Philippus Feselius. Biographische Notizen zum unbekannten Medicus aus Keplers Tertius Interveniens

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Philippus Feselius Biographische Notizen zum unbekannten Medicus aus Keplers Tertius Interveniens Dr. Nils Lenke Rheinbach Dr. Nicolas Roudet Universität Strassburg Einleitung Wie die Figur des Scherenschnittes durch den Hintergrund erst sichtbar wird, so gibt es auch in der Wissenschaftsgeschichte neben den eigentlichen Protagonisten Personen, die nicht durch einen eigenen Beitrag in Erinnerung geblieben sind, sondern dadurch, dass einer der Protagonisten sich von ihnen absetzte oder ihnen widersprach. So erwähnt jede ernsthafte Arbeit über den Astronomen Johann Kepler (1571-1630) die «Kepler-Röslin-Feselius»- Debatte; zumeist stützt sich dies jedoch auschließlich auf Keplers «Tertius Interveniens». 1 Doch wer war eigentlich dieser Philipp Fesel(ius), gegen den Kepler hier Position bezieht? In der Regel ist er bisher sehr oberflächlich rezipiert worden, oft nur durch das, was Kepler über ihn schreibt. Teilweise ist das Geschriebene auch fragwürdig, etwa bei Claudia Brosseder, die ohne weitere Quelle angibt, dass er aus derselben Region wie Kepler stamme und Theologe gewesen sei. 2 Aus anderen Quellen gewinnt der Leser bestenfalls den Eindruck, dass Philipp Feslius ein Arzt gewesen ist, der sich mehr oder weniger irrtümlich auf das Gebiet der Astronomie verirrte. Daher soll hier das, was zu seinem Leben und akademischen Werdegang noch zu ermitteln ist, zusammengetragen werden, um ihm zu einem Status als eigenständiger Person, nicht nur als Folie für Keplers Wirken zu verhelfen. Herkunft und Abstammung Die erste zuverlässige Nachricht über Fesel findet sich in den Matrikeln 3 der Universität Tübingen, wo sich am 6. August 1580 «Philippus Feselius Argentoratensis» immatrikuliert. 4 1 Z.B. Thomas Gloning, « Zur sprachlichen Form der Kepler/Röslin/Feselius-Kontroverse über Astrologie um 1600 », in: Marcelo Dascal, Gerd Fritz, ed., Controversies in the République des Lettres. 3, Scientific controversies and theories of controversies (Gießen; Tel-Aviv 2002), S. 35-85. Zum Tertius Interveniens siehe Kepler, Tertius interveniens, in : Kepler Gesammelte Werke, hrsg. von Max Caspar und Franz Hammer (München : C.H. Beck, 1941), Bd. 4, S. 147-258 oder Kepler, Tertius interveniens. Warnung an etliche Gegner der Astrologie, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten ; hrsg. Jürgen Hamel.Frankfurt am Main: Harri Deutsch, 2004. (Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften ; 295). 2 Claudia Brosseder, Im Bann der Sterne. Caspar Peucer, Philipp Melanchthon und andere Wittenberger Astrologen (Berlin: Akademie Verlag, 2004), S. 301: « [...] einen zeittypischen Streit, wie den zwischen den Mentzinger Pfarrer Melchior Schaerer und dem Arzt und Theologen Philipp Feselius, die beide aus Keplers Heimatregion stammten [...]. », S. 50 «... und Philipp Feselius, zwei schwäbische Pfarrer... » 3 Bezüglich der Probleme mit edierten Matrikeln und ihrer Anwendung in der Geschichtsforschung siehe Jacques Paquet, Les matricules universitaires (Turnhout: Brepols, 1992), mit der Ergänzung von Anne-Marie Bultot-Verleysen (Turnhout: Brepols, 2003).

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Philippus Feselius

Biographische Notizen zum unbekannten Medicus aus Keplers Tertius Interveniens

Dr. Nils LenkeRheinbach

Dr. Nicolas RoudetUniversität Strassburg

Einleitung

Wie die Figur des Scherenschnittes durch den Hintergrund erst sichtbar wird, so gibt es auchin der Wissenschaftsgeschichte neben den eigentlichen Protagonisten Personen, die nichtdurch einen eigenen Beitrag in Erinnerung geblieben sind, sondern dadurch, dass einer derProtagonisten sich von ihnen absetzte oder ihnen widersprach. So erwähnt jede ernsthafteArbeit über den Astronomen Johann Kepler (1571-1630) die «Kepler-Röslin-Feselius»-Debatte; zumeist stützt sich dies jedoch auschließlich auf Keplers «Tertius Interveniens».

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Doch wer war eigentlich dieser Philipp Fesel(ius), gegen den Kepler hier Position bezieht? Inder Regel ist er bisher sehr oberflächlich rezipiert worden, oft nur durch das, was Kepler überihn schreibt. Teilweise ist das Geschriebene auch fragwürdig, etwa bei Claudia Brosseder, dieohne weitere Quelle angibt, dass er aus derselben Region wie Kepler stamme und Theologegewesen sei.2 Aus anderen Quellen gewinnt der Leser bestenfalls den Eindruck, dass PhilippFeslius ein Arzt gewesen ist, der sich mehr oder weniger irrtümlich auf das Gebiet derAstronomie verirrte.Daher soll hier das, was zu seinem Leben und akademischen Werdegang noch zu ermittelnist, zusammengetragen werden, um ihm zu einem Status als eigenständiger Person, nicht nurals Folie für Keplers Wirken zu verhelfen.

Herkunft und Abstammung

Die erste zuverlässige Nachricht über Fesel findet sich in den Matrikeln3 der UniversitätTübingen, wo sich am 6. August 1580 «Philippus Feselius Argentoratensis» immatrikuliert.4

1 Z.B. Thomas Gloning, « Zur sprachlichen Form der Kepler/Röslin/Feselius-Kontroverse überAstrologie um 1600 », in: Marcelo Dascal, Gerd Fritz, ed., Controversies in the République des Lettres. 3,Scientific controversies and theories of controversies (Gießen; Tel-Aviv 2002), S. 35-85. Zum TertiusInterveniens siehe Kepler, Tertius interveniens, in : Kepler Gesammelte Werke, hrsg. von Max Caspar und FranzHammer (München : C.H. Beck, 1941), Bd. 4, S. 147-258 oder Kepler, Tertius interveniens. Warnung an etlicheGegner der Astrologie, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten ; hrsg. Jürgen Hamel.Frankfurt am Main:Harri Deutsch, 2004. (Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften ; 295).2 Claudia Brosseder, Im Bann der Sterne. Caspar Peucer, Philipp Melanchthon und andereWittenberger Astrologen (Berlin: Akademie Verlag, 2004), S. 301: « [...] einen zeittypischen Streit, wie denzwischen den Mentzinger Pfarrer Melchior Schaerer und dem Arzt und Theologen Philipp Feselius, die beideaus Keplers Heimatregion stammten [...]. », S. 50 «... und Philipp Feselius, zwei schwäbische Pfarrer... »3 Bezüglich der Probleme mit edierten Matrikeln und ihrer Anwendung in derGeschichtsforschung siehe Jacques Paquet, Les matricules universitaires (Turnhout: Brepols, 1992), mit derErgänzung von Anne-Marie Bultot-Verleysen (Turnhout: Brepols, 2003).

Wenn man annimmt, dass Tübingen Philipps erste akademische Station war, so müsste eraufgrund des Immatrikulationsdatums um oder kurz nach 1560 geboren sein.5 Die Herkunftaus Strassburg kann als gesichert angesehen werden6, auch Knod, der die akademischeLaufbahn des Philipp Feselius wiedergibt, bestätigt sie.7 Fesel selbst bezeichnet sich auchspäter konsequent als aus Strassburg stammend: Argentinensis, Argentoratensis, oder Argent.Elsässische Studenten gaben typischerweine ihre Heimatstadt genau an, etwa wenn sie ausStrassburg oder Hagenau stammten, oder sie sprachen ungenauer von «elsässsisch».8 Mankann daher annehmen, dass Feselius aus Strassburg selbst stammte, oder aus der näherenUmgebung, etwa Robertsau.In seiner angegebenen Heimat Strassburg gibt bzw. gab es ein halbes Dutzend protestantischeKirchen, deren Kirchenbücher durchaus bis in diese Zeit zurückreichen. Leider findet sichjedoch nirgendwo die Geburt eines Philipp Fesel verzeichnet.9 Andere Taufen diesesNachnamens bzw. seiner Varianten finden sich jedoch durchaus, z.B. die Taufe einerCatharina Fesel am 15.Juli 1571 in der «Neuen Kirche». Als Eltern sind angegeben: CasparFesel, Seiler, und seine Frau Othilia. Weitere Taufen dieser Eltern betreffen die Söhne Caspar

4 Heinrich Hermelink, Die Matrikel der Universität Tübingen (Stuttgart: Kohlhammer, 1906),Nr. 193, 58. Bd. I, S. 588: « Philippus Feselius Argentoratensis (6. Aug.). [1580] »5 Das typische Immatrikulationsalter betrug zum Beispiel 17 Jahre in Wittenberg. Siehe OwenGingerich u. Robert S. Westman, The Wittich Connection (Philadelphia: American Philosophical Society 1988),S. 11, die sich auf Owen & Miriam Gingerich, Matriculation Ages in Sixteenth-Century Wittenberg, History ofUniversities 6, 1987, S. 135-138 beziehen. In Strassburg war es ähnlich, siehe Gerhard Meyer, Die Entwicklungder Straßburger Universität aus dem Gymmasium und der Akademie des Johann Sturm (Frankfurt am Main1926), S. 21: « Das Durchschnittsalter, in dem die Universität bezogen wurde, war 18 Jahre, das für dasMagisterexamen 20 Jahre. »6 Über das Milieu der Mediziner in Strassburg in jener Zeit siehe Jean-Pierre Kintz, La sociétéstrasbourgeoise, 1560-1650 (Paris: Ophrys, 1984), S. 168-180, der auch eine Reihe von alternativenBezeichnungen aufführt: medicus, physicus, stattphysicus, stattartz, landphysicus... Der Name Feselius kommt indiesem Werk nicht vor, wohl aber der von Roeslin (S.. 169, 331, 436). Zum Zustand der Medizin an derUniversität Strassburg siehe z.B.: Anton Schindling, Humanistische Hochschule und Freie Reichsstadt.Gymnasium und Akademie in Strassburg, 1538-1621 (Wiesbaden: F. Steiner, 1977), S. 322-341; ThéodoreVetter, L'enseignement médical à Strasbourg, Bulletin de la Société de l'histoire du protestantisme français 135-1, 1989, S. 98-115; Georges Schaff, « La médecine à l'université de Strasbourg du XVIe au XXe siècle », in: Lessciences en Alsace, 1538-1988 (Strasbourg: Oberlin, 1989), S. 159-204; sowie Jacques Héran, Histoire de lamédecine à Strasbourg (Strasbourg: la Nuée bleue, 1997).7 Gustav C. Knod, Oberrheinische Studenten im 16. und 17. Jahrhundert auf der UniversitätPadua, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, NF 15, 1900, S. 436: « 124. 1590 Dez. 4. M. PhilippusFoeselius Argentoratensis. Vielleicht der sehr selten genannten Familie Füssel (Füssle) zuzuweisen. - 1580 Aug.6. in Tübingen (« Philippus Feselius Argentinensis » [sic]). 1592 i. Basel (« M. Philippus FoeseliusArgentinensis. »). » - Eine weitere Publikation Knods, Elsässische Studenten in Heidelberg und Bologna,Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Neue Folge 7, 1892, S. 329-355, beschäftigt sich mit einemangrenzenden Gebiet.8 In Leipzig finden sich zwei Studenten aus Hagenau: cf. Erler, Die iüngere Matrikel derUniversität Leipzig, 1559-1809 (Leipzig 1909), S. 80a: « Doldius Leonh. Hagenoen... 1587... »; S. 146c:« Greiner Melch. Haganoen.... 1616... ».9 Siehe hierzu allgemein Christian Wolff, Guide des recherches généalogiques en Alsace(Strasbourg: Oberlin, 1983); Jean-Yves Mariotte, Les sources manuscrites de l'histoire de Strasbourg. I, desorigines à 1790 (Strasbourg: Archives municipales de Strasbourg, 2000); und Kintz [1984], 11-39. DieDernières nouvelles d'Alsace (Strasbourg, 23 octobre 2009) kündigten an, dass 2011 die Kirchenbücher undZivilstandsregister des Bas-Rhin vor 1902 online verfügbar gemacht werden sollen, was die Suche vereinfachenwird. – In den Archives de la Ville et de la Communauté urbaine de Strasbourg (http://archives.strasbourg.fr),wurde der Name « Philipp Feselius » in den Geburtsregistern (B) und Heiratsregistern (M) der folgendenprotestantischen Gemeinden (= PP) gesucht: PP 13 (Saint Guillaume, film N26, BM 4.5.1561–1563); PP 42(Saint Nicolas, film N104, B 1550-17.8.1569); PP 58 (Saint-Pierre le Jeune, film N132, B 1561-1568); PP 77(Saint-Pierre le Vieux, film N168, B 1567-1574); PP 110 (Temple-Neuf et cathédrale réformée, film N213 fin, B31.12.1559-1572; film N214, B 1573-1581); PP 143 (Saint-Thomas, film N245, BM 1551-1570; film N246, BM1570-1583); PP 150 (film N259, Répertoire général des baptêmes, 1551-1687, lettres A-Y, livres A-G). Jedochvergeblich.

(15.8.1563) und Balthaser (12.9.1568)10. Können dies auch die Eltern Philipps sein? Dafürspricht evtl. der Name der Mutter, denn auch Philipp wird später eine Tochter Othilia taufenlassen. Dagegen spricht jedoch der Beruf des Vaters, oder konnte ein Sohn eines Seilersspäter markgräflich-badischer Leibarzt werden? Eher noch unwahrscheinicher ist einZusammenhang mit anderen «Fesel»-Vorkommen, etwa dem Johann Fesel, der in derKorrespondenz Luthers und Melanchthons erwähnt ist und Prediger in Coburg war11, oder mitder Dynastie «Fesel», die beginnend mit Michael (ca. 1549-1614) in württembergischenDiensten standen.12

Eine weitere, plausiblere Option ist wohl der vermutlich aus Hagenau stammende LaurentiusFösel bzw. Fesel, der 1542 zunächst als «summisarius» am Stift St. Thomas (dem auch dieSchule des Johann Sturm angegliedert war) aufgenommen wird, dann aber die Übernahmeeines theologischen oder schulischen Amtes aus Gewissensgründen ablehnt und 1543resigniert.13 Die Kirchenbücher von Hagenau sind verschollen.14

Auch andere Quellen, etwa das Pfarrerverzeichnis von Bopp, oder das von Cramer enthaltenkeine weiteren Hinweise.15 Ohne das Auftauchen weiterer Quellen wird man in der Frage derAbstammung Fesels daher auf Vermutungen angewiesen bleiben.

Akademische Laufbahn

Die nächste gesicherte Station des Werdegangs Fesels nach der Zeit in Tübingen findet sicherst wieder im Januar 1588, als sich «Philippus Foesel Argentoratensis» in Rostockimmatrikuliert.16 Zu den über sieben Jahren zwischen den Immatrikulationen in Tübingen undRostock lässt sich wenig ermitteln. Immerhin dürfte er einen Teil der Zeit in Strassburgzugebracht haben, denn die von Gerhard Meyer aufgrund der Disputationen teilweiserekonstruierten Unterlagen der alten Strassburger Akademie listen « Philipp Foesel » 1587als «Magister» auf.17 Das erlaubt auch die Vermutung, dass Philipp Feselius schon zuvor inStrassburg das Gymnasium des Johann Sturm durchlaufen haben könnte, das mit der

10 http://collections.geneanet.org/, Kirchenbucheintrag der Catharina (PP 110, film N213).11 Johannes Fesel war aktiv zwischen 1529 und 1555. Er wird in Melanchthons (vgl. Nr. 642,Melanchthon an Fesel, 2.11.1529. CR 1, 1109-1110) und Luthers Korrespondenz erwähnt (n° 3184, Luther anKurfürst Johann Friedrich, 7.11.1537. WABr. 8, 137, 6-7: « Magister Johannes Fesel zu Cobürg, pfarrherr zumheiligen Creütz »). Zu den Namensvariante siehe Melanchthons Briefwechsel. Bd. 12, Personen, F-K; bearb.von Heinz Scheible u. Corinna Schneider (Stuttgart; Bad-Cannstatt: Fromman-Holzboog, 2005), S. 55-56:« Fesel, Johannes. Fesellius, Fessel, Vesselius, Weselius. [...] + 18.1.1557. »12 Eberhard Emil von Georgii-Georgenau, Fürstlich Württembergisch Dienerbuch vom IX. Biszum XIX. Jahrhundert (Stuttgart: Simon, 1877), S. 30313

Hartmann, Alfred: Die Amerbachkorrespondenz. V. Band, Die Briefe aus den Jahren 1537-1543 (Basel: Universitätsbibliothek, 1958), S. 367, 392f.; Knod, Die Stiftsherren von S. Thomas zu Strassburg,1518-1548 (Strassburg: R. Schultz, 1892), S. 23f.14 http://archives.cg67.fr/scripts/05sources/05b_sources.asp?serie_id=490515 Marie-Joseph Bopp, Die evangelischen Geistlichen und Theologen in Elsaß und Lothringenvon der Reformation bis zur Gegenwart (Neustadt a.d. Aisch: Degener, 1959); Max-Adolf Cramer, HeinzSchuchmann, Hrsg., Baden-Württembergisches Pfarrerbuch. Bd. I, Kraichgau-Odenwald. Teil 1, Die Gemeinde(Karlsruhe: Verlag Evangelischer Presseverband für Baden, 1979); Max-Adolf Cramer, Hrsg., Baden-Württembergisches Pfarrerbuch. Bd. I, Kraichgau-Odenwald. Teil 2, Die Pfarrer und Lehrer der höherenSchulen von der Reformation bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts (Karlsruhe: Verlag EvangelischerPresseverband für Baden, 1989).16 Adolph Hofmeister, Die Matrikel der Universität Rostock. Bd. II, Mich(aelis) 1499-Ost(ern)1611 (Rostock: Stiller, 1890), S. 225a: « 1588 [n° 33]. Philippus Foesel Argentoratensis»17 Gerhard Meyer, « Die Baccalaurei und Magistri der Straßburger Akademie zwischen 1585 und1621 », in: Id., Zu den Anfängen der Straßburger Universität (Hildesheim: G. Olms, 1989), S. 59: « 104. Ph.Foesel. Arg. »

Universität Tübingen gewisse Verbindungen hatte. Leider sind auch die ältesten Matrikel desGymnasiums verloren gegangen.18

Etwas mehr ist über eine weitere Station bekannt; Philipp Fesel immatrikuiert sich am 4. Dez.1590 in der deutschen Nation der Universität Padua als « Magister Philippus Foeselius » undentrichtet eine Gebühr von 4 «libras»

19 Die zuerst in Bologna eingeführte Organisation in«Nationen» existierte auch in Padua als Organ der studentischen Selbsterverwaltung20.Studenten schrieben sich nicht nur in die Matrikel der Universität ein, sondern auch in die derjeweiligen landsmanschaftlichen «Nation» und entrichteten eine Gebühr. Als Besonderheitgab es in Padua eine komplette Trennung der juristischen Universität von der der Artisten;1553 wurde diese Trennung auch in der deutschen Nation vollzogen.21 Die Deutsche Nationder Artisten besaß ein eigenes Regelwerk und zahlreiche Ämter: Rektor, Consiliar, zweiProkuratoren, Syndikus, Bibliothekar, und Assessor. Den Mitgliedern bot sie auch juristischenSchutz, z.B. gegenüber der Inquisition.22 Der Aufwand war gerechtfertigt, denn Padua war beideutschen Studenten sehr beliebt; zwischen 1500 und 1730 schrieben sich dort etwa 12000deutsche Studenten ein23, wobei der Höchststand gerade zur Zeit Fesels, kurz vor 1600erreicht wurde.24 Einer der Gründe hierfür war die religiöse Toleranz Paduas, das zum GebietVenedigs gehörte. Nach der Bulle von Papst Pius IV aus dem Jahr 1564, die von denStudenten einen Eid auf den kath. Glauben verlangte, war es für nicht-katholische Studentenfast unmöglich nach Italien zu gehen.25 Die Ausnahme bildete Padua, wo Venedig denStudenten Schutz vor der Inquisition bot und später (1606) sogar die Jesuiten als Treiber derGegenreformation von ihrem Territorium verbannte.26 Um Skandale zu vermeiden, erlegte diedeustche Nation im Gegenzug ihren Studenten im Jahre 1579 strenge Verhaltensregeln auf,die etwa Äußerungen in der Öffentlichkeit, das Essen von Fleisch an Freitagen und in derFastenzeit betrafen.27

Padua besaß speziell unter den Medizinstudenten einen guten Ruf.28 Hier entstanden moderneEntwicklungen der Medizin, so wurde 1545 der Grundstein zum botanischen Garten gelegt, indem auch Heilkräuter kultiviert wurden.29 1543 wurde die klinische Schule von GiovanniBattista da Monte eröffnet, der Vorlesungen am Bett von Patienten eines Hospitals hielt.Einer seiner Nachfolger war Girolamo Mercuriale, er unterrichtete 1559 bis 1586 Medizin in

18 In seiner Einführung zu den Matricula Scholae Argentoratensis (Strasbourg: Fides; Paris: E.Droz, 1938), S. I, schreibt Frédéric Kocher zu den Matrikeln des Gymnasiums (von 1538 bis 1620): « ...malheureusement, ce registre est perdu, et nous ne savons même pas quand et comment il a disparu. »19 Zur Einschreibung in Padua siehe Knod [1900], S. 436 und Lucia Rossetti, Matricula NationisGermanicae Artistarum in Gymnasio Patavino, 1553-1721 (Padova: Antenore, 1986), Band 1, S. 84: « 712.Magister Philippus Foeselius Argentoratensis 4 decembris anno 1590 contribuit 4 libras. ». Zur UniversitätPadua und der medizinischen Fakultät allgemein siehe auch Ian Maclean, « Trois Facultés de médecine au XVIesiècle: Padoue, Bâle, Montpellier », in: Michel Bideaux et Marie-Madeleine Fragonard, éd., Les échanges entreles universités européennes à la Renaissance (Genève: Droz, 2003), S. 349-358 (352-353).20 Claudia Zonta: Schlesier an italienischen Universitäten der Frühen Neuzeit 1526 – 1740.Dissertation Universität Stuttgart, 2000, auch: http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=961627476, S. 59f.21 Zonta, S. 7522 Zonta, S. 6123 Zonta, S. 7524 Zonta S. 76 zeigt dies am Beispiel der schlesischen Studenten.25 Zonta, S. 7626 Zonta, S. 74, 7727 Favaro, Antonio: Atti della Nazione Germanica Artista nello Studio di Padova. Volume I, =Monumenti storici pubblicati dalla deputazione veneta di storia patria, vol. XIX. Serie prima: Documenti, volxiii., Venezia 1911, Band I, S. 149ff28 Zonta, S. 7529 Zonta, S. 57

Padua.30 Und Girolamo Fabrici d’Aquapendente, ein berühmter Professor für Anatomie undChirurgie lehrte 1565 bis 1616 in Padua und entdeckte 1574 hier die Venenklappen.Spätestens hier in Padua wird Feselius dem Thema seiner späteren Auseinandersetzung mitSchärer und Kepler begegnet sein, denn «die Bedeutung der Astrologie für die Medizin wareminent.”, wie Zonta schreibt31 und weiter: «Die Erklärung für die Wirkung desMedikamentes wurde damals in der Beeinflussung der Sterne gesucht, die ihrerseits von dergöttlichen Wirkung beeinflusst wurden. Astrologie und Medizin waren nicht nur verbundensondern sie bedingten einander. »

32 So war Pietro Pomponazzi, der zu Beginn des 16. Jhdts inPadua, Bologna und Ferrara Astrologie lehrte, der Auffassung, «daß Magie und Astrologiekeine übernatürlichen Phänomene seien, weil alles Magische natürlich sei[n], es passiere nurweniger oft. »

33 Dies berührt genau den Kern der Argumente zwischen Fesel und Kepler.Ebenfalls mit Astrologie befasste sich der Logiker Jacobus Zabarella, der bis zu seinem Tod1589 in Padua lehrte34; Fesel zitiert 1609 eine seiner Schriften.35 Nur knapp verpasste Feselübrigens die Gelegenheit einen Pionier der wissenschaftlichen Astronomie und Physik zuerleben: Galileo Galilei lehrte von 1592 bis 1610 in Padua.36

Dass wir über Philipp Fesels Padua-Aufenthalt etwas mehr wissen, liegt daran, dass sich dieAkten der deutsche Nation erhalten haben und ediert sind.37. Am 29 Juli 1591 vermerkendiese38 als Teil einer Liste gespendeter Bücher für die Bibliothek der deutschen Nation, dass«D. Filipp. Foeselius Argentoratensis”39, zwei Bücher gespendet habe (vielleicht anlässlichseiner Abreise aus Padua), nämlich «Albertinum Bottonum de morbis muliebribus»

40 und«Hieronimum Mercurialem de morbis puerorum in 4.° »

41 Man kann wohl annehmen, dassFesel diese Bücher zuvor selbst in Gebrauch hatte.Zudem erfahren wir auch auch etwas zum Kolorit eines Studiums in Padua um diese Zeit,Fesel gerät hier in eine Episode, die einem Mantel-und-Degen-Roman entstammen könnte:

30 Zonta, S. 57. 1591, zu Fesels Zeit in Padua, lehrte er in Bologna; Fesel besaß jedoch ein Buchvon ihm, das er später der Bibliothek der deutschen Nation spendete, s.u.31 Zonta, S. 5632 Zonta, S. 5633 Zonta, S. 56f.34 Leonhard Rabus, Logik und Metaphysik. Erster Theil. Erkenntnislehre, Geschichte der Logik,System der Logik, nebst einer chronologisch gehaltenen Uebersicht über die logische Literatur und einemalphabetischen Sachregister (Erlangen: Deichert, 1868), S. 179ff.; Albert Stöckl, Geschichte der Philosophie desMittelalters. Dritter Band. Periode der Bekämpfung der Scholastik (Mainz: Kirchheim 1866), S. 263ff.35 Feselius 160936 Zonta, S. 5637 Favaro Bd I und Favaro, Antonio: Atti della Nazione Germanica Artista nello Studio diPadova. Volume II, = Monumenti storici pubblicati dalla deputazione veneta di storia patria, vol. Xx. Serieprima: Documenti, vol xiv., Venezia 191238 Favaro Bd II, S. 839 Es fällt auf das Fesel hier als Doktor bezeichnet wird. Dies könnte man als Hinweis deuten,dass er zwischen 1587 (Magister in Strassburg) und Juli 1591 bereits an anderer Stelle, vermutlich inPhilosophie, promoviert haben müsste. Dies würde dazu passen, dass er sich später als Doktor der Philosophieund Medizin bezeichnet. Allerdings bezeichnet sich Fesel bei der Einschreibung in Padua im Dez. 1590, wieoben vermerkt, lediglich als Magister, ebenso im Eintrag im Stammbuch des Jakob Gottberg im Mai 1591 (s.u.).Da es unwahrscheinlich ist, dass Fesel zwischen Mai und Juli in Padua promovierte, dürfte es sich eher um einVersehen handeln. Es bleibt die Frage, warum sich Fesel später auch als Doktor der Philosophie bezeichnet.40 Albertinus Bottonus, Prof. für Medizin und Logik in Padua, starb 1596 oder 1598, sieheMencke, Johann Burchhard: Compendiöses gelehrten-lexicon: darinnen die gelehrten, als fürsten und staats-leute, die in der literatur erfahren, theologi, prediger, juristen, politici, medici, philologi, philosophi [u. a.]..., 2.Auflage, Leipzig: Gleditsch 1726, S. 446. De morbis muliebribus ist 1585 in Padua erschienen, vergl. VonHaller, Albert: Bibliotheca chirurgica, Band I, Basel: Schweighauser 1774, S. 24741

Wohl «De puerorum morbis tractatus», Frankfurt a.M. 1584, VD16 M 4818, des bereits obenerwähnten Hieronymus Mercurial.

«18. IUNII [1591], CUM TRES EX NOSTRIS SUB PORTICO ANIMI CAUSA POST PRANDIUM

OBAMBULARENT, UNUS ILLORUM A QUODAM MILITE PATAVINO TUNC EO TRANSGREDIUNTE,TRANSITU PAULULUM LAEDITUR, UNDE PAULO POST A VERBIS AD VERBA DEVENITUR, NAM

ILLE ARMATUS MORE HUIUS LOCI NOSTROS INERMES INVADIT, SED PAULO POST PHILIPPUS

FOESELIUS GLADIO ALTERIUS ILLI OBVIATUR AC VIRILITER AD TEMPUS VIM ILLIUS SUSTINUIT

USQUE DUM AMBORUM ENSES FRANGERENTUR. ITALUS, FORTE METUENS ASTANTES

GERMANOS, FUGA SIBI CONSULUIT. SEQUENTI FOESELIUS STIPATUS QUIBUSDAM EX NOSTRIS

QUAESITUM IT ADVERSARIUM EO ANIMO UT LITEM COMPONENT VEL ARMIS VEL PACE, VERUM

ADVERSARIUS METUENS DE SUO CORIO AGI, NIHIL NOSTRIS FIDENS, CLAM PER FENESTRAM IN

AQUAM SE CONIECIT, RURSUS FUGA SIBI CONSULENS. CUM NOSTRI VIDERENT HOMINEM AD

COLLOQUIUM COMPELLI NULLO MODO POSSE, ARMA ILLIUS DOMUM INGRESSI INDE

DEPORTARUNT, SPERANTES IPSUM HOC MODO COGI AD COLLOQIUM POSSE, INSUPER BONA ET

GERMANICA FIDE PROMITTENTES ILLI OMNIA SALVA, SI ILLA REPETERET. SED SALVATOR DE

FABRICIIS [], SIVE SUBORNATUS AB ITALO, SIVE AMORE ERGA NOSTROS, UT AIEBAT, NOS AD

PACEM INEUNDAM HORTATUR, QUAM ETIAM DOMI DICTI SALVATORIS HIS CONDITIONIBUS

PEPIGIMUS, VIDELICET UT ITALUS NOSTRUM CORAM PRAESENTIBUS VIRUM BONUM ET QUOVIS

HONORE DIGNUM ESSE AFFIRMARET, PACEMQUE AB EODEM PETERET, UTI FECIT ; HIS

PERACTIS, MANIBUS IUNCTIS ILLAM CONFIRMARUNT. HIC FUIT EXITUS HUIUS TRAGOEDIAE,PARVI SI FINEM SPECTES MOMENTI, MAGNI SI ALIORUM PERVERSUM IUDICIUM DE HAC RE. IN

HOC NEGOTIO EXPEDIUNDO, UT ET IN ALIIS OMNIBUS REBUS, PROMPTISSIMUM SEMPER HABUI,QUI NUNQUAM DE NOSTRA NATIONE BENE MERERI DESTITI, D. ANTONIUM BATTUM. »42

Sowohl der erwähnte Antonius Battus als auch der Autor dieses Episode, Henricus a Palandt,Consiliar der deutschen Nation,43 werden unten noch eine Rolle spielen.

Philipp Fesel hat – obwohl dies hier auch für einen Protestanten möglich gewesen wäre44 –nicht in Padua promoviert, dies geschah in Basel. Hier immatrikuliert er sich am 3.2.1592unter Entrichtung einer Gebühr von 15 Schilling.45 Bereits am selben Tag fand die Promotionunter der Leitung des Professors Felix Platerus (Felix Platter, 1536-1614)46 statt, dieEinladung, gedruckt «BASILEÆ, EX OFFICINA LEONHARDI OSTENIJ» hat sich in einem Exemplarin Gotha erhalten.47 Ihr Titel lautet: «COLLEGII MEDICORVM BASILIENSIVM GRATIOSI DECRETO,FELIX PLATERVS DESIGNATOR, IOVIS PROXIMO, QUI TERTIUS FEBRVARIJ ERIT, DIE M. ANTONIO

BATTO HADERSLEBIO CIMBRO, HENRICO À PALANT JULIACO, M. PHILIPPO FOESELIO ARGENTINENSI,ANDREÆ SCHOLLIO HERBORNENSI NASSOVIO, CANDIDATIS, QUARE NATURÂ ALIJ LAETI, ALIJ

IRACVNDI, ALIJ MELANCHOLICI, ALIJ PVSILLANIMES EXISTANT DISCEPTATURIS, DOCTORIS INSIGNIA

… COLATURUS, OMNES … AUDITUM SPECTATÚMQUE INUITAT... »Auch die Dissertation ist im Februar in Basel erschienen, wie eine Recherche im Online-Katalog der Universität Basel bestätigt. Ihr Titel lautet: THESES DE HAEMOPTYSI, SEU SPUTO

SANGUINOLENTO: QUAS, DIVINA ASPIRANTE AUCTORITATE, ET DE- CRETO GRATIOSISSIMI

MEDICORUM COLLEGIJ IN INCLYTA BASILIENSIUM ACADEMIA, PRO SUPREMO IN MEDICINA GRADU &PRIVILEGIIS CONSEQUENDIS, PUBLICÈ DISPUTANDAS PROPONIT M. PHILIPPVS FOESELIVSARGENTORATENSIS, AD XI. KAL. FEBRUARIAS., HORA & LOCO CONSUETIS. BASILAE : TYPIS

LEONHARDI OSTENII, MDXCII.48 Fesel hat nicht wirklich in Basel studiert, wie die enge Folge

42 Favaro, Bd. II, S. 5f43 Favaro, Bd. II, S. 944 Zonta, S. 7745 Hans Georg Wackernagel, Die Matrikel der Universität Basel. Bd. 2, 1532-1601 (Basel:Verlag der Universitätsbibliothek 1956), S. 394: « anno 1592. [...] 63. magister Philippus FoeseliusArgentinensis – 15 ß [= Schilling]. 1580 6. VIII Tübingen. - 1588 I. Rostock. - In Basel: 1592 3. II dr. Med.MFM II [= Matricula facultatis medicae, 1571-1805] 11' (269). 13 (207). [...]. ».46 Daniel A. Fechter, Thomas Platter und Felix Platter. Zwei Autobiographien. Ein Beitrag zurSittengeschichte des XVI. Jahrhunderts (Basel: Seul und Mast, 1840).47 UFB Erfurt / Gotha, Signatur: Phil 2º 00215/02 (03,53r)48 Im Online-Katalog (http://aleph.unibas.ch), finden sich zwei Exemplare in den Beständen derUB Basel (= Magazin. Sign. Diss. 14:3 und Diss. 26:21), jeweils unter dem Autorennamen « Fösel, Philipp ».

von Einschreibung, Promotion und Erscheinen der Dissertation nahelegen.49 Jedoch konntsich Fesel in seinem Lebenslauf neben Padua nun auch mit Basel, als der anderenprestigeträchtigen medizinischen Fakultät seiner Zeit, schmücken50. Die Verbindung Feselsmit Strassburg bestätigt sich auch bei dieser Station in Form der Widmung auf der Rekto-Seite des Titelblattes (f° A1 v°) : «VIRIS MAGNIF. CLA-│RIS. ATQ. DOCTIS.│IN │INCLYTA

ARGENTORA-│TENSIUM ACADEMIA PRO-│FESSORIB. PRAESTANTISS. ║D.M. MELCHIORI IVNIO,RECTORI ║D.D. PHILIPPO GLASERO, I.C. ║D.M. THEOPHILO GOLIO, ║PROFESSORI ETHICO

║PRAECEPTORIBUS, PATRONIS, AC MECOENA-│TIBUS SUIS REUERENDISSUMIS, ║HASCE THESES, NON

REMUNERATIONIS ║[...]. SED ║OBSERUANTIA, AC QUALISCUNQ[UE] ANIMI GRA-│TITUDINIS

SIGNIFICANDA TESTANDAQ[UE]║DEDICAT, CONSECRAT,║AUCTOR.»51 Einen weiteren Hinweis,dass Fesel nach der Promotion zunächst nach Strassburg zurückkehrte, werden wir unten nochkennenlernen.

Es ist möglich, dass Feselius an weiteren Hochschulen studiert hat, der Lebenslauf bietetgenügend Lücken für solche Aufenthalte an, vor allem die bereits erwähnte Lücke zwischenTübingen und Rostock. Allerdings hat eine Recherche in den Matrikeln zahlreicherHochschulen kein Resultat erbracht, was es immerhin erlaubt einige Möglichkeitenauszuschließen. Beginnend mit den lutherischen Universitäten ist festzuhalten, dass Feselnicht in Erfurt war.52 Er taucht nicht in den Matrikeln von Königsberg auf.53 Auch nicht imAlbum von Leipzig.54 Zahlreiche Feselius kommen in der Matrikel Wittenbergs vor,herausgegeben durch Foerstemann, jedoch nicht unser Philipp.55 Sein Name wird auch inUppsala nicht erwähnt.56 Auch Greifswald57 und Helmstedt können ausgeschlossen werden.58

Auf Seiten der Kalvinisten ist zunächst festzuhalten, dass das Verzeichnis des Rektors der

Das hier herangezogene Exemplar stammt aus der BNU Strasbourg (Sign. = R.102.603). Herausgegeben wurdedas Werk durch Leonhard Osten (1538-1593), über ihn siehe: Josef Benzing, Die Buchdrucker des 16. und 17.Jahrhunderts im deutchen Sprachgebiet (Wiesbaden: O. Harrassowitz, 1982), S. 40.49 Keine Spur von Feselius findet sich in Edgar Bonjour, Die Universität Basel von den Anfängenbis zur Gegenwart, 1460-1960 (Basel: Helbing & Lichtenhahn, 1960).50 Zur Mobilität von Medizinstudenten seiner Epoche, siehe den bereits zitierten Aufsatz von IanMaclean [2003]. Und perfekt auf den Fall Fesels passt die folgende Bemerkung von Schindling [1977], S. 340:« Die Straßburger Mediziner pflegten im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert einen recht engen Kontakt mitden medizinischen Fakultäten in Basel und Tübingen wohin wohl auch zahlreiche Studenten zur Promotiongingen ».51 Philipp Glaser (1554-1601) war Professor für Poetik, Griechisch und Geschichte und war derDekan der Strassburger Akademie 1590/91 und 1598/99; Theophil Golius (1528-1600) war Professor fürgriechische und lateinische Grammatik und Dekan der Aademie 1576/77, 1582/83 und 1589/90. Zu diesenbeiden siehe Schindling [1977], S. 126-127. Melchior Junius senior (Wittenberg, 27.10.1545-Strasbourg,23.01.1604), nicht zu verwechseln mit seinem Sohn, Melchior Junius junior (1572-1613), war Professor fürRhetorik von 1581 bis zu seinem Tod 1604 und Dekan der Akademie 1577/78 und 1594/95. Siehe SchindlingsArtikel in Neue Deutsche Biographie, Bd. 10 (Berlin 1974), S. 690; Schindling [1977], S. 126-127 und 227-235.52 J.C. Hermann Weissenborn, Adalbert Horschantsky, Hrsg., Acten der Erfurter-Universität. III.Theil, Register zur allgemeinen Studentenmatrikel, 1392-1636 (Halle: O. Hendel, 1899).53 Georg Erler, Die Matrikel der Albertus-Universität zu Königsberg i. Pr. III. Band, Register(München; Leipzig: Duncker & Humblot, 1917).54 Georg Erler, Die iüngere Matrikel der Universität Leipzig, 1559-1809 (Leipzig 1909).55 Carolus Eduardus Foerstemann: Album Academiae vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a.MDCII (1502-1602), volumen tertium, (Halle: Niemeyer), 190556 S. Otto Brenner, Gösta Thimon, Uppsala universitets matrikel, 1595-1817. Register (Uppsala:Almqvist & Wiksells, 1971).57

Ernst Friedländer, Aeltere Universitätsmatrikel. II. Universität Greifswald. Erster Band 1456-1645. (Leipzig: G. Hirzel, 1893)58

Paul Zimmermann, Album Academia Helmstadiensis. Personen und Ortsregister zu Band I,1572 – 1636 (Hannover: Selbstverlag der Hist. Komm., 1955).

Akademie in Genf seinen Namen nicht erwähnt.59 Auch die Register von Heidelberg enthaltennichts, was auf einen Aufenthalt Fesels hinweisen würde.60 Auch nicht jene von Marburg.61

Montpellier erweist sich ebenfalls als eine Sackgasse.62 Es käme theoretisch auch Leiden inBetracht, wo zahlreiche Deutsche dieser Epoche studiert haben.63 Die Statuten der der 1575gegründeten Universität forderten von den Angehörigen und Studenten zwar ein Bekenntniszum reformierten Glauben. Aber wie Willem Frijhoff bemerkt, war dies schon bald keinHindernis mehr, für Studenten wurde die Beschränkung bereits 1578 auch formalaufgehoben.64 Eine eventuelle Immatrikulation Fesels würde daher nicht einmal gegen eine zuvermutende lutherische Konfession sprechen (s.u.). Es findet sich jedoch kein Eintrag imAlbum studiosorum.65

Auf katholischer Seite lässt sich kein Besuch der Universität Köln feststellen66, auch keiner inFreiburg67. Fesel findet sich nicht im Album der «Nation germanique» der UniversitätBourges.68 Knod, der eine Liste der Studenten der Universität Orleans erstellt hat, erwähntseinen Namen nicht.69 In Italien scheint Fesel weder Perugia70, noch Pisa71, Bologna72, oderSiena besucht zu haben.73

59 Sven Stelling-Michaud, Le livre du Recteur de l'Académie de Genève. Tome 3, Noticesbiographiques des étudiants, D-G (Genève: Droz, 1972).60 Gustav Toepke, Matrikel der Universität Heidelberg von 1386 bis 1662. III. Teil, Register,erste Hälfte (Heidelberg: Selbstverlag des Herausgebers, 1889).61 W. Falckenheiner, Personen und Ortsregister zu der Matrikel und den Annalen derUniversitäts Marburg, 1527-1652 (Marburg: N.G. Elwert, 1904).62 Dominique Julia und Jacques Revel, « Les pérégrinations académiques », in: Id., Histoiresociale des populations étudiantes, vol. 2 (Paris: EHESS, 1989), S. 39-43. Eine Anzahl Studenten aus Basel, wiedie berühmten Felix et Thomas Platter haben sich in Montpellier eingeschrieben, aber der Name Feselius findetsich nicht in der Matricule de l'Université de Montpellier, herausgegeben durch Marcel Gouron (Genève: Droz,1957).63 H. Schneppen, Niederländische Universitäten und deutsches Geistesleben (Münster:Aschendorff, 1960), S. 132: « Mehr Deutsche als an irgendeiner anderen Universität des Auslands – mehr als inBologna, Padua oder Paris – waren während des 17. Jahrhunderts in Leiden eingeschrieben [...]. » Im Zeitraum1575-1750 zählt Schneppen, op. cit., S. 13-15, nicht weniger als 69 Studenten aus Feselius’ Heimatregion (56Strassburger und 13 Elsässer).64 W. Frijhoff, La société néerlandaise et ses gradués, 1575-1814. Une recherche sérielle sur lestatut des intellectuels à partir des registres universitaires (Amsterdam: APA; Holland University Press, 1981),S. 51.65 Siehe das Album studiosorum Academiae Lugduno Batava, MDLXXV-MDCCCLXXV [ed.Willem Du Rieu] (Hagae: M. Nijhoff, 1875). Der Name Feselius taucht nicht auf. In der Serie Immatriculatieen recensie in de Leidse universiteit, herausgegeben durch Henricus J. Witkam, war uns nur der Band für dieJahre 1575-1581 (Leiden: im Selbstverlag des Autors, 1975) zugänglich. Es ist auch anzumerken, dass dasFehlen einer Immatrikulation nicht bedeutet, dass kein universitärer Grad erreicht worden sein könnte, sie auchdie folgende Fußnote. Frijhoff [1981], S. 77 bemerkt hierzu, dass in Leiden die Liste der graduierten Studentenerst ab 1595 geführt wurde.66 Hermann Keussen, Die Matrikel der Universtität Köln; 7 Bde. (Bonn: H. Berendt; [dann]Bonn: P. Hanstein; [dann] Düsseldorf: Droste, 1892-1981).67 Hermann Mayer, Die Matrikel der Universität Freiburg i. Br. von 1460-1656. Bd. 2, Tabellen,Personen- und Ortsregister (Freiburg im Breisgau: Herder, 1910).68 Winfried Dotzauer, Deutsche Studenten an der Universität Bourges. Album et Liberamicorum. (Meisenheim am Glan: A. Hain, 1971) – eine Edition, die von Frijhoff [1981], S. 85, sehr kritisiertwird.69 Siehe das Manuskript von Knod, « Index nominum suppositorum inclytae NationisGermanicae universitatis Aurelianensis, ab Anno Domini 1441-[1734] », erhalten in der BNU Strasbourg (Sign.= M. 2.284). Es bezieht sich auf die Kopie eines Dokumentes in Orléans (Archives départementales du Loiret =D 242-243), einer Anzahl dünner mit Kreide beschriebener Blätter, die sich unterschiedlih gut erhalten haben.Die Lesbarkeit ist schlecht. Frijhoff [1981], S. 314n. 485, empfiehlt die Konsultation des Originals..70 Fritz Weigle, Die Matrikel der deutschen Nation in Perugia, 1579-1727 (Tübingen: M.Niemeyer, 1956).71 Fritz Weigle, Deutsche Studenten in Pisa, Quellen und Forschungen aus italienischen Archivenund Bibliotheken, 39 (Tübingen 1959), 173-221.

Welche Hinweise lassen sich aus der akademischen Laufbahn Fesels über seine Kofessionziehen? Die konfessionelle Situation seiner Epoche leidet keinen Mangel an Alternativen.Man kann wohl annehmen, dass er Protestant war, aber war er Lutherander, Kalvinist oderZwinglianer? Der Fall Keplers zeigt exemplarisch die Komplexität auf: Vermutlich katholischgetauft in Weil-der-Stadt, einer freien Reichsstadt, in der die protestantischen Taufe verbotenwar, reklamierte er doch die Augsburger Konfession für sich, vertrat aber in eucharistischenFragen kalvinistische Positionen.74 Robin B. Barnes beschreibt in einem Aufsatz von 2004 dieAnhänger des Kalvinismus als astrologiefeindlicher als die Lutheraner und vermutet daher,dass Fesel Kalvinist gewesen sein könnte.75 Aber Arno Duch weist darauf hin, dass GeorgFriedrich von Baden Durlach, Fesels späterer Dienstherr lutherisch war und auf seinemTerritorium keine Katholiken, Juden oder Kalvinisten duldete.76 Kann man sich vorstellen,dass er ausgerechnet einen Kalvinisten als Leibmedicus akzeptiert hätte? Wohl eher nicht.Insofern bleibt ein lutherischer Fesel die plausibelste Ausgangshypothese. Und diese passt gutzu seinem akademischen Werdegang. Tübingen war eine Bastion der orthodoxen Luthe-raner77; Rostock war ebenfalls lutherisch seit 1531.78 Padua war, wie bereits erwähnt, fürseine religiöse Toleranz bekannt.79 In Basel war man protestantisch, aber gab nicht so vieldarauf, auf welche Bibel jemand schwor.80 Im Lichte dieser Indizien kann man wohl weiterhinannehmen, dass Fesel Lutheraner war.

72M. Luisa Accorsi, & Claudia Zonta, Natio germanica Bononiae I. La matricula. Die Martikel.

1573-1602. 1707 – 1727 ( Bologna: Clueb, 1999).73 Fritz Weigle, Die Matrikel der deutschen Nation in Siena, 1573-1738; 2 Bde (Tübingen: M.Niemeyer, 1962). Siehe hier auch, Bd. I, S. 105, n° 1812 (1590): « Georgius Fridericus Marchio Badensis etHachbergensis Landgravius Susenbergenis dom. in Rötel et Badenweiler. 4 sc. [= scudo]. »74 Siehe Jürgen Hübner, Die Theologie Johannes Keplers zwischen Orthodoxie undNaturwissenchaft (Tübingen: Mohr, 1975), S. 2-8.75 Robin B. Barnes, « Astrology and the Confessions in the Empire, c. 1550-1620 », in:Confessionalization in Europe, 1555-1700, ed. John M. Headley et alii (Aldershot: Ashgate, 2004), S. 131-154.Siehe S. 145: « An exchange between Philipp Fesel (a Calvinist ?) and the Lutheran preacher Melchior Schaererin 1609-1611... ». Die Ablehnung der Astrologie durch Calvin findet sich ausgrdrückt in seinem Advertissementcontre l'astrologie qu'on appelle judiciaire von 1549. Aber diese Ablehnung beschränkt sich dort auf dievorhersagende Astrologie.76 Arno Duch [1964], 198: « G. war gläubiger Konkordienlutheraner, der weder Katholikern nochJuden, noch auch Calvinisten im Lande duldete und persönlich stets anticalvinisch gesinnt blieb. » DiesesLuthertum brachte Georg Friedrich später in Schwierigkeiten und zwang ihn, sich zwischen Oktober 1624 unddem Beginn des Jahres 1626 nach Basel zu flüchten (siehe Registre de la Compagnie des pasteurs de Genève,vol. 13 [Genève: Droz, 2001], S. 228n. 117 et 369n. 5).77 Charlotte Methuen, Kepler's Tübingen (Aldershot: Ashgate, 1998), S. 29-59.78 Gert Haendler, Art. « Rostock, Universität », Theologische Realenzyklopädie 29, 428-431.79 Siehe auch Peter J. Van Kessel, The Denominational Pluriformity of the German Nations atPadua and the Problem of Intolerance in the 16th Century, Archiv für Reformationsgeschichte 75, 1984, 256-276; und Nicole Bingen, Etudiants protestants à Padoue vers 1588-1590: Pierre Bricard et ses ancienscondisciples de l’Académie de Genève. Quelques données biographiques, Bibliothèque d'Humanisme etRenaissance 70-2, 2008, 411-424.80 Siehe Lucia Felici, « Liberté des savoirs et mobilité: circulation des hommes et des idées àl'université de Bâle au XVIe siècle », in: Les échanges entre les universités européennes à la Renaissance, ed.M. Bideaux et M.-M. Fragonard (Genève: Droz, 2003), S. 187-198, zur Rolle der Erasmusstiftung, geschaffendurch Bonifacius Amerbach. Diese stand allen Konfessionen offen, auch Katholiken. Die Universität war nachder Reformation von 1529 an den Katholiken zwar im Prinzip verboten, und dies bis zum Iahr 1636, aber manvergleiche die folgende Feststellung Albrecht Burckhardts, Geschichte der Medizinischen Fakultät zu Basel,1460-1900 (Basel: Reinhardt 1917), p. 155-156: « Alle die vielen Ausländer kamen in der Absicht nach Basel,sich die Doktorwürde zu erwerben; manche von ihnen stammen aus protestantischen Bezirken in sonstkatholischen Ländern; doch müssen auch Katholiken gekommen sein. Man fragte in Basel weder bei derImmatrikulation noch bei der Promotion nach der Konfession. Nur der Eintritt in die Fakultät war denKatholiken bis 1636 verwehrt. »

Über die bloße Tatsache hinaus, dass Philipp Fesel an bestimmten Hochschulen studiert hat,ist auch interessant, mit wem er dabei Umgang hatte. Denn bekanntermaßen zogen Studentenoftmals in kleineren oder größeren, festen oder losen Gruppen auf ihrer «Grand Tour» durchEuropa, und immatrikulierten sich dann gleichzeitig oder im Abstand weniger Tage an denjeweils gleichen Hochschulen.81 So immatrikulieren sich in Tübingen noch zwei weitereStrassburger in unmittelbarer zeitlicher Nähe, ist man zusammen hierher gereist?82 Darüberhinaus zeigt sich eine systematischere Suche in den Matrikeln als nicht sehr ergiebig. EinVergleich der Einschreibungen im Abstand bis zu zwei Monaten zu Fesels Immatrikulation inTübingen (1580) und Rostock (1588) ergab keine Übereinstimmungen, was aufgrund desgroßen zeitlichen Abstandes von 8 Jahren auch nicht überraschen kann. Auch ein Abgleichbeider Listen mit den Akten aus Padua83 ergab keinen wirklich signifikanten Treffer. Dievermeintliche Ausnahme bildet ein Andreas Scholl «Tubingensis», der sich wie Fesel 1580 inTübingen einschreibt84. Sein Fall zeigt auch die Risiken dieser Methode auf. Zunächst fälltauf, dass sich derselbe Andreas Scholl aus Tübingen 1588 (also drei Jahre vor Fesel) in Paduaaufhält85 und ebenfalls noch 1588 in Tübingen eine Arbeit «De Catarrho» in Druck gehenlässt, die auf seiner medizinischen Prüfung in Strassburg basiert.86 Dies eröffnet die vageMöglichkeit einer Bekanntschaft mit Fesel (der sich ja zumindest 1587 in Strassburg aufhielt),und diese scheint sich zu bestätigen, wenn man sieht, dass ein Andreas Scholl 1592 am selbenTag wie Philipp Fesel in Basel promoviert. Ein genauerer Blick zeigt jedoch, dass hier wohlnur eine zufällige Namensgleichheit vorliegt, denn der Baseler «Andreas Schollius» stammt jaaus Herborn im Nassuauischen.und nicht aus Tübingen. Die restliche Promotionsgruppe wirdjedoch weiter unten noch eine Rolle spielen.Neben den Matrikeln steht noch eine weitere Quelle zur Aufdeckung von Beziehungen zuanderen Studenten zu Verfügung. Denn das 16. Jahrhundert war die Hochzeit derStammbücher oder «Alben Amicorum», in denen man sich gegenseitig Eintragungenmachte.87 Von diesen haben sich zahlreiche bis heute erhalten und sind teilweise durchKataloge erschlossen. Zwar fand sich in diesen leider kein Stammbuch Philipp Fesels, dochimmerhin hat er Eintragungen in (mindestens) drei Stammbüchern anderer Studentenhinterlassen. Der älteste Eintrag ist aus dem Jahr 1591 und wurde in Padua erstellt.88 DerStammbuchhalter, Jakob Gottberg, entstammte einem pommerschen Adelsgeschlecht, spätertrat er in schwedische Dienste und wurde Admiral. Ein Studium in Padua lässt sich nurvermuten89, eher ist anzunehmen, dass es sich um eine für den Adel nicht untypische«Bildungsreise» ohne eigentliche Universitätsaufenthalte handelte, die Gottberg in zahleicheitalienische Städte und eben auch zweimal nach Padua führte. So stammen viele Einträge ausdiesen Stationen ebenfalls von Adeligen. In Padua haben mindestens 16 Personen (einigeEinträge sind ohne Ortsangabe) in das Stammbuch eingetragen, darunter eben auch Philipp

81 Zonta, S. 136ff.82 Der eine, Conrad Dasypodius, schreibt sich im November 1592, also ein halbes Jahr nach Feselin Basel ein (cf. Wackernagel II, p. 403)83 Favaro Bd. I und II84 Am 10. Okt., siehe Hermelink [1906], S. 589, Nr. 193, 9885 Favaro, Bd. I, S. 252, «Andreas Schollius Tubingensis»86 De catharro, sub praesidio... Danielis Moegling Tvbingensis, Medicinae Doctoris eximij...publicè Andreas Scholl Tvbingensis, 10. die Maij, hora locoq; consuetis, pro ingenij viribus disputabit.Tvbingae: Excudebat Georgius Gruppenbachius, Anno M.D.LXXXVIII. [VD16 = M 5768]87 Zur Verwendung von Stammbüchern als historischer Quelle, siehe Stammbücher alskulturhistorische Quellen, hrsg. Jörg-Ulrich Fechner (München: Kraus, 1981).88 Lotte Kuras u. Eva Dillman, Die Stammbücher der Königlichen Bibliothek Stockholm.Handschriftenkatalog (Stockholm: Kungliga Biblioteket, 1998), S. 13-15. Das Stammbuch hat in Stockhom dieSignatur Ig 7, der Eintrag findet sich auf f° 68r.89 Kuras u. Dillmann [1998], S. 13

Fesel. Er hat ihm eingetragen90: «NON TUMEO, NON TIMEO.», «Βουλευου βραδεως, επιτελει δε ταχεως τα δοξαντα.» [Mahnrede des Isokrates an Demonikos (Pros Demonikon paraineia)],sowie «FACILIS DESCENSUS AVERNI, SED REVOCARE GRADUM SUPERASQUE ASCENDERE IN

AURAS HOC OPUS, HIC LABOR EST.» [Vergils Aeneis (6,126)]. Unterzeichnet hat er wie folgt:«ORNATISSIMO OMNIUMQUE VIRTUTUM LAUDE CUMULATISSIMO IUVENI JACOBO GOTTBERG

FILIO SUO ADOPTIVO DULCISSIMAE RECORDATIONIS ERGO SYMBOLUM HOC EXARAVIT IN

PATAVII ANTENORIS M PHILIPPUS FRESELIUS ARGENTORATENSIS 30.MAI ANNO 1591». Es gibtsonst keinen weiteren Hinweis auf eine nähere Bekanntschaft Fesels mit Gottberg.

Der zeitlich nächste Eintrag erfolgte in das Album des Rolandus de Weert91, er ist signiert mit«HONESTISSIMO AC SOLIDAE ERUDITIONIS PRAECLARISSIMARUMQUE VIRTUTUM LAUDE

CONSPICUO DOMINO ROLANDO WERTIO AMORIS ERGO SCRIPSIT HAEC ARGENTINAE 4. KALEND.JUN. ANNI 1592 PHILIPPUS FESELIUS D.» Diesem trägt er ein: «Ουκ εστιν ηδεως ανευ του καλως και δικαιως ζην.» [Brief des Epikur an Menoikeus]Roland de Weert stammte wohl aus einer calvinistischen Familie Antwerpens, die nach derEroberung Antwerpens durch Spanien fliehen musste.92 Weitere Bezüge zwischen Fesel undde Weert haben sich wiederum nicht finden lassen. Jedoch bietet das Stammbuch immerhineinen Hinweis auf einen anderen Bekannten Fesels, nämlich Anton Bate (Bathe, Battus).Dieser hat zwei Seiten vor Fesel in das Stammbuch de Weerts eingetragen. Außerdem war erzeitgleich mit ihm in Padua; er wird oben in der Episode um den Konflikt mit der Wache inPadua als Verhandlungsführer erwähnt. Und zudem legt er seine Promotionsprüfung amselben Tag in Basel ab. Dies trifft im übrigen auch für den Autoren der Aktennotiz von Paduazu, «Henricus a Palandt», beide, Battus und Palandt sind auf der Promotionseinladung ausBasel genannt. Und damit stellt die Dreierkonstellation Palant – Battus – Fesel den sicherstenTipp für ein «Netzwerk» dar, das zumindest in der Zeit von Sommer 1591 in Padua bis zurPromotion in Basel (Februar 1592) oder sogar Sommer 1592 in Strassburg (Fesel und Battus)Bestand hatte. Daher seien Antonius Battus und Henricus Palant hier einmal etwas genauervorgestellt.

Heinrich (von) Palandt enstammt der weitverzweigten Adelsfamilie von Palandt.93 SeinUrgroßvater Wilhelm (von) Palandt (um 1490 - 1541) war ein natürlicher Sohn des JohannPalant zu Wittem. Heinrich selbst ist in Wassenberg geboren, das Geburtsjahr ist nichtbekannt. Seine Eltern waren Adolf Palandt, palant-kulemburgischer Schultheiß undRentmeister zu Rheindalen, später Rentmeister zu Kinzweiler, und Anna Kremer ausWassenberg. 1587 studierte er in Heidelberg.94 Wie wir bereits wissen hat er ebenfalls inPadua studiert und 1592 in Basel promoviert. In Padua wurde er im April 1591 zum Vertreter

90 Die Autoren danken Konrad Kögler und Jörg Steffen für Hilfe bei der Transkription derEinträge, sowie der Identifizierung der Quellen.91 Paul O. Kristeller, Iter Italicum (London: the Warburg Institute; Leiden: E.J. Brill), Band 4, Sp.376b u. 377a. Das Stammbuch selbst hat die Signatur Ltk. 1077 der Bibliothek in Leiden, der Eintrag desPhilipp Feselius findet sich auf f° 84.92 Siehe Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Bd. 58/59 (1959), S. 248. Hierfürspricht auch dass sich Roland de Weert 1592 in Marburg aufhielt, einer calvinistischen Hochburg:http://www.raa.phil.uni-erlangen.de/index.shtml, Suche nach «Weert» unter «Stammbucheinträge». Bereits 1583immatrikuliert er sich in Heidelberg, einer anderen calvinistischen Hochburg, siehe Gustav Toepke, Matrikel derUniversität Heidelberg von 1386 bis 1662.II. Teil, Von 1554 bis 1662 (Heidelberg: Selbstverlag desHerausgebers, 1886), S. 11293 Lothar Müller-Westphal: Wappen und Genealogien Dürener Familien: Hausmarken, Wappen,Notarzeichen und biografische Daten von 7000 Personen aus acht Jahrhunderten, Düren 1989, S. 663; zurFamilie Palan(d)t siehe Gisela Meyer: Die Familie von Palant im Mittelalter (Göttingen: Vandenhoeck &Ruprecht, 2004).94 Eduard Simons, Kölnische Konsistorial-Beschlüsse. Presbyterial-Protokolle der heimlichenkölnischen Gemeinde. 1572-1596 (Bonn: Hanstein, 1905), S. 276n

der Interessen der «Belgier und Westfalen» gewählt95, im Mai deselben Jahres dann zumConsiliar96, dabei nennt er sich selbst «D. Henrico a Palandt Geldro»

97. Nach dem Studiumwird er Arzt und praktiziert 1593 in Köln, wo er unter anderem mit Wilhelm Fabry vonHilden (auch «Fabricius» oder «Hildanus») Kontakt hat.98 In Köln hatte sich Palandt bereitsals Student aufgehalten, denn er wird in den Akten der «heimlichen» deutschen reformiertenGemeinde bereits 1586 erwähnt und als Student bezeichnet.99 Auch 1593 nun als Arzt ist erwieder Mitglied dieser Gemeinde.100 Später praktiziert er als Art in Düren101 und zwischen1610 und 1625 ist er dort auch Schöffe, 1611 und 1618 Bürgermeister. Bereits 1596 wird erals Konsistoriale der reformierten Gemeinde in Düren genannt. Er heiratet Catharina Spiegel,das Paar hat vier Kinder. Das Todesjahr ist wiederum nicht bekannt, muss aber vor November1629 liegen.

Antonius Battus (auch Bate, Bathe)Antonius Battus102 wird als Sohn des Apothekers Anton Bate und der AbigaelBonifaciusdatter Loir um das Jahr 1560 in Haderslev (Dänemark) geboren. In Kopenhagenstudiert er 1580; 1587 reist er zum Studium nach Italien.103 Am 1. Juli 1588 schreibt er sich inSiena ein104. 1589 wird er zunächst am 22. April zum «Consiliar Bohemico» und gleichzeitigzum Bibliothekar der deutschen Nation in Padua,105 und dann bereits am 28. Juli zumKonsiliar gewählt und bleibt dies ein Jahr106. Im April 1591 wird er (zeitgleich mit HenricusPalant) zum Vertreter der Teilnation der Pommern, Mecklenburger, Holsteiner und Dänengewählt.107 1591 wird er ebenfalls als «Vize-Syndikus» erwähnt.108 Im Jahr 1592 spendet ervier Bücher für die Bibliothek109, und in einer Aufstellung von Geldspenden aus dem Februar1592 wird er noch mit einer Spende von 8 «libras» erwähnt.110 Seine Promotion in Basel 1592wurde bereits erwähnt.111 1594 wird er Hofmedikus in Nykøbing Falster bei Sophie vonMecklenburg (1557 – 1631), der Witwe des dänischen Königs Frederik II (1534 - 1588).Diese war übrigens an den Wissenschaften und der Astrologie interessiert und stand inKontakt mit Tycho Brahe.112 1595 heiratet Battus Sara Oberberg. Er stirbt am 12. Juli 1602 inNykøbing.

95 Favaro, Bd. I, S. 30496 Favaro, Bd. I, S. 30697 Favaro, Bd. II, S. 398 Heinrich Strangmeier, Wilhelm Fabry von Hilden. Leben – Gestalt – Wirken (Wuppertal-Elberfeld: Martini & Grüttefien, 1957), S. 20, 24.99 Simons, S. 276/276n, S. 286/286n.100 Simons, S. 418101 VD 17, PND Nr. 121249115102 Carl Langholz, Anetavler for berømte danskere (Lyngby: Dansk hist. Håndbogforlag, 1989), S.156.103 Joachim W. Jacoby, Hans von Aachen: 1552-1615 (München: Deutscher Kunstverlag, 2000),S. 7104 Fritz Weigle, Die Matrikel der deutschen Nation in Siena. 1573-1738 (Tübingen: M.Niemeyer, 1962), Bd. I, S. 97.105 Favaro, Bd. I, S. 272106 Favaro, Bd. I, S. 272, 274, 296107 Favaro, Bd. I, 305108 Favaro, Bd. II, S. 13f.109 Favaro, Bd. II, S. 26110 Favaro, Bd. II, S. 35111 Dissertation De palpipatione cordis (Basilae: Ostein, 1592).112 http://www.kvinfo.dk/side/597/bio/1348/origin/170/

Das letzte Stammbuch, in dem sich ein Eintrag Philipp Fesels erhalten hat, ist dasjenige vonPaul Jenisch.113 Diesem trägt er ebenfalls einen griechischen und einen lateinischen Sinn-spruch ein «ERUDITIO SINE PIETATE EST INSTAR GLADII IN MANU FURIOSI» und unterzeichnet«HAEC PERITISSIMO VIRO DOMINO PAULO JENISCHIO SCRIBEBAT PHILIPPUS FESELIUS MED. DOCTOR

AULAE MARCHIE CAROLCASTRENSIS MEDICUS».Paul Jenisch entstammt einer protestantischen Kaufmannsfamilie aus Augsburg. Er ist inAntwerpen geboren, wo die Familie eine Niederlassung unterhielt. Von dort musste dieFamilie (wie die Weerts) fliehen, später wurde sie auch aus Augsburg vertrieben. Paul Jenischsiedelte sich danach als Geistlicher und zudem Lautenist in Stuttgart an114. Der Eintrag Feselsin sein Stammbuch ist nicht datiert und ohne Ortsangabe; jedoch bezeichnet Fesel sich bereitsals Doktor und baden-durlachischen Leibmedicus und gibt den Ort mit Durlach an. Es istdaher anzunehmen, dass der Eintrag nach 1604, vermutlich während eines Durlach-Aufent-haltes Jenischs erfolgte. Die beiden könnten sich jedoch schon länger gekannt haben, dennJenisch schrieb sich 1580 nur wenige Wochen vor Fesel in Tübingen ein. WeitereKontaktpunkte konnten jedoch nicht gefunden werden.115

Was lässt sich aus diesen Kontakten ablesen? Fesel scheint trotz seiner bürgerlichen Herkunftunbefangen mit Adeligen umgegangen zu sein (siehe Palant und Gottberg). So dann sind rechtviele seiner Kontakte reformierter Konfession. Und schließlich fällt auf, dass keiner aus derengeren Gruppe eine wissenschaftliche Karriere ergriff, alle drei wurden praktische Ärzte.

Leibmedicus des Herzogs Georg Friedrich .

Nach der Promotion wird die Information über den Werdegang Philipp Fesels wiederspärlicher. Wie wir oben gesehn haben, scheint er sich unmittelbar nach der Promotionzunächst nach Strassburg begeben zu haben. Vermutlich vor 1596 hat Fesel jedoch geheiratetund zwar Maria Heinmund[in], denn am 25.8.1596 wird die Tochter Ottilia geboren.116 DerOrt dieser Geburt und der vorherigen Heirat sowie die Herkunft der Braut sind nichtbekannt.117 Heinmund[in] ist ein äußerst seltener Name – in einschlägigen genealogischenDatenbanken oder auch im heutigen Telefonbuch kommt er nicht vor.118 Ebenfalls nicht imältesten erhaltenen Einwohnerverzeichnis Durlachs.119 Vielleicht handelt es sich um ein Ver-

113 Siehe die Einträge ins Stammbuch de Paul Jenisch (WLB Stuttgart = codex hist. 4° 298.299),beschrieben in: Ingeborg Krekler, Die Handschriften der Württembergische Landesbibliothek Stuttgart. Bd. 3,Stammbücher bis 1625. (Wiesbaden: O. Harrassowitz, 1999), n° 16, S. 38-65. Speziell S. 65 (= f° 91v):« Feselius für PJ, oD » [= Feselius für Paul Jenisch, ohne Datum]. Über das Stammbuch Jenischs imAllgemeinen siehe Max Bach, Paul Jenisch und seine Stammbücher, Zeitschrift für Bücherfreunde, 9(1905/1906), S. 221-226 (lag nicht vor).114 http://www.farben.com/115 Zwar findet sich ein «Paulus Jenischius in» Padua, allerdings erst 1601, siehe Favaro, Bd. II,S. 183116 Siehe ihre Grabinschrift, s.u. Fußnote 149117 Zwar liest man in Deutsches Geschlechterbuch. Genealogisches Handbuch BürgerlicherFamilien, Bd. 135 (Limburg an der Lahn: C. A. Starke 1965), S. 281 [Familie Pagenstecher]: « Ottilie Fesel,*Durlach, 12.6.1592, +Mengeringhausen, 10.4.1658, T[ochter] von Philipp F[esel], Dr. Med., Markgräfl. Bad.Leibarzt zu Durlach, u. d. Maria... - 6 Kinder). » Aufgrund des falschen Geburtsjahres und –monats scheint dieseQuelle jedoch zweifelhaft. Evtl. ist der Geburtsort Durlach aufgrund der Angaben auf der Grabplatte nurvermutet? Diese beweist jedenfalls nicht, dass Ottilia in Durlach geboren wurde.118 http://www.familysearch.org, http://www.gedbas.de, http://search.geneanet.org,http://www.dastelefonbuch.de/119 Paul Strack, Das Durlacher «Pfündungsbuch» von 1551, in: Familiengeschichtliche Blätter,18. (1920), Sp. 39-46, Verlagsbuchhandlung Degener, Leipzig. Nachgewiesen in: Badische LandesbibliothekKarlsruhe ZB 1008,16-18), auch als http://wiki-de.genealogy.net/Durlach/Durlacher_%22Pf%C3%BCndungsbuch%22_von_1551

schreiben oder Verhören? Der eigentliche Name könnte dann evtl. Reinmund lauten.

Im Jahr 1609, als Feselius seine bekannte Schrift gegen die Astrologie verfasste, finden wirihn als Leibmedicus in Durlach (s.u.). Wann hat er diese Position eingenommen und was warin der Zeit dazwischen? Unterlagen aus Durlach haben sich vor 1689 kaum erhalten.120 Auchdie einschlägige Literatur zu Georg Friedrich enthält keine Hinweise zu Philipp Fesel.121

Jedoch hat Georg Friedrich erst nach dem Tod seines Bruders Ernst Friedrich, der einAnhänger des reformierten Glaubens war, im Jahr 1604 die Herrschaft über ganz Baden-Durlach angetreten und seine Residenz nach Durlach verlegt. Der lutherisch gesinnte GeorgFriedrich führte sogleich eine Art religiöser Säuberung durch: «In Durlach waren 1604ausschließlich reformirte Geistliche und Lehrer; Georg Friedrich entließ sie, nebst dengleichgesinnten Räthen und Beamten.»122

Es ist daher eine interessante Frage, ob Feselius bereits vor 1604 im Dienste Georg Friedrichsstand oder sich in Durlach am Hofe Ernst Friedrichs aufhielt. Georg Friedrich residierte eineZeit lang auf Burg Rötteln123 und auf der Hochburg bei Emmendingen124 und verlegte 1599seinen Hof nach Sulzburg. Und in den Kirchenbüchern von Sulzburg finden sich in der Tatzwei Pateneinträge von Maria N., Ehefrau des Philipp Fesslin/Feselius, «Dr. med., Hofme-dikus in Sulzburg».125 Forscht man weiter zurück, so findet sich ganz zu Anfang derSulzburger Zeit Georg Friedrichs die Bestellung Fesels zum Hofarzt. Der Bestallungsrevers126

vom 23. April 1599 gibt Aufschluss über Fesels Aufgaben und weitere Umstände seinerTätigkeit. Georg Friedrich, «von Gottes gnaden Marggrave zu Baden und Hochberg,Landtgrave zu Saußenberg, Herr zu Rötteln und Badenweyler» bestellt den «hochgelärtten,unseren lieben gethreuen Philips Fäßlin, der artzney doctorn» zu seinem Hofarzt. Neben demFürsten selbst hat er auch dessen «freundlichen lieben gemählin und khinder, auchFrauenzimmer, darzu unsern Statthalter, Hoffmeister, Cantzler und Räthen, auch anderemHofgesindt» im Falle der «notturft mit seiner khunst der artzney nach seinem besten khönnenund vermögen gethreues fleyß rathsam und beholffen» zu sein. Dafür wird ihm ein Gehalt von70 Gulden jährlich sowie diverse Naturalien wie Weizen und Roggen (je fünf Malter) und einFuder Wein bezahlt. Es wird ihm auferlegt seine Wohnung in die Stadt Sulzburg zu verlegen,woraus zu schließen ist, dass er sich zuvor nicht hier aufgehalten hatte, und es wird ihm fürdie «Behausung» ein Zuschuss von weiteren 10 Gulden gezahlt; Feselius scheint also nicht imSchloss gewohnt zu haben. Weiterhin hat er den Fürsten bei dessen Reisen «über landt» zubegleiten, wird dafür jedoch «ußer unseren Marstall beritten» gemacht oder ihm sonst eine«Fuhr» gestellt. Zusätzlich zu seinem Gehalt hat der Fürst Feselius «gnediglich gegönnet undzugelaßen», dass dieser neben seiner Tätigkeit als Hofarzt auf eigene Rechnung als Arzt tätigist, jedoch nur «in unserer marggraveschaft Hochberg und umbligenden unsern Land-

120 Auskunft des Generallandesarchives Karlsruhe, E-Mail vom 30.1.2009; siehe auch Fecht, s.143ff.121 Zusätzlich zu den bereits zitierten Quellen sind noch zu erwähnen: Karl Friedrich Ledderhose,Aus dem Leben des Markgrafen Georg Friedrich von Baden (Heidelberg: C. Winter, 1890), sowie Karl Brunner,« Die Erziehung des Markgrafen Georg Friedrich von Baden-Durlach », in: Festschrift zum fünfzigjährigenRegierungsjubiläum seiner Köngilichen Hoheit deß Groß herzogs Friedrich von Baden (Heidelberg: C. Winter,1902), S. 137-169.122 Karl Gustav Fecht, Geschichte der Stadt Durlach, Sonderdruck 1969 (Karlsruhe-Durlach:Tron, 1969), S. 253.123 Kaspar Friedrich Gottschalck, Die Ritterburgen und Bergschlösser Deutschlands. Band I.Zweite verbesserte und vermehrte Auflage (Halle: Hemmerde & Schwetschke, 1815), S. 334.124 Josef Durm, Franz Xaver Kraus: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden: Bd., 1.Abt. Landkreis Freiburg: Breisach, Emmendingen, Ettenheim, Freiburg (Land), Neustadt, Staufen undWaldkirch (Mohr, 1904), S. 217125 Mitteilung von K. Hahn, der aus der Verkartung der Kirchenbücher von Rolf Eilers zitiert. DieEinträge stammen aus den Jahren 1599 (angeblich 1589 – wohl ein Versehen?) und 1604.126 Generallandesarchiv Karlsruhe, Best. 115, Nr. 413.

schaften», Reisen nach außerhalb benötigen eine fürstliche Erlaubnis, ebenso darf er ohneeine solche «persönlich kheinen kranken besuchen so mit erblichen [ansteckenden?] krank-heitten beladen». Neben den weiteren Klauseln wie Verhalten bei Streitigkeiten, Kündigungs-fristen (ein viertel Jahr vor Ende eines Jahres) und Geheimhaltungspflicht ist auch interessant,was nicht im Revers erwähnt wird. So hat Feselius einen «leiblichen aydt zu Gott demallmächtigen» zu schwören, aber von einem notwendigen Konfessionswechsel ist keine Rede,was die geäußerte Vermutung unterstützt, dass Feselius bereits lutherisch war. Auch werdenvon ihm zumindest laut Vertrag keine wissenschaftlichen Dienste erwartet, es sei denn manmöchte diese hinter einer Klausel vermuten, die Feselius verpflichtet «sonsten alles das [zu]thuen, so einem gethreuen und fleyssigen artzet zustehet und gebürth.» Leider enthält dasDokument auch keine Angaben zu Fesels Herkunft, Abstammung oder seinem Aufenthaltsortvor der Anstellung..Wie ist die Verbindung zwischen Fesel und dem Hof Georg Friedrichs zustande gekommen?Mögliche Kontaktpunkte gab es genug. Zum einen hat Georg Friedrich in Italien, u.a. inPadua, sowie in Strassburg studiert127, er könnte Fesel also bereits während des Studiumsbegegnet sein. Zudem besaß der badische Hof in Strassburg das Haus «Drachenfels», dasauch Georg Friedrich nutzte.128 Und schließlich könnte auch der Baseler Mediziner FelixPlatter eine Rolle gespielt haben. Dieser stand in Diensten mehrerer Fürstenhäuser, u.a. desbadischen.129 Im Gefolge Georg Friedrichs nahm er von Hochberg aus im Jahre 1596 an einerTaufe am württembergischen Hof in Stuttgart teil und 1598 an einer Hochzeit des HausesHohenzollern.130 Möglich scheint, dass er um Rat gefragt wurde, als ein neuer Hofmedikusgesucht wurde und auf einen seiner Absolventen verwies – Fesel hatte ja 1592 bei Platterpromoviert.

Die nächste Nachricht von Fesels Tätigkeit als Leibmedicus des Fürsten Georg Friedrich vonBaden Durlach stammt dann von der Tatsache, dass Fesel 1609 in Strassburg bei LazarusZetzner seine bekannte – durch die Tatsache dass Kepler auf sie antwortete – Schrift«Gründtlicher Discurs von der Astrologia Judicaria» veröffentlichte, die einzige Publikation,die sich im VD 17 von ihm findet. Der komplette Titel Gruendtlicher Discurs von derAstrologia Judiciaria (... gesetzt durch Philippum Feselium, Medic. & Philosoph. Doctorem,Fürstl. Margg. Bad. LeibMedicum zu Carolspurg) gibt Aufschluss über eben diese Tätigkeitsowie das Residenzschloss Karlsburg bei Durlach als Aufenthaltsort Fesels.131 In Strassburgfindet sich kein Exemplar mehr, obwohl das Werk hier erschienen ist. Der HerausgeberLazarus Zetzner verdient auch eine kurze Betrachtung, hat er doch zahlreiche Schriften in derTradition der Rosenkreuzer und der Anhänger des Parcelsus veröffentlicht, aber auch eineLuther-Bibel und jesuitische Kommentare zu Aristoteles.132

127 Artikel «Georg Friedrich (Markgraf von Baden-Durlach)» von Karl Friedrich Ledderhose in:Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 8 (1878), S. 596–600.128 ebenda129 Daniel A. Fechter, Thomas Platter und Felix Platter. Zwei Autobiographien. Ein Beitrag zurSittengeschichte des XVI. Jahrhunderts (Basel: Seul und Mast, 1840), S. Viif: «In eben dem Verhältnisse, inwelchem er sich als Lehrer in weitem Kreise Ruhm erwarb, gründete er sich auch einen weit ausgebreiteten Rufals praktischer Arzt, so daß er an mehrere Höfe zu medicinischen Berathungen berufen wurde. Katharina, dieSchwester Heinrichs IV., war seine Gönnerin, wohl gelitten war er an den sächsischen, lotharingischen,württembergischen und badischen Höfen und bei vielen Herren von Adel. Obschon er von Fürsten mannigfaltigeEinladungen zur Stelle eines Hofarztes bekam, zog er doch vor, seiner Vaterstadt seine Dienste zu widmen.»130 Fechter 1840, S. Vf.131 Gründtlicher Discurs von der Astrologia Judiciaria (Bircher A 4565; Betz 151). Exemplarefinden sich in einigen Online-Katalogen: BM Montbéliard [= Q 30 (XVII)]; SLUB Dresden (= Astron. 584,28); UB Salzburg (= Rarum 986); ÖNB Wien (= 74.J.190); Wolfenbüttel (http://www.hab.de/bibliothek/wdb/); British Library (= 1608/649).132 Zu Lazarus Zetzner (*3.5.1551 +10.2.1616), siehe: W. List, Zur StraßburgerBuchdruckergeschichte Lazarus Zetzner und seine Familie, Zentralblatt für Bibliothekswesen 4, 1887, 299-301;

Zum Inhalt der Debatte Fesels mit Kepler und Röslin ist ausreichend geschrieben worden;hierauf soll daher hier nicht im Detail eingegangen werden. Doch sollen hier kurz einigewenige Aspekte beleuchtet werden, zunächst die Frage, warum Fesel sich veranlasst sah,diese Schrift herauszugeben. Hierzu äußert er sich selbst. Zum einen bezeichnet er die Schriftals Reaktion auf zwei Schriften Schärers, in denen die Gegener der Astrologie verspottetwerden, und zwar als

«verächter / spötter / lästerer / grobe narren / grobe philosophanten, widersprecher derwarheit / unwissende Leut / [...] laborantes, auff teutsch / gute albere tropffen / ItemCyclopes boum & asinorum voces emittentes, welche die Creaturen Gottes mitkalbsaugen ansehen / antiastrologastros, unsinnige / grünßer / die sich nichts umb dienatur verstehen / animas perpetuò humi repentes, hönische cavillantes, übelbedachteSternfeind / und (welches die allerbeschwerlichste zulag ist) die gleichsam Gott inseinen Creaturen verachten / unnd seine Ehr verspotten»

133

Wogegen er sich zu wehren gedächte:

«Wiewol nun in ermelten beiden vorreden in specie niemants namhafft gemacht würdt/ derowegen darfür möchte gehalten werden / als hette ich mich derselbigen nichtanzunemmen / und vor andern zuverantworten: jedoch weil ich nicht zu zweifflen /dann das ich in denselbigen fürnemlich perstringirt und gemeint seye / von wegeneines gesprächs / so wir zu Mentzingen inter priuatos parietes, diesses punctes habenmiteinander gehalten / auf welches er sich also wider mein vermuten entrüsten lassen /weil ich ihme pro mea tenuitate etwas widerpart gehalten / das er die vermeltenpraticken / gleich zwey Jahr auff einander darauff ermelter massen geschärfft hat /Also verhoffe ich / das es mir nicht zuverdencken / mich der zugefügten übernamen zuentladen / das ich auch meine einfältige erklärung hin widerumb an tag gebe / unnddie zu behauptung seiner meinung angeführte Argumenta ein wenig auff die Probesetze / nicht zwar der meinung mich mit ihme inn einen [...] schrifftstreit einzulassen /welches mir nicht allein wegen meiner mühsamen vocation beschwärlich fallen würde/ sondern auch bey ihme sehr wenig verfangen / seitemahl er sich in seiner opinionalbereit so hart gesteifft / das er sich in seinem heurigen prognostico rund erkläret / erwisse der Astronomorum Aphorismos nicht zuverenderen / sonderlich des Cardani,welcher auch so vermessen gewesen / Christo selbsten seine Nativitet zu stellen.»134

Außerdem erwähnt er Gespräche, die er mit dem Fürsten zu diesem Thema gehabt habe:

«...wie dann E.F.G. eben über dieser Materia de Astrologorum praedictionibus zumehrmahlen sich gnädig mit mir besprachet / und derselbigen Argumenta unndrationes ad vera principia Astronomica, in welchen sie sich neben dem studio Physico

François Ritter, Histoire de l'imprimerie alsacienne aux XVe et XVIe siècles (Strasbourg: F.-X. Le Roux, 1955),S. 352-354, 576-577 der schreibt (S. 473), dass Zetzner « de confession protestante » war; Josef Benzing, Diedeutschen Verleger des 16. und 17. Jahrhunderts. Eine Neuarbeitung, Archiv für Geschichte des Buchwesens 18,1977, 1077-1322 (S. 1308); Rita Sturlese, Lazar Zetzner, « Bibliopola Argentinensis », Sudhoffs Archiv 75,1991, 140-162; Joachim Telle, Buchsignete und Alchemie im XVI. und XVII. Jahrhundert (Hürtgenwaldt: G.Presser, 2002), S. 13-25. François Joseph Fuchs schreibt im Nouveau dictionnaire de Biographie alsacienne(Strasbourg: Fédération des sociétés d'histoire et d'archéologie d'Alsace, 2003), vol. 41, S. 4368, dass Zetzner« ne semble pas avoir été imprimeur, mais éditeur ».133 Feselius [1609]134 ebenda

vor etlich Jahren gnädig von mir informiren lassen / wol examinirt, und ponderirthaben.»135

Neben der Bezugnahme auf die Klassiker und die Bibel finden sich in Fesels Schrift durchauswissenschaftliche, methoden-kritische Argumentationen:

«Es möchte zwar uber alles besagt/ allhie auch nicht unbillich von ihnen gefragtwerden/ wie die würckung eines jedwederen Sternen/ so wol der Planeten/ als deranderen/ könden so eygentlichen erkundigt werden/ darauß gewiß zu schliessen/ dasdie würckung eben diesem/ unnd nicht so balt einem anderen zuzuschreiben seye dadoch keiner absonderlich observiert werden/ aber in erforschung der kräfften alleranderer sachen höchlich vonnöten ist. Dann wann ich die krafft und würckung eineskrauts/ einer wurzel/ oder sonsten einer sonderbaren arzney erlernen will/ so muß ichdero jedwederes insonderheit warnehmen/ unnd seine würckung vermercken: sonstwann ich’s zugleich mit einander vermischen wollte/ würde ich zu meinem INTENT

nicht gelangen. Allso auch wann ich zum Exempel/ des SATURNI eygenschafft gewißwissen sollte/ so müste ich seine krafft/ würckung/ und INFLUENTIAS allein undabsönderlich erforschen. Dieweil aber die ubrigen himmlischen Cörper nimer müssigseind/ sonder allezeit mit würcken/ ist dannenhero offenbar/ das solches zu thununmüglich/ und ich nicht eygentlich wissen könne/ ob der erfolgte Effect mehr demSATURNO dann einem anderen Sterne zu zuschreiben seye.»136

Eine Antwort Fesels auf Keplers Reaktion im «Tertium .... » ist nicht bekannt. Vermutlichverhinderte sein früher Tod eine solche, wenn er sie überhaupt geplant hätte.

Wiederum kann man sich fragen, mit welchen Personen Fesel zu dieser Zeit Umgang hatte.Mangels anderer Quellen kann hier nur auf die Vorworte bzw. Widmungen verwiesenwerden, von denen drei (neben Fesels eigenem Vorwort) der Schrift von 1609 vorangestelltsind. Eines stammt von dem Theologen Antonius Mylius137 (*1562 in Augsburg +5.9.1622 inDurlach), dem General-Superintendenten und Pfarrer in Durlach138, eines von dem Juristenund Historiker Johann Friedrich Jüngler (* in Gernsbach, +1632 in Durlach)139, und das letztevon einem Physik-Lehrer des Durlacher Gymnasiums140. Fesel tauschte sich also durchausmit Gelehrten verschiedener Fachrichtungen aus, jedoch im engen regionalen Rahmen. EinIndiz für eine Korrespondenz mit überregionalen Wissenschaftlern findet sich nicht.

Tod und Nachkommen

Das Personenverzeichnis des klassischen Werkes von Siegfried Wollgast, Philosophie inDeutschland zwischen Reformation und Aufklärung gibt als Fesels Todesjahr 1610 an, ohne

135 ebenda136 ebenda137

Karl Friedrich Ledderhose, Aus dem Leben des Markgrafen Georg Friedrich von Baden.Heidelberg, C. Winter, 1890, S. 29-30; und Albert Ludwig, Die evangelische Pfarrer des badischen Oberlands im16. und 17. Jahrhundert, Lahr in Baden, M. Schauenburg, 1934, S. 68.138 siehe Fecht, S. 282139

VD 17, PND-Nr. 120901102140 Der Name ist im benutzen Exemplar schlecht zu lesen, wohl Godefridus Visvurg [Visuig ?]o.ä. und wird weder von Fecht erwähnt, noch von K. F. Bierordt, Geschichte der im Jahre 1586 zu Durlacheröffneten und 1724 nach Karlsruhe verpflanzten Mittelschule (Karlsruhe: Braun, 1859). Ebenso nicht in Sachs,Johann Christian, «Beyträge zur Geschichte des Hochfürstlichen Gymnasii zu Carlszuhe. Bey feyerlichenErinnerung der vor 200 Jahren geschehenen Stiftung desselben und seinem eigenen Amtsjubiläo». (Durlach: J.G.Müller, 1787). 224 S.

weitere Begründung.141 Dieses Datum stimmt mit dem überein, das Christian Frisch,Herausgeber von Keplers Opera omnia, angibt, der in seiner Einleitung zu Tertiusinterveniens schreibt: « Hoc tantum addimus, Schärerum in calce libri sui, mortuum nunciareFeselium mense Septembri 1610. »142 Fesel ist somit kaum 50 Jahre als geworden. Erhinterließ jedoch mehrere Nachkommen.

Die Tochter Ottilia (aus der Ehe mit Maria Heinmund[in]) wurde oben bereits erwähnt, 1614heiratete sie den Waldeckischen Rat und Sekretär Christoph Waldeck (1585–1657), einenEnkel des Bischofs von Münster und Osnabrück und Administrators von Minden, Franz vonWaldeck (+1553).143 Das Paar erbaute 1617 in Mengeringhausen in der Neuen PfortenstraßeNr. 5 ein «ansehnliches Haus»

144, und bekam insgesamt sechs Kinder. Darunter befand sichnur ein Sohn, Wolrad Waldeck (1619-1669); er führte als einziger Sohn die «Mengering-häuser Linie» der Waldecks fort. Er studierte in Marburg145 und Rostock146 und heirateteMaria Vietor, eine Tochter des waldeckischen Kanzlers Dr. Zacharias Vietor147. Er selbstwurde Korbacher Stadtkommissar und später waldeckischer Kanzleirat.148 Unter seinen (unddamit auch Philipp Fesels) zahlreichen Nachkommen findet sich auch Friederica «Minna»

Wilhelmine Waldeck, die zweite Ehefrau des «Fürsten der Mathematiker» Carl-FriedrichGauss.149

Ottilia Fesel starb am 10.4.1658 in Mengeringhausen. Ihre gusseiserne Grabplatte wird dortheute in der Friedhofskapelle aufbewahrt und zeigt u.a. die folgende Inschrift : «Im Jahr 1658am 10. aprilis ist ihrem Herrn lieben Ehemann selig so allhier zur Seiten lieget, ChristophWaldeck, Grave Rat nach ... 43 jähriger Ehe selig nachgestorben die ehr- und tugendsameOttilia Waldeck, ihres Alters 62 Jahr. Diese Verstorbene ist im Jahr 1596, den 25. August indiese Welt geboren; deren Eltern gewesen: Philipp Feselius, der Medicin Doct. und Fürstl.Markgraefl. Bad. Leibmedicus und Maria Heinmundin.»150

Nach «unbestätigten Quellen» ist Maria Heinmund[in] vor 1609 gestorben und Philipp Feselhat ein zweites Mal geheiratet.151 Die zweite Frau Maria Franckenberg soll ebenfalls inMengeringhausen gestorben sein, und zwar am 15.9.1633.152

Es ist nicht zu ermitteln aus welcher Ehe der zweite bekannte Nachkomme Philipps stammt,nämlich der Sohn Wolrad (Vollrat, Volrad usw.) Engelhard Fesel153. Er studierte in

141 Siegfried Wollgast, Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 2.Aufl. (Berlin: Akademie Verlag, 1993), S. 1010: « Feselius, Philipp (gest. 1610). »142 Frisch 1, S. 546.143 Zu Franz v. Waldeck siehe Hans-Joachim Behr, Franz von Waldeck. 1491 – 1553. Sein Lebenin seiner Zeit. Teil 1. Darstellung (Münster: Aschendorff, 1996).144 Varnhagen, Adolf Theodor Ludwig: Grundlage der Waldeckischen Landes- undRegentengeschichte. Zweiter Band, Arolsen: Speyer 1853, S. 136, siehe auch E. Waldschmidt: DerWaldeckischen Familie Waldeck Mengeringhäuser Linie, Nachrichten der Gesellschaft für Familienkunde inKurhessen und Waldeck, Nr. 15 (1940), S. 49-72, S. 53; das Haus zeigt über dem Eingang den waldeckischenStern und steht noch heute.145 Waldschmidt [1940], S. 53146 ebenda, und Hofmeister 1895/1976, S. 131, 156147 Waldschmidt [1940], S. 53148 Waldschmidt [1940], S. 53, siehe auch Hermann Steinmetz: Die waldeckischen Beamten vomMittelalter bis zur Zeit der Befreiungskriege – Fortsetzung, in Geschichtsblätter für Waldeck Bd. 61, S. 47-103,Bad Arolsen, 1969, S. 61149 http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Friedrich_Gau%C3%9F150 Helmut Nicolai, Waldeckische Wappen. Beiträge zur Familiengeschichte. Teill 3. Wappen derwaldeckischen Städte und Großgemeinden, Familienwappen und Hausmarken; bearbeitet von Wilhelm Hellwigund Ingeborg Moldenhauer (Arolsen: Waldeckischer Geschichtsverein, 1991), S. 175f.151 Laut E-Mail vom Generallandesarchiv in Karlsruhe vom 30.1.2009.152 Das Todesdatum nach Waldschmidt [1940], S. 52, der jedoch nur von der Witwe Maria N.spricht; es ist also nicht klar, ob es sich um Maria Frankenberger handelt, oder ob Fesel doch nur mit MariaHeinmund verheiratet war.

Strassburg, wo er sich im März 1629 in der philosophischen Fakultät einschrieb und noch imselben Jahr seine Abschlussarbeit einreichte, unter der Aufsicht von Johann ConradDannhauer (1603-1666).154 Diese widmete er seinem Schwager Christoph Waldeck, «affinisuo perquam amando»

155. 1632 promovierte er, ebenfalls in Strassburg, in Medizin156 beiMelchior Sebitz junior (1578-1674, Professor von 1612 bis 1668)157, und 1637 ist er als Arztin Durlach nachgewiesen.158 Insgesamt sind von ihm nicht weniger als fünf Dissertationen zufinden.159 Die fünfte erscheint in einer Bibliographie von Ploucquet, erschienen in Strassburgim Jahre 1634.160 Ein amüsantes Detail: Ludwig Kepler161, Johannes’ Sohn, unterzog sich1613 in Strassburg einer Disputation in Medizin bei eben dem genannten Melchior Sebitzjunior.162 Haben also Wolrad Engelhard Feselius und Ludwig Kepler um 1631-1633gemeinsam die Schulbank in der medizinischen Fakultät Strassburg gedrückt? 163.

153 Die Filiation ist durch die Widmung seiner ersten Dissertation (s.u.) an Christoph Waldeck(als seinem Schwager) gesichert.154 Knod 1929, S. 291; [W.E. FESEL], 1629, Disputatio Rhetorica secunda de cuius subjectisThesibus... Praeside M. Johan Conrado Dannhawero... respondere conabitur Wolradus Engelhardus Fesel,Durlaco-Marchicus (Argentorati: E. Welper, 1629). [VD17 = 7:636783U]. Exemplare u.a.: BNU Strasbourg(cote = Bh 113.903); NSU Göttingen [= 8 SVA III, 2670: 15 (31,2)].155 VD17 7:636783U156 [W.E. FESEL], 1632a, Disputatio ex Arte Parva Galeni XI. In Alma ArgentoratensiumAcademia proposita, Praeside Melchiore Sebizio, Doctore ac Professore Medico... (Argentorati: Welperus,1632). [VD17 = 3:624378S]; [W.E. FESEL], 1632b, Disputatio ex Arte Parva Galeni XXIII. In AlmaArgentoratensium Academia proposita, Praeside Melchiore Sebizio, Doctore ac Professore Medico...(Argentorati: Welperus, 1632). [VD17 = 3:624409K]. Exemplare u.a.: M. Sebitz, Galeni Ars parva indisputationes triginta resoluta (Argentorati: E. Welper, 1632-1633): British Library (cote = 774.b.13); BNPortugal (= S.A. 7557 P); ULB Halle/Saale (= an Ud 2663).157 Sohn des Melchior Sebitz senior (1539-1625). Zu Sebitz (Sebisch, Sebizius) Vater und Sohnsiehe Hirsch, Biographisches Lexikon der hervorragender Ärtze, Bd. 5 (München; Berlin: Urban &Schwartzenberg, 1962), S. 196; Anton Schindling, « L'école latine et l'Académie de 1538 à 1621 », in: Schang etLivet, Histoire du Gymnase Jean Sturm (Strassburg: Oberlin, 1988), S. 90-92; Héran, Hrsg., Histoire de lamédecine à Strasbourg (Strasbourg: La Nuée bleue, 1997), S. 107-109.158 Karl Gustav Fecht, Geschichte der Stadt Durlach (Heidelberg: A. Emmerling, 1869), S. 637,erwähnt «Dr. Fesel, Physikus» im Jahr 1637 und laut Generallandesarchiv Karlsruhe, E-Mail vom 30.1.2009bezieht sich dies auf W.E. Fesel.159 [W.E. FESEL], 1633, Prodromi examini vulnerum singularum humani corporis partium,quatenus vel lethalia sunt & incurabilia: vel ratione eventus salutaria & sanabilia. Pars II, Affectus quivulneribus superveniunt et causas eorum exponens, respondante Wolrado Engelhardo Feselio, DurlacensiMarchico. (Argentorati: E. Welper, 1633). [VD17 = 12:174587G]. Exemplare u.a.: BS München (4 Diss. 3536,1); NSU Göttingen [= 8 MED CHIR II, 58030 (3)]; 2 Exemplare in Paris BNF [8- TH STRASBOURG- 154 <Pièce 49 >; und 4- TD77- 109 (2)]. Die British Library [1179.i.5. (34.)] und die BNF Paris [4- TD77- 110 (1-4)] erwähnen ein Dokument gleichen Titels, aber datiert 1639. Vielleicht ein Wiederabdruck.160 Wilhelm Gottfried Ploucquet, Literatura medica digesta sive repertorium medicinae practicae,chirurgiae atque rei obstetriciae, tomus III, M-Q (Tubingae: Cotta, 1809), S. 389: « Feselius. Diss. de plevritidelegitima. Argent. 1634 ». Laut Angaben der BNF könnte es sich um die Doktorarbeit Fesels handeln: Disputatioinauguralis medica de Pleuritide legitima, quam... publico et solenni philiatrorum examini submittit WolradusEngelhardus Feselius. (Argentorati 1634). Paris BNF [8- TH STRASBOURG- 152 (84)].161 Zu Ludwig Kepler (*21.12.1607 +15.09.1663), siehe Friedrich Seck, in: Wilhelm SchickardBriefwechsel (Stuttgart; Bad Cannstatt: Fromman-Holzboog, 2002), Bd. 2, S. 662: « Matr. Altdorf 10.5.1626,Tübingen 27.11.1626, Bacc. 14.3.1627, Mag. 11.2.1629, Abgangszeugniss 8.4.1629, Strassburg 18.7.1631[med.], Basel Aug. 1631, Genf 13.5.1633, Dr. Med. Padua 1638; Arzt in Königsberg 1633, Lübeck 1656. »162 Siehe folgendes Dokument in der BNU Strasbourg (Sign. = C 122.556): Liber Galeni deSymptomatum caussis secundis: in theses contractus, et publicè ac solennis execritij gratiâ in inclytaArgentoratensium Academia ad disputandum propositus a Melch. Sebizio, respondente M. Ludovico Kepplero(Argent.: Welper, 1631). <Betz 851>163 Knod, Die alten Matrikeln der Universität Strassburg, 1621 bis 1793, 3 Bde (Strassburg: K. J.Trübner, 1897-1902). Zu W.E. Feselius, siehe Bd. I, S. 291, Matricula studiosorum Philosophiae, 1628-1629:« März 16. [1628]. [n° 583] 18. Wolradus Engehardus Fesel, Durlacensis. » Dann Bd. II, S. 128, Matriculacandidatorum Medicina, 1633: « Dez. 21. [1633]. 53. Wolradus Engelhardus Feselius, Durlaco-Marchicus. ». zu

Vermutet werden kann, dass der Laurentius Fesel «Durlachianus», der am 23.10.1651 in dieVII. Klasse der Lateinschule in Strassburg aufgenommen wird, ein Sohn Wolrad Engelhards(und Enkel Philipps) gewesen ist. 164 Am 2. Juli 1663 immatrikulierte er sich als LaurentiusChristianus Feselius «Durlaco-Marchicus» an der Universität in Strassburg und am 7.9.1665ebenso in Basel.165 Mit ihm verliert sich die Spur der Fesels in Durlach.

Schluss

Sicherlich ist Philipp Fesel kein Astronom oder überhaupt Wissenschaftler gewesen.Trotzdem wird ihm die bisherige Rezeption auch nicht gerecht. Fesel hat sich nicht nur«zufällig» auf das Gebiet der Astronomie / Astrologie verirrt, die dort behandelte Fragestel-lungen hatten in seiner Zeit unmittelbaren Bezug zu seiner Profession, der Medizin. Und trotzseiner stark religiös geprägten Argumentation – kein Wunder in seiner, von Fragen derReligion geradezu aufgeladenen Zeit – zeigt er durchaus auch Ansätze zu moderner,wissenschaftlicher Argumentation. Und hierzu hatte ihn sein akademischer Werdegangdurchaus befähigt. Es ist wohl nicht so, dass Fesel kein Wissenschaftler sein konnte, er wolltees nicht. Stattdessen hat er zielstrebig auf die Position des Arztes durchaus inherausgehobener Position) hingearbeitet und seine Studienorte und seine Studienkollegenentsprechend ausgewählt. Doch verglichen mit seiner «Peer group», also etwa AntoniusBattus, der einen sehr ähnlichen Werdegang aufweist – Sohn bürgerlicher Eltern – Studiumu.a. in Padua und Basel – Medicus an einem fürstlichen Hof – sticht Fesel dadurch hervor,dass er sich eben doch in die wissenschaftliche Debatte einschaltete. Battus tat dies nicht,auch wenn in seinem Umfeld die Astrologie ebenfalls eine Rolle spielte und mit Tycho Braheein potentieller Diskussionspartner durchaus zur Verfügung stand. Und so verdient Fesel ebendoch eine Erinnerung als eigenständiger Denker und Mensch, nicht nur als Hintergrund fürdie Lichtgestalt Keplers.

(Zusammenfassung)Philipp Feselius : einige Daten

1580 (6.8.): Immatrikulation in Tübingen (Fußnote 4)1587: Mag. in Strassburg (Fußnote 17)1588: Immatrikulation in Rostock (Fußnote 16)1590: Immatrikulation in Padua (Fußnote 19)1591 (30.5.): Feselius unterschreibt im Stammbuch des Jakob Gottberg (Fußnote 88)1591 (18.6.): Episode in Padua (Fußnote 42)1591 (29.7.): Feselius spendet 2 Bücher für die die Bibliothek der deutschen Nation in Padua

(Fußnote 39)

Ludwig Kepler siehe Bd. II, p. 12, Matricula studiosorum Medicinae, 1631: « Jul. 18. [1631]. 3. M. LudovicusKepplerus, Pragâ-Bohemus Med. Stud. »164 Groupe des professeurs de l’école a l’occasion de son 40 centenaire: Matricula ScholaeArgentoratensis. 1621 – 1721 (Strasbourg: Fides; Paris: Droz, 1938), S. 102. Ob es sich bei dem Joh. CarolusFESEL, Argentoratensis, der sich 1693 dort einschreibt (ebenda, S. 210) oder dem Joh. Daniel FESELFrancofurtensis, der dies 1700 tut (ebenda, S. 229), um Angehörige derselben Familie handelt, ist ohne weitereQuellen nicht zu ermitteln..165 Die Matrikel der Universität Basel; hrsg. Hans Georg Wackernagel. Bd. 3, 1601/02-1665/66(Basel: Verlag der Universitätsbibliothek, 1962), S. 590: « [7.] Septembris [1665]. [...] n° 18. LaurentiusChristianus Fesel, Durlaco-Marchicus - 2 lb. 1663. 2. VII. Strassburg (L. Chr. Feselius, D. stud. iur.)Matr. Strassb. 2, 276»

1592 (3. 2.): Immatrikulation in Basel (Fußnote 45)1592 (Feb.): Dr. in Basel, Theses de haemoptysi... (Fußnote 48)1592 (4. Kaland. Juni) : Feselius unterschreibt im Stammbuch des Rolandus De Weerd

(Fußnote 91)1596 (25.8.): Geburt von Ottilia Fesel, Tochter von Philipp Feselius und Maria Heinmund[in]

(Fußnote 117, 152)1599 (23.4.) Feselius wird Hofazt bei Georg Friedrich (Fußnote 126)nach 1604: Feselius unterschreibt im Stammbuch des Paul Jenisch (Fußnote 113)vor 1609: Feselius’ erste Frau, Maria Heinmund[in], stirbt (Fußnote 151)1609: Gründtlicher Discurs... (Fußnote 131)1610 (Sept.): Tod von Philipp Feselius, laut Schaerer (Fußnote 141)1614: Ottilia Fesel heiratet Christoph Waldeck (Fußnote 143)1619: Geburt Wolrad Waldeck, Sohn von Ottilia Fesel und Christoph Waldeck (Fußnote 145)1629 (März): Wolrad Engelhard Fesel schreibt sich in der Universität Strassburg ein. (Fuß-

note 154)1632 : Wolrad Engelhard Fesel Dr. med. in Strassburg (Fußnote 156)1633 (15.9.): Philipp Feselius’ zweite Frau, Maria Franckenberger, stirbt in Mengeringhausen

(Fußnote 152)1637: Dr. Wolrad Engelhard Fesel, Artzt in Durlach (Fußnote 158)1658 (10 April): Tod von Ottilia Fesel in Mengeringhausen (152)