Gerechter Krieg und himmlische Ordnung. Chinesischer Realismus zwischen Relativismus und...

19
Erschienen in: Antonius Liedhegener & InesJacqueline Werkner (Hrsg.) (2009): Gerechter Krieg – Gerechter Frieden. Religionen und friedensethische Legitimationen in aktuellen militärischen Konflikten, Wiesbaden, 295318. Gerechter Krieg und himmlische Ordnung. Chinesischer Realismus zwischen Relativismus und Universalismus Nadine Godehardt & Oliver W. Lembcke 1 Einleitung In den gegenwärtigen Diskursen über die Zukunft der internationalen Staatengemeinschaft nimmt China mittlerweile eine Schlüsselrolle ein. Als etablierte Ordnungsmacht in Ostasien weitet die Volksrepublik ihren Einflussbereich systematisch auf andere Regionen der Welt (Afrika, Naher Osten) aus, begleitet von einem intensivierten Engagement in den Internationalen Organisationen (UNO, WTO). Diese Entwicklung ist von der Literatur nicht unbeachtet geblieben. In zahlreichen Analysen ist dabei vor allem die „realistische“ Ausrichtung der chinesischen Außenpolitik herausgestrichen worden, die sich hauptsächlich an den drei folgenden Interessenlagen ablesen lässt: erstens der Bedeutung der territorialen Integrität (Tibet, Xinjiang) und nationalen Identität (Taiwan) im Rahmen der One China Policy, zweitens an dem von China stets hervorgehobenen Grundsatz der in der UNCharta verbrieften staatlichen Souveränität, verstanden als Schutzschild gegen Interventionsbestrebungen von außen (Gill/Reilly 2000), sowie drittens an der Ablehnung einer „westlichen“ Deutungshoheit über die Ausrichtung der chinesischen Politik zugunsten eines kulturellen Selbstverständnisses in ethischen Grundfragen für eine „harmonische Gesellschaft“ (Lam 2004; Yang 2007). Während über Chinas regionale und globale Interessen weitgehende Einigkeit in der Literatur herrscht, besteht über den vermeintlich friedlichen Charakter der chinesischen Politik alles andere als Konsens. Analysen „realistischer“ Provenienz neigen zur Skepsis und verweisen auf die strukturelle Gewalttätigkeit des chinesischen Regimes, die sich etwa im Umgang mit der politischen Opposition im eigenen Lande oder in den Dominanzbestrebungen innerhalb der Region Ostasien zeigt. 1 Eine solche Betrachtung ist jedoch im Kern auf die Analyse (geo)strategischer Interessenkonstellationen beschränkt und kann wenig zu einem Verständnis kulturell imprägnierter Politikstile und werte beitragen. „Kulturalistische“ Ansätze hingegen tendieren zu einer positiveren Sicht auf die chinesische Politik, wonach diese eingebettet sei in eine konfuzianische Tradition, die sich am Ideal der Ordnung und Stabilität orientiert. Das ist vor allem bei chinesischen Autoren der Fall: Die chinesische Politik der „harmonischen Gesellschaft“ wird zurückgeführt auf eine lange Tradition der Harmonie, die ihren Ursprung in der konfuzianischen Philosophie hat. Diese Tradition einer kritischen Analyse zu unterziehen und dabei die Grundlagen und Grenzen legitimer Gewaltanwendung auszuloten, ist das Anliegen dieses Beitrages. Er gliedert 1 Eine solche Perspektive schließt nicht aus, dass Chinas Rolle aufgrund systemischer „constraints“ im internationalen System eingehegt werden kann. Zur Kartographie „optimistischer“ und „pessimistischer“ Einschätzungen innerhalb realistischer und liberaler Theorieansätze vgl. Friedberg (2005), Christensen (2006) und Mearsheimer (2003).

Transcript of Gerechter Krieg und himmlische Ordnung. Chinesischer Realismus zwischen Relativismus und...

Erschienen  in: Antonius  Liedhegener &  Ines‐Jacqueline Werkner  (Hrsg.)  (2009): Gerechter Krieg – Gerechter Frieden. Religionen und friedensethische Legitimationen in aktuellen mili‐tärischen Konflikten, Wiesbaden, 295‐318. 

GerechterKriegundhimmlischeOrdnung.ChinesischerRealismuszwischenRelativismusundUniversalismus

NadineGodehardt&OliverW.Lembcke

1  Einleitung 

In den gegenwärtigen Diskursen über die Zukunft der  internationalen Staatengemeinschaft nimmt China mittlerweile eine Schlüsselrolle ein. Als etablierte Ordnungsmacht  in Ostasien weitet die Volksrepublik  ihren Einflussbereich  systematisch auf andere Regionen der Welt (Afrika, Naher Osten) aus, begleitet von einem intensivierten Engagement in den Internatio‐nalen Organisationen (UNO, WTO). Diese Entwicklung ist von der Literatur nicht unbeachtet geblieben. In zahlreichen Analysen ist dabei vor allem die „realistische“ Ausrichtung der chi‐nesischen Außenpolitik herausgestrichen worden, die sich hauptsächlich an den drei folgen‐den Interessenlagen ablesen  lässt: erstens der Bedeutung der territorialen Integrität (Tibet, Xinjiang) und nationalen  Identität  (Taiwan)  im Rahmen der One China Policy,  zweitens  an dem von China stets hervorgehobenen Grundsatz der  in der UN‐Charta verbrieften staatli‐chen Souveränität, verstanden als Schutzschild gegen Interventionsbestrebungen von außen (Gill/Reilly 2000), sowie drittens an der Ablehnung einer „westlichen“ Deutungshoheit über die Ausrichtung der chinesischen Politik zugunsten eines kulturellen Selbstverständnisses  in ethischen Grundfragen für eine „harmonische Gesellschaft“ (Lam 2004; Yang 2007). 

Während über Chinas regionale und globale Interessen weitgehende Einigkeit  in der Litera‐tur  herrscht,  besteht  über  den  vermeintlich  friedlichen  Charakter  der  chinesischen  Politik alles andere als Konsens. Analysen „realistischer“ Provenienz neigen zur Skepsis und verwei‐sen auf die strukturelle Gewalttätigkeit des chinesischen Regimes, die sich etwa im Umgang mit der politischen Opposition im eigenen Lande oder in den Dominanzbestrebungen inner‐halb der Region Ostasien zeigt.1 Eine solche Betrachtung  ist  jedoch  im Kern auf die Analyse (geo‐)strategischer  Interessenkonstellationen  beschränkt  und  kann  wenig  zu  einem  Ver‐ständnis kulturell  imprägnierter Politikstile und  ‐werte beitragen. „Kulturalistische“ Ansätze hingegen tendieren zu einer positiveren Sicht auf die chinesische Politik, wonach diese ein‐gebettet  sei  in eine konfuzianische Tradition, die  sich am  Ideal der Ordnung und Stabilität orientiert. Das  ist  vor  allem bei  chinesischen Autoren der  Fall: Die  chinesische Politik der „harmonischen Gesellschaft“ wird zurückgeführt auf eine lange Tradition der Harmonie, die ihren Ursprung in der konfuzianischen Philosophie hat.  

Diese Tradition einer kritischen Analyse zu unterziehen und dabei die Grundlagen und Gren‐zen  legitimer Gewaltanwendung  auszuloten,  ist  das Anliegen  dieses  Beitrages.  Er  gliedert 

                                                       

1   Eine solche Perspektive schließt nicht aus, dass Chinas Rolle aufgrund systemischer „constraints“ im inter‐nationalen System eingehegt werden kann. Zur Kartographie „optimistischer“ und „pessimistischer“ Ein‐schätzungen innerhalb realistischer und liberaler Theorieansätze vgl. Friedberg (2005), Christensen (2006) und Mearsheimer (2003). 

  2

sich in die folgenden Abschnitte: In einer Rekonstruktion des Konfuzianismus, die sich auf die „klassische  Phase“  (Mengzi,  Konfuzius  und  Xunzi)  beschränkt,  sind  zunächst  die  ideenge‐schichtlichen und begrifflichen Kontexte der traditionellen chinesischen Ordnungsvorstellung zu rekonstruieren (Kapitel 2). Sie bilden die Grundlage für die anschließende Diskussion der Unterscheidung von Krieg und Frieden sowie der Bestimmung des gerechten Krieges, dessen Zweck im konfuzianischen Denken die (Wieder‐) Herstellung einer stabilen (guten) Ordnung ist (Kapitel 3). Charakteristisch für das konfuzianische Denken über das Recht (und die Art), Krieg zu führen, ist die Vorstellung einer – modern gesprochen – Polizeiaktion in repressiver oder präventiver Form. Kriege sind Ordnungskriege und als solche gerechtfertigt, wobei die Kriterien dieser Ordnung  sich wesentlich am Maßstab der Stabilität der Gemeinschaft und der  Tugendhaftigkeit des Regenten orientieren.  Es  liegt  auf der Hand, dass dieser Befund einem  verfassungsstaatlichen  Verständnis  legitimer  Gewaltanwendung  und  limitierender Herrschaftsausübung kaum zu genügen vermag. Er bietet aber einen Ansatz für ein vertieftes Verständnis der gegenwärtigen Rolle Chinas in den internationalen Beziehungen, das im ab‐schließenden Teil zumindest  in zweifacher Weise anzusprechen  ist (Kapitel 4): Erstens wird vor diesem Hintergrund deutlicher, dass eine  fortwirkende Tradition konfuzianischen Den‐kens  immer auch eine universalistische Dimension besitzt  (Siemons 2007),  in der die Ord‐nungsvorstellungen des „Reichs der Mitte“ als tendenziell vorbildlich für andere Staaten ge‐deutet werden  (Hu 2007). Zweitens  liegt die  Interpretation nahe, sowohl den chinesischen Realismus  als  auch  den  prononcierten  Kulturrelativismus  selbst  als  eine  Reaktion  auf  die mehrfachen Erschütterungen des konfuzianischen Universalismus zu verstehen. Diese Inter‐pretation des  Zusammenhangs  von Realismus und Konfuzianismus  als prägende Elemente der chinesischen (Außen‐) Politik versteht sich darüber hinaus als Versuch, die Verwobenheit von (idealen) Ordnungsvorstellungen und (realen) Interessenlagen am Beispiel einer Reflexi‐on auf die Partikularismen einer Konzeption des gerechten Krieges  im  interkulturellen Ver‐gleich sichtbar zu machen (Kapitel 5).  

2  Traditionelle Chinesische Ordnungsvorstellungen 

In  traditioneller  chinesischer  Lesart  kreist die Welt um das  „Reich der Mitte“  (Zhongguo). Bereits der Name China verweist auf die Vorstellung der chinesischen Kaiserreiche, das Zent‐rum der  (damals bekannten) Welt  zu  sein. Dieser Anspruch  leitet  sich aus dem  Selbstver‐ständnis einer „guten Ordnung“ her, in der sich Stabilität und Harmonie miteinander verbin‐den (Kapitel 2.1), der aber gerade aufgrund dieser besonderen Auszeichnung keine Grenzen gesetzt sind, sondern deren Reichweite sich auf „alle unter dem Himmel“ (tian xia) erstreckt (Kapitel 2.2). 

2.1  Stabilität und Harmonie 

In der Sicht des alten China beruht die eigene Überlegenheit gegenüber fremden oder „bar‐barischen“ Völkern nicht auf materieller, sondern kultureller Macht. Die politisch „gute Ord‐nung“ und „das richtige Regieren“ des Herrschers werden als Ausdruck einer harmonischen inneren Ordnung  angesehen mit entsprechender Auswirkung  auf  alles, was  in  ihren Bann gerät. Repräsentiert wird diese Einheit von Harmonie und Stabilität durch den Herrscher, der das „Mandat des Himmels“  (tian ming)  inne hält, das  ihn zur Herrschaft  legitimiert. Dieses 

  3

Mandat  ist der Kern des chinesischen Staatskonzepts der alten Zeit (Creel 1970: 93).2 Es  ist ein von der „höchsten Gottheit“  (tian) an den Herrscher übertragenes Vertrauen, das  ihm die Regentschaft anvertraut, und zwar so lange sich dieser um das Wohl des Volkes verdient macht; er  ist der Sohn des Himmels (tian zi). Wer sein Amt für eigene Zwecke missbraucht oder  sich  als  unfähig  erweist,  dem wird  dieses  „Mandat  vom  Himmel“  zugunsten  seines Nachfolgers entzogen. Die Autorität des Herrschers hängt entscheidend von seiner Tugend ab, von seiner Fähigkeit also, seine Herrschaft  im Sinne dieses Mandats auszuüben. Dieser Aspekt wird vor allem von den konfuzianischen Schriften betont. Die moralische Qualität ist damit zugleich Voraussetzung für seine (Aus‐) Wahl, Basis seiner Herrschaft und Maßstab, an dem er  sich messen  lassen muss. Sie  ist mit anderen Worten  identisch mit der Herrschaft selbst und lässt einer Unterscheidung zwischen Person und Amt kaum Raum.  

Aus ganz ähnlichen Gründen hat auch die Gewalt keinen „rechten“ Ort in dieser Herrschafts‐konzeption. Die moralische Ausstrahlungskraft des Herrschers ist der Grund dafür, dass von allen Menschen erwartet werden kann, sich seiner Regentschaft zu unterwerfen. Kriege sind nach diesem Verständnis nicht mehr notwendig, denn es herrscht  Friede, der  seinem Ziel nach grenzenlos ist und sich in der Welt (tian xia) ausweitet.3 Ein des Himmelsmandats wür‐diger Herrscher  ist demnach siegreich, ohne kämpfen zu müssen  (Xunzi  IX, 15). Er gewinnt und erhält seine Macht, ohne Gewalt anzuwenden, allein aufgrund seiner moralischen Auto‐rität.4 Den konfuzianischen Schriften zufolge besteht eine notwendige Verbindung von Poli‐tik und Moral, politisches Handeln ist im Wesentlichen ausübende Tugendlehre. Aber gerade diese Verbindung verhindert, dass Politik  zu einer Aufgabe  für  jedermann wird. Die Frage, wie in einem Staat regiert werden soll, richtet sich ausschließlich an den Herrscher und seine Eliten. Ihnen obliegt die Regierung,  in der es vereinzelt notwendig sein mag, das Mittel der Gewalt einzusetzen, die aber nicht auf Gewalt beruhen darf.  

Die  Gewalt  ist  in  den  konfuzianischen  Schriften  vor  allem  ein  Krisensymptom  verfehlter Herrschaft. Militärische Auseinandersetzungen, das Recht  zum Krieg oder die Anwendung von Gewalt werden in der Regel nur beiläufig oder indirekt erwähnt. Einen weitaus größeren Raum nimmt hingegen die Vorbildfunktion des Edlen (junzi) ein, der die innere Stabilität der Ordnung gewährleisten soll. In einer Schlüsselpassage in den „Gesprächen“ (Lunyu) heißt es: „Ji Kang‐zi wollte von Konfuzius wissen, wie  regiert werden  solle. Dabei meinte er:  ‚Sollte man nicht um einer guten Sache willen all  jene  töten, die nicht den  rechten Weg gehen?’ Konfuzius entgegnete ihm: ‚Wieso müßt Ihr töten, wenn Ihr regiert? Ihr selbst müßt das Gute nur wirklich wollen,  dann wird  auch  das  Volk  gut werden. Der Herrscher  ist  dem Winde gleich. Der gewöhnliche Mann gleicht dem Gras. Bläst der Wind übers Gras, dann biegt es sich’“ (Konfuzius XII, 19). 

Die Beziehung zwischen dem Volk und seinem Herrscher  ist auch bei Mengzi und Xunzi ein zentrales Thema:  Jener hat eine etwas „volksnähere“ Sicht der Dinge  (Mong Dsi  IVa 9, 20; VIIb 14), dieser eine etwas „herrschaftsfreundlichere“  (Hsün‐tzu  IX, XI). Einig  sind  sich alle drei Konfuzianer jedoch in der unaufgebbaren Hierarchie, die ihren Grund in der moralischen Autorität des Herrschers besitzt. Daraus erwachsen Pflichten, an die  sich der Souverän  zu halten hat, will er sich seiner Aufgabe als würdig erweisen; es erwachsen daraus aber keine – 

                                                       

2   Die Vorstellung vom Mandat des Himmels ist grundlegend für die Zhou‐Dynastie und wird von den nach‐folgenden Dynastien übernommen (Creel 1970: 44f.). 

3   Zu den Nuancierungen in der Verwendung des Begriffs „Himmel“ unter den Konfuzianern Zhang (2002: 3‐11).  

4   Vgl. Popitz (1999: 109), der Autorität pointiert als „waffenlose“ Macht bezeichnet. 

  4

zu den Pflichten komplementären – Rechte des Volkes, die es zum Handeln in eigener Sache berechtigten. Der Wind  (des Regenten) mag  aus  verschiedenen Richtungen  kommen,  das Volk hat sich (gleichwie) immer zu beugen (Schleichert 1990).  

Eine  schlechte Ordnung  ist daher  stets Folge einer  schlechten Regierung. Oder anders ge‐sagt: Nicht das Volk ist schlecht, sondern das Volk wird schlecht regiert. Aus dem Verfall der alten hierarchischen Ordnung  lassen sich darüber hinaus einige Schlussfolgerungen  für die rechte Regierungspraxis  ziehen. Das Augenmerk  liegt dabei  insbesondere  auf der  „Gefahr der Umkehrung  von Oben und Unten  in der Gesellschaft“  (Moritz  1988:  22;  zum Beispiel Konfuzius XII, 11).5 Auf diese Gefahr hat nicht nur der Herrscher selbst sein Augenmerk zu richten, auf sie haben auch seine Eliten beständig zu achten, die Beamten am Hof oder  in den Provinzen. Sie, die Beamten, sind es, die dem „kleinen Mann“ (xiao ren) täglich Vorbild zu sein haben (Shih 1993: 31)6, denn – so Konfuzius (IV, 16) – „Der Edle ist mit seinen Pflich‐ten  vertraut;  der Gemeine  sieht  nur  den  eigenen  Vorteil“. Das  Ideal  einer  harmonischen Ordnung  liegt ganz  in den Händen  ihrer Träger. Von deren Eignung, Charakter und Kompe‐tenz hängt die Legitimation der Staatsmacht ab: „The Chinese world order, therefore, was as much an ethical as a political phenomenon. Harmony internationally as well as domestically was the product of the emperor’s virtue” (Zhao 1997: 18). 

2.2  Grenzenlosigkeit der Herrschaft 

Das Mandat des Himmels kennt keine Unterscheidung zwischen  Innen‐ und Außengrenzen. Seine moralisch‐politische Fundierung  ist keinerlei  territorialen Beschränkungen unterwor‐fen (Chan 2008: 69), sondern umfasst prinzipiell die gesamte Welt (tian xia). Die Beziehun‐gen  zu anderen und  fremden Völkern  sind daher  strukturell  innenpolitischer Art  (Fairbank 1968: 2); an Stelle territorialer Grenzen sind es die hierarchischen Nähe‐ und Distanzverhält‐nisse zwischen dem Zentrum und der Peripherie, die der politischen Landkarte ihre Konturen verleihen. In altchinesischer Sichtweise lässt sich die Welt vom Mittelpunkt China ausgehend in drei Kreise unterteilen: Die „sinische Zone“, bestehend aus den kulturell verwandten und verlässlichen Tributstaaten  (zum Beispiel Korea und Vietnam); die „innere asiatische Zone“ mit den  tributpflichtigen Steppenvölkern  Inner‐Asiens und schließlich die „Außenzone“ der weit  entfernten  (barbarischen)  und  hinsichtlich  der  Tributverpflichtungen  unzuverlässigen Völker (Li 2002: 33; vgl. auch Fairbank 1968). 

Außerhalb dieser Ordnung mit dem chinesischen Kaiserhof als Nukleus gibt es keine „ande‐re“ Ordnung; sie wäre dem Mandat des Himmels zuwider, ein gewissermaßen subversives Element, dem es aufgrund der fehlenden Beziehung zum Reich der Mitte an Harmonie von vornherein und notwendig fehle. Völker am Rande des chinesischen Einflussgebietes werden vornehmlich als „Barbaren“  (fan) oder „Vasallen“ wahrgenommen, denen es aus Sicht des Machtzentrums an kulturellen Voraussetzungen  für eine eigenständige politische Ordnung von Belang mangelt. Faktisch mochte ein erhebliches Maß an politischer Selbstbestimmung vorhanden sein, jedweder Anspruch jedoch auf eine eigenständige Politik quer zu den chine‐sischen  Interessen wäre aufgrund der strukturellen Anbindung an das Reich nichts anderes 

                                                       

5   Der Zerfall hierarchischer Ordnung markiert den Anlass der Schrift und begründet Konfuzius’ Rückblick (III, 14) auf eine Zeit relativer politischer Stabilität in der Ära der westlichen Zhou (1122 bis 771 v. Chr.). 

6   Die Idee einer kompetenten Elite war im kaiserlichen China mit Hilfe des staatlichen Prüfungssystems bis 1905 institutionalisiert. Dabei waren die konfuzianischen Schriften wesentlicher Bestandteil dieser Prüfun‐gen;  in dieser Funktion  sind  sie  zum Allgemeingut einer  (politischen) Kultur geworden, wirkmächtig bis zum heutigen Tag. 

  5

als eine Rebellion (Zhao 1997: 19) – und damit Gegenstand einer chinesischen Strafexpediti‐on. 

Aufgrund des grenzenlosen Herrschaftsanspruchs – begründet im Mandat des Himmels, ver‐körpert  im chinesischen Kaiser –  fehlt es  in den konfuzianischen Schriften, die  sich diesen Anspruch zu eigen gemacht haben, an einer reflektierten Unterscheidung zwischen Kriegen und inneren Konflikten. Beide sind unterschiedslos „Störungen“ der harmonischen Ordnung und stellen eine Gefahr  für die politische Stabilität dar. Es  ist daher eine der vorrangigsten Aufgaben des Herrschers, die Quelle des Unfriedens zu beseitigen und den natürlichen Frie‐den, verstanden als Abwesenheit von Unfrieden, wieder herzustellen. Ein solcher Friedens‐zustand kann selbst nicht gestiftet werden; es  ist mithin auch kein politisches Konzept (wie bei Hobbes oder Kant), sondern ein präpolitischer Zustand der Harmonie. Gewalt selbst  ist Unfrieden; und nach chinesischer Vorstellung hat sie nur als Reaktion auf Störungen und zur Wiederherstellung von Ordnung ihre Berechtigung. Die Nachbarn haben die Pflicht, sich der Ordnung unterzuordnen,  so wie der Herrscher die Pflicht hat, ohne Gewalt  zu herrschen. Konfuzius antwortet auf die Frage des Präfekten von She, wie regiert werden solle, mit einer klaren Handlungsmaxime:  „Die eigenen  Leute  froh und  glücklich machen,  so dass  Fremde angezogen werden“ (XIII, 16). 

3  Gerecht(fertigt)er Krieg im konfuzianischen Denken 

Die  Stabilität einer Ordnung  im  Innern  stellt die notwendige Bedingung  für die  Sicherheit eines  Staates  dar  –  ein  Grundgedanke  konfuzianischen  Denkens.  Aus  ihm  erwächst  laut Mengzi die Aufgabe der politischen Eliten, die Stimmung im Volk im Falle einer anstehenden Kriegsgefahr genau zu beobachten und daraufhin zu beurteilen, ob ein etwaiger Kriegsgang Unterstützung bei der Bevölkerung findet. Virulent wird diese Aufgabe vor allem bei militäri‐schen  Interventionen (und Annexionen), die den engen Rahmen eines Verteidigungskrieges überschreiten und statt dessen den Anspruch erheben,  in dem  feindlichen  (fremden) Staat eine  bessere  Ordnung  zu  errichten.  Für Mengzi  lassen  sich  solche Maßnahmen  dadurch rechtfertigen, dass die Bevölkerung des anderen Staates einer solchen  Intervention entwe‐der positiv gegenübersteht, weil sie dadurch von ihrer Not erlöst wird, oder dass die schlech‐te – weil despotische – Herrschaft  selbst  zu einem offenkundigen Übel geworden  ist,  ihre Beseitigung mithin eine Pflicht  für  jenen Herrscher darstellt, der das Mandat des Himmels auf  seiner  Seite weiß.7 Wie bereits  angedeutet  kommt nur derjenige, der den  konfuziani‐schen Maßstäben  einer  tugendhaften  Regierung  gerecht  zu werden  vermag,  als  ein Ord‐nungsstifter in Betracht, der zum Wohle des Volkes auch militärische Gewalt zur Beendigung despotischer Regime einsetzen darf.8 Im konkreten Fall einer Anfrage, ob das Fürstentum Qi das despotische Fürstentum Yan angreifen darf, antwortet Mengzi:  

„Niemals! Schen Tung [ein hoher Beamter aus dem Staate Qi – die Verf.] hat ge‐fragt, ob der Staat Yan angegriffen werden könne. Ich habe ihm geantwortet, er 

                                                       

7   Zur Bedeutung dieses Elements konfuzianischen Denkens in der Moderne vgl. Bell (2008: 34). 

8   Sofern das Volk nicht selbst zur Tat schreitet und sich von dem ungerechten Herrscher befreit, wozu es nach Mengzi ein Recht hat: König Xuan von Qi stellt die Frage, ob ein Diener den Herrscher ermorden dür‐fe. Mengzi antwortet darauf, dass „wer die Liebe raubt, ein Räuber und wer das Recht raubt, ein Schurke ist. Ein Schurke und Räuber ist einfach ein gemeiner Kerl“. Wenn nun ein Herrscher auch ein Schurke und Räuber ist, dann ist auch der Aufstand gegen ihn gerechtfertigt (Mong Dsi, Ib, 8). 

  6

könne es. Daraufhin gingen sie hin und griffen ihn an. Wenn er mich aber gefragt hätte, wer  ihn angreifen könne,  so würde  ich  ihm geantwortet haben: wer als Knecht Gottes handelt, der kann ihn angreifen. Angenommen, es handle sich um einen Mörder, und es  fragt  jemand: Soll der Mann getötet werden? So würde man ihm antworten: Ja, er soll. Wenn er dann fragt: Wer soll ihn töten? So würde man  ihm antworten: Wer Strafrichter  ist, der soll  ihn  töten. Wie aber hätte  ich dazu kommen sollen, zu raten, dass ein Yan das andere angreift?“ (Mong Dsi IIb, 8). 

Auch  in Xunzis  Lehren  ist die  Sicherheit ein Produkt der  inneren Stabilität einer Ordnung: „Wo also ein Herrscher auf Sicherheit (an) bedacht ist, da gibt es nichts Besseres für ihn, als für eine ausgeglichene (ping) Regierung zu sorgen und auf das gewöhnliche Volk Rücksicht zu nehmen“  (Hsün‐tzu  IX, 8). Sicherheit  schafft man nur  im Einklang mit dem Volk,  so Xunzi, nämlich dann, wenn es dem Herrscher gelingt, „das Volk  für sich zu gewinnen“. Der  ideale Herrscher dient dem Wohl des Volkes, der Despot oder Hegemon  (ba) hingegen kennt nur sein eigenes Wohl. Kommt es aber  im Falle eines Angriffes zum Schwur, so gibt es  für die Untertanen keinen Anreiz, für den Hegemon, der über sie herrscht, das eigene Leben zu ris‐kieren und in den Kampf zu ziehen (Hsün‐tzu IX, 9). Aus diesem Grund ist ein despotisch re‐gierter Staat dem Untergang geweiht. Demgegenüber übt ein gut regierter Staat auf das ei‐gene Volk, aber auch  für die Nachbarn, eine befriedende Wirkung aus. Ein Herrscher, der tugendhaft  regiert,  gewinnt  in  konfuzianischer  Sicht  an Autorität, mit  der  er  idealiter  die „ganze Welt beeindruckt“, so Xunzi, weshalb  

„auf  der  ganzen Welt  keiner  [es wagt],  sich  ihnen  [solchen  Autoritäten  –  die Verf.]  zu widersetzen. Durch  ihre unwiderstehliche Autorität  sind  sie all denen eine  Stütze, die ein gesittetes Dasein  (jen‐tao)  führen wollen. Auf diese Weise sind die idealen Herrscher siegreich, ohne kämpfen zu müssen, erreichen sie ihre Ziele, ohne zum Angriff schreiten zu müssen und ohne Militär bemühen zu müs‐sen, unterwirft sich ihnen die ganze Welt freiwillig“ (Hsün‐tzu IX, 15). 

Mangelt  es  jedoch  an  einer  solchen Ordnung, wächst  die Gefahr  einer  destabilisierenden Wirkung  nach  außen.  In  den  konfuzianischen  Lehren  wird  dieser  Zusammenhang  immer wieder hervorgehoben: Der  innere Zerfall eines Staates geht den Kriegen mit fremden Rei‐chen voraus. Die Instabilität der politischen Ordnung im Innern lässt diesen Staat gegenüber anderen Staaten als schwach erscheinen  (zum Beispiel Hsün‐tzu XV, 1) mit der Folge, dass die Wahrscheinlichkeit externer Eingriffe wächst. Ein schlecht regierter Staat ist mithin nicht nur eine Belastung für das eigene Volk (Konfuzius XVI, 2), sie kann sich überdies zu einer Ge‐fahr  für  die  gesamte  Region  auswachsen.9  In  solchen  Fällen  kann  der  Einsatz  präventiver militärischer Maßnahmen  auch  in  konfuzianischer  Sicht  gerechtfertigt  sein,  um  einen  Flä‐chenbrand zu verhindern.  

„Das Wahren der Tradition ist oberstes Gesetz jeder sozialen Ordnung, ist grund‐legende Voraussetzung für machtvolle Stärke, ist der rechte Weg (tao), welchen jede Autorität einhalten muß;  ist schließlich und endlich, was sowohl Erfolg als 

                                                       

9   „The internal disintegration of a nation is more dangerous than its external aggression […]. Furthermore, internal disintegration is likely to invite aggression from without and in that case the State is defenceless for there is no unity within” (Hsü 1932: 73). 

  7

auch Ruhm mit sich bringt.  […]. Damit also ein Staat siegesgewiß  ist, genügt es nicht, dass er starke Panzer und scharfe Waffen besitzt; damit er wirksame Auto‐rität erlangt, genügt es nicht, dass er strenge Befehle und zahlreiche Strafen er‐läßt.  Kurz,  nur  derjenige  Staat wird  sich  durchsetzen,  der  diesen  rechten Weg (die Tradition) befolgt; wer ihn nicht befolgt, wird liquidiert“ (Hsün‐tzu XV, 24). 

Diese –  in heutigen Ohren martialisch klingende – Passage veranschaulicht noch einmal die enge Verbindung  zwischen der  Integrität des Herrschers  (und  seiner Kaste) einerseits und der Stabilität der Ordnung andererseits. Genau besehen folgt aus der Idealvorstellung einer guten Regierung nach konfuzianischen Maßstäben weniger ein Recht zur (Wieder‐) Herstel‐lung einer angemessenen Ordnung, als vielmehr die Pflicht dazu. Die Gewalt, vor allem  in Form des Krieges  zwischen politischen Verbänden,  ist  in dieser Sicht verwerflich und Aus‐druck einer verfehlten Herrschaft. Für Mengzi etwa  ist der Krieg  Inbegriff einer verfehlten Politik, zumal in jenen Fällen, in denen er aus Gründen geführt wird, die evidenterweise nur das Wohl der Herrschenden befördern (Schleichert 1990: 66). Vom Krieg ist jedoch diejenige Gewalt  zu unterscheiden, die man mit  „Strafe“ beziehungsweise  „Strafexpedition“  (zhufa) übersetzen kann. Sie kann notwendig – und  insoweit gerechtfertigt  sein – als  sie die gute Ordnung selbst zum Zweck hat, die es entweder zu verteidigen oder (neuerlich) zu errichten gilt.10 Ein solcher Zweck dient stets dem Volk, wird von diesem daher begrüßt und ist deswe‐gen, sofern es die Umstände erfordern, auch mit Waffengewalt durchzusetzen – allerdings nur von jenem Herrscher, der dazu qua Mandat des Himmels berufen ist. Eine solche Straf‐expedition setzt daher bereits eine qua moralischer Autorität vorhandene Asymmetrie zwi‐schen  Ordnung  und  Unordnung,  zwischen moralischer  Integrität  und  schlechter  Regent‐schaft voraus, damit  sie nach konfuzianischer Lehre überhaupt  zum Zuge kommen kann.11 Weil es an dieser Form der Überlegenheit mangelte, erteilte Konfuzius etwa dem Herrscher des Fürstentums Lu eine Absage, die Verhältnisse  in Qi zu ordnen, obwohl diese einer sol‐chen Ordnung  nach  seiner Auffassung  dringend  bedurft  hätten:  Konfuzius  berichtete  von einem Putsch im Staate Qi durch einen Beamten, der den Herrscher mit dem Ziel ermordete, selbst die Herrschaft an sich zu reißen. Konfuzius äußert gegenüber dem Herrscher von Lu die Auffassung, dass es notwendig sei, dieses unmoralische Vergehen zu bestrafen, um die innere Ordnung in Qi wiederherzustellen. Eine „Strafexpedition“ gegen den Staat Qi sei mit‐hin  gerechtfertigt,  jedoch  nicht  durch  den  Staat  Lu,  denn  dort  sei  die Macht  unter  drei Adelsgeschlechtern  aufgeteilt, wodurch  im Grunde dieselben herrschten wie  im  Staate Qi (XIV, 21). 

An diesem Beispiel lassen sich zusammenfassend drei Aspekte festhalten: Erstens zeigt sich, wie das Ideal einer guten Ordnung als Rechtfertigung für den Einsatz militärischer Gewalt im Konfuzianismus fungiert; zweitens muss eine solche Rechtfertigung stets schon eine vorhan‐dene  (gute) Ordnung  voraussetzen;  und  drittens  bringt  die Übersetzung  des  chinesischen 

                                                       

10   Vgl. auch bei Xunzi: „Was ein  idealer Herrscher  ist, der unternimmt wohl Strafaktionen, führt aber keine eigentlichen Kriege; der verteidigt wohl seine Städte, macht aber keine Angriffskriege; der hält sein Militär wohl parat, schlägt aber nicht zu. […] Aus all diesen Gründen frohlocken die Bewohner von Staaten ohne öffentliche Ordnung über die Regierungsweise eines idealen Königs, finden keine Ruhe bei ihren Regierun‐gen und wollen alle, dass er bald zu ihnen komme (oder: wollen all zu ihm kommen)“ Hsün‐tzu XV, 18.  

11   „In dem Buch vom Auf‐ und Niedergang der Staaten sind keine gerechten Kriege erzählt (chunqiu wu yiz‐han), wenn auch der eine besser  sein mochte als der andere. Eine Züchtigung  kann nur  vom obersten Herrn angeordnet werden gegen einen untertänigen Staat zu dessen Strafe. Gleichgeordnete Staaten kön‐nen keine Züchtigungen gegeneinander unternehmen“ (Mong Dsi VIIb, 2). 

  8

Begriffs  zhufa  durch  ‚Strafe’  oder  ‚Strafexpedition’  zwar  die  notwendige Asymmetrie  zwi‐schen dem Strafenden und dem zu Bestrafenden zum Ausdruck, sie  ist aber als Begriff der Sache unangemessen: Denn das Wesen der Strafe besteht vor allem darin, ein Verbrechen nachträglich  zu beurteilen. Zwischen den Konfuzianer besteht aber Einigkeit darüber, dass eine militärische Gewalt auch vorsorglich erfolgen kann, sofern die Umstände es verlangen. Um dieses präventive Moment militärischer Gewalt zu umfassen, das nach konfuzianischer Lehre ebenfalls gerechtfertigt sein kann,  ist es daher angemessen, von Ordnungskriegen zu sprechen. Das Zusammenspiel aus „offenen Grenzen“ des Reiches der Mitte und der im Kern stets reaktiven Gewalt zur Wiederherstellung von Ordnung stellt das Pendant zum Konzept eines  „gerechten  Krieges“  dar.  Als  Grundlage  zur  Rechtfertigung  dienen  Stabilitäts‐  und Harmonievorstellungen, ohne jedoch ihrerseits Raum für einen quer zur Ordnung stehenden Gerechtigkeitsmaßstab  zu ermöglichen. Stabilität und Harmonie  fallen  in die Beurteilungs‐kompetenz des Herrschers und seiner Eliten und befördern anders als Gerechtigkeitskonzep‐te keine Verrechtlichung der normativen Maßstäbe. 

4  Konfuzianismus und Realismus 

4.1  Harmonie und Hegemonie 

Besonders  im  letzten  Jahrzehnt  hat  der  „Konfuzianismus“ wieder  Einzug  in  die  politische Rhetorik  der  Chinesen  erhalten.  Begriffe wie Harmonie  (hexie),  harmonische  Entwicklung (hexie shehui) oder harmonische Welt  (hexie shijie) prägen die Selbstdarstellungen der chi‐nesischen Politik, mit denen die Volksrepublik ihr Selbstverständnis als friedliche Nation ge‐rade auch gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft zum Ausdruck bringt (Billioud 2007). Das Motto der Olympischen Spiele 2008 „One World, One Dream“  liefert dafür das jüngste Beispiel. Weniger offenkundig, aber dafür möglicherweise nachhaltiger, sind die Be‐strebungen, über die Kulturpolitik das eigene Image in der Welt positiv zu beeinflussen, etwa durch  die  Etablierung  von  Konfuzius‐Instituten,  deren  Zahl  in  den  letzten  Jahren  deutlich zugenommen hat. Das Ziel  liegt auf der Hand:  Indem die Volksrepublik sich  in die Tradition der konfuzianischen Lehren stellt, knüpft es an die Prinzipien der guten – weil tugendhaften und maßvollen – Regierungsweise an und kann gleichzeitig die Eigenständigkeit des Kultur‐kreises  gerade  auch  hinsichtlich  seines  Beitrags  zu  einer  friedlichen  Kooperation  in  einer multipolaren Welt hervorheben. Gleichwohl liegt dieser Ausrichtung der chinesischen Politik, jedenfalls soweit sie die außenpolitische Seite betrifft, eine gewisse Spannung zugrunde. Das konfuzianische Denken  ist – wie gesehen – stark vom Zentrum‐Peripherie‐Modell und dem damit verbundenen Anspruch kultureller Hegemonie bestimmt. Es bietet damit zwar einer‐seits einen Ansatz, den gewachsenen politischen Einfluss Chinas mit dem Ideal einer verant‐wortungsbewussten Regierung  in einer globalen Welt  zu verbinden; andererseits  lässt der Konfuzianismus wenig Raum für die Idee einer integrierten Weltgesellschaft, in der die Staa‐ten,  insbesondere  die  Nachbarstaaten,  von  China  als  gleichberechtigte  Akteure  wahrge‐nommen werden.12  

                                                       

12   Vgl. zum kulturpolitischen Hintergrund der Konfuzius‐Institute Guo  (2008: 13): „Contrary  to  the cultural image reflected  in Confucian teaching, the setting‐up of the  institutes seems to emphasize the global  in‐fluence of China as one of the world’s largest economies.” 

  9

Diese  spannungsreiche  Grundstruktur  der  chinesischen  Politik  ist  ein wesentlicher  Grund dafür, warum – hauptsächlich  in Gesellschaften der westlichen  Industriestaaten13 – Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Volksrepublik bestehen, tatsächlich ein im Sinne konfuzianischer Lehren dem Frieden verpflichteter Mitspieler  im Konzert der Weltpolitik zu sein; zumal der chinesische Anspruch durch die strukturelle Gewalt gegenüber der politischen Opposition im eigenen  Land  regelmäßig konterkariert wird. Es  liegt daher nahe, die Bezugnahme auf die konfuzianischen Lehren einer harmonischen Welt als eine ideologische Rechtfertigungsideo‐logie  dem  realpolitischen Handeln  der  Volksrepublik  unterzuordnen.  Eine  solche  „realisti‐sche“ Sichtweise vermag allgemein das Streben nach Macht und Einfluss der Volksrepublik in den  letzten  Jahrzehnten  zu  erklären. Offen  bleiben  jedoch  die  Eigenart  der  strategischen Ausrichtung, „the Chinese way“ im Umgang mit den Herausforderungen der internationalen Politik und die  für die chinesische Außenpolitik charakteristische Unterscheidung  zwischen ihrer Rolle als globaler und als regionaler Akteur.  In dieser Hinsicht erscheint der Konfuzia‐nismus weniger als eine bloße Rechtfertigungsideologie, sondern als ein Reservoir an politi‐schen Handlungsmustern, mit denen die Volksrepublik ihre Ziele zu erreichen versucht.  

Wenn man unter politischem Realismus –  in Anlehnung an Max Weber und  im Gegensatz zum politischen Moralismus – eine Position versteht, die auf der Eigenständigkeit des Politi‐schen beharrt, das sich den Normen einer vorgängigen Moral entzieht, dann  ist die Politik Chinas kaum anders als realistisch zu nennen. Maßstab dieses Realismus ist die Stabilität der politischen Ordnung, in der das Denken und Handeln, wie es scheint, in den Kategorien von Effizienz und Effektivität wenig Spielraum für normative und kritische Maßstäbe gegenüber dieser Ordnung zulassen. Es wäre ein  Irrtum, die konfuzianische Harmonie als ein Aliud ge‐genüber diesem für China charakteristischen politischen Realismus zu begreifen. Im chinesi‐schen Selbstverständnis imprägniert er vielmehr die politischen Ziele des modernen Chinas. Dass eine  „harmonische“ Gesellschaft  im Reich der Mitte wieder einmal eine Art Vorbild‐ und  Leitfunktion  in  einem  Zentrum‐Peripherie‐Modell  für  andere  Gesellschaften  erhalten könnte, ist dabei realer als es der Konjunktiv zum Ausdruck bringt. 

Führt man sich vor Augen, dass das konfuzianische Denken immer schon als eine praktische Anleitung zur Herrschaftsausübung verstanden worden ist, so schwindet der Gegensatz zwi‐schen  „realistischer“ Machtpolitik einerseits und  „idealistischer“ Moralpolitik andererseits. Vielmehr  ist dem Konfuzianismus eine gewisse kulturelle Eigenmacht zuzuschreiben, die er trotz – oder gerade wegen – der nachhaltigen Transformationen auf dem Weg in die Moder‐ne für die chinesische Politik behalten hat. Zu diesen Transformationen gehört in erster Linie –  abstrakt  formuliert  –  die  Integration  der  Idee  und Wirklichkeit  von Grenzen  zur Unter‐scheidung politischer Systeme. Diese  Integrationsleistung, Kennzeichen des modernen Chi‐na, ist kurz zu skizzieren, bevor einige Beispiele die Prägekraft der „modernisierten“ Struktu‐ren konfuzianischen Denkens veranschaulichen sollen. Auf dieser Grundlage lassen sich dann auch Rückschlüsse für ein modernes chinesisches Verständnis eines gerecht(fertigt)en Krie‐ges ziehen. 

4.2  Souveränität und Internationalität 

Das Konzept der „offenen Grenzen“ und der Glaube an die eigene moralische Stärke finden spätestens  im Opiumkrieg ein Ende; seitdem sind Grenzen ein politisch nachhaltig bestim‐mendes Thema  für das  (einstige) Reich der Mitte. Die Notwendigkeit der Abgrenzung und 

                                                       

13   Vgl. The PEW Global Attitudes Project: Global Economic Gloom – China and India Notable Exceptions, June 2008, http://pewglobal.org/reports/pdf/260.pdf (8. August 2008). 

  10

die Übernahme des klassischen Souveränitätsdogmas war vor allem die Folge des „clash of civilization“  im 19.  Jahrhundert samt Scheitern des Tributsystems14 nebst der anschließen‐den Erschütterungen durch den Bürgerkrieg zwischen Nationalisten und Kommunisten und der äußeren Bedrohung durch die Invasion der Japaner im Zweiten Weltkrieg (Spence 2001). Die nationale Einheit 1949,  im Wesentlichen der Erfolg von Mao Zedong, gehört seit dieser Zeit  im Selbstverständnis der Chinesen zu den wichtigsten Aufgaben der eigenen Politik. Ei‐nen  „offiziellen“  Ausdruck  findet  diese  Entwicklung  in  den  fünf  Prinzipien  der  friedlichen Koexistenz, 1954 von Zhou Enlai erstmals formuliert. Zu diesen Prinzipien gehören die Ach‐tung  der  Souveränität  und  territorialen  Integrität,  der  gegenseitige Nichtangriff  sowie  die wechselseitige Nichteinmischung  in  die  inneren Angelegenheiten, Gleichberechtigung  und beiderseitiger Nutzen, schließlich die  friedliche Koexistenz  trotz unterschiedlicher Systeme. Der  starke Bezug  zur  nationalen  Souveränität,  der  diesen  Prinzipien  zugrunde  liegt,  spielt auch  fünfzig  Jahre  später  noch  eine  maßgebliche  Rolle,  so  etwa  bei  der  Gründung  der Shanghaier Organisation  für Zusammenarbeit  (SOZ). Der so genannten Shanghai spirit, von dem unter anderem der damalige SOZ Generalsekretär Zhang Deguang bei der Erschaffung des  Sekretariats  (2004)  sprach,  liest  sich wie eine moderne Kopie der  fünf Prinzipien  von 1954. Es gehe darum,  friedliche Nachbarschaftsbeziehungen aufzubauen; auf der Basis ge‐genseitigen  Vertrauens  und  gemeinsamen Wohlstandes  zu  kooperieren;  sich  nicht  in  die internen Angelegenheiten eines anderen Staates einzumischen und die unabhängige Souve‐ränität der Staaten zu akzeptieren (Sun 2007).15 

In der  internationalen Politik unterstützt die  chinesische Regierung wie kaum eine andere Regierung das Prinzip der Souveränität. Besonders deutlich wird diese Haltung in der Ausei‐nandersetzung um die Universalität der Menschenrechte  (Dicke 1997), die von China nicht zuletzt deswegen relativiert wird, weil Peking eine Auflösung des klassischen Souveränitäts‐dogmas befürchtet. Ähnliche Beobachtungen  lassen sich mit Blick auf Chinas Verhalten  im UN‐Sicherheitsrat machen, sofern es um so genannte UN Peacekeeping Operations (UNPKO) geht (Stähle 2008). In diesem Bereich zeigen sich allerdings auch gewisse Veränderungen in der chinesischen Außenpolitik (He 2007): China hat sich bis Mitte der 1990er Jahre regelmä‐ßig bei der Frage von Peacekeeping‐Einsätzen enthalten – mit Ausnahme der UN Mission in Kambodscha. Die Angst der chinesischen Regierung vor einer unkontrollierbaren Anwendung von Gewalt im Namen der Vereinten Nationen sowie die Angst vor dem damit einhergehen‐den Souveränitätsverlust liegen dieser reservierten Haltung zugrunde. Diese Position hat sich Ende der 1990er Jahre verändert (Stähle 2008: 647); so unterstützte die chinesische Regie‐rung beispielsweise im September 1999 erstmals eine UN Peacekeeping Mission – die Inter‐nationalen  Streitkräfte Ost‐Timor  (INTERFET).  Seit dieser Zeit hat Peking dieses Thema als eine Chance begriffen, um sich im Forum der Vereinten Nationen als ein verantwortungsvol‐ler Staat zu präsentieren  (Ling 2007; Mao 2006). Allerdings zeigt Chinas Stellungnahme ge‐genüber dem Bericht der Internationalen Kommission der Intervention und Staatssouveräni‐

                                                       

14   Zum Tributsystem vgl. Greenberg (1965) und Fairbank (1953): Das System war im chinesischen Selbstver‐ständnis Ausdruck der Erhabenheit des Hofes. Gleichzeitig erfüllte es die Funktion eines diplomatischen Mediums, da ein neuer Herrscher  in einem tributpflichtigen Land am chinesischen Hof zunächst um sein imperiales Mandat bitten musste (meistens  in Form einer Tributgesandtschaft). Alle „internationalen Be‐ziehungen“ (auch der Handel) liefen über das Tributsystem ab. Das Geheimnis bestand darin, dass Fremde mit China nur auf Basis von chinesischen Regeln Kontakt aufnehmen konnten (Fairbank 1953: 31). 

15   Art. 2  SOZ‐Charta  verlangt  u.  a.  „mutual  respect  for  states’  sovereignty,  independence,  and  territorial integrity, the sanctity of borders, nonaggression, noninterference, in internal affairs, the non‐use of force or the threat of  force  in  international relations, and the renunciation of unilateral military superiority  in contiguous areas”. 

  11

tät („Responsibility to Protect“, R2P), dass die chinesische Regierung – trotz verstärkten En‐gagements  –  insbesondere  an  der  Stabilität  des  internationalen Umfeldes  interessiert  ist. Charakteristisch dafür  ist die folgende Passage: „It  is  inadvisable to make hasty judgements that the State concerned is unable to protect its own citizen and rush to intervene.”16  

Chinas Position zur nationalen Souveränität ist eng verbunden mit seinen Bestrebungen, die eigene territoriale Integrität zu wahren: Hongkong bildet dabei ein Beispiel für die erfolgrei‐che Wiedereingliederung nach dem Prinzip: „Ein Land und zwei Systeme“. Es zeigt überdies, zu welchen Konzessionen China bereit  ist, damit die  territoriale  Integrität erhalten oder – wie in diesem Fall – wieder hergestellt wird (Cradock 1994; Tsang 2004). Das Gegenbeispiel liefert Taiwan, das bislang weder mit militärischen Mittel oder Drohgebärden – zuletzt in der „Minikrise“  1995/96  –  noch durch  politische Verhandlungen  zur Wiedereingliederung  Tai‐wans – die  im Wesentlichen 1999  scheiterten –  zurück gewonnen werden konnte. Derzeit bestimmt  eine  Politik  der  Annäherung  das  Verhältnis  der  beiden  Staaten  zueinander,  die ihren Ausdruck  in wechselseitigen Gesprächsinitiativen oder  in der  taiwanesischen  Zusage zur Einführung von Direktflügen zwischen der VR China und Taiwan findet. Eine solche Politik trägt jedoch auch dem Umstand Rechnung, dass mittlerweile ein hoher Grad an wirtschaftli‐cher Dependenz  auf  beiden  Seiten  der  Taiwanstraße  herrscht.17  Bezüglich  der  Tibet‐  und Xinjiang‐Frage geht es vor allem um die Abwehr einer Internationalisierung territorialer Kon‐flikte  innerhalb Chinas und der Region. Dabei steht vor allem die Bekämpfung von Separa‐tismus,  Fundamentalismus  und  Terrorismus  im  Zentrum.  Seit  dem  11.  September  2001 nimmt die Terrorismusbekämpfung  in der politischen Rhetorik Chinas eine wesentlich stär‐kere Rolle ein.  In diesen Kontext  fallen auch die Grenzverhandlungen  zwischen China und Russland sowie mit den postsowjetischen Nachfolgestaaten in Zentralasien (Kasachstan, Kir‐gistan, Tadschikistan)  im Rahmen der Shanghai‐Fünf Gruppe  in den 1990er Jahren, aus de‐nen dann 2001 die Shanghaier Organisation  für Sicherheit und Zusammenarbeit  (SOZ) her‐vorgegangen ist (Fravel 2005). 

4.3  Kooperative Dependenzen 

Das außenpolitische Konzept der „harmonischen Welt“ (hexie shehui), das von Hu Jintao auf der Feier zum 60jährigen Bestehen der Vereinten Nationen im Jahre 2005 das erste Mal auf dem internationalen Parkett vorgestellt wurde, unterstreicht die chinesischen Bemühungen, durch  „aktive“ Außenpolitik Einfluss auf die  internationale wie  regionale Ordnung  zu neh‐men. Mit dem Konzept der  „harmonischen Gesellschaft“ wird die  innenpolitische Ausrich‐tung beibehalten; die Politik der „harmonischen Welt“ unterstreicht hingegen den Wandel 

                                                       

16   Siehe hierzu die Positionen der Mitgliedsstaaten unter: www.reformtheun.org (20. Oktober 2008). Stähle (2008: 650‐653) hebt in seiner Analyse des chinesischen Wahlverhaltens gegenüber UN Peacekeeping Mis‐sions  zwei Grenzen der neuen Flexibilität Chinas hervor: Peking  stimmt einer  Intervention nur dann  zu, wenn diese vom Sicherheitsrat beschlossen wurde und die Regierung des Gastgeberlandes auch zustimmt – sofern es sich um keinen failed state handelt. Eine zweite Begrenzung der chinesischen Flexibilität liegt im Wettstreit mit Taiwan um  internationale Anerkennung. China versucht, seinen Einfluss auf UNPKO zu nutzen, um Taiwan diplomatisch zu isolieren.  

17   Siehe in diesem Zusammenhang die umstrittene Reise Chen Yunlin nach Taiwan Anfang November 2008. Vgl. International Herald Tribune vom 3. November 2008: „Negotiating with their giant neighbor is a deli‐cate task for the Taiwanese. They want the benefits of better trade ties with China's booming economy. But  they are  still worried about being absorbed by  the mainland, viewed by many as being  repressive, backward and prone to bullying”. 

  12

der chinesischen Politik mit Blick auf  ihre neuen globalen Einflussmöglichkeiten (Zheng/Tok 2007: 1). 

Dieser Kurswechsel der Außenpolitik steht im Gegensatz zu Deng Xiaopings außenpolitischen Strategie, sich den Realitäten und Aufgaben (beziehungsweise Pflichten) des internationalen Systems zu entziehen und möglichst  im Schatten der Großmächte die eigene Stärke aufzu‐bauen. Für Deng bestand das wichtigste Ziel darin, die chinesische Wirtschaftskraft zu festi‐gen, um  im  internationalen Wettbewerb dauerhaft bestehen  zu  können. Deshalb bestand die  außenpolitische Maxime  lange  Zeit  darin,  potentielle  Konflikte  zu  vermeiden  und  das politische Engagement nach  innen  zu  richten. Dieses Denken wird heute mit der Maxime: „sein Licht unter den Scheffel stellen und den rechten Augenblick abwarten“ (taoguang yang hui) umschrieben  (Guo 2008: 17). Erst mit dem Wechsel zu  Jiang Zemin und vor allem mit dessen Nachfolger Hu  Jintao  ist das Bestreben erkennbar, mögliche Einflussbereiche zu er‐weitern  und  das  politische  Engagement  auch  international  auszudehnen:  Zunächst wurde die Rhetorik vom „friedlichen Aufstieg“ (heping  jueqi), die auf Zheng Bijian zurückgeht, von Premierminister Wen  Jiabao  im  Dezember  2003  in  seiner  Harvard‐Rede  eingeführt.  Bald folgte der politische Slogan der „friedlichen Entwicklung“ (heping fazhan). Die Strategie der außenpolitischen Zurückhaltung, wie sie noch von Deng Xiaoping angeregt wurde, rückte mit dem Millenniumswechsel  immer mehr  in den Hintergrund. An  ihre Stelle  tritt das Ziel, ein Modell  für eine „neue“  internationale Ordnung zu  liefern,  in dem China eine Schlüsselrolle zukommt:  

„Through  this shift of strategy,  the role of China  is seen  to have experienced a transformation from that of a listener to that of a speaker, which, in the words of one CCP Central Party School  international strategist, marks a  transition  in Chi‐na’s  international strategic thinking  from  ‚inward  looking’  (evasive) to  ‘outward looking’ (engaging)” (Guo 2008: 23). 

Nach wie vor gilt  in der offiziellen Politik Pekings, dass eine harmonische Gesellschaft nur erreicht werden kann, wenn die wirtschaftliche Entwicklung des Landes weiterhin erfolgreich voranschreitet. Aus diesem Grund liegt ein „ruhiges“ und „stabiles“ internationale Umfeld im Interesse  Chinas  (Zheng/Tok  2007:  6). Aber  ergänzend  zur  harmonischen Gesellschaft  ge‐winnt das Konzept der harmonischen Welt an Bedeutung. In diesem Zusammenhang werden von offizieller Seite hauptsächlich die folgenden vier Aspekte betont: (1) Ein effektiver Multi‐lateralismus mit einer zentralen Rolle der Vereinten Nationen; (2) die Entwicklung eines kol‐lektiven Sicherheitsmechanismus; (3) Wohlstand für alle aufgrund gegenseitiger Kooperation und  (4) Toleranz und Erweiterung des Dialogs zwischen verschiedenen Kulturen  (D’Hooghe 2007: 10). In diesem Dialog beginnt sich China als Vermittler zu engagieren, um aus diesem Engagement einen politischen Führungsanspruch als etablierte Großmacht (da guo) im asia‐tischen Raum mit globaler Reichweite abzuleiten. Eine Reihe von Anzeichen deutet mittler‐weile darauf hin, dass China dabei vor allem bestrebt  ist, seine eigenen Einflussmöglichkei‐ten über pragmatische Kooperationsformen und weniger durch offene Konfrontationen  zu erweitern.18 Was  lange Zeit als eine spezifische Machtform der USA erschien – soft power, 

                                                       

18   „The practice of China’s diplomacy has  seen  rapid developments  too and has become more pragmatic, constructive  and  sophisticated.  China’s  ‘new  diplomacy’  can  be  characterized  by  a  soft  approach  and growing flexibility. China’s leaders listen closely to the interests of partners and are creative in finding win‐win solutions and deals, using economic and political  incentives when needed. With  this soft approach, Beijing avoids antagonizing partners and buys itself time to adjust to new realities. China’s diplomatic style 

  13

eine Art expansionsfähiges Erfolgsmodell des eigenen way of  life, mit dem sich der eigene Einfluss  in anderen Regionen der Welt erhalten und steigern  ließ – wird nun von China ko‐piert und mit einer Strategie der Gegenmacht zu den Vereinigten Staaten verbunden  (Kur‐lantzick 2007).19 

Augenfällig  ist  dabei  die  Rollendifferenzierung  Chinas  in  Abhängigkeit  der  verschiedenen Handlungsebenen: Auf internationaler Ebene präsentiert sich China vor allem als status quo power, orientiert an nationaler Souveränität und internationaler Stabilität. Verantwortungs‐bewusstes Handeln heißt hier in chinesischer Lesart vor allem, die multipolare Weltordnung zu bewahren und hegemoniale Strukturbildungen durch die westlichen Industrienationen zu verhindern. In den verschiedenen Regionen der Welt, vor allem im asiatischen Raum, strebt China hingegen als rising power selbst nach hegemonialer Führungsmacht durch Ausbau und Intensivierung von Kooperationen, mit denen die Nachbarstaaten an die Volksrepublik ge‐bunden werden (sollen). Besonders  in Ostasien und Südostasien  ist diese Politik der koope‐rativen Dependenzen durch Chinas Verhalten während der Asienkrise befördert worden:  

„China’s unwillingness to take advantage of the Asian financial crisis of 1997 fur‐thered Southeast Asian views of China as a responsible actor in the region. China did not devalue its currency at the time, and this was interpreted by ASEAN as a sign of goodwill” (Kang 2007: 131).  

Mittlerweile  ist ein positiver Stimmungswandel  in dieser Region  zugunsten der politischen Führung in Peking zu verzeichnen. China wird nicht mehr als Bedrohung, sondern als verläss‐licher Partner wahrgenommen (Shambaugh 2004/05: 64). China hat überdies eine Kombina‐tion aus  sicherheitspolitischen Garantien und ökonomischen Entwicklungsaussichten anzu‐bieten, die im Interesse der meisten asiatischen Staaten liegt. Ein Umstand, der seinen Aus‐druck unter anderem darin findet, dass die VR China im Jahre 2003 als erste Großmacht au‐ßerhalb des Verbundes Mitglied des ASEAN’s  Treaty of Amity  and Cooperation  geworden ist.20 Die Folgen dieser wachsenden Anbindung sind dabei nicht allein regionaler Art; durch die  wirtschaftliche  Abhängigkeit  (Freihandelszone)  erhöhen  sich  die  wirtschaftlichen  und politischen Kosten der ASEAN‐Staaten, im Falle eines Konfliktes zwischen den USA und China amerikanische Interessen zu befördern. 

Das  chinesische  Engagement  in  Zentralasien  ist  demgegenüber  vergleichsweise  stärker  si‐cherheitspolitischer Art. Vor dem 11. September 2001 war Zentralasien eine Region, die  in der außenpolitischen Strategie der USA kaum eine Rolle spielte. China hingegen hat die Her‐ausforderungen der offenen Grenzfragen mit den post‐sowjetischen Staaten – Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Russland haben zusammengenommen mehrere tausend Kilo‐meter gemeinsames Grenzgebiet mit China – angenommen und als Chance begriffen, den eigenen Einfluss in Zentralasien zu erhöhen (Godehardt 2008). Die Gründung der SOZ ist da‐

                                                                                                                                                                         is increasingly recognized by the international community, and could well lead to a future role for China as a mediator in international conflicts” (D’Hooghe 2007: 11). 

19   Siehe hierzu das noch von Deng Xiaoping initiierte Programm, einen Index für die „umfassende nationale Stärke“ (zonghe guoli) zu ermitteln; dazu Pillsbury (2000). 

20   „Beyond multilateral diplomacy, China has made a concerted effort  in  the  last decade  to cultivate eco‐nomic and security partners in Southeast Asia, reassuring nations that China’s development presents long‐term economic opportunities and does not threaten their security  interests. Strategic reassurance, com‐bined with rapidly expanding trade and investment relationships, links ASEAN’s economic fortunes to Chi‐na and seeks to present China in a less threatening light” Meideiros (2005/06: 155f.). 

  14

für ein Beleg. Diese Organisation basiert  in erster Linie auf dem Versuch, die  regionale Si‐cherheit – nach chinesischem Muster – zu stabilisieren. Die chinesische Fähigkeit, tragfähige Interessenkonstellationen zu schmieden und den Einflussbereich der USA zu begrenzen, er‐weist sich unter anderem  in dem – aus Sicht Chinas und Russlands zweifelsohne erfolgrei‐chen – Zusammenwirken der  SOZ‐Staaten, auf deren Druck hin die USA  ihre Truppen aus Usbekistan 2005 abgezogen haben (Bailes et al. 2007: 1‐27, 45‐59).  

Ähnlich erfolgreich war die chinesische Einflussnahme  im  jüngsten Konflikt  zwischen Russ‐land und Georgien. Mit der unilateralen Anerkennung Russlands gegenüber den beiden Pro‐vinzen Südossetien und Abchasien hat die russische Führung in chinesischer Lesart die natio‐nale  Integrität eines Staates verletzt und damit einer zentralen Maxime chinesischer Politik zuwidergehandelt. Auch wenn China sich  in offiziellen Verlautbarungen mit Kritik am russi‐schen Vorgehen  zurückhielt,  sind doch die diplomatischen Bemühungen unverkennbar ge‐wesen, mit denen China dafür  sorgte, dass der  russische Alleingang keine Rückendeckung von den Mitgliedstaaten der SOZ auf dem jährlichen Gipfeltreffen in Dushanbe (Kasachstan) gefunden  hat.21  Darüber  hinaus  hat  sich  China  als  Handelspartner  der  zentralasiatischen Staaten etabliert, besonders die billigen „weißen Waren“ aus China finden einen  lukrativen Absatzmarkt  in den schwachen Ökonomien  in Zentralasien (Laruelle 2008). Russland besitzt zwar derzeit militärisch den größten Einfluss auf die Region, aber China nimmt wirtschaftlich eine zunehmend einflussreichere Rolle ein, die in absehbarer Zeit eine größere Wirkkraft auf die Staaten der Region besitzen könnte als die zögerlichen Versuche der EU beziehungsweise der  OECD,  die  demokratische  beziehungsweise  zivilgesellschaftliche  Entwicklung  voranzu‐treiben. 

5  Krieg und Frieden 

Vergegenwärtigt man sich die Ziele und Prinzipien der chinesischen Außenpolitik, so wird vor allem der Unterschied zwischen der  internationalen und der regionalen Ebene  im Handeln deutlich. Holzschnittartig verkürzt könnte man sagen, dass die ehemalige, das konfuzianische Denken bestimmende Einheit von Stabilität und Harmonie als Grundlage des Ordnungsden‐kens aufgebrochen worden  ist: Während das Stabilitätsdenken Chinas heute auf  internatio‐naler Ebene mit dem klassischen Souveränitätsparadigma konvergiert, spiegelt sich die Har‐monieorientierung auf  regionaler Ebene  im Streben nach hegemonialer  Führungsmacht  in der Region wider. In der Reflexion über Krieg und Frieden hat sich eine Reihe von Gedanken konfuzianischer Art konserviert. Der Schwerpunkt der Literatur, die sich mit dem Verhältnis von Krieg und Frieden beschäftigt, liegt in der Auseinandersetzung mit der chinesischen Mili‐tärgeschichte sowie in der Entwicklung des Kriegswesens (zum Beispiel Yu 2006; Zhou 2005). Zur Thematik des Gerechten Krieges – der mit zhengyi zhanzheng, yi zhan oder yi bing um‐schrieben wird  (Lewis 2006) –  findet sich hingegen nur wenig Material. Sofern Veröffentli‐chungen sich mit diesem Thema beschäftigen, so oftmals im Kontext einer allgemeinen Dis‐kussion über Moral, Tugend und Krieg (Wang 2005).22 Regelmäßig ist auch die Bezugnahme auf  die  europäische  Tradition  des Begriffs  von Bedeutung:  So werden  unter  anderem  die 

                                                       

21   Vielmehr wurde das Hauptziel der SOZ deutlich, separatistische Bewegungen zu bekämpfen, nicht zu för‐dern (Godehardt 2008: 4).  

22   Gong  (2000)  stellt die Ansichten der einzelnen  Schulen der  klassisch  chinesischen Philosophie  vor. Den Gerechten Krieg behandelt Gong vor allem in Verbindung mit dem Konfuzianismus. Im Vordergrund steht dabei die Verknüpfung des Militärstrategen Wuzi mit den Ansichten des Konfuzianismus.  

  15

begriffliche Entwicklung nachgezeichnet oder die Differenzierung zwischen ius ad bellum und ius  in  bello  diskutiert  (Wu  2004;  Zhang  2005). Aufschlussreicher  für  das  eigene  politische Denken in diesem Bereich sind aber die Diskussionen über den amerikanischen Krieg im Irak. Handelt es sich hierbei um einen (gerechtfertigten) Verteidigungskrieg?  

Dass  sich  der  Irakkrieg  als  ein  Verteidigungskrieg  begreifen  lässt, wird  ganz  überwiegend bezweifelt  (Zuo 2005: 43‐48; Zhu 2005). Verteidigung setze das Ziel der Selbstverteidigung (ziwei) oder Selbsterhaltung  (zibao) voraus, die das Handeln der USA gegenüber dem  Irak jedoch nicht bestimmt hätten.23 Die entscheidende Kritik richtet sich vor allem darauf, dass die USA sich nicht der Zustimmung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen versichert haben. Ohne ein solches Mandat aber  ist die Frage nach dem gerechten Grund, vor allem aber – in konfuzianischer Tradition – nach einer legitimen Autorität, die darüber zu entschei‐den vermag, von besonderer Bedeutung (Zuo 2005: 45). Antworten auf diese Fragen sind die Amerikaner  in  den  Augen  der  chinesischen  Fachöffentlichkeit  schuldig  geblieben.  In  dem Artikel „Wer ist der bewaffnete Wächter der globalen Ethik?“ (Gong 2003) wird das Problem militärischer Interventionen im Lichte der „Goldenen Regel“ vertieft, die auch im Lunyu (Kon‐fuzius  IV, 24) als Richtschnur des Handelns dienen  soll.24 Danach,  so der Autor,  ließe  sich argumentieren, dass die von den USA geführte Koalition im zweiten Golfkrieg Moralität und Gerechtigkeit verteidigt habe,  zumal das Eingreifen  in Kuwait auch vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen  gedeckt war.25 Das  amerikanische  Vorgehen  im  jüngsten  Irakkrieg  ist damit jedoch nicht zu vergleichen: zum einen weil der Sicherheitsrat kein Mandat erteilt ha‐be, zum anderen weil die USA vornehmlich  ihre sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Interessen wahren wollten, während das Ziel der Demokratisierung im Mittleren Osten vor‐geschoben war. Die USA haben sich wie ein globaler Hegemon verhalten, wie ein schlechter, nur auf seinen Eigennutz bedachter Regent. 

Der Rückgriff auf konfuzianische Lehren wird noch deutlicher (zum Beispiel Shi 1999),26 wenn die chinesische Tradition dem europäischen Denken über Krieg und Frieden gegenüberge‐stellt wird. Die wichtigsten Einsichten dieser Lehren  lassen sich wie  folgt zusammenfassen: (1) es gibt gerechte und ungerechte Kriege; (2) die Zustimmung des Volkes ist die wichtigste Basis eines  legitimen Krieges;  (3) nur Kriege, welche die Gerechtigkeit anerkennen und un‐terstützen, können gerechtfertigt sein; (4) vor dem Eintritt in den Krieg hat Vorsicht zu wal‐ten; Angriffskriege sind grundsätzlich zu verurteilen; (5) das eigentliche Ziel des Krieges be‐steht nicht allein darin, Verbrechen zu bestrafen, sondern die universale Moralität und Ge‐rechtigkeit zu etablieren (Zhang 2005: 18). Diesen vielfachen Rückbezügen auf die Klassiker des  Konfuzianismus  zum  Trotz  bleibt  dabei  allerdings  oftmals  das  spezifische  chinesische Moment  im Unterschied  zum  europäischen Denken  über  den Gerechten  Krieg  im Vagen, 

                                                       

23   Zuo  (2005: 44) verweist darauf, dass  seitens der USA die Terroranschläge vom 11. September 2001 als Begründung für die Invasion  im Irak herangezogen werden. Aber dieser Logik zufolge hätten die USA vor allem Saudi‐Arabien angreifen müssen. 

24   In der Übersetzung von Ralf Moritz heißt es im Lunyu: „Was man mir nicht antun soll, will ich auch nicht anderen Menschen zufügen“. 

25   Gong (2003) verweist auf Mengzi, der die Strafe für den schlechten Regenten durch den „Sohn des Him‐mels“ als gerechtfertigt ansieht. Vgl. auch Bell (2008: 32f.). 

26   Eine Sammlung von Aussagen Konfuzius über Krieg findet sich bei Ni Lexiong (1999). Mit Blick auf die Wur‐zeln des Internationalen Rechts und der Souveränität während der Frühlings ‐und Herbstperiode sowie der Zeit  der  Streitenden Reiche  findet  sich  eine Diskussion  am Beispiel  der  Ideen Mozis bei  Sang Donghui (2006). Für die zahlreichen Artikel über die gegenwärtige Bedeutung Sunzis für China steht beispielsweise Yao/Ma (2004). 

  16

zumindest dann, wenn damit mehr als die – eher behauptete als ausgewiesene – Ausrich‐tung auf den  Frieden bezeichnet werden  soll  (Zhang 2005: 20). Differenzierungen  können hier vermutlich auch erst dann  in den Blick gelangen, wenn der Begriff des Gerechten Krie‐ges in ein Konzept des gerechten Friedens eingebettet wird. Auf dieser Grundlage ließe sich entscheiden, ob das Ziel eines gerechtfertigten Krieges in konfuzianischer Tradition mehr als die Wiederherstellung einer stabilen Ordnung durch eine tugendhafte Regierung zum Inhalt haben kann. Dazu wäre es unter anderem erforderlich, dem Volkswillen –  für Konfuzianer Basis einer legitimen Regierung – die Möglichkeit eines lebendigen Ausdrucks zu geben. An‐dernfalls wäre zwischen der Ruhe des Volkes und der Stabilität der Ordnung kaum zu unter‐scheiden. Es  ist nicht auszuschließen, dass  sich  in der  chinesischen Kritik am  Irakkrieg der USA die eigentliche Bedeutung des  konfuzianischen Denkens  für das heutige China offen‐bart: „For Confucians, however, so  long as the Iraqi people were not being deliberately de‐prived of the means of subsistence, the intervention could not be justified“ (Bell 2008: 33). 

Literatur

Bailes, Alyson J. K. et al. (2007): The Shanghai Organization. SIPRI Policy Paper Nr. 17. Stock‐holm. 

Bell,  Daniel  A.  (Hrsg.)  (2008):  China’s  New  Confucianism.  Politics  and  Everyday  Life  in  a Changing Society. Princeton/Oxford.  

Billioud, Sébastien (2007): Confucianism, „Cultural Tradition“, and Official Discourse in China at the Start of the New Century. In: China Perspective, 3, 50‐65. 

Brekke, Torkel  (Hrsg.)  (2006): The Ethics of War  in Asian Civilizations: A Comparative Per‐spective. Routledge.  

Chan, Joseph (2008): Territorial Boundaries and Confucianism. In: Bell (Hrsg.) 2008: 61‐85. 

Chinese  envoy  arrives  in  Taiwan  amid  warming  ties.  In:  International  Herald  Tribune, 03.11.2008, 4. 

Christensen, Thomas J. (2006): Fostering Stability or Creating a Monster? The Rise of China and US Policy towards East Asia. In: International Security, 31: 1, 81‐126. 

Cradock, Percy (1994): Experiences in China. London.  

Creel, Herlee G. (1970): The Origins of Statecraft in China (Vol. 1). The Western Chou Empire. Taipei. 

D’Hooghe, Ingrid (2007): The Rise of China’s Public Diplomacy. Clingendael Diplomacy Papers Nr. 12. Den Haag.  

Dicke, Klaus/Edinger, Michael/Lembcke, Oliver W. (Hrsg.) (1997): Menschenrechte und Ent‐wicklung. Berlin. 

Dicke,  Klaus  (1997): Menschenrechte  als  Kulturimperialismus?  In:  Dicke/Edinger/Lembcke (Hrsg.) 1997: 57‐77. 

Fairbank, John K. (1953): Trade and Diplomacy on the China Coast. The Opening of the Trea‐ty Ports 1842‐1854. Cambridge. 

Fairbank, John K. (Hrsg.) (1968): The Chinese World Order. Traditional China’s Foreign Rela‐tions. Cambridge. 

  17

Fravel, Taylor M. (2005): Regime Insecurity and International Cooperation. Explaining China’s Comprises in Territorial Disputes. In: International Security, 30: 2, 46‐83. 

Friedberg, Aaron L. (2005): The Future of US‐China Relations. Is Conflict Inevitable? In: Inter‐national Security, 30: 2, 7‐45. 

Gill, Bates/Reilly, James (2000): Sovereignty, Intervention and Peacekeeping. The View from Beijing. In: Survival, 42: 3, 41‐59. 

Godehardt, Nadine (2008): Gegensätze  in Zentralasien. China und Russland ziehen nicht an einem Strang. GIGA Focus Asien, Nr. 11. Hamburg.  

Gong Gang (2003): Shei quanqiu lunli de dai dao shi wei? (Who is the Armed Guard of Global Ethics?). In: http://www.cul‐studies.com, 04.11.2008.  

Gong Yuzheng (2000): Wenhua liubian yu zhongguo chuantong bingjia de xingtai gengti (Cul‐tural Transformation and the Substitution of the Chinese Traditional Military Theory). In: Junshi lishi yanjiu (Military Historical Record), 1, 172‐180. 

Greenberg, Michael (1965 [1951]): British Trade and the Opening of China 1800‐1842. Cam‐bridge. 

Guo Xiaolin (2008): Repacking Confucius. PRC Public Diplomacy and the Rise of Soft Power, Institute for Security and Development Policy. Stockholm. 

He, Yin (2007): China's Changing Policy on UN Peacekeeping Operations. Institute for Securi‐ty and Development Policy. Asia Paper 07/2007. Stockholm. 

Hu Jian (2007): Zhongguo Zeren yu hepingfazhan daolu (Responsible China and the Way of Peace  and Development).  In:  Xiandai Guoji Guanxi  (Contemporary  International  Rela‐tions), 7, 43‐47. 

Hsü, Leonard Shihlien (1932): The Political Philosophy of Confucianism. An Interpretation of the Social and Political Ideas of Confucius, his Forerunners, and his early Disciples. Lon‐don/Dublin/New York. 

Hsün‐tzu (1967): Hsün‐tzu (übers. von Hermann Köster). Kaldenkirchen. 

Iwashita, Akihiro (Hrsg.) (2007): Eager Eyes Fixes on Eurasia. Russia and Its Neighbors in Cri‐sis. Slavic Research Center. Sopporo. 

Kang, David (2007): China Rising. Peace, Power, and Order in East Asia. New York. 

Konfuzius (1988): Gespräche (Lun‐Yu). Leipzig. 

Kurlantzick,  Joshua  (2007): Charm Offensive. How China’s  Soft Power  is  Transforming  the World. New Haven/London.  

Lam Willy (2004): Socialism with a Harmonious Face: Hu Jintao’s Plan for Reform.  In: China Brief, 4: 20, 5‐7. 

Laruelle, Marlene  (2008): Russia’s Central Asia Policy and  the Role of Russian Nationalism. Silk Road Paper, April 2008. Singapore. 

Lewis, Mark E. (2006): The Just War in Early China. In: Brekke (Hrsg.) 2006: 185‐200. 

Li Zhaojie/James Li (2002): Traditional Chinese World Order.  In: Chinese Journal of  Interna‐tional Law, 1: 1, 20‐58.  

Ling, Bonny (2007): China's Peacekeeping Diplomacy. In: China Rights Forum, 1, 47‐49. 

  18

Mao, Ruipeng  (2006): Zhuquanyuanze yu zhongguo zai  lianheguoweiheyianzhong de toupi‐aoxingwei. In: Shijie jingji yu zhengzhi (World Economics and Politics), 4, 55‐61. 

Mearsheimer, John J. (2003): The Tragedy of Great Power Politics. New York/London.  

Meideiros, Evan S.  (2005/06): Strategic Hedging and  the Future of Asia‐Pacific Stability.  In: The Washington Quarterly, 29: 1, 145‐167. 

Mong Dsi  (1982): Die  Lehrgespräche  des Meister Meng  Ko  (übers.  von  Richard Wilhelm). Köln. 

Moritz, Ralf (1988): Einleitung. In: Konfuzius: Gespräche (Lun‐Yu). Leipzig. 

Ni Lexiong  (1999): Kongzi yu zhanheng  (Konfuzius and War).  In:  Junshi  lishi yanjiu  (Military Historical Record), 4, 93‐104. 

Pillsbury,  Michael  (2000):  China  Debates  the  Future  Security  Environment.  In: http://www.fas.org/nuke/guide/china/doctrine/pills2/part08.htm, 07.11.2008. 

Popitz, Heinrich (1999): Phänomene der Macht. 2. Aufl. Tübingen. 

Sang Donghui (2006): Ye tan chunqiuzhagguo shiqi de zhuhouguo shifou we zhuquanguojia. Yi Mozi wie li, yi guojifa wei shiiao (From the Perspective of International Law using Mozi as an Example: The Renewed Discussion about whether the Feudal States of the Chunqiu and Warring States Period Represent Sovereign States or not).  In: Guojizhengzhi yanjiu (Studies of International Politics), 2, 137‐149. 

Schleichert,  Hubert  (1990):  Klassische  chinesische  Philosophie.  Eine  Einführung.  2. Aufl. Frankfurt a. M. 

Shambaugh, David (2004/05): China engages Asia. Reshaping the Regional Order. In: Interna‐tional Security, 29: 3, 64‐99. 

Siemons, Mark (2007): „Alles Barbaren unter dem Himmel“.  In: Frankfurter Allgemeine Zei‐tung, 28.12.2007, 31. 

Spence, Johnathan D. (2001): Chinas Weg in die Moderne. München. 

Stähle, Stefan (2008): China’s Shifting Attitude towards United Nations Peacekeeping Opera‐tions. In: The China Quarterly, 195 (September), 631‐655. 

Sun Zhuangzhi (2007): The Relationship between China and Central Asia. In: Iwashita (Hrsg.) 2007: 41‐63. 

Shih, Chih‐Yu (1993): China’s Just World. The Morality of Chinese Foreign Policy. London. 

Shi Yinhong  (1999): Guanyu  zhanzheng yu heping de  lunli  chuantong: Xifang yu  zhongguo (Theoretical Tradition of War and Peace. China and the West). In: Shijie jingji yu zhengzhi (World Economics and Politics), 10. 

The PEW Global Attitudes Project: Global Economic Gloom – China and India Notable Excep‐tions. June 2008. In: http://pewglobal.org/reports/pdf/260.pdf, 20.10.2008.  

Tsang, Steve (2004): A Modern History of Hong Kong. London/New York. 

Wang Lianbin (2005): Zhonghua wudewenhua yanjiu lungang (Theory Outline of the Chinese Military Virtue Culture Research).  In:  Junshi  lishi  yanjiu  (Military Historical Record),  4, 150‐159. 

  19

Wu Zhengyu (2004): Zhengyi zhanzheng  lilun de dangdai yiyi  lunxi (Contemporary Meaning of the Just War Theory), In: Xiandai guoji guanxi (Contemporary International Relations), 8, 12‐17. 

Yang  Xiaojie  (2007): Goujian  hexieshijie  (Construction  of  a Harmonious World).  Zhongguo jianchi hepingfazhan de lishi zhuangcheng yu shidai suqiu. In: Lilun Yueli, 5, 25‐28. 

Yao Youzhi/Ma Debao (2004): Sunz bingfa yu dangdai zhongguo zhuliu zhanzheng lilun (Sun 

Zi’s  Art  of  War  and  Mainstream  Contemporary  Chinese  Theories  of  War).  In: 

Zhongguo junshi kexue (China Military Science), 6, 9‐16. 

Yu Zemin  (2006):  Liang qian nian  junshi  sixiang de goutong. Zhongguo gudian  zhanlue  jin‐yong (The Understanding of 2000 Years Chinese Military Thought. The Present Usage of Classical Chinese Strategy). Peking. 

Zhang, Dainian (2002): Key Concepts in Chinese Philosophy (übers. und hrsg. von Edmund Ryden). New Haven/London. 

Zhang Lu (2005): Zhongxi zhengyizhanzheng sixiang bijiao fenxi (A Comparison between Chi‐

nese and Western Just War Thoughts).  In: Xiandai guojiguanxi (Contemporary  Inter‐

national Relations), 4, 15‐20. 

Zhao, Suisheng (1997): Power Competition in East Asia. From the old Chinese World Order to 

Post‐Cold War Regional Multipolarity. London. 

ZhengYongnian/Sow Keat Tok  (2007): Harmonious Society and Harmonious World: China’s Policy Discourse under Hu Jintao. China Policy Institute, Briefing Series 26. Nottingham. 

Zhou Zhenfu (2005): Gudai zhangjixuan (A Selection of Classical War Records). Nanjing. 

Zhu Zhijiang (2005): Lun daode shijiao xia de zhanzheng (Discussion about War from a Moral Perspective). In: Junshi lishi yanjiu (Military Historical Research), 1, 142‐152. 

Zuo Gaoshan  (2005):  Zhengyi de  zhanzheng  yu  zhanzheng de  zhengyi. Guanyu  zhanzheng lunli de fansi (Just War and Justice of War. About the Recollection of War Morality). In: Lunlixueyanjiu (Studies in Ethics), 6, 43‐48. 

Hinweis

Das vorliegende private Manuskript ist mit der oben genannten Publikation nicht seiteniden‐tisch und enthält auch nicht die im Zuge der Fahnenkorrektur vorgenommenen Veränderun‐gen letzter Hand. 

Kontakt

eMail: Nadine.Godehardt@swp‐berlin.org; mail@oliver‐lembcke.de