Eine griechische Inschrift für Caracalla und Iulia Domna aus Rom

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EINE GRIECHISCHE INSCHRIFT FÜR CARACALLA UND IULIA DOMNA AUS ROM KARLHEINZ DIETZ Die Inschriften Caracallas sind relativ zahlreich und gut erforscht. 1 Für die Ver- hältnisse in der Stadt Rom allerdings sind epigraphische Zeugnisse eher spärlich, und speziell gilt das für die Zeit der frühen Alleinherrschaft. 2 Im weiteren Sinne können wir die wenigen Militärdiplome hinzurechnen, die ja ihren Ursprung in der kaiserlichen Kanzlei Roms hatten. 3 Auch davon besitzen wir nur wenige und erst aus jüngster Zeit. So wurde ein Diplom der misenatischen Flotte vom 30. Au- gust 212 vor 30 Jahren veröffentlicht, 4 und gar erst seit 2002 kennen wir Privile- gierungen für Prätorianer vom 7. Januar 212 5 und 213. 6 Im Internet kursiert seit einiger Zeit das Foto der weitgehend erhaltenen Vorderseite einer Urkunde für die equites singulares Augusti, das nach der Kaisertitulatur und Konsulatsangabe in das Frühjahr 213 datiert. 7 Angesichts dieses insgesamt eher mageren Befunds ist jede Neuentdeckung eine Bereicherung. Im vierten Faszikel seiner Inscriptiones Graecae urbis Romae hat Luigi Mo- retti „e chartis antiquioribus marchiorum Casali in quorum Villa Caelimontana ti- tuli graeci complures collecti erant“ eine auf den 9. Juni tagesdatierte Inschrift veröffentlicht, welche ihm zufolge wohl Septimius Severus und Caracalla nannte und vielleicht aus dem Jahr 210 stammte. Allerdings räumte Moretti Schwierig- keiten bei der Wiedergewinnung des Textes ein: „at satis restitutio difficilis mihi est.“ 8 Da man hier ein bißchen weiterkommen kann, sei zunächst die Handschrift wiederholt: 1 Mastino 1981; vgl. die Rezensionen von G. Mennella, Epigraphica 44, 1982, 258–261, und T. Kotula, Eos 71, 1983, 326–328, sowie die Ergänzungen in der Année Épigraphique. 2 Beispiele der beiden ersten Jahre sind CIL VI 1063, add. S. 4321 (= ILS 2178; vom 11.4.212); 40645-40647; 40650. 3 Zum Geschäftsgang bei der Erstellung der Diplome vgl. jetzt Weiß 2007. 4 RMD I 74, add. RMD II 135, Anm. 99. 5 Weiß 2002, 505–512 und 534–537, Abb. 7-10; danach RMD V 455 = AE 2002,1754. Länger bekannt war das Fragment CIL XVI 136 add. RMD II S. 135 Anm. 100. Nach wie vor um- stritten ist die Datierung von CIL XVI 127, dazu unten im Anhang. 6 Eck – MacDonald – Pangerl 2002, 202f.; danach RMD V 455 = AE 2002,1737. 7 http://www.romancoins.info/MilitaryDiploma-2.html (bzw. -3a.html). Werner Eck, Köln, der das Diplom veröffentlichen wird, hat mir dankenswerterweise bestätigt, daß die Tagesdatie- rung als Ap]riles zu lesen ist. Das Diplom stammt daher aus der Zeit zwischen dem 16. März und 13. April 213. Die nächsten bekannten Diplome für equites singulares Augusti hat Weiß 1999 veröffentlicht. Seit spätestens ca. 220 erhielten auch diese Verbände ihre Diplome am 7. Januar; vgl. Holder, RMD V 696f. Moretti 1968-90, IV 116–118 Nr. 1658.

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EINE GRIECHISCHE INSCHRIFT FÜR CARACALLA UND IULIA DOMNA AUS ROM

KARLHEINZ DIETZ Die Inschriften Caracallas sind relativ zahlreich und gut erforscht.1 Für die Ver-hältnisse in der Stadt Rom allerdings sind epigraphische Zeugnisse eher spärlich, und speziell gilt das für die Zeit der frühen Alleinherrschaft.2 Im weiteren Sinne können wir die wenigen Militärdiplome hinzurechnen, die ja ihren Ursprung in der kaiserlichen Kanzlei Roms hatten.3 Auch davon besitzen wir nur wenige und erst aus jüngster Zeit. So wurde ein Diplom der misenatischen Flotte vom 30. Au-gust 212 vor 30 Jahren veröffentlicht,4 und gar erst seit 2002 kennen wir Privile-gierungen für Prätorianer vom 7. Januar 2125 und 213.6 Im Internet kursiert seit einiger Zeit das Foto der weitgehend erhaltenen Vorderseite einer Urkunde für die equites singulares Augusti, das nach der Kaisertitulatur und Konsulatsangabe in das Frühjahr 213 datiert.7 Angesichts dieses insgesamt eher mageren Befunds ist jede Neuentdeckung eine Bereicherung.

Im vierten Faszikel seiner Inscriptiones Graecae urbis Romae hat Luigi Mo-retti „e chartis antiquioribus marchiorum Casali in quorum Villa Caelimontana ti-tuli graeci complures collecti erant“ eine auf den 9. Juni tagesdatierte Inschrift veröffentlicht, welche ihm zufolge wohl Septimius Severus und Caracalla nannte und vielleicht aus dem Jahr 210 stammte. Allerdings räumte Moretti Schwierig-keiten bei der Wiedergewinnung des Textes ein: „at satis restitutio difficilis mihi est.“8 Da man hier ein bißchen weiterkommen kann, sei zunächst die Handschrift wiederholt:

1 Mastino 1981; vgl. die Rezensionen von G. Mennella, Epigraphica 44, 1982, 258–261, und

T. Kotula, Eos 71, 1983, 326–328, sowie die Ergänzungen in der Année Épigraphique. 2 Beispiele der beiden ersten Jahre sind CIL VI 1063, add. S. 4321 (= ILS 2178; vom

11.4.212); 40645-40647; 40650. 3 Zum Geschäftsgang bei der Erstellung der Diplome vgl. jetzt Weiß 2007. 4 RMD I 74, add. RMD II 135, Anm. 99. 5 Weiß 2002, 505–512 und 534–537, Abb. 7-10; danach RMD V 455 = AE 2002,1754. Länger

bekannt war das Fragment CIL XVI 136 add. RMD II S. 135 Anm. 100. Nach wie vor um-stritten ist die Datierung von CIL XVI 127, dazu unten im Anhang.

6 Eck – MacDonald – Pangerl 2002, 202f.; danach RMD V 455 = AE 2002,1737. 7 http://www.romancoins.info/MilitaryDiploma-2.html (bzw. -3a.html). Werner Eck, Köln, der

das Diplom veröffentlichen wird, hat mir dankenswerterweise bestätigt, daß die Tagesdatie-rung als Ap]riles zu lesen ist. Das Diplom stammt daher aus der Zeit zwischen dem 16. März und 13. April 213. Die nächsten bekannten Diplome für equites singulares Augusti hat Weiß 1999 veröffentlicht. Seit spätestens ca. 220 erhielten auch diese Verbände ihre Diplome am 7. Januar; vgl. Holder, RMD V 696f.

^ Moretti 1968-90, IV 116–118 Nr. 1658.

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Dies wollte Moretti wie folgt verstehen:

Es handle sich allem Anschein nach, so meinte Moretti, um die Dedikation eines Gebäudes. Da auch die Heimat des oder der Dedikanten genannt worden sei, denke er an eine oder mehrere peregrine Personen als Stifter. Und er fragte sich, ob es nicht die Dedikation einer Station auf dem Forum gewesen sei, wie er sie selbst (IGUR9 78-93) veröffentlicht hatte: „An fuit dedicatio stationis in Foro (cfr. supra, nr. 78-93)?“

Betrachtet man die als mögliche Analogien genannten Inschriften,10 so stellt man fest, daß es sich um ganz andere Formulare handelt und insbesondere Morettis Lesung �����þ�£����1��à1�����ûÆ�#ü1��à1����ß�û�ü1weder einen rechten Sinn ergibt noch zu den tradierten Buchstaben paßt.

Tatsächlich sind in Z. 2 und 3 Reste kaiserlicher Siegestitel zu erkennen, die zwei Regenten gehören müssen, da1����1zweimal vorkommt. Wegen des1��à1am Ende von Z. 3 folgte hier noch eine weitere Person. Die Identifizierung der beiden Herrscher mit Septimius Severus und Caracalla gewinnt noch durch die Beobach-

_ Moretti 1968-90, I S. 70–93.

WV Ich führe nur zwei ausführlichere Beispiele an IGUR I 80: 5{笨£7©�¬¨©����«�©�����N{¦¬�¦¢¨¦� }¨©�¢�¦5¦� V� �ç«��7T� �笭¯T� �����«¬¦��� ë¶�¬¨¦�� ¶��¬�©��� ¶��¬©�¨ª��� ¬¦��ç�5©��¬ ¦� V� ¬Tª� ¨Ë£7¨­¥�¦ ª� }¨©�¢�¦�� ��¨­ ©¢5�¦�� N{¤�§�¦V�©¢�¦�7� N{¦¬±¦�¢¦¢�¦���{�©¢�¦5����©«¨ª��¼� ¶©�¬ � V��£���¥��«7¬ �£���£�¤¤«¬ �¥ 5¬©�¶¨¤¢ª� ¬~¦� �N� ¯¶�©V¯�¢~¦��¢¤¢£�ª� N�7«�­©�5ª��­£�¨¦�ª�¶©¨£�¡��¨¥�¦ � V�£����N�¦�±£�©¨ª� ���7��IGUR I 84�� ���7�¯£�¬Tª�¬¨q�£­©¨­� V� 5{笨£©�¬¨©¨ª���«7�©¨ª����{ç© ¤¨­� V� 5��¨­�©¨­� N{¦¬±7¦5�7¦¨­������«¬¨q� �ç«��¨qª� V� 5�笭7¯¨qª� ¯�©¢¬¨ª� ¬�¦� «¬�¬±¦�� V�� 5��¢«�7©�±¦� �©�¤¤¢�¦~¦��¢¤¨«���«¬±5¦�V�Â7���}�¤�¦ ��¶�¡�¥5�7¤±¦��¦���©�«��«�¦�¬��¶�5¦¬��V�£7�«¥|�¯£�¬~¦�Ë�±¦�5¬U�°7�­¬Tª�¶�¬©�¢��¦�¡ £�¦��

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tung an Wahrscheinlichkeit, daß man die Reste von Z. 1 statt als1 ý,,þ�ï1���ï1 ý,,þ1ebenso gut, der Zeichnung nach sogar besser, als1ý,,1�����þ��ïï1���ýÆ�…]11 inter-pretieren kann. Da nun der Britannicus-Titel nach allem, was wir derzeit wissen, von den Severern erst im Frühjahr oder Sommer 210 angenommen wurde,12 erhal-ten wir sogar einen Terminus post quem. Den Schlüssel zur weiteren Einordnung des Textes bzw. zur Ermittlung des Formulars bietet Z. 4, wo Moretti1 ý,,1�����þ�£����1 las, was natürlich mit dem Genitiv1�þ��ß�I���1���1����������,���1 �����1 �����1 ����1 �������1 ��1 ��������1 £�1 bringen ist. Freilich sind die 3XQNWH�XQWHU��ÿ�XQQötig, weil das1�1der überlieferten Zeichnung (Abb. 1) einen guten Sinn ergibt. Denn in Z. 4 liegen in Wahrheit Reste des Titels1 ����ò�1��þ�����û½���ü1��à1�����ûÆ���ü1��à1����ß�û��ü1von Iulia Domna vor.13

Vor allem anhand einer gewissenhaften Untersuchung des Argentarierbogens14 und seiner Inschrift hat Wolfgang Kuhoff unlängst dargelegt,15 daß die seit dem 14. April 196 bestehende Bezeichnung Iulia Domnas als mater castrorum16 nicht erst nach dem Tod des Severus Anfang 211, sondern bereits infolge der Ermordung des Plautianus am 22. Januar 205 durch Hinzusetzung des Senats und des Vaterlands erweitert wurde. Allerdings sei diese neue Titulatur mater castrorum et senatus et patriae „späterhin weder für neue noch für im Wortlaut veränderte alte Inschriften im gesamten Reich allein verwandt“ worden, vielmehr sei es „auf den jeweiligen epigraphischen Kontext“ angekommen,17 genauer gesagt, man hatte in dieser Er-weiterung ein probates Mittel, um die nicht seltenen Tilgungslücken auf Inschriften als Folgen der abolitio nominis des Plautianus und seiner Tochter Plautilla zu schließen. Der Überblick über die epigraphischen Zeugnisse aus allen Reichsteilen lasse – so Kuhoff – „unschwer erkennen, daß Domna vornehmlich nach der Gewin-nung der Alleinherrschaft durch Caracalla mit ihrer erweiterten Titulatur genannt“ worden sei.18 Aufgrund der Arvalakten vom 6. Oktober 21319 dürfe man ferner da-von ausgehen, daß Iulia Domnas Titulatur mater Aug. et castrorum senatus et popu-li Romani in den staatlicherseits redigierten Inschriften der Reichshauptstadt „be-sonders nach 211/212 (…) verbindlich gemacht wurde“.20

Vor diesem Hintergrund darf nun auch das von Moretti vorgelegte Fragment als Weihung an Caracalla und Iulia Domna angesprochen werden. Die Nennung des

WW1 Vgl. z. B. IGR IV 91.

WX1 Heil 2003. Generell zur expeditio Britannica der Severer vgl. Birley 2005, 195–203, und Le-vick 2007, 84–86.

13 Zu Iulia Domna und Caracalla vgl. jetzt Levick 2007, 87–106; wenig förderlich ist Saavedra-Guerrero 2007.

14 Hierzu Alexandridis 2004, 202 Nr. 224, Taf. 50,3; Newby 2007, 218–222. 15 Kuhoff 1993. Belloni 2004 beschäftigt sich nur mit Münzprägung und trägt zur chronologi-

schen Problematik nichts bei. 16 Zu diesem Titel vgl. wieder z. B. Alexandridis 2004, 26–28, und zur Datierung Heil 2006,

73f. 17 Kuhoff 1993, 266. 18 Kuhoff 1993, 270. 19 Scheid 1998, 284 Nr. 99a, Z. 24f. 20 Kuhoff 1993, 267; die Entwicklung der Titulaturen der Kaiserinnen des 2. und 3. Jahrhun-

derts skizzieren Temporini 1978, 47 und 63–66; Körner 2002, 34–38.

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Severus kann nur im Rahmen der Filiation erfolgt sein. Daraus ergibt sich als Er-gänzung:21 ýi�¾�1 �����ß��1 ��à1 �â��ß��1 ������Û�1 ����1 ��¾�1 �â��ß��1 ��ß���1 ��à1������Û�1���1���ß��õ1����1���1���ß��1È���õþ1ý������£�û����ü1 �ß���û��ü1 �ï1 ������ûß��ü1 �û���ß��ü1 �����þ�Iûß��ü1���ýÆ���þ1ý��������1 ����ß�����1 ,,,þ�1 ���û�����ü1 ������û��ü1 �����û������ü1����û����ü1���ûß����ü11ý�á��1 ���Æ���1 ������ß���1 ���û�����ü1 ���û�����ü1 �þ��ß�I���1 ���,�û����ü1���������û��ü1��à1ýQ���ûß��ü1�ñ����1���û���Û�ü1����ûò�ü1���û�����ü1��à1��þ�����û½���ü1��à1�����ûÆ���ü1��à1����ß�û��ü1�Ç�1ý,,,1���þ1�½���1�â���1Q���ß��1ý,,,ï1 Leider sind sowohl die Dedikanten als auch das Objekt der Weihung verloren. Für die Datierung müssen wir zunächst die Jahre 212 und 213 offen halten. Im Falle ei-nes jüngeren Ansatzes müßten wir den spätestens Anfang Oktober 213 amtlich ge-wordenen22 Siegestitel Germanicus maximus für Caracalla erwarten. Außerdem scheint schon im Sommer 214 der Tenor der römischen Kaiserinschriften weitaus überschwenglicher gewesen sein, wie etwa eine im Atrium Vestae gefundene Wei-hung vom 3. Juli jenes Jahres illustriert.23 Leider ist der genaue Zeitpunkt der An-nahme des Siegestitels Germanicus maximus durch Caracalla immer noch unbe-kannt. Er findet sich bereits auf fünf Meilensteinen an der Straße zwischen Aras und Altava24 und auf einer militärischen Bauinschrift von Aïoun Sbiba25 aus der Provinz Mauretania Caesariensis im Verband mit trib. pot. XV und cos. III, beziehungswei-se im Falle der Bauinschrift cos. IIII. P. Salama und andere haben diese Inschriften daher ins (späte) Jahr 212 datiert.26 Die beliebte Zuflucht zur Annahme von Ordina-tionsfehlern27 scheint hier etwas zu einfach zu sein. Denn folgende Beobachtungen sprechen gegen bloße Irrtümer:

21 Selbstverständlich verstehen sich die Ergänzungen exempli gratia. 22 Siehe die Arvalakten Scheid 1998, 284 Nr. 99a, Z. 23f.; vgl. dazu außer Kneißl 1969, 160f.,

Sijpesteijn 1983; Hensen 1994, 250f.; Meckler 1995, 258f., Kienast 1996, 163, sowie Alföldy zu CIL VI 40647

23 CIL VI 31338a add. pp. 3778+4342+4352 = 36899 (= ILS 452); vgl. Kolb 2000, 158 (Anm. 6).

24 BCTH 1936/37, 312 Nr. 15 (vgl. CIL VIII 10433 = BCTH 1934/35, 226 Nr. 14); AE 1912,173; CIL VIII 22616 (vgl. 22617); 22618; 22622 = Marcillet-Jaubert 1968, 21f. Nr. 4.

25 Salama 1955, 352f., mit Karte nach 368. 26 Salama 1955, 347 mit Anm. 78; 352f. mit Anm. 104 und 109; H.-G. Pflaum zu ILAlg II 1,

570; Thomasson 1996, 211. 27 Wie z. B. Kneißl 1969, 229 mit Anm. 25, der die Inschriften auf 213/217 datiert. Ähnlich

Mastino 1974-75, 22, Anm. 45; vgl. 23 Anm. 47; 47 Anm. 11; 64 Anm. 49, der – ohne die Edition Marcillet-Jauberts zu erwähnen – die angeblich lückenhafte Überlieferung ins Feld führt. Vorsichtiger ist Mastino 1981, 54 mit Anm. 206; 106, wo allerdings die Inschrift von Aïoun Sbiba zu ergänzen ist.

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Eine griechische Inschrift für Caracalla und Iulia Domna 67

1. Cos. IIII auf der Bauinschrift wäre, als cos. (des.) IIII verstanden, sehr wohl mit trib. pot. XV vereinbar. 2. Den fünf Meilensteinen liegen vier in kleineren Einzelheiten voneinander abwei-chende Formulare zugrunde (identisch nur in der Umgebung eines Zählpunktes, hier Kaputtasaccura). 3. Drei der Säulen wurden unter Aufsicht des (curante) oder durch den (per) dama-ligen Provinzprokurator(s) errichtet. Es wären also jeweils die nämlichen Doppel-fehler von vier verschiedenen Ordinatoren gemacht worden, d. h. die „Fehler“ müß-ten von oben „verordnet“ gewesen sein.

Nun ist das Eingreifen des Statthalters bei der Erstellung der Kaisertitulatur von Meilensteinen zwar denkbar und vielleicht sogar wahrscheinlich;28 mehrfache „Falschangaben“ mußten jedoch einen vernünftigen Grund haben. Warum der Pro-kurator Q. Munatius Celsus29 nach dem Oktober 213 konsequent die Kaiserdaten des Vorjahres weitergeführt, ja in einem Fall30 dem eben siegreichen Augustus eine imperatorische Akklamation vorenthalten haben soll, ist sinnvoll kaum zu erklären. Man müßte sich schon mit der Vermutung begnügen, in Mauretania Caesariensis seien 212 in Auftrag gegebene ‚Kaiserinschriften’ erst im Spätherbst 213 ausgefer-tigt worden, man habe das alte Formular aber beibehalten und lediglich Germanicus maximus eingefügt.31 Demgegenüber erscheint es angesichts der im 3. Jahrhundert mit Meilensteinen häufig verbundenen propagandistischen Absichten wahrscheinli-cher,32 daß Celsus im vorauseilenden Gehorsam gehandelt hat. Auch in den Arval-akten vom Mai 213 wird ja bekanntlich mit dem neuen Siegestitel gespielt, wenn die Brüder des Romulus akklamieren:33 felicissime, felicissime! te salvo et victore felicissime! o nos felices, qui te imp(eratorem) videmus! de nostris ann(is) augeat t(ibi) I(uppiter) a(nnos)! Germanice max(ime), d(i) t(e) s(ervent)! Brit(annice) max(ime), d(i) t(e) s(ervent)! Man könnte glauben, hier sei das merkwürdigerweise fehlende Parthice durch Germanice ersetzt worden. Wie auch immer, im Mai kann letzterer Titel nur proleptisch verwendet worden sein, da ihn die kaiserliche Kanzlei auf einem Militärdiplom34 zugunsten der equites singulares Augusti aus der Zeit zwischen dem 16. März und 13. April 213 offenbar noch nicht verwendet hat, ob-wohl Caracalla bereits als proconsul bezeichnet wird und mithin nicht in Rom weil-te.35 Unabhängig davon ist nicht zu bezweifeln, daß man schon im Vorfeld des of-

28 Zuletzt siehe Rathmann 2003, 90–104. 29 Magioncalda 1989, 22; Benseddik 1992, 434; Thomasson 1996, 211; Rathmann 2003, 164f. 30 CIL VIII 22622 = Marcillet-Jaubert 1968, 21f. Nr. 4 zeigt Imp. II. 31 Dafür könnte etwa die Verwirrung des Formulars auf dem Meilenstein BCTH 1936/37 312

Nr. 15 sprechen, wo Germ. max. offenbar zwischen potest. und XV eingeschoben worden ist. Allerdings ist der Stein am rechten Rand in der vorliegenden Kopie unvollständig.

32 Vgl. bes. Rathmann 2003, 120–135. 33 Scheid 1998, 284 Nr. 99a, Z. 16ff. 34 Siehe oben (Anm. 7). 35 Das ist übrigens auch auf dem Diplom vom 30. August 212 bereits der Fall. Hensen 1994,

219–229, ging aufgrund der im Sommer 212 mehrfach erscheinenden Ortsangabe Romae im Codex Iustinianus – Cod. Iust. 5,39,1 (24. Juni); 4,65,2 (1. Juli); 2,55,1 (24. Juli); 2,3,5 und 5,41,1 (beide 25. Juli); 8,22,1 (28. Juli); 5,60,1 (29. Juli) – davon aus, daß Caracalla Rom erst Ende Juli in Richtung Nordgrenze verlassen habe. Hensens methodische Voraussetzungen

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fenbar lange bekannten und geplanten Kriegszuges gegen die Germanen mit Vor-schußlorbeeren nicht geizte, wie Inschriften belegen, die dem Kaiser inoffizielle Eh-renepitheta wie magnus, maximus, invictissimus oder pacator orbis zuerkennen.36 In die Reihe dieser Denkmäler dürfte auch die von Moretti publizierte Inschrift aus Rom gehört haben. Denn das zunächst kryptische1�1am Beginn der zweiten Zeile wird seine beste Erklärung durch eine Ergänzung zu1¦���Æ��þ�37 oder ���ß���þ�1finden.38 Dann spräche wohl mehr für eine Datierung der Weihung ins Jahr 213.

Hierfür könnte auch eine weitere Überlegung sprechen. Der Weihetag fällt mit den am 9. Juni gefeierten Vestalia zusammen.39 Da diese auch im militärischen Kontext eine Rolle spielten,40 überrascht es nicht, das gleiche Tagesdatum auf ande-ren wichtigen Inschriften der Severerzeit zu finden.41 Bekanntlich hatte die severi-sche Dynastie ein Nahverhältnis zur Göttin Vesta, deren abgebrannten Tempel sie wiedererrichtete und die sie eifrig auf Münzen verehrte.42 Aber möglicherweise gab es noch einen weiteren Grund: Immer wieder wird vermutet, daß Septimius Severus an den Vestalia des Jahres 193 in Rom eingezogen sei.43 In diesem Fall wäre die hier besprochene Inschrift am zwanzigsten Jahrestag dieses adventus Augusti44 errichtet worden.

sind aber zumindest fragwürdig; siehe Halfmann 1986, 226, mit Kienast 1996, 19, mit Anm. 70.

36 Mastino 1981, 61 mit Anm. 253; 71 mit Anm. 329f.; 127–133; vgl. jetzt auch Buraselis 2007, 1f. Anm. 1.

37 Etwa IG IV 70f. 38 Siehe IGR III 149; 341. 39 Allgemein zu den Vestalia etwa Radke 1981, 358f.; Gee 1997; Mekacher 2006, 60f. 40 Helgeland 1978, 1458; 1485; weiterführend Herz 2003, 48 mit Anm. 5. 41 CIL VI 224 (= ILS 2185) = Speidel 1994, Nr. 55 (197 n. Chr.); CIL III 4364 = 11062 = RIU I

249 (Arrabona, Pannonia Superior; 207 n. Chr.); Herz 1975, 222f.; Herz 1978, 1195f.; Stä-cker 2003, 359 mit Anm. 256.

42 Levick 2007, 63; 67; 126f.; 203 Anm. 17. 43 Zuletzt wieder Birley 1988, 104 und 128; Speidel 1994, 79; Levick 2007, 38; vgl. Herz 1975,

507 (Anm. 3). 44 Vgl. Lehnen 1997 und ergänzende Bemerkungen bei Bleckmann 1999, 51 (Anm. 15); Klodt

2001, 68f. (Anm. 19).

Eine griechische Inschrift für Caracalla und Iulia Domna 69

APPENDIX: NOCHMALS ZU CIL XVI 127 Der Vorschlag, das sardische Diplom CIL XVI 127 aufgrund der völligen Über-einstimmung der Zeugenlisten mit der des misenatischen Flottendiploms RMD 74 von 212 in eben dieses Jahr zu datieren,45 mußte infolge von Neufunden revidiert werden, da die identischen Zeugen auf einem Diplom der ravennatischen Flotte von 206 (RMD III 189) erscheinen, und, nur auf Platz 6 verändert, auch auf einem misenatischen Diplom von 218 (RMD III 192). Zu Recht hatte Margaret Roxan 1994 festgestellt, daß die Urkunde sicher zwischen 192 und 218 datiere, aber sogleich eingeschränkt: da die Zeugenliste zwischen 206 und 212 unverändert sei, komme jedes Datum innerhalb dieses Zeitraums am besten in Frage. Ein sicheres Datum sei nur durch die Prosopographie oder einen vollständigeren Neufund zu gewinnen.46 Paul Holder ist davon jüngst wieder abgewichen, indem er CIL XVI 127 in die Zeit zwischen 204/208 oder 204/218 datiert.47 Dies ist nicht besonders plausibel, wenn man die seit 1994 nicht unwesentlich vermehrten Zeugenlisten auf Flottendiplomen des frühen 3. Jahrhunderts betrachtet:48

Liste 1: Entwicklung der Zeugenlisten auf Flottendiplomen von 192 bis 212 n. Chr.

A (192 n. Chr.) CIL XVI 133 RMD V 446

B (202-204/206 n. Chr.) RMD V 449 RMD IV 304

C (206-212 n. Chr.) RMD III 189 CIL XVI 127

RMD I 74 L. Pulli Marcionis L. Pulli Marcionis L. Pulli Marcionis C. Publici Luperci C. Publici Luperci C. Publici Luperci

M. Iuni Pii M. Iuni Pii M. Iuni Pii Ti. Claudi Iuliani Ti. Claudi Iuliani Ti. Claudi Cassandri L. Pulli Benigni Ti. Claudi Cassandri Ti. Claudi Epinici

C. Fanni Aresconti L. Pulli Benigni L. Pulli Benigni C. Fanni Rufi Ti. Iuli Dativi Ti. Iuli Dativi

Liste 2: Entwicklung der Zeugenlisten auf Flottendiplomen von 206 bis 225 n. Chr.

C (206-212 n. Chr.) RMD III 189 CIL XVI 127

RMD I 74

D (218 n. Chr.) RMD III 192

E (221-225 n. Chr.) RMD V 457-458

RMD IV 307 RMD V 459 RGZM 55

RMD IV 311 L. Pulli Marcionis L. Pulli Marcionis Ti. Claudi Cassandri C. Publici Luperci C. Publici Luperci Ti. Claudi Epinici

M. Iuni Pii M. Iuni Pii Ti. Claudi Paulli Ti. Claudi Cassandri Ti. Claudi Cassandri Ti. Claudi Partheni

45 Dietz 1983. 46 Roxan, RMD III 345, Appendix VI: „The lists are unchanged between 206 and 212 so that

any time within that period offers the best option. A firm date may only be secured through prosopography or perhaps the finding of a complete companion diploma.“ Vgl. Roxan, RMD III 248, Anm. 78*.

47 RMD IV 379 und 385, Anm. 40; RMD V 696. 48 RMD IV 622 Appendix Vb, und RMD V 925 Appendix IIIb; vgl. den Kommentar RMD IV

568 Anm. 7.

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Kann man hier den Umbruch so ändern, daß die Liste 2 auf einer Seite steht? Z.B. könnte man in dr dritten Spalte die das zweite und dritte "RMD" durch ";" ersetzen.

70 KARLHEINZ DIETZ

Ti. Claudi Epinici Ti. Claudi Epinici Ti. Iuli Dativi L. Pulli Benigni Ti. Claudi Partheni Ti. Iuli Erotis Ti. Iuli Dativi Ti. Iuli Dativi Ti. Iuli Eutychetis

Nach diesem in den Listen 1 und 2 vereinfacht wiedergegebenen Befund49 hat sich die von Roxan beobachtete zeitliche Einschränkung sogar weiter gefestigt. Denn zwei Diplome, von denen eines vom Ende des Jahres 202 stammt (RMD V 449), das andere möglicherweise zwischen 192 und 202, vermutlich aber vom September 204/206 herrührt (RMD IV 304), haben auf der vierten Zeugenposition Ti. Claudius Iulianus (Spalte B), der schon 192 an der nämlichen Stelle auftrat (Spalte A), am 22. November 206 aber durch den vom fünften Platz aufgerückten Ti. Claudius Cassander ersetzt war (RMD III 189).50 Die in Spalte C wiedergege-bene Zeugenliste war mithin vom 22. November 206 bis wenigstens 30. August 212 (RMD I 74) gültig und entspricht genau der von CIL XVI 127. Damit ist die-se Konstitution in etwa datiert.51 Selbstverständlich muß zumindest theoretisch der gesamte Bereich zwischen 202 und 218 offen bleiben, praktisch wird man al-lerdings mit dem kleineren Spatium von ca. 206 bis ca. 212 zu rechnen haben.

Die gelegentlich vorgetragene Behauptung, CIL XVI 127 könne nicht in die Jahre 206, 209, 212 und 214 datieren, „weil die constitutiones für die Flotten an anderen Tagen dieser Jahre erlassen wurden“,52 ist nicht aufrecht zu halten (Liste 3). Mag man die Tatsache, daß im Jahr 71 sogar in ein und derselben (misenati-schen) Flotte zweimal Konstitutionen ergingen, mit den politischen Umständen erklären können, so zeigt sich aber inzwischen mehrfach, daß die beiden Kriegs-flotten zu unterschiedlichen Zeitpunkten eines Jahres privilegiert werden konnten.

Liste 3: Konstitutionen der Flottendiplome, nach Jahren geordnet

CIL XVI 12; 13; RMD IV 204 Misenum 71 9. Feb.

CIL XVI 15; 16 Misenum 71 5. Apr.

CIL XVI 14; RMD IV 205 Ravenna 71 5. Apr.

RMD IV 264; V 392; *393; *394 Ravenna 142 1. Aug.

RMD V 394; *II 106 Misenum 142 6. Okt.

RMD V 457 = RGZM 53; 458 Ravenna 221 (9. Jan. / 11. Okt.)

RMD IV 307 Misenum 221 29. Nov.

RGZM 56 Misenum 225 17. Nov.

RMD IV 311; 312 Ravenna 225 18. Dez.

Schwach ist auch das im gleichen Zusammenhang geäußerte Argument, wonach „der 13. Mai und die consules suffecti […] eher in die frühen als in die späten Jahre der Spanne 192/218“ weisen würden.53 Bezüglich des Tagesdatums zeigt Liste 4,

49 Die Wechsel sind fett gedruckt. Eine erweiterte Liste mit den Überlieferungszuständen und

allen Belegen findet sich bei Holder, RMD V 925, Appendix IIIb. 50 Roxan, RMD IV 568 Anm. 7. 51 Vgl. Mastino 1999, 45, mit Anm. 125. 52 Eck – Lieb 1993, 82, Anm. 49. 53 Ebd.

Eine griechische Inschrift für Caracalla und Iulia Domna 71

daß unser Material immer noch viel zu lückenhaft ist, um halbwegs sichere Aussa-gen zuzulassen:

Liste 4: Tagesdatierungen der Flottendiplome seit 166

CIL XVI 122 Misenum 166 30. Apr.

RMD V 449 = RGZM 45 Ravenna 202 20. Dez.

RMD III 189 Ravenna 206 22. Nov.

RMD IV 304 ? 192/202 oder 204/206

7. Sept.

RMD I 73 Misenum 209 10./13. Juli

RMD I 74 Misenum 212 30. Aug.

CIL XVI 127 ? ca. 206/212 13. Mai

RMD II 131 Misenum 214 27. Nov.

RMD V 457 = RGZM 53; 458 Ravenna 221 (9. Jan./11. Okt.)

RMD IV 307 Misenum 221 29. Nov.

RGZM 56 Misenum 225 17. Nov.

RMD IV 311; 312 Ravenna 225 18. Dez.

RMD II 133 Misenum 229 27. Nov.

CIL XVI 152 Misenum 247 28. Dez.

CIL XVI 154a Ravenna 249 28. Dez.

Aus den letzten drei Dezennien des 2. Jahrhunderts besitzen wir überhaupt keine Daten. Seit etwa 220 scheinen sich tatsächlich sehr späte Termine abzuzeichnen. Aber dieser Eindruck stützt sich für das dritte Jahrzehnt des 3. Jahrhunderts bislang auf lediglich drei Jahre. Isoliert betrachtet könnten die ersten drei Zeugnisse aus dem ersten Jahrzehnt eine nämliche Tendenz nahelegen, zeigten nicht die folgenden Belege, daß dies offenkundig ein Trugschluß ist. Innerhalb „der Spanne 192/218“ gehören die Jahre 209 und 212 schwerlich zu den „frühen“, und das gilt auch für das Jahr 206, das im Zusammenhang mit dem Argument um die Datierung nach consules suffecti von Gewicht ist.

Sehr rasch wurde seinerzeit der Einwand vorgebracht, das sardische Diplom könne nicht ins Jahr 212 gehören, weil auf Diplomen so spät schwerlich noch nach Suffektkonsuln datiert worden sei. Aus einer 1986 vorgelegten Urkunde folgerte man, daß „spätestens im Jahr 203“ der Verzicht, Diplome nach consules suffecti zu datieren, erfolgt sei.54 Wie brüchig diese Behauptung war, zeigte ein schon kurz darauf bekannt gewordenes, 1993 schließlich veröffentlichtes Diplom, das für den November 206 abermals nach den Suffektkonsuln datierte (RMD III 189).55 Durch die zahlreichen Neufunde ergibt sich ein etwas differenzierteres Bild (Liste 5):56

54 Eck – Wolff 1986, 561–563. Lieb 1986, 333f., Anm. 104, meinte gar, die Suffektkonsuln

würden einen Ansatz ins Jahr 212 „verbieten“. 55 Eck – Lieb 1993, 81. 56 Die letzte Spalte in Liste 5 verzeichnet das Jahr der Publikation.

72 KARLHEINZ DIETZ

Liste 5: Consules ordinarii und suffecti auf Diplomen nach 192 n. Chr. CIL XVI 133 UC 192 16. März ord. 1913 CIL XVI 132 A/S 192 11. Aug. suff. 1879 RMD V 446 A/S 192 11. Aug. suff. 2003 RMD V 447 = RGZM 44 A 192 11. Aug. suff. 2002 RGZM 46 � 202 30. Apr. suff. 2004 RMD V 449 = RGZM 45 C 202 20. Dez. suff. 2001 RMD III 187 ù 203 31. Aug. ord. 1986 RMD IV 302 � 204 (8./14.) März ord. 2003 RMD V 453 = RGZM 47 ESA 205 13. März ord. 1996 RMD IV 304 C 192/202 oder

204/206 7. Sept. suff. 2000

RMD III 189 C 206 22. Nov. suff. 1993 RGZM 48 � 207 30. März ord. 2004 RMD V 454 ESA 207 20. Okt. ord. 1996 RMD I 73 C 209 10./13. Juli ord. 1976 RMD I 74 C 212 30. Aug. ord. 1978 CIL XVI 127 C ca. 206/212 13. Mai suff. 1898 s. oben Anm. 7 ESA 213 16. März/

13. April ord.

RMD II 131 C 214 27. Nov. ord. 1979 RMD IV 307 C 221 29. Nov. ord. 1995

Dieser Befund bestätigt vollständig, daß „offensichtlich in der Regierungszeit des Septimius Severus die Verbindlichkeit zur Datierung mit den jeweils amtierenden Konsuln aufgegeben worden [ist]. Worauf dies beruhte, ob auf einer ‚internen Dienstanweisung‘ oder auf der stärker realisierten ‚Unpraktikabilität‘, läßt sich nicht entscheiden. Es liefen jedenfalls beide Datierungsmöglichkeiten für mehrere Jahre auch bei den Militärdiplomen, hochoffiziellen Urkunden, nebeneinander her, bis sich sodann die Verwendung der ordinarii seit dem Ende der Regierungszeit des Septimius Severus bzw. in den ersten Jahren Caracallas endgültig durchsetzte.“57 Aus welchen Gründen auch immer, müssen wir also von „gelegentlichen ‚Rückfäl-len‘ in die frühere Praxis“ ausgehen.58 Dies führt schließlich noch einmal zu der von Roxan angesprochenen prosopographischen Frage.

Denn die Hypothese, daß es sich bei den Suffektkonsuln von CIL XVI 127 um die von 212 handeln könnte, beruht ja nicht auf beliebiger Willkür, sondern auf ei-ner aus der literarischen Überlieferung hergeleiteten Begründung für einen solchen „Rückfall“ gerade in diesem für die Stadt Rom so schwierigen Jahr. Bekanntlich fielen die consules ordinarii jenes Jahres vorübergehend beim Kaiser in Ungnade,59 was „mit ein Grund gewesen sein [mag], warum man es im Frühjahr 212 gelegent-

57 Eck 1991, 20. 58 Eck – Lieb 1993, 84f. Die Behauptung ebd. 81, daß außer den Diplomen von 203 und 206

„alle anderen Diplome des dritten Jahrhunderts (…) nur ordinarii“ nennen, ist so nicht mehr gültig.

59 Cass. Dio Exc. Val. 77(78),5,3.

Eine griechische Inschrift für Caracalla und Iulia Domna 73

lich vorzog, lieber nach den gerade amtierenden Suffektkonsuln zu datieren“.60 Wenn überhaupt etwas einen Wechsel im Verfahren wahrscheinlich machen kann,61 so war es doch die Ungewißheit vor den Launen eines Monarchen. Von ihnen sol-len damals Aberhunderte, angeblich sogar Tausende bedroht gewesen sein: ein mögliches Opfer war Iulius Antoninus, Zenturio der equites singulares Augusti.62 Demgegenüber ist der Hinweis darauf, daß es in den zwei Jahrzehnten nach 195 und 212 drei Suffektkonsuln mit Namen Pompeianus gegeben habe,63 inzwischen eher akademisch. Denn der erste davon, der obermösische Statthalter [...]n(...) Pom-peianus von 195,64 der höchstwahrscheinlich identisch war mit C. Gabinius Barba-rus Pompeianus,65 fällt schon wegen der Zeugenliste als Konsul von CIL XVI 127 aus.66 Völlig unklar sind Position und Rang von Cl. Pompeianus Tranquillus, Emp-fänger des zweiten Schreibens von Takina,67 der teilweise und vermutlich zu Un-recht mit Gavius Tranquillus, dem Verfasser des dritten Schreibens von Takina und vermutlich Prokonsul von Lycia-Pamphylia,68 nicht Asia, identifiziert wird.69 Bleibt mithin nur der Suffektkonsul aus dem Jahr 212 oder 213 auf einer stadtrömischen Inschrift aus der Frühzeit Caracallas.70 Daß er nun ausgerechnet mit einiger Wahr-scheinlichkeit im Mai amtierte, wie der Konsul auf CIL XVI 127 auch, kann Zufall sein, ist es aber wohl eher nicht.71 Eine Hypothese erledigt man nicht dadurch, daß man auf ihre Unsicherheit hinweist. Wäre sie dies nicht, wäre sie keine Hypothese mehr. Hypothesen aber gelten auch in den Geisteswissenschaften so lange, wie sie nicht widerlegt sind.

60 Dietz 1983, 404. 61 Grundsätzlich wird man ihn zu Recht mit Lieb 1986, 334 (Anm. 104), als „unwahrschein-

lich“ bezeichnen. 62 Cass. Dio Exc. Val. 77(78),4,1; Moretti 1990, 185–187 = AE 1961,281 = Speidel 1994, Nr.

69. 63 Lieb 1986, 334, Anm. 104; Wachtel 1991, 195f., und PIR2 P 567 und 569. 64 Wachtel, PIR2 P 566. 65 Zu ihm vgl. Hauken 1998, 215f. 66 Natürlich erst recht der cos. ord. 209 L. Aurellius Commodus Pompeianus, Wachtel, PIR2 P

568. 67 SEG 37,1186 = AE 1989,721 = Hauken 1998, 217–243 = Meyer-Zwiffelhoffer 2002, 75–77,

mit ausführlichem Kommentar ebd. 77–90. Auf ihn verwiesen schon Eck – Wolff 1986, 563 Anm. 17.

68 Camodeca 1994, 468–471; Eich 2005, 304f. 69 Hauken 1998, 227; vgl. Meyer-Zwiffelhoffer 2002, 79 mit Anm. 15; Kehoe 2007, 83 spricht

vom Proconsul C. Pompeianus Tranquillus. 70 Dietz 1983, 390 = AE 1983,28; jetzt CIL VI 40646 mit dem Kommentar G. Alföldys, der ei-

ne Datierung zwischen 16. Mai und 13. Juni 212 für wahrscheinlich hält. Nicht einleuchten will mir wegen der Schlußformel die Ergänzung der Eingangsformel zu [Numini. Die Ergän-zung zu urbani]cianis stammt, wie Alföldys Apparat zeigt, nicht von mir; daß sie aber in die-sem Jahr einen guten Sinn ergibt, habe ich ausführlich begründet.

71 Wachtel, PIR2 P 567 und 569, läßt die Koinzidenz der Nundina leider unberücksichtigt.

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der

74 KARLHEINZ DIETZ

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