Eintagsfliegen

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Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde - Serie C ISSN 0341-0161 Manna der Flüsse A RNOLD S TANICZEK Eintagsfliegen Nr. 53 Eintagsfliegen Die weibliche Subimago von Heptagenia flava, eine in früheren Zeiten in den Flüssen des Flachlandes verbreitete Eintagsfliege in Deutschland. Heutzutage ist sie leider nur noch auf den Roten Listen der gefährdeten Tierarten häufig anzutreffen. Foto: P. MAIHÖFER. Die Larve des Uferaas (Ephoron virgo) besitzt geweihartige Auswüchse der Oberkiefer, die als Graborgane zum Bau der Wohnröhren verwendet werden. Foto: A. KURECK. Die Eier des Uferaas (Ephoron virgo) besitzen an einem Ende Polkappen mit Anheftungsstrukturen, die das Abdriften der Eier verhindern. Foto: A. KURECK.

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Die weibliche Subimago von Heptagenia flava,

eine in früheren Zeiten in den Flüssen des

Flachlandes verbreitete Eintagsfliege in

Deutschland. Heutzutage ist sie leider nur

noch auf den Roten Listen der gefährdeten

Tierarten häufig anzutreffen. Foto:

P. MAIHÖFER.

Die Larve des Uferaas (Ephoron virgo) besitzt geweihartige

Auswüchse der Oberkiefer, die als Graborgane zum Bau der

Wohnröhren verwendet werden. Foto: A. KURECK.

Die Eier des Uferaas (Ephoron virgo) besitzen an

einem Ende Polkappen mit Anheftungsstrukturen,

die das Abdriften der Eier verhindern. Foto:

A. KURECK.

Der einjährige Entwicklungszyklus des

Uferaas (Ephoron virgo):

1. Im August schlüpft die geflügelte

Subimago aus dem letzten Larvenstadium.

2. Die männliche Subimago fliegt an Land

und häutet sich bereits nach wenigen

Minuten zur Imago.

3. Die männliche Imago fliegt zurück zur

Gewässermitte und patrouilliert die

Wasseroberfläche nach schlüpfenden

Weibchen.

4. Unmittelbar nach dem Schlupf des

Weibchens findet im Fluge die Paarung

statt.

5. Das begattete Weibchen wirft an der

Wasseroberfläche seine Eipakete ab. Beide

Geschlechter sterben in der Regel noch am

gleichen Abend.

6. Die Eier sinken einzeln zum Gewässer-

boden und heften sich an diesen an.

7. In einer achtmonatigen Diapause

überdauern die Eier den kommenden Herbst

und Winter am Gewässerboden.

8. Im April des folgenden Jahres schlüpfen

aus den Eiern die kleinen Erstlarven, welche

sich zunächst als Weidegänger im Lücken-

system des Bodens von Aufwuchs ernähren.

9. Die älteren Larven bauen am Grunde des

Gewässers U-förmige Röhren, an deren

Grund sie mit ihren Kiemen Nahrungs-

partikel herbeistrudeln und diese mit langen

Haaren an Kopf und Beinen ausfiltrieren.

Nach nur drei Monaten sind die Larven

herangewachsen und bereit zum Verlassen

des Wassers.

Zeichnung: J. JACOBI (aus KURECK 1996).

In warmen Augustabenden kann seit Anfang der neun-

ziger Jahre am Rhein und seinen Nebenflüssen wieder

der spektakuläre Massenflug des Uferaas (Ephoron virgo)

beobachtet werden. Diese Eintagsfliegenart galt lange

Zeit in Deutschland als ausgestorben. Foto: A. KURECK.

Vorwort

Vier Stationen des LebensWas sind Eintagsfliegen – und wie erkennt man sie?Die Subimago – nicht Fisch, nicht FleischDie Larven – auf die Kiemen kommt es anKein Ei gleicht dem anderen

Schwarmflug und PaarungSie tanzen nur für einen TagWeiße Schmetterlinge in Köln?Sturmwarnung am Erie-See – Orkan Hexagenia nähert sichEin Tag an der Theiß

Stammesgeschichte und VerwandtschaftFossile EintagsfliegenWie immer: Streit um die lieben VerwandtenÄhnlich, aber nicht gleich – andere Wasser-Insekten

ÖkologieEin Mitesser der anderen Art – Epoicocladius flavensNatürliche FeindeVon der Quelle bis zur MündungEintagsfliegen als Bio-Indikatoren

Arten-VielfaltSteckbriefe heimischer EintagsfliegenGefräßige Exoten

Der Werkzeugkasten im Bachbett

Fliegenfischen

Gefährdung und Schutz

DankDer AutorLiteratur

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Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde

Serie C – Wissen für alleHeft 53, 2003

Eintagsfliegen

MannaderFlüsse

Ein

tags

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genARNOLD STANICZEK

Impressum

Herausgeber

© 2003

Redaktion undGestaltung

Druckerei

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Stuttgarter Beiträgezur NaturkundeSerie C – Wissen für alleHeft 53, 2003

Staatliches Museum fürNaturkunde Stuttgart undGesellschaft zur Förderungdes Naturkundemuseumsin Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Dr. HELMUT SCHMALFUSS

Oehler Offset, Fellbach

Lieferbar nur vom Herausgeber,Formular am Ende des Heftes

0341-0161

Herausgeber, Autoren und Redaktion

sind zu erreichen unter:

Staatliches Museum

für Naturkunde Stuttgart

Rosenstein 1

70191 Stuttgart

Tel.: 0711-8936-0

Fax: 0711-8936-100

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Abb. 1. Ein Männchen der Art Epeorus

assimilis hat sich an der Ufervegetation

eines Gewässers zur Ruhe niedergelassen.

In Süddeutschland ist diese Eintagsfliege

eine Charakterart der Mittelgebirgsbäche.

Foto: P. MAIHÖFER.

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VorwortEintagsfliegen sind uns allen im täg-

lichen Sprachgebrauch ein Begriff: Als„Eintagsfliege“ wird meist leicht abwer-tend jener Zeitgenosse bezeichnet, vondem niemand annimmt, dass er vonbleibender Bedeutung für die Nachweltsein wird. Aber auch der Begriff des„Ephemeren“ für jede kurzlebige Erschei-nung hat in unserer Sprache Einzuggefunden. Als „Ephemera“ werden kollek-tiv auch gedruckte Dinge aus dem tägli-chen Leben bezeichnet, die ursprünglichzum einmaligen Gebrauch bestimmt sind:Fahrkarten, Prospekte, Kassenbons,Sammelbilder, Aufkleber, Postkarten,Bierdeckel und ähnliches – all diese Dingesammelt ein Ephemerist. Der Medizinerdiagnostiziert dagegen bei „Ephemera“gerne ein Eintagesfieber.

Abgeleitet sind all diese Wörter vomgriechischen „ephemeros“ – für einen Tag.Setzt man dahinter noch das griechische„pteros“ für Flügel, so ist man dem Ge-heimnis der Eintagsfliegen schon auf dieSpur kommen. Der wissenschaftlicheName, welcher für die Eintagsfliegen ge-prägt wurde, lautet denn auch Ephemero-ptera – die für einen Tag Geflügelten!

Was sind eigentlich Eintagsfliegen?Sehen sie aus wie Fliegen? Sind sie mitden Stubenfliegen verwandt? LebenEintagsfliegen tatsächlich nur einen Tag?Wo leben sie? Kaum ein Mensch hat aufAnhieb auf all diese Fragen eine Antwortparat. Dabei haben diese grazilen Ge-schöpfe mit Sicherheit mehr Beachtungverdient als ihnen gemeinhin zuteil wird.Wussten Sie, dass Eintagsfliegen zu denwichtigsten Gliedern in der Nahrungsketteunserer Fließgewässer gehören? Anglerbenutzen kunstvolle Nachbildungen vonEintagsfliegen als Köder zum Fang vonForellen. Ökologen und Gewässerkundlerziehen Eintagsfliegen als wichtigste Bio-indikatoren zur Beurteilung der Ge-wässergüte heran. Auch für den Paläonto-

logen und Systematiker sind Eintagsflie-gen interessant, da sie als ursprünglicheGruppe gelten, die an der Basis derFluginsekten stehen. Ihr Studium kannuns daher viel über den Ursprung dergeflügelten Insekten verraten. Selbst dieBionik hat die höchst unterschiedlichgeformten Mundwerkzeuge der Eintags-fliegenlarven als lohnende Forschungs-objekte entdeckt – vielleicht fahren Siebereits mit Autoreifen der Marke „Eintags-fliege“ und Sie wissen es nur noch nicht?

Neben all diesen Aspekten, welche einenähere Beschäftigung mit diesen Tierenals interessant oder lohnenswert erschei-nen lassen, sollte man den vielleichtwichtigsten nicht unerwähnt lassen: Kaumjemand, der es schon einmal erlebendurfte, konnte sich der Faszination einesMassenschwarmes von Eintagsfliegenentziehen. Wenn sich Millionen und Aber-millionen dieser Tiere zu ihrem Hochzeits-flug versammeln, dann ist dies ein Er-lebnis, das sicherlich nicht nur für einenTag im Gedächtnis haften bleibt. Somanch einen hat dieses Naturschauspielderart gefesselt, dass er diesen Tieren einLeben lang verbunden blieb. Vielleichtbewundern ja auch Sie nach dem Studiumder folgenden Seiten beim nächstenSpaziergang an einem Fließgewässer diesegrazilen Flieger, die hoch über ihrenKöpfen in stetigem Auf und Ab ihren an-mutigen Hochzeitstanz tanzen, wie sie esschon seit Millionen Jahren tun – trotzihres kurzen individuellen Daseins aufErden.

Abb. 2. Die hinteren Flügel bei

Eintagsfliegen sind verkleinert, so

auch bei Paraleptophlebia

submarginata. Foto: P. MAIHÖFER.

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Eintagsfliegen (wissenschaftlich: Eph-emeroptera) besitzen wie alle Insekteneinen in Kopf, Brust und Hinterleibgegliederten Körper (Abb. 1). Jedes derdrei Brustsegmente trägt ein Beinpaar,und wie die meisten Insekten sind auchdie Eintagsfliegen mit zwei Flügelpaarenausgestattet, die an Mittel- und Hinter-brust ansetzen (Abb. 2).

Eintagsfliegen repräsentieren einenfrühen, eigenständigen Zweig der Flug-insekten, welcher mit den Zweiflüglern(Diptera), zu denen die echten Fliegenund Mücken gestellt werden, nur entferntverwandt ist. Sie sind hemimetabol, ihnenfehlt also ein Puppenstadium, wie esetwa Schmetterlingen, Käfern oder Zwei-

flüglern eigen ist. Zudem sind die Larvender Eintagsfliegen an Süßwasser gebun-den. Sie besiedeln in großer Individuen-zahl vor allem Fließgewässer und ernährensich dort vorwiegend von Algen und ab-gestorbenen Pflanzenteilen.

Aus Deutschland sind derzeit 112 ver-schiedene Eintagsfliegenarten bekannt.Weltweit sind bis heute etwa 2800 Artenwissenschaftlich beschrieben, doch ist dietatsächliche Zahl der existierenden Artenmit Sicherheit höher. Selbst im gutuntersuchten Europa werden noch heuteneue Arten entdeckt, und wie viele un-beschriebene Arten noch in den wenigerforschten tropischen Regionen zu er-warten sind, kann niemand auch nur an-nähernd abschätzen. Dies liegt zum einendaran, dass sich Eintagsfliegen vom

Vier Stationendes LebensWas sind Eintagsfliegen

– und wie erkennt mansie?

8Aussehen her oft sehr stark ähneln undähnliche Arten daher oft übersehen wer-den. Zum anderen liegt der mangelndeKenntnisstand sicher auch darin begrün-det, dass es nur wenige Spezialisten gibt,die sich mit dieser Gruppe beschäftigen.

Obwohl die meisten Menschen mitEintagsfliegen zumindest im täglichenSprachgebrauch vertraut sind, wissen diewenigsten, wie diese Tiere überhauptaussehen und wie man sie von anderenInsekten unterscheiden kann:

Der Kopf einer Eintagsfliege ist sehrcharakteristisch gebaut (Abb. 3): Bei dengeflügelten Stadien der Eintagsfliegensind die Mundwerkzeuge weitestgehendverkümmert, oft gar vollständig zurückge-

bildet. Dies hängt damit zusammen, dassdie erwachsenen Tiere keinerlei Nahrungmehr zu sich nehmen. Die Kopfvorderseiteist meist gekielt und verleiht dem Kopf einbizarres Aussehen. Neben den drei Einzel-augen (Ocellen) gehören auch gut ent-wickelte Facettenaugen zur Grundausstat-tung jeder Eintagsfliege. Es sind Augen-tiere, die ihre Sexualpartner und die Ei-ablageplätze optisch lokalisieren. Bei vie-len Arten kann sogar ein Sexualdimor-phismus bezüglich der Augen beobachtetwerden. So sind die Augen der Männchenin der Regel etwas größer als die derweiblichen Tiere. Bei den Männchen man-cher Gruppen kann im Extremfall ein Teilder Augen ganz abgetrennt und zu stiel-förmigen, so genannten Turbanaugenumgebildet sein (Abb. 4). In unserer ein-heimischen Fauna kann man die Männchender Baetidae leicht an solchen charakteri-stischen Turbanaugen erkennen.

An der dreigeteilten Brust der Insektensitzt an jedem der Segmente ein Bein-paar. Die Vorderbeine der Männchen sindextrem verlängert und in Ruhestellung oftschräg nach oben gerichtet (Abb. 1). AnMittel- und Hinterbrust sitzen auch die

Abb. 3. Pfriemförmige Antennen und

eine stark gekielte Kopfvorderseite

wie bei der hier abgebildeten

Heptagenia flava (Heptageniidae)

sind charakteristisch für den Kopf der

Eintagsfliegen. Die bei anderen

Insektengruppen an der Unterseite

des Kopfes inserierenden Mundwerk-

zeuge fehlen meist völlig. Foto:

P. MAIHÖFER.

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Vorder- bzw. Hinterflügel. Die meistenFluginsekten falten ihre Flügel in Ruhehorizontal oder dachförmig über demHinterleib zusammen. Eintagsfliegen hin-gegen sind nur dazu in der Lage, ihre Flü-gel senkrecht über dem Hinterleib hoch-zuklappen (Abb. 2). Lediglich Libellen ha-ben diesen ursprünglichen Stellmodus derFlügel ebenfalls beibehalten (s. Abb. 42).Zwar stellen auch Tagfalter ihre Flügelsenkrecht, doch ursprüngliche Schmetter-linge klappen ihre Flügel ebenfalls dach-förmig über dem Körper zusammen. Diesweist darauf hin, dass es sich beim Stell-modus der Tagfalterflügel um eine sekun-däre Entwicklung handelt. Lediglich Ein-tagsfliegen und Libellen fehlt nämlichnoch das dritte von drei Flügelgelenks-tücken, welche das horizontale Einschie-ben der Flügel erst ermöglicht. Im Ge-gensatz zu den Libellen sind bei den Ein-tagsfliegen aber die Hinterflügel starkreduziert (Abb. 2 und 5) oder fehlen ganz.Im Wesentlichen fliegen die geflügelten

Stadien also mit den Vorderflügeln, die inder Regel eine Vielzahl von Längs- undQueradern aufweisen. Die Längsadernstehen dabei im Profil abwechselnd hochund tief, so dass der Flügel insgesamt einewellblechartige, stabile Struktur erhält(Abb. 5). Insektenkundler bezeichnen diehochstehenden Adern als positiv, die tiefstehenden entsprechend als negativeAdern. Wenn eine Längsader sich teilt,sind meist gegenläufige Adern, so genann-te Interkalaradern, eingeschoben. SolcheInterkalaradern kennen wir nur von denursprünglichsten Fluginsekten, auch dieLibellen besitzen sie. Die zahlreichvorhandenen Queradern gelten ebenfallsals eine Reminiszenz an die netzadrigen

Abb. 4. Die zweigeteilten

Komplexaugen, deren oberer Teil ein

turbanähnliches Aussehen besitzt,

sind ein charakteristisches

Kennzeichen der männlichen

Baetidae. Foto: P. MAIHÖFER.

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Flügel ihrer Vorfahren, die bereits in denSteinkohlewäldern der Karbonzeit umher-schwirrten.

Eines der auffälligsten Merkmale derEintagsfliegen am Hinterleib sind sicher-lich deren meist mehr als körperlangeSchwanzanhänge (Abb. 1). Oftmals sindnicht nur die beiden seitlichen Schwanz-fäden, die so genannten Cerci, sondernnoch ein mittlerer dritter Schwanzfaden,das Terminalfilum, vorhanden (s. Abb. 57und 58). Dieses Terminalfilum tritt sonstbei keiner anderen Gruppe der Flugin-sekten mehr auf. Lediglich manche primärflügellosen Ur-Insekten, nämlich dieFelsenspringer (Archaeognatha) und dieSilberfischchen (Zygentoma), könnenebenfalls mit drei Abdominalanhängenaufwarten.

In der Nähe des Körperendes, nämlicham Hinterrand des neunten Hinterleibs-segmentes, befinden sich auch dieGeschlechtsorgane des Männchens (Abb.6). Während der Paarung umklammert dasMännchen mit seinen zu Haltezangenumgewandelten Geschlechtsfüßen denHinterleib des Weibchens. Zwischen diesenso genannten Gonopoden befinden sich

paarige Penes. Dementsprechend sind beiden weiblichen Tieren in der Regel auchzwei Geschlechtsöffnungen vorhanden.Dieses Kuriosum entsteht dadurch, dass inder Larvalentwicklung eine Fusion derpaarigen Geschlechtsanlagen unterbleibt,wie dies bei den meisten anderen Insek-ten der Fall ist.

Begegnet Ihnen also ein Insekt, dasmit hochgeklappten Flügeln etwa an einerSchaufensterscheibe sitzt und zwei oderdrei lange Schwanzanhänge von sichstreckt, dann wissen Sie, dass es sich nurum eines handeln kann – um eine Eintags-fliege!

Abb. 5. Dieses Flügelpräparat des

Uferaas (Ephoron virgo) zeigt

anschaulich den Größenunterschied

zwischen Vorder- und Hinterflügel bei

Eintagsfliegen. Deutlich zu erkennen

sind auch die zahlreichen Längs- und

Queradern, die dem Flügel sein

charakteristisches netzadriges

Aussehen verleihen. Vorderflügellänge

12 mm. Foto: A. STANICZEK.

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Die Larven der hemimetabolen Insekten,also der Gruppen ohne Puppenstadium,entwickeln ihre Flügelanlagen sukzessivein Flügelscheiden, bis sich das letzteLarvenstadium zur geflügelten Imagohäutet. Bei den Insekten mit vollständigerVerwandlung wird noch ein Puppen-stadium eingeschoben, welches dem Tier

eine größere Umstrukturierung des Kör-pers ermöglicht. Bei diesen holometa-bolen Insekten werden die Flügel erst imPuppenstadium gebildet. Allen Flug-insekten gemeinsam ist jedoch, dass dieImago, das erwachsene geschlechtsreifeFlugstadium, sich nicht mehr häutet.

Eintagsfliegen tanzen hier mit einer imInsektenreich einmaligen Erscheinung ausder Reihe: Wenn nach zahlreichen Häutun-gen das letzte Larvenstadium erreicht ist,stellt die Larve die Nahrungsaufnahmeein. Kurze Zeit später findet die Häutungzu einem ersten geflügelten Stadiumstatt, welches sich aber noch nicht fort-pflanzt – die so genannte Subimago (Abb.7). Dieses im Prinzip voll ausgebildeteFluginsekt nimmt keine Nahrung mehr zusich und häutet sich binnen wenigerMinuten oder Stunden, spätestens nachein bis drei Tagen, nochmals zur Imago,dem geschlechtsreifen Endstadium derEintagsfliegen. Dies ist ein kritischesUnterfangen, denn während dieserHäutung sind die Tiere zum einen flucht-unfähig und so einem noch größeren

Abb. 6. Die männlichen Geschlechtsorgane der

Eintagsfliegen sitzen auf der Unterseite des

Hinterleibs am Ende des neunten Segmentes. Sie

bestehen wie hier bei Epeorus assimilis

(Heptageniidae) aus zu Haltezangen umgebildeten

Abdominalfüßen. Dazwischen liegt ein paariger

Penis. Gut zu sehen ist, wie aus beiden Penisloben

jeweils ein dünner Spermafaden austritt. Die

spezifische Form der männlichen Genitalien und

Gonopoden ist eines der wichtigsten Kriterien zur

Unterscheidung der verschieden Arten. Foto:

A. STANICZEK.

Die Subimago – nichtFisch, nicht Fleisch

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Risiko ausgesetzt, von einem Räuber er-beutet zu werden. Zum anderen ist es fürein Fluginsekt auch mechanisch nicht dieeinfachste Sache, die Flügel nochmals zuhäuten. Nicht wenige der Subimagineseiner Generation schaffen diesen Schrittnicht. Die Tatsache, dass sich alle anderenFluginsekten nicht mehr im geflügeltenStadium häuten, wird daher oft mit demnegativen Selektionsdruck erklärt, welcherauf diesem Entwicklungsschritt lastet.Worin liegt also der Vorteil oder die Not-wendigkeit für solch einen kompliziertenVorgang?

Viele Forscher haben sich bereits mitder Frage auseinandergesetzt, warum diesso sein mag. Endgültig geklärt ist sieallerdings immer noch nicht. Einen An-satzpunkt für eine mögliche Erklärungbieten aber die primär ungeflügelten Ur-Insekten. Diese ursprünglichen Insektenhäuten sich nämlich wie alle anderenGliedertiere auch noch als erwachseneTiere. Es liegt daher auf der Hand, dasSubimaginalstadium als Überbleibsel ei-ner solchen Imaginalhäutung zu deuten.Warum aber ist nicht auch bei den Ein-

tagsfliegen dieser Schritt wie bei allenanderen Fluginsekten verloren gegangen,da er doch eher von selektivem Nachteilzu sein scheint? Vergleicht man einmaldie beiden geflügelten Stadien miteinan-der, so fallen zunächst die Unterschiedein der Färbung der Flügel auf (Abb. 7 und8). Hierin können die beiden Stadien inder Regel auch auf Anhieb unterschiedenwerden. Die Flügelmembranen der Ima-gines sind stets glasklar und durchschei-nend, die der Subimagines erscheinendagegen milchig getrübt oder gräulich.Zudem sind die Hinterränder der sub-imaginalen Flügel stets mit einer Reihevon Haaren versehen, und auch der Flügelselbst ist mit feinsten Härchen bedeckt(Abb. 9). Dies wird im Allgemeinen mitder Unbenetzbarkeit der Flügel in Zusam-

Abb. 7. An dieser Subimago von

Habrophlebia lauta

(Leptophlebiidae) sind im

durchscheinenden Licht gut die

haarbesetzten Hinterränder an den

milchigen Flügeln zu erkennen. Foto:

P. MAIHÖFER.

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menhang gebracht, und so liegt die Ver-mutung auf der Hand, dass das Sub-imaginalstadium der Eintagsfliegen trotzder offenkundigen Nachteile deshalb er-halten geblieben ist, weil deren unbe-netzbare Flügel beim Schlupf einen Vorteilfür den Übergang vom Wasser auf dasLand darstellen. Doch nicht alle Sub-imagines schlüpfen wie etwa die Rhein-mücke (Oligoneuriella rhenana) unterWasser oder wie die Theißblüte (Pal-ingenia longicauda) auf der Wasserober-fläche. Bei vielen ursprünglichen Gruppenfindet der Schlupf nämlich am Uferrandoder auf Steinen und an Pflanzenteilenstatt, die aus dem Wasser herausragen(Abb. 10). Vielleicht hängt der Erhalt desSubimaginalstadiums aber indirekt mitdem hochspezialisierten Paarungsflug derImagines zusammen. Vergleicht manmännliche Subimagines mit Imagines, sokann man nämlich feststellen, dasssowohl Schwanzanhänge als auch dieVorderbeine der Imagines noch einmalum etliches länger sind als die der Sub-imagines. Besonders die Fußglieder dermännlichen Vorderbeine sind extrem

verlängert, mit ihnen umgreifen sie beider Paarung die Flügelwurzel der Weibchen(s. Abb. 16), und die langen Schwanzan-hänge wirken beim Hochzeitstanz alsStabilisator im Sinkflug. Der spezifischePaarungstanz und die Paarung selbst sindmit subimaginalen Vorderbeinen gar nichtmöglich. Die Subimago könnte alsodeshalb nötig sein, weil aus konstruk-tionsbedingten Beschränkungen für dieTiere eine extreme Verlängerung derVorderbeine und Schwanzanhänge ineinem Schritt von der Larve zur Imagonicht zu schaffen ist. Demnach wäre derPaarungstanz eher als evolutionäre Ein-bahnstraße zu interpretieren, bei der dieSubimago ein notwendiges Übel darstellt.Es gibt in der Tat eine Reihe von Gruppen,bei denen das weibliche Imaginalstadium

Abb. 8. Die weibliche Imago von

Coloburiscus humeralis

(Coloburiscidae) kurz vor der

Eiablage mit einem Eipaket. Die

Flügel sind im Gegensatz zur

Subimago glaskar und

durchscheinend. Foto: W. CRAWFORD.

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weggefallen ist, doch zumindest dieMännchen müssen sich etwa auch beimUferaas (Ephoron virgo) oder derTheißblüte (Palingenia longicauda) nocheinmal vor der Fortpflanzung häuten.

Abb. 9. Die

rasterelektronenmikroskopischen

Detailaufnahmen des subimaginalen

Flügels von Serratella ignita

(Ephemerellidae) zeigen die dichte

Behaarung der gesamten

Flügeloberfläche (oben) und die

langen Haare am Flügelhinterrand

(unten). Foto: A. STANICZEK.

Abb.10. Die neuseeländische

Coloburiscus humeralis gehört mit zu

den ursprünglichen Arten, deren

Larven sich an Land zur Subimago

häuten. Die Scheitelnaht des

Larvenkopfes platzt gerade auf und

der helle Kopf der Subimago kommt

bereits zum Vorschein. Foto:

W. CRAWFORD.

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Die Larven aller Eintagsfliegen leben imSüßwasser. Dort wachsen sie, je nach Art,zwischen drei Monate und drei Jahre langheran. Jeder, der sich einmal die Mühemacht und in einem Bach einen größerenStein umdreht, wird auf dessen Unterseiteeine Vielzahl von Insektenlarven entdek-ken, die sich schnell in Sicherheit zubringen versuchen. Neben den ebenfallsaquatischen Larven der Köcher- undSteinfliegen werden mit Sicherheit auchLarven von Eintagsfliegen darunter zufinden sein. Für den ungeübten Beobach-ter sehen sich all die verschiedenenInsektenlarven sehr ähnlich, aber auf denzweiten Blick kann man die Larven derEintagsfliegen stets an den Tracheen-kiemen erkennen, die sich paarweise zu

beiden Seiten der ersten sieben Hinter-leibssegmente befinden (Abb. 11). AlsTracheenkiemen werden ganz allgemeinmembranöse Atemorgane aquatischerInsektenlarven bezeichnet, an denen derim Wasser gelöste Sauerstoff bevorzugt indas Tracheensystem der Tiere übertretenkann. Die Tracheen – das stark verzweigteinnere Röhrensystem, welches bei Insek-ten den Körper und dessen Organe mitSauerstoff versorgt – durchziehen auch diedünnen Kiemenplättchen bei Epeorusassimilis (Abb. 11), einer Aderhaft (Hepta-geniidae). Hier sind die Tracheenkiemen

Die Larven – auf dieKiemen kommt es an

Abb. 11. Die paarigen

Tracheenkiemen der Larven sitzen an

den ersten sieben Hinterleibs-

segmenten. Bei Epeorus assimilis

(Heptageniidae) sind sie in einen

oberen blattförmigen und einen

unteren büscheligen Teil gegliedert.

Foto: P. MAIHÖFER.

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zweiteilig gebaut. Zusätzlich zu einerblattförmigen Kieme ist noch jeweils einbüschelartiger zweiter Kiementeil vor-handen, der für zusätzliche Sauerstoffzu-fuhr sorgt (Abb. 11). Tracheenkiemen beiEintagsfliegen sind so vielgestaltig wiederen Lebensweisen. Sie können einteilig,zweiteilig, blattförmig, büschelartig,verzweigt, gefranst, unter einem Kiemen-deckel versteckt oder miniaturisiert sein(Abb. 12). Diese Organe sind meist ver-wandtschaftsspezifisch, so dass dieTracheenkiemen oft zur Bestimmung derFamilien verwendet werden. Tracheen-kiemen sind bemuskelt und können beiden meisten Arten aktiv bewegt werden,um einen Wasserstrom zu erzeugen, derdie Tiere stets mit frischem Wasserversorgt. Lediglich bei Arten, die sich Zeitihres Larvendaseins in stark strömendem

Abb. 12. Tracheenkiemen können

sehr vielgestaltig sein (von links nach

rechts und von oben nach unten):

Blattförmig bei Baetis rhodani,

miniaturisiert bei Oligoneuriella

rhenana, fadenförmig bei

Habroleptoides confusa, gefranst bei

Ephemera danica, mit Kiemendeckel

bei Caenis luctuosa (linker

Kiemendeckel entfernt). Foto:

A. STANICZEK.

und daher sauerstoffreichem Wasser auf-halten, kann die Beweglichkeit der Kie-men sekundär verloren gegangen sein.

Frisch aus dem Ei geschlüpfte Erst-larven besitzen in der Regel noch keineTracheenkiemen. Sie wachsen erst suk-zessive im Laufe der ersten Häutungenaus. Während dieser Zeit wird der benö-

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tigte Sauerstoff ausschließlich durchHautatmung aufgenommen. Auch späterwird die Hautatmung noch beibehalten,die Sauerstoffaufnahme erfolgt also nieausschließlich über die Tracheenkiemen.

Bei manchen Gruppen werden dieseTracheenkiemen indirekt auch zur Nah-rungsaufnahme benötigt. Sie nutzen dendurch die Tracheenkiemen erzeugtenWasserstrom, um aus ihm mit Mundwerk-zeugen oder Vorderbeinen Schwebteileherauszufiltern.

Ein weiteres untrügliches Kennzeicheneiner Eintagsfliegenlarve ist auch ihreAusstattung mit drei Schwanzanhängen(Abb. 13). Dies unterscheidet sie unteranderem von den ähnlich aussehendenLarven der Steinfliegen, die nur mit zweiCerci aufwarten können. Das Terminal-filum wächst oft erst im Laufe der postem-bryonalen Entwicklung aus, jüngste Larvenkönnen also durchaus nur zwei Schwanz-anhänge aufweisen. Lediglich die Larven

der beiden einheimischen Epeorus-Artenaus der Familie Heptageniidae haben dasTerminalfilum vollständig reduziert (s.Abb. 52), doch zeigen deren abdominaleTracheenkiemen, dass es sich auch beidiesen Tieren um Eintagsfliegen handelt.Die Larven der einheimischen Steinfliegenbesitzen keine Tracheenkiemen am Hinter-leib, bei manchen Vertretern dieser Tieresind dagegen büschelförmige Kiemen anden Seiten der Brustsegmente vorhanden.

Abb. 13. Die mehrästigen

Tracheenkiemen von Habrophlebia

lauta (Leptophlebiidae) sind

büschelförmig verzweigt. Wie fast

alle einheimischen

Eintagsfliegenlarven trägt auch diese

Art am Hinterleibsende drei

Schwanzanhänge. Foto: P. MAIHÖFER.

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Die Weibchen setzen ihre Eier in derRegel über der Wasseroberfläche fliegendportionsweise oder als gesamtes Eipaketab (Abb. 8), während sie die Hinterleibs-spitze kurz in das Wasser tauchen. VieleArten der Leptophlebiidae geben ihre Eierauf Ufersteinen sitzend ins Wasser ab, undnur die Weibchen der Baetidae kriechenan Steinen entlang unter die Wasserober-fläche und heften diese an Steine amGrund des Gewässers.

So ähnlich sich nahe verwandte Artender Eintagsfliegen auch sehen, so unter-schiedlich sind ihre Eier, die bereits imletzten Larvenstadium ausgereift sind.Dies nutzen Taxonomen oft, um ausge-wachsene weibliche Larven oder auch er-wachsene Weibchen durch Untersuchungder Eier sicher unterscheiden zu können(Abb. 14). Allen Eiern gemeinsam sindEinlassöffnungen für die Spermien, sogenannte Micropylen. Diese können inunterschiedlicher Anzahl, Lage und Formausgebildet sein. Die meisten Eier weisenaußerdem unter ihrer Hülle höchst unter-schiedlich gestaltete Haftorgane auf.Einmal ins Wasser gefallen, löst sich derhüllenartige Überzug auf und die Anhef-

tungsstrukturen werden aktiviert (Abb.15). Dies hilft so manchem Ei gegen dasVerdriften und stellt sicher, dass sich dieabgelegten Eier am Gewässergrundfestsetzen.

Abb. 14. Die Form und Oberfläche

der Eier ist oft artspezifisch:

Nesameletus austrinus (oben links),

Rallidens mcfarlanei (oben rechts),

Serratella ignita (unten links),

Choroterpes picteti (unten rechts).

Foto A. STANICZEK.

Kein Ei gleicht demanderen

Abb. 15. Kommen die Eier von

Nesameletus ornatus

(Nesameletidae) mit Wasser in

Berührung, löst sich der Überzug der

Eier auf und die Spiralfäden der

Anheftungsstrukturen können sich

entfalten. Foto: A. STANICZEK.

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Wenn sich beide Geschlechter zur Imagogehäutet haben, dann ist der Rest derihnen verbleibenden kurzen Lebenszeitnur auf ein Ziel ausgerichtet – die Paarungund die Eiablage der Weibchen. Eintags-fliegen haben hierzu einen hochspeziali-sierten Schwarmflug entwickelt, der inerster Linie zur Geschlechterfindung dient.Es handelt sich typischerweise um einen

Schwarmflugund Paarung

Sie tanzen nur füreinen Tag

Abb. 16. Der Paarungsflug der

Eintagsfliegen ist einzigartig unter

den Insekten: Das Männchen fliegt

das Weibchen von unten an und

umgreift es mit den verlängerten

Vorderfüßen an der Flügelwurzel.

Gleichzeitig wird es am Hinterleib mit

den Genitalfüßen umgriffen.

Zeichnung: B. BECHTHOLD.

20 ausdauernden vertikalen Schwebeflug derMännchen an exakt definierten und räum-lich eng begrenzten Orten. Die männli-chen Tiere orientieren sich dabei optischan einer Landmarke der näheren Umge-bung und fliegen fortwährend in stereoty-per Weise mehrere Meter hoch und nieder.In der Regel werden bei diesem ManöverAchten oder Schleifen geflogen. Das ge-samte Flugmanöver findet dabei aus-schließlich in einer vertikalen Ebene stattund wird unablässig wiederholt.

Die Männchen der Maifliege (Ephemeradanica) sind an Nachmittagen von MitteMai bis Anfang August an vielen Bächen

und kleinen Flüssen gut bei ihrem Hoch-zeitsflug zu beobachten. Die Tiere tanzenmehrere Meter meist über dem Gewässeroder in Gewässernähe stets an markantenLandschaftsmarken, an denen sie sichorientieren. Dies können einzelne Büsche,Gehölzgruppen oder die Wipfel weitemporragender Bäume sein, aber auchBrücken werden gerne als Orientierungs-punkt genutzt. Es sind aber stets Orte,die den Blick zum Himmel freigeben, dennnur so können die Männchen wohl ihrePaarungspartner erkennen. Ein Männchenflattert zunächst mit wenigen Flügelschlä-gen in einem schnellen Hubflug mit senk-

Abb. 17. An Centroptilum luteolum

(Baetidae) ist deutlich der längs

verlaufende Darm in der Mitte des

Hinterleibs durchscheinend zu

erkennen. Er ist luftgefüllt und

erleichert so das Tanzen in der Luft.

Foto: P. MAIHÖFER.

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recht gehaltenem Körper steil nach oben,um sich dann in Horizontallage in einemFallschirmflug wieder absinken zu lassen.Dabei werden die Flügel waagerecht aus-gestreckt, die Vorderbeine schräg nachoben gehalten und die Schwanzanhängeweit gespreizt. Die Amplitude eines sol-chen Tanzzyklus beträgt zwischen einemhalben und fast zwei Meter, und der Kör-per ist bei diesem rhythmischen Tanzflugstets gegen den Wind gerichtet. BeimAbsinken wird das Tier bei ausreichenderWindströmung dadurch ein Stück mit-getragen. In einer weiteren Komponentekönnen bei diesem Paarungsflug auch zu-sätzliche horizontale Bewegungselementeeingebaut sein, dann bewegt sich das Tierwährend des Tanzes auch etwa einenMeter nach vorne. Dieses Verhalten wirdvor allem bei völliger Windstille prakti-ziert, es scheint sich dabei um eine Reak-tion des Tieres auf ein Abflauen desWindes zu handeln. Weht aber zu starkerWind, wird der Tanzflug ganz eingestellt.Dann kehren die Tiere zu ihren Ruheplät-zen in der Ufervegetation zurück.

An einem Nachmittag beträgt die indi-viduelle Tanzzeit der Männchen etwa eineStunde. Während dieser Zeit fliegen dieWeibchen in schnellem, meist geradlini-gem Flug in die Schwarmwolke der Männ-chen ein. Die optische Erkennung desGeschlechtspartners ist entscheidend fürden Paarungserfolg - die Augen der Männ-chen sind daher meist zweigeteilt (Abb. 2,4 und 17). Ihre Beschaffenheit lässtbewegte Objekte besonders gut erkennen.Sobald ein Weibchen in das Sichtfeld desMännchens kommt, verfolgt das Männchendieses bis zu einem Meter weit in nurwenigen Zentimetern Abstand und ergreiftdas Weibchen schließlich von unten. DieFußglieder der Vorderbeine werden um dieVorderflügelwurzel des Weibchens ge-schwungen, und die Genitalfüße umgrei-fen den Hinterleib. Zur Stabilisierung der

Fluglage schlägt das Männchen seineSchwanzfäden nach oben um, so dass sieüber dem Körper des Weibchens nachvorne laufen. In dieser charakteristischenStellung findet schließlich die Kopulationim Fluge statt (Abb. 16).

Als eine Anpassung an den Schwarm-flug wird auch der prall mit Luft gefüllteDarm der geflügelten Stadien gedeutet,der so zu einem aerostatischen Organgeworden ist, das spezifische Gewicht derTiere verringert und den Aufstieg in dieLuft erleichtert (Abb. 17).

Der Schwarmflug kann innerhalb derverschiedenen Gruppen vielfach abge-wandelt sein. Manche Arten schwirrenbeim Absinken mit den Flügeln, anderelassen sich einfach ein Stück fallen.Wenige Arten – in der Regel Arten miteinem synchronisierten Massenschlupf wiedas Uferaas - sind zum horizontalenSchwarmflug übergegangen. Die Theiß-blüte und ihre Verwandten aus der FamiliePalingeniidae paaren sich auf der Wasser-oberfläche (s. Abb. 29). Diese Entwicklungist leicht nachzuvollziehen, denn für dieMännchen dieser Massenarten entfällt dieNotwendigkeit, über einen Hochzeitstanzauf sich aufmerksam zu machen.

Nach der Paarung fliegt das Weibchenzur Eiablage ein Stück flussaufwärts, umdadurch die Strecke auszugleichen, die dieEier bis zum Absinken auf den Gewässer-grund stromabwärts verdriftet werden.Auch die Abdrift mancher Larven wird soausgeglichen. Dieses Verhalten wird alsKompensationsflug bezeichnet. Für dieWeibchen ist es deshalb besonderswichtig, Gewässer orten zu können.Eintagsfliegen sind mit ihren Augen dazuin der Lage, polarisiertes Licht wahrzuneh-men. Sonnenlicht schwingt in den ver-schiedensten Ebenen, treffen Sonnen-strahlen aber auf eine Wasseroberfläche,wird das Licht gewissermaßen geeichtreflektiert. Das gespiegelte Licht ist zu

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einem hohen Anteil horizontal polarisiert,das heißt, dass die reflektierten Lichtwel-len vornehmlich in der waagerechtenEbene schwingen und so der Eintagsfliegeein Gewässer signalisieren. Doch mituntermacht ihr der Mensch einen Strich durchdie Rechnung: Asphaltierte Wege reflektie-ren das Licht auf ähnliche Weise wieGewässer, nehmen oft einen ähnlichenVerlauf und sind meist ebenfalls nachoben hin frei von Vegetation. Dies sinddrei Faktoren, die eine Eintagsfliege aufAbwege bringen können. So kann man desöfteren Eintagsfliegen sehen, die versu-chen, ihre Eier an parallel zu Bächenverlaufenden asphaltierten Wanderwegenabzulegen. Auch manche ansonsten überdem Wasser schwärmenden Männchenhaben im wahrsten Sinne des Wortes Pechund verirren sich zuweilen auf denAsphalt. So gut die Eintagsfliegen an ihreWelt angepasst sind, so wenig können sieahnen, dass der Mensch ihnen zuweilenmit solchen künstlichen „Bächen“ unbeab-sichtigt den Garaus macht.

Im August 1990 wurden Autofahrer amRhein mit gefährlich klingenden Warnun-gen des Verkehrsfunkes vor ominösenSchwärmen „weißer Schmetterlinge“ ge-warnt, die durch ihr an heftiges Schnee-gestöber erinnerndes massenhaftes Auf-treten (s. hinterer Hefteinschlag) teilweiseden Verkehr zum Erliegen brachten. InBonn und Köln bildeten die Tierkörper,von Straßenlaternen angelockt (s. Abb.75), an Brücken über den Rhein eine rut-schige Schicht auf den Straßen, so dasses dort sogar zu Auffahrunfällen kam. Inden folgenden Jahren wiederholte sichdas Schauspiel nicht nur am Rhein, son-dern auch weiter südlich am Neckar umHeidelberg, am Main und an der Donau.

Was war geschehen? Die unbekanntenInsekten waren natürlich keine weißenSchmetterlinge, auch keine der siebenbiblischen Plagen, sondern es handeltesich um die Eintagsfliegenart Ephoronvirgo, die seit Jahrzehnten in Deutschlandals verschollen galt und nur noch in derRoten Liste der vom Aussterben bedrohtenTiere zu finden war. Die erste Frage zahl-reicher verstörter und besorgter Bürgerwar, was man denn gegen diese Plagewohl tun könne, und warum die Naturoffensichtlich aus dem Gleichgewicht ge-raten sei. Den wenigsten Menschen warklar, dass dieses Naturschauspiel nachJahren der biologischen Verödung imGegenteil ein gutes Zeichen für die Ver-besserung der Wasserqualität unsererFlüsse bedeutete.

Abb. 18. Der Massenflug des Uferaas

im Pressespiegel. Collage:

A. STANICZEK.

Weiße Schmetterlingein Köln?

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Die Massenschwärme dieses Tieres, dasden deutschen Namen Uferaas oder auchWeißwurm trägt, gehörten einst zumjährlich wiederkehrenden Spektakel anRhein, Main, Mosel und vielen anderengroßen Flüssen in Mitteleuropa. MeyersKonversationslexikon aus dem Jahre 1888weiß zu berichten, dass die Tiere stellen-weise sogar mit Fackeln, Feuern undausgebreiteten weißen Laken angelocktund so regelrecht abgeerntet wurden.Nachdem die Flügel ausgesiebt waren,wurden die Leiber der Tiere getrocknetund als Vogelfutter unter dem Namen„Weißwurm“ in den Handel gebracht.Sogar Äcker wurden früher mit Ephoronvirgo gedüngt, und an der Saône sollennoch in den dreißiger Jahren des zwanzig-sten Jahrhunderts jährlich rund 100Tonnen dieser Tiere geerntet worden sein,die das Ufer nach Schwarmnächten indicken Schichten bedeckten. Der deutscheName Uferaas rührt übrigens nicht etwavon dem intensiven fischigen Geruch her,den die abgestorbenen, eiweißreichenLeiber der Tiere verbreiten, sondern daher,dass die ausgewachsenen Larven oft „zurÄsung dienend“ als Köder beim Fischfangverwendet wurden.

Die lokale Presse griff das Phänomennatürlich begeistert auf (Abb. 18), dochBerichte über die „Rheinmücke“ (eineandere Eintagsfliegenart, Oligoneuriellarhenana) und „mondsüchtige Männchen“gingen im Eifer des Gefechtes zuweilen ander Wirklichkeit vorbei. Zwar wird bei derafrikanischen Eintagsfliegenart Povillaadusta der Schlupf von einer mondgesteu-erten Rhythmik beeinflusst, doch ist diesbeim Uferaas wahrscheinlich nicht derFall.

Ephoron virgo ist der einzige mitteleuro-päische Vertreter der Polymitarcyidae.Diese Familie gehört systematisch gesehenzu den Ephemeroidea, einer Verwandt-schaftsgruppe, deren Larven in der Regel

alle grabend im Uferboden leben. Auchdie Palingeniidae mit der Theißblüte oderdie Ephemeridae mit der amerikanischenGattung Hexagenia gehören zu diesemVerwandtschaftskreis, in dem solche hochsynchronisierten Massenschwärme augen-scheinlich weiter verbreitet sind. Währendder Lebenszyklus der anderen Massen-schwärmer aber mehrere Jahre umfasst,durchläuft das Uferaas binnen einesJahres alle Stationen seines Lebens (s.vorderer Hefteinschlag).

In den im August abgelegten Eiernbeginnt sofort die Entwicklung der Em-bryonen fast bis zur Junglarve, aber überdie Wintermonate hinweg wird die Ent-wicklung des Keimes gestoppt und dieEier verharren in einem Ruhephase amGewässerboden (s. hintere Aussenklappe).Dann erst schlüpfen im April die Erst-larven, deren Oberkiefer noch nicht zumGraben ausgebildet sind. Sie halten sichzunächst als Weidegänger im Lücken-system des Bodens auf und ernähren sichdort von Algenaufwuchs. Erst wenn dieOberkiefer die typischen geweihartigenFortsätze gebildet haben (s. vordereAussenklappe), beginnen die Larvendamit, u-förmige Gänge im Sediment zugraben (Abb. 19) und mit ihren Borstenan Kopf und Vorderbeinen Schwebstoffeaus dem Wasser zu filtern. In nur wenigenMonaten sind die Larven mit einer Größevon bis zu 15 mm ausgewachsen.

Die adulten Tiere schwärmen dann abEnde Juli bis Mitte August an warmenAbenden. Ihre individuelle Lebensdauerbeträgt jeweils nur wenige Stunden. Diemännlichen Subimagines schlüpfen etwaeine halbe Stunde nach Sonnenuntergang,fliegen sofort an das Ufer, um sich zurImago zu häuten und kehren umgehendhorizontal schwärmend zum Fluss zurück.Erscheinen die Weibchen etwa zwanzigMinuten nach dem Auftauchen der erstenMännchen, erfolgt die Paarung noch im

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subimaginalen Stadium. Die Weibchenwerden sich auch nicht mehr häuten,sondern beenden noch in derselben Nachtihr Leben als Subimago, nachdem sie ihreEier abgelegt haben. Ihr gesamtesSubimaginalleben spielt sich in der Luftab, so ist es nicht verwunderlich, dass ihreBeine verkümmert und funktionslosgeworden sind. Die fliegenden Weibchenwerden oft bis zu zwanzig Kilometerlandeinwärts aufgefunden, offensichtlichdient der Flug der begatteten Weibchenauch der weiteren Dispersion der Art.

Die Gründe für die Rückkehr dieser Artin den Rhein und in andere große Flüsseliegen sicher in der Verbesserung derWasserqualität seit dem massiven Ausbauvon Kläranlagen ab Mitte der siebzigerJahre (s. Abb. 46). Dadurch verbessertesich zum einen der Sauerstoffgehalt desWassers, zum anderen wurde auch dieBelastung an Schwermetallen deutlichgeringer. Es erscheint plausibel, hier einendirekten ursächlichen Zusammenhang mitder Wiederbesiedlung durch das Uferaasanzunehmen. Die Rheinmücke, derenName schon darauf hindeutet, dass dieseEintagsfliege früher ebenfalls im Rhein zu

finden war, hat es dagegen bisher nichtgeschafft, diesen Strom wieder zu besie-deln, obwohl sie wieder in mehrerenZuflüssen zum Rhein nachgewiesen ist.

Nicht auf den ersten Blick ersichtlichsind auch die Gründe für den Rückgangder Ephoron-Populationen in den Jahrennach den ersten Massenschwärmen zuBeginn der Neunziger Jahre. Erste Unter-suchungen an der Universität Köln weisendarauf hin, dass die Larvenpopulationnicht durch das Nahrungsangebot be-grenzt ist. Die Abnahme der Populations-größe könnte aber mit dem seit 1995 überden Rhein-Main-Donaukanal aus derDonau eingewanderten FlohkrebsDikerogammarus villosus (Amphipoda)zusammenhängen, der in VersuchenEphoron-Kolonien empfindlich dezimierte.Es könnte also sein, dass dieGlobalisierung, die auch vor unserenFlüssen nicht halt gemacht hat, demwieder gewonnenen Schauspiel vonEphoron virgo auch bald wieder ein Endebereitet.

Abb. 19. Die Larven von Ephoron

virgo sitzen am Grunde ihrer u-

förmigen Röhren. Foto: A. KURECK.

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Auch in anderen Industrieländern trugdie Verbesserung der Wasserqualität inden letzten Jahrzehnten zur Rückkehrmancher ausgestorben geglaubter Eintags-fliegen zurück. Die größten nordamerika-nischen Arten aus der Gattung Hexagenia(Ephemeridae) waren ebenfalls Opfer derIndustrialisierung geworden. Bis in diefünfziger Jahre des zwanzigsten Jahrhun-derts gehörten Massenschwärme vonHexagenia zum Bild der fünf Großen Seenentlang der Grenze zwischen den USA undKanada, die zu den größten Seen der Weltgehören. Danach verschwand Hexageniasukzessive mit der zunehmenden Über-

Sturmwarnung am Erie-See: Orkan Hexagenianähert sich!

düngung der Großen Seen, und auch alleFischarten, deren Nahrung zu einemgroßen Teil auf Eintagsfliegen basierte,gingen drastisch zurück. Unter dem Rück-gang der Eintagsfliegen hatten zum Bei-spiel der Amerikanische Zander, Renken(Coregonus artedii und C. clupeiformis), derSeestör und der vom Aussterben bedrohteKarpfenfisch Macrhybopsis storeiana zuleiden.

Erst Mitte der neunziger Jahre kehrtendiese Fische mit Hexagenia zurück (Abb.20). Langjährige Sauerstoffmessungen amEriesee, dem südlichsten der Großen Seen,wiesen auf einen direkten Zusammenhangzwischen dem Rückgang von Hexageniaund der Zunahme von sauerstofffreienBedingungen am Grunde des Sees alsFolge einer übermäßigen Einleitung orga-nischer Nährstoffe hin. Die Larven der„big yellow“ oder auch „giant mayfly“

Abb. 20. Zur Schwarmzeit von

Hexagenia säumen Millionen von

Tieren die Straßen der Städte an

den fünf Großen Seen. Foto:

S. SCHOLZ.

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genannten Eintagsfliege konnten alsBodengräber die anaeroben Bedingungenam Grunde des Sees nicht überleben.

So war der Meteorologe des örtlichenFernsehsenders WJET-TV, DAVE CALL, am 26.Juni 1999 bei der abendlichen Wetter-vorhersage für den Eriesee wohl leicht ver-unsichert, denn auf seinem live geschal-teten Radarmonitor braute sich trotzschönen Wetters offensichtlich in kürze-ster Zeit ein rätselhafter Sturm über demSee zusammen. Auf sechzehn bis vierund-zwanzig Kilometer Länge und drei bissechs Kilometer Breite verdunkelte sichder See. Des Rätsels Lösung war schnellgefunden: Hexagenia war wieder da!

ED MASTELLER, Biologieprofessor an derPennsylvania State University in Erie, und

seine Mitarbeiter nutzten in den folgen-den Jahren die Radartechnologie, ummehr über die Schwarmbewegungen vonHexagenia herauszufinden (Abb. 21). DieWissenschaftler konnten per Radar aufelegante Weise die genauen Schlupforteder Subimagines und damit auch die Le-bensräume der Larve aufspüren. Der Ab-gleich mit geologischen Daten zur Boden-beschaffenheit erbrachte neue Kenntnisseüber die Ansprüche der Larven. DieWissenschaftler wiesen ebenfalls nach,

Abb. 21. Die Entwicklung dieses etwa

dreißig Meilen langen Hexagenia-

Schwarmes wurde in Zeitabständen

von jeweils vier Minuten am Erie-See

per Radar erfasst. Foto: E. MASTELLER.

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dass die Schwärme zunächst an Landziehen, wo die Kopulation stattfindet,und nur die Weibchen anschließend zurEiablage zurück zum See fliegen.

Heute gehören die sommerlichenHexagenia-Schwärme wieder zu den jähr-lichen Ereignissen, die die Biologen amEriesee freudig begrüßen, denn dasSchwärmen der Eintagsfliegen zeigt ihnenan, dass es mit der Wasserqualität desSees wieder aufwärts geht. Manch andererempfindet eher gemischte Gefühle, wenneine Wolke von Eintagsfliegen wiedereinmal einen Kurzschluss im Elektrizitäts-werk verursacht und den Strom ausfallenlässt. Auch die Angler und Fischer sehenmit Erleichterung, dass die Fischbeständedank der verbesserten Nahrungsgrundlagewieder zunehmen und auch wieder eindicker Fisch an der Angel möglich ist. Einbitterer Wermutstropfen sorgt aber dafür,dass so manchem Angler dennoch derFisch im Halse stecken bleibt: Untersu-chungen von Hexagenia-Larven zeigten,dass die Seeverschmutzung der letztenfünfzig Jahre ihre Spuren hinterlassen hat.Alle untersuchten Larven wiesen signifi-kant erhöhte Konzentrationen an poly-chlorierten Biphenylen, Penta- und Hexa-chlorbenzol sowie anderen Umweltgiftenauf. Als Filtrierer häufen Hexagenia-Larvendie über Jahre in den See eingebrachtengiftigen Substanzen an und geben sie andie Fische weiter, von denen sie gefressenwerden. An der Spitze dieser Nahrungsket-te steht aber der Mensch. Es wird wohlnoch lange dauern und weitere Anstren-gungen erfordern, bis das Ökosystem desEriesees im wahrsten Sinne des Worteswieder genießbar wird.

Einer der größten Donauzuflüsse ist dieTheiß. Sie entspringt in den Karpaten undfließt im Süden der Ukraine westwärtsnach Ungarn. Der Oberlauf der Theiß (Abb.22) ist im Nordosten Ungarns noch weitgehend naturbelassen und unverbaut. Hierhat der Fluss Landschaften und Lebens-räume gestaltet, die inzwischen in Europafast einmalig sind. Wo nachts die Rufedes Wachtelkönigs die Stille durchdringen,der Fischotter noch reiche Jagdgründevorfindet und wo an den intakten Uferab-brüchen der Theiß Bienenfresser und Ufer-schwalben brüten, da ist auch das letzteRefugium der Theißblüte (Palingenialongicauda).

Die Theißblüte (Abb. 23) ist mit ihrenstattlichen drei bis vier ZentimeternKörperlänge die größte europäische Ein-tagsfliege. Mit seinen beiden langenSchwanzanhängen erreicht das erwachseneInsekt eine imposante Gesamtlänge vonmehr als zehn Zentimetern. Ihr ursprüngli-ches Verbreitungsgebiet erstreckte sichvon Holland ostwärts bis nach West-russland und südwärts bis nach Bulgarien,doch diese Zeiten sind längst vergangen.Seit Beginn des zwanzigsten Jahrhundertist Palingenia im Westen ihres ursprüngli-chen Verbreitungsgebietes verschwunden,und seit 1974 gilt sie auch im gesamtenVerlauf der Donau als ausgestorben. Diezunehmende Belastung mit Schadstoffen,aber auch die Veränderung und Bebauungunserer Flusssysteme hat diesem Kleinodunserer Flüsse den Garaus gemacht. So istdie Theißblüte heute in nennenswerterAnzahl nur noch am Oberlauf der Theißund deren Zuflüssen Bodrog und Maros zufinden. Die Larve der Theißblüte (Abb. 24)benötigt nämlich ein natürliches Fluss-bett, das sich noch durch ausgeprägteGleit- und Prallhänge auszeichnet. Ein

Ein Tag an der Theiß

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Abb. 22. Der Oberlauf der Theiß ist

weit gehend naturbelassen und

bietet noch Lebensmöglichkeiten für

die Theißblüte. Foto: C. ELPERS.

Abb. 23. Die Theißblüte (Palingenia

longicauda). Foto: V. LUBINI.

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natürlich mäandrierender Fluss weist inseinen Kurven im Querschnitt eine unter-schiedlich starke Fließgeschwindigkeitauf. In der Innenkurve fließt er langsamer,so dass sich an diesem flachen, so ge-nannten Gleithang mitgeführtes Sedimentablagert. In der Außenkurve dagegenprallt das Wasser mit stärkerer Kraft gegendas Ufer, so dass an solchen Prallhängendas Ufer abgetragen wird und dadurchsteile Abhänge entstehen, die meist senk-recht nach oben ragen. An diesen Stellenist das Flussbett oft mehrere Meter tief,

Abb. 24. Bei der ausgewachsenen

Larve der Theißblüte sind die

Flügelscheiden schwarz gefärbt. Foto:

V. LUBINI.

Abb. 25. Ein kritischer Moment im

Leben einer Theißblüte: die

männliche Subimago häutet ihre

Flügel. Foto: V. LUBINI.

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und genau dort findet die Larve der Theiß-blüte ihre optimalen Lebensbedingungen.Doch auch an die Beschaffenheit desUntergrundes richtet sie hohe Ansprüche,denn nur in tonigem Grund kann sie mitihren schaufelförmigen Vorderbeinen undKiefern einen bis zu siebzehn Zentimetertiefen, u-förmigen Stollen in den Bodentreiben, an dessen Grund sie sich dannständig aufhält. Dort, in bis zu zehn MeterTiefe unter der Wasseroberfläche, wächstdie Larve der Theißblüte heran. Der röh-renförmige Stollen bietet ihr Schutz vorden zahlreichen Fischen, die sie liebendgerne als Leckerbissen verspeisen würden,und hier kann sie ungestört ihrem Nah-rungserwerb nachgehen. Die Röhre iststets gegen die Fließrichtung des Flussesangelegt, so dass auch in der Wohnröhreein Wasserstrom vorhanden ist. Mit demständigen rhythmischen Schlagen ihrergefiederten Abdominalkiemen verstärkt siezusätzlich den Durchsatz des Wassers, dasreichhaltige organische Schwebstoffe mitsich führt. Diese Schwebstoffe, vor allemAlgen, filtert Palingenia mit den starkbehaarten Vorderbeinen heraus und trans-portiert sie zu den Mundwerkzeugen.Bevor die Nahrung geschluckt werdenkann, muss die Larve die feinen Partikelmit ihren Kiefern zu kleinen Kügelchenverdichten. So wächst die Larve derTheißblüte drei Jahre lang im Verborgenenheran, bis sie im Juni des dritten Jahresihr letztes von mehr als zwanzig Larven-

Abb. 26. Die Schwerkraft unterstützt

die Subimaginalhäutung bei

Palingenia. Foto: V. LUBINI.

Abb. 27. Unter heftigem Flügelschlag

befreit die Theißblüte auch ihre

Schwanzfäden aus der Subimaginal-

hülle und fliegt sofort zurück an den

Fluss. Foto: V. LUBINI.

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stadien erreicht hat. Je älter sie wird,desto mehr verlagert sie ihren Wohnsitz inRichtung Flussmitte, es werden also inperiodischen Abständen neue, größereStollen angefertigt. Ausgewachsen ist dieLarve etwa vier Zentimeter lang undnimmt keine Nahrung mehr auf. Sie ver-harrt am Grunde ihrer Röhre, und nur dieschwarz gefärbten Flügelscheiden verra-ten, dass sich bald Dramatisches abspielenwird.

Es ist an einem Spätnachmittag irgend-wann zwischen Ende Juni bis Anfang Julian der Theiß. Der Fluss fließt träge, undnichts deutet auf das Spektakel hin, dasbald beginnen wird. Doch tief am Bodendes Gewässers werden Millionen reiferPalingenia-Larven unruhig. Die Hochwas-ser des Frühjahrs sind vorbei, so dass derFluss nicht mehr so viel Wasser führt.Durch das Absinken des Wasserstandesgelangt mehr Licht auf den Boden desGewässers. Die Theiß ist jetzt etwa 18°Cwarm, aber dennoch ist durch die Pro-duktion der Wasseralgen genug Sauerstoffim Wasser. Licht, Wärme, Sauerstoff: DreiSignale, die den Startschuss für dasmassenhafte Aufsteigen der Larven ausden Tiefen der Theiß bedeuten.

Nun geht alles sehr schnell: Eine männ-liche Larve nach der anderen verlässt ihreRöhre und schwimmt an die Wasserober-fläche, um sich dort aus ihrer Larvenhüllezu zwängen. Das Aufsteigen und dieHäutung zur Subimago muss so schnellwie möglich vonstatten gehen, da indieser Zeit das Tier allen räuberischenFischarten schutzlos ausgeliefert ist. Keinedreißig Sekunden dauert es, bis die Sub-imago sich in die Luft erhebt und zielstre-big dem Ufer zuflattert. Dort lässt sie sichdirekt am Ufer oder in der Ufervegetationnieder und häutet sich sofort erneut zurImago (Abb. 25 – 27). Die Chitinhülle derSubimago platzt an Kopf und Vorderbrustauf, und unter rhythmischen peristalti-

schen Muskelkontraktionen des ganzenLeibes zwängt sich das Tier aus der sub-imaginalen Hülle. Dabei lässt es sich imVerlaufe der Häutung kopfüber herunter-hängen, so dass die Schwerkraft dieHäutung unterstützen kann (Abb. 26).Nach etwa fünf Minuten hat es Palingeniadann vollbracht, auch die Flügel aus deralten Haut zu schälen. Im Leben dieserEintagsfliegen ist dies der kritischsteMoment, und nicht wenige sterben da-durch, dass sie das Häuten der empfindli-chen Flügel nicht schaffen. Unter heftig-sten Flügelschlägen zieht das Tier schließ-lich auch die langen Schwanzfäden ausder alten Hülle und erhebt sich im glei-chen Moment als Imago in die Lüfte (Abb.27). Sofort fliegen die gehäuteten Männ-chen zum Fluss zurück. Bis zu einhun-dertfünfzig Meter jagen die Männchendabei auf ihrem Patrouillenflug unablässigdie Theiß auf und ab, ständig auf derAusschau nach den Weibchen. Sie orien-tieren sich dabei optisch, und jedes helleObjekt in passender Größe wird angeflo-gen. Die einheimischen Fischer, die dieGelegenheit nutzen und am Ufer oder aufihren Booten im Fluss zahlreiche Gefäßemit diesen hervorragenden Fischködernvoll stopfen, müssen das Rauchen ein-stellen, da keine Zigarette als potenzielleBraut vor Dutzender liebeshungrigerMännchen sicher ist.

Etwa zwanzig bis vierzig Minuten nachdem Schlupf der männlichen Subimaginesgeht dann der Vorhang für den nächstenAkt dieses Naturschauspiels auf. Dieweiblichen Larven drängen nun in Massenzur Wasseroberfläche, um sich sogleichzur Subimago zu häuten. Sofort versuchteine Anzahl Männchen gleichzeitig, diefrisch geschlüpften Weibchen auf derWasseroberfläche zu begatten. Nach eini-ger Zeit ist der ganze Fluss von Millionenvon Eintagsfliegen bevölkert (Abb. 28).Überall auf dem Wasser kann man nun

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Abb. 28. Die Theiß ist binnen

weniger Stunden von Massen an

Tieren bedeckt. Mehrere Männchen

umlagern ein Weibchen und bilden so

eine blütenartige Traube an Leibern,

die auf dem Wasser treiben. Foto:

C. ELPERS.

Abb. 29. Die Kopulationsstellung ist

typisch für Eintagsfliegen, auch wenn

sie wie bei Palingenia nicht mehr in

der Luft erfolgt. Foto: V. LUBINI.

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diese charakteristischen Trauben beobach-ten, die dieser Tierart ihren volkstümli-chen Namen gaben. Wie treibende Blütenauf der Wasseroberfläche erscheinen dieseAnsammlungen, und so ist es nicht ver-wunderlich, dass der Volksmund dieseTiere mit dem blumigen Namen Theißblüteversehen hat.

Die Paarung erfolgt nicht wie bei Ein-tagsfliegen sonst üblich in der Luft,sondern direkt auf der Wasseroberfläche,doch die typische Paarungshaltung derEintagsfliegen wurde auch bei Palingeniabeibehalten (Abb. 29). Das Männchenpositioniert sich unter dem Weibchen undumfasst es mit seinen nach oben undnach hinten geschwungenen Vorderbeinenan der Flügelwurzel. Gleichzeitig krümmtes seinen Hinterleib nach oben undumklammert das weibliche Abdomen mitseinen Genitalfüßen. Währenddessen reibtdas hoch erregte Männchen unablässigseinen Kopf an die Brust des Weibchens.Wie alles an diesem Tage erfolgt auch dieKopulation wie im Zeitraffer – nach höch-stens zehn Sekunden befreit sich dasbegattete Weibchen aus der männlichenUmklammerung und versucht, die rettendeMitte des Flusses zu erreichen. Erst wennes etwa zwanzig Meter Richtung Fluss-mitte geschafft hat, bleibt es unbehelligt.Bis dahin stürzen sich noch Unmengenliebeshungriger Männchen auf das schonbegattete Weibchen. Sicher in der Fluss-mitte angekommen, fliegt es zielstrebiginmitten der anderen begatteten Weib-chen eine gute Strecke flussaufwärts, umschließlich seine Eier über dem Fluss ab-zuwerfen. Eine Häutung zur Imago unter-bleibt bei den weiblichen Tieren, Kopu-lation und Eiablage erfolgen bei dieserArt also bereits im subimaginalen Stadi-um. Etwa eineinhalb Stunden nach demSchlupf der männlichen Subimagineskönnen gegen Abend nur noch die Massender Weibchen beobachtet werden, die sich

in der Mitte des Strom zu ihrem Kompen-sationsflug und der anschließendenEiablage zusammenfinden. Dieser fluss-aufwärts gerichtete Flug gleicht dieAbdrift der Eier aus, die von dem Wasser-strom ein Stück weit flussabwärts mitge-nommen werden, bevor sie zu Bodensinken. Die Männchen sind zu dieser Zeitschon vollständig erschöpft und treibensterbend zu Millionen den Fluss hinunter.Auch die Weibchen sterben nach derEiablage, und das ganze Spektakel desHochzeitsfluges ist nach etwa zwei bisdrei Stunden vorüber.

Während dieser Zeit durften sich alleFische im Fluss satt fressen, aber dersynchrone Schlupf der Tiere erfüllte seinenZweck: Nur so konnte sich der größte Teilder Population trotz aller Feinde unbe-helligt fortpflanzen, den Lebenszyklusvollenden und eine neue Generation vonTheißblüten sichern.

Am Ende des Tages zeugen nur noch dieleeren Häutungsreste der männlichenSubimagines, die die gesamte Ufervege-tation übersäen, von dem Schauspiel, dasdie Theiß an diesem Tage bot. Der Schlupfder gesamten Population findet in derRegel innerhalb dreier aufeinander fol-genden Tage statt. Die zahllosen Larven-häute und toten Tiere, die auf der Theißschwimmen, werden von dem Strommitgenommen, und kurze Zeit später istalles wie ein Spuk vorüber. Erst in einemJahr, wenn der nächste Jahrgang derPalingenia longicauda schlüpft, wird dieTheißblüte wieder blühen und das alljähr-liche Schauspiel von neuem beginnen.

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Denkt man an die ersten Fluginsekten,so tauchen vor dem geistigen Auge desfachkundigen Betrachters meist die bereitsseit der Trias wieder ausgestorbenenOrdnungen der palaeodictyopteren Insek-ten auf: Riesenhafte Formen mit netz-adrigen Flügeln und langen saugendenMundwerkzeugen lassen sich da anCordaitenstämmen nieder und laben sichan den Zapfen der urzeitlichen Nacktsa-mer. Mancher mag auch an die Riesen-libellen denken, die in den Wäldern derKarbonzeit zwischen mächtigen Siegel-bäumen und Schachtelhalmgewächsennach Beute jagen. Bei all diesen wohlbe-kannten Szenarien vermuten die wenig-sten, dass außer den Libellen auch dieunscheinbaren Eintagsfliegen seit 300Millionen Jahren bis heute überdauerthaben und durch Fossilfunde aus demoberen Karbon und unteren Perm überinzwischen zahlreiche Funde im Erdmittel-alter bis hin zu jüngeren, etwa 65 Millio-nen Jahre alten Bernsteininklusen eineninteressanten Einblick in die Evolutiondieser Gruppe geben.

So einfach es ist, ein heutiges Insektals Eintagsfliege zu charakterisieren, soschwierig kann die Beurteilung der Fragesein, welche der frühen Fossilien aus derZeit der ersten Fluginsekten überhaupt indie Ahnenreihe der Eintagsfliegen ein-zuordnen sind. Lange Zeit galt etwa die300 Millionen Jahre alte Triplosobapulchella aus dem oberen Karbon vonCommentry (Frankreich) als früheste Ver-treterin der Eintagsfliegen, doch nurwenige Merkmale sprechen dafür. Zu denwichtigsten Merkmalen bei der Beurtei-lung fossiler Insekten gehört die Flügel-aderung, da zum einen oftmals nur dieFlügel des Tieres erhalten geblieben sind,zum anderen aber die Flügeladerung meist

gruppenspezifisch ist. Neben den bereitserwähnten ursprünglichen Flügelmerk-malen besitzen moderne Eintagsfliegen ander Flügelbasis eine Verspantung zwischenden vorderen drei Längsadern, die alsCostalbrücke bezeichnet wird (Abb. 30).Sie wird als eine verkürzte Längsaderinterpretiert, die zusätzlich wahrschein-lich mit einer basalen Querader verschmol-zen ist und sich so nach hinten bis zurdritten Längsader des Flügels zieht. Solcheine Costalbrücke tritt zwar auch beianderen ursprünglichen Gruppen der Flug-insekten auf, nimmt aber nur bei denEintags- fliegen diesen charakteristischen,nach hinten gebogenen Verlauf. Triblosobapulchella fehlt eine solche Costalver-spantung jedoch völlig. Auch die fürspäter auftretende Eintagsfliegen kenn-zeichnende basale Trennung der drittenund vierten Flügellängsader ist bei diesemTier nicht gegeben, so dass mancheWissenschaftler dieses Tier gar nicht zuden Eintagsfliegen gehörend betrachten.Vielleicht werden wir es auch nie mehrmit Sicherheit erfahren, denn das einzigeStück, nach dem diese Art beschriebenworden ist, ist seit langem aus demPariser Naturkundemuseum verschwundenund gilt als verschollen.

Ähnliche Schwierigkeiten bereitet dieDeutung des Flügelgeäders von Lithoneuralameerei aus dem oberen Karbon vonMazon Creek, Illinois (Abb. 31). Das Tierwurde seit seiner Beschreibung ebenfallsvon mehreren Wissenschaftlern unter-sucht, doch auch hier gehen die Meinun-gen darüber auseinander, ob die Konturen,

Stammes-geschichte

und Ver-wandtschaft

Fossile Eintagsfliegen

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Abb. 30. Die Costalbrücke ist eine

schräg verlaufende Ader an der Basis

des Flügels und kennzeichnet jede

Eintagsfliege. Foto: A. STANICZEK. Abb. 31. Die 300 Millionen Jahre alte

Lithoneura lameerei – eine

Eintagsfliege oder nicht? Foto:

G. BECHLY.

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die sich im Stein abzeichnen, als Costal-brücke zu interpretieren sind oder nicht.Wäre ersteres der Fall, handelte es sich beiLithoneura lameeri tatsächlich um einenfrühen Vertreter der Eintagsfliegen. Dafürspräche auch der Verlauf mancher Längs-adern, die sich jeweils gabeln und unterEinschaltung jeweils einer Zwischenadercharakteristische so genannte Triadenbilden. Bei all diesen Unwägbarkeiten derDeutung dieser karbonischen Formen kannaber als sicher gelten, dass die Flügel derfrühesten Eintagsfliegen noch etwa gleichgroß waren und dementsprechend auchdie Mittel- und Hinterbrust ähnlich gebautwaren. Als größte Eintagsfliege allerZeiten gilt Bojophlebia prokopi aus demOberkarbon von Böhmen mit einerFlügelspannweite von 45 cm.

Anhand der Fossilien, deren Anzahl abdem unteren Perm deutlich zunimmt, lässtsich eine ganze Reihe fossiler Larven undImagines der so genannten Permoplecto-ptera nachweisen, welche eindeutig in dieAhnenreihe der Eintagsfliegen gestelltwerden können. Hier sind vor allem dieFunde der Protereismatidae aus demunteren Perm von Elmo in Kansas, Midcoin Oklahoma sowie aus Mähren und demUral von Bedeutung. Die Larven derProtereismatidae (Abb. 32) lebten wohlebenfalls im Wasser, weisen aber mancheUnterschiede zu heutigen Formen auf. Siebesaßen noch gelenkige Flügelscheiden,die seitlich vom Körper abstanden. DieFlügelanlagen ruhen bei modernen Ein-tagsfliegenlarven nach hinten gelegt inunbeweglichen Flügelscheiden, die festmit der Brust verwachsen sind. WeitereVergleiche zeigen, dass diese fossilenVorläufer noch bis zu neun Paare blatt-förmiger Tracheenkiemen trugen. Im Laufeder Evolution sind also die letzten beidenKiemenpaare weggefallen.

Um der Entwicklung des Insektenflugesauf die Spur zu kommen, liegt es auf der

Hand, bei diesen ursprünglichen Fossiliennach Strukturen zu suchen, die als Vor-läufer der Flügel in Frage kommen. Diegeradezu suggestiven Ähnlichkeiten imBau von Flügelscheiden und Blattkiemenbei diesen Vorläufern der Eintagsfliegenließen schon so manchen Forscher ver-muten, dass es sich bei den Flügeln derInsekten um nichts anderes als Tracheen-kiemen handelt, die einen Funktions-wandel durchgemacht haben. Ein alterna-tiver Erklärungsansatz geht davon aus,dass sich die Flügel aus verbreitetenseitlichen Brustplatten entwickelten, dieerst sekundär gelenkig wurden. In der Tatsind auch bei Silberfischchen, den näch-sten Verwandten der Fluginsekten, dieBrustsegmente seitlich verbreitet und wiedie Flügel von Tracheen durchsetzt. Auchbei Palaeodictyopteren finden sich an derVorderbrust solche seitlich verbreitertenBrustplatten, und die postembryonaleEntwicklung der Flügelscheiden beiheutigen Insekten lässt sich am bestenmit dieser Deutung in Einklang bringen.Unabhängig davon ist ebenfalls umstrit-ten, ob es sich auch bei den abdominalenTracheenkiemen um abgewandelte Rücken-platten oder um umgebaute Gliedmaßenhandelt. Bei heute lebenden Eintags-fliegenlarven sind nur die ersten siebenAbdominalsegmente mit Tracheenkiemenversehen, aber bei deren permischenVorläufern war zweifelsfrei auch das achteund neunte Hinterleibssegment mitKiemenblättchen besetzt (Abb. 32). Dasich aber bei Eintagsfliegen die gemeinhinals Extremitätenderivate gedeutetenmännlichen Genitalfüße auch am neuntenAbdominalsegment entwickeln (s. Abb. 6),kann es sich bei den Tracheenkiemeneigentlich nicht um umgewandelte Glied-maßen handeln. Die Vermutung liegt alsonahe, dass sich sowohl Abdominalkiemenals auch Flügelscheiden eher aus verbrei-terten Rückenplatten entwickelten. Die

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Extremitätentheorie setzt weiterhinzwangsläufig voraus, dass die Vorfahrenaller Fluginsekten zumindest als Larvenwasserlebend gewesen sein müssten.Dagegen spricht aber die Tatache, dass beiden aquatischen Larven der verschiedenenursprünglichen Gruppen der Fluginsektenhöchst unterschiedliche Atmungsweisenverwirklicht wurden: Bei den Eintags-fliegenlarven befinden sich die siebenPaar Kiemen seitlich an den ersten siebenHinterleibssegmenten. Kleinlibellen(Zygoptera) dagegen besitzen drei Blatt-kiemen am Hinterleibsende, die mitSicherheit nicht den Kiemen bei Eintags-fliegenlarven homolog sind. Bei denLarven der Großlibellen (Anisoptera) isteine Rektalatmung vorhanden, bei welcherder Sauerstoff über in den Darm einge-sogenes Atemwasser aufgenommen wird.Schlauchförmige abdominale Anhängemancher Libellenfamilien (Epallagidae,Polythoridae) sind mit Sicherheit ebenfallsunabhängige Neubildungen. MancheLarven der Steinfliegen besitzen Kiemenan den Brustsegmenten, doch treten beieinigen Gruppen (u.a. Eustheniidae,Pteronarcyidae) auch abdominale Kiemen

auf, so dass noch kein abschließendesUrteil über den Ursprung der Kiemen-tracheen oder Flügel gefällt werden kann.

Neben blattförmigen Tracheenkiemenhaben die schwimmenden Formen derheutigen Eintagsfliegenlarven auch diecharakteristische Befiederung der dreiSchwanzanhänge beibehalten, welche dieSchwimmbewegungen des Hinterleibsunterstützen. Die bei den Larven derProtereismatidae noch vorkommendenpaarigen Klauen an den Beinen wurdenjedoch durch eine unpaare Klaue ersetzt.

Die Imagines der Protereismatidae be-sitzen durchweg gleichartige Vorder- undHinterflügel mit einer Costalbrücke. ImUnterschied zu heutigen Eintagsfliegen istdiese Verspantung nicht mit dem vorderenFlügelrand verschmolzen, sondern nochdeutlich von der ersten Flügellängsader(Costa) getrennt. Im basalen Drittel des

Abb. 32. Die Larven der Gattung

Protereisma aus dem Perm

besaßen gelenkige Flügelscheiden

und noch neun Paar

Tracheenkiemen am Hinterleib

(Zeichnung verändert nach

KUKALOVA-PECK 1990).

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Vorderflügels ist der Flügelhinterrand beiheutigen Eintagsfliegen deutlich abge-winkelt (Abb. 5). Dadurch ist bei moder-nen Formen ein sogenannter Tornusentwickelt, der dem Vorderflügel seinecharakteristische dreieckige Form verleiht.Die schmalen Flügel der Protereismatidendagegen zeigen einen gleichmäßigenHinterrand ohne Tornus – ein weiteresursprüngliches Merkmal dieser permischenStammgruppenvertreter. An manchen guterhaltenen imaginalen Köpfen kann manauch ersehen, dass die permischen Vor-läufer der Eintagsfliegen noch voll ent-wickelte, beißende Mundwerkzeuge be-saßen. Wir können also davon ausgehen,dass die Protereismatidae auch noch alserwachsene Tiere Nahrung zu sich nahmenund das Imaginalleben länger dauerte alsbei den heutigen Formen. Aus der Tat-sache, dass auch bei den Männchen derProtereismatidae zangenförmige Halte-organe als Hilfsapparate zur Kopulationausgebildet waren, kann auch nichtzwangsläufig auf eine Paarung nach Ein-tagsfliegenart in der Luft geschlossenwerden, da die Vorderbeine der Prot-ereismatidae zwar verlängert, aber wohlnoch nicht wie bei heutigen Formen alsKlammerorgane ausgebildet waren. EineVerkürzung der Imaginalzeit und diePaarung in der Luft sind möglicherweiseerst gegen Ende des Erdaltertums oder garim Erdmittelalter vor etwa 250 MillionenJahren entwickelt worden.

Das Erdmittelalter galt lange Zeit alseine erdgeschichtliche Periode, aus dernur seltenste Funde an Eintagsfliegen zuvermelden waren, doch hat sich diesesBild mit der Erforschung der etwa 100Millionen Jahre alten kreidezeitlichenCrato-Formation aus dem Araripe-Beckenim Nordosten Brasiliens (auch unter demNamen Santana-Formation bekannt)gründlich gewandelt. Hier kann derFaunenwechsel von altertümlichen zu

modernen Eintagsfliegen direkt beobach-tet werden, da sich im gleichen Zeit-horizont neben Vertretern heutigerFamilien auch altertümliche Reliktformennachweisen lassen. Denn mit zu dengrößten Überraschungen in der Eintags-fliegenfauna der Santana-Formation zäh-len Funde von eigenartigen Larven, diekeiner der heutigen Familien angehörenund offensichtlich bereits zur Kreidezeitlebende Fossilien waren. Diese Larvenähneln mit ihrer seitlich abgeplattetenGestalt eher Bachflohkrebsen und sinderst auf den zweiten Blick durch das Vor-handensein dreier Schwanzanhänge,sieben Paar Abdominalkiemen sowie Flü-gelscheiden als Eintagsfliegenlarve kennt-lich. Ein genaueres Hinsehen lässt er-kennen, dass die Flügelscheiden wie beiden permischen Protereismatiden nochgelenkig an der Brust ansitzen, aber dieletzten beiden Kiemenpaare bereits weg-gefallen sind. Höchst ungewöhnlich andiesen Larven ist die Form der nach untenweisenden abdominalen Kiemenanhänge,die eher an die Beinrudimente der unge-flügelten Ur-Insekten als an die Kiemenanderer Eintagsfliegenlarven erinnern.Sucht man bei Santana-Fossilien nach denerwachsenen Stadien dieser Larven, findetman tatsächlich noch unbeschriebeneImagines, die mit ihren langgezogenen,gleichartig gebauten Flügeln ohne Tornusin die Verwandtschaft der Protereisma-tidae gehören und mit aller Wahrschein-lichkeit diesen Larven zuzuordnen sind.Übrigens wurden ähnliche Larven bereitsin den siebziger Jahren unter dem Gat-tungsnamen Mesogenesia beschrieben undfälschlicherweise der Familie Palingeniidaezugeordnet. Tatsächlich handelt es sichjedoch um Stammgruppenvertreter derEintagsfliegen, die sich aus dem Permnoch bis in die Kreidezeit gerettet haben.

Die häufigsten Eintagsfliegen aus derSantana-Formation stellen die Larven der

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Abb. 33. Die Larven der Gattung

Protoligoneuria aus der

ausgestorbenen Familie der

Hexagenitidae zählen zu den

häufigsten Eintagsfliegen aus der

kreidezeitlichen Santana-Formation.

Foto: A. STANICZEK.

Abb. 34. Diese Larve der Gattung

Pristiplocia (Euthyplociidae) lebte

am Grunde schneller Fließgewässer.

Foto: B. SCHUSTER.

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Gattung Protoligoneuria aus der ausgestor-benen Familie der Hexagenitidae dar (Abb.33). Im Unterschied zu den altertümlichenLarven der Protereismatidae sind dieFlügelscheiden bei diesen Tieren bereitsfest mit der Brust verwachsen und nachhinten gerichtet, die Klauen der Beineunpaar und die Blattkiemen des achtenund neunten Abdominalsegmentes ver-loren gegangen. Diese Larven gleichenbereits denen moderner Eintagsfliegenund würden in der rezenten Fauna nichtweiter auffallen. Auch die Imagines dieserFamilie zeichnen sich durch Flügel miteinem Tornus und ein Flügelgeäder aus,welches durchaus mit dem heutigerFormen vergleichbar ist. So verwundert esnicht, wenn wir in diesen kreidezeitlichenSchichten auch Arten finden, die sichnahtlos in heute noch existierendeFamilien der Eintagsfliegen einordnenlassen. Die Larven von Pristiplocia (Abb.34) ähneln mit ihren geweihartigenOberkiefern den in Südamerika vorkom-menden Campylocia-Arten aus der FamilieEuthyplociidae (Abb. 35), und auch dasKopfschild und die mit Filterhaaren be-setzten Vorderbeine der Colocrus-Larvengleichen denen moderner Vertreter derOligoneuriidae „bis auf’s Haar“. Dies legtnahe, dass auch die ökologischen Ansprü-che und die Lebensweise der modernenFormen auf ihre fossilen Verwandtenübertragen werden können und hilft sobei der Rekonstruktion des längst vergan-genen Lebensraumes: Da die heutigenVerwandten der Larven von Colocrus undauch Pristiplocia (wie übrigens auch dierezenten Verwandten der dort häufiggefundenen Libellenlarven der FamilieGomphidae) alle an schnell fließendeGewässer angepasste Formen sind, kanndavon ausgegangen werden, dass einst inunmittelbarer Nähe der Ablagerungsstätteein solches Gewässer mündete, auswelchem diese Larven eingespült wurden.

Finden wir in der 100 Millionen Jahrealten Santana-Formation noch ein Mosaikaus altertümlichen und modernen Formen,so stellen die Funde der Erdneuzeit imWesentlichen bereits ein Abbild der mo-dernen Familien dar. Bestens erhaltenkönnen hier vor allem die Arten im Bern-stein studiert werden. Zahlreiche Fundeaus dem 45 Millionen Jahre alten Balti-

Abb. 35. Die heute noch in

Südamerika verbreitete Gattung

Campylocia ähnelt mit ihren

Kieferhörnern auf verblüffende Weise

ihren kreidezeitlichen Vorfahren.

Foto: A. STANICZEK.

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schen Bernstein und dem 30 MillionenJahre alten Dominikanischen Bernsteinzeugen von einer Fauna, die sich seithernur unwesentlich verändert hat. DieEintagsfliegen der tertiären Fauna unter-scheiden sich - meist nur für den Expertenkenntlich - lediglich in kleinsten Detailsvon den heute lebenden Arten. Daherstehen für den Wissenschaftler vor allemzoogeographische Gesichtspunkte imVordergrund: So konnte erst kürzlich mitder Neubeschreibung von Balticobaetiscavelteni aus dem Baltischen Bernsteinerstmals nachgewiesen werden, dass dieheute ausschließlich in Nordamerikaverbreitete Familie der Baetiscidae einst-mals auch in Europa verbreitet war. ImDominikanischen Bernstein fanden sichbisher ausschließlich enge Verwandte vonArten, die auch heute noch die Karibikbesiedeln. Die Weibchen dieser Artenbesitzen als Besonderheit auf der Bauch-seite des Hinterleibes ein sekundär ver-

längertes Segmentende, welches alsEiführungsschiene bei der Eiablage dient.Die Männchen dieser Arten haben extremlange Genitalfüße entwickelt. DieseStrukturen finden sich auch bei derenfossilen Verwandten aus dem Bernstein(Abb. 36), so dass man daran erkennenkann, dass sich seither wenig im Lebens-wandel dieser Tiere geändert hat.

Betrachtet man die Gesamtheit derfossil erhaltenen Eintagsfliegen, so wirdein Wandel dieser Insektenordnung imLaufe der Jahrmillionen von den großenFlatterern der Urzeit bis zu den kurzlebi-gen ätherischen Formen der heutigen Zeitdeutlich.

Abb. 36. Im Dominikanischen

Bernstein hat Borinquena parva

(Leptophlebiidae) dreißig Millionen

Jahre überdauert. Ihre heutigen

Verwandten in der Karibik sind nur

schwer von ihr zu unterscheiden.

Foto: A. STANICZEK.

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Bis heute umstritten ist die Frage nachden nächsten Verwandten der Eintagsflie-gen. Je weiter wir in erdgeschichtlicheZeiträume zurückgehen, desto ähnlicherwerden sich Eintagsfliegen und Libellen.Früher wurde die Starrflügeligkeit beiderGruppen oft als Grund für eine gemeinsa-me Verwandtschaft angeführt, dochhandelt es sich hier um ein ursprünglichesMerkmal, welches nicht zur Begründungeiner näheren Verwandtschaft geeignetist. Vor allem von paläontologischer Seitewerden aber oft Ähnlichkeiten im Flügel-geäder als evolutive Neuerungen interpre-tiert und daher als Argument für einenähere Verwandtschaft angeführt. So sindzum Beispiel zwischengeschaltete Längs-adern zwischen den Hauptadern, so ge-

nannte Interkalaradern, nur bei Libellenund Eintagsfliegen vorhanden. WeitereÄhnlichkeiten der fossilen Flügelgeäderbetreffen Längsaderfusionen auf kurzerDistanz.

Demgegenüber vertreten viele Zoologendie Ansicht, dass die Libellen näher mitden restlichen Fluginsekten verwandtseien und die Eintagsfliegen dementspre-chend früher in der Entwicklung abzweig-ten. Hierfür sprechen neben dem Verlustdes subimaginalen Stadiums auch Verän-derungen des Kauapparates. Die Oberkiefer(Mandibeln) der Eintagsfliegenlarven(Abb. 37) ähneln in vieler Hinsicht denen

Wie immer: Streit umdie lieben Verwandten

Abb. 37. Die Oberkiefer von

Oniscigaster wakefieldi

(Oniscigastridae) ähneln denen der

Siberfischchen und deuten darauf

hin, dass Eintagsfliegen der basale

Ast im Stammbaum der Fluginsekten

sind. Foto: A. STANICZEK.

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der ursprünglichen Silberfischchen, derenMandibeln mit nicht fest fixierten Gelen-ken an der Kopfbasis entlanggleiten. BeiLibellen und den restlichen Insekten sinddie Mandibelgelenke fixiert und ermögli-chen so ein festeres Zupacken. Damiteinher geht auch die Bildung von Leistenin der Kopfseitenwand, die den erhöhtentransversalen Druck auffangen können.Dies sind Merkmale, die bei Eintagsfliegennicht ausgebildet sind und ein Hinweis fürderen basale Stellung innerhalb derFluginsekten sein könnten.

Diese beiden Theorien widersprechensich, und leider können auch die neuenmolekularbiologischen Methoden keineabschließende Klärung des Problems bie-ten. Verschiedene bisher miteinander ver-glichene Genomabschnitte unterstützeneinmal die eine, einmal die andere Hypo-these. Die verwandtschaftlichen Verhält-nisse sind also weiterhin umstritten, bisvielleicht neuere Untersuchungen denAusschlag für die eine oder die andereHypothese geben werden.

Libellen entwickeln sich wie Eintags-fliegen im Wasser, doch sie sind – abge-sehen von den Arten der Quelljungfernund Prachtlibellen – vorwiegend anstehende Gewässer gebunden. Durch ihrmarkantes Aussehen (s. Abb. 42) sind sieauch für Laien leicht zu erkennen. Wirkönnen an unseren Fließgewässern aberneben Libellen noch eine Vielzahl weitererInsekten mit aquatischen Larven finden,die Eintagsfliegen unter Umständen sehrähnlich sehen können.

Es sind vor allem Steinfliegen (Abb.38), die oft mit Eintagsfliegen verwechseltwerden. Steinfliegen sind jedoch dazu in

Ähnlich, aber nichtgleich – andereInsekten am Wasser

Abb. 38. Steinfliegen wie hier

Capnopsis schilleri (Capniidae)

tragen ihre Flügel horizontal über

den Hinterleib gefaltet. Foto:

A. STANICZEK.

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Abb. 39. Die Köcherfliege Annitella

obscurata (Limnephilidae) ist mit

Schmetterlingen näher verwandt als

mit Eintagsfliegen. Foto: J. HOLSTEIN. Abb. 40. Der Bachhaft Osmylus

fulvicephalus (Osmylidae) gehört zu

den holometabolen Netzflüglern und

damit in die Verwandtschaft der

Florfliegen. Foto: A. STANICZEK.

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der Lage, ihre Flügel horizontal über demKörper zusammen zu legen - dieses Merk-mal teilen sie mit den meisten Flugin-sekten. Ein weiteres untrügliches Unter-scheidungsmerkmal stellen die längerenFühler der Steinfliegen dar. Steinfliegenbesitzen in der Regel auch eine längereLebensspanne als Imago. Viele Artennehmen daher auch im Adultstadium nochNahrung zu sich. Eine echte Schwarm-bildung wie bei Eintagsfliegen ist nichtbekannt.

Köcherfliegen (Abb. 39) haben ihreKinderstube ebenfalls im Bachbett. Dortfertigen die meisten Larven kunstvolleBehausungen aus Steinen, leeren Schnek-kenhäusern oder Pflanzenteilen an, dieihnen als Schutz vor Fressfeinden dienen.Köcherfliegen gehören zu den holometa-bolen Insekten und besitzen daher einPuppenstadium. Sie sind Nächstverwandteder Schmetterlinge, ihre Flügel sind abernicht beschuppt, sondern behaart. Zu-sammen mit Stein- und Eintagsfliegenzählen sie zu den wichtigsten Bioindika-toren in Gewässern, die zur Beurteilungder Gewässergüte herangezogen werden.

Manche Netzflügler (Planipennia) wieetwa die Schwammfliegen (Sisyridae) oderder Bachhaft Osmylus fulvicephalus sindauch an Fließgewässer gebunden. DieLarve des Bachhaftes hält sich dicht amBachufer unter Steinen auf und ernährtsich räuberisch von anderen Insekten. Daserwachsene Tier (Abb. 40) ähnelt durchdas ausgeprägte Adernetz im Flügelebenfalls Eintagsfliegen, doch Netzflüglergehören ebenfalls zu den holometabolenInsekten. Dem geübten Beobachter zeigendie langen Antennen und die fehlendenSchwanzanhänge auf den ersten Blick,dass es sich nicht um eine Eintagsfliegehandelt.

Die in Europa nur mit wenigen Artenvertretenen Schlammfliegen (Megalo-ptera) sind eng mit den Netzflüglern

verwandt. Die Larven der Gattung Sialisleben räuberisch am Grunde des Gewäs-sers, die Imagines sitzen meist wieKöcherfliegen mit dachartig zusammengelegten Flügeln in der Ufervegetation.

Zahlreiche Arten der Zweiflügler ent-wickeln sich ebenfalls in Gewässern. Vorallem die Schwärme der Zuckmückenerinnern sehr an Eintagsfliegen, wenn siezu Tausenden in dichten Säulen über Seentanzen, und wie Eintagsfliegen nehmenauch sie als Imago keine Nahrung mehr zusich. Als echte Zweiflügler gehören sieaber zu den holometabolen Insekten, ihreHinterflügel sind wie bei allen Mückenund Fliegen zu Schwingkölbchen umge-wandelt. Zuckmücken sind bei uns mitüber 1000 beschriebenen Arten die arten-reichste Mückenfamilie und treten mit-unter in hohen Dichten auf. Die rotenZuckmückenlarven der Gattung Chironomussind jedem Aquarianer als beliebtesFischfutter ein Begriff. Die meisten deraquatischen Larven fressen Detritus undpflanzliche Mikroorganismen. Manche freilebenden Arten ernähren sich aber auchräuberisch, und einige wenige Arten lebenkommensalisch oder sogar als Parasiten anverschiedensten Wirten, darunter auchEintagsfliegenlarven.

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Die Maifliege (s. Abb. 47) (Ephemeradanica) ist an unseren Mittelgebirgs-bächen noch häufig anzutreffen. Sie ge-hört zum Verwandtschaftskreis mitgrabenden Larven, die mit ihren sichelför-migen Mandibeln und den kräftigen Grab-beinen in ruhigen Gewässerabschnittenkurze, temporäre Gänge in sandigemUntergrund erzeugen. Dort im Sand oderfeinem Kies ernähren sie sich zwei Jahrelang von Detritus und herbeigestrudeltenSchlammpartikeln.

Dies macht sich die Larve einer Zuck-mücke mit dem Namen Epoicocladiusflavens (Abb. 41) zu Nutze: Die jungenZuckmückenlarven suchen im sandigenSubstrat gezielt nach den Larven derMaifliege und haken sich mit ihren sta-cheligen Nachschiebern an der Eintags-fliegenlarve fest. Sehr gerne macht es sichE. flavens zwischen den Tracheenkiemenauf dem Hinterleibsrücken oder zwischenden stark behaarten Mittel- und Hinter-beinen der Maifliegenlarve gemütlich. Fest

eingenistet lässt sie sich nicht mehr ohneweiteres von der Eintagsfliegenlarve ab-lösen und lebt dort von den Nahrungspar-tikeln, die Ephemera übrig lässt. Epoico-cladius nutzt so als Kommensale derMaifliege deren herbeigestrudeltes Wasserals Atem- und Nahrungsquelle zugleich. Inmitteleuropäischen Populationen vonEphemera danica können bis zu 60% allerIndividuen von einer oder sogar mehrerenZuckmückenlarven besetzt sein, die dengedeckten Tisch für sich nutzen. Ist eineZuckmückenlarve herangewachsen, kriechtsie auf die Unterseite der Ephemera-Larveund verpuppt sich dort zwischen denBasen ihrer Mittel- und Hinterbeine. Hier-zu spinnt Epoicocladius unter Zuhilfenah-me des Spinnsekrets ihrer Speicheldrüseneinen Kokon aus feinen Sandkörnchen, inden sich das Tier zur Puppenruhe zurück-zieht. Die fertige Zuckmücke lässt sichnach dem Schlupf nach oben treiben undverlässt das Wasser, um sich bald zu ver-paaren.

ÖkologieEin Mitesser deranderen Art –Epoicocladius flavens

Abb. 41. Epoicocladius flavens

besitzt zwei Nachschieber, die fest in

den Kiemen der Maifliege verankert

werden. Foto: A. STANICZEK.

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Interessanterweise finden sich dieLarven der Zuckmücke an allen Altersklas-sen von Ephemera. Ausgewachsene Ein-tagsfliegenlarven müssen also vor oderspätestens bei deren Schlupf aktiv von derZuckmückenlarve verlassen werden, diesich dann einen neuen Wirt suchen muss.Das Risiko der Zuckmücke, als unbewegli-che Puppe von einer schlupfreifen Ein-tagsfliegenlarve mit an die Oberflächegenommen und dort hilflos an der leerenLarvenhaut zurückgelassen zu werden,umgeht Epoicocladius mit einer Verzöge-rung der Verpuppung während der Som-mermonate.

Die Larven von Epoicocladius stellen nurein harmloses Beispiel der Vergesellschaf-tung mit Eintagsfliegen dar. Die Zuck-mückenlarven der Gattung Symbiocladiussind in der Entwicklung einen Schrittweiter gegangen. Als Parasit sitzt Symbio-cladius rhithrogenae in selbst gesponne-nen Röhren unter den Flügelscheidenverschiedener Eintagsfliegenarten undernährt sich von deren Körperflüssigkeit.Parasitische Zuckmückenlarven sind vorallem von Eintagsfliegen der GattungenRhithrogena, Electrogena und Ecdyonurus(Heptageniidae) beschrieben worden.

Abb. 42. Libellen wie dieses

Weibchen des Plattbauchs (Libellula

depressa) erbeuten im Fluge

Eintagsfliegen der stehenden

Gewässer. Foto: P. MAIHÖFER.

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Eintagsfliegen sind als Larve und alsgeflügeltes Insekt für viele Fische einewichtige Nahrungsquelle. In den meisteneinheimischen Fließgewässern der Forel-lenregion machen Eintagsfliegen einensehr großen Teil der Biomasse aus. Unterden Fischen sind es vor allem die Lachs-artigen (Salmoniden), deren Nahrungzumindest im Jugendstadium zum größtenTeil aus Eintagsfliegen, Steinfliegen undKöcherfliegen besteht. Die bekanntestenSalmoniden unserer Gewässer sind dieBachforelle, die eingesetzte nordamerika-nische Regenbogenforelle und die Äsche.Beobachtet man etwa von einer Brückeaus eine längere Zeit im Wasser stehendeForellen, so kann man sehen, wie siegierig nach jeder Eintagsfliege schnappen,die auf das Wasser fällt. Äschen kann manzuweilen auch dabei beobachten, wie sieSteine des Gewässergrundes umwälzen,um so an die begehrten Larven der Ein-tagsfliegen zu gelangen. Doch nicht nur

Salmoniden, auch zahlreiche andere Fischewie die Groppe oder auch alle Karpfen-artigen schätzen als Jungfische Insekten-larven, die sie auf dem Gewässergrundfinden. Kleinfische wie die Ukelei oder derStichling fressen gerne Eintagsfliegen oderandere Insekten von der Wasseroberfläche.Eintagsfliegen sind also ein wichtigerNahrungsbestandteil vieler Fische, derenBestandsentwicklung auch von den zurVerfügung stehenden Eintagsfliegen undanderen Wasserinsekten abhängt.

Neben Fischen lauern natürlich nochandere Räuber im Flussbett. Unter denWirbellosen sind es auch unspezifischeRäuber wie die Flusskrebse oder die inFließgewässern vorkommenden Libellen-larven der Flussjungfern und Prachtlibel-len, die unter anderem Eintagsfliegen-larven fressen. Die Eintagsfliegen stehen-der Gewässer fallen über Wasser oft

Natürliche FeindeAbb. 43. Auf langen Tauchgängen

sucht die Wasseramsel unter Wasser

auch nach Eintagsfliegenlarven. Foto:

R. MOENIG.

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anderen Libellenarten (Abb. 42) zumOpfer, unter Wasser stellt der Gelbrandkä-fer deren Larven nach. Die Larven derEintagsfliegen sind selbst vor Vögeln nichtsicher, denn die Wasseramsel (Abb. 43)sucht den Gewässerboden in langenTauchgängen nach Insektenlarven ab undwendet dabei sogar Steine, um sie zuerbeuten.

Noch beim Schlupf und bei der Eiablagewerden Eintagsfliegen von Fischen ge-fressen. Haben sie es in die Luft ge-schafft, werden zahlreiche fliegende oderschwärmende Tiere von Vögeln wie zumBeispiel der Bachstelze erbeutet, die vomGewässerrand her Jagd auf die Imaginesmacht. Unter den Säugern sind es vorallem die Wasserfledermäuse oder Abend-segler, die gerne über dem Wasser nach

Beute jagen und dabei auch Eintagsflie-gen nicht verschmähen. Die Wasser-fledermaus vermag die Insekten sogar vonder Wasseroberfläche wegzufangen (Abb.44).

Insgesamt gesehen stellen Eintagsflie-gen also eine wichtige Nahrungsquelle fürdie verschiedensten Tierarten dar, fürmanche Fische bedeuten sie sogar derenLebensgrundlage.

Abb. 44. Die Wasserfledermaus

(Myotis daubentonii) jagt knapp

über der Wasseroberfläche ruhig

fließender und stehender Gewässer

nach Beute. Foto: D. NILL.

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Ein typisches Fließgewässer entspringtin der Quelle, vergrößert sich durcheinmündende Nebengewässer und abflie-ßendes Oberflächenwasser zum Bach undweiter zum Fluss, der schließlich ins Meermündet. Dabei ändern sich die prägendenökologischen Faktoren wie Fließgeschwin-digkeit, Wassertemperatur, Sauerstoffge-halt des Wassers und Sohlenbeschaffen-heit des Gewässergrundes kontinuierlich.Anhand der unterschiedlichen Zusammen-setzung der Fischfauna können die meis-ten Bach- oder Flussabschnitte dahereiner bestimmten Fischregion zugeordnetwerden, die nach den jeweils vorkommen-den Leitfischarten benannt werden. DieseÜbergänge sind aber fließend, nicht alleGewässer können sich daher in diesefischereibiologische Schema der Zonierungpressen lassen. Vor etwa fünfzig Jahrenwurde dieses Unterteilungsschema mittelsLeitfischen zum Konzept der biozönoti-schen Regionen (auch „Rhithron-Potamon-Konzept“ genannt) erweitert und schließtnun neben Fischen auch bodenbewoh-nende Tiere ein. Dabei unterteilt man dasFließgewässer in das Krenal (Quellregion),das Rhithral (Bergbach, Gebirgsbach) unddas Potamal (Tieflandfluss). Das Rhithralund das Potamal sind selbst wieder inweitere Regionen unterteilt. Für jededieser Regionen stehen ganz bestimmteabiotische (Strömung, Temperatur, Che-mismus) und biotische (darin lebendeTiere und Pflanzen) Faktoren.

Unter den abiotischen Faktoren kommtder Strömungsgeschwindigkeit zentraleBedeutung zu, denn sie bestimmt dieSchleppkraft des Wassers und damit dieBeschaffenheit der Gewässersohle.Während im Oberlauf unserer Bäche die

Gewässersohle meist aus Fels oder Kiesbesteht, lagern sich durch die geringerenFließgeschwindigkeiten im Unterlaufsandige und schlammige Substrate amBoden ab.

Die jahreszeitlichen Temperaturschwan-kungen nehmen zum Unterlauf unsererGewässer hin zu. Quellwasser ist annä-hernd temperaturkonstant und sorgt imSommer für eine Abkühlung des Bach-wassers, im Winter für dessen Aufwär-mung. Die schmalen Oberläufe sind außer-dem meist durch Ufervegetation beschat-tet, so dass der Einfluß direkter Sonnen-bestrahlung und damit der Algenwuchsgering bleibt. Organisches Material wirdhier vor allem durch Fall-Laub und Totholzeingetragen. Dadurch wird die Insekten-fauna vor allem durch den Ernährungstypder Zerkleinerer bestimmt. Mit zunehmen-der Entfernung zur Quelle weitet sich derGewässerquerschnitt und die Sonne kanndas Wasser stärker erwärmen. Als direkteFolge nimmt die Algenproduktion zu,wodurch der Ernährungstyp der Weide-gänger an Bedeutung gewinnt. In Fluss-unterläufen ist eine starke Abkühlung imWinter und eine relativ hohe Wassertem-peratur während des Sommers charakteri-stisch. Hier leben bevorzugt Detritusfresserund Filtrierer. Die vorherrschende Tempera-tur korreliert direkt mit der Menge desSauerstoffes, der im Wasser gelöst werdenkann. Die mitunter turbulente Wasser-bewegung der schnell fließenden Oberläu-fe begünstigt weiterhin das Lösen vonSauerstoff, während in den Unterläufender ruhig fließenden Ströme der Sauer-stoffeintrag vornehmlich durch die Photo-synthese der Wasserpflanzen geleistetwird.

Die Quellregion (das Krenal) beher-bergt nur eine geringe Artenvielfalt undstellt für Eintagsfliegen keinen bedeuten-den Lebensraum dar, da letztere als über-wiegende Weidegänger auf eine größere

Von der Quelle bis zurMündung

52

organische Eigenproduktion des Gewässersangewiesen sind. Ecdyonurus subalpinusist neben überall vorkommenden Gene-ralisten wie Baetis rhodani eine der weni-gen Eintagsfliegenarten, die bei uns aus-schließlich im Krenal zu finden ist. Vonden häufigen rhithralen Arten ist Habro-leptoides confusa auch regelmäßig inQuellbächen anzutreffen.

Die sommerkalten Bachoberläufe (dasRhithral) werden von den Gewässerkund-lern in das Epi-, Meta- und Hyporhithralunterteilt. Dem Epi- und Metarhithralentsprechen hierbei die obere bzw. dieuntere Forellenregion, dem Hyporhithraldie Äschenregion. Die meisten Bach-oberläufe in Baden-Württemberg gehörender unteren Forellenregion an (Abb. 45).Lediglich im Schwarzwald findet sich eineausgeprägte obere Forellenregion. Nebender Bachforelle kommen auch Groppe undBachneunauge als charakteristische Fischein der Forellenregion vor. Hier findet auchim Sommer selten eine Erwärmung desWassers über 10°C statt. Der Untergrundbesteht überwiegend aus grobem Geröllund Kies, da die Fließgeschwindigkeitenmeist mehr als einen Meter pro Sekundebetragen.

Die Äschenregion ist durch kleineFlussläufe mit Fließgeschwindigkeiten vonmaximal einem Meter pro Sekunde undausgedehnten Kies- und Sandbänkengekennzeichnet. Der Leitfisch des Hypo-rhithrals ist die Äsche, neben ihr ist auchder Döbel ein häufiger Fisch. In Baden-Württemberg sind unverbaute Streckendes oberen Neckars sowie weite Streckenvon Enz, Kinzig und Wutach der Äschen-region zuzurechnen.

Im Rhithral wird die größte Vielfaltunserer Eintagsfliegenfauna erreicht. Alstypische Vertreter der Forellenregionkönnen Ameletus inopinatus, Baetisvernus, Ecdyonurus venosus, Rhithrogenasemicolorata, Ephemera danica, Habro-

leptoides confusa und Serratella ignitagenannt werden.

Die sommerwarmen Bachunterläufeund Flüsse (das Potamal, s. Abb. 22)werden wie das Rhithral in drei Abschnittegegliedert, die als Epi-, Meta- und Hypo-potamal bezeichnet werden. Von größererBedeutung für die Eintagsfliegenfauna istdas Epipotamal oder die Barbenregion.Außer dem Leitfisch, der Barbe, sind inder Barbenregion auch das Rotauge undder Hasel anzutreffen. Das Epipotamal istdurch seine ausgeprägten Mäander ge-kennzeichnet. Durch das Abwechseln vonPrall- und Gleithängen entstehen aufengem Raum sehr unterschiedlicheStrömungs- und Tiefenverhältnisse. DieStrömung ist noch ausreichend, um füreine gute Sauerstoffversorgung und eineBewegung des Geschiebes zu sorgen. InBaden-Württemberg zählen Kocher, Jagstund Tauber sowie Teile der Donau zurBarbenregion. Zum Metapotamal wird inBaden-Württemberg der untere Neckargerechnet. Hier ist der Leitfisch derBrachsen, auch Flussbarsch und Rotfedersind in der Brachsenregion zu Hause. DasWasser ist hier bereits durch mineralischeund organische Schwebstoffe stark ge-trübt, und im Hochsommer kann dieTemperatur in solchen Bereichen mehr als20°C betragen. Die abnehmende Strö-mungsgeschwindigkeit führt zu großräu-migen Schlammablagerungen. Die Kaul-barsch-Flunder-Region, das Hypopotamal,ist für Eintagsfliegen nicht mehr vonBedeutung.

Als charakteristische Eintagsfliegenunserer Flüsse sind die Rheinmücke (Oligo-neuriella rhenana), das Uferaas (Ephoronvirgo), der Gelbhaft (Potamanthus luteus),Heptagenia sulphurea und Caenis luctuosazu nennen. Leider sind in Mitteleuropaunsere großen Flussläufe durch menschli-che Eingriffe wie Begradigungen undStaustufen ökologisch monoton geworden,

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so dass viele der genannten Arten nurnoch lokal auftreten und hochgradig ge-fährdet sind. Andere Arten wie das Schild-haft (Prosopistoma pennigerum), Iso-nychia ignota, Ametropus fragilis oder dieTheißblüte sind schon vor langer Zeit ausunseren Flüssen verschwunden und werdenwohl in absehbarer Zeit auch nicht mehrwiederkehren.

Als ein weiterer Lebensraum für Eintags-fliegen sind schließlich noch periodischaustrocknende Tieflandbäche zu nennen.Sie bieten Lebensräume für die bedrohtenEintagsfliegenarten Metreletus balcanicusoder Siphlonurus armatus.

Auch in stehenden Gewässern sindmanche Eintagsfliegenarten zu finden. Ingrößeren Seen (im Litoral) sind etwa

Cloeon simile, Ephemera glaucops, Caenishoraria oder Siphlonurus lacustris zuHause, in Tümpeln (im Limnion) kommtmit größerer Regelmäßigkeit nur Cloeondipterum vor.

Abb. 45. Die meisten Bachoberläufe

in Baden-Württemberg gehören zur

unteren Forellenregion. Im Bild die

Schaich bei Weil im Schönbuch. Foto:

A. STANICZEK.

54Es gibt verschiedene Methoden, den

Verschmutzungsgrad eines Fließgewässerszu bestimmen. Zum einen sind dies bio-chemische Verfahren, welche relevanteParameter wie etwa den Sauerstoffgehalt,die Nitrit- und Nitratbelastung, das Säure-bindungsvermögen (SBV), den pH-Wert,die Temperatur, den Gehalt an Ammonium,Ammoniak und Schwefelwasserstoff zurBeurteilung der Gewässergüte heranzie-hen. Diese chemische Gewässergüte-bestimmung ist jedoch nur eine Moment-

Abb. 46. Ein Vergleich der

Gewässergütekarten Baden-

Württembergs aus den Jahren 1974

und 2000 zeigt die deutliche

Verbesserung der Wasserqualität in

den letzten dreißig Jahren. Es

werden sieben Stufen der

Gewässergüte unterschieden:

Güteklasse I (unbelastet bis gering

belastet), I-II (gering belastet), II

(mäßig belastet), II-III (kritisch

belastet), III (stark verschmutzt),

III-IV (sehr stark verschmutzt), IV

(übermäßig verschmutzt). Grafik:

LFU Karlsruhe.

Eintagsfliegen als Bio-Indikatoren

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aufnahme, deren einmalige Bestimmungkeine Aussagen über länger zurückliegen-de Zeiträume erlaubt.

Die biologische Gewässergütebestim-mung ist dagegen ein exakt definiertesund DIN-genormtes Verfahren, welchesanhand bestimmter Zeigerarten die Ein-ordnung eines Gewässers in ein Güte-klassensystem erlaubt. Dieses System zurErmittlung des biologischen Verschmutz-ungsgrades von Fließgewässern wird alsdas Saprobiensystem bezeichnet. DerName rührt vom griechischen sapros(faulig) her. Saprobien sind Organismen,die von fäulnisfähigen Stoffen leben. DerSauerstoffgehalt im Wasser hängt weitge-

hend davon ab, in welchem Ausmaß dasGewässer mit fäulnisfähigen organischenStoffen belastet ist. Viele wasserbewoh-nende Tier- und Pflanzenarten, darunterauch Eintagsfliegenlarven, reagierenempfindlich auf einen Sauerstoffmangel.Daher kann man aus dem Vorkommenbestimmter Zeigerarten auf den Be-lastungsgrad des Gewässers schließen.Zeigerarten sind neben Eintagsfliegen-larven noch die Larven von Steinfliegenund Köcherfliegen, aber auch zum BeispielStrudelwürmer, Krebse und Schnecken.Den ungefähr 160 verschiedenen Zeiger-arten wird jeweils ein Saprobiewertzwischen 1 und 4 zugeordnet. Ein sehranspruchsvolles und verschmutzungs-empfindliches Tier wie die EintagsfliegeBaetis alpinus hat zum Beispiel denSaprobiewert 1,1, eine verschmutzungs-tolerante Art wie die Mistbiene (eineSchwebfliegenart) dagegen den Wert 4,0.

Diese Abstufungen entsprechen denGewässergüteklassen I (unbelastet bisgering belastet) bis IV (übermäßigverschmutzt). Aus einem Faktor, der diejeweilige Häufigkeit aller an einer Fund-stelle gefundenen Zeigerarten berücksich-tigt und einem weiteren Faktor, dergewichtet, wie empfindlich die jeweiligeZeigerart auf Veränderungen der Wasser-qualität reagiert, lässt sich dann derSaprobienindex einer Fundstelle berech-nen, der wiederum einer bestimmtenGewässergüteklasse entspricht.

Die durch dieses Verfahren ermitteltenGüteklassen verschiedener Messpunktewerden dann mit einer entsprechendenFarbkodierung zur Herstellung von Ge-wässergütekarten verwendet (Abb. 46).Auf diese Weise dienen Eintagsfliegen alsempfindliche Zeigerorganismen zur öko-logischen Charakterisierung und Einstu-fung der Güte unserer Fließgewässer.

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Die Stachelhafte (Siphlonuridae)repräsentieren recht ursprünglich gebauteEintagsfliegen (Abb. 47). Die Larven vonSiphlonurus gehören dem Typus desSchwimmers an (Abb. 48). Sie besiedelnmeist stehende oder langsam fließendeGewässer der gering bis mäßig belastetenZonen des gesamten Rhithrals. In denSeen des Schwarzwaldes ist die Larve vonSiphlonurus aestivalis noch regelmäßiganzutreffen. Seine drei Schwanzfäden sindauf der Innenseite mit dicht stehendenHaaren besetzt. Durch schnelles Auf- undAbschlagen des spindelförmigen Hinterlei-bes wirkt der Schwanzfächer als Paddel,mit dem sich Siphlonurus rasant durch dasWasser bewegen kann. Die Larven halten

sich im Pflanzenwuchs der Uferzonen aufund tragen gut bewegliche, blattförmigeTracheenkiemen, die in der Regel an denersten beiden Hinterleibssegmentenzweiteilig ausgebildet sind. Siphlonurusaestivalis zeigt als Detritusfresser einerelativ unspezialisierte Ernährungsweiseund nimmt neben losem Detritus haupt-sächlich Gewebereste höherer Pflanzen,Fadenalgen oder Pilzhyphen auf. BeiHälterung im Aquarium fressen die Tieresogar Aas und kleinere Eintagsfliegen-larven. Die ausgewachsene Larve geht zumSchlupf an Land oder kriecht an Ufer-pflanzen hoch. Die Art erzeugt meist nureine Generation im Jahr. Die Larvenwachsen im Frühjahr heran und schlüpfen

Arten-VielfaltSteckbriefe heimischerEintagsfliegen

Abb. 47. Der Stachelhaft Siphlonurus

aestivalis ist noch regelmäßig an den

Seen des Schwarzwaldes anzutreffen.

Foto: P. MAIHÖFER.

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während der Sommermonate, die Artüberwintert im Eistadium.

Die Familie der Glashafte (Baetidae)umfasst zahlreiche kleine Arten, die sichmitunter sehr ähnlich sehen. Ein besonde-res Kennzeichen der männlichen Imaginessind deren ausgeprägte Turbanaugen (s.Abb. 4 und 17). Die Flügeladerung dieserTiere ist reduziert, auch die Hinterflügelinsgesamt sind weitestgehend zurückge-bildet oder fehlen ganz. Auch das Ter-minalfilum der erwachsenen Stadien istvollkommen weggefallen. Die spindelför-migen Larven gehören ebenfalls zumschwimmenden Bewegungstyp und be-sitzen sieben Paar blattförmige Tracheen-kiemen, die einfach oder verdoppeltausgebildet sein können.

Mit zu den häufigsten Arten der einhei-mischen Eintagsfliegen überhaupt zähltBaetis rhodani, deren Larven als Ubiqui-sten in fast allen Fließgewässern allge-mein verbreitet sind. Die nahe verwandte

Baetis alpinus (Abb. 49) stellt dagegenviel höhere Ansprüche an den Sauerstoff-gehalt des Wassers und ist daher vor allemin der oberen Forellenregion zu finden. InStillgewässern ist der Fliegenhaft Cloeondipterum (Abb. 50) die häufigste Art derGlashafte, die eine hohe Toleranz gegen-über Gewässerverunreinigungen undSauerstoffdefizite aufweist. Die Larvensind sogar in der Lage, in zugefrorenenTümpeln 3-4 Monate unter Sauerstoffman-gel zu überdauern. Sie schalten dabei aufeinen anaeroben Glykogenstoffwechselum. Die Weibchen dieser Art sind fürEintagsfliegen sehr langlebig. Erst nach10-14 Tagen wirft das ovovivipare Weib-chen mehrere hundert Eier ab, aus denenbinnen einer Minute die Larven schlüpfen.Auch Fälle von Jungfernzeugung sind

Abb. 48. Die Larve des Stachelhaftes

ist selbst für Eintagsfliegen recht

ursprünglich gebaut. Foto:

P. MAIHÖFER.

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Abb. 49. Baetis alpinus (Baetidae)

ist auf einen hohen Sauerstoffgehalt

im Wasser angewiesen und daher nur

in kalten Bachoberläufen höherer

Lagen zu finden. Foto: V. LUBINI.

Abb. 50. Ein häufiger Gast in

Gartenteichen ist Cloeon dipterum,

der sich in Menschennähe oft in

Wohnungen verirrt. Foto: V. LUBINI.

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bekannt, bei denen unbefruchtete Weib-chen entwicklungsfähige Eier ablegenkönnen. Glashafte bilden meist zwei Ge-nerationen pro Jahr aus und werden vomErnährungstyp ebenfalls den Detritus-fressern zugeordnet.

Die zahlenmäßig umfangreichste Familieder Aderhafte (Heptageniidae) umfasstviele ähnliche Arten, die an stärkereWasserströmungen angepasst sind. DieLarven sind stark abgeplattet (Abb. 51und 52) und schmiegen sich so als Stein-klammerer in der nur Millimeter hohenströmungsberuhigten Grenzschicht überSteinen eng deren Oberfläche an, von derdie Tiere mit ihren Lippentastern alsWeidegänger Algenaufwuchs abweiden (s.Abb. 67). Die Tracheenkiemen sind in derRegel zweigeteilt und bestehen aus einemoberen blattförmigen und einem büschel-artigen unteren Teil (s. Abb. 11). Es sindnur schlechte Schwimmer, die sich stetsversteckt zwischen Steinen aufhalten. Diemeisten Aderhafte schlüpfen unter Wasser

und steigen wie eine Luftblase zur Ober-fläche empor. Manche Arten wie die beiuns äußerst seltene Märzbraune (Rhithro-gena germanica) sind sehr empfindlichgegenüber Wasserverschmutzung und aufsaubere, größere Bäche und Flüsse mon-taner Prägung mit grobschottrigem Sub-strat beschränkt (Abb. 51). Der deutscheName weist auf deren frühen Schlupf vonFebruar bis April hin. In Baden-Württem-berg ist diese Art aktuell nur aus demHochrhein und dem Bodenseegebiet ge-meldet. Weit häufiger ist Epeorus assimilis(s. Abb. 1) an rasch fließenden Gewässer-abschnitten anzutreffen. Die Tracheen-kiemen der Epeorus –Larven (Abb. 52)ragen bis auf die Bauchseite der Tiere undbilden dort einen Saugnapf. Mit ihmschafft es das Tier, sich auch bei stärkster

Abb. 51. Die seltene Aderhaft

Rhithrogena germanica ist eine

typische Flussart, die sehr früh im

Jahr fliegt. Foto: V. LUBINI.

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Abb. 52. Mit Hilfe ihrer

Tracheenkiemen, die einen Saugnapf

auf der Unterseite des Tieres bilden,

ist Epeorus alpicola in der Lage, sich

selbst in reißender Strömung auf

Steinen zu halten. Die Vertreter der

Gattung Epeorus sind unsere einzigen

Eintagsfliegen, deren Larven nur zwei

Schwanzanhänge besitzen. Foto:

V. LUBINI.

Abb. 53. Die stromlinienförmige

Larve der Rheinmücke, die einzige

heimische Vertreterin der

Büschelhafte (Oligoneuriidae). Foto:

P. MAIHÖFER.

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Strömung auf den Steinen zu halten. DieLarven sind auf den ersten Blick zu er-kennen, denn sie sind die einzigen ein-heimischen Arten, bei denen der mittlereSchwanzfaden fehlt.

Die Büschelhafte (Oligoneuriidae) sindin Deutschland nur mit einer Art vertre-ten, der Rheinmücke oder AugustmückeOligoneuriella rhenana. Sie war früher mitausgeprägten Massenschwärmen eineCharakterart der Äschen- und Barben-region des Rheins und anderer großerFlüsse. Heute ist die Rheinmücke durchdie industrielle Belastung ihrer Wohn-gewässer und Flussverbauungen akutbedroht und nur noch in wenigen kleine-ren Flüssen nachgewiesen. Die Larvenschlüpfen Anfang April und wachsen dannin rasantem Tempo in nur wenigen Mo-naten heran. Sie gehören wie die Larvender Aderhafte zum Typ der abgeflachtenSteinklammerer und sind wie diese idealan die Strömung angepasst (Abb. 53). DieTracheenkiemen sind nur sehr klein, aberwie die der Aderhafte mit einem unterenKiemenbüschel versehen. Zusätzlich tragensie als Anhänge der Mundwerkzeuge aufder Unterseite des Kopfes große, büschel-artige Fadenkiemen (Abb. 54). Die Vor-derbeine von Oligoneuriella sind mit je-weils zwei Reihen zahlreicher langer Haarebesetzt, die eine entscheidende Rollebeim Nahrungserwerb spielen. Die Larvenstrecken als passive Filtrierer die Vorder-beine in die Strömung (s. Abb. 53) undfangen so mit ihren Filterhaaren organi-sche Feinpartikel auf, die von der Strö-mung mitgeschwemmt werden. Die an denFilterhaaren haftenden Kleinteile werdenvon den Tastern der Mundwerkzeugeabgekämmt, verdichtet und schließlichgefressen. Die ausgewachsenen Larvenschlüpfen im August unter Wasser undlassen sich von der Strömung nach obenmitreißen. Der abendliche Paarungsflugder Rheinmücke ist - für Eintagsfliegen

ungewöhnlich - durch einen Horizontal-flug der Männchen gekennzeichnet. DieBeine der Tiere sind verkümmert, da siedie wenigen Stunden ihres Daseinsausschließlich in der Luft verbringen. DasWeibchen häutet sich erst nach derPaarung im Flug, wobei lediglich derKörper gehäutet wird, die Flügel jedochungehäutet bleiben.

Die kosmopolitische Familie der Lepto-phlebiidae ist vor allem in der Süd-hemisphäre mit vielen Arten verbreitet, inunserer heimischen Fauna sind sie aktuellmit nur zehn Arten vertreten. Die Larvenunserer Leptophlebiiden leben bevorzugtan Stellen langsamer Strömung zwischenSteinen und Kies oder an sich in Zerset-zung befindlichen Pflanzenteilen. Siebewegen sich meist kriechend mit unbe-holfen wirkenden seitlichen Schlängel-bewegungen in ihrem Lebensraum undwerden daher dem Bewegungstyp derSchlängler zugeordnet. Zu den häufigstenArten zählt die belastungstoleranteParaleptophlebia submarginata (s. Abb. 2)oder auch Habroleptoides confusa, die inDeutschland allgemein verbreitet sind. DieLarven von Paraleptophlebia halten sichbevorzugt in Ansammlungen von Fall-laubund weichen Substraten auf. Sie ernährensich als Detritusfresser. Die Kiemen dieserArten sind zweiästig und schmal, andereArten wie Habrophlebia lauta (s. Abb. 13)besitzen mehrästige Kiemen, die büschel-artig verzweigt sind.

Die Gelbhafte (Potamanthidae) sind inunserer Fauna nur mit einer Art, Pot-amanthus luteus, vertreten. Den deut-schen Namen hat Potamanthus von derleuchtend gelben Körperfärbung der ima-ginalen Stadien (Abb. 55), die an saube-ren Flüssen in den Sommermonaten zumTeil in großen Massenflügen auftretenkönnen. Der Gelbhaft ist aber wie diemeisten unserer Flussarten selten gewor-den. Die Larven (Abb. 56) benötigen ein

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Abb. 54. An den Vorderbeinen der

Rheinmückenlarve befinden sich

Filterhaare, die als Reuse

Nahrungspartikel auffangen. An den

Mundwerkzeugen sind büschelförmige

Tracheenkiemen zu erkennen, eine

Besonderheit dieser Familie. Foto:

A. STANICZEK.

Abb. 55. Der Gelbhaft Potamanthus

luteus (Potamanthidae) trägt mit

seiner leuchtend gelben Färbung

seinen Namen zu Recht. Foto:

P. MAIHÖFER.

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Abb. 56. Die zweigeteilten

gefiederten Tracheenkiemen verraten,

dass der Gelbhaft in die

Verwandtschaft der grabenden

Familien gehört. Foto: P. MAIHÖFER.

Abb. 57. Eine der bekanntesten

Eintagsfliegen überhaupt ist die

Maifliege, Ephemera danica. Durch

ihre gefleckten Flügel kann man sie

leicht von anderen Familien

unterscheiden. Foto: V. LUBINI.

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relativ grobkörniges Substrat und vertra-gen keine Verschlammung, die durch dieStauregulierung unserer Flüsse leiderimmer weiträumiger um sich greift. DieErnährungsweise der Larven ist rechtvielfältig. Neben der Möglichkeit despassiven Filtrierens sammelt Potamanthusin erster Linie mit Vorderbeinen undMundwerkzeugen Algen und Detritus auf.Die zweiästigen und gefiederten Kiemendeuten auf eine Verwandtschaft mit denanderen grabenden Familien der Eintags-fliegen hin. Dies wird auch durch diekurzen Kieferauswüchse ersichtlich, die beiamerikanischen Gelbhaften noch bedeu-tend länger sein können.

Zu den bekanntesten und auffälligstenEintagsfliegen unserer Fauna zählen dievier Arten der Maifliegen (Ephemeridae),deren häufigsten Vertreter Ephemeradanica (Abb. 57) man von Ende Mai bisEnde Juni bei ihrem Paarungsflug anBächen und Flüssen beobachten kann.Auch die Larven der Maifliegen sind durchihre langen sichelförmigen Auswüchse desOberkiefers leicht als Gräber kenntlich.Früher war man der Annahme, dass dieLarven sich der gefährlich aussehendenHörner wegen räuberisch ernähren, dochheute weiß man, dass diese Auswüchsezusammen mit den Vorderbeinen alsGrabschaufel dienen. Die Larven wachsenin unseren Breiten zwei Jahre lang, bis siean die Oberfläche schwimmen, um sichdort zur Subimago zu häuten. Die Vertre-ter der Ephemeridae sind unsere einzigenEintagsfliegen, die auch im Imaginal-stadium gefleckte Flügel besitzen.

Mit zu unseren Allerweltsarten gehörtSerratella ignita aus der Familie Epheme-rellidae, die praktisch zum Arteninventarjedes Gewässers zählt (Abb. 58). Die Artkommt dabei oft massenhaft vor und hateine Flugzeit von Juni bis September. DieWeibchen können dann oft beobachtetwerden, wie sie im Fluge über dem Ge-

wässer ihre Eier abwerfen. Die Larvenhaben einen gedrungenen, nur wenigabgeplatteten Körper und leben alsKriecher und Mooskletterer auf denSubstraten, die sie als Detritusfresserbesiedeln. Die Tracheenkiemen sind beiden Larven der Ephemerellidae nur an fünfSegmenten auf dem Rücken des Hinter-leibs zu finden, der überdies meist mitzwei kleinen Längsreihen von Dornenbesetzt ist (Abb. 59).

Die Wimperhafte (Caenidae),neun einander sehr ähnlich sehendeArten, gehören mit durchschnittlich 6 mmKörperlänge zu den kleinsten Vertreternder Eintagsfliegen. Die Hinterflügel fehlenbei den geflügelten Stadien völlig, bereitsbei den Larven werden keine hinterenFlügelscheiden mehr angelegt. Die Vorder-flügel sind auch bei der Imago am Hinter-rand stets bewimpert. Die Flugzeiten dermeisten Arten liegen im Sommer bisHerbst, bisweilen kann ein kurzzeitigesMassenschlüpfen erfolgen. Die Larvenleben versteckt als Kriecher in kiesigen(C. beskidensis, Abb. 60) bis schlammigenSubstraten und ernähren sich als Detritus-fresser. Die Kiemen der Larven sindcharakteristisch gebaut (s. Abb. 12): Daserste Kiemenpaar ist stiftförmig, unterdem als Deckel ausgebildeten zweitenKiemenpaar befinden sich vier weiterePaare dünnhäutiger Tracheenkiemen. DerKiemendeckel schützt die darunter liegen-den Kiemen vor Schmutz- und Schlamm-teilchen, so dass man Larven der Caenidenauch in schlammigen Gewässerbödenfinden kann.

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Abb. 58. Mit zu den häufigsten

Eintagsfliegen Deutschlands gehört

Serratella ignita (Ephemerellidae).

Foto: B. EISELER.

Abb. 59. Die Larven der

Ephemerellidae wie etwa Ephemerella

mucronata halten sich meist in der

Vegetation des Baches auf. Foto:

A. STANICZEK.

Abb. 60. Die zu einem Kiemendeckel

umgebildeten Kiemen des zweiten

Hinterleibsegmentes schützen bei

Caenis beskidensis (Caenidae) die

darunter liegenden Kiemen vor

Verschmutzung. Foto: P. MAIHÖFER.

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Abb. 61. Auch diese Larve der

Gattung Prosopistoma gehört zu den

Eintagsfliegen! Ihre Brust ist mit den

Vorderflügelscheiden zu dem Deckel

einer Kiemenkammer verwachsen, die

fast den gesamten Hinterleib

bedeckt. Foto: A. STANICZEK.

Abb. 62. Die Kiefer- und Lippentaster

von Dolania americana

(Behningiidae) sind verlängert und

beinähnlich. Die Larve jagt in

lockerem Sand ausschließlich nach

Zuckmückenlarven. Foto: W. ARENS.

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Nicht alle Larven der Eintagsfliegenernähren sich so friedlich als Weidegängeroder Filtrierer wie die oben genanntenVertreter unserer einheimischen Fauna. Diewinzigen Larven der früher in unserengroßen Flüssen beheimateten Schildhafte(Prosopistomatidae) werden heute nurnoch sporadisch in Europa gefunden, denndie Gewässerverschmutzung hat auchihnen den Garaus gemacht. Aus der ein-zigen Gattung Prosopistoma sind bis heutesiebzehn Arten beschrieben, die vonEuropa über die gesamte orientalischeRegion bis nach Australien verbreitet sind.Die Larven von Prosopistoma (Abb. 61)ernähren sich räuberisch von Zuckmücken-larven und Würmern (Oligochaeten), undgenauso ungewöhnlich wie ihre Ernäh-rungsweise ist auch ihr Aussehen. Dievorderen Flügelscheiden von Prosopistomasind mit Anteilen der Vorder- und Mittel-brust zu einem Rückenschild verwachsen,welcher den Hinterleib fast vollständigbedeckt. So ähneln die Tiere mehr Krebsenals Eintagsfliegen, und als der französi-sche Forscher FOURCROY die Tiere im Jahre1776 zuerst beschrieb, ordnete er siewegen dieses Rückenschildes auch denKrebsen zu. Dieser Rückenschild fungiertals Deckel für eine Kiemenkammer. DurchSchlitze auf der Bauchseite kann Wasser indiese Atemkammer eingezogen und überden Rücken des Hinterleibs wiederausgestoßen werden. Bei Gefahr erzeugtdie Larve einen Unterdruck, so dass siesich wie ein Saugnapf an einem Steinfestsaugen und nicht mehr abgehobenwerden kann. Die Imagines waren wegender Seltenheit der Tiere bis vor fünfzigJahren unbekannt. Ein Grund hierfür magauch die ungewöhnliche Tageszeit desSchwarmfluges sein - Prosopistoma fliegtin der Morgendämmerung!

Die bizarren Larven von Dolaniaamericana (Behningiidae) sind in sandi-gen Flüssen im Südosten der USA zuHause. Weitere Vertreter dieser Familiesind in Asien und Osteuropa verbreitet.Die Vorderseite des Larvenkopfes undseitliche Auswüchse der Vorderbrust sindmit dicken Haarpolstern besetzt, die demTier ein rammbockartiges Aussehen ver-leihen. Auch die Außenseiten der abge-flachten Beine und der Hinterleib sindüber und über mit langen Haaren besetzt,die Kiemen sind auf die Bauchseite ver-lagert. So ausgestattet, gräbt sich dieLarve durch losen Sandboden. Die verlän-gerten, beinartigen Kiefertaster unterstüt-zen dabei die Grabbewegungen der Beine(Abb. 62). Der Kopf wird zusätzlich alsSchaufel eingesetzt, die Hinterbeineschützen die Kiemen vor Sand. Die Larvetreibt sich auf diese Weise durch denlosen Sand auf der Suche nach Zuck-mückenlarven, von denen sie sich fastausschließlich ernährt.

Die Ameletopsidae kommen mit jeeiner Gattung ausschließlich in Neusee-land, Südostaustralien und Chile vor. DieLarven der neuseeländischen Art Ame-letopsis perscitus (Abb. 63) besitzen zugewaltigen Zangen umgebaute Kiefer(Abb. 64), mit denen sie auf alles Jagdmachen, was sie überwältigen können. Siepacken mit ihren Maxillen die Beute undverschlingen sie in einem Stück. Untersu-chungen ihres Mageninhaltes brachten vorallem Reste von Köcherfliegenlarven zuTage, aber auch die Larven von Stein-fliegen und anderen Eintagsfliegen stehenauf ihrem Speiseplan. Wenn die herrlichgelb gefärbte Subimago aus dem letztenLarvenstadium geschlüpft ist, ahnt nie-mand mehr, was für ein gefräßiger Räubersich hinter diesem anmutigen Tier verbarg.

Gefräßige Exoten

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Abb. 63. In Neuseeland macht

Ameletopsis perscitus

(Ameletopsidae) als gefräßiger

Räuber die Gewässer unsicher. Foto:

W. CRAWFORD.

Abb. 64. Ameletopsis perscitus packt

mit seinen dolchartigen

Mundwerkzeugen die Beute und

schlingt sie im Ganzen hinunter.

Foto: A. STANICZEK.

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Die Vielfalt der Mundwerkzeuge unsererEintagsfliegenlarven ist schier unerschöpf-lich. So wundert es nicht, wenn Forscherauf der Suche nach Baumustern der Naturbei Eintagsfliegen fündig werden und ver-suchen, deren Konstruktionsprinzipien auftechnische Anwendungen zu übertragen.Der relativ junge Forschungszweig, dersich damit beschäftigt, wird – zusammen-gesetzt aus Biologie und Technik – alsBionik bezeichnet. Vergleicht man dieMundwerkzeuge mancher Larven mit Werk-zeugen aus dem eigenen Haushalt, drän-gen sich oft verblüffende Parallelen auf:

Die Oberkieferspitze dieser Eintags-fliegenlarve könnte die Miniaturausgabeeines Hohlmeißels sein (Abb. 65), beidem eine lange, gewölbte Klinge ausmassivem Metall in einer scharfen Spitze

endet (Abb. 66). Beim einen wird Holzoder Linoleum bearbeitet, beim anderenwerden Kieselalgen abgeschabt.

Bei diesem Handfeger handelt es sichum den Lippentaster einer Eintagsfliege,die mit diesem Werkzeug den Algenauf-wuchs von Steinen abfegt (Abb. 67, 68).

DerWerkzeugkasten

im BachbettAbb. 65 – 72. Die Larven der

Eintagsfliegen haben schon vor

langer Zeit Werzeuge entwickelt, die

denen der Menschen auf verblüffende

Weise ähneln. Fotos: A. STANICZEK.

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Verschieden geformte Rechen undKämme am Ende der Maxillen dienenEintagsfliegen zum Zusammenkratzenvon Algen (Abb. 69, 70). Dieseserfolgreiche Konstruktionsprinzip istnicht nur innerhalb der Eintagsfliegenmehrfach unabhängig voneinanderentstanden.

Der bei Eintagsfliegen aufgenomme-ne Detritus muss vor der Passage durchden Darm verdichtet werden. Hierzuwerden die Kauflächen der Oberkieferverwendet, die den losen Detritus zukompakten Klumpen verarbeiten.Eintagsfliegen stehen hier vor demgleichen Problem wie Reifenhersteller,

entsteht. Hierzu wurden verschiedeneZahnprofile entwickelt, die Ähnlichkeitenmit der Oberfläche von Autoreifen aufwei-sen (Abb. 71-72). Vielleicht könnte ja dieBodenhaftung mit einem Reifen MarkeEintagsfliege noch weiter verbessertwerden?

die Reifen entwickeln müssen, die einAquaplaning auf regennasser Fahrbahnverhindern sollen. Das Phänomen istbekannt: Wenn der Kontakt zwischenReifenfläche und Straßenbelag abreißt,kommt der Wagen durch das Quetsch-wasser ins Schleudern. Auch Eintagsflie-gen müssen das Quetschwasser abführen,welches beim Verdichten des Detritus

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Das Angeln gehört mit zu den ältestenJagdtechniken der Menschheit. Wann derMensch zum ersten Mal versucht hat, mitnachgemachten Beutetieren Fische zuüberlisten, liegt im Dunkeln. Doch bereitsseit dem Mittelalter liegen schriftlicheNachweise zum Fischen mit künstlichenFliegen aus verschiedenen RegionenEuropas vor.

Das Fliegenfischen hat sich seit dem19. Jahrhundert mit der Herausgabe desersten Lehrbuches für Fliegenfischer durchden Engländer ALFRED RONALDS im Jahre1836 zu einer Freizeitbeschäftigung ent-wickelt, der heute vor allem in den angel-sächsischen Länder Millionen von Men-schen nachgehen. Auch bei uns ist dieseArt des Angelsportes spätestens seit derHollywood-Verfilmung „Aus der Mitteentspringt ein Fluss“ durch ROBERT REDFORD

einem breiteren Publikum bekannt ge-worden. Für viele Fliegenfischer ist dieseVariante des Angelns nicht nur eineFreizeitbeschäftigung, sondern zu einerLebenseinstellung geworden, mit der siezu sich finden und eins mit der Naturwerden können.

Fliegenfischen ist die wohl elegantesteund –da generell widerhakenlose Angel-haken verwendet werden – auch dieschonendste Art des Fischfangs und hatmit dem herkömmlichen Angeln weniggemein. Es handelt sich um ein aktivesAngeln, bei der die Flugschnur einer spe-ziellen Fliegenrute immer wieder ausge-worfen und eingeholt wird (Abb. 73). Ander Spitze der Schnur ist ein Kunstköderbefestigt, der einem Insekt, meist einerEintagsfliege, nachempfunden ist (Abb.74). Der Fliegenfischer bietet diese Kunst-fliege durch zielgenaues Werfen im Wasserstehenden Salmoniden an. Die Fischebekommen so den Eindruck, dass eineEintagsfliege auf die Wasseroberflächegefallen ist, und beißen an.

Diese Art des Angelns ist nicht leicht zu

erlernen, und ein beginnender Fliegen-fischer kehrt am Anfang oft mit einemleeren Korb nach Hause zurück. Diekomplizierte Wurftechnik verlangt einelange Übungsphase, bevor sich Erfolgeinstellt und der Köder genau dort landet,wo eine vorher im Wasser ausgemachteForelle steht. Vereinfacht gesagt wird dieAngelschnur zunächst einige Meter aufdem Wasser ausgerollt. Dann wird diehorizontal nach vorne weisende Angelmit einem Rückschwung nach obenbeschleunigt, bis sie senkrecht steht. Indieser Stellung wird die Angel abruptabgestoppt. Dadurch fliegt die Angel-schnur nach hinten oben schräg über denAngler hinweg. Wenn die Angelschnurhinter dem Angler gestreckt ist, erfolgtder Vorschwung der biegsamen Kohlen-stoffangel, so dass die Angelschnur eineVorwärtsbeschleunigung erfährt und überden Kopf des Fliegenfischers hinweg nachvorne saust. Ein erneutes abruptes Stop-pen der Angelrute veranlasst ein Streckender Schnur, die im Idealfall dann sanft aufdem Wasser aufsetzt und die künstlicheFliege direkt vor dem Maul des Fischespräsentiert. Während des Wurfes obliegtder zweiten Hand die Aufgabe, zur Wurf-verlängerung zum richtigen Zeitpunkt diebenötigte Schnurmenge von der Rolle zuziehen, während der Wurfphase freizuge-ben, und sie nach dem Wurf wieder ein-zuholen.

Diese vereinfachte Beschreibung desNormalwurfes läßt erahnen, wie schwieriges für den Anfänger sein muss, dieseSchritte zeitlich so zu koordinieren, dassdie Angelschnur im Wasser landet, ohnedass sich der Angler oder unbeteiligtePassanten dabei verletzen. Einem Könner,der mit Leichtigkeit auch Roll-, Katapult-,Lücken- und Fallschirmwürfe beherrscht,sieht man nicht an, wieviel Übung undAusdauer erforderlich waren, um dieseAngeltechnik zu erlernen. Doch wenn man

Fliegenfischen

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sich diese Art des Angelns zu Eigen ge-macht hat, wird man oft mit einemreichen Fang belohnt, auch dann, wennkonventionelle Angler das Nachsehenhaben.

Mit entscheidend für den Erfolg ist auchdas Anbieten der richtigen Fliege, denndie Fische beißen nur dann an, wenn manden genau passenden Köder zu den zudiesem Zeitpunkt gerade fliegenden Tierenanbietet. Es gibt Hunderte unterschiedli-cher Imitate zu kaufen, aber ein passio-nierter Fliegenfischer wird sich seineFliegen auf kunstvolle Weise am eigenenBindetisch selbst anfertigen. Hierbeiwerden verschiedenste leichte Materialien(meist Vogelfedern) mit einem Bindefadenum einen Angelhaken gewickelt, bisschließlich ein möglichst detailliertesImitat einer Eintagsfliege oder einesanderen aquatischen Insektes nachgebil-det ist (Abb. 74). So genannte Trocken-fliegen sind Imitate der Imagines, und alsNassfliegen werden nachgebildete Larvenauch unter Wasser angeboten. JederFliegenfischer führt bei seinen Angelaus-flügen eine ganze Reihe dieser Kunstködermit solch klangvollen Namen wie BlueDun, Black Zulu, Olive Dun oder RedSpinner mit sich. Die Namen weisen daraufhin, dass diese Form des Angelns in Eng-land entwickelt wurde, und alle Fachbe-zeichnungen sind dementsprechend demEnglischen entlehnt. Die Larve wird alsNymphe bezeichnet, die Subimago ist einDun, die Weibchen werden Spinner unddie gestorbenen Tiere Spent genannt. Dieverschiedenen Varianten der Köder füllenganze Bücher, und alljährlich messen dieFliegenfischer ihre Bindekünste in interna-tionalen Weltmeisterschaften. Ein ganzerHandwerkszweig versorgt die Fliegen-fischer mit entsprechender Ausrüstung,und in speziellen Kursen kann ein Anglerdie Kunst des Fliegenfischens erlernen.Petri Heil!

Abb. 73. Geschick, Übung und

Konzentration sind die

Voraussetzungen, um beim

Fliegenfischen den Köder genau vor

einem hungrigen Fisch zu platzieren.

Foto: P. MAIHÖFER.

Abb. 74. Mit solch kunstvollen

Imitaten von Wasserinsekten werden

Forellen beim Fliegenfischen

überlistet. Foto: P. MAIHÖFER.

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Eintagsfliegen sind nicht nur natürli-chen Feinden ausgesetzt. Ihr Reproduk-tionsverhalten sorgt dafür, dass Verlustedurch Fressfeinde wieder ausgeglichenwerden. Den Veränderungen ihres Lebens-raumes durch den Menschen sind siedagegen schutzlos ausgeliefert. Von denderzeit 114 für Deutschland verzeichnetenEintagsfliegenarten sind vier Arten aus-gestorben oder verschollen, neun weitereArten gelten als vom Aussterben bedroht.Vier Arten werden als stark bedroht, achtweitere als bedroht eingestuft. Von elfArten liegt zu wenig Datenmaterial vor,um konkrete Aussagen über deren Gefähr-dungsgrad überhaupt treffen zu können,vier Arten kommen nur lokal eng begrenztin Deutschland vor. So sind von 114 Artenlediglich 74 Arten derzeit nicht alsgefährdet anzusehen, mit anderen Wortenist mehr als ein Viertel aller für Deutsch-land nachgewiesenen Arten in ihremBestand bedroht.

Die Gründe für die Bedrohung unsererEintagsfliegenfauna sind vielfältig: Alleunsere großen Flussläufe sind seit langerZeit von Menschenhand gestaltet und soverändert, dass die potamalen Eintags-fliegenarten keine geeigneten Lebensräu-me mehr vorfinden. Die Begradigungunserer Flüsse führte aufgrund der Lauf-verkürzung direkt zur Vereinheitlichungvon Strömung und Substrat. Die Zerstö-rung der mäandrierenden Flussunterläufeund damit der strukturreichen Habitateging so mit einem Artenschwund derursprünglichen Fauna einher. Zur Schiff-barmachung im Rahmen von Gewässeraus-bau und –unterhaltung werden durch dieEntfernung von Hartsubstraten natürlicheSohlenstrukturen vernichtet, was dieAuslöschung der darauf angewiesenenArten zur Folge hat. Diese Auswirkungen

der modernen Nutzung unserer großenGewässer sind in unserer Industrie-gesellschaft unumkehrbar, eine Rückkehrpotamaler Arten wie der Theißblüte oderdem Schildhaft ist daher leider nicht zuerwarten.

Generell gilt es aber aus Sicht desNaturschutzes, weitere massive Eingriffein die Morphologie unserer Gewässer zuverhindern, die eine Schiffbarmachungbisher naturnaher Abschnitte zum Zielhaben, denn der zu erwartende Nutzensteht in keinem Verhältnis zum Schadenan den einheimischen Fließwassergemein-schaften.

Ein weiteres Gefährdungspotenzialstellen Querbauwerke wie Stauwerke dar,die in der Regel zu einer Isolation derPopulationen fließgewässertypischerArten führen und dadurch die Gefahrihrer Auslöschung erhöhen, wenn die Ver-inselung nicht mehr durch Kompensations-flüge ausgeglichen werden kann. AuchDämme zum Hochwasserschutz bringenunweigerlich Veränderungen des Fließ-gewässercharakters mit sich, welche sichdirekt negativ auf die Artenzusammen-setzung des Gewässers auswirken. In derVergangenheit wurden leider ohne Rück-sicht auf die Notwendigkeit der Erhaltungvon natürlichen VersickerungsarealenFlächen verbaut, die nun in periodischimmer kürzeren Abständen von Hoch-wassern heimgesucht werden. Im Zuge derweltweiten Erwärmung und der damiteinhergehenden erhöhten Wahrscheinlich-keit extremer Wetterereignisse wird esimmer wichtiger, mit raumordnerischenMaßnahmen potenziell überflutungs-gefährdete Gebiete von einer weiterenBebauung unbedingt freizuhalten.

Eintagsfliegen sind auch durch jedenEintrag organischer und anorganischerStoffe aus kommunalen Abwässern oderAusschwemmungen aus landwirtschaftli-chen Nutzflächen potentiell gefährdet,

Gefährdungund Schutz

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denn dies führt zu einer erhöhten Sauer-stoffzehrung im Gewässer und damit zuschädlichen Auswirkungen für die aquati-sche Lebensgemeinschaft. Generell hatsich seit den letzten dreißig Jahren durchden Ausbau und die Verbesserung derAbwasserklärung die Wasserqualität un-serer großen sommerwarmen Flüsse deut-lich verbessert. Dies ist an der Rückkehrmancher Eintagsfliegen wie etwa die vonEphoron virgo im Rheinsystem direktabzulesen. Doch im gleichen Zeitraum hatsich der Zustand von Gewässern, die sichim Einzugsbereich intensiv bewirtschafte-ter Flächen befinden, eher verschlechtert.Dies gilt vor allem für langsam fließende,wasserarme Oberläufe. Durch das Ablassenvon Fischteichen, die sich direkt an Ge-wässern befinden, kann es zur Schlamm-und Sandüberfrachtung sowie Nährstoff-anreicherung und Sauerstoffzehrungkommen. Kraftwerke, die sich ihrer Ab-wärme durch Einleitung in Gewässer ent-ledigen, führen zu einer unnatürlichenErwärmung des Gewässers mit allen nega-tiven Folgen für die Eintagsfliegenfauna.Ein weiteres Problem ist die zunehmendeVersauerung der Bäche und Flüsse unsererMittelgebirge. Im Schwarzwald zeichnetsich hierdurch seit längerem ein Rückgangbereits gefährdeter Arten wie Ameletusinopinatus ab, und das Fortschreiten derÜbersäuerung wird sich langfristig nochstärker auch über Veränderungen derVegetation und Bodenstruktur negativ aufdie dortigen Biozönosen auswirken.

Die Beseitigung uferbegleitender Ge-hölze an Gewässern trägt zu deren Erwär-mung und damit zu ungünstigen Sauer-stoffverhältnissen aufgrund mangelnderBeschattung bei. Der dadurch bedingtefehlende Eintrag von Laub und Totholz,die als Nahrung und besiedelbares Sub-strat benötigt werden, trägt zu einer wei-teren Verarmung der Fauna bei. Schließ-lich benötigen die flugfähigen Stadien der

Eintagsfliegen ufernahe Gehölze auch alsSchutzmöglichkeiten vor Fressfeindensowie als Landmarken für ihren Paarungs-flug.

Nicht zu unterschätzen ist auch dieBelastung mancher Populationen durchdie Lichtverschmutzung, die durch dieUrbanisierung der industrialisierten Weltimmer größere Ausmaße angenommenhat. Insekten sind generell extremempfindlich gegenüber Lichteinwirkung,da sie über UV-sensitive Augen verfügen.Auch dämmerungsaktive Eintagsfliegenwerden durch das UV-haltige weiße Lichtvon Straßenbeleuchtungen angezogenund verenden dann massenweise anStraßenlaternen, bevor sie zur Paarungoder Eiablage kommen (Abb. 75). FürArten mit einem engen Zeitfenster zurFortpflanzung bedeuten solche Lampeneine akute Gefährdung der gesamtenPopulation. Hier sind vor allem die grell-weißen Quecksilberdampf-Hochdruck-lampen zu nennen, die einen besondershohen Anteil an ultraviolettem Lichtbesitzen. Hochrechnungen am Beispiel derStadt Kiel (Einwohnerzahl ca. 240000)haben ergeben, dass dort in einem drei-monatigen Zeitraum etwa 270 MillionenInsekten an Straßenlaternen verenden –eine Zahl, die sich bereits der Grenze derVorstellungskraft nähert.

Um die negativen Auswirkungen derLichtemissionen durch ufernahe Straßen-lampen zu minimieren, sollte generell aufQuecksilberdampf-Hochdrucklampenverzichtet werden (Abb. 75). Für Insektenviel weniger attraktiv ist Licht aus gelbenNatriumdampf-Hochdrucklampen, diezudem auch noch um 30-70% wenigerStrom verbrauchen, langlebiger sind undkeine Entsorgungsprobleme für Quecksil-ber verursachen. Versuche haben gezeigt,dass durchschnittlich 55% wenigerInsekten diese umweltfreundlicherenLampen anfliegen. Dass manche Kommu-

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nen heutzutage immer noch Quecksilber-dampflampen installieren, da diese in derAnschaffung günstiger als Natriumdampf-Hochdrucklampen sind, ist an ökonomi-scher und ökologischer Kurzsichtigkeitnicht mehr zu überbieten.

Als geeignete Schutzmaßnahmen aufglobaler Ebene tragen generell die Ver-ringerung von Schadstoffausstoß, dasVermeiden der Einleitung giftiger Chemi-kalien und eine verbesserte Sicherungihres Transportes, die Ökologisierung derLandwirtschaft und der dadurch bedingteRückgang des Phosphat- und Nitratein-waschungen in die Gewässer sowie derkonsequente Schutz der letzten Flussauenzum Erhalt gefährdeter Eintagsfliegen bei.

Auf lokaler Ebene haben Renaturie-rungsmaßnahmen verbauter Flussab-schnitte unserer Gewässer bereits er-staunliche Erfolge gezeigt. Die naturnahe

Weiterentwicklung stehender Gewässer,vor allem auch von Sekundärbiotopen wieKiesgruben, bietet vielfältige Lebens-möglichkeiten für gefährdete Arten wieEphemera glaucops. Auch durch dieErhaltung und Neuanlage strukturreicherUferlandschaften wird die Voraussetzungfür eine artenreiche Eintagsfliegenfaunageschaffen. Eine verbesserte Abwasser-klärung schließlich nützt nicht nur deraquatischen Lebewelt, sondern kommtauch uns als Menschen direkt zu Gute.

Abb. 75. Tausende Weibchen des

Uferaas verenden vom Licht

angelockt an dieser Lampe, bevor sie

ihre Eier im Fluss ablegen konnten.

Foto: A. KURECK.

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Allen Fotografen, die ihre bestenAufnahmen zu diesem Werk beigesteuerthaben, möchte ich meinen herzlichenDank aussprechen: Dr. W. ARENS, Dr. G.BECHLY, W. CRAWFORD, Dr. C. ELPERS, Dr. A.KURECK, Dr. J. HOLSTEIN, Dr. V. LUBINI, P.MAIHÖFER, Prof. Dr. E. MASTELLER, R. MOENIG, D.NILL, S. SCHOLZ und B. SCHUSTER. Frau B.BECHTHOLD danke ich für das Anfertigen derZeichnung von Siphlonurus.

Die LFU Karlsruhe genehmigte dieVerwendung der GewässergütekartenBaden-Württembergs. Gedankt sei auchdem Kölner Stadt-Anzeiger, der KölnischenRundschau und dem Bonner Generalan-zeiger für die Erlaubnis zum Abdruck ihrerArtikel über Eintagsfliegen.

V. BAHR, DR. G. BECHLY, Dr. H. SCHMALFUSS

und U. SCHMID lasen das Manuskript kritischdurch. Ihnen allen gilt mein bester Dank.

Dank

Dr. Arnold StaniczekJahrgang 1963. Studium der Biologie an

der Eberhard-Karls-Universität Tübingenmit Studienaufenhalten an den Universitä-ten Helsinki und Oulu, Finnland sowie amCanterbury Museum, Christchurch, Neusee-land. Diplom- und Doktorarbeit in Tübin-gen mit evolutionsbiologischen Fragestel-lungen an Eintagsfliegen. 2002- 2003 alswissenschaftlicher Volontär am StaatlichenMuseum für Naturkunde Stuttgart für dieBearbeitung fossiler Eintagsfliegen zu-ständig. Seit Oktober 2003 Wissenschaftli-cher Mitarbeiter (Konservator) in derdortigen Abteilung für Entomologie.Wissenschaftliches Arbeitsgebiet: Stam-mesgeschichte und Systematik derEintagsfliegen, Phylogenie der niederenInsektenordnungen.

Der Autor

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Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde - Serie C

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