-stellen Schule -SStudium und Studium -Beruf durch anschlussfähige Interventionenin der Hochschuldidaktik

Judith Bündgens-Kosten & Michael KerresÖffnung von Hochschule: Auch für Kinderund Jugendliche?

Hochschulforschung

Marold Wosnitza & Susan BeltmanWer redet mit bei der Studienwahl?Der Einfluss Anderer auf die EntscheidungLehramt oder Ingenieurwissenschaften zustudieren

Peer PasternackTheorie-PPraxis-VVerflechtung in der frühpädagogischen AusbildungDas Zentralproblem der Akademisierung des Erzieher/innen-BBerufs

Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte

Britta FischerQualität der universitären Lehrerbildung – eine Herausforderung für deutsche Hochschulen

QiW 3/2010

SSeeiitteennbblliicckk aauuff ddiiee SScchhwweesstteerrzzeeiittsscchhrriifftteennQiW

V

ZBS 3/2010Zur Geschichte der PsychologischenBeratung an deutschen Hochschulenim 20. Jahrhundert

Beratungsentwicklung/-ppolitik

Franz Rudolf Menne & Wilfried SchumannTeil II: Skizzen zur Entwicklung derPsychologischen Beratung innerhalbder Zentralen StudienberatungTeil III: Zur Entwicklung der Beratungin eigenständigen Psychologischen Be-ratungsstellen nach 1980 - Paradig-menwechsel von der Psychotherapiezur Beratung nach 1990

Franz Rudolf Menne & Peter Schott„Hallo, hier ist die Nightline“ - Ent-wicklung, Möglichkeiten und Grenzeneines weiteren Hilfsangebotes andeutschen Hochschulen

Vivian WendtDie Studentische Telefon- und E-MMail-Seelsorge in Hamburg (=STEMS)

Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte

Ilke Kaymak, Cordula Meier, Gabriele Nottebrock, Jutta Vaihinger& Angelika WuttkeEndspurt – Studienabschlussunterstüt-zung für „Langzeitstudierende“ an derHeinrich-HHeine-UUniversität Düsseldorf

Ernst FrankStudieren im Ausland – Betrachtungenaus psychologischer Sicht

POE 2+3/2010Schweizer Zertifikatsprogramme zum Auf- und Ausbau der Lehrkompetenz

Personal- und Organisationsentwicklung, -politik

Wolff-Dietrich WeblerSchweizer Zertifikatsprogramme zum Auf- und Ausbau der Lehrkompetenz -Teil I: Vergleichsrahmen

Vera Roth, René Schegg & Gerhild TesakDie Programme der Educational Staff De-velopment Unit (ESDU) im VizerektoratLehre der Universität Basel

Silke WehrWeiterbildungsstudiengang Hochschullehre– „Certificate of Advanced Studies in Hig-her Education“ – der Universität Bern

Michel ComteHochschuldidaktisches Programm „Ouverture“ an der Universität Luzern

Marc Horisberger & Brigitta K. Pfäffli TannerDas Qualifizierungsprogramm im BereichLehrkompetenz der Hochschule Luzern

Heinz BachmannCertificate of Advanced Studies in Hoch-schuldidaktik der Zürcher Fachhochschule

Peter TrempGeordnete Vielfalt – Das hochschuldidakti-sche Weiterbildungsangebot der Univer-sität Zürich

Wolff-Dietrich Webler Schweizer Zertifikatsprogramme zum Auf- und Ausbau der LehrkompetenzTeil II: Ein Vergleich untereinander und mitdeutschen Programmen

Christine Johannes & Tina SeidelProfessionelles Lernen von Anfängern inder Hochschullehre – Erwartungen undVorstellungen über Hochschullehre imRahmen des Projekts LehreLernen

Projekt GUUGLE: „Gut und gerne lernen und lehren”Hochschule Bremerhaven

FFüürr wweeiitteerree IInnffoorrmmaattiioonneenn

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UUVVWW

QiW 3/2010

im UniversitätsVerlagWebler erhältlich:

CChhrriissttaa CCrreemmeerr-RReennzz && BBeettttiinnaa JJaannsseenn-SScchhuullzz ((HHgg..))::IInnnnoovvaattiivvee LLeehhrree –– GGrruunnddssäättzzee,, KKoonnzzeeppttee,, BBeeiissppiieellee ddeerr LLeeuupphhaannaa UUnniivveerrssiittäätt LLüünneebbuurrgg

ISBN 3-937026-62-2, Bielefeld 2010,ca. 325 Seiten, 39.80 Euro

Mit dem Wettbewerb „Leuphana-Lehrpreis“ sucht die Leuphana Univer-sität Beispiele für innovative Lehrveranstaltungen mit überzeugenden Kon-zepten und lernmotivierenden Lehr- Lernarrangements, um mehr Studie-rende für Präsenzveranstaltungen zu begeistern und Lehrende zu gewinnen,ihrem Lehr-Lernkonzept stärkere Aufmerksamkeit entgegen zu bringen.

Nicht nur die Kunst der verbalen und visuellen Präsentation macht einegute Lehrveranstaltung aus, sondern gerade auch die Darbietung des Fach-wissens und die besondere Bedeutung der Aktivierung, Motivierung undKompetenzentwicklung der Studierenden. Das Schaffen kompetenter Ar-beitsbeziehungen sowie die Förderung der Selbstorganisation der Studie-renden und ihre Befähigung zur verstärkten Verantwortungsübernahme fürden eigenen Lernprozess zeichnen gute Lehre aus.

Mit dem Lehrpreis belohnt die Hochschule besonders herausragende inno-vative Lehrveranstaltungen der verschiedenen Disziplinen mit unterschied-lichsten innovativen Veranstaltungsformen: Vorlesung, Seminar, Kolloqui-um, Projekt und Übungen, Exkursionen. Alle stellen Grundmuster didakti-schen Handelns dar, die oft in vielfacher Mischform und Kombinatorik denLernenden ein Angebot unterbreiten, die vielfältigen Lernaufgaben optima-ler zu bewältigen.

In diesem Band werden zehn prämierte Lehrveranstaltungen aus drei Jahren(2007, 2008, 2009) präsentiert. Umrahmt werden die Beispiele von Textenzu Grundlagen guter und genderorientierter Lehre, der Entwicklung vonHochschuldidaktik und in dem Zusammenhang der Lehrpreisentwicklung,zur hochschulpolitischen Position von Lehre im Wissenschaftsbetrieb undvon Perspektiven von Studierenden und hochschuldidaktischer Forschung.

Bestellung - Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

LLuuddwwiigg HHuubbeerr,, JJuulliiaa HHeellllmmeerr && FFrriieeddeerriikkee SScchhnneeiiddeerr ((HHgg..)):: FFoorrsscchheennddeess LLeerrnneenn iimm SSttuuddiiuumm.. AAkkttuueellllee KKoonnzzeeppttee uunndd EErrffaahhrruunnggeenn

ISBN 3-937026-66-5, Bielefeld2009, 227 Seiten, 29.60 Euro

Das Konzept des Forschenden Lernens, das vor 40 Jahren von der Bun-desassistentenkonferenz ausgearbeitet wurde und weithin großes Echofand, gewinnt gegenwärtig erneut an Aktualität. Im Zusammenhang mitdem „Bologna-Prozess“ werden Anforderungen an die Entwicklung allge-meiner Kompetenzen der Studierenden gestellt, zu deren Erfüllung vielgrößeres Gewicht auf aktives, problemorientiertes, selbstständiges undkooperatives Arbeiten gelegt werden muss; Forschendes Lernen bietetdafür die einem wissenschaftlichen Studium gemäße Form. Lehrenden und Studierenden aller Fächer und Hochschularten, die For-schendes Lernen in ihren Veranstaltungen oder Modulen verwirklichenwollen, soll dieser Band dienen. Er bietet im ersten Teil Antworten aufgrundsätzliche Fragen nach der hochschuldidaktischen Berechtigung undden lerntheoretischen Gründen für Forschendes Lernen auch schon imBachelor-Studium. Im zweiten Teil wird über praktische Versuche und Er-fahrungen aus Projekten Forschenden Lernens großenteils aus Hambur-ger Hochschulen berichtet. In ihnen sind die wichtigsten Typen und allegroßen Fächerbereiche der Hochschulen durch Beispiele repräsentiert.Die Projekte lassen in ihrer Verschiedenartigkeit die unterschiedlichenFormen und Ausprägungsgrade erkennen, die Forschendes Lernen jenach Fach annehmen kann (und auch muss); zugleich zeigen sie die reiz-volle Vielfalt möglicher Themen und Formen. Im dritten Teil werden ineiner übergreifenden Betrachtung von Projekten zum Forschenden Ler-nen Prozesse, Gelingensbedingungen, Schwierigkeiten und Chancen sy-stematisch zusammengeführt.Insgesamt soll und kann dieses Buch zu immer weiteren und immer viel-fältigeren Versuchen mit Forschendem Lernen anregen, ermutigen undhelfen.

Motivierendes Lehren und Lernen

in Hochschulen: Praxisanregungen

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