J. Schneeweiß, Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe. Ein...

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Slawen an der Elbe Herausgegeben von Karl-Heinz Willroth und Jens Schneeweiß

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Slawen an der ElbeHerausgegeben

von Karl-Heinz Willroth und Jens Schneeweiß

Götting er Forschung en zur Ur- und Frühg eschichte

Band 1

Herausgegeben von Karl-Heinz Willroth für das Seminar für Ur- und Frühgeschichte

der Georg-August-Universität Göttingen

Götting en

2011

WACHHOLT Z

Slawen an der Elbe

Herausgegeben

von Karl-Heinz Willroth und Jens Schneeweiß

mit Beiträgen von

Hans-Jürgen Beug, Heike Kennecke, Sophie Linnemann, Peggy Morgenstern, Martin Posselt,

Sébastien Rossignol, Thomas Saile, Thomas Schatz, Jens Schneeweiß und Karl-Heinz Willroth

Sonderdruck aus

Gefördert durch das Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Georg-Augst-Universität Göttingen und die Landschaft des vormaligen Fürstentums Lüneburg und den Heimatkundlichen Arbeitskreis Lüchow-Dannenberg

Redaktion: Heinz-Peter Koch, Jens Schneeweiß, Karl-Heinz Willroth

ISBN 978 3 529 01561 8

© 2011 by Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Universität GöttingenUmschlagfoto: © Fred Ruchhöft 2007

Alle Rechte, auch die des gesamten Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung vorbehalten

Wachholtz Verlag Neumünster 2011Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier

Vor wort des Herausg ebers

Mit der Herausgabe dieser neuen Reihe möchte das Seminar für Ur-und Frühgeschichte der Ge-org-August-Universität Göttingen eine Lücke fül-len. Während die vom Seminar herausgegebenen, etablierten Reihen „Göttinger Schriften zur Vor- und Frühgeschichte“ sowie „Neue Ausgrabungen und Forschungen in Niedersachsen“ primär an ein fachwissenschaftliches Publikum gerichtet sind, wollen wir mit den „Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte“ auch eine breitere Öf-fentlichkeit erreichen. Im Zentrum der einzelnen Bände sollen jeweils Forschungsschwerpunkte des Seminars stehen. Diese in der Regel mit umfang-reichen Geländearbeiten verbundenen Projekte stoßen nicht nur in den einzelnen Regionen, son-dern weit darüber hinaus auf ein lebhaftes Interes-se, dem wir mit einer resümierenden Publikation entgegen kommen wollen, sei es nun in der Dar-stellung des Arbeitsstandes oder in einer vorläufi-gen Gesamtschau. Diese Verpflichtung sehen wir umso mehr, als alle diese größeren und kleineren Untersuchungen nicht ohne die finanzielle Unter-stützung Dritter möglich sind. Hierzu gehören zu-nächst die etablierten Fördereinrichtungen, für die auf Bundesebene die Deutsche Forschungsgemein-schaft eine heraus ragende Stelle einnimmt. Das Land Niedersachsen unterstützt im Rahmen ei-ner besonderen Förder linie, PRO*Niedersachsen, die Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften. Daneben kann aber das Engagement der kommu-nalen Einrichtungen, sei es der Kreise, Städte und Gemeinden, aber auch die vielfältige Unterstüt-zung sonstiger Einrichtungen und auch einzelner Personen nicht hoch genug eingeschätzt werden. Insofern verstehen wir die Publikation auch als Möglichkeit, allen diesen Förderern unseren Dank auszudrücken.

Mit dem ersten Band wenden wir uns einem al-ten Forschungsschwerpunkt des Göttinger Semi-nars zu. Bereits der erste Lehrstuhlinhaber, Herbert Jankuhn, lenkte in den 1960er Jahren den Blick auf das Hannoversche Wendland und initiierte ein Pro-gramm zur Frühgeschichte des nordöstlichen Nie-dersachsens „Germanen – Slawen – Deutsche“, das aber aus unterschiedlichen Gründen nur in Teilbe-reichen weit vorangetrieben werden konnte. In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hat sich besonders Bernd Wachter um die Erforschung der Frühgeschichte im Kreisgebiet Lüchow-Dannen-berg verdient gemacht. Teilweise auf diese Arbeiten aufbauend haben wir uns in einem multidisziplinä-ren Forschungsverbund zusammen mit dem Lan-desdenkmalamt Brandenburg und dem Landesamt für Denkmalpflege Mecklenburg wiederum dieser Region und nördlich der Elbe angrenzenden Gebie-ten zugewandt. Die Ergebnisse der mehrjährigen, 2010 beendeten Untersuchungen sollen mit einem Focus auf das Hannoversche Wendland und das dem Höhbeck nördlich der Elbe gegenüber liegen-de Gebiet um Lenzen in einem ersten Resümee hier vorgestellt werden. Den Autoren danke ich für ihre Beiträge. Redaktion und Druckvorbereitung lagen in den Händen von Heinz-Peter Koch. Frau Henny Piezonka übersetzte mehrere Zusammenfassungen.Beim Wachholtz Verlag betreute Frau Renate Braus den Druck. Auf Vermittlung von Wolfgang Jürries förderten die Landschaft des vormaligen Fürsten-tums Lüneburg und der Heimatkundliche Arbeits-kreis Lüchow-Dannenberg die Drucklegung. Allen bin ich hierfür ganz besonders verbunden.

Göttingen, im September 2011

Karl-Heinz Willroth

Inhaltsverzeichnis

Karl-Heinz Willroth „Germanen – Slawen – Deutsche...“ – Eine unendliche ForschungsgeschichteInterdisziplinäre Forschungen zum frühen und hohen Mittelalterim Hannoverschen Wendland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Sébastien RossignolAufstieg und Fall der Linonen. Misslungene Ethnogenese an der unteren Mittelelbe. . . . . . . . . . . . 15

Heike KenneckeDie slawenzeitliche Befestigung von Lenzen an der Elbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Jens SchneeweißSachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe. Ein Vorbericht zu den Ausgrabungen des Göttinger Seminars für Ur- und Frühgeschichte am Höhbeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Martin Posselt/Jens Schneeweiß Die geophysikalischen Prospektionen der Jahre 2005/2006 am Burgwall von Meetschow . . . . . . . 103

Peggy MorgensternDie Tierknochenfunde von Meetschow im Wandel der Besiedlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

Thomas SchatzBodenkundlich-geoarchäologische Untersuchungen zur historischen Gewässerdynamik in der Aue der unteren Mittelelbe (Lkr. Lüchow-Dannenberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Sophie Linnemann Die slawischen Befunde am Hitzacker-See, Ldkr. Lüchow-Dannenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

Thomas Saile Eine Prognosekarte über slawische Siedlungen im unteren Mittelelbegebiet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Hans-Jürgen BeugUntersuchungen zur Vegetationsgeschichte im Hannoverschen Wendland unter besonderer Berücksichtigung des slawenzeitlichen Mittelalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

Karl-Heinz Willroth Neue Untersuchungen zur Frühgeschichte der Slawen an der unteren Mittelelbe.Stationen der Geschichte von der Völkerwanderungszeit bis zum hohen Mittelalter im Hannoverschen Wendland und angrenzenden Gebieten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

57Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011 57Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe.

von Jens Schneeweiß

Höhbeck-Kastell, Meetschow, Schezla, Lenzen, Burgenbau, Siedlung, Handel, Elbe

Die Ausgrabungen am Höhbeck erlauben weitreichende Rückschlüsse auf den Gang der Geschichte im Früh-mittelalter. In Meetschow befand sich im 8. Jh. eine sächsische Siedlung, bei der es sich um den 805 erwähnten Grenzhandelsort Schezla handeln könnte. Sie wurde gleichzeitig mit dem Höhbeck-Kastell befestigt. Noch vor 850 wurden beide aufgelassen. Seither war das linkselbische Gebiet slawisch. Ein sächsisch-fr änkischer Einfl uss zeigt sich erst wieder im 10. Jh., als die Burgwälle in Meetschow und im Elbholz in der so genannten ‚Schlacht bei Lenzen’ des Jahres 929 zerstört werden. Im 10./11. Jh. kam es zu einer Blütezeit des Burg-Siedlungs-Komplexes im Seegemündungsgebiet.

Saxons, Franks, Slavs – On the history of a border region by the Elbe river. A preliminary report on the excavations by the Pre- and Protohistoric Seminar Göttingen on the Höhbeck.

Höhbeck fort, Meetschow, Schezla, Lenzen, fort building, settlement, trade, Elbe

Th e excavations on the Höhbeck enable far-reaching conclusions about the course of Early Medieval history. In Meetschow, a Saxon settlement existed during the 8th century which might be identifi ed as the border trading post of Schezla which is mentioned in the sources in AD 805. It was fortifi ed at the same time as the Höhbeck fort. Both were abandoned not later than AD 850. From then on, the region left of the Elbe was in Slavic hands. A Saxon-Frankish infl uence only starts to appear again in the 10th century when the forts in Meetschow and the Elbholz were destroyed in the course of the so-called “Battle of Lenzen” in AD 929. In the 10th/11th centuries the fort-settlement complex by the mouth of the Seege river reached its peak.

Saxons, Francs, Slaves – de l’histoire d’une région ­ ontale auprès de l’Elbe. Un rapport préliminaire des fouilles du Séminaire préhistorique et protohistorique de Göttingen autour du « Höhbeck ».

castellum Höhbeck, Meetschow, Schezla, Lenzen, fortifi cation, habitat, traite, Elbe

Les fouilles autour du « Höhbeck » permettent des conclusions importantes sur l’histoire de l’occupation de la région pendant le premier Moyen Âge. À Meetschow, on a découvert un habitat saxe du VIIIe siècle, qu’il est possible d’identifi er comme Schezla. Ce dernier, connu de sources écrites datant de 805 comme un poste de traite fr ontalier, n’avait pas encore été localisé. L’habitat de Meetschow semble être fortifi é en même temps que le castellum hohbuoki, situé seulement à 3 km du site qui nous intéresse. On sait qu’ils sont tous les deux aban-donnés avant la moitié du IXe siècle. Ensuite, la rive gauche de l’Elbe accueille des Slaves. C’est seulement à partir du Xe siècle que l’on reconnaît une infl uence saxo-fr anque, au moment où les fortifi cations circulaires slaves à Meetschow et dans l’Elbholz sont détruites, pendant la «bataille de Lenzen» en 929. Enfi n, les Xe et XIe siècles ont vu l’apogée du complexe de fortifi cation et des habitats près de la bouche de la Seege dans l’Elbe.

Ein Vorbericht zu den Ausgrabungen des Göttinger Seminars für Ur- und Frühgeschichte am Höhbeck

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1 Einleitung

Die Forschungen des Seminars für Ur- und Frühgeschichte der Universität Göttingen am Höhbeck wurden seit 2005 von der DFG geför-dert. Sie fanden im Rahmen eines Projektpakets statt, das der slawenzeitlichen Besiedlungsge-schichte an der unteren Mittelelbe, also gleich-sam an der westlichen Peripherie der slawischen Welt, gewidmet war (vgl. Beitrag Willroth). Unter den vielfältigen damit verbundenen Fra-gestellungen sollen im Folgenden vor allem die Verknüpfung mit der Ereignisgeschichte und mit den naturräumlichen Veränderungen im Vordergrund stehen, da hierzu bereits rich-tungsweisende Ergebnisse vorliegen.

Der Höhbeck ist eine saalezeitliche Erhebung im Urstromtal der Elbe, das hier bis zu 12 km breit ist. Mit einer Höhe von 75 m ü NN erhebt er sich etwa 60 m über die umliegende Auenlandschaft und stellt somit eine wichtige Landmarke dar (Abb.  1). Der heutige, eingedeichte Flussverlauf der Elbe umfließt ihn nördlich, doch belegen zahl-reiche Niederungen und Altarme, dass der Fluss vor dem Deichbau die gesamte Breite des Elbtals einnahm und den Höhbeck zeitweise auch südlich umfloss (Schneeweiß in Vorb.). Die Seege wie auch die rechtselbische Löcknitz sind demnach als alte Elbverläufe zu werten. Besonders der Deich-bau seit dem 12. Jh. hat zu gravierenden Verän-derungen des Naturraums geführt, der seither als vergleichsweise stabil anzusehen ist. Zuvor waren die hier lebenden Menschen ständig mit der hoch-dynamischen Flusslandschaft konfrontiert, wofür

im Rahmen der hier vorgestellten Untersuchun-gen bereits zahlreiche Belege gefunden werden konnten (vgl. Beitrag Schatz).

Die Elbtalaue um den Höhbeck bildete in allen ur- und frühgeschichtlichen Epochen ein bevorzugtes Siedlungsgebiet (Schnee-weiß 2010a). Dafür ist sicherlich vor allem seine verkehrstopographisch-strategisch her -vorragende Lage verantwortlich zu machen. Das Siedlungsverhalten unterschied sich dabei allerdings in den einzelnen Epochen. Während beispielsweise für die Römische Kaiserzeit auf dem Höhbeck selbst eine dichte Besiedlung nachgewiesen ist (Nüsse 2008, 279 Karte 2), finden sich im Frühmittelalter auf der Höhe keine Siedlungsspuren mehr – abgesehen von zwei Befestigungen, für deren Standort aller-dings die strategische Position ausschlaggebend war. Die slawischen Fundplätze liegen am Fuße des Höhbecks immer in Niederungsnähe. Diese Unterschiede in der Standortwahl der Siedlun-gen sind allerdings am Höhbeck nicht singulär, sondern kennzeichnend für das generelle Siedel-verhalten in der jeweiligen Epoche.1

Auffällig ist die hohe Dichte der frühmittelal-terlichen Befestigungen, die sich auf und um den Höhbeck befinden, sowie die verhältnismäßig große Zahl der Siedlungen, und zwar auf beiden Seiten des Elbestroms (vgl. Abb. 1). Darin schlägt sich die recht große Bedeutung nieder, die dieser Grenzregion vom Frühmittelalter bis zur hoch-mittelalterlichen Ostsiedlung zukam.

1 Vgl. dazu beispielsweise die diachrone besiedlungsgeschichtliche Un-tersuchung des Werders bei Neubrandenburg (Schneeweiß 2003).

Abb. 1: Übersichtskarte über die frühgeschicht-lichen Fundplätze der

Höhbeckregion. Südlich der Elbe (Niedersachsen): 1-

Meetschow 1, 2 - Höhbeck-Kastell, 3 - Schwedenschan-

ze, 4 - Burgwall Elbholz, 5 - Vietze 67, 6 - Vietze 63,

7 - Brünkendorf 13, 8 - Laasche 1, 9-10 - Restorf 4, 11-13 - Restorf 3, Restorf 9,

Restorf 36 (Grafik: H. Marx/M. Pahlow).

Jens Schneeweiß

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Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

Abb. 2: Luftbild der Seegemündung in die Elbe westlich des Höhbecks. Im Vordergrund die Meetscho-wer Burg am Ufer der zum Laascher See aufgestauten Seege mit den Grabungs-schnitten 2007, links das Rundlingsdorf Vietze, jen-seits der Elbe das Städtchen Lenzen. Auf dem Höhbeck sind noch beide Sendemas-ten der Funkstelle zu sehen, der linke wurde 2009 abge-brochen (Foto: F. Ruchhöft).

Dem Rechnung tragend haben sich schon et-liche Forscher mit diesem Raum aus archäologi-scher Perspektive befasst.2 Erschwert wurden die Forschungen lange Zeit dadurch, dass die Elb-talaue bis in die Gegenwart eine Region an einer Grenze geblieben war, die zeitweise unüber-windlich schien. In der Konsequenz blieben die Forschungen meist auf eine Elbseite beschränkt, was jedoch nicht der historischen Realität ent-sprach. Nicht zuletzt durch die Forschungen des DFG-Projekts „Slawen an der unteren Mit-telelbe“ wurde deutlich, dass beide Seiten der Elbtalaue am Höhbeck als eine siedlungsto-pographische, naturräumliche und historische Einheit zu verstehen und zu untersuchen sind, wofür durch die Bündelung mehrerer Teilpro-jekte der zeitgemäße Rahmen gegeben war. Im Folgenden werden die wichtigsten Ausgrabun-gen der letzten Jahre auf niedersächsischer Seite vorgestellt, wobei für die historisch-archäologi-sche Interpretation immer wieder „elbübergrei-fend“ argumentiert werden muss.

2 Die Ausgrabungen

2.1 Seegemündungsgebiet

2.1.1 MeetschowDie Burganlage von Meetschow liegt in einer

ehemaligen Halbinselsituation in der Seegenie-

2 So beispielsweise C. Schuchhardt, E. Sprockhoff, H. Jankuhn, O. Harck oder H. Steuer, um nur einige zu nennen, vgl. auch Saile 2007, bes. 80-83.

derung am linken Ufer des Laascher Sees in etwa 1 km Entfernung zur heutigen Mündung der Seege in die Elbe (Abb.  2). Sie ist seit lan-gem bekannt3 und war bereits des öfteren Ge-genstand von archäologischen Untersuchungen (Grenz 1961, 43-44; Steuer 1973a; 1974a; 1976), so dass ihre frühmittelalterliche Zeitstel-lung als gesichert gelten konnte. In drei Ausgra-bungskampagnen 2005, 2006 und 2007 wurden im Rahmen des Projekts insgesamt ca. 1.000 m2 untersucht, wobei der Schwerpunkt auf dem Bereich der Vorburgsiedlung lag. Die Ergebnis-se der Ausgrabungen, verbunden mit geophysi-kalischen Prospektionen (vgl. Beitrag Posselt/Schneeweiß), haben unser Bild dieses Platzes grundlegend verändert (Abb. 3).

Heute lassen sich im Gelände durch erhebli-che Bodeneingriffe lediglich schwache Spuren der ursprünglichen Anlage erkennen. Im nördli-chen Teil der Halbinsel erhebt sich ein ehemals rundlicher Hügel, der anhand seiner Größe und Form als Turmhügel vom Typ einer Motte mit Doppelgraben identifiziert werden kann. Er trägt noch immer den Flurnamen „Die Burg“. Etwa 100  m weiter südlich haben sich erkenn-bare Reste eines Grabens erhalten, dem schach-brettartig angeordnete Strukturen aus Senken und Erhebungen vorgelagert sind, die jüngst als so genannte Reiterhindernisse angesprochen wurden (Heine 2007; in diesem Sinne auch Saile 2007, 91). Das gesamte Gelände dazwi-

3 Bereits in der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1776 ist sie mit der Bezeichnung die „Burg“ eingetragen (Bernatzky-Goetze 1991, 232).

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Abb. 3: Meetschow, Fpl. 1. Magnetogramm und Lageplan der Grabungsschnitte. Deutlich zu erkennen sind die Wallverläufe der großen Befestigung (Nordwall, Südwall) sowie der neu entdeckte Ringwall Meetschow II (Grafik: P. Fleischer).

Jens Schneeweiß

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Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

schen ist eingeebnet worden, so dass sich in die-sem Bereich keinerlei oberflächlich erkennbare Siedlungsspuren erhalten haben. Demzufolge wurde immer davon ausgegangen, dass es sich hier um eine Abschnittsbefestigung handel-te, die die Halbinsel abriegelte und derart die Vorburg und die eigentliche Befestigung an der Spitze der Halbinsel sicherte (z. B. Bernatz-ky-Goetze 1986; 1991; Saile 2007, 91). Das Ergebnis der geophysikalischen Prospektion war insofern überraschend, da sich hier nun ein grundlegend anderes Bild der Gesamtanlage dar-stellte (Abb. 3). Ein am südlichen Rand des Vor-burgbereichs gelegenes Plateau offenbarte sich als zweiter Ringwall (Meetschow II), der aller-dings fast zur Hälfte bereits zerstört worden war. Offensichtlich war er weggespült worden, denn er grenzt östlich an die deutliche Böschung des Laascher Sees. Parallel zum – teilweise im Ge-lände noch erhaltenen – Graben zeichnete sich ein offensichtlich abgebrannter Wall ab, dessen Verlauf allerdings nicht die Halbinsel abriegel-te, sondern auf den Turmhügel (bzw. den darin steckenden slawischen Ringwall – Meetschow I) Bezug nahm. Des Weiteren erwies sich der Vorburgbereich auch von Norden durch einen Wall gesichert, der die beiden Ringwälle nörd-lich miteinander zu verbinden schien. Bereits im Mag netbild wurde deutlich erkennbar, dass die zahlreichen Befunde klar auf den Bereich zwi-schen Nord- und Südwall beschränkt blieben.

Die mittelslawische Besiedlung ist durch die Befestigungen Meetschow I und Meetschow II charakterisiert. Das zugehörige Vorburgareal

Abb. 4: Meetschow, Fpl. 1. Funde aus der slawischen Kulturschicht des 10. Jh. Eiserner Stachelsporn (links) und zwei Fragmente eines bronzenen Reitersporns (Mitte), M 1:2; rechts: Buchschließe mit Goldauflage (oben), Bernsteinperle (Mitte) und Knochenkamm (unten);

M 1:1 (Fotos: H. Marx).

zwischen den Burganlagen war besiedelt, die er-haltenen Siedlungsspuren jedoch verhältnismäßig dürftig. Einige der ergrabenen Gruben können als gering eingetiefte Grubenhäuser angesprochen werden, der Zweck anderer Gruben muss offen bleiben (Vgl. weiter unten Abb. 18b).

Zahlreiche mittelslawische Funde konnten hauptsächlich aus den oberen Schichten ge-borgen werden. Hierbei handelt es sich um Reste der Kulturschicht des ausgehenden 9. bis 10. Jh., die sich nur selten von einer so genann-ten Planier schicht trennen ließ. Bronzebeschlä-ge, Reitersporen - darunter einer aus Bronze -, eine Bernsteinperle sowie als Import anzuspre-chende gelbe Irdenware belegen die Bedeutung der Burganlage im 10. Jh. (Abb. 4). Der größte Teil des Vorburggeländes (inklusive Burg II) ist zu einem unbekannten Zeitpunkt eingeebnet worden, wahrscheinlich um das Gelände acker-baulich zu nutzen.4 Dabei kam es bis zu einem gewissen Grad zu einer Durchmischung und Verlagerung der zugehörigen Kultur schicht. Interessant war die Beobachtung, dass diese Planier-/Kulturschicht teilweise bereits wieder von Auelehm bedeckt ist, was auf einen größe-ren Materialauftrag durch Überflutung nach der Einebnung verweist.

Überraschend war die Entdeckung eines Fass-brunnens, der eine ausgesprochen kleine Bau-grube aufwies (Abb. 6). Seine Fassdauben waren im unteren Bereich noch in Holz erhalten. Der

4 Einen Hinweis auf die Datierung der Einebnungsarbeiten gibt der Umstand, dass sie sich eindeutig an den auch heute noch aktuellen Flurstücksgrenzen orientierten.

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Brunnen konnte leider nicht bis zur Sohle do-kumentiert werden, da die eingesetzte Pumpe dem hohen Wasserstand letztlich unterlag und einstürzende Profile weitere Maßnahmen verei-telten. Die Brunnensohle lag ca. 3,60  m unter der Geländeoberkante, das als Brunnen verwen-dete Fass wies einen durchschnittlichen Durch-messer von 0,60-0,65  m auf. Leider enthielt der Brunnen nur wenig Fundmaterial, darunter Holzabfälle, einzelne Knochen und Scherben. Die dendrochronologische Untersuchung ergab kein konkretes Fälljahr, sondern nur einen ter-minus post quem 810/813.5

5 Dendrochronologisches Labor des Deutschen Archäologischen In-stituts, Dr. K.-U. Heußner. Labornummern: Berlin C 48348 (Eiche; Fälldatum: um/nach 810), C 48349 (Eiche; Fälldatum: um/nach 810), C 48357 (Eiche; Fälldatum: um/nach 813).

Abb. 5: Meetschow, Fpl. 1. Erhaltene Hölzer der Rostkonstruktion im Kern des Ringwalls von

Meetschow I. Dendrochro-nologisch konnte der Baube-ginn in das Jahr 906 datiert

werden (Foto: Verf.).

Jens Schneeweiß

Meetschow IDie Grabungen setzten im Herbst 2005 zu-

nächst an dem bekannten Burgwall-Turmhügel an, den bereits H. Steuer 1973 untersucht hatte (Steuer 1974a; 1976; Bernatzky-Goetze 1991). Er wird hier als Meetschow I bezeich-net, während der neuentdeckte Ringwall die Bezeichnung Meetschow II trägt. Seinerzeit war eine absolute Datierung von Meetschow  I trotz Holzerhaltung nicht gelungen; diesem Missstand sollte nun durch verbesserte Da-tengrundlage Abhilfe geschaffen werden. Im Herbst 2005 wurde ein 35 x 4 m großer Schnitt innerhalb der Befestigung Meetschow I ange-legt. Wie erwartet war der gesamte Wallfuß unterhalb 15  m ü NN noch in Holz erhalten (Beilage 1). Sehr gut ließen sich die Bauphasen mit jenen von H. Steuer ergrabenen korrelie-ren, auch die Befunde entsprachen weitgehend jenen von 1973 (Bernatzky-Goetze 1991). Damals waren jedoch breite Querprofilstege stehen gelassen worden, die durch das Abbö-schen im unteren Bereich mehrere Meter Mäch-tigkeit erreichten. Dadurch waren H. Steuer seinerzeit einige wesentliche Details entgangen. Im Wallkern konnte an dessen Basis eine Art Rostkonstruktion aus längsgespaltenen und geteilten Stämmen entdeckt werden (Abb.  5). Darunter befanden sich lediglich einzelne un-terschiedlich große Hölzer, z. T. ganze Stämme, die als Substruktion dienten. Nur die unterste Lage des Rostes war komplett in Holz erhalten, darüber waren die Hölzer weitgehend vergan-gen. Wahrscheinlich war der Wallkern nicht

Abb. 6: Meetschow, Fpl. 1. Fassbrunnen des

9./10. Jh. Profil (M 1:40). Die Brunnensohle wurde

nicht erreicht (Zeichnung: Verf.).

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Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

komplett in Rostkonstruktion ausgeführt, denn weiter oben waren auch größere Lehm- und Tonpackungen enthalten. Interessanterweise lag in diesem Rost, der die erste Phase der Wallan-lage darstellt, ein Ankerbalken mit Ösenende in sekundärer Verwendung. Offenbar handelt es sich hier um eine Spolie eines älteren Bau-werks. Dendrochronologisch konnte diese Ver-mutung leider weder bestätigt noch widerlegt werden, da sich das Stück nicht datieren ließ.6 Bislang steht aber immerhin fest, dass der Burg-wall Meetschow  I bereits im ersten Jahrzehnt des 10. Jh. angelegt worden ist.7 Die Rostkon-struktion lieferte ausreichend Hölzer, auch mit Waldkante, sodass die Datierung seiner Anlage ins Jahr 906 gesichert ist. Während die Hölzer für den unmittelbaren Wallkern 906 geschlagen wurden, liegt das Fälldatum der Bäume für die äußere Wallfront im Jahre 910 (Waldkante), die insofern vielleicht bereits eine erste Erweiterung oder Verbesserung darstellen könnte. Die Wall-front war als Plankenwand errichtet worden, und zwar aus großen Spaltbohlen als innere und äußere Wände, die durch Ankerbalken gesi-chert wurden. Der Kasten der Wallfront wurde mit Sand und Lehm gefüllt, die Ankerbalken hatten Ösenenden, durch die sie mit Hilfe senk-rechter Pfosten fixiert wurden. Im Unterschied zu bekannten ähnlichen Konstruktionsweisen, bei denen die Ösenbalken durch den gesamten Kasten laufen und jeweils außerhalb der Kas-

6 Frdl. Mitteilung Dr. H.-H. Leuschner, Göttingen.

7 Insgesamt wurden etwa 167 Hölzer beprobt, von denen zum gegen-wärtigen Zeitpunkt 58 datiert werden konnten. Die dendrochro-nologischen Untersuchungen wurden von B. Leuschner, DELAG, Göttingen durchgeführt.

tenwand fixiert werden, lag in Meetschow nur jeweils ein Ende außerhalb der Plankenwand (Abb. 7, 8). Die derart gebaute Wallfront wurde durch eine angeschüttete Berme gesichert, der durch schräg gestellte Pfosten Halt verliehen wurde. Sie verdeckte auch die aus der Wallfront herausragenden Ankerbalkenköpfe, wenigstens im unteren Bereich. Wenig später, im Jahre 915 (Waldkante), wurde vor die Bermensektion ein Flechtwerkzaun gesetzt (Abb.  7). Wahrschein-lich sollte er die Berme vor dem Verrutschen sichern, vielleicht stellte er aber auch ein zusätz-liches Annäherungshindernis dar.

Von besonderem Interesse ist die Datierung der ersten Ausbauphase, bei der über den älte-ren Graben und halb in den Flechtwerkzaun von 915 hinein eine weitere erdgefüllte Plan-kenwand vor die bestehende Wallfront gesetzt wurde. Das Bauholz dafür wurde im Jahre 929 geschlagen (Waldkante). Im selben Jahre fand im September die so genannte Schlacht bei Len-

Abb. 8: Ringwall Meet-schow I. Rekonstruktion der Bauweise der Wallfront (Phase 1-3) als Planken-wand aus Spaltbohlen mit Ösenbalken (Zeichnung: Verf.).

Abb. 7: Meetschow, Fpl. 1. Wallfront der Phase 1 des Ringwalls I mit Holzerhaltung im Planum. Rechts Reste der Plankenwand, davor schräg gestellte Hölzer der Ber-me sowie links Reste eines Flechtwerkzauns, zum Teil bereits überbaut von der Plankenwand der Phase 2 (Foto: Verf.).

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Jens Schneeweiß

zen statt, über die sowohl Thietmar von Mer-seburg (I/10) als auch Widukind von Corvey (I/36) berichteten. Ein Zusammenhang dieser Erweiterung der Burg mit den überlieferten Ge-schehnissen an der Elbe ist mehr als naheliegend (siehe unten). Die Bauphase von 929 ist die ein-zige, die Spuren einer Brandzerstörung zeigt. Es hat einige Zeit später, etwa um 940/50, noch eine Erweiterung gegeben. Wieder wurde ein Kasten in der selben Bauweise vor die bestehen-de Wallfront gesetzt. Im gleichen Zeitraum wur-de die älteste nachweisbare Burg in Lenzen auf der anderen Elbseite errichtet, in nur etwa 6 km Entfernung (vgl. Beitrag Kennecke). Im Gegen-satz zu den vorhergehenden Bauphasen, die sich – zumindest im Wallfußbereich – immer noch an Ort und Stelle befinden, stürzte diese letzte Wallfront in Plankenwandbauweise nach außen um. Es ist nicht sicher, wann dies geschah, aber Auslöser muss ein bedeutendes Ereignis von ei-niger Kraft gewesen sein, denn die ursprünglich senkrecht stehenden Verankerungspfosten der äußeren Plankenwand kamen nun gemeinsam mit dieser horizontal zu liegen (Abb.  9a und b). Die Burg wurde dann offenbar eine Zeitlang nicht benutzt, denn es gibt keine Anzeichen dafür, dass der Versuch einer Reparatur unter-nommen worden wäre. In den Jahrringkurven aus Meetschow lassen sich Hinweise auf ein Er-eignis finden, das offenbar von überregionaler Bedeutung war (da es auch andernorts ähnliche Hinweise gibt) und möglicherweise mit gravie-renden Veränderungen im Wasserhaushalt ein-herging (Leuschner u. a. in Vorb.). Auch die geoarchäologischen Forschungen im Untersu-chungsgebiet lieferten deutliche Hinweise dar-auf, dass es noch im 10. Jh. zu mehreren Starker-eignissen kam, die erheblichen Einfluss auf die Siedlungslandschaft gehabt haben können (vgl. Beitrag Schatz). Die Siedler waren gezwungen, auf häufigere Überflutungen zu reagieren. Es steht fest, dass sich erst am Anfang des 11. Jh., nämlich im Jahre 1014 (Waldkante), erneut eine

Abb. 9a, b: Meetschow, Fpl. 1. Ringwall I. a:

Umgestürzte Plankenwand der Phase 3 und schräg

gestellte Palisadenreihe der Phase 4 im Planum. b:

Detail der Plankenwand in situ (Fotos: Verf.).

Bautätigkeit direkt am Burgwall Meetschow I nachweisen lässt. Die teilweise erheblich ver-rutschten Schichten wurden nun durch schräg zum Wall stehende Palisadenhölzer gesichert, es handelt sich demnach um eine gänzlich an-dere Bauweise als zuvor zur Anwendung gekom-men war. Offensichtlich währte diese Phase des Meetschower Burgwalls aber nicht sehr lange. Für eine letzte Nutzungsphase wurde die brach-liegende Burg im 13. Jh. zu einem Turmhügel vom Typ Motte mit Doppelgraben umgebaut, die bis zur endgültigen Vernässung des Gelän-des durch den Deichbau im 14. Jh. als Adelssitz diente (Bernatzky-Goetze 1986, 199-200; 1991, 340-341; Saile 2007a, 94-95).

Meetschow IIDer zweite Ringwall, in etwa 100 m Entfer-

nung südlich von Meetschow I gelegen, ist durch die Planierarbeiten leider deutlich schlechter erhalten. Sein rekonstruierbarer Innendurch-messer beträgt etwa 45 m, die Fläche also etwa 0,16 ha. Der Wallfuß gründete etwa 1,6 m hö-her als der von Meetschow I, sodass er außer-halb des mittleren Grundwasserspiegels lag und dadurch leider kein Holz mehr erhalten war. Bemerkenswert ist der Umstand, dass größe-re Teile des Vorburg bereiches – und auch das Gelände unter Meetschow II – bewusst durch Bodenauftrag aufgehöht worden waren. Eine ältere Siedlungsschicht des 8. Jh. (siehe unten) war nämlich von einer bis zu 0,60 m mächtigen Sand-Lehm-Schicht überdeckt, auf der sodann der Ringwall Meetschow II errichtet worden war (Beilage 1). Möglicherweise kann darin eine Art Hochwasserschutzmaßnahme gesehen werden, die mit der Zerstörung von Meetschow  I in der zweiten Hälfte des 10. Jh. durch ein Stark ereignis in Zusammenhang stehen könnte. Der Wall Meetschow II wies am Fuß eine Breite von 7,5 m auf. Die Ausgrabungen brachten überwiegend mittelslawische Keramik vom Typ Menkendorf, aber auch vom Feldberger Typ zu Tage (Abb. 10).

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Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

Abb. 10: Meetschow, Fpl. 1. Ringwall II. Keramikauswahl aus den zugehörigen Siedlungsschichten; M 1:3 (Zeichnungen: S. Woditschka).

66 Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Jens Schneeweiß

Die Anlage gehört demnach wie Meetschow I in das 10. Jh., eventuell auch noch in das 9. Jh. Eine genauere Datierung gelingt momentan nicht. Der Versuch, erhaltene Holzkohlen dendrochronolo-gisch zu datieren, führte zu einem ähnlichen Er-gebnis. Demnach wurden die Hölzer nicht vor 897 geschlagen,8 der Bau erfolgte also wohl ebenfalls im 10. Jh., etwa zur gleichen Zeit wie der andere Burg-wall. Die These, dass die Anlage von Meetschow II

8 Die dendrochronologische Datierung der Meetschower Holzkohlen wurde von H.-H. und B. Leuschner durchgeführt: DELAG (Den-dro-Labor Göttingen): MEET_K-355N-070603 und MEET_K-355N_A-070603.

in Zusammenhang mit einer Hochwasserschutz-maßnahme nach der Zerstörung von Meetschow I steht, setzt seine Datierung in die zweite Hälfte des 10. Jh. voraus, eine frühere Datierung in die erste Hälfte des 10.  Jh. würde eine Gleichzeitig-keit beider Wallanlagen bedeuten. Der Wall von Meetschow II war abgebrannt, denn er zeigte über die gesamte Breite starke Brandspuren. Die Lage von Resten verkohlter Balken in situ lässt vermu-ten, dass es sich bei diesem Wall um ein Rostkon-struktion handelte (Abb.  11). Der vorgelagerte Graben war zweiphasig, sodass von einer längeren Bestandsdauer des Ringwalles Meetschow II ausge-gangen werden kann. Der Graben war zum größten Teil mit Brandlehm verfüllt – ein weiterer Hinweis auf die Brandzerstörung der Burg. Der Innenbe-reich des Ringwalles wurde nur in einem kleinen Ausschnitt untersucht, doch konnten hier Spuren einer intensiven Besiedlung festgestellt werden, darunter eine halbeingetiefte Hausgrube und ein Nutzungshorizont des 10. Jh., der viel Keramik und Knochen enthielt. An der Innenseite des Walles lief eine langgestreckte Grube bzw. ein unregelmäßiger Graben entlang, dessen Funktion unklar blieb. Die Verfüllung bestand unmittelbar an der Wallinnen-front nahezu ausschließlich aus leuchtendrot ge-branntem Sand, worin sich teilweise Spuren von Flechtwerk erkennen ließen, dessen ursprüngli-che Position jedoch nicht zu rekonstruieren war. Das Fundmaterial aus der zugehörigen Siedlungs-schicht umfasste das typische mittelslawische Spek-trum des 10. Jh., spätslawische Scherben sind nicht enthalten, sodass mit einem Abbruch vor der Jahr-tausendwende zu rechnen ist (vgl. Abb. 10).

Abb. 12: Meetschow, Fpl. 1. Auswahl sächsischer und slawischer Keramik aus der Kulturschicht des 8./frühen 9. Jh.; M 1:3 (Zeichnungen: P. Fleischer).

Abb. 11: Meetschow, Fpl. 1. Reste der verkohl-ten Rostkonstruktion des

Ringwalls Meetschow II im Planum (Foto: Verf.).

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Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

Abb. 13: Meetschow, Fpl. 1. Auswahl sächsischer und slawischer Keramik aus der Kulturschicht des 8./frühen 9. Jh.; M 1:3 (Fotos: H. Marx, Zeichnungen: P. Fleischer).

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Die „Alte Burg“Im Bereich zwischen Nord- und Südwall

befand sich, wie bereits angedeutet, eine Sied-lungsschicht, die zum größten Teil vor der Er-richtung der mittelslawischen Ringwälle und der zugehörigen Vorburgsiedlung durch geziel-ten Sand-Lehm-Auftrag überdeckt wurde. Es handelt sich um eine graue, stark lehmige Kul-turschicht von meist nur wenigen Zentimetern Mächtigkeit, die sich vor allem dadurch aus-zeichnete, dass sie eine große Zahl von Tierkno-chen enthielt (Abb. 15). Dabei handelte es sich offenbar überwiegend um Speiseabfälle, Werk-abfälle wurden nicht geborgen (vgl. Beitrag Morgenstern). Die Knochenerhaltung inner-halb der Kulturschicht war leider sehr schlecht. Da die Substanz der Knochen in der Regel wei-cher als der sie umgebende Lehm war, machte ihre Bergung einige Schwierigkeiten, sodass ein höherer Fragmentierungsgrad in Kauf genom-men werden musste. Diese Kulturschicht un-terschied sich ihrem Wesen nach grundlegend von der Kulturschicht des 10. Jh. und wurde in sämtlichen Schnitten im Vorburgbereich (2006 und 2007) angetroffen (vgl. Abb. 3). Charakte-

Abb. 14: Meetschow, Fpl. 1. Kulturschicht des 8./frühen 9. Jh. Zwei Sporen, eine Pfeilspitze, eine Rie-menzunge () und eine Lanzenspitze () aus Eisen; M 1:2 (Foto: H. Marx, Zeichnungen: P. Fleischer).

ristischste Befundart waren Lehmöfen, offene Herdstellen und Brandgruben, die in großer Zahl und teilweise hoher Dichte dokumen-tiert werden konnten (Abb.  18a). Zahlreiche Stakenlöcher ließen sich bislang kaum zu sinn-vollen Baustrukturen zusammenführen. Ein-getiefte Gebäude gab es nicht, jedoch lässt die Fundverteilung, die Anordnung der Herdstel-len sowie Wandgräbchen mindestens teilweise eine Rekonstruktion der Bebauung zu. Diese scheint nicht gleichmäßig verteilt gewesen zu sein, sondern ein Bereich dichter Bebauung er-scheint deutlich getrennt von einem nahezu be-fundleeren Areal. Dieser Befund korrespondiert mit den Aussagen des Magnetplanes (vgl. Bei-trag Posselt/Schneeweiß). Langgestreckte leh-mige Boden verfärbungen sind möglicherweise als Spuren einer Holzdielung oder -wegung zu interpretieren. Im Vergleich zur späteren slawi-schen Siedlungsschicht blieben die Funde der Gefäßkeramik wenig zahlreich. Verhältnismä-ßig häufig kamen zerdrückte Gefäße vor, so dass sich mehrere ganze Formen restaurieren ließen (Abb.  12, 13). Das Spektrum dieser durchweg unverzierten Gefäße ist bemerkenswert, denn es vereint einerseits typisch frühslawische Ge-fäße vom Sukower Typ (Abb.  13,6) mit Steil-wandtöpfen, eiförmigen und weiteren Gefäßen (Abb. 12, 13,7) andererseits, die sich problemlos der sächsischen Keramik zuordnen lassen. Sogar Anklänge an frühe Kugeltöpfe (Abb. 13,1) las-sen sich namhaft machen, die auf Verbindungen in Richtung Nordwesten (Friesland) weisen. Auch das übrige Fundmaterial weist eine für frühslawische Siedlungen eher atypische Fund-zusammensetzung auf. Neben einer Pfeilspitze, zwei eisernen Sporen und einer Lanzenspitze (Abb. 14) zählt ein Klappmesser, das mit einem ungewöhnlichen Abziehstein aus grünlichem Quarzschiefer beisammen lag, zu den heraus-ragenden Funden (Abb.  17), wahrscheinlich befanden sich beide Gegenstände gemeinsam in einem Beutel. Zahlreiche Wetzsteine (Abb. 16)

Abb. 15: Meetschow, Fpl. 1. Ausschnitt der leh-

migen Kulturschicht des 8./frühen 9. Jh. mit zahlrei-chen Knochenresten und Brandstellen im Planum

(Foto: Verf.).

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Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

Abb. 17: Meetschow, Fpl. 1. Kulturschicht des 8./frühen 9. Jh. Eisernes Klappmesser und zugehö-riger Abziehstein; M 1:2 (Foto: H. Marx, Zeich-nung: P. Fleischer).

Abb. 16: Meetschow, Fpl. 1. Wetzsteine aus der Kulturschicht des 8./frühen 9. Jh.; M 1:2 (Foto: H. Marx).

bis zu 0,6  m. In die entgegengesetzte Richtung dünnt die Auftragsschicht aus, interessanterweise ebenso wie die frühen Befunde. Diese stratigra-phischen Verhältnisse und das Fundmaterial le-gen nahe, dass zwischen beiden Besiedlungspha-sen ein Hiatus liegt, dessen Dauer allerdings nicht mehr als einige Jahrzehnte betragen haben kann. Die endgültige Analyse des Fundmaterials steht noch am Anfang, doch kann schon jetzt eine Da-tierung der „alten Burg“ in das 8./frühe 9. Jh. als gesichert gelten, wobei die offene Siedlung am Beginn dieser Zeitspanne angelegt worden sein wird. Sowohl das bereits erwähnte 14C-Datum und das Keramikspektrum weisen in diese Rich-tung, als auch die Sporen, die ihrem Typ nach an den Beginn des 9. Jh. zu setzen sind (Abb.  14). Verzierte Keramik scheint nahezu vollständig

sowie einige Messer ergänzen das Fundspek-trum; andere ansonsten typische Siedlungsfun-de wie beispielsweise Spinnwirtel fehlen dage-gen völlig. Zusammen genommen sprechen die erwähnten Merkmale eher dafür, dass es sich hier nicht um eine frühslawische, sondern um eine sächsische Siedlung handelt, in die auch slawisches Fundgut geraten war. Ein 14C-Datum datiert die Siedlungsschicht in das ausgehen-de 7. bis 8. Jh.9 Der besondere Charakter der Befunde und des Fundspektrums könnten auf eine Funktion des Ortes im Zusammenhang mit der hier gelegenen Grenze zu den benach-barten Slawen deuten. Darauf wird später noch zurückzukommen sein. Etwas problematisch stellt sich im Moment noch die Datierung der großen Wallanlage (Nord- und Südwall) dar. Sie nimmt eindeutig Bezug auf die ältere Siedlung, doch sowohl der Südwall als auch der Nordwall wurden über der grauen Kulturschicht des 8. Jh. errichtet. Die Kulturschicht erstreckte sich aber nicht jenseits der Wälle. Es spricht einiges da-für, dass zunächst eine offene Siedlung angelegt wurde, die zu einem späteren Zeitpunkt befes-tigt wurde. Dies könnte gegen Ende des 8. oder am Beginn des 9. Jh. geschehen sein. Die große „alte Burg“ wurde möglicherweise vor der Anla-ge der slawischen Befestigungen des 10. Jh. nicht vollständig geschliffen, sondern die Ringwälle in sie hineingebaut. Lediglich die zugehörige Siedlung wurde mit Sand und Lehm überdeckt. Die gelb-grau sandig-lehmige Misch schicht, die über sämtlichen frühen Befunden liegt, wird als anthropogene Aufhöhungsschicht interpretiert. Sie wirkt stark aufgearbeitet. Derzeit ist unklar, woher das Material kam.10 Es wirkt weitgehend steril, enthält jedoch vereinzelt Scherben, teil-weise auch in Konzentrationen. Die Mächtigkeit nimmt in Richtung Burg II zu und erreicht dort

9 Leibniz-Labor Universität Kiel. KIA 33563 (Knochen): Radiocar-bonalter: 1274 ± 22 BP; kalibriertes Kalenderdatum im 2-Sigma-Bereich : cal AD 674-775.

10 Möglicherweise wurde ein Teil des alten, großen Walles eingeebnet, bevor der Ringwall Meetschow II errichtet wurde.

70 Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Abb. 18a: Meetschow, Fpl. 1. Schnitt 2 (2007). Vorläufiger Gesamtplan der Befunde der sächsischen Siedlung des 8./9. Jh. (Phase 1); (Grafik: P. Fleischer).

71Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Abb. 18b: Meetschow, Fpl. 1. Schnitt 2 (2007). Vorläufiger Gesamtplan der Befunde der slawischen Beiedlung des 9./10. Jh. (Phase 2); (Grafik: P. Fleischer).

72 Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Abb. 19: Meetschow, Fpl. 1. Anhäufung von Stei-

nen und Tierknochen vor der Innenfront des Nord-walles der großen Befesti-gung (Befund 47), gegen

Nordost (Foto: Verf.).

Jens Schneeweiß

zu fehlen,11 sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Siedlung auf jeden Fall vor 850 aufgelassen wurde. Hinweise auf eine gewalt-same Zerstörung der frühen Siedlung gibt es nicht.

In seiner Funktion rätselhaft ist der Befund einer fast pflasterartig anmutenden Steinanhäu-fung an der Innenseite des Nordwalles, der in Schnitt 1 ergraben werden konnte. Besonders auffällig war die große Zahl an Knochen, die zwi-schen den Steinen, darüber und teilweise auch darunter lagen (Abb.  19).12 Sie lagen teilweise noch in anatomischem Verband. An scheinend handelt es sich hierbei nicht um Schlachtabfälle, denn auch fleischliefernde Körper teile kamen vor.13 Ob eine Verbindung der Genese des Be-fundes mit kultischen Aktivitäten erwogen wer-den kann, muss im Moment noch offen bleiben. Der unmittelbar an den Befund anschließende Nordwall war in Holz-Erde-Konstruktion er-richtet, allerdings waren die unverbrannten Hölzer nurmehr als Erdverfärbungen erhalten, sodass eine genaue Datierung anhand der Hölzer nicht vorgenommen werden konnte. Er war nur noch in geringer Höhe erhalten, da er ebenfalls eingeebnet worden war. Brand versturz schichten und einige verkohlte Hölzer auf der Wallaußen-

11 Der Keramikkomplex von Meetschow befindet sich derzeit in der Auswertung im Rahmen einer Magisterarbeit am Göttinger Semi-nar für Ur- und Frühgeschichte, deren Ergebnisse für die endgültige Analyse abgewartet werden müssen.

12 Unter Umständen könnte hier ein ähnlicher Befund erfasst worden sein, wie ihn seinerzeit E. Sprockhoff am Nordwall des Höhbeck-Kastells gemacht hatte. Dort waren an der Innenseite des Walles zu-sammengetragene Steine entdeckt worden, die als eine Art Reservoir von Wurfsteinen interpretiert wurden (Sprockhoff 1966, 218). Leider liegt keine Abbildung oder ausführliche Beschreibung vor, die es gestatten würde, den Befund im Detail zu vergleichen. Anschei-nend fehlten am Kastell die in Meetschow so auffälligen zahlreichen Knochen, jedenfalls finden sie keine Erwähnung.

13 Die Analyse der Tierknochen nahm P. Morgenstern, Berlin, vor.

seite belegen dennoch, dass auch dieser Wall ab-brannte.14 Trotz der vergleichsweise schlechten Erhaltungsbedingungen lässt der Befund inte-ressante Rückschlüsse zu. Die Holzartbestim-mung einiger der verkohlten Hölzer ergab, dass es sich um Eiche, Ulme und Erle handelte, die gleichen Holzarten, die beim Höhbeck-Kastell Verwendung fanden (Schneeweiß 2011, 375; siehe unten). Auch die Bauweise scheint ver-gleichbar gewesen zu sein – anscheinend waren die Hölzer wie beim Kastell ohne aufwendige Konstruktionen lediglich quer zum Wallverlauf in den Wallkörper eingebaut, um ihn zu stabi-lisieren. Diese Beobachtung kann als wertvolles weiteres Indiz dafür gewertet werden, dass die Meetschower „alte Burg“ etwa gleichzeitig und im Zusammenhang mit dem Höhbeck-Kastell errichtet wurde (vgl. auch unten).

Vor allem in Bezug auf die Landschaftsverän-derungen seit jener Zeit ist die Tatsache bemer-kenswert, dass an die Außenseite des Nordwalles kein Graben anschloss, wie zunächst vermutet worden war, sondern hier offensichtlich der Uferbereich eines Gewässers befestigt worden war. Hier hatte es mehrfach einen Wechsel in der Fließ ge schwin dig keit gegeben, der sich in verschiedenen aufeinander folgenden Abla-gerungen manifestierte. Das NW-Profil von Schnitt 1 ist im Hinblick auf die naturräumli-chen Veränderungen im unmittelbaren Umfeld der Burg besonders aussagekräftig und wur de daher eingehend bodenkundlich untersucht (vgl. Beitrag Schatz).

2.1.2 Brünkendorf 13Gegenüber von Meetschow, auf der anderen

Seite des heutigen Laascher Sees, befindet sich in weniger als 200 m Entfernung die offene Sied-lung Brünkendorf, Fpl. 13 (Abb.  20). Sie liegt auf der Kuppe und am Hang einer periglazialen Düne, dem so genannten Ortschenberg. Sie er-streckt sich auf einer Fläche von etwa 1,5  ha. Dies konnte durch Bohrungen (Bernatzky-Goetze 1991) und Magnetprospektionen (vgl. auch Saile 2007a, 126-134) erschlossen wer-den. Der Laascher See ist eine rezente Anstauung der Seege, ein heute verlandeter Altarm führte im 10. Jh. Wasser und gibt daher einen Hinweis auf die Veränderung der Topographie im Seege-mündungsgebiet (vgl. Beitrag Schatz, Abb.  1). Der Fundplatz ist wie Meetschow 1 seit langem bekannt (Grenz 1961, 28; Pudelko 1972a, 109), erste Ausgrabungen haben hier 1972 stattgefunden (Steuer 1973a, 1973b, 1974b, Bernatzky-Goetze  1991). In den Jahren 2006 und 2008 wurden insgesamt ca. 400  m2

14 Ein interessantes Detail bildeten mit Brandlehm verfüllte Tiergän-ge in dem Wallabschnitt, der im Befund nur unverbrannt erhalten war. Sie belegen, dass hier weiter oben einst Brandschichten existiert hatten, bevor der Wall abgetragen wurde; der Brand hatte hier den Wallkern offensichtlich nicht erreicht.

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Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

Abb. 20: Das Seegemündungsgebiet westlich des Höhbecks mit der Lage der relevanten Fundplätze und den jeweiligen Magnetplänen. Rot: Grabungsflächen der Jahre 2005-2009, zusätzlich eingetragen ist der Verlauf eines heute verlandeten Altarms, der im 10. Jh. noch

Wasser führte (Grafik: P. Fleischer).

74 Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Abb. 21a,b: Brün-kendorf, Fpl. 13. Unter den Buntmetallfunden

dominieren die slawischen Messerscheidenbeschläge

und Ringe (), aber auch Münzen (nieder elbische

Agrippiner) und zwei Ku-gelzonengewichte wurden

gefunden (). Sie gehören überwiegend ins 11. Jh.;

M 1:1 (Fotos: H. Marx).

Jens Schneeweiß

archäologisch untersucht. Dabei konnte fest-gestellt werden, dass die Kulturschicht auf dem Nord- und Nordwesthang der Kuppe teilweise noch mit einer Mächtigkeit von bis zu 30  cm unter der Pflugschicht erhalten war. Im Bereich der heute teilweise bewaldeten Kuppe war sie allerdings durch erosive Prozesse größtenteils abgetragen. Der dort geöffnete Schnitt enthielt hauptsächlich Baumwurzelgruben, lediglich im nördlichen Viertel konnten noch Reste der Kul-turschicht erfasst werden. Im Profil war deutlich zu erkennen, wie die Kulturschicht, und mit ihr ein älterer Verbraunungshorizont, nach oben zog. Auf der Kuppe weiter oben fehlten diese Schichten bereits, hier zeigte sich ein typisches A-C Profil.15 Auffällig war im Siedlungsbereich am Hang die tiefschwarze Färbung der Kultur-schicht, die in krassem Gegensatz zum nähr-stoffarmen sandigen Bodensubstrat steht. Sie enthielt zahlreiche Funde, in erster Linie Kera-mik, aber unter anderem auch etliche Spinnwir-tel (Abb.  22) und zahlreiche Metallfunde wie

15 Vergleichbare Beobachtungen wurden bei einer geoarchäologisch-bodenkundlichen Profilaufnahme eines Sperrgrabens im Siedlungs-bereich von Brünkendorf 13 im Dezember 2004 gemacht (Saile 2007a, 126). Vgl. auch Beitrag Schatz.

Münzen, Ringe und Messerscheidenbeschläge (Abb. 21 a und b). Die Auswertung des umfang-reichen Fundkomplexes steht noch am Anfang, doch können bereits erste Aussagen gewagt wer-den. Der Beginn der Besiedlung an diesem Platz wird durch Keramik des Sukower und Feldber-ger Typs angezeigt, die in ihrer Zahl allerdings weit hinter den jüngeren Typen zurückbleibt. Auch die mittelslawische Keramik des Menken-dorfer Typs bildet zahlenmäßig nur einen relativ geringen Anteil, während sie in Meetschow die Hauptmasse stellt. Der überwiegende Teil der Keramik gehört in die mittel- bis spätslawische Zeit, der Schwerpunkt der Besiedlung scheint im 11. und 12. Jh. gelegen zu haben. Dafür spre-chen auch die Metallfunde (siehe unten). Insge-samt wurden in Brünkendorf 13 bislang etwa 14 Messerscheidenbeschläge verschiedener Typen gefunden (Abb. 21a), damit gehört die Siedlung zu den wichtigsten Fundplätzen für diese Fund-gruppe. Es kann also festgehalten werden, dass die Siedlung auf dem Ortschenberg teilweise gleichzeitig mit der Burg Meetschow I und II des 10. Jh. bestand, zu ihrer Blüte allerdings erst gelangte, als sich die gegenüberliegende Besied-lung im 11. Jh. auf Meetschow I beschränkte. Die unmittelbare Nähe der slawischen Siedlung Brünkendorf 13 zur größtenteils gleichzeitigen Burganlage von Meetschow wirft die Frage nach ihrer Funktion auf. Die zahlreichen Metallfunde sowie eine größere Zahl von Schmiedeschlacken belegen eine handwerkliche Metallverarbeitung vor Ort, die sicherlich auch die nahegelegene Burg direkt versorgt haben wird. Es handelt sich um sieben sicher anzusprechende kalottenför-mige Schmiedeschlacken, sowie etliche Stücke, deren Ansprache als Schmiedeschlacke nicht ganz gesichert, aber innerhalb des Gesamtspek-trums am wahrscheinlichsten ist.16 Zum mo-mentanen Stand der Auswertungen kann evtl. von einem handwerklichen Schwerpunkt der Siedlung innerhalb des Siedlungsgefüges des Seegemündungsgebietes ausgegangen werden. Im 10./11. Jh. ist hier eventuell mit einer Art Vorburgfunktion für die Meetschower Burg zu rechnen.

Die siedlungstopographische Situation von Brünkendorf 13 auf einer Kuppe, die über 20 m ü NN erreicht, ist zugleich hochwassergeschützt und strategisch günstig, denn von hier aus kann das Elbtal flussabwärts sowie die sanft ansteigen-de westliche Flanke des Höhbecks gut überblickt werden. Zur Binnengliederung und Struktur der Siedlung können zur Zeit noch kaum Aussagen gemacht werden. Zu den wenigen klaren Befun-den gehören einige Hausgruben und Ofenstel-len, deren Lagebezug zueinander und innerhalb der Siedlung noch ausgewertet werden muss. Zu den herausragenden Funden der Siedlung gehö-

16 Für die Durchsicht der Schlackefunde danke ich herzlich Dr. A. Kronz, Universität Göttingen.

75Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

Abb. 22: Brünkendorf, Fpl. 13. Aus der Kultur-schicht konnten zahlreiche Spinnwirtel als Zeugnisse der Textilverarbeitung geborgen werden; M 1:1 (Foto: H. Marx).

Abb. 23: Brünkendorf, Fpl. 13. Eiserne Lanzen-spitze aus der Siedlungs-schicht; M 1:2 (Foto: H. Marx).

ren eine Lanzenspitze (Abb. 23), einige Münzen des 11. und 12. Jh., zwei Kugelzonengewichte (Abb.  21b) sowie die zahlreichen Messerschei-denbeschläge (Abb.  21a). Exzeptionell ist eine Fibel mit Verzierung im germanischen Tier-stil II, die älter ist als die slawische Siedlung und leider aus dem Pflughorizont stammt. Dieser Fund hat eine große Bedeutung für die Beurtei-lung des 6./7. Jh. in diesem Gebiet, denn dieser Zeitraum ist auch am Höhbeck allgemein nur schwach durch Bodenfunde belegt (vgl. Beitrag Willroth, S. 236, Abb. 12).

Im Sommer 2006 wurde der sich nördlich über Fpl. 13 und Fpl. 41 erstreckende Bereich magne-tisch prospektiert.17 Hier war auf Grund von Le-sefunden eine weitere slawische Ansiedlung ver-mutet worden (Steuer 1974b, 189, 4.a). Dabei konnten kaum sichere archäologische Befunde diagnostiziert werden, mit Aus nahme einer etwa O-W-gerichteten Reihe von Anomalien am westlichen Rand des prospektierten Areals. Bohrungen auf der gesamten Fläche und eine Sondage an jenen Anomalien führten zu dem Schluss, dass es sich bei Fpl. 41 wohl nicht um slawische Siedlungsspuren, sondern um sekun-där verlagertes Scherbenmaterial handelte. Die Sondage ergab, dass die im Magnetplan festge-stellten Anomalien auf spätbronze- oder früh-eisenzeitliche Gruben zurückzuführen sind, die im anstehenden Sand wegen ihrer starken Aus-

17 Die Magnetprospektionen führte auch hier die Firma Posselt & Zickgraf GbR durch. Die ersten Magnetprospektionen waren von ihr an diesem Ort bereits vor Beginn des Projekts auf einer Fläche von 1,75 ha durchgeführt worden, an die nun angeschlossen werden konnte (vgl. Saile 2007a, 126-134).

waschung und Bleichung nur noch schwach zu erkennen sind. Offenbar wurde im Bereich der Kuppe (Fpl. 13) Sand abgetragen und zur Auf-füllung einer feuchten Senke genutzt, wobei auf diesem Wege slawische Scherben verlagert wur-den. Eine derartige Beobachtung hatte bereits A. Pudelko 1960 gemacht, wie aus den Orts-akten hervorgeht (Ortsakte Lüchow; Grenz 1961, 28).

2.1.3 Vietze 63Der Siedlungsplatz Vietze 63 liegt wie Brün-

kendorf 13 am rechten Ufer des verlandeten Alt arms, der im 10. Jh. noch Wasser führte, und befindet sich in nur etwa 1 km Entfernung von der Meetschower Burganlage (vgl. Abb.  20). Es handelt sich hier um einen mehrperiodigen Fundplatz, der bereits im Neolithikum besiedelt wurde,18 in der Bronze-/Eisenzeit als Gräberfeld genutzt wurde, in der frühen römischen Kaiser-zeit wieder als Siedlungsplatz diente und letztend-lich seit der frühslawischen Zeit kontinuierlich bis in das 11./12. Jh. bewohnt wurde. Seit 2005 wurden hier ca. 350 m2 archäologisch untersucht (Abb. 24). Ergänzt wurden die Grabungen durch geophysikalische Magnetprospektionen19 und mehrfache Oberflächenbegehungen, unter ande-rem auch mit Hilfe von Metalldetektoren.20 Bei den Ausgrabungen konnten bemerkenswerte Be-

18 Schneeweiß/Wittorf in Vorbereitung.

19 Die Magnetometermessungen wurden von der Firma Posselt & Zick-graf GbR durchgeführt.

20 Die Oberflächenbegehungen wurden gemeinsam mit Studenten der Universität Göttingen und Mitgliedern der Detektorengruppe Schleswig-Holstein durchgeführt.

76 Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Abb. 24: Vietze, Fpl. 63. Magnetogramm und Lageplan der Grabungsschnitte. Der Bereich der Eichenschonung (grüne Fläche nördlich des Magnetplans) ist tiefgreifend gestört und wurde daher nicht magnetisch prospektiert. Zur Legende der Grundkarte vgl. Abb. 20

(Grafik: P. Fleischer).

Jens Schneeweiß

77Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

Abb. 26: Vietze, Fpl. 63. Sondage 4. Bronzener Dreiknotenring aus einem Befund des 9./10. Jh. (vgl. Abb. 25); M 1:1 (Zeich-nung: P. Fleischer).

Abb. 25: Vietze, Fpl. 63. Sondage 4. Siedlungsreste des 9./10. Jh.: Reste eines gering eingetieften Gebäu-des (?) mit Keramik und ei-nem Dreiknotenring (siehe Abb. 26) sowie ein kleiner Ofen; M 1:50 (Zeichnung: Verf.).

funde aus verschiedenen Epochen entdeckt und dokumentiert werden. Ernüchternd war zunächst die Erkenntnis, dass der nördliche Bereich des Fundplatzes, in einer Eichenschonung gelegen, durch das Tiefpflügen im Vorfeld der Anpflan-zungen großflächig gestört war. Die Eingriffs-tiefe betrug hier durchgehend etwa 0,80 m. Zwei Sondagen am nördlichen und südlichen Rand der Schonung (vgl. Abb. 24) erbrachten dennoch aussagefähige Befunde. Im nördlichen Schnitt, angrenzend an die Fläche von Vietze Fpl. 67 (sie-he unten), konnten Reste spätmittelalterlicher Befunde dokumentiert werden, Hinweise auf eine slawische Besiedlung wurden an dieser Stelle nicht entdeckt. Der Bereich der südlichen Son-dage war vom Tiefpflug verschont geblieben, wo-durch die Befunderhaltung deutlich besser war. Im Gegensatz zur ersten Sondage konnten hier slawische Siedlungsreste dokumentiert werden: Überreste eines Ofens, eine flache Hausgrube so-wie Res te einer Kulturschicht. Aus der Verfüllung der Hausgrube wurde ein Dreiknotenring gebor-gen (Abb.  25, 26). Die genauen Abmessungen des Gebäudes waren nicht sicher zu ermitteln, die Größe könnte etwa 3 x 4 m betragen haben (Abb. 25).

Die nördliche Begrenzung der slawischen Siedlung ist zwischen beiden Schnitten inner-halb der Eichenschonung anzunehmen. Die Ausgrabungen wurden daher auf dem sich süd-lich anschließenden Acker fortgesetzt, da sich hier die vielversprechendste Fläche befand. Be-reits mit bloßem Auge ließ sich nach dem Pflü-gen der Bereich der angepflügten schwarzen Kulturschicht deutlich erkennen. Die Erhaltung der Befunde war hier verhältnismäßig gut, größ-tenteils einschließlich der slawischen Kultur-schicht. Lediglich am direkten Niederungsrand war eine deutliche Erosion zu verzeichnen.

Durch die Grabung im Sommer 2005 wurden mindestens drei eingetiefte Gebäude erfasst. Die Hausgrube Befund 3/6 lag in der Nähe zum Niederungsrand und war nur noch gering erhal-ten. Die maximale Tiefe unterhalb des Pflugho-rizontes betrug 0,30 m. Der Befund konnte nur teilweise im Planum erfasst werden, daher muss seine ursprüngliche Größe und Gestalt unsicher bleiben. Die Seitenlänge hat jedoch sicher we-niger als 4  m betragen. Wesentlich deutlicher trat das Haus Befund 9 hervor, wenngleich das obers te Planum auch hier lediglich diffuse Strukturen zeigte. Es handelte sich um eine NO-SW-gerichtete quadratische Hausgrube, deren maximale erhaltene Tiefe noch bis zu 0,65  m unterhalb des Pflughorizontes betrug (Abb. 27). Es wurde nicht vollständig ausgegraben, da es zur Hälfte außerhalb des Grabungsschnittes lag. In jeder Ecke befand sich ein Pfosten, von denen einer eine Steinverkeilung aufwies. Eine Feuerstelle befand sich in der Westecke. Sehr deutlich ließen sich zwei Nutzungshorizonte voneinander trennen, die jedoch beide in die altslawische Zeit gehörten. Das reiche Fund-material besteht hauptsächlich aus Keramik des Sukower, Feldberger und Menkendorfer Typs, hinzu treten zahlreiche Tellerfragmente, einige Eisenfragmente, die von Messern oder Beschlä-gen herrühren könnten, sowie Fischknochen und -schuppen in größerer Zahl (Abb. 30).21 Et-was verlagerte kaiserzeitliche Keramik stammte aus einer benachbarten Grube (Befund 30), die von Befund 9 geschnitten wurde. Die jungslawi-sche Kulturschicht zog über die Verfüllung des Gebäudes hinweg (vgl. Abb.  27). Wahrschein-

21 Die Datierung wird durch ein 14C-Datum gestützt: Leibniz-Labor Universität Kiel (KIA 30734, Knochen). Radiocarbonalter: 1204 ± 35 BP; kalibriertes Kalenderdatum im 2-Sigma-Bereich: cal. AD 692-700, 715-749, 764-897, 922-944.

78 Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Jens Schneeweiß

lich nach Auflassung des Gebäudes wurde ein Teersiedegefäß in einer kleinen Grube depo-niert (Befund 29; Abb. 28, 29). Es war vollkom-men zerdrückt und enthielt innen am Boden angebrannte Teerreste. Der Boden des Gefäßes war in der Mitte durchlocht. Der Scherben war im Übergangsbereich vom Boden zur Wandung durch starke Hitzeeinwirklung mürbe und da-durch stärker zerbröselt als die übrigen Frag-mente. Das unverzierte Gefäß ließ sich nahezu vollständig restaurieren (Abb.  29). Es handelt sich um aufgebaute Keramik, die im Schul-ter- und Randbereich nachgedreht wurde. Der Mün dungsdurchmesser entspricht mit 23  cm der Gefäßhöhe. Der Topf weist ein annähernd S-förmiges Profil mit hoch liegendem Bauch-umbruch auf. Die Schulter ist ausgeprägt, der Umbruch jedoch weich. Der leicht nach außen gerichtete Rand ist schräg abgestrichen, sodass eine scharfkantige Randlippe ent steht. Die Ge-fäßform steht zwischen den Gruppen Sukow und Menkendorf und ist mit dem Befund in das 10. Jh. zu datieren. Die Befundgrenzen des dritten Gebäudes (Befund 16) waren im Planum zunächst nur sehr undeutlich zu erkennen, erst in einer größeren Tiefe konnten sie klar erfasst werden. Dieses Grubenhaus war N-S-gerichtet und etwa 2,8  x  3,6  m groß (Abb.  32). Die aus Steinen errichtete Herdstelle befand sich in der

Abb. 29: Vietze, Fpl. 63. Schnitt 5, Befund 29. Teer-siedegefäß nach der Restau-

rierung (Foto: H. Marx).

Abb. 28: Vietze, Fpl. 63. Schnitt 5, Befund 29. Zer-drücktes Teersiedegefäß in

situ (Foto: Verf.).

Abb. 27: Vietze, Fpl. 63. Schnitt 5. Halbeingetieftes

Grubenhaus des 9. Jh. (Be-fund 9) mit Eckpfosten;

M 1:50 (Zeichnung: Verf.).

79Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Abb. 30: Vietze, Fpl. 63. Schnitt 5. Auswahl der Keramik aus Grubenhaus Befund 9; M 1:3 (Zeichnungen: S. Woditschka (oben), K. Kuhlemann (Mitte), P. Fleischer (unten).

Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

80 Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Abb. 31 (oben): Vietze, Fpl. 63. Schnitt 5. Aus

Feldsteinen gesetzter Ofen in der Nordwestecke des

Grubenhauses Befund 16 (Foto: Verf.).

Jens Schneeweiß

NW-Ecke (Abb. 31, 32), die Grubensohle reich-te bis zu 0,8 m unterhalb des Pflughorizontes. Die recht einheitliche Verfüllung enthielt auf-fallend viele Fischknochen und -schuppen, aber relativ wenig Fundmaterial. Dieses Gebäude gehörte ebenfalls zur altslawischen Besiedlung, denn die wenige, größtenteils unverzierte Ke-ramik steht in ihrer Profilierung dem Menken-dorfer Typ nahe. Gestützt wird diese Datierung durch ein 14C-Datum22, das das Gebäude in das 9./10. Jh. datiert. Außerdem konnten noch Res-te grob gemagerter Tonwannen und Tellerreste sowie das Spiralfragment einer Eisenfibel gebor-gen werden. Während die ersteren eindeutig zur

22 Leibniz-Labor Universität Kiel. KIA 30736 (Knochen): Radiocar-bonalter: 1112 ± 28 BP; kalibriertes Kalenderdatum im 2-Sigma-Bereich : cal AD 887-996.

Herdstelle gehörten, befand sich das Fibelfrag-ment in der Verfüllung und ist wahrscheinlich verlagert worden. Aufgrund seiner bruchstück-haften Erhaltung ist eine nähere zeitliche Ein-ordnung leider nicht möglich.

In seiner Funktion leider nicht sicher einzu-ordnen ist der Befund 12. Es handelt sich um zwei einander schneidende, aber offensichtlich in kurzem zeitlichem Abstand zueinander ange-legte Gruben, die sich im Planum daher kaum voneinander trennen ließen. Sie waren nur ver-hältnismäßig flach eingetieft (ca. 0,3 m). Eine Ascheschicht, etliche Holzkohlestückchen so-wie Brandspuren innerhalb der westlichen, et-was tieferen Teilgrube zeigen lediglich an, dass hier eine Feuerstelle gelegen hat. Die daran an-schließende östliche Teilgrube barg in ihrer Ver-füllung einen gut erhaltenen silbernen Sachsen-pfennig (Abb. 33 links), der zu einem relativ sel-tenen Typ der karolingischen Nachprägungen gehört (Dannenberg 1328 bzw. Typ KN 2:1 nach Kilger 2000; Kluge 2001b, 333 Nr. 5f ). Sein Durchmesser beträgt 22 mm, sein Gewicht 1,44 g. Auf der Vorderseite findet sich eine sti-lisierte Letternkirche sowie die spiegelverkehrte Inschrift ODDO. Die Umschrift besteht aus ei-ner Kombination von balkenähnlichen Strichen und Kreisen. Die Rückseite trägt ein Kreuz mit Punkten in den Winkeln in einem gepunkteten Perlkreis. Die Umschrift besteht hier aus einer Kombination von balkenähnlichen Strichen, Ringeln und einem Kreuz. Der Prägeort ist ano-nym, wahrscheinlich ist Magdeburg. Der Pfen-nig gehört zur Gruppe der ältesten sächsischen Randpfennige und kann in die Zeit ab 942 datiert werden. Ein zweiter silberner Sachsen-pfennig gleicher Zeitstellung wurde nur wenige Meter von Befund 12 entfernt im Pflughorizont gefunden (Abb.  33 rechts). Sein Durchmesser beträgt 21,3 mm, sein Gewicht 1,37 g. Es han-delt sich ebenfalls um eine karolingische Nach-prägung (Dannenberg 1325b bzw. Typ KN 3 nach Kilger 2000; Kluge 2001b, 333 Nr. 5a). Die Vorderseite zeigt auch hier ein stilisiertes Kirchengebäude, darin ein Kreuz. Die Rücksei-te entspricht weitgehend dem ersten Sachsen-pfennig, ebenso wie die Umschrift aus balken-ähnlichen Strichen, Ringeln und Kreuzen. Die Sachsenpfennige waren die „klassische Münze des Slawenhandels“ (Kluge 2001b, 334). Der größte Fund von Sachsenpfennigen wurde 1893 in Leetze im benachbarten Landkreis Salzwe-del gefunden (Kluge 2001a; 2001b, 335-337). Jener Schatz enthielt auch jüngere Otto-Adel-heid-Pfennige und wurde um 985 verborgen.

Als sehr fundreich erwiesen sich die Befunde 19 und 20/20a am östlichsten Schnittende. Sie lagen damit am höchsten über der Niederung. Bei beiden benachbarten Befunden handelte es sich um ovale Gruben. Der O-W-gerichtete Be-fund 20/20a wies eine Größe von ca. 2,5 x 1,5 m

Abb. 32 (unten): Vietze, Fpl. 63. Schnitt 5. Gruben-

haus des 10. Jh. (Befund 16) mit Ofen; M 1:50

(Zeichnung: Verf.).

81Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

Abb. 33: Vietze, Fpl. 63. Schnitt 5. Sachsen- oder Randpfennig aus Befund 12, Mitte 10. Jh. (links) so-wie aus dem Pflughorizont nahe Befund 12, zweite Hälfte des 10. Jh. (rechts); M 1:1 (Fotos: H. Marx).

Abb. 34: Vietze, Fpl. 63. Schnitt 5, Befund 19, De-tail. Fischschuppenkonzen-tration und eisernes Messer in situ (Foto: Verf.).

Abb. 35: Vietze, Fpl. 63. Schnitt 5. Auswahl der Funde aus Befund 19: spätslawische Keramik (M 1:3), zwei Eisenmesser und ein Spinn-wirtel (M 1:2); (Zeichnungen: P. Fleischer).

auf, während der etwa NO-SW-gerichtete Befund 19 nur unwesentlich kleiner war (ca. 2,3  x  1,3  m). Innerhalb von Befund 20/20a trat durch verziegelten Lehm, Asche und Holz-kohlepartikel deutlich eine Brandstelle von ca. 70  cm Durchmesser hervor, die offenbar nach-träglich in die ansonsten recht einheitliche Verfüllung hineingesetzt worden war. Die Ver-füllung enthielt vor allem gewöhnlichen Sied-lungsmüll (Knochen, Keramik), wobei fast aus-schließlich unverzierte Scherben geborgen wer-den konnten. Ähnlich wie bei Befund 16 weisen sie, wie auch eine kammstrichverzierte Scherbe, in Richtung des Menkendorfer Typs. Der Be-fund 19 lag in weniger als einem Meter Ent-fernung zu Befund 20/20a. Auch hier konnten eindeutige Brandspuren dokumentiert werden, allerdings war keine Brandstelle in situ erhal-ten. Lediglich zahlreiche gebrannte Steine und Brandlehmbrocken zeugten von ihrer Existenz. Die gesamte Verfüllung der Grube war hetero-gener als die vorher beschriebene, neben den zahlreich anfallenden Scherben und Knochen (darunter stellenweise auch zahlreiche Fisch-schuppen, Abb.  34) konnten hier außerdem zwei Eisenmesser und ein Spinnwirtel geborgen werden (Abb. 35). Die Messer waren stark kor-rodiert, ließen aber erkennen, dass es sich in bei-den Fällen um einfache gerade Griffangelmesser handelte, einmal mit randständiger und einmal mit mittelständiger Griffangel (Abb. 35 Mitte). Offensichtlich wurde diese Grube (sekundär) als Abfallgrube genutzt. Die aus ihr geborgenen Scherben weisen zum weit überwiegenden Teil typisch spätslawische Randprofilierungen und Gurtfurchen auf (Typ Vipperow), sodass die Zeitstellung dieses Befundes in die spätslawi-

sche Zeit gesichert ist (Abb.  35 links). Er bil-dete damit den jüngsten Befund innerhalb des Schnitts.

Buntmetallverarbeitung (Bronze, Blei) ist bis-lang nur durch Streufunde von Produktionsab-fällen aus der Kultur- bzw. Pflugschicht sicher nachgewiesen und kann daher zeitlich nicht ge-nauer eingegrenzt werden. Die Größe der Sied-lung lässt sich durch die tiefgepflügte Eichen-schonung nicht mehr genau ermitteln, denn dadurch fehlt vor allem die nördliche Siedlungs-begrenzung. Der Kernbereich des altslawischen

82 Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Jens Schneeweiß

Abb. 37: Vietze, Fpl. 63. Bei Prospektionen wurden nicht nur Münzen, sondern auch ein Waagbalken (oben, zwischen Fpl. 63 und 67) und Gewichte gefunden. Bei letzteren handelt es sich um ein Kubooktaeder- (ganz links) und mehrere Kugelzo-

nengewichte; M 1:1 (Foto: H. Marx).

Abb. 39: Vietze, Fpl. 63. Auswahl der relativ zahlreichen Perlenfunde aus Glas, Bernstein, Kar-neol. Sie gehören zu den Funden, die im Zusam-menhang mit Handel stehen (Foto: H. Marx).

Abb. 38: Vietze, Fpl. 63. Heiligenfibel mit Resten

roten Grubenemails; M 1:1 (Foto: H. Marx).

Abb. 36: Vietze, Fpl. 63. Münzen aus dem Pflughorizont. Niederelbische Agrippi-ner des 11. Jh. (rechts), Brandenburger Denare des 13. Jh. und ein Hohlpfennig des

14. Jh. (links); M 1:1 (Fotos: H. Marx).

zunehmend solche Funde auch auf ‚einfachen’ Siedlungsplätzen bekannt. Immerhin dürfte Vietze 63 bereits vor dem 11. Jh. eine wichti-ge Rolle gespielt haben, darauf weisen für das 10. Jh. mindestens die beiden bereits erwähnten Sachsenpfennige und der Dreiknotenring hin. Heraus ragend ist der Fund einer bronzenen Hei-ligenfibel (Abb. 38) in Gru ben emailtechnik. Es handelt sich um das derzeit öst lichste bekann-te Exemplar (Krüger 1999; 2000). Sie gehört möglicherweise an den Beginn des 9. Jh. und kann als Hinweis darauf gewertet werden, dass das Gebiet seinerzeit zum sächsisch-fränkischen Machtbereich gehörte (Schneeweiß 2010b). Einige Glas- und Karneolperlen23 aus der Kul-turschicht lassen leider eine sehr enge Datierung nicht zu, können aber unter Umständen eben-falls als Hinweis auf einen Handelsplatz schon vor dem 11. Jh. gewertet werden (Abb.  39). Diese Funde unterstreichen die Bedeutung von Vietze 63 besonders im Zusammenhang mit der benachbarten Burganlage von Meetschow, wo derartige Funde fehlen. Wahrscheinlich müs-sen beide Plätze als räumlich und funktional getrennte Einheit verstanden werden, etwa als administratives Zentrum und vorgelagerte Han-delssiedlung. Dazu zu zählen ist mit Sicherheit die Siedlung von Brünkendorf 13, in der eben-falls handwerklichen Tätigkeiten nachgegangen wurde und die schon auf Grund ihrer räumli-chen Nähe zu Meetschow mindestens zeitweise die Funktion einer Vorburgsiedlung inne hatte.

Weitere Funde aus Vietze 63 belegen, dass der Platz aber offenbar auch nach Aufgabe des Burgwalls nicht zur Bedeutungslosigkeit ver-kam. Insbesondere die erwähnten niederelbi-schen Agrippiner des 11. und frühen 12. Jh., einige branden burgische Denare des 13. Jh. so-wie ein Hamburger Hohlpfennig des 14./15. Jh. (Abb.  36 links) zeigen seine Nutzung in jener Zeit an.24 Aufschlussreich ist dabei die Beob-achtung, dass sich die ältesten Funde direkt in Niede rungs nähe befanden, während die jünge-ren etwas niederungsferner entdeckt wurden. Die Besiedlung entfernte sich offenbar im Laufe der Zeit vom Nie derungsrand. Dies kann un-ter Umständen mit veränderten Wasserständen im Zuge des Deichbaus in Zusammenhang ge-bracht werden.

2.1.4 Vietze 67Nördlich in Richtung Ortslage, gegenüber

der Vietzer Kapelle und nahezu anschließend an Vietze 63, liegt ein großes Feld, das sich pa-

23 Während der Grabungskampagne 2009 wurde die Kulturschicht komplett geschlämmt, dabei wurden aus einer Fläche von ca. 65 m2 Kulturschicht etwa 20 Perlen geborgen. Diese relativ große Zahl für einen Siedlungsplatz muss sicherlich wegen des Schlämmens im Ver-gleich zu anderen Plätzen relativiert werden, mag aber dennoch die Bedeutung dieses Platzes unterstreichen.

24 Wertvolle Hinweise und Hilfestellung bei der Bestimmung der Mün-zen gab B. Kluge, Berlin.

Siedlungsareals scheint vor allem am Rand zur Niederung zu liegen, insgesamt wirkt die zu erschließende Siedlungsfläche mit ca. 0,7 ha eher bescheiden. Im Gegensatz dazu spricht das Fundmaterial für eine größere Bedeutung dieses Platzes. Das 11. Jh. ist durch Metallfunde gut belegt: Münzen (Abb. 36 rechts), vier Kugelzo-nengewichte, ein Kubooktaedergewicht und ein Waagbalken (Abb.  37) deuten eine Funktion als Handelsplatz an, auch wenn sicher die Be-deutung solcher Funde etwas relativiert werden muss, denn durch den verstärkten Detektor-einsatz bei Geländeuntersuchungen werden

83Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

Abb. 40: Vietze, Fpl. 67. Lesefundkartierung der Keramik des 11.-13. Jh. nach einer Feldbegehung im Frühjahr 2005. Die Kon-zentrationen treten klar hervor. Der Münzschatz befand sich randlich außer-halb der mittleren Konzen-tration (Kartengrundlage: DGK 5, Blatt 2934-12); (Grafik: Verf.).

rallel zur Straße und Niederung erstreckt. Auf diesem Feld wurden schon in früheren Zeiten immer wieder Scherben aufgelesen, darunter auch slawische. Bereits im Frühjahr 2005 wurde der Acker einer systematischen Oberflächen-begehung unterzogen, wobei sich zeigte, dass hoch- bis spätmittelalterliche Keramik bei wei-tem überwog. Die Kartierung der Verteilung der mittelalterlichen Scherben zeigt deutliche Schwerpunkte im südsüdwestlichen Bereich der begangenen Fläche (Abb. 40). Wahrschein-lich handelt es sich hier um die Dorfwüstung des 1360 noch erwähnten „Lütteken Vitze“

(Pudelko 1963, 239), wozu möglicherweise auch die Vietzer Kapelle als ehemalige Dorf-kirche gehören könnte. Das deutsche Dorf ist also offenbar in unmittelbarer Nachbarschaft zu der slawischen Vorgängersiedlung (Vietze 63) angelegt worden. Anfang März 2008 fand erneut eine Oberflächenbegehung statt, diesmal unter Zuhilfenahme von Metalldetektoren.25 Dabei wurde ein aufgepflügter Münzhort ent-deckt (Schneeweiß 2008; 2009b). Zunächst

25 Wertvolle Unterstützung wurde uns von Seiten der Detektorengrup-pe Schleswig-Holstein zuteil, deren Mitgliedern unser ausdrückli-cher Dank gilt.

84 Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Abb. 43: Vietze, Fpl. 67. Der Vietzer Münzschatz

im Auffindungszustand. Er umfasste 177 Denare Hein-

richs des Löwen und einen nieder elbischen Agrippiner.

Der Schatz wurde im 12. Jh. vergraben (Foto: Verf.).

Jens Schneeweiß

Abb. 41: Vietze, Fpl. 67. Während der Notbergung

des zerpflügten Münzschat-zes kamen nicht nur Me-

talldetektoren zum Einsatz, sondern es wurde auch die

Pflugschicht systematisch durchgesiebt (Foto:

M. Tesch).

Abb. 42: Vietze, Fpl. 67. Ein massiver silberner Ring

wurde mit den Münzen gefunden und gehört höchst-wahrscheinlich zum Münz-

schatz; etwa M 1:1 (Foto: H. Marx).

reits angesprochenen Lesefundkartierung schon nahelegte, waren die Münzen offensichtlich im Randbereich bzw. außerhalb des damaligen Dorfes in die Erde gekommen. Es fanden sich keine mittelalterlichen Befunde in der geöffne-ten Fläche. Beim Sieben und der begleitenden Überprüfung des Aushubs mit dem Detektor wurden weitere 105 Münzen sowie ein silberner Ring geborgen, sodass sich der Hort aus insge-samt 178 Münzen zusammensetzt (Abb. 42, 43). Der Ring mit sich verjüngenden überlappenden Enden entspricht einem Typ, der schon seit dem 10. Jh. verbreitet war, aber auch noch im 12. Jh. vorkam (Abb. 42). Es ist davon auszugehen, dass der Münzhort nun nahezu vollständig geborgen ist, denn eine nochmalige Begehung der Stelle nach der Ernte im Herbst ergab keine Neufunde. Mit einer Ausnahme (ein etwas älterer Agrippi-ner) han delt es sich bei allen Münzen um De-nare Heinrichs des Löwen vom Typ Bonhoff 67 bzw. einer Variante von Hävernick 721 (Cunz 1995, 85; Bonhoff 1977) aus der herzoglich welfischen Münzstätte Bardowik (1141-1180). Der Durchmesser beträgt etwa 17-18  mm, das Gewicht der Einzelmünze durchschnittlich ca. 0,9 g (Abb.  44). Auf der Vorderseite befindet sich in der Mitte ein Kreuz, in dessen Winkeln je ein Ring sitzt; darum steht kreisrund die Um-schrift aus den Worten HEINRIC DVX, dazwi-schen ein Kreuz. Das ‚N’ in Heinrich ist spie-gelverkehrt. Die Rückseite trägt ein Ornament, das aus drei Gruppen mit dicken waagerechten Strichen sowie Kugeln, Kreuzen und Sternchen zusammengesetzt ist. In der Mitte befindet sich eine Gruppe aus längeren dicken Strichen, da-zwischen ein Ring und zwei Sternchen. Den unteren Abschluss bildet ein flacher Bogen mit Kugeln an den spitz zulaufenden Enden, darin ein Kreuz. Der obere Abschluss ist ähnlich ge-staltet: über einem waagerechten dicken Strich

wur den 73 Silbermünzen aus der Ackerkrume geborgen, die sämtlich einem Typ angehörten. Sie wurden einzeln eingemessen und kartiert. Diese Kartierung bildete die Grundlage für eine zügig anberaumte Nachuntersuchung. Die Funde streuten fast 30 m in Pflug richtung und ca. 12 m gegen die Pflugrichtung. Der gesamte Streuungsbereich von etwa 370 m2 wurde ge-öffnet und die Pflugschicht größten teils durch-gesiebt (Abb.  41). Befunde, die dem Hortfund zugeordnet werden könnten, waren leider nicht mehr erhalten. Lediglich eine vorgeschichtliche Feuerstelle mit Steinsetzung sowie Wölbacker-spuren konnten noch dokumentiert werden. Wie die Fundverbreitung auf Grundlage der be-

85Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

befindet sich hier ein Kreuz zwischen zwei Ku-geln. Links und rechts ist je eine Gruppe aus vier kürzeren waagerechten Strichen zu erken-nen, darüber und darunter jeweils eine Kugel. Die Rückseite ist eine verwilderte Nach ahmung der Vorderseite von Kölner Pfennigen, die im 12. und 13.  Jh. überregional verbreitet waren. Aus der Darstellung eines Tempels wurde ein Ornament. Die Münzen sind teilweise sehr gut erhalten, z. T. hafteten noch 2-3 Münzen anein-ander. Insgesamt erweckte der Hortfund den Eindruck, als sei er erst vor relativ kurzer Zeit aufgepflügt worden.

Die Scherben aus der Ackerkrume wiesen ein breites Spektrum auf, doch waren sie mehr-heitlich urgeschichtlich. Ein mittelalterliches Münzgefäß wurde nicht gefunden. Daher kann sicher davon ausgegangen werden, dass die Münzen ursprünglich in einem organischen Be-hältnis verwahrt gewesen waren, z. B. in einem Lederbeutel.

2.2 Höhbeckbefestigungen26

2.2.1 Vietzer Schanze (Höhbeck-Kastell) Die Vietzer Schanze ist – spätestens seit ih-

rer Identifizierung als Höhbeck-Kastell Karls des Großen – eines der wichtigsten frühmittel-alterlichen Bodendenkmäler Niedersachsens. Von den zahlreichen Befestigungen an der Mit-telelbe ist sie die einzige, die einen rechteckigen Grundriss aufweist. Diese Form und die Lage an der Elbe führten dazu, dass sie seit dem 19. Jh. mit der in den Fränkischen Annalen namentlich als „castellum hohbuoki“ (Annalen a. 810, 811) erwähnten Grenzbefestigung in Verbindung gebracht wurde (Spangenberg 1828; v. Op-permann/Schuchhardt 1888-1916). Be-reits vor über 100 Jahren wurde versucht, durch archäologische Grabungen Beweise dafür zu finden. Der Erste war C. Schuchhardt, der hier 1897 einen Wallschnitt durchführen ließ. Er nahm für seinen „Atlas vorgeschichtlicher Befe-stigungen in Niedersachsen“ (v. Oppermann/Schuchhardt 1888-1916) ein Aufmaß der Anlage auf und nutzte die Gelegenheit für eine begrenzte Grabung im Juli 1897. Im Jahre 1920 ließ er erneut den Spaten ansetzen und unter-suchte verschiedene Bereiche der Schanze, da-runter den Nordwall am Steilabfall zur Elbe und das Tor im Süden. Die Grabungen Schuchhardts wurden leider nie publiziert, es blieb bei der Vor-lage einzelner Scherben (Schuchhardt 1926, 108 Abb. 6h-k, 109 Abb. 7b,c,e, 110 Abb. 8l-q). Durch die Wirren des Krieges gingen sämtliche Funde und die gesamte Grabungsdokumenta-tion verloren. Das Fundeingangsbuch des Mu-

26 Die Ausgrabungen der Höhenbefestigungen auf dem Höhbeck wur-den nicht durch die DFG gefördert und waren nur durch die dan-kenswerte finanzielle Unterstützung der Gemeinde Höhbeck und der Samtgemeinde Gartow möglich.

Abb. 44: Vietze, Fpl. 67. Eine Münze des Vietzer Münzschatzes (Vorder- und Rückseite). Es handelt sich um einen Denar Heinrichs des Löwen aus der Münz-stätte Bardowik (1141-1180); M 1:1 (Fotos: H. Marx).

seums für Vor- und Frühgeschichte in Berlin ermöglicht eine Abschätzung der Fundmenge, die demnach nicht unerheblich gewesen ist. Et-liche Kisten mit Keramik sind dort eingetragen sowie einige Sonderfunde, darunter eine große Lanzenspitze und ein slawischer Messerschei-denbeschlag.

Nach dem Krieg griff E. Sprockhoff die For-schungen zum Höhbeck-Kastell wieder auf. Zwischen 1954 und 1964 führte er umfangrei-che Ausgrabungen innerhalb der Vietzer Schan-ze durch, insgesamt öffnete er fast 4.000 m2 (vgl. Saile 2007a, 113 Abb. 34 und korrigiert: Schneeweiß 2011, 372 Abb. 1). Dabei widme-te er sich einerseits in mehreren Wallschnitten dem Aufbau der Befestigung, andererseits ver-suchte er durch Flächengrabungen in der Innen-fläche Erkenntnisse zur Bebauung und Binnen-gliederung der Schanze zu gewinnen. Außerdem öffnete er teilweise die alten Grabungsschnitte Schuchhardts, um sich einen Überblick über dessen Aktivitäten und Befunde zu verschaffen. Sein Ziel war gleichfalls, Belege für eine karo-lingische Datierung der Vietzer Schanze zu fin-den. Aber weder das Fundmaterial noch die von ihm dokumentierten Befunde erlaubten eine eindeutige Zuordnung der Befestigung. Aus diesem Grunde blieben wahrscheinlich die Pu-blikationen auf die ersten Jahre beschränkt (As-mus 1958; Sprockhoff 1955, 1958a, 1958b), während die Unternehmungen der letzten Jahre lange unpubliziert blieben und teilweise erst in jüngster Vergangenheit eine Veröffentlichung erfuhren (Saile 2007a, 114-115 Abb.  35, 36; 2007b, 93-94 Abb. 4, 5). Dennoch gab es keine grundsätzlichen Zweifel an der Richtigkeit der These, dass es sich bei der Vietzer Schanze um das castellum hohbuoki handelte. Die Befunde Sprockhoffs zeigten eindeutige Brandspuren am Wall, die sich bis in den Wallkern hinein fortsetzten. Die Ausgrabungen am Tor zeigten darüber hinaus dessen Zweiphasigkeit: nach einer Brandzerstörung war es noch einmal er-neuert worden (Sprockhoff 1955, 61-62). Diese Beobachtungen trugen wesentlich zur Er-härtung der These bei, denn sie ließen sich gut mit den überlieferten historischen Ereignissen korrelieren. In den Fränkischen Annalen wird nämlich berichtet, dass die slawischen Wilzen im Jahre 810 das castellum hohbuoki überfielen und zerstörten (Annales a. 810). Diese Zer-störung schien sich nun in den dokumentierten heftigen Brandspuren an der Vietzer Schanze widerzuspiegeln. Der Wiederaufbau des Tores würde wiederum zu der Erwähnung für das Jahr 811 passen, in der es heißt, dass Karl der Große das Kastell wiedererrichten ließ (Annales a. 811). Ein weiteres wichtiges Argument lieferte die Onomastik, nachdem der Nachweis geführt werden konnte, dass sich das Wort ‚Höhbeck’

86 Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Jens Schneeweiß

von hohbuoki ableiten ließ (Wolf 1963).27 Die zunehmende Anwendung naturwissenschaft-licher Datierungen in der Archäologie führte auch zu dem Versuch, diese zur Datierung der Vietzer Schanze heranzuziehen. So wurde schon 1955 eine Radiokarbondatierung anhand eines Holzkohlestücks vorgenommen, das im Gra-ben gefunden worden war (Sprockhoff 1955, 67 Anm. 12; Saile 2007a, 112). Das Datum schien zunächst die Interpretation des Höh-beck-Kastells zu stützen, allerdings streute der 2δ-Bereich des kalibrierten Datums so weit, dass er zwar den fraglichen Zeitraum einschloss, aber auch andere Zeitstellungen nicht ausschloss.28

Für die Ergebnisse des DFG-Projektes war eine genaue zeitliche Einordnung möglichst aller mittelalterlichen Befestigungen der Höhbeck-Region von großer Wichtigkeit, denn nur so ließen sich wirklich zuverlässige Aussagen über den Gang der Entwicklung treffen. Die Vietzer Schanze spielte dabei gerade für die Frühzeit ein zentrale Rolle, wenn die Identifizierung mit dem Höhbeck-Kastell denn richtig war. Daher war ein neuerlicher Versuch seiner Datierung mit Hilfe der inzwischen wesentlich weiterent-wickelten naturwissenschaftlichen Methoden geplant. Es war durch die älteren Grabungen ja bekannt, dass Konstruktionshölzer im Wall der Befestigung verkohlt erhalten waren. Da-durch schien ein solcher Versuch durchaus er-folgsversprechend. Die dürftigen Ergebnisse der umfangreichen Ausgrabungen Sprockhoffs in der Innenfläche des Kastells zeigten mehr als deutlich, dass mit Flächengrabungen und durch das Fundmaterial allein keine zufriedenstellen-den Erkenntnisse zu erlangen waren. Einzig eine möglichst genaue Datierung konnte hier zum Ziel führen.29 Die Durchsicht der Funde aus den Grabungen Sprockhoffs30 im Vorfeld unse-rer Untersuchungen zeigte, dass der größte Teil des Fundmaterials einer älteren Siedlung der rö-mischen Kaiserzeit angehört, auf deren Gelände die Vietzer Schanze errichtet worden war. Unter den Funden befanden sich aber auch Holzkoh-

27 Demnach bedeutet hohbuoki ‚hoch gelegener Buchenwald’. Es er-folgte jedoch zunächst keine einheitliche Rezeption (pro: Schulze 1972, 4; contra: Harck 1972, 145 unter Berufung auf Schuch-hardt 1924, 58). Inzwischen scheint sich diese Ableitung weitge-hend durchgesetzt zu haben (Debus 1993, 54; Hardt 2001, 226; Saile 2007a, 112).

28 Untersuchung in Heidelberg. Labornummer: H 87-76. Radiokar-bonalter: 1070 ± 80 BP (Holzkohle); kalibriertes Kalenderdatum im 2δ-Bereich: 785-1162 cal. AD (Angaben nach Saile 2007a; bei Sprockhoff 1955, 67 Anm. 12: „885 nach Chr. Geb. + 80“).

29 Es ist der Gemeinde Höhbeck und der Samtgemeinde Gartow be-sonders hoch anzurechnen, dass sie durch ihre finanzielle Unterstüt-zung die Lösung dieses über 100 Jahre alten Forschungsdesiderats ermöglichten, nachdem die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Ministerium für Wissenschaft und Kultur Niedersachsen ent-sprechende Anträge abgelehnt hatten.

30 Das Fundmaterial befindet sich im Museum für das Fürstentum Lü-neburg.

lestücken aus dem Wallschnitt von 1964.31 Die dendrochronologische Analyse dieser Holzkoh-le ergab zwar kein statistisch zuverlässiges Da-tum, machte aber begründete Hoffnung, dass eine dendrochronologische Datierung mit Hilfe der verkohlten Hölzer bei einer aktuellen Gra-bung gelingen könnte.32

Im Herbst 2008 wurde im Westwall ein neuer Schnitt angelegt, da einzig dieser Wallabschnitt noch recht gut erhalten ist. Der Nordwall ist be-reits größtenteils den Steilhang hinabgestürzt, der Südwall vollständig abgetragen und der Ostwall ist vermutlich nie besonders hoch ge-wesen, da hier die tiefe Erosionsrinne des Thal-mühlenbachs natürlichen Schutz bietet. Sprock-hoff war im Westwall auf viele verkohlte Balken gestoßen. Daher war es überraschend, dass im neuen Wallschnitt ausschließlich Verfärbun-gen unverbrannter Hölzer zu sehen waren. Sie zeichneten sich durch horizontale bräunliche Tonanreicherungsbänder ab, die sich an den Stellen der inzwischen vergangenen Balken ab-gelagert hatten. Das Profil zeigte sehr deutlich den Aufbau des Walles aus Sand, in den quer zum Wallverlauf zur Stabilisierung Balken ein-gezogen waren (Beilage 1). Mächtige senkrechte Pfosten boten der Konstruktion zusätzlichen Halt. Spuren einer Mehrphasigkeit oder einer älteren, überbauten Anlage ließen sich nicht erkennen. Um das Ziel der Datierung weiterzu-verfolgen, wurde in nur wenigen Metern Entfer-nung der Wallschnitt Sprockhoffs von 1964 mit einer Sondage wieder geöffnet. Sein Profil mit den verkohlten Balken konnte wiederhergestellt sowie in mehreren Plana der verkohlte Wallfuß dokumentiert werden (Abb.  45). Als sehr lehr-reich erwies sich der Umstand, dass durch die beiden benachbarten Schnitte derselbe Befund in unterschiedlichen Erhaltungszuständen auf-geschlossen war – einerseits vollständig vergan-gen und andererseits mit Brandspuren und in Holzkohle erhalten.

Es wurden insgesamt 25 verkohlte Balken be-probt. Dazu wurden die Balken freigelegt und en bloc geborgen, da sie keine Stabilität aufwie-sen. Sie wurden größtenteils mehrfach gemes-sen.33 Für neun Balken konnten Datierungen erzielt werden, drei Proben erbrachten durch die erhaltene Waldkante sogar zuverlässige Fäll-jahre: 805, 809 und 810 A.D. (vgl. Tab.). Nach diesem Ergebnis kann die Identifizierung der Vietzer Schanze mit dem castellum hohbuoki Karls des Großen als gesichert gelten (Schnee-weiß 2009c; 2011). Die Übereinstimmung der

31 Für wertvolle Hinweise und Hilfestellungen danke ich Herrn Diet-mar Gehrke, Lüneburg.

32 Analyse und freundliche Mitteilung durch Dr. K.-U. Heußner, Deut-sches Archäologisches Institut Berlin.

33 Die Datierungen führte Dr. K.-U. Heußner im Dendrochronologi-schen Labor des Referats Naturwissenschaften an der Zentrale des Deutschen Archäologischen Instituts durch.

87Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

dendrochronologischen Datierungen mit dem Zeitraum der schriftlichen Erwähnungen dürf-te endgültig alle Zweifel beseitigen. Natürlich treten nun aber neue Fragen auf den Plan. Der Befund am Westwall ließ keine Mehrphasigkeit oder Reparaturen erkennen.34 Die Waldkan-tendaten datieren den gesamten Befund, auch wenn die um/nach-Daten teilweise deutlich äl-ter scheinen. Sie sind jedoch nur als termini post quem zu werten und bieten daher keine Gegen-argumente. Das jüngste verbaute Holz wurde 810 geschlagen, in dem Jahr, in dem die Wilzen nach Aussage der Schriftquellen das Höhbeck-Kastell eroberten. Das bedeutet, dass das Kastell im Jahre der Eroberung entweder noch im Bau oder gerade erst fertiggestellt worden war. Es ist nicht bekannt, wie lange der Bau einer so gro-

34 Nach diesem Befund muss die mehrfach geäußerte Vermutung, dass es sich bei der Vietzer Schanze um das Lager des römischen Feld-herrn Tiberius aus dem Jahre 5 n. Chr. handeln könne (Harck 1972, 147; Harck 1986, 97; Thieme 1986, 123-124), wohl als ob-solet gelten. Weder die jüngsten Datierungen noch der archäologi-sche Befund bieten Hinweise darauf, dass in karolingischer Zeit eine ältere, kaiserzeitliche Anlage genutzt worden sein könnte.

Abb. 45: Vietze, Fpl. 1 (Höhbeck-Kastell). Der in einer Sondage wieder geöffnete Wallschnitt von E. Sprockhoff aus dem Jahr 1964 brachte mächtige ver-kohlte Holzbalken zu Tage, die endlich die Datierung der Befestigung ermöglich-ten (Foto: Verf.).

Labornummer Holzart Fälljahr Bemerkung

C 51233 Eiche 810 Waldkante

C 52050 Ulme 809 Waldkante

C 52062 Ulme 805 Waldkante

C 52065 Eiche 734 um/nach

C 52067 Eiche 720 um/nach

C 52060 Eiche 719 um/nach

C 52068 Eiche 712 um/nach

C 52056 Eiche 686 um/nach

C 52074 Eiche 656 um/nach

ßen Befestigung tatsächlich gedauert hat. Mög-licherweise kann davon ausgegangen werden, dass der Bau im Jahr 808 begonnen wurde, als die Annalen vom Bau zweier Kastelle ohne na-mentliche Nennung an der Elbe berichten (An-nales a. 808), und bis 810 andauerte.

Es sei an dieser Stelle noch auf einen weite-ren, eher methodischen Aspekt aufmerksam ge-macht (vgl. auch Schneeweiß 2011, 375-376). Die Übersicht über die dendrochronologischen Daten führt die Problematik bei Datierungen von Holzkohle besonders deutlich vor Augen. Sie zeigt nämlich, dass das Risiko, mit der Da-tierung von Einzelproben ohne Waldkante er-heblich neben dem tatsächlichen Alter eines Befundes zu liegen, nicht unterschätzt werden sollte. Einem zu leichtfertigen Umgang mit naturwissenschaftlichen Datierungen ist nur durch die Einbeziehung möglichst großer Se rien und durch eine fehlerbewusste Interpretation der Daten zu begegnen.

2.2.2 Schwedenschanze (Brünkendorf 3)Unweit des höchsten Punktes des Höhbecks

und nur etwa 800 m von der Vietzer Schanze entfernt liegt eine weitere Höhenbefestigung, die so genannte Schwedenschanze. Weitere Bezeichnungen waren bis in die 1920-er Jahre Hexentanzplatz oder Blocksberg. Sie zeichnet sich durch einen teilweise noch in beachtlicher Höhe erhaltenen Wall aus, der ein heute bebau-tes Plateau umschließt und sich in einem Annex-Wall fortsetzt. Letzterer läuft hangabwärts zur Elbe hinunter und verflacht zusehends in Rich-tung Niederung, bevor er seicht ausläuft. Das führte zu der Ansicht, er sei nie fertig gebaut worden (Sprockhoff 1966, 221, 223; Saile 2007a, 88).

88 Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Jens Schneeweiß

In teressanterweise war über den Wallfuß aus Lehm eine fast 0,3 m mächtige Sandschicht auf-gebracht worden, die die Basis für den Wallkör-per aus Mergel bildete (vgl. Beilage 1). Dieses Detail erscheint aus statischen Gründen wenig sinnvoll und wirft hinsichtlich seiner Funktion daher Fragen auf. Deutlich abgesetzt zeigte sich eine jüngere Phase, in der der Wall mit dem glei-chen anstehenden Mergel nach außen erweitert und erhöht worden war. Das Alter dieser Auf-höhung blieb ungeklärt, eine vergleichsweise rezente Datierung kann nicht nur nicht ausge-schlossen werden, sondern ist sogar wahrschein-lich. Auf der Oberfläche des ursprünglichen Walles war es nämlich bereits zu einer ausge-prägten Bodenbildung gekommen (Beilage 1) und in unmittelbarer Nähe zum Wallschnitt waren Spuren tiefgreifender Erdarbeiten zu er-kennen, deren Aushub zur Aufhöhung des Wal-les beigetragen haben könnte. Dabei handelte es sich möglicherweise um einen alten Wall-schnitt, vielleicht sogar von C. Schuchhardt.38 Sehr interessant war die Gestaltung der Wall-innenfront, die – im Gegensatz zum übrigen Wallprofil – ausgeprägte Brandspuren zeigte. Hier bildete eine dichte Steinpackung aus Ge-schieben den Abschluss des Wallfußes, darin waren noch verbrannte Reste hölzerner Einbau-ten erkennbar. Eine tatsächliche Bebauung der Wallinnenfront ließ sich daraus allerdings nicht rekonstruieren. Bezieht man die Beobachtun-gen von Sprockhoff (1966, 222) mit ein, so handelte es sich um einen an der Wallinnenfront orientierten und entlangziehenden Graben, der auf ganzer Länge mit schwarzer Branderde und Holzkohle verfüllt war. Nachdenklich stimmt die Beobachtung, dass die Steine selbst keine Brandspuren zeigten, obwohl sie in direktem Zusammenhang mit den Holzkohlen und der Branderde standen. Ebenfalls an der Innenfront, und nur hier, fanden sich Brocken rotgebrann-ten Lehms, der als Brandversturz über der Stein-packung abgelagert war. Eine Interpretation des Befundes liegt zunächst nicht auf der Hand und gab auch schon früher Rätsel auf (Sprockhoff 1966, 222). Immerhin konnte von den nicht sehr zahlreichen Holzkohleproben ein Stück dendrochronologisch datiert werden. Es ergab einen terminus post quem von 730 AD für das Fälljahr.39 Die frühgeschichtliche Datierung der Anlage ist damit gesichert, das genaue Verhält-nis zum Höhbeck-Kastell kann damit aber nicht geklärt werden. Das Fundmaterial blieb sehr spärlich und leider vollkommen aussagelos. Ein funktionaler Zusammenhang mit dem Kastell, wie ihn bereits Schuchhardt erwog (v. Opper-

38 Diese Vermutung äußert Saile 2007a, 90; vgl. auch dortige Anm. 689. Es gibt dafür keine Belege.

39 Die Messung und Datierung wurde von Dr. K.-U. Heußner, Dendro-labor des Referats Naturwissenschaften, DAI Berlin, durchgeführt. Labornummer C 52079 (Eiche); Fälljahr um/nach 730

Abb. 46: Brünkendorf, Fpl. 3 (Schwedenschanze).

Die Ausgrabungen am Wall im November 2008 wurden

mit freiwilligen Helfern durchgeführt. Jahreszeit-

gemäße Witterungsver-hältnisse und fester Mergel

machten dies zu keinem leichten Unterfangen (Foto:

D. Schoder).

Diese Befestigung spielte bei der Suche nach dem Höhbeck-Kastell ebenfalls immer eine Rolle, wenn auch eine untergeordnete. Auch hier haben immer wieder archäologische Un-tersuchungen stattgefunden. Sie sind aller-dings nur sehr unzureichend dokumentiert und publiziert,35 Fundmaterial ist kaum mehr vor-handen.36 Wenige Funde slawischer Keramik sprachen immerhin für eine frühgeschichtliche Datierung der Anlage. Nach der Beschreibung handelte es sich am ehesten um mittelslawische Keramik (Sprockhoff 1966, 222 Abb.  5,4; Pudelko 1972a, 118 Abb.  2,21). Da der ge-naue Fundkontext sich nicht mehr nachvollzie-hen lässt, müssen diese Scherben nicht die An-lage selbst datieren, sondern könnten ebensogut zu einer späteren Begehung oder Nutzung gehö-ren.37 Letztlich waren also die meisten Fragen noch ungeklärt.

Nach Abschluss der Arbeiten an der Vietzer Schanze wurde im Herbst 2008 – ebenfalls mit Unterstützung der Samtgemeinde Gartow und der Gemeinde Höhbeck – an der Schweden-schanze ein Wallschnitt angelegt (Abb. 46). Dazu wurde ein Bereich gewählt, in dem der Wall zwar schon gestört schien, denn es war eine deutliche Einsinkung zu erkennen, aber den-noch recht hoch erhalten war. So wurde nicht zuviel Substanz des Denkmals zerstört, gleich-zeitig war dieser Bereich trotz der Bewaldung noch recht gut zugänglich. Der Aufbau des Walles unterschied sich grundsätzlich von dem des Kastells: eindeutige hölzerne Einbauten wa-ren hier nicht zu erkennen, sondern der Wall bestand im Wesentlichen aus dem stark kalk-haltigem Mergel, der an dieser Stelle ansteht.

35 Für eine Zusammenfassung der verschiedenen Aktivitäten und Un-klarheiten vgl. jüngst bei Saile 2007a, 90-91.

36 Lediglich einzelne Scherben im Lüneburger Museum bilden eine Ausnahme. Leider sind diese Scherben nahezu aussagelos.

37 In diesem Sinne auch Saile 2007a, 91.

89Göttinger Forschungen zur Ur- und Frühgeschichte • Band 1 • 2011

Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

mann/Schuchhardt 1888-1916, 53), kann nicht ausgeschlossen werden. Einer Nachnut-zung in mittelslawischer Zeit steht eine derar-tige Interpretation nicht entgegen.40 Aus stra-tegischen Gesichtspunkten liegt die Schweden-schanze günstiger als das Kastell, denn von ihr aus lässt sich Nordost- und Ostseite des Höh-becks und damit der Oberlauf der Elbe deutlich besser einsehen.

2.3 Der Burgwall im Elbholz (Gartow, Fpl. 2)Das Elbholz ist ein Waldgebiet östlich des

Höhbecks, in dem ein kleiner slawischer Ring-wall liegt. Auf der ältesten Karte dieser Region von 169541 ist dieser Burgwall als „die Burgk“ eingezeichnet. Der Wall erhebt sich deutlich über die Geländeoberfläche und ist daher gut zu erkennen. Er ist größtenteils noch gut erhal-ten, lediglich im Nordosten wurde im 18. oder 19. Jh. ein Teil des Walles abgegraben. Systema-tische Ausgrabungen hatten an diesem Burg-wall noch nicht stattgefunden,42 lediglich 1958 waren von Pudelko einige Sondagen angelegt

40 In diesem Sinne, gewissermaßen als slawischen Brückenkopf: Schuchhardt 1924, 62; Sprockhoff 1966, 223; Pudelko 1972a, 118; Wachter 1986, 140, 205.

41 „General Land- und Grentz-Carte von der Revier zwischen dem Aland, Elbe und Garte oder Seege Flus“. Vgl. Gartower Gefilde 1994.

42 Vgl. dazu Schneeweiß 2009a, 122-123, insbesondere Anm. 7.

worden (Grenz 1961, 31-33; Pudelko 1972a, 118-119; Saile 2007a, 87 Abb.  22). Schuch-hardt hatte im Jahre 1915 für den „Atlas vorge-schichtlicher Befestigungen in Niedersachsen“ offenbar nicht gegraben, sondern nur einen Plan und ein schematisches Wallprofil angefertigt (v. Oppermann/Schuchhardt 1888-1916, 90 Abb. 91).

Der Ringwall besitzt einen Durchmesser von etwa 50 m (Wallkrone), seine Innenfläche be-trug ursprünglich ca. 0,14 ha. Die Breite des Walles beträgt in seinem heutigen Zustand an der Basis etwa 14 m. Seine Höhe reicht heute noch 2-2,5  m über die Geländeoberfläche. Die Innenfläche der Burg fällt zur Mitte hin stetig ab und führt zu einer Senke, deren Niveau etwa 0,8 m unterhalb des Geländeniveaus außerhalb der Wallanlage liegt. In den Jahren 2005, 2006 und 2008 wurden am Burgwall Elbholz Ausgra-bungen durchgeführt, zunächst ein Wallschnitt, der später durch Grabungen in der Innenfläche ergänzt wurde (Abb. 47). Insgesamt konnten so etwa 80 m2 aufgedeckt werden. Die Untersu-chungen der ersten beiden Jahre 2005 und 2006 wurden kürzlich bereits vorgestellt (Schnee-weiß 2009a).

Im Wallprofil (Beilage 2) konnte im Außenbe-reich der Graben erfasst werden, der vollständig mit fluviatilen Sanden verfüllt war. Daher ist er

Abb. 47: Gartow, Fpl. 2 (Burgwall im Elbholz). Lageplan der Grabungs-schnitte und Bohrcatenae (grüne Linie); (Grafik: P. Fleischer).

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Jens Schneeweiß

im Gelände heute nicht mehr zu erkennen. Seine ursprüngliche Breite betrug etwa 10-12  m. Der Wall wies ursprünglich am Fuß eine Breite von ca. 6-8  m auf, nach außen schloss sich die Bermen-sektion an, die dann in den breiten Sohlgraben überging.

Der Wall war in typischer Holz-Erde-Kon-struktion errichtet worden, wobei mindestens zwei, wahrscheinlich sogar drei lehmgefüllte Kästen hintereinander standen. Das Holz war leider vollständig vergangen. Als Baumaterial wurde zum größten Teil der Aushub des Gra-bens genutzt. Die ursprüngliche Höhe des Wal-les dürfte mindestens 4-5  m betragen haben. Die Befestigung brannte nieder. Vor allem an ihrer Innenseite zeugen mächtige Holzkohle-schichten von verbrannten Wallaufbauten und Anbauten.43 Die Innenbebauung der Burg dürf-te ungefähr wallparallel ausgerichtet gewesen sein. Im Wallkern fand sich ein mächtiges Pa-ket ziegelrot gebrannten Lehms, das die untere Verfüllung der inneren Kastenreihe darstellte. Für ein großflächiges Schadensfeuer sprechen auch ähnliche Beobachtungen Pudelkos von viel Holzkohle und gebrannten Lehmbrocken an der Ostseite des Walles (Pudelko 1972a, 118-119). An der Wallaußenseite konnten kei-ne direkten Brandspuren dokumentiert werden, wohl aber größere Mengen Brandversturz, der von der Wallkrone in den Graben hineinge-rutscht war. Die Versturzschichten an Innen- und Außenseite scheinen in zwei Schüben ab-gelagert worden zu sein, zwischen denen aber

43 Die dendrochronologische Datierung der Holzkohlen durch K.-U. Heußner, Dendrolabor des DAI Berlin, erbrachte lediglich ein Datum ohne Waldkante (Labornummer C 43733, Eiche, um/nach 737), das daher als terminus post quem zu werten ist.

wahrscheinlich kein großer zeitlicher Abstand lag. Hinweise für einen Wiederaufbau fehlen. Der Ringwall hat wahrscheinlich nur über einen relativ kurzen Zeitraum bestanden. Ausdruck dessen ist auch die Geringmächtigkeit der Kul-turschicht im Wallinnern und die überschau-bare Menge des Fundmaterials. Es handelt sich hauptsächlich um Siedlungskeramik und Tier-knochen, herausragend ist lediglich ein spätka-rolingischer Stachelsporn mit Nietplattenende (Abb.  48 rechts) vom Ende des 9.  Jh. (Kind 2002, 288-289; Goßler 1999, 602-603; Schneeweiß 2009a, 125-126) sowie eine ver-zierte Scheibe aus Hirschgeweih, bei der es sich um einen Spielstein oder ein Amulett handeln könnte (Abb.  48 links). Die Keramik gehört zum überwiegenden Teil dem Feldberger und Menkendorfer Typ an, es gibt nur sehr wenige unverzierte Scherben (Abb.  49). Die Funde er-lauben eine Datierung in die zweite Hälfte des 9. Jh. bzw. an den Beginn des 10. Jh. Demnach dürfte der Burgwall im Elbholz etwa im letzten Drittel des 9. Jh. errichtet und noch vor der Mit-te des 10. Jh. zerstört worden sein.

Dies unterstreichen auch die Ereignisse kurz nach der Zerstörung der Burg, die sich vor al-lem in der Grabenverfüllung widerspiegeln. Auf die Brandversturzschichten folgten hier mächtige fluviatile Sande. Sie sind das Ergebnis eines Materialtransports durch ein Fließgewäs-ser, möglicherweise durch einen Elbarm (vgl. Beitrag Schatz). Die Burg muss demnach ver-hältnismäßig bald nach ihrer Zerstörung von gehörigen Wassermassen umspült worden sein, die allerdings nicht in das Innere der Burg dran-gen, denn hier fehlen vergleichbare fluviatile Ab-lagerungen. Offensichtlich war der Bereich des

Abb. 48: Gartow, Fpl. 2 (Burgwall im Elbholz). Kulturschicht im Wallinnern. Links: Verzierte Geweihscheibe; M 1:1. Rechts: Spätkaro-lingischer Nietplattensporn; M 1:2 (Zeichnung: P. Fleischer).

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Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

Abb. 49: Gartow, Fpl. 2 (Burgwall im Elbholz). Auswahl der Keramik aus der Kulturschicht im Wallinnern; M 1:3 (Zeichnungen: J. Rohlf ).

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Tores, das leider nicht lokalisiert werden konnte, zu jenem Zeitpunkt bereits vollständig verschüt-tet. Dieses Ereignis hat mit großer Wahrschein-lichkeit noch im 10. Jh. stattgefunden, wie eine OSL-Datierung44 der Sandablagerungen nahe-legt (Schneeweiß 2009a, 127). Es zeigt da-mit auffällige Parallelen zu den Beobachtungen westlich des Höhbecks im Seege-Mündungsge-biet und bietet einen wichtigen Hinweis auf sei-ne Großräumigkeit (vgl. Beitrag Schatz).

Die wenigen Befunde im Innern des Burg-walls lassen keine zuverlässige Rekonstruktion seiner Innenbebauung zu. Aufgrund des starken Baumbestandes und relativ vielen Totholzes mussten die Grabungsflächen sehr klein bleiben (Abb. 50). Es zeigte sich, dass in der Neuzeit die Bewohner der benachbarten Katen den Burg-wall zur Entsorgung ihrer Abfälle nutzten. Dies

44 Die Datierung wurde von E. Sibilia, CuDAM, Laboratorio di Ter-moluminescenza (Milano) durchgeführt. Probennummer 051119/2 (Labor-Code: OSL GeLe1); Datierung: 800-1000 AD (1 Sigma). Zur Methode vgl. auch Schneeweiß 2007c.

Abb. 50: Gartow, Fpl. 2 (Burgwall im Elbholz). Die Grabungsfläche von

Schnitt 4 in der Innenfläche des Walles im Herbst 2006

(Foto: Verf.).

Abb. 51: Gartow, Fpl. 2 (Burgwall im Elbholz). Die Senke im Zentrum

der Wallinnenfläche geht auf die Baugrube eines

Brunnens zurück, der of-fenbar nicht fertig gebaut

wurde (Befund 14). In der Neuzeit entsorgten die

Anwohner hier ihren Müll (vgl. Abb. 52); M 1:40

(Zeichnung: Verf.).

betraf vor allem das „Wasserloch“ (so A. Pudel-ko, zitiert in Grenz 1961, 32) im Zentrum des Burgwalls. Bei dieser über 2 m tiefen annähernd runden Grube mit relativ homogener stark leh-miger fundarmer Verfüllung handelte es sich offenbar um eine Baugrube für einen Brunnen, der allerdings nie fertig gebaut wurde, denn es fanden sich keinerlei Spuren von Holzeinbauten oder Aussteifungen (Abb.  51). Diese wären je-doch unbedingt notwendig gewesen. Außerdem war der untere Teil der Grube offensichtlich bald nach dem Ausheben zügig verfüllt worden. Der obere Bereich dieser Grube, die sich noch heute deutlich als Senke (oder eben „Wasser-loch“) abzeichnet (vgl. Abb.  51), war mit gro-ßen Mengen neuzeitlicher Keramik (Abb.  52) und anderen Abfällen verfüllt.

Im Spätsommer 2007 wurden zusätzliche Bohr-unter suchungen45 am Burgwall im Elbholz durch-geführt, um das Vorhandensein einer Vorburg-siedlung zu klären und diese gegebenenfalls zu lokalisieren. Dabei wurden 76 teilweise mehrere Meter tiefe Bohrungen in zwei senkrecht zuein-ander liegen den Catenae abgeteuft. Die erbohrten Besiedlungsspuren in der Innenfläche des Walles blieben – wie in den Sondagen – gering. Fast um den gesamten Burgwall konnte allerdings der Graben nachgewiesen werden. Die Auswertung ergab lediglich zwei Möglichkeiten, in welcher Richtung eine Vorburg siedlung bestanden haben könnte, der positive Nachweis durch Bohrungen gelang nicht. Eine Möglichkeit wäre südlich vom Wall gelegen, wo in einer größeren Entfernung Brandspuren in Form von Brand lehm auftraten, jenseits des Grabens und zu weit, um vom Wall gerutscht zu sein. Die andere Möglichkeit ist in Richtung der rezenten Bebauung (Nordosten) zu

45 Die Bohrungen wurden von V. Kultan, TU Braunschweig, durchge-führt.

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Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

Abb. 52: Gartow, Fpl. 2 (Burgwall im Elbholz). Auswahl der neuzeitlichen Funde aus dem oberen Bereich der Senke im Zentrum der Wallinnenfläche (Befund 13); M 1:3 (Fotos: Verf.).

suchen, denn hier ließ sich der ansonsten rings um den Wall vorhandene Graben nicht sicher nach-weisen. In dem Bereich, wo heute die Gebäude stehen, scheint auch früher schon der siedlungs-günstigste Platz in der unmittelbaren Umge bung des Ringwalles gelegen zu haben. Der Bereich erwies sich allerdings durch verschiedene Boden-eingriffe in der Vergangenheit als teilweise tief-greifend gestört, so dass fraglich erscheint, ob sich hier möglicherweise einst vorhandene Siedlungs-res te überhaupt nachweisen lassen würden. Die Frage nach einer Vorburgsiedlung im Elbholz kann also letztlich nicht geklärt werden.

3 Der historische Rahmen

Das historische Rahmengeschehen reicht von der Einwanderung der Slawen in die mitt-lere Elbregion bis zu ihrer Integration in das Deutsche Reich durch die Vorgänge der hoch-mittelalterlichen Ostsiedlung. Die Anfänge lie-gen weitgehend im Dunkel der Geschichte, die Schriftquellen sind rar und setzen erst ein, als die Slawen bereits da sind.

Von besonderer Bedeutung für die Höhbeck-region sind die Vorgänge um die Wende vom 8. zum 9. Jh., als nach dem Ende der Sachsenkriege

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die Ostgrenze des Fränkischen Reiches hier eine Konsolidierung erfuhr, sowie das 10. Jh., als die Ottonen weite Teile des slawischen Stammesge-bietes in tributäre Abhängigkeit brachten. Für diese wichtigen Zeitabschnitte lassen sich die archäologischen Erkenntnisse in beachtlichem Maße mit der historisch überlieferten Ereignis-geschichte verknüpfen.

Die Fränkischen Annalen berichten über mehrere Ereignisse, die mit der Elbe in Zusam-menhang stehen. Im Jahre 789 zog Karl der Gro-ße über die Elbe gegen die Wilzen, wobei mög-licherweise bereits fränkische Befestigungen im Höhbeckgebiet angelegt wurden (Langen 1989, 206-207, Saile 2007b, 91; so auch schon Schuchhardt 1924, 57-58). Für das Jahr 808 wird wiederum von der Errichtung zweier Befes-tigungen an der Elbe berichtet, die allerdings noch nicht namentlich genannt werden. Es ist naheliegend, einen Zusammenhang mit dem Feldzug Karls des Jüngeren gegen die Linonen und Smeldinger zu vermuten, der ebenfalls am Höhbeck die Elbe überschritten haben könnte. Über die Linonen und das genaue Verhältnis zwischen ihnen und den karolingisch-sächsi-schen Nachbarn sind etliche Fragen ungeklärt (vgl. dazu Beitrag Rossignol). Zwei Jahre später wird dann das Höhbeck-Kastell (castellum hoh-buoki) erstmalig erwähnt, als es von den Wil-zen zerstört wird, im Folgejahr 811 dann zum zweiten und letzten Mal, als der Auftrag ergeht, es wieder herzustellen. Im Kastell lag eine ost-sächsische Besatzung unter dem kaiserlichen Legaten Odo, der bei dem Angriff 810 ums Le-ben kam. Es muss im Umfeld des Höhbecks ein gewisses sächsisches Hinterland gegeben haben, wenn das Kastell nicht von vornherein auf ver-lorenem Posten gestanden haben soll. In diesem Sinne könnten Meetschow, das Kastell und un-ter Umständen auch die Schwedenschanze eine funktionale Einheit als sächsisch-fränkischer Vorposten an der Elbe gebildet haben, denn ansonsten sind die Spuren sächsischer Besied-lung in der weiteren Höhbeckregion dürftig. In diesem Zusammenhang muss auch das Dieden-hofener Kapitular von 805 Erwähnung finden, in dem unter anderem die Grenzhandelsorte an der Ostgrenze des Fränkischen Reiches aufge-listet werden. Die von Norden nach Süden auf-gezählten Orte sind alle bis auf Breemberga und Schezla recht sicher lokalisiert. Schezla wird zwischen Bardowick und Magdeburg erwähnt und konnte bislang nicht überzeugend verortet werden. Es wurden u. a. auch verschiedene Plät-ze im Jeetzel-Raum vorgeschlagen (vgl. Beitrag Linnemann),46 wobei Schuchhardt (1924, 63; 1943) seinen Vorschlag beim Dorf Jeetzel süd-

46 Z. B. Schuchhardt 1924, Schuchhardt 1943, Schulze 1972, Tempel 1991, Wachter 1998; Gröll 1994 schlägt dage-gen eine ganz andere Lokalisierungsmöglichkeit zwischen Erfurt und Hallstadt vor, in diesem Sinne auch Saile 2007b, 94 Anm. 35.

lich von Lüchow ausdrücklich im Zusammen-hang mit dem Höhbeck-Kastell sah. Die meisten Lokalisierungsversuche beziehen sich auf ono-mastische Überlegungen, aus archäologischer Sicht konnte bislang jedoch noch kein Standort überzeugende Argumente liefern.47 Es spricht einiges dafür, dass die sächsische Siedlung von Meetschow mit dem in den Quellen genannten sächsisch-fränkischen Grenzhandelsort Schezla identisch ist (Schneeweiß 2010c; siehe un-ten). Schezla wird nur ein einziges Mal erwähnt, nach der Nennung im Diedenhofener Kapitu-lar von 805 verschwindet der Name im Dun-kel der Geschichte. Auch das Höhbeck-Kastell wird nach 811 nie wieder genannt. Nach dem Tode Karls des Großen im Jahre 814 schweigen die Schriftquellen bis zum 10. Jh. generell über die Region an der Mittelelbe. Der Einfluss der Zentralmacht ging in dieser Zeit stark zurück, die Vorgänge an der Peripherie lassen sich aus den Quellen nicht erschließen. Offensichtlich wurde das Gebiet um den Höhbeck im 9. Jh. von den Sachsen verlassen und von den Slawen besiedelt, ohne dass sich dieser Prozess in der Überlieferung niederschlug. Erst mit der otto-nischen Expansionspolitik im 10. Jh. und dem erneuten Erstarken der obodritischen Samtherr-schaft erscheint dieser Raum im Zusammen-hang mit den Slawen erneut in den Quellen. Die Schriftquellen berichten, dass der ostfränkische König Heinrich I. im Jahre 929 die Linonen in einer Schlacht an der Elbe unterwarf, der so ge-nannten Schlacht bei Lenzen (Widukind I/36, Thietmar I/10). Bislang wurde immer davon ausgegangen, dass die damals eroberte Burg mit der heutigen Burg von Lenzen identisch ist. Aus-grabungen in Lenzen haben allerdings gezeigt, dass die älteste nachweisbare Burganlage an die-sem Ort nicht vor den 940-er Jahren errichtet wurde und daher nicht in Zusammenhang mit der erwähnten Schlacht gebracht werden kann (Kennecke 2006; vgl. Beitrag Kenne cke). Wie auch die aktuelle Neubewertung der Quellen zu jener Schlacht verdeutlicht (Beitrag Rossignol), ist eine Bindung an den Ort Lunkini (Lenzen) für die Lokalisierung des Geschehens nicht zwingend. Die Nennung des Namens Lunkini wurde erst einige Jahrzehnte nach der Schlacht hinzugefügt, als die älteste Burganlage in Len-zen nachweislich schon bestand.48 Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, dass die besagte Schlacht in der Mittelelbregion um den Höhbeck statt-fand. Zum einen ist es unwahrscheinlich, dass die Verbindung des Ereignisses mit Lenzen so verhältnismäßig kurz danach gewählt wor-

47 Gegen eine Identifizierung von Schezla mit der Siedlung am Hitz-acker-See auf Grundlage des archäologischen Befundes vgl. Linne-mann 2009, 160-161 und Beitrag Linnemann in diesem Band.

48 In den zeitgenössischen Corveyer Annalen (a. 929; 112) heißt es lediglich iuxta flumen quod uocatur alpia (in der Nähe des Flusses, der die Elbe genannt wird).

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Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

den wäre, wenn der Ort weit vom eigentlichen Schauplatz entfernt gewesen wäre. Zum anderen ist es naheliegend, dass der strategisch wichtige Elbübergang am Höhbeck Ziel eines militäri-schen Angriffs Heinrichs wurde, wenn er in sla-wischer Hand gelegen hat. Es wird schwerlich möglich sein, den genauen Ort der Auseinan-dersetzung mit Sicherheit zu lokalisieren, aber eine Beteiligung aller seinerzeit um den Höh-beck existierenden Befestigungen am Gesche-hen dürfte mehr als wahrscheinlich sein. Nach Aussage der Archäologie sind dies die Burg-anlagen von Meetschow I, Lenzen-Neuehaus (Biermann/Goßler 2007, 265) und mögli-cherweise die Burg im Elbholz.

Im Frühmittelalter gab es vielfältige Formen der Abhängigkeit zwischen den westlichen Machthabern und den slawischen Nachbarn. Es herrschte eine breite Spanne zwischen bloßen Tributzahlungen und direkter Unterwerfung. So uneinheitlich die gesellschaftliche Organi-sation der Slawen zwischen Elbe und Oder war, so differenziert gestaltete sich auch die jewei-lige Politik der Ottonen zur Durchsetzung ih-rer Ziele. Machtstrukturen sind archäologisch höchstens indi rekt nachweisbar. Die beiden Sachsenpfennige des 10. Jh. aus der slawischen Siedlung Vietze 63 belegen deutlich den ottoni-schen Einfluss, wenngleich seine Art und Stärke daraus nicht abgelesen werden kann. Zusammen mit den Ereignissen von 929 kann aber mit eini-ger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich die gesamte Höhbeck-Region seither in ottonischer Abhängigkeit befand. Die Bezüge zum großen Slawenaufstand von 983 sind auf der Lenzener Elbseite klarer im archäologischen Befund zu fassen als linkselbisch (vgl. Beitrag Kennecke). Dennoch gibt es einige Hinweise auf Veränderungen im Siedlungsgeschehen in diesem Zeitraum. Möglicherweise haben auch Umwelteinflüsse auf die Geschehnisse in je-ner Zeit gewirkt, denn besonders für die zwei-te Hälfte des 10. Jh. lassen sich einige Stark-ereignisse nachweisen, die für eine gesteigerte Flussdynamik sprechen (vgl. Beitrag Schatz). Es liegt auf der Hand, dass dies einen erheblichen Einfluss auf das Siedlungsverhalten der hier le-benden Menschen hatte.

Es ist bemerkenswert, dass die Sachkultur der Slawen relativ schnell im Verlaufe des 11. und 12.  Jh. assimiliert wurde. Es kam zu Sied-lungsaufgaben und Siedlungsverlagerungen. Das spätslawische Fundmaterial von den mit-telalterlichen Fundplätzen am Höhbeck tritt mengenmäßig deutlich hinter das mittelslawi-sche zurück. Die genauen Ursachen dafür sind schwer zu identifizieren, aber es ist wohl davon auszugehen, dass sie überwiegend politischer Natur sind.

4 Ergebnisse und Schlussfolgerungen

Der derzeitige Stand der Auswertungen der Forschungen am Höhbeck lässt bereits weitrei-chende Schlussfolgerungen von überregionaler Bedeutung für die Zeit des slawischen Mittelal-ters zu, auch wenn diese zum Teil noch hypothe-tischen Charakter tragen.

Eine zentrale Rolle spielen dabei die Fund-plätze Meetschow 1, Brünkendorf 13 und Viet-ze 63/67 im Seegemündungsgebiet sowie das Höhbeck-Kastell. Die Ergebnisse der dortigen Ausgrabungen erlauben es, den Gang der hi-storischen Entwicklung nachzuzeichnen, da sie einige Verknüpfungen mit der überlieferten Er-eignisgeschichte aufweisen.

Der älteste Nachweis slawischer Besiedlung links der Elbe findet sich in der frühen Siedlung von Meetschow, die offensichtlich im 8. Jh. an-gelegt wurde. Ohne das archäologische Fund-material überstrapazieren zu müssen, kann wohl mit Recht von einem gemeinsamen Aufenthalt von Sachsen und Slawen in dieser Siedlung aus-gegangen werden. Besonders das Keramikspek-trum spiegelt das wider, denn hier finden sich eindeutig slawische Gefäße vom Sukower Typ neben sächsischen Gefäßformen (Steilrandtöp-fe, Eitöpfe, frühe Kugeltöpfe). Der Charakter der Befunde und des gesamten Fundspektrums der ‚Alten Burg’ von Meetschow lässt erkennen, dass es sich hier nicht um eine einfache Siedlung gehandelt hat. Es ist davon auszugehen, dass nicht die Slawen hier wohnten, sondern dass es sich um eine sächsische Niederlassung handel-te, in der gelegentlich Slawen anwesend waren. Möglicherweise lässt sich hier der im Dieden-hofener Kapitular von 805 erwähnte Grenzhan-delsort Schezla lokalisieren. Es spricht einiges dafür, dass das linkselbische Gebiet in jener Zeit sächsisch war, auch der Fund einer Heiligenfibel bei Vietze bietet ein weiteres Argument dafür. Chemische und Dünnschliffanalysen49 der als sächsisch bzw. slawisch angesprochenen Kera-mik aus Meetschow erbrachten ein interessan-tes Ergebnis. Die festgestellten vier verschie-denen Warenarten (Abb.  53a-d) korrelierten zwar nicht mit der archäologischen Ansprache der Keramik, so dass allein auf dieser Grundla-ge keine Differenzierung zwischen sächsischer und slawischer Keramik vorgenommen werden kann. Die Herstellungstechnik war offenbar mehr oder weniger die gleiche, mit der Ausnah-me, dass einige slawische Gefäße aus grobem Ton hergestellt wurden. Die chemischen Ana-lysen legen jedoch die Interpretation nahe, dass die Gefäße von unterschiedlichen Orten inner-

49 Die Dünnschliffe wurden unter dem Polarisationsmikroskop un-tersucht. Außerdem wurde die ICP (Inductively Coupled Plasma)-Analyse verwendet, um anhand der Probenchemie die geographische Herkunft der Keramik festzustellen (Brorsson 2009, 5-6). Vgl. auch Brorsson 2010.

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Jens Schneeweiß

halb der Region stammen. Sie wurden sicher nicht an einem Ort hergestellt, aber auch nicht weiter weg. Das könnte als Hinweis auf einen Handelsplatz lokaler Bedeutung in Meetschow verstanden werden, der von Leuten aus verschie-denen Siedlungen der Region besucht wurde (Brorsson 2009, 10-11).

Eine Gleichsetzung der alten Siedlung in Meetschow allein mit Schezla dürfte m. E. je-doch zu kurz greifen. Wahrscheinlich muss der gesamte Raum der heutigen Seegemündung in-klusive Höhbeckbefestigungen mit einbezogen werden. Meetschow-Schezla dürfte nicht nur Grenzhandelsort, sondern auch Garnison und Lager für das Höhbeck-Kastell gewesen sein.50 Damit lassen sich die Befunde in Meetschow am ehesten in Einklang bringen. Auch ergäbe es wenig Sinn, die Elbe allein von einem hoch über ihr gelegenen Kastell kontrollieren zu wol-len. Von dort hat man zwar einen weiten Blick ins Land, aber der zu kontrollierende Weg führt dort sicher nicht vorbei, sondern in der Niede-rung an der Furt – dort wo die Meetschower Burg gelegen hat. Selbstverständlich muss der These, dass Schezla am Höhbeck lag, während der laufenden Auswertungen noch gezielt nach-gegangen werden, um sie zu untermauern und tragfähig zu machen, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt scheinen aus archäologischer Sicht mehr Argumente dafür zu sprechen als dagegen (vgl. Schneeweiß 2010c).

Klare Siedlungshinweise aus den Jahrhunder-ten unmittelbar davor, dem 6./7. Jh., fehlen bis-lang, so dass die frühmittelalterliche Besiedlung der Höhbeckregion wohl hauptsächlich im Zu-sammenhang mit der Grenzfestlegung Karls des Großen und seiner Heerzüge zu sehen ist. Auch der Befund, dass nach dem Tode Karls des Gro-ßen im Jahre 814, als der Einfluss des Reiches besonders in der Peripherie spürbar abnahm, offenbar alle drei Anlagen (die ältere befestig-te Meetschower Siedlung, das Höhbeck-Kastell und die Schwedenschanze) zügig aufgegeben wurden, weist in diese Richtung. Der weit im Osten gelegene Vorposten am Höhbeck konn-te sich ohne starkes Hinterland nicht gegen die erstarkenden slawischen Stammesfürsten halten. Von nun an, seit der zweiten Hälfte des 9. Jh., ist die slawische Besiedlung linkselbisch zweifelsfrei nachgewiesen, und zwar sowohl durch Siedlungsplätze als auch durch Befesti-gungen (Elbholz, Meetschow I und II). Die sla-wische Besiedlung erfolgte offenbar erst nach dem Auflassen des Kastells und der Siedlung in

50 Hier klingt bereits ein Thema an, dass an anderer Stelle noch aus-führlicher diskutiert wird, nämlich welchen Charakter die erwähn-ten Grenzhandelsorte eigentlich gehabt haben. Was muss sich unter Schezla im Jahre 805 vorgestellt werden? Waren diese Orte tatsäch-lich große Warenumschlagsplätze oder eher eine Art Zollstation mit „kleinem Grenzverkehr“? Was wurde verhandelt und was davon kann wie archäologisch nachgewiesen werden? Vgl. dazu vor allem Schneeweiß 2010c.

Meetschow, wahrscheinlich um die Mitte des 9.  Jh. Ob dieses Gebiet dann tatsächlich zum linonischen Stammes gebiet gehörte,51 kann ar-chäologisch wahrscheinlich nicht verlässlich ge-klärt werden. Ein sächsisch-fränkischer Einfluss wird hier frühestens im 10. Jh. wieder spürbar. Möglicherweise bildete seit der Mitte des 9. Jh. der unwirtliche Drawehn, gewissermaßen in Ver-längerung des limes Saxoniae, de facto die Gren-ze des Reiches zu den Slawen (vgl. Abb.  54).52 Dies steht den Auffassungen entgegen, dass das Hannoversche Wendland seit Karl dem Großen fest ins Reich integriert gewesen wäre (Wach-ter 1997/98, 156ff.; Schmauder 2000, 66; Ruchhöft 2008, 70), würde jedoch die auf-fällige Diskrepanz zwischen Ortsnamengrenze und der Elblinie als Reichsgrenze (vgl. Lübke 2001, 66 Abb.  1) lösen helfen. Diese Grenz-verlagerung in Richtung Drawehn, verbunden mit einem Bevölkerungswechsel, könnte zudem eine Erklärung dafür bieten, weshalb der Name Schezla nicht weiter mit dem verlassenen Orte verbunden blieb.

Erst seit dem 10. Jh. gibt es wieder schrift-liche Nachrichten aus der Höhbeck-Region, wahrscheinlich wurde sie in der so genannten Schlacht bei Lenzen von 929 in westliche Ab-hängigkeit gebracht. Die bisherigen Ansichten zur so genannten Schlacht bei Lenzen sind be-gründet nicht mehr haltbar. Die Lokalisierung der 929 eroberten Burg muss neu diskutiert wer-den, nachdem sich in Lenzen keine Burganlage dieser Zeit nachweisen ließ (Kennecke 2006; vgl. Beitrag Kennecke) und auch die zeitgenös-sischen Schriftquellen nur von der ‚Schlacht an der Elbe’ sprechen (vgl. Beitrag Rossignol). Die etwa 40 Jahre spätere Verbindung dieses Ereig-nisses mit dem dann schon bestehenden Lenzen (Widukind I/36) macht immerhin eine Veror-tung in die Mittelelbregion am Höhbeck wahr-scheinlich. Biermann/Goßler (2007, 265) nehmen Lenzen-Neuehaus dafür in Anspruch, doch auch die Meetschower Burg des 10. Jh. dürfte bei jenen Ereignissen eine nicht unbedeu-tende Rolle gespielt haben, da sie für das Jahr 929 eine Ausbauphase aufweist (Schneeweiß 2007a, 2007b; siehe oben). Da zu Beginn des 10. Jh. wahrscheinlich das gesamte Gebiet um den Höhbeck slawisch war, könnte die besagte Auseinandersetzung beidseits des Höhbecks, auch in der Seegeniederung bei Meetschow, stattgefunden haben. Eine Beteiligung der Bur-gen im Elbholz und Lenzen-Neuehaus, die beide einen finalen Zerstörungshorizont am Beginn des 10. Jh. aufweisen, ist möglich und sogar wahrscheinlich.

51 In diesem Sinne z. B. Hardt 1991, 2002; Hardt/Schulze 1992.

52 So auch Hardt 2000 (50-53 und Abb. 4), der vor allem onoma-stische Argumente heranzieht. Vgl. dazu auch Saile 2007b, 90 Anm. 19.

a)

b)

c)

d)

Abb. 53: Dünnschliffe von Proben verschiedener

Warengruppen der Keramik des 8. Jh. aus Meetschow,

Fpl. 1. a) Warengruppe Ia; b) Warengruppe Ib; c) Warengruppe II;

d) Warengruppe III (Fotos: T. Brorsson)

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Sachsen, Franken, Slawen – zur Geschichte einer Grenzregion an der Elbe

Im 10. und vor allem im 11. Jh. kam es zu einer Blütezeit der slawischen Besiedlung am Höh-beck, besonders im Seegemündungsgebiet. Die Burganlage im Elbholz wurde nach ihrer Zerstö-rung nicht wieder aufgesucht. Abgesehen von der Zerstörung der Burg durch ein Schadens-feuer könnte ein Hochflutereignis in der zwei-ten Hälfte des 10. Jh. und damit einhergehende Vernässung53 ein Grund dafür sein (vgl. Beitrag Schatz), denn andernorts lässt sich vielfach eine spätere Nutzung auch von zerstörten Burganla-gen nachweisen.54 In der Seegemündung dagegen befand sich mit der Burganlage von Meetschow und den Siedlungen Brünkendorf 13 und Vietze 63 eine Art Burg-Siedlungs-Komplex. Denkbar wäre beispielsweise eine funk tionale Teilung zwischen befestigtem Macht- oder administra-tivem Zentrum in Meetschow und den unbe-festigten Produktions- und Han dels orten in Brünkendorf 13 und Vietze 63. Zahlreiche Fun-de in den Siedlungen belegen, dass der Handel hier eine wichtige Rolle gespielt hat. Dies sind für das 10. Jh. besonders zwei Sachsenpfennige und für die folgende Zeit zahlreiche Münzfun-de (v. a. niederelbische Agrippiner), Gewichte und ein Waagbalken. Während der insgesamt fast 1000 m2 umfassenden Aus grabungen in

53 Hier kann auch eine Erklärung dafür gefunden werden, dass in der weiteren Umgebung des Burg walles kei ne Siedlungsplätze bekannt sind, obwohl sie einst vorhanden gewesen sein müssen. Es muss da-von aus gegangen werden, dass solche Plätze entweder erodiert oder unter einer teilweise beträcht lichen Sedimentabdeckung verborgen sind. Beides macht ein Auffinden dieser Siedlungen nahezu un mög-lich.

54 So in Meetschow (Schneeweiß 2007a; 2007b, siehe oben) oder in Lenzen-Neuehaus auf der gegenüberliegenden Elbseite (Bier-mann/Goßler 2006; 2007).

Meetschow wurden keine vergleichbaren Funde gemacht, dafür allerdings einige Funde, die auf die Anwesenheit gehobenerer sozialer Schich-ten verweisen. Hier sind in erster Linie mehrere Reitersporen oder Importkeramik (gelbe Irden-ware) zu nennen. Solche räumlich und funktio-nal getrennten Burg-Siedlungs-Komplexe sind aus mehreren Beispielen bekannt, v. a. im süd-lichen Ostsee raum.55 Ein derartiges Modell für den Burg-Siedlungskomplex im Mittelelbgebiet anzunehmen scheint daher beim derzeitigen Stand der Auswertungen zulässig , wenngleich das Ausmaß des Handels im Moment noch schwer zu ermes sen ist.

Die Ereignisse um 983 haben auf der linken Elbseite keine klaren Bezüge im archäologischen Grabungsbefund hinterlassen. Möglicher weise lässt sich die Errichtung der Burg Meetschow II in diesen Zeithorizont datieren. In der zweiten Hälfte des 10. Jh. haben Umwelt verän derungen wohl nicht nur das lokale Siedlungs geschehen entscheidend beeinflusst, sondern dadurch un-ter Umständen auch poli tische Entwicklungen.

Im Laufe des 11. Jh. verlor die Meetschower Burganlage an Bedeutung, während die Siedlun-gen in Brünkendorf 13 und Vietze 63 florierten. Allerdings erfuhren auch sie, wahrscheinlich im Zusammenhang mit der hochmittelalterlichen Ostsiedlung im 12. Jh., tiefgreifende Verände-rungen. Brünkendorf 13 wurde als Siedlungs-standort aufgegeben, nachdem bereits deutsche Einflüsse im Fundmaterial spürbar wurden. Die Siedlung Vietze 63 dagegen verlagerte sich

55 Z. B. Alt-Lübeck: Neugebauer 1964/1965, Willroth 1985, An-dersen 1988a, 1988b; Usedom: zuletzt Biermann/Rębkowski 2007; Wolin: zuletzt Wehner 2007.

Abb. 54: Nordostnie-dersachsen mit der Lage von Bardowick, des Dra-wehns, des Höhbecks mit Meetschow und Lenzens (Grafik: Verf.).

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Jens Schneeweiß

langsam hangaufwärts in Richtung der heutigen Ortslage. Die Vietzer Kapelle, das älteste Stein-gebäude am Höhbeck, könnte mit dem heute wüst gefallenen Dorf in Zusammenhang stehen, das die Nachfolgesiedlung von Vietze 63 dar-stellte. Es mag sein, dass die Bewohner beider slawischen Dörfer sich in diesem heute wüsten Dorf und später wohl auch in dem als Rundling gegründeten heutigen Dorf Vietze ansiedelten. Aus den archäologischen Quellen lässt sich al-lerdings nicht ablesen, wie diese Vorgänge im Einzelnen vonstatten gingen.

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Jens Schneeweiß

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Jens Schneeweiß

Anschrift des Verfassers:

Dr. Jens SchneeweißGeorg-August-Universität GöttingenSeminar für Ur- und FrühgeschichteNikolausberger Weg 1537073 Göttingen

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