Ein neues Militärdiplom aus Alteglofsheim, Lkr. Regensburg. Urkunden aus der Frühzeit des Kaisers...

33
Beiträge zur Archäologie in der Oberpfalz Band 3,1999 Eine Veröffentlichung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege Referat Oberpfalz Herausgegeben von Andreas Tillmann Verlag Dr. FAUSTUS

Transcript of Ein neues Militärdiplom aus Alteglofsheim, Lkr. Regensburg. Urkunden aus der Frühzeit des Kaisers...

Beiträge zur Archäologie in der Oberpfalz

Band 3,1999

Eine Veröffentlichung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege

Referat Oberpfalz

Herausgegeben von Andreas Tillmann

Verlag Dr. FAUSTUS

Ein neues Militärdiplom aus Alteglofsheim, Lkr. Regensburg Urkunden aus der Frühzeit der Kaisers Antoninus Pius

Karlheinz Dietz

In den Jahren 1997und 1998 hatJosefHendlmeier in der Ortsflur Aumühle, Gde. Alte­glofsheim (Flurnr. 543) eine Reihe von Fragmenten eines römischen Militärdiploms auf­gelesen, die offenkundig vom Pflug verzogen über ein beachtliches Areal gestreut la­gen1. Nach der Restaurierung in der Werkstatt des BLID, Außenstelle Regensburg, durch Herrn Michael Rademacher konnten die Bruchstücke, deren Oberfläche teilweise arg in Mitleidenschaft gezogen worden ist, zusammengesetzt werden. Die Beschriftung ist gelegentlich so seicht, daß die Lesung erst nach mehreren Versuchen gelang. Sie darf aber mit wenigen Ausnahmen als gesichert gelten2.

Erhalten sind 22 Bruchstücke beider Tafeln. Der zeichnerischen Rekonstruktion ge­mäß, die wegen der starken Wölbung mancher Stücke nur approximativ möglich ist, waren die Tafeln einst etwa 13 cm hoch und knapp 12 cm breit. Die Bronze ist uneinheit­lich dick, normalerweise zwischen 0,5 und 1 mm; das rechte untere Eckstück der Tafel II (Außentext) erreicht exzeptionelle 2 mm Dicke. Den Ausmaßen nach ähnelt unser Neu­fund am stärksten einem vor mehr als hundert Jahren am See Genesaret gefundenen Di­plom vom 22. November 139'.

Die Tafel I besteht aus neun Fragmenten, deren Erhaltungszustand teilweise bekla­genswert ist. Glücklicherweise gelingt es, einige davon aneinander zu passen und die übrigen ihrer einstigen Stellung gemäß einzuordnen (Abb. 1-2).

1 Zur ungefähren Einordnung des Fundpunktes vgl. Th. Fischer, Das Umland des römischen Re­gensburg (München 1990) 128 f.; 326 f.; auch 103 Karte 1 in der Nähe Fundpunkt4. -Abkürzun­gen: AE = L' Armee Epigraphique (Paris 1888 ff.).- CIL = Th. Mommsen u. a., Corpus InscriptiO' num Latinarum (Berlin 1862 ff.).- IBR = F. Vollmer, Inscriptiones Baivariae Romanae sive ins­criptiones provinciae Raetiae adiectis aliquot Noricis Italicisque (München 1915). - IGR = R. Cagnat u. a. (Hrsg.), Inscriptiones graecae ad res Romanas pertinentes (Paris 1906 ff.).- PIR2 = Prosopographia Imperii Romani saec. 1-III. Editio altera (Berlin 1933 ff.).- PME = H. Devijver, Prosopographia Militiarum Equestrium quae fuerunt ab Augusto ad Gallienum, 5 Bde. (Löwen 1977-1993).- RIB = R.G. Collingwood u. R.P. Wright, The Roman Inscriptions of Britain, 1: lns­criptions on Stone (Oxford 1965).- RMD = M.M. Roxan, Roman Military Diplomas, 3 Bde., (London 1978-94).

2 Dr. Andreas Tillmann, BLfD Referat Oberpfalz, danke ich für die freundliche Überlassung der Funde zur Publikation.

3 CIL XVI 87 mit der Übersicht Nesselhaufs ebd. S. 151.

225

Abb. 1. Alteglofsheim, Lkr. Regensburg. Römisches Militärdiplom vom 30.10.139 n. Chr. Tafel I Außenseite.- M. 1:1.

Tafel I Außentext

5

ETETIIA

226

ITRAIANI

RONEPOS

AVG PI SIIIP

IS

10

15

20

ALA

LE

A

L

I

VNTINR

ETVIGI

ONQV

LIB ATEMDE

V ASTVNCHABV

AA VTSIQVICAEL

STDVXISSDVM

LASADIIIKN

SC. s EST

EVSAN

VET

XORE ... CALVC

REAQV A..IXAEST

A VG ADM .. NERV

Z. 7: das A ist unsicher.- Z. 16: N ist in eindeutigen Resten erhalten.- Z. 17: Es sind zwei obere Rundbögen sichtbar, wie sie beim S, C oder G auftreten; da der erste Rund­bogen etwas schmäler und stärker geschwungen ist als der zweite, gehörte er wahr­scheinlich zu einem S. Nach dem zweiten Bogen ist noch der obere Abschluß einer Haste sichtbar, der nicht ohne weiteres einem bestimmten Buchstaben zugewiesen werden kann, aus dem Kontext heraus aber wohl zu einem A gehört haben muß (s. u.).- Z. 18: von ALA sind nur die unteren Hasten erhalten; die Lesung dürfte indessen zweifelsfrei sein.- Z. 19: der zweite Buchstabe dürfte am ehesten einE oder ein B gewesen sein. Der erste ist am ehesten ein L. Z und M am Ende der Zeile sind nicht absolut sicher. - Z. 20: Der erste Buchstabe kannAoder M gelautet haben.- Z. 21: man glaubt anfangs einT oder ein E zu erkennen. - Z. 22: vom ersten Buchstaben ist wohl die Bruchkante einer Senkrechten erhalten, doch ist hier- wie im ganzen Bereich der Zeilen 17-23- die Ober­fläche stark korrodiert.

Tafel I Innentext

AD

VSL EXGR ALE

ECORA TO SANV A

NV AEINGONIFIL VX

227

cos RAEST

Abb. 2. Alteglofsheim, Lkr. Regensburg. Römisches Militärdiplom vom 30.10.139 n. Chr. Tafel I Innenseite.- M. 1:1.

In Z. 6 ist die Längshaste des T je zur Hälfte auf beiden Fragmenten erhalten. Vor dem Eist die Oberfläche zerstört, ein Buchstabenrest nicht auszumachen.- Z. 7: Das 0 ist auf beide Fragmente verteilt; von den folgenden Lettern NIFIL sind nur die oberen Hasten erhalten, doch dürfte die Ergänzung sicher sein; vom X ist nur noch ein winziger Rest der linken oberen Schrägkante vorhanden.

Von der Tafel II sind 13 ihrer Größe nach stark variierende Fragmente erhalten, die fast alle aneinander passen (Abb. 3-4).

228

Abb. 3. Alteglofsheim, Lkr. Regensburg. Römisches Militärdiplom vom 30.10.139 n. Chr. Tafel II Innenseite. - M. 1:1.

Tafel II Innentext

IMPCAESA RAIANI

PARIHIC DIVIN PRONEP

TAELIVSHADR AN AN VSAVG ONMAXTRI PO IIDESIIIP P

5 DQVIMILINALIS OHVIQAPP

G CR ET II FL BR(.) FLCAN(.)

ETI RE T ETIIAQ THRVET

B R ET III TVN (.) VEX SVNTIN

RAETISVBSEMP RONIOLIBERXX IEM

229

10 DIM HON MISSQVORNOM SVBSCRIP SVNTIPSLIBPOSTQEORCIVD ETCON CVM VXORQTHAB CVMESTCIV IS DATA A VT SIQCAESSCVM IS Q POST DVXDVM TAXSIN SING

Das zweite Loch ist zwischen Z. 3 und 4 deutlich erhalten. Die Beschriftung nimmt auf die Löcher Rücksicht. Z. 3 Von T AE sind jeweils noch Bruchkanten vorhanden. Ich glaubte spontan, HAD[RI]ANI lesen zu sollen, wobei das I ausgebrochen wäre. Die Sa­che ist aber zu unsicher, daher entscheide ich mich zugunsten einer absichtlichen Lücke. - Z. 6 BR vermutlich verschrieben aus A V oder wohl eher aus PF.- Z. 7 T und H sind li­giert.- Z. 8 ETI zu Beginn nur mit den unteren Hasten erhalten; zwischen den folgenden Buchstaben RET ein relativ großer Abstand; es fehlt jede Spur eines A.- Z. 9 offenbar hat der Graveur zuerst COSCONIO CELSO geschrieben und dies zu SEMPRONIO LIBER verändert (Abb. 5), wobei vor allem die Rsehr undeutlich sind. -Z.ll L-Longa. -Z.12 f. I-Longa in IS.

Tafel II Außentext

TI CLA ENANDRI p AT SEV L PVL D p AT

5 AVI LAVRI TI IVLI FELlCIS c IVLI SILVANI

Z. 2 S auf zwei Fragmente verteilt, von EV sind nur die oberen Hasten erhalten. - Z. 3 von VL sind nur die oberen Hasten erhalten.- Z. 6 f.: I-Longa in IVL.

Die Bearbeitung der Innenseite weicht von der Norm ab, da einmal die kaiserliche Konstitution nicht auf Tafel I, sondern Tafel II beginnt, zum anderen die Beschriftung der beiden Tafeln nicht in derselben Richtung, sondern gegeneinander erfolgte, so daß nach Aufklappen des Diploms die Innenseite von Tafel I die Datierung und die Empfän­gerdaten, Tafel II die eigentliche Kaiserkonstitution auf den Kopf stehend bot.

Als ergänzte Umschrift können wir für den Außentext rekonstruieren:

[Imp( erator) Caesar, divi Hadriani J(ilius ), div ]i Traiani [Parthici nepos, divi Nervae p]ronepos, [T(itus) Aelius Hadrian(us) Antoninus] Aug(ustus) Pi[us] [pont(ifex) max(imus), trib(unicia) pot(estate) II, co(n)s(ul) II, de]s(ignatus) III, p(ater)

[p(atriae)] [equit(ibus) et pedit(ibus) qui milit(averunt) in al]is [II et coh(ortibus)]

230

Abb. 4. Alteglofsheim, Lkr. Regensburg. Römisches Militärdiplom vom 30.10.139 n . Chr. Tafel II Außenseite. - M. 1:1.

[VI quae appell(antur) (1) I Fl(avia) sing(ularium) c(ivium) R(omanorum) et (2) II Fl(avia) <P(ia) F(idelis)> (milliaria) et]

[(1) I Fl(avia) Can(athenorum) (milliaria) et (2) I Ra]et(orum) et (3) II !l[q(uitanorum) et (4) III Thr(acum) vet(erana) et (5) III]

[Br(itannorum?) et III (?) Tun(grorum) (milliaria) vex(illatio) et s]unt in R[aetia sub ... ... ] [ .... ... quinque] et vigi[nti stip(endis) eme(ritis) di-] [miss(is) hones(ta) missi]on(e) qu[orum nomina sub- ] [scripl{a) sunt, ipsis] libe[ris posterisque] [eorum civit]atem de[dit et conub(ium) cu[m] [ uxorib(us) q ]uas tune habu[ iss( ent) cum est ci-] [ vit(as) iis dat]a, aut, siq( ui) cael[ibes essent,]

231

~Nll~ Abb. 5. Alteglofsheim, Lkr. Regensburg. Römisches Militärdiplom vom 30.10.139 n. Chr. Detail

des Statthalternamens von Tafel I Außenseite. - M. 2:1.

[cum iis q(uas) po]st(ea) duxiss(ent) dum[taxat sin-] [guli singu]las. a(nte) d(iem) III k(alendas) N[ov(embres) [ ............. ]$9[ ... co(n)]s(ulibus) a{9[e ....................... cui pra]est L ß (oder 1J) [ ..................... ] ~eU~f!1(a) [ ex gregale] 1 (oder 1)1)[ .... ..... ... ........ ]VET ß (?) [ ............. ......... ]uxor(z) [eiu]s Caluc .qescript( um) et recogn( itum) ex tabula ae] rea qua[e flixa est [Rom(ae) in muro post templ(um) divi] Aug(ustz) atj Mz]nerv(am)

Der Innentext lautete etwa (die Buchstabenzahl je Zeile ist links angegeben):

33 Imp(erator) Caesa[r, divi Hadriani ./( ilius), divi T]raiani 28 Parthic[i nepos,] divi N[ervae] pronep(os), 26 T(itus) Aelius Hadr[i]an(us) An[tonin]us Aug(ustus) 31 [Pius, p ]on(tifex) max(imus), tri(bunicia) po[t(estate) II, co(n)s(ul)] II, des(ignatus) III,

p(ater) p (atriae) 32 [eq(uitibus) et pe]d(itibus) qui mil(itaverunt) in alis [II et c]oh(ortibus) VI q(uae)

app( ellantur) 24 [(1) I sin]g(ularium) c(ivium) R( omanorum) et (2) II Fl(avia) <P(ia) F(idelis)> 4 (millia­

ria) [et (1) I] Fl(avia) Can(athenorum) (milliaria) 29 [sagitt(ariorum)] et (2) I R<a>et(orum) et (3) II Aq(uitanorum) [et (4) II]I Thr(acum)

vet(erana) 27 [et (5) III] Br(itannorum?) et (6)III <I> Tun(grorum) (milliaria) ve~(illatio) [et] sunt in 29 Raeti(a) sub Cosconio Celso- verbessert zu: Sempronio Liber- XX[V s]ti(pendis)

em [ e(ritis)] 25 dim(issis) hon(esta) miss(ione) quor(um) nom(ina) subscrip(ta) 29 sunt, ips(is) lib(eris) post(eris)q(ue) eor(um) civ(itatem) d[ed(it)] et con(ubium) 27 cum uxor(ibus) q(uas) t(unc) hab(uissent) cum est civ(itas) is data, 27 aut, siq(uz) ca(elibes) ess(ent) , cum is q(uas) post(ea) dux(issent) dum­

tax(at) sin(guli) sing( ulas).

4 Dies ist mir, auch wegen des großen Abstandes zwischen FL und den beiden Folgebuchstaben, wahrscheinlicher als die Lesung Fl<av(ia)>.

232

a(nte) d(iem) [III k(alendas) Nov(embres)] [ ..................... ] co(n)s(ulibus) [ ............... cui p ]raest [ ......... ]us [ [ ............ ] ex gr[ eg ]ale] [ ... D] ecorato Sanua[ ci f(ilio) ..... ] [ ... ]nuae Ingo~Jtfi!(iae) ~x[ori eius ... ]

Es handelt sich um eine Konstitution des Kaisers Antoninus Pius für Angehörige des rätischen Heeres vom 30. Oktober 139. Das Jahr ergibt sich aus der Designation des Kai­sers zum dritten Konsulat, denn zu Beginn jenes Jahres bekleidete dieser sein zweites, zu Jahresanfang 140 sein drittes Konsulat. Die Designation zum dritten Konsulat war bislang durch das schon erwähnte Diplom für Syria Palaestina für den 22. November 139 bezeugt (CIL XVI 87). Unser Diplom ist einige Wochen älter, zeigt ansonsten hin­sichtlich des Formulars und der Ausarbeitung weitgehende Ähnlichkeiten mit dem pa­lästinensischen. Beide Diplome bieten im Innentext keine BeglaubigungsformeL

Ein neues Militärdiplomfragment aus Pförring, Lkr. Eichstätt, Oberbayern

Bevor wir uns weiter der Ergänzung und Kommentierung des Alteglofsheimer Di­ploms zuwenden, ist es geboten, ein anderes Militärdiplom erstmals in ausführlicher Publikation vorzulegen5, das im November 1994 mit einem Metalldetektor in einem Bo­denkolluvium bei einer Grabung des BLfD anläßlich der Erweiterung der B 299 zutage kam. Der Fundplatz (B 299 /Bereich II Koordinaten N 52) liegt im Kastellvicus Pförring etwas westlich der nordwestlichen Kastellecke6. Es handelt sich um ein Fragment der rechten unteren Ecke von Tafel I, das 6,2 x 4,5 x ca. 0,01 cm mißt und ca. 13 g wiegt; die Dicke der Bronze beträgt etwas weniger als 1 mm. Die Oberfläche weist zwei unge­wöhnliche Löcher auf, die offenbar von einer Annagelung der Urkunde herrühren. Re­lativ klein (Durchmesser 2 mm) ist ein spitzovales, leicht nach außen gewölbtes Loch am Rand rechts neben COS (Z. 2 außen); rautenförmig mit einer Seitenlänge von 2,5 mm ist die zweite nach innen stark gewölbte Durchstoßung zwischen Fund RA VRAC (Z. 6 au­ßen). Zumindest dieses Loch wurde von außen nach innen geführt und zwar nach der Beschriftung des Innentextes, den sie in Z. 5 im V von CVM zerstört hat. Die Schrift des Außentextes ist eleganter als die der Alteglofsheimer Urkunde (Abb. 6-7).

5 Ein Vorbericht ohne Kenntnis des Alteglofsheimer Fundes und damit unvollständig K. Dietz, Neue Militärdiplome aus Faimingen und Pförring. Arch. Jahr Bayern 1995, 114 f. (AE 1995,1183).

6 Für diese Informationen und die Publikationserlaubnis danke irh dem Ausgräber Dr. Karl-Heinz Rieder, Ingolstadt.

233

Abb. 6. Pförring, Lkr. Eichstätt, Oberbayern. Rö­misches Militärdiplom vom 30.10.139 n. Chr. Ta­

fel I Außenseite.- M. 1:1.

Tafel I Außentext

5

ADIIIKNOV CAPVLACOS

AR CR CVIPRAEST QVI GALLICVS ZEVGM

ALE

ONIFRAVRAC EX TABVLA AEREA MAE IN MVRO POST

ADMINERVAM

Tafel I Außentext

Abb. 7. Pförring, Lkr. Eichstätt, Oberbayern. Römisches Militärdi­plom vom 30.10.139 n. Chr. Tafel I

Innenseite.- M. 1:1.

Tafel I Innentext

5

I ET III BRIT RAETIASVB EDIMHONE

VNT IPSLIBER

QTHABCVM EST ISQPOS DVX

Z. 1: maximal ein Viertel der Lettern ist erhalten. AD sind nur aus dem Kontext zu er­schließen, der Rest ist eindeutig erkennbar.- Z. 2: VLA ist völlig zweifelsfrei auf Anhieb lesbar, SA sind zwar nur in geringen, aber eindeutigen Resten vorhanden, von P exi­stiert nur der Unterteil der Vertikalhaste.- Z. 3: erstes A nur mit dem rechten Randbruch erhalten.- Z. 5: A nur mit dem rechten Randbruch erhalten.- Z. 8: erstes M nur mit dem rechten Randbruch erhalten.

Tafel I Innentext Z. 1: von allen Buchstaben ist nur noch das untere Drittel erhalten, BR kann aber als si­

cher gelten.

234

Datierungskriterien des pförringer Fragments

Für die Datierung des Fragments bieten sich folgende Kriterien: 1. Die Schlußformel weist in die Zeit, als die Originale der kaiserlichen Konstitutionen,

nach denen die Diplome erstellt worden sind, an der Mauer hinter dem Tempel des Augustus angeschlagen wurden. Das erste bekannte diesbezügliche Diplom stammt vom 27. Okt. 9Q7.

2. Das Vorhandensein einer Heimatangabe des ritterlichen Präfekten Gallicus datiert unser Fragment in die Zeit zwischen etwa 129 und ca. September 1578•

3. Die Verwendung von aerea statt aenea datiert das Stück mit einiger Wahrscheinlichkeit nach Februar 1389•

4. Da der Entlassene gregalis war, gehört die Formel ips(is) liber(is) posterisque eorum (In­nen Z. 4) zum Formular Alföldy-Mann Typ III D und weist in die Zeit vor der Aus­schließung der Soldatenkinder von der Bürgerrechtsvergabe durch Formular Alföl­dy-Mann Typ III E10, das sicher am 13. Dez. 140 auf der Außenseite des Diploms aus Palamarcia erscheint11 . In Rätien tritt das neue Formular auf dem Diplom aus Burghö­fe auf, das gleichfalls in den November/Dezember 140 gehört12•

5. Wir gelangen also in den Oktober (Außen 1) der Jahre 138, 139 oder 140. Da Hadrian am 10. Juli 138 verstorben ist, muß eine Konstitution des Antoninus Pius vorliegen. Die Konsuln des vorletzten Nundinums 140 sind uns zwar unbekannt13

, sie kommen in unserem Fall aber wohl nicht in Frage, weil eine Diplomausgabe für Rätien im letz­ten Nundinum 140 gesichert ist14 und sogar noch eine weitere Ausgabe in diesem Jahr erfolgt war15• Tatsächlich ist der erhaltene Konsulname Scapula ein in der Ober­schicht sehr seltenes Kognomen gewesen, das in Senatskreisen nur noch von den Ostorii getragen wurde16, weshalb der Konsul Scapula nur mit dem gleichnamigen consul designatus von 138 zu identifizieren ist (s. unten). Das Ausschlußverfahren führt damit in den Herbst 139.

6. Die Tagesdatierung des Pförringer Diploms lautet übereinstimmend mit der des Alte­glofsheimer auf ante diem III kaiendas Novembres, also auf den 30. Oktober 139. Das legt

7 CILXVI 36. 8 G. Alföldy, in: W. Eck/H. Wolff (Hrsg.), Heer und Integrationspolitik die römischen Militärdi­

plome als historische Quelle (Köln, Wien 1986) 391 f.; 423. 9 CILXVI 83. 10 Alföldy-Mann Typ III D: equitibus et peditibus ... quarum nomina subscripta sunt, ipsis liberis poste­

risque eorum civitatem dedit et conubium cum uxoribus, quas tune habuissent, cum est civitas iis data, aut, siqui caelibes essent, cum iis, quas postea duxissent dumtaxat singuli singulas. - Alföldy-Mann Typ III E: equitibus et peditibus ... quarum nomina subscripta sunt, civitatem Romanam, qui eorum non haberent dedit et conubium cum uxoribus, quas tune habuissent, cum est civitas iis data, aut cum iis, quas postea duxissent dumtaxat singulis.

11 RMD 39.- Vgl. aber CIL XVI 177. Generell M.M. Roxan, Observations on the reasons for chan­ges in formula in diplomas circa AD 140. In: Eck/Wolff (Anm. 8) 265-292.- Vgl. S. Link, Kon­zepte der Privilegierung römischer Veteranen (Stuttgart 1989) 9.

12 Vgl. Roxan, RMD IIIS. 361 Nr.17. -JetztH. Wolff, Bayer. Vorgeschbl. 63,1998,293-299 Taf. 14 13 B. Bargagli/C. Grosso, I Fasti Ostienses. Documenta della storia di Ostia (Rom 1997) 45. 14 Siehe Anm. 12. 15 RMD 58/95 mit dem Kommentar unten im Anhang. 16 Siehe PIR' I 553: Cognomen rarissimum Scapulae in nobilibus aliis non invenis nisi apud Osto­

rios.- Vgl. K. Wachtel,Ostorii Scapulae. Arch. Hung. 41, 1989,241-246 bes. 245 f.

235

die Vermutung nahe, daß das Pförringer Diplom offenbar von derselben Konstitution herrührt wie das Alteglofsheimer. Dies bestätigt sich, da sogar die empfangende Ein­heit identisch gewesen sein wird, weil schwerlich zwei Kommandanten im rätischen Heer am 30. Oktober 139 aus Zeugma gestammt haben.

Kompilierter Text für das Pförringer Diplom

[Imp(erator) Caesar, divi Hadriani j(ilius), divi Traiani Parthici nepos, divi Nervae pronepos, T(itus) Aelius Hadrianus Antoninus Aug(ustus) Pius, pont(ifex) max(imus), trib(unicia) pot(estate) II, co(n)s(ul) II, des(ignatus) III, p(ater) p(atriae)

equitibus et peditibus qui militaverunt in alis II et cohortibus VI quae appellantur (1) I sing(ula­rium) c(ivium) R(omanorum) et (2) II Flav(ia) (milliaria) et (1) I Fl(avia) Can(athenorum) (milliaria) sagitt(ariorum) et (2) I Raet(orum) et (3) II Aq(uitanorum) et (4) III Thr(acum) ve] !(erana) et (5)!!! Brtt(annorum) [et ( 6) IIII Tun(grorum) (milliaria) vey(illatio) et sunt in] Raetia sub [Sempronio Liber(ale), quinque et viginti stipendis em]e(ritis) dim(issis) hon(esta) [missione quarum nomina subscripta s]unt, ips(is) liber(is) [posterisque eorum civitatem dedit et conubium cum uxoribus] q(uas) t(unc) hab(uissent) cum est [civitas iis data, aut, siqui caeli­bes essent, cum] is q(uas) pos(tea) dux(issent) [dumtaxat singuli singulas.]

~(nte) cj(iem) III K(alendas) Nov(embres) [ ............... S]~~pula co(n)s(ulibus).

[alae I singul]ar(ium) c(ivium) R(omanorum) cui praest [L(ucius) C. ..... us L(uci) j(ilius)] Qui(rina) Gallicus Zeugm(a)

[ex greg]ale [ .. .]oni j(ilius) Raurac(us).

[Descriptum et recognitum] ex tabula aerea, [quae fixa est Ro]mae in muro post [templum divi Aug(usti)] ad Minervam.

Kompilierter Text für das Alteglofsheimer Diplom (Abb. 8-11)

Imp(erator) Caesa[r, divi Hadriani j(ilius), div]i Traiani Parthic[i nepos,] divi N[ervae] pro­nep(os), T(itus) Aelius Hadr[i]an(us) An[tonin]us Aug(ustus) Pi[us, p]on(tifex) max(imus), tri(bunicia) po[t(estate) II, co(n)s(ul)] II, des(ignatus) III, p(ater) p(atriae)

[equit(ibus) et pe]d(itibus) qui mil(itaverunt) in alis [II et c]oh(ortibus) VI q(uae) app(ellantur) [(1) I sin]g(ularium) c(ivium) R(omanorum) et (2) II Fl(avia) <P(ia) F(idelis)> (milliaria) et (1) I] Fl(avia) Can(athenorum) (milliaria) [sagitt(ariorum)] et (2) I R<a>et(orum) et (3) II Aq(uitanorum) [et (4) II]I Thr(acum) vet(erana) [et (5) III] Br(itannorum) et (6) III<I> Tun(grorum) (milliaria) ve~(illatio) [et] sunt in Raeti(a) sub Cosconio Celso- verbessert zu: Sempronio Liber(ale) - [quinq(ue) et vigi[nti s]ti(pendis) em[e(ritis)] dim(issis) hon(esta) miss[i]on(e) quor(um) nom(ina) subscrip(ta) sunt, ips(is) lib(eris) post(eris)q(ue) eor(um) civ[it]atem de[d(it)] et con(ubium) cum uxor(ibus) quas tune habu(issent) cum est civ(itas) is data, aut, siq(ui) cael(ibes) ess(ent), cum is q(uas) post(ea) duxiss(ent) dumtax(at) sin(guli) sing[ u]las.

a(nte) d(iem) III k(alendas) N[ov(embres) ........ et 1 $~~[pula] co(n)s(ulibus)

a{~[ e I singular(ium) c(ivium) R(omanorum) cui p]raest

J-(ucius) .f (oder ß) [ ...... ]us J-(uci) [f(ilius) Qui(rina) Gallicus,] ?eug1?1(a) ex gr[ eg ]ale]

4f (oder ,;1)[. .. D]ecorato Sanua[ ci f(ilio) Hel]vet(io)

.f (?) [ ... .. ]nuae IngoiJi fi.{(iae) uxor(i) [eiu ]s Caluc(oni)

236

~ escript( um) et recogn (itum) ex tabula ae ]rea qua[ e j]ixa est [Rom(ae) in muro post templ(um) divi] Aug(ustz) a.j M[i]nerv(am)

(1) (Ti(beri) Cla[udi M]enenadri, (2) P(ubli) At[ti] Sev[erz], (3) L(ucz) Pul[li] D[aphni], (4) P(ubli) At[ti Festi], (5) [T(iti) Fl]avi Lauri, (6) Ti(beri) Juli Felicis, (7) C(ai) Juli Silvani.

Die Zeugen

Die Zeugen treten zwischen 138 und 140 offenbar immer in der hier vorliegenden Rei­henfolge auf17•

Die Konsuldatierung

Die Konsuldatierung wurde in Pförring anscheinend nachträglich und von anderer Hand eingefügt, wie schon der Formenvergleich der 0 beweist. Offenkundig hat man die Kopien anzufertigen begonnen, ehe der kaiserliche Erlaß verfügt worden war18. Da etwa die Hälfte dieser Zeile (2 außen) erhalten ist und eine Verteilung der Konsulnamen auf zwei Zeilen schwerlich vorlag (dazu steht die Zeile zu hoch), waren die Konsuln of­fenbar auch auf dem Außentext nur mit ihren Kognomina genannt worden. Dies war ungewöhnlich, beim Innentext freilich seit 138 durchaus üblich 19• Auch beim Alteglofs­heimer Diplom kann die Konsulatsangabe außen nur eine Zeile beansprucht haben, wo­durch sich die Lesung $c;:q~[pula rechtfertigt. Die Datierung des Innentexts kann von an­derer Hand stammen, da A D extrem klein ausfallen.

Der Konsul hieß zweifellos C. Iulius Scapula ... [D]onatus [ ... ]nus20• Der plebejische Stammvater der Julii Scapulae waltete im Frühjahr /Sommer 138 als Statthalter Hadrians und seines Mitherrschers Antoninus Pius in Galatien und als solcher war er bereits con­sul designatus21 • Aus diesem Grund hat man bislang sein Konsulat für Ende 138 oder das frühe Jahr 139 postuliert22 . Scapula kann aber im Oktober 138 nicht Konsul gewesen sein, weil damals P. Cassius Secundus und M. Nonius Mucianus die Fasces führten, die sowohl am 15. Oktober als auch am 13. Dezember bezeugt sind 23 . Da die galatischen In-

17 CIL XVI 83 add. RMD S. 245 Anm. 36.- RMD 38.- CIL XVI 87; 177 add.- RMD 245 Anm. 39; RMD 39.- Siehe J. Morris/M.M. Roxan, The Witnesses to Roman Military Diplomata. Arh. Vest­nik 28, 1977, 299-333 bes. 306; 311 f.

18 Vgl. K. Dietz, Ber. Röm.-Germ. Komm. 65, 1984, 172 f.- Siehe jetzt die Zusammenstellung bei M. Roxan, RMD III 339 f.

19 H. Nesselhauf, CIL XVI S. 187b.- Dietz (Anm. 18) 174 Anm. 21. 20 PIR2 I 553. 21 IGR III 176 = E. Bosch, Quellen zur Geschichte der StadtAnkara im Altertum (Ankara 1967) 174

Nr. 135.- Vgl. Mitt. DAI (Athen) 46, 1921,22: ünm:o~ anoÖEÖEtYJ.lEVO~. 22 A. Degrassi, I fasti consolari dell'impero Romano dal30 avanti Cristo al613 dopo Cristo (Rom

1952) 39.- Siehe außer PIR2 I 553 z B. B.E. Thomasson, Laterculi Praesidum, I (Göteborg 1984) 257 Nr. 23. - B. Remy, Les carrieres senatoriales dans !es provinces romaines d' Anatolie au Haut-Empire (31 av. J.-C. 284 ap. J.-C.) (Istanbul, Paris 1989) 151 f. Nr. 113.- J. Fitz, Die Verwale tung Pannoniens in der Römerzeit (Budapest 1993-94) 641; 675. Die von PIR2 I 553 erwogene Zuweisung der tegulae CIL XV 1440b ist durch die vorliegende Datierung endgültig hinfällig.

23 CIL VIII 11451 add. 23246 = J. Nolle, Nundinas instituere et habere. Epigraphische Zeugnisse zur Einrichtung und Gestaltung von ländlichen Märkten in Afrika und in der Provinz Asia (Hile desheim etc. 1982) 88-117bes. 113 f.- AE 1934,146.- Dazu A. Kolb, Die kaiserliche Bauverwale

237

I 1\AJ, C./\ E S 1\ R. D \ V I H J\ b R I /\N IFD f V\\ij1i't~I\"'!11NI~.·· l PI\R TH 1<-l N~I>O.Sb tVI N ~RVAE"r~~§m:f Tt\t LIV .S HJ\b f'l A NVSt\1\1 to NlNV 'PONT M;\X1' t~t ~ L~O 'rii <O~ UD ~~.~'fin r·l' E~f€ii,~Dil-~l MIL\rt I"' i\ ~~IE'T(OH Vtay{'E" /\PP Ell/\l"'t.St NU.'-~ ET TI FLe~N E'r

I FL CAN N ET 7 IV\~:'}i. · !: .. ~.~ .. ·· ~\iftTHRVETt."1· in m-rmrvNNVEY.ET.s ' R~E'rtAsve

~ lNQ., , ~ ~{Nl~ISl'/ f EN\€1\ 'Dt Mr SHioNE.nM lRS r ~~~ÖRVMNQ/V\lNASVe .Sc Rl n·svN'1'!FSts IL~~AIS rorre:-R.tso.ye E:OR\IMC tV/ ·· .. T'M\~~~llr't-.JJ c'i CoNVßCVM

0 • ,~\Y,j.~ ._, 'f,'Y4\l ~. ~ 0 V>co ~~6~l}~N~00~9~1 '.SCV,M.E.S1~C.l Vt 1"' ll SD,~~~A.~~~~\'l!!. @AAII~~ ~ S ES.SE'N1' . C VM t t.f QJ:.d~tlf.!~~~~m~Ji\~,N&\y A >r A 1-~ 11-t

~VLl .SIN~'Vf~'=

~ Gl"~ G.AL...E'

n..:~ ot~ 1 t=-l L ~c.l'l fiEl"KE'C C~N E'XiABVL Af. ~\lNMVRö1~as1~1~E'MflDlVlf~-- J

Abb. 8. Alteglofsheim, Lkr. Regensburg. Rekonstruktionszeichnung des Römischen Militärdi­ploms vom 30.10.139 n. Chr. Tafel I Außenseite.- M. 1:1.

schriften Scapulas zwischen dem 25. Februar 138, dem Adoptionstag des Antoninus Pius, und dem 10. Juli 138, dem Todestag Hadrians, gesetzt sind24, hat Scapula als consul designatus aus uns unbekannten Gründen weit mehr als ein Jahr auf seinen Amtsantritt warten müssen25.

tunginder Stadt Rom. Geschichte und Aufbau der cura operum publicorum unter dem Prinzipat (Stuttgart 1993) 215 f. - Vgl. Fitz (Anm. 22) 493 f.- Die Konsulnsind jetztneuerdings bezeugt in einem thrakischen Diplom, vgl. B. Pferdehirt, Fragment eines neuen Militärdiploms aus Thra­kien vom Jahr 138 n. Chr. Arch. Korrbl. 28, 1998,445-450 add. M.M. Roxan/P. Weiß, Chiron 28, 1998, 373-381 Nr. 1. Siehe noch die Bemerkung von Roxan, RMD III S. 245 Anm. 36.

24 W. Eck, Chiron 13, 1983, 180 f. Anm. 453. 25 Richtig bemerkt von H. Lieb in der Anm. zu AE 1995,1183 mit weiterer Lit. zur Frage des Desi­

gnation der consules suffecti; vgl. K. Dietz, Senatus contra principem. Untersuchungen zur sena­torischen Opposition gegen Kaiser Maximinus Thrax (München 1980) 230 Anm. 642.

238

ii\ \<.... NQV

(Vlf>Rl\~

~1 VS CA LV

Abb. 9. Alteglofsheim, Lkr. Regensburg. Rekonstruktionszeichnung des Römischen Militärdi­ploms vom 30.10.139 n . Chr. Tafel I Innenseite.- M. 1:1.

Die Statthalter

Das Diplom von Alteglofsheim bietet zwei Statthalternamen, freilich nicht in der bis­her gelegentlich bezeugten Weise, in der Statthalter verschiedener Provinzen genannt sind oder zwischen der Entlassung und der Bürgerrechtsverleihung ein Statthalter­wechsel erfolgt war26 • Vielmehr weist auf Tafellider Innentext in Zeile 9 deutliche Kor­rekturen auf. Wie bereits bemerkt, wurde hier COSCONIO CELSO zu SEMPRONIO LIBER verbessert, wobei der Graveur aus dem ersten C die eng aneinander stehenden Lettern SE machte, über das 0 ein M schrieb, dasS zu P und ein nicht sonderlich großes C zu einem arg verstümmelten R umarbeitete. ONIO blieb unverändert, aber das fol­gende C wurde zu einem wenig gefälligen LI, aus E (von dem der Ausläufer der mittle­ren Querhaste noch sichtbar ist) ließ sich leicht ein B fabrizieren, noch leichter aus dem

26 B. Lörincz, Nennung und Funktion der Statthalter in den Auxiliarkonstitutionen. In: Eck/ Wolff (Anm. 8) 375-384 bes. 378-382. - H. Wolff, Ostbair. Grenzmarken 35, 1993, 11-13.

239

Abb. 10. Alteglofsheim, Lkr. Regensburg. Rekonstruktionszeichnung des Römischen Militärdi­ploms vom 30.10.139 n. Chr. Tafel II Innenseite.- M. 1:1.

folgenden LeinE. Dagegen ist die Umarbeitung des SO zuR nicht sonderlich gelungen. Ob und gegebenenfalls wie der Graveur versucht hat, das fehlende ALE von Liberale unterzubringen, läßt sich nicht sagen, jedenfalls beginnt das X so unmittelbar nach dem 0 (von Celso), daß es sogar an es stößt. Ich möchte nicht ausschließen, daß das 0 durch einen kleinen Schrägstrich zu einem nach links geneigten kleineren A umgewandelt worden ist, doch kann dieser Eindruck angesichts des schlechten Zustands der Bronze an dieser Stelle auch auf einer Täuschung beruhen. Wie dem auch sei: das Alteglofshei­mer Diplom nannte zwei rätische Prokuratoren, zunächst einen Cossonius Celsus, so­dann Sempronius Liberalis. Damit bestätigt der Neufund die Richtigkeit einer hypothe­tischen Identifizierung des auf dem soeben publizierten Militärdiplomfragment von Burghöfe27 aus dem späten Jahr 140 genannten Sempr[onio] mit dem Prokurator, von

27 Siehe oben Anm. 12.

240

0 Abb. 11. Alteglofsheim, Lkr. Regensburg. Rekonstruktionszeichnung des Römischen Militärdi­

ploms vom 30.10.139 n. Chr. Tafel II Außenseite. - M. 1:1.

dem auf einem weiteren, aus dem Vicus von Pförring stammenden kleinen Bruchstück zwischen den Zeilen nur noch die Buchstaben [-]ALE erhalten sind28 • Bei der Publika­tion der letztgenannten Pförringer Urkunde hatte ich 1988 gemeint, der Nachtrag könne "infolge eines Versehens notwendig geworden sein, es ist aber auch denkbar, daß der rätische Statthalterposten zum Zeitpunkt der Abfassung der constitutio gerade vakant geworden war und daher ein Raum für die nachträgliche Einfügung des neuen Namens frei gelassen wurde, der sich dann aber als zu eng herausstellte"29• Gedacht hatte ich da­mals an eine ungefähre Parallele zu dem Flottendiplom vom 27.11.214, auf dem in die entsprechende Lücken innen und außen von anderer Hand der Name des Flottenprä-

28 Diskussion und ältere Literatur bei K. Dietz, Neue Militärdiplomfragmente aus Rätien. Bayer. Vorgeschbl. 53, 1988, 139-146 bes.140 f.- Dazu M.M. Roxan, RMD III 164 bes. Anm. 6.

29 Dietz (Anm. 28) 141.

241

fekten nachgetragen wurde30• Gegen eine solche Lösung wurde vorgebracht, daß in ei­nem Fall der Vakanz normalerweise der vorherige Statthalter genannt worden wäre31 •

Das Alteglofsheimer Diplom zeigt nun die Richtigkeit beider Erklärungsansätze, da mit Cosconius Celsus zweifellos der zum Zeitpunkt der Beantragung des Privilegs amtie­rende Prokurator genannt ist, sein Name aber ersetzt wurde. Eine mögliche, sehr prag­matische Erklärung wäre, daß Celsus die Entlassung der Soldaten noch eingeleitet und auch die Anträge auf Berücksichtigung bei der Bürgerrechtskonstitution noch nach Rom weitergeleitet hat, dann aber von Sempronius Liberalis abgelöst wurde. In Rom aber waren die Diplome bereits ausgefertigt, weshalb man eine simple Korrektur der Bronze einer aufwendigen Neuerstellung mit der korrekten Formulierung et sunt in Rae­tia sub Sempronio Liberale XXV stipendis emeritis dimissis honesta missione per Cosconium Celsum vorzog.

Der aus Acholla in Afrika stammende und zwischen 154 und 159 bis zum praefectus Aegypti aufsteigendeM. Sempronius Liberalis hat also im Herbst 139 sein Amt in Rätien angetreten. Zu seiner Person und Laufbahn ist an anderen Stellen das Nötige gesagt worden32. Der Name seines Vorgängers Cosconius33 Celsus war bislang unbezeugt. Der Familienname findet sich in den oberen Ordines schon im frühen Prinzipat34, Martial er­wähnt ihn an zwei Stellen, und unter Septimius Severus war ein M. Cosconius M. f. Pol­Ha Fronto zum procurator Augusti et praefectus Sardinia aufgestiegen35, ein Cosc(onius) Gentianus sogar zum niedermösischen Legaten36• Irgendwelche Beziehungen unseres Mannes zu einem der anderen Träger seines Namens sind nicht auszumachen.

Folgerungen für das Diplom aus Oberschneiding (RMD 94)

Bleibt ein über den Namen hinaus reichender Erkenntnisgewinn aus, so scheint Cos­conius Celsus freilich auch zu den im Frühjahr 1981 in Oberschneiding, Lkr. Strau­bing-Bogen, gefundenen Diplomfragmenten37 in Beziehung gestanden zu haben, das aufgrundzwingender Folgerungen aus dem Formular von H.-J. Kellner in die Zeit zwi­schen 10. Juli 138 (Thronbesteigung des Antoninus Pius) und etwa Dezember 140 datiert werden konnte. In Zeile 11 des Außentextes ist deutlich erkennbar: et s]unt in Raetia sub C[-, und Kellner hat hier, weil in dieser Zeit die Statthalter ohne Pränomina angeführt wurden, zurecht ein Gentilicium postuliert, von einer Ergänzung aber abgesehen. Diese

30 RMD li 131. -Generell zu Nachträgen auf Diplomen jetzt die Zusammenstellung von Roxan, RMD III 339f.- Zu Schreibfehlern auf Diplomen N. Labory, Antiqu. Africaines 1996, 63-66.

31 Roxan (Anm. 28). 32 Ich verweise nur noch auf Devijver, PME S 22 add. S. 1717 und S. 2232. 33 Die von der Onomastik her denkbare Variante Cossonius Celsus (Cossonii sind im 2. Jh. sogar

im Senat bezeugt, vgl. nur AE 1995,1185) ist wegen der erhaltenen Buchstaben auszuschließen. 34 D. Hennig, L. Aelius Seianus (München 1975) 9 Anm. 29 f.; 15.- M.-Th. Raepsaet-Charlier, Pro­

sopographie des femmes de l'ordre senatorial W'-Ilesiecles) (Löwen 1987) 263-265 Nr. 296. 35 Devijver, PME C 253 add. S. 1530 und S. 2084.- R. Zucca, in: L' Africa romana, X (Sassari 1994)

864; 870; 916. 36 P.M.M. Leunissen Konsuln und Konsulare in der Zeit von, Commodus bis Severus Alexander

(180-235 n. Chr.) (Amsterdam 1989) 250 f. 37 H.-J. Kellner, Rheinisches Militärdiplom von Oberschneiding. Arch. Jahr Bayern 1981, 132 f.­

Ders., Raetische Militärdiplome. Bayer. Vorgeschbl. 48, 1983, 165-171 Taf. 9,1-2 und 10 (AE 1984,706; RMD 94).

242

---

kann man jetzt getrost als et s] unt in Raetia sub C[osconio Crispo wagen. Der Name füllt die Zeile vollständig aus38, für die Zeit von ca. Oktober 139 bis mindestens Nov./Dez. 14039

ist bereits der Nachfolger Sempronius Liberalis bezeugt, und es wäre mehr als unge­wöhnlich, wenn in der kurzen Zeitspanne von Juli 138 bis Herbst 139 mehr als ein Pro­kurator in Rätien gewaltet hätte. In diese Zeitspanne gehört auch das Oberschneidinger Diplom, vermutlich sogar in das Jahr 138. In der Kaisertitulatur stand daher höchst­wahrscheinlich trib(unicia) pot(estate), [ co(n )s( ul), oder trib(unicia) pot(estate) [II, co(n )s( ul); weniger wahrscheinlich ist trib(unicia) pot(estate) [II, co(n)s(ul) II, weil wir in diesem Fall zwei verschieden datierte Bürgerrechtskonstitutionen für Rätien im Jahr 139 annehmen müßten, was die Ausnahme gewesen sein muß40, nichtsdestoweniger aber doch vor­kam41.

Der Begünstigte des Alteglofsheimer Diploms

Empfänger des Diploms von Alteglofsheim war ein ex gregale, dessen Name höchst­wahrscheinlich Decoratus gelautet hat. Dieser Name war nicht nur- wie man lange ge­glaubt hat- besonders in der Umgebung von Aquincum und in Niederpannonien ver­breitet42, sondern auch in Rätien beliebt43• [D]ecoratus war vermutlich der Sohn eines Sa­nuacus, da die Buchstaben SANV A derzeit nur auf diesen viermal in der Belgica und einmal in Aquitanien belegte Namen führen44. Die gesamte Nomenklatur des [D]ecora­tus zu ermitteln, ist nicht mehr möglich. Auf der Außenseite unseres Diploms beginnt die Zeile mit dem Empfängernamen mit dem Buchstaben A oder wohl besser mit der linken Hälfte eines M. In jedem Fall muß Decoratus mehr als den üblichen Individualna­men getragen haben. Da er spätestens 114 in den römischen Auxiliardienst eingetreten war, könnte sein Vater nach diesem Zeitpunkt, aber noch unter Trajan seinerseits über

38 Kellner 1983 (Anm. 37) Taf. 10. 39 Das Burghöfe-Diplom (Anm. 12) ist [M(arco)] Barbio Ae[miliano T(ito) Flavio Iuliano co(n)s(ulibus)

ausgestellt, und dies weist eindeutig auf das letzte Nundinium 140: CIL XVI 177 vom 26. Nov. 140. - RMD 39 vom 13. Dez. 140; der Amtsantritts war der 1. November: Bargagli/Grosso (Anm. 13) 45.

40 Zurecht H. Wolff, Ein neues Militärdiplom aus dem Straubinger Vicus vom 16. August 116 n. Chr. Jahresber. Hist. Ver. Straubing 97, 1995,21-33 bes. 32 f. Anm. 25.

41 Wie H. Nesselhauf, Fundber. Schwaben NF 15, 1959, 75 f. zeigte, ergingen 153 zwei kaiserliche Konstitutionen bezüglich des rätischen Heeres: die erste ist bezeugt durch CIL XVI 101 add. RMD S. 132 Anm. 61 * u. 246 Anm. 47* = H.-J. Kellner, Bayer. Vorgeschbl. 50, 1985, 243 f. Taf. 23,3 a-b, die zweite durch Roxan, RMD 46. Analogie in Dakien CIL XVI 57; 163 vom Jahr 110 und jetzt Rätien im Jahr 116 RMD 155 und Wolff (Anm. 40). Zwei Konstitutionen ergingen wohl auch 140 in Rätien, siehe dazu den Anhang zu RMD 58/95.

42 Siehe dazu K. Dietz, Eine römische Grabinschrift aus Burgheim, Ldkr. Neuburg-Schrobenhau­sen. Neuburger Kollektaneenblatt 136, 1984,254-259 hier 257.

43 Zu den Dietz (Anm. 42) 257 Anm. 15 genannten Belegen kommen hinzu die Aufschrift auf ei­nem Einhenkelkrug aus Aalen: Decoratus turma Pris(ci): D. Planck, in: Ph. Filtzinger /D. Planck/ B. Cämmerer, Die Römer in Baden-Württemberg (Stuttgart 19862

) 209.- Iulius Decoratus, ein s(ummus) c(urator) a(lae) I Au(rianae) auf einer Mithrasweihung in Wachstein: F. Wagner, Ber. Röm.-Germ. Komm. 37-38, 1956-57, Nr. 87 Taf. 21 in der Ergänzung von M. Clauss, Cultores Mithrae. Die Anhängerschaft des Mithras-Kultes (Stuttgart 1992) 126 f. Anm. 6.

44 So wenigstens A. M6csy u. a., Nomenclator provinciarum Europae Latinarum et Galliae Cisal­pinae cum indice inverso (Budapest 1983) 252.

243

die ehrenvolle Entlassung aus einer Hilfstruppe das Bürgerrecht für sich und [D]ecora­tus erworben haben. In diesem Fall wäre [D]ecoratus bereits civis Romanus gewesen, hät­te sich aber die Anerkennung seiner Verbindung mit der peregrinen Lebensgefährtin durch das Eherecht (conubium) mittels des Diploms bestätigen lassen. Von der Her­kunftsangabe des [D]ecoratus sind gerade noch die Buchstaben VET erhalten. Als Er­gänzung hierfür ließe sich etwa [S]uet(rio) vorschlagen. Die Suetri waren ein Volks­stamm in den See alpen, der von Augustus unterworfen und auf dem Tropaeum Alpium erwähnt wurde45. Hauptort der Suetri war Salina im Südosten des Departement des Bas­ses-Alpes (h. Saillon bei Castellane) in der römischen Provinz Gallia Narbonensis. Tat­sächlich tat ein Suetrius namens Sex. Vibius C. [f.] Severus Auxiliardienst in der cohors I Ligurum et Hispanorum46 . Dennoch wird man von einer solchen Ergänzung von VET ab­sehen, da die zeichnerische Rekonstruktion der Zeile (unter Berücksichtigung der eben geäußerten Hypothese einer Mehrnamigkeit des [D]ecoratus) zeigt, daß zwischen dem Ende der Filiation und VET wenigstens Raum für drei bis vier Buchstaben geblieben sein muß. Daher wird man lieber [Hel]vet(io) ergänzen47• [D]ecoratus wäre nicht der ein­zige Helvetier in Rätien48, und die Tatsache, daß er in einer Ala diente, paßt vortrefflich zum hohen Ansehen der helvetischen Reiter49

Der Name seiner Frau50 endete auf -nua. Grundsätzlich kommen dafür nicht nur aus­gesprochenen Frauennnamen in Frage, sondern auch die (möglicherweise bislang unbe­legten) weiblichen Formen der auf -nuus endenden Namen. Sicher zu kurz wären wohl An(n)ua, Banua, Inua, Ianua, vermutlich sogar Ingenua oder Strenua. Der kümmerliche Rest der Außenseite weist auf einem längeren Namen, der mit T, LoderE begann. Eni­manua wäre vielleicht denkbar (sofern keine etymologischen Gründe dagegen stehen), aber natürlich kommt auch irgendeine bis dato nicht bezeugte Form in Betracht. Der Schwiegervater des [D]ecoratus trug als Ingonius einen bislang nur einmal, und zwar in der Belgica bezeugten Namen. Der Herkunft nach war er allerdings kein Belger, son­dern ein Caluco. Die Calucones waren wie die Suetri durch Augustus unterworfen wor­den. Demgemäß erscheinen sie auf dem Tropaeum Alpium. Außerdem nennt Ptolemai­os die KaA.ouKwvE<; unter den Stämmen Rätiens. Unser Diplom bietet mithin die dritte Bezeugung dieses Stammes und beweist erneut, daß aus dem Schweigen unserer Über­lieferung nicht mit dem Ende der ethnischen Vielfalt der Alpenstämme gerechnet wer-

45 Plin. nat. 3,136 f. = CIL V 7817. Vgl. Ptol. 3,1,38. 46 CIL V 7900. 47 Möglicherweise sind sogar noch Hasten von diesem Wort auf dem linken der unteren Frag­

mente erhalten, doch ist das so unsicher, daß man lieber vor einer definitiven Zuweisung abse­hen sollte.

48 K. Dietz/G. Weber, Chiron 12, 1982, hier: 431; 437 Nr. 23-25. Vgl. ferner L. Wierschowski, Die regionale Mobilität in Gallien nach den Inschriften des 1. bis 3. Jahrhunderts n. Chr. (Stuttgart 1995) 173;218;283;305;326.

49 Siehe K. Kraft, Kleine Schriften, I (Darmstadt 1973) 200-207.- A. Furger-Gunti, Die Helvetier. Kulturgeschichte eines Keltenvolkes (Zürich 19883

) 130f.- M.P. Speidel, Die Helvetier als Rei­terkrieger. In: Ders., Roman Army Studies, II (Stuttgart 1992) 165-169. Weiteres beiM. Hart­mann/M.A. Speidel, Jahresber. Ces. Pro Vindonissa 1991, 12m. Anm. 66.

50 Allgemein dazu M.M. Roxan, Women on the Frontiers. In: M.J. Dobson, u. V.A. Maxfield (Hrsg.), Roman Frontier Studies 1989. Proceedings of the XV'h Internat. Congress of Roman Frontier Studies (Exeter 1991) 462-467.

244

-den darf51 . Während sie das augusteische Siegesmonument nach den Rigusci und Sua­netes und vor den Brixentes einordnet, bewohnen laut Ptolemaios "von Rätien die nörd­licheren Gebiete die Brixantai, die südlicheren die Suanetes und Riguskai, die dazwi­schen liegenden die Kalukones und Vennontes" 52• Modernen Ansichten zufolge saßen die Calucones im Calancatal (M. Ihm, F. Stähelin), im alpinen Lechtal (F. Haug, G. Her­big), im tirolischen Oberzinntal und dessen westlichen Nebentälern, demStanzer-und Paznauntal (W. Oechsli, P. Reinecke), im untersten Teil des alpinen Rheintals und im Ill­tal (R. Heuberger) oder auch allgemeiner "entweder im Vorarlberg oder dann um Chur" (R. Frei-Stolba)53 . Wie dem auch sei, die Calucones waren östliche Nachbarn der Helve­tier, woraus sich die Eheschließung von [D]ecoratus mit der Tochter des Ingonus zwanglos erklärt.

Der Begünstigte des Pförringer Diploms

Der Empfänger des Pförringer Diploms, der wie viele seiner Kameraden54 bei seinem früheren Standort blieb, stammte aus der colonia Augusta Raurica, dem heutigen Augst55•

Sein Name ist nicht mehr erhalten. Rauriker sind in den Auxilien der frühen Kaiserzeit auch sonst belegt, zumeist als Reiter, so z. B. in tiberischer Zeit in Mogontiacum/Mainz ein [ eq( ues) a ]l(ae) Pice nati( one) [Raura] cus und in flavischer Zeit im britannischen Corini­um ein cives Raur(acus) eq(u)es ala(e) Indian(ae); am 13. Mai 105 schließlich wurde ein Am­birenus Iuvenci f(ilius) Rauric(us) als pedes coh(ortis) III Gallorum privilegiert56 • Die schon vor einiger Zeit festgestellte vorwiegende Verwendung der Rekruten der Rheingegend als Reiter57 scheint sich also in Rätien auch noch zu Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. zu bestätigen.

51 Vgl. K. Dietz, W. Czysz, in: Die Römer in Bayern (Stuttgart 1995) 33 f.; 198 f. 52 Ptol. 2,12,2: K<X'tEXOUcrt öl: 'tfj~ 'Pauia~ 'tU ~EV upK'ttKQ)'tEpa (hss.: apK'tlKcO't<X't<X W) Bptl;av't<Xl, 'tU

öl: vonro1:~:pa Louav111:E~, Kat 'PvyoucrKat, 1:u öl: ~nai;u KaA.ouKrovE~ Kat OuE:vvonE~. Zur Stelle neuerdings M. Ariatta, Riv. Arch. Corno 172, 1990,213.

53 R. Heuberger, Rätien im Altertum und Frühmittelalter. Forschungen und Darstellung I (Inns­bruck 1932, Nachdruck mit Register Aalen 1981) 23-26 m. weiterer Lit.; 308.- Ders., Montfort 2, 1947, 155; usw.- In jüngerer Zeit R. Frei-Stolba, Die Räter in den antiken Quellen. In: Das Räter­problem in geschichtlicher, sprachlicher und archäologischer Sicht (Chur 1984) 15.- Dies., in: Die Räter- I Reti. Schriftenr. Arbeitsgem. Alpenländer (Bozen 1991) 666.- Vgl. noch F. Schön, Der Beginn der römischen Herrschaft in Rätien ( Siegmaringen 1986) 4; 51; 57.- R. Grimmeisen, Raetien und Vindelikien in julisch-claudischer Zeit. Die Zentralalpen und das Alpenvorland von der Eroberung bis zur Provinzialisierung (Essen 1997) 31 Anm. 93; 48.

54 Vgl. das zeitnahe Theilenhofener Diplom RMD 58/95, dazu unten den Anhang. 55 Neuerdings dazu knapp G. Walser, Der Neue Pauly II (1997) 282-285. 56 CIL XIII 8669.- RIB 108. -CIL XVI 50.- Vielleicht gehörthierher auchCILXIII 11869.- Siehe K.

Kraft, Zur Rekrutierung der Alen und Kohorten an Rhein und Donau (Bern 1951) 153 Nr. 413.­P.A. Holder Studies in the Auxilia of the Roman Army from Augustus to Trajan (Oxford 1980) 273 f.; 283; 309 Nrr. 383; 422; 613; 1492.

57 Siehe Kraft (Anm. 49) 204.

245

Der Truppenkommandant Der aus dem Ritterstand stammende Präfekt der ala singularium c. R. im Jahr 139 hatte

seine Heimat in Zeugma am Euphrat. Sein "geographisierender" Beinamen Gallicus könnte ein Hinweis darauf sein, daß sein Vater im römischen Heer Galliens gedient hat­te. Sein Familienname begann mit E oder mit B. Wie es scheint ist Gallicus bislang nicht bezeugt. Auch die Tribus Quirina ist für Zeugma, wenn ich recht sehe, noch nicht belegt gewesen58.

Die ala I Singularium c. R. Dieala I Singularium c. R. wird 70 n. Chr. beim Durchzug durch Rätien erwähnt59 . Da

bislang ausschließlich der Innentext des Regensburger Militärdiploms von 166 den Bei­namen Fl(avia) erwähnf:6°, ist die Frage erlaubt, ob dort nicht vielleicht ein Irrtum vor­liegt. Von Niedergermanien aus scheint die Ala an der Niederschlagung des Saturni­nusnaufstandes beteiligt gewesen zu sein, bei welcher Gelegenheit sie sich den Beina­men Pia Fidelis verdiente, den sie auf Diplomen von 107 und 116, auf ihrer Weihung an die Campestres und E pona61 sowie im Jahr 141 auf einer Kaiserinschrift (nicht zwingend einer Bauinschrift)62 führt. Kurz nach dem Aufstand wurde die Ala zur Beruhigung der Verhältnisse nach Obergermanien verlegt, wo sie 90 auf einem Militärdiplom er­scheinf:63. Vor 107 kam sie nach Rätien und möglicherweise sogleich64 oder auch später nach Pförring, das ihr wohl bis ins 3. Jahrhundert hinein als Garnisonsort diente65. Aus Pförring kennen wir bislang vier Militärdiplome66, aber nur der Neufund ist sicher ei­nem Angehörigen der ala I Singularium ausgestellt. Leider gehen die Ansichten über die

58 Zu Zeugma J. Wagner, Seleukeia am Euphrat/Zeugma (Tübingen 1976).- J.D. Grainger, The Cities of Seleucid Syria (Oxford 1990).- F. Millar, The Roman Near East 31 BC- AD 337 (Cam­bridge/Mass. u. London 1994) bes. 259-261; D. Kennedy, Zeugma. Une ville antique sur l'Euphrate, Archeologia 306, 1994, 26-35; vgl. S. Hill u. a., Anatolian Studies 44, 1994, 5-25.

59 Tac. hist. 4,70,2; vgl. 5,20 f.- Zur Truppengeschichte siehe etwa E. Stein, Die kaiserlichen Beam­ten und Truppenkörper im römischen Deutschland unter dem Prinzipat. Mit Benützung von E. Ritterlings Nachlaß (Wien 1932) 132-134.- H.-J. Kellner, Bayer. Vorgeschbl. 36, 1971,213.

60 CIL XVI 121. Nicht dieser Truppe, sondern der ala I Flavia Gemelliana gehört IBR 354 add. S. VII, siehe z. B. M.P. Speidel, Guards of the Roman Armies (Bonn 1978) 78-80.- K. Dietz, Chiron 13, 1983,517.

61 IBR 261.- Dazu M. Euskirchen, Epona. Ber. Röm.-Germ. Komm. 74,1993,607-850, hier: 820 Nr. 266; 613; 689; 692; 700. - Außerdem G.L. Irby-Massie, The Roman Army and the Cult of the Campestres. Zeitschr. Pap. Epigr. 113, 1996, 293-300.

62 IBR 263. Zurecht rechnet H. Ankersdorfer, Studien zur Religion des römischen Heeres von Au­gustus bis Diokletian (Diss. Konstanz 1973) 76 auch mit der Möglichkeit der Verkleidung einer Statuenbasis, da weder die Maße noch die tabula ansata zwingend dagegenstehen.

63 CIL XVI 36. 64 Kellner (Anm. 59). 65 ORL B 75 (1902). Weiteres z. B. bei G. Ulbert/Th. Fischer, Der Limes in Bayern (Stuttgart 1983)

110-113.- H. Schönberger, Ber. Röm.-Germ. Komm. 66, 1985, 473, D 109. - H. Becker/0. Braasch, Luftbildplan von Kastell und Vicus Celeusum. Arch. Jahr Bayern 1987, 133-136.- J. Garbsch, Eine Paradebeinschiene von Pförring. Arch. Jahr. Bayern 1990,88-90.- C.-M. Hüssen, in: Der römische Limes in Bayern. 100 Jahre Limesforschung (München 1992) 52 f. - D. Baatz, Der römische Limes (Berlin 1993~ 321 f.- Dietz (Anm. 51) 499 f.

66 RMD 149, 164 und 61 von 82/112?; 139 /140? und 161/163 n. Chr.

246

Anfangsdatierung von Pförring stark auseinander: Während H.-G. Sirnon zunächst vor allem wegen der spätsüdgallischen Ware für einen Bau des Kastells im ersten Jahrzehnt des 2. Jahrhunderts plädierte67

, hielt er alsbald einen "spättrajanischen" Anfang für "wahrscheinlich"68; demgegenüber sah W. Zanier aufgrund der Sigillaten "keinen Grund, eine frühhadrianische Datierung auszuschließen"69, während jetzt D. Kortüm aufgrundeiner freilich geringen Anzahl von Münzen "120 oder 140 n. Chr." in Frage kommen läße0• Diese knappe Übersicht verdeutlicht einmal mehr, wie schwierig sich die Datierung von Kastellen allein mit Hilfe archäologischer Kleinfunde gestaltet. Lei­der hilft die Epigraphik in unserem Fall nicht weiter: Da sich im Pförringer Kastellvicus offenbar ein im Sommer /Herbst 139 Entlassener der ala I Singularium niederließ, könnte man zunächst darin ein Argument für einen bereits längeren Bestand des Kastells ver­muten. Zwingend ist dies indessen nicht, zumal wir sehen werden, daß damals allem Anschein nach ein Veteran einer anderen rätischen Einheit das Nämliche tat. Auch der Hinweis auf die Kaiserinschrift von 141 ist kein stützendes Argument, weil sie- selbst wenn ihr Charakter als Bauinschrift feststünde, was keineswegs der Fall ist (s. oben) -mit Sicherheit keine Lagertorinschrift war.

Durch Ziegelstempel mit der Aufschriftal (ae) I Sing(ularium) ist die Einheit auch in Re­gensburg, Regensburg-Kumpfmühl, Prüfening und Sittling faßbar 71

• Wenn überhaupt je, so stand aber bestenfalls ein Teil dieser Ala und nur vorübergehend in Regens­burg-Kumpfmühl; eher möchte man sie in einer anderen, bislang allerdings nur postu­lierten Kaserne am Donauknie vermuten72 . Ziegelstempel allein bezeugen freilich noch keineswegs zwingend die Anwesenheit eines Verbandes, da fast alle Hilfstruppen eige­ne Ziegeleien hatten73 und sie sich außerdem in Zeiten größeren und rascheren Bedarfs gegenseitig ausgeholfen haben werden. Zudem verfügten einige Einheiten (in Rätien etwa die cohortes I Canathenorum milliaria, II Aquitanorum c. R. und III Thracum c. R.) of­fenkundig über mobile Bau- oder Ziegeleitrupps, die an verschiedenen Orten zum Ein­satz kamen. So kann aus irgendwelchen heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen das Ziegelmaterial alleine oder auch mit einer Bauabteilung der Herstellereinheit vor­übergehend in eine Nachbarkaserne gelangt sein. Die Tatsache, daß ein Veteran der ala I Singularium c. R. allem Anschein nach seinen Ruhesitz im Südosten Regensburgs wählte (denn am ehesten dürfte der Alteglofsheimer Diplomfund mit einer noch unbekannten Villa rustica zusammenhängen74), könnte ein weiteres schwaches Indiz für einen Auf­enthalt des Reiterverbandes bei Regensburg darstellen. In diesem Fall müßten wir frei-

67 Bayer. Vorgeschbl. 35, 1970,94-105.- B. Pferdehirt, Jahrb. Röm.-Germ. Zentralmus. 33, 1986, 295.

68 H.-G. Simon, Bayer. Vorgeschbl. 43, 1978,29. 69 Das römische Kastell Ellingen (Berlin 1992) 120. 70 Saalburg-Jahrb. 49, 1998, 44 f. Abb. 100. 71 G. Spitzlberger, Saalburg Jahrb. 25, 1968, 168 Nr. 343 f.- Vgl. K. Dietz, in: Regensburg zur Rö­

merzeit (Regensburg 19792) 433 I 37.- A. Faber, Das römische Auxiliarkastell und der Vicus

von Regensburg-Kumpfmühl (München 1993) 283 f. 72 Zum Postulat eines solchen zweiten Regensburger Kastells K. Dietz/Th. Fischer, Die Römer in

Regensburg (Regensburg 1996) 68 f. 73 Siehe die Übersicht bei Dietz (Anm. 51) 131. 74 Vgl. Anm. 1. Generell zu den Fundumständen von Militärdiplomen M.M Roxan, Findspots of

Military Diplomas of the Roman Auxiliary Army, Bull. Inst. Arch. London 26, 1989, 127-181.

247

lieh auch darüber nachdenken, ob nicht um 140 Teile der Ala in Pförring und in Regens­burg garnisonierten, wobei die "Lücke" in Pförring durch einen anderen Verband ge­schlossen wurden, aus dem im Herbst 139 offenkundig gleichfalls mindestens ein Soldat entlassen wurde. Um diese Behauptung nachvollziehen zu können, ist es nötig, sich noch einmal einem bereits 1985 im Vicus von Pförring gefundenen Diplom zu widmen.

Das ältere Fragment aus Pförring RMD 164

Dieses nur noch 2,0 x 2,7 x 0,8 cm messende Fragment von Tafel1, das sich im Münche­ner Privatbesitz befindet, konnte 1988 aufgrundverschiedener Indizien auf "139 oder 140" datiert werden (Abb. 12)75. Ein wesentliches Argument war der Nachtrag des Statt­halternamens, von dem noch zu Sempronio Liber ]ale ergänzte Reste vorhanden waren (s. oben). Ferner erkannt wurde, daß es sich um den in Rätien sehr seltenen Fall einer un­vollständigen Truppenliste handelte. Da nun ein weiterer solcher Fall gleichfalls in Ver­bindung mit einer Korrektur des Namens von Sempronius Liberalis durch die neuen Di­plome aus Pförring ( = Pförring II) und Alteglofsheim bekannt wurde, liegt es nahe, auch das ältere Pförringer Fragment ( = Pförring I) einer Konstitution vom 30. Oktober 139 zu­zuweisen. Allerdings stimmt die Truppenliste auf diesem Diplom nicht mit der von Alt­eglofsheim/Pförring überein, d.h. es müßte sich um eine 88 auch in Syrien, 99 in Nieder­mösien und 109 in Mauretania Tingitana bezeugten Ausgabe komplementärer Trup­penlisten handeld6.

Die der Konstitution von Alteglofsheim und Pförring II zugrunde liegende Privilegie­rung betraf mit zwei Alen und sechs Kohorten nicht ganz die Hälfte der rätischen Trup­pen.

(alae) I Singularium c. R. II Flavia milliaria

(cohortes) I Flavia Canathenorum milliaria sagittariorum I Raetorum II Aquitanorum III Thracum veterana III Britannorum III<I> Tungrorum milliaria vexillatio

75 Dietz (Anm. 28) 139-146 Taf. 14,2.- Danach AE 1988,902.- Roxan, RMD 164, die in Anm. 1 mei­ne Argumente für die Datierung unter Antoninus Pius noch einmal zusammenfaßt Die Trup­pennamen weisen auf ein Auxiliardiplom für das Heer Rätiens; die Abkürzungen und ihre Form deuten auf eine Zeit nach 114 (CIL XVI 61) und wohl nach 124 (vgl. RMD 25 für I Hisp. Au[ri]ana und Thrac. c. R.).- Die Nennung der ala I Hispanorum Auriana führt in die Zeitvor 161, als diese Einheit Raetia vorübergehend verließ (CIL XVI 118). Die Alen und Kohorten werden offenbar nicht separat aufgelistet, wie dies nach ca. 154 der Fall war (RMD 59 Anm. 2), ferner werden die Truppen auf der Innenseite genannt, was auf einen Zeitpunkt vor 146 deutet (RMD 97 Anm. 3). Die Fasten von Raetia zwischen 147 und 161 bieten kaum Platz für einen weiteren Statthalter Raum. Der mit -alis endende Prokuratorennamen paßt auf Sempronius Liberalis.

76 CIL XVI 35; RMD 3. - CIL XVI 44; 45. - CIL XVI 161; 162.

248

Abb. 12. Pförring, Lkr. Eichstätt, Oberbayern. Römisches Militärdiplom vermutlich vom 30.10.139 n . Chr. Tafel I Außen- und Innenseite.- M. 1:1.

Die Zusammensetzung des rätischen Heeres im 2. Jahrhundert n. Chr. ist uns relativ gut bekannt. Aus den Diplomen ergibt sich dafür etwa die folgende Aufstellung (Tabel­le I am Ende des Aufsatzes). Danach läßt sich unschwer erkennen, daß folgende Einhei­ten auf dem Diplom von Alteglofsheim/Pförring II fehlen:

(alae) I Hispanorum Auriana I Flavia Gemelliana

(cohortes) I Breucorum II Raetorum III Bracaraugustanorum III Thracum civium Rarnanorum IIII Gallorum V Bracaraugustanorum VI Lusitanorum VIII! Batavorum milliaria

Auf dem Diplom Pförring I sind davon sicher bezeugt:

(alae) [I His]p(anorum) Auria(na) [Il]I Th11,acum) c(ivium) R(omanorum)

(cohortes) [VIl]II Bat(avorum) (milliariae) v[ex(illatio)]

Unsicher ist die Ergänzung et (1) II R[aet(orum)] in Z. 1 des Innentextes. Ich hatte ange­nommen, daß eine Ala und acht Kohorten auf dem Diplom verzeichnet waren. Das dürfte sich als weitgehend richtig bestätigt haben. Eine sichere Ergänzung ist natürlich auch heute unter wesentlich verbesserten Bedingungen nicht möglich. Mehrere Fakto­ren sind zu berücksichtigen:

249

1) Die Buchstabenzahl je Zeile variiert bei dem sinnvollerweise alleine überprüfbaren Innentext von Tafel II des Alteglofsheimer Diploms beträchtlich zwischen 24 und 33 Buchstaben.

2) Die Tafeln komplementärer Diplome stimmen in ihren Abmessungen nicht völlig ex­akt überein; das eine syrische Diplom vom 7. November 88 (CIL XVI 35) ist 18,8 cm hoch und 14,8 breit, das andere (RMD 3) dagegen 19,2 cm hoch und 15,2 cm breit.

3) Die Ausführung des Textes fiel selbst bei identischen Konstitutionen durchaus unter­schiedlich aus, wie sich vor allem an den drei rätischen Diplomen vom 28. September 157 zeigen läßt77•

Es ist daher bei einem RekonstruktionsversudY'8 vor zu schematischen Vorstellungen zu warnen. Die Einordnung des Fragments ist im Wesentlichen die gleiche wie 1988 und es gelten nach wie vor die damals gemachten Bedingungen. Die Ergänzung der verküm­merten Reste in Z. 1 des Innentextes zu et II ~[aetorum muß allerdings wohl aufgegeben werden, vielmehr wird hier et I f!(avia) [ Gemel(liana) oder et I Qr[euc(orum) c Rgestanden haben. Im Moment scheint mir eine definitive Entscheidung unmöglich zu sein. Die Er­gänzung der ala I Flavia Gemelliana ist aber wohl vorzuziehen, weil die cohors I Breucorum bis heute nicht ein einziges Mal auf einem der Diplome um 140 gesichert isf9• Da das Oberschneidinger Diplom von 138/9 indessen 13 Kohorten für Rätien nennt, dürften die Komplementärlisten vom Oktober 139 sechs bzw. sieben Kohorten geboten haben. In Zeile 7 des Außentextes von Überschneidung war aber wohl als erste Kohorte nicht die I Breuc(orum), sondern die I Can(athenorum) (milliaria) verzeichnet gewesen sein. Die Breukerkohorte wurde 1983 ergänzt, weil man damals noch nicht wußte, daß die Cana­thener seit wenigstens 116 in Rätien standen. Diese sind nunmehr auf dem Alteglofshei­mer Diplom von 139 verzeichnet, daher dürften 138 eher die Breuker gefehlt haben, und dasselbe wird noch 139 gegolten haben. Schon früher hat man vermutet, die erste Breu­kerkohorte könne (einige?) ihrer klangvollen Beinamen Valeria Victrix bis torquata ob vir­tutem appellata im Zusammenhang mit dem Jüdischen Krieg Hadrians erworben ha­ben80. Wie dem auch sei, als Ergänzung für Pförring I darf man nach dem derzeitigen Stand der Dinge wagen (Abb. 13): [Imp(erator) Caesar, divi Hadriani j(ilius), divi Traiani Parthici nepos, divi Nervae pronepos,

T(itus) Aelius Hadrianus Antoninus Aug(ustus) Pius, pont(ifex) max(imus), trib(unicia) pot(estate) II, co(n)s(ul) II des(ignatus) III, p(ater) p(atriae)

equitib(us) et pedit(ibus)] q[ui] m[ilitaverunt in alis II et coh(ortibus) VII quae appellantur (1) I Hi]sp(anorum) Auria(na) et (2) I f!(avia) [Gemel(liana) et (1) II Raet(orum) et (2) III

77 J. Garbsch, Bayer. Vorgeschbl. 53, 1988, 162-166. Das Diplom AE 1995,1182 bestätigt diesen Be­fund.- Vgl. auch die Diplome von Dacia Porolissensis vom 21.7.164 CIL XVI 185 und RMD 64; vgl. RMD 63; 115-117.

78 Zu berücksichtigen ist, daß das Oberschneidinger Diplom, das als nächste Analogie dem Re­konstruktionsversuch von 1988 zugrunde lag, wohl um fast 2 cm breiter war als das Alteglofs­heimer, von dem jetzt annähernd auszugehen ist.

79 Auch nicht auf dem Diplom von Burghöfe (Anm. 12) wirklich gesichert. 80 Unter Berufung auf A. Radn6ti, Germania 39, 1961, 114 f. (bezüglich der III Bracaraugustanorum

sicher unrichtig: CIL XVI 87 und H. Devijver, Zeitschr. Pap. Epigr. 104, 1994, 69-72) wird dann eine andere Einheit gewesen sein.- Vgl. Roxan, RMD 165 Anm. 4. und etwa J.E. Bogaers, Ber. Rijksdienst Oudheidk. Bodemonderzoek 19, 1969,36.- Kellner (Anm. 59) 213.- S. Applebaum, Prolegomena to the Study of the Second Jewish Revolt (A.D. 132-135) (London 1976) 65.

250

--

Brac(araugustanorum) et (3) II]I Thr(acum) c(ivium) R(omanorum) et [(4) IIII Gall(orum) et (5) V Brac(araugustanorum) et (6) VI Lusit(anorum) et (7) VII]II Bat(avorum) (milliariae) v[ex(illatio) et sunt in Raetia sub Cosconio Celso verbessert zu Sempronio Liber]ale ....

Der Sinn komplementärer Truppenlisten

Das Auftreten von komplementären Truppenlisten konnte unterschiedliche Ursachen haben, die wohl mit den Arbeitsgängen in den römischen oder statthalterliehen Büros zusammenhingen81 . Man könnte an unterschiedliche Dienstbedingungen denken, so­fern Pförring I Soldaten betroffen hätte, die 25 oder mehr Jahre gedient hatten (quinis et vicenis pluribusve stipendis emeritis dimissis honesta missione)82 • Unlängst wurde der Ge­danke A. Radn6tis wieder aufgegriffen, das einzige bisher bekannte Diplom mit unvoll­ständiger Truppenliste aus Rätien, das Straubinger Diplom von 122/12483, könne in be­wußter topographischen Zusammenfassung84 nur die osträtischen Truppen aufgeführt haben85• Dafür wird folgende Übersicht der Straubinger Truppenliste angeboten:

(alae) I Hispanorum Auriana I Flavia Gemelliana [I Singularium c. R. P. F.]

(cohortes) I Breucorum c. R. II Raetorum II Aquitanorum c. R. IIII Tungrorum milliariae vexillatio IIII Gallorum V Bracaraugustanorum

Weißenburg Käsehing Pförring

Pfünz Straubing Westkastell/Künzing Regensburg-Kumpfmühl Künzing Eining Gnotzheim

Die grundsätzliche Möglichkeit einer solchen topographischen Selektion soll nicht be­stritten werden, im vorliegenden Fall ruht sie indessen zum größten Teil auf ein Schein­wissen, das so gar nicht vorhanden ist. So ist die Ergänzung der ala I Singularium c. R. P. F. nur eine Möglichkeit86 . Das Alteglofsheimer Diplom lehrt, daß in Teillisten die ala II Flavia milliaria Pia Fidelis auch an nachgeordneter Stelle genannt werden konnte87• We-

81 Dazu M.M. Roxan, Roman Military Diplomas and Topography. In: Studien zu den Militärgren­zen Roms III. Vorträge des 13. Internationalen Limeskongresses, Aalen 1983 (Stuttgart 1986) 768-778, bes. 771 ff.

82 Vgl. bes. Zs. Visy, Acta Arch. Hung. 36,1984, bes. 227-230.- Vgl. Wolff (Anm. 40) 32 f. Anm. 25. 83 A. Radn6ti, Germania 39, 1961,93-103 Abb. 1 Taf. 24 (AE 1961,173.- N. Walke, Das römische

Donaukastell Straubing-Sorviodurum (Berlin 1965) 163 f. Taf. 136,1). - U. Schillinger-Häfele, Ber. Röm.-Germ. Komm. 56, 1978, Nr. 254 (AE 1978,591).- RMD 25 add. S. 129 Anm. 36*; 244 Anm. 24*.- Wolff (Anm. 26) 15 f.; 19 Anm. 10.

84 Zu dieser Möglichkeit die zusammenfassenden Bemerkungen von Roxan (Anm. 81) 775-777. 85 Zs. Visy, Bemerkungen zur Dislokation der Auxiliartruppen von Raetien. In: R. Frei-Stolba/

M.A. Speidel (Hrsg.), Römische Inschriften- Neufunde, Neulesungen und Neuinterpretatio­nen. Festschrift für H. Lieb (Basel 1995) 133-142.

86 Siehe Roxan, RMD 25 Anm. 2. 87 Vgl. Dietz (Anm. 28) 142.

251

t /\~,Cl'~ SI\ I' D ~VI H/\bR\1\1'! WD I V 1 1' Rl\,1\ ~~~ PI\!\ rH l C...lt'-!t:t~o~ b LVII\! 1: I\..\' 1\ E" ('\tot~ ~I' OS 1·/\l: LIV S Hl\b l'l I\ i\\\1 $ (\liJ 1-c I~ lt\!VS l\. \f. (! I' l V S' 'Jl ON 1· N\I\X1' t~l ~ l'O 'rii ~0~ u b L:S l'Tl r I'

"... .. -~Q.\L!li:'t1;l:D 11~ ~V ~"'lM_IAV IN{\. US UEi·c.o l4\!U ~~1\t~I,ELTHt ~ ~ .. ~tll~ .. ~~ir=-tGt:IV,Elt1'ITl~.A1:1' L:l"lllßlli:O.C. 8'!1 -~ß!G~ .. ;, l\üGALLET\151lt:o.C. 1.:.1-vl Lv st rt:. rv \ I ~ßl~.~~~~~xt~.-r svN1·u" l~..J: T ~~~ ~\f\S( OS c.o l~ I • ;,;/.

\1\f\PC..tl.t.Sl~ R. 'D 1 V\ H 1\DJ~l/\NtFD \V l TRi'l 1\.N l

t' t\Qtl-1! C\ \~ E \~ &JS l~ tV lt\\1! l'-V/\.ER~l~ t l' 1-I\ \: L\ \t s l-l/\D t' \ f\ \'IJ 1\l\! ,-~ t·~ u~ S 1\.\!'C: r lvsPßl~ l''L'f't'L\1 P·'J1-nc.~s tL}) EjT\ll' t'

~~l:tl~Eo~\tu~~\.llll'\fl\ll.SUt:1-t t! H '-lU (ll~''' THlSI\Vr ~ tit'~ GEN\Ell:-T lT~\t;" ,-~\-ltll'S~ 1\C. E 1 .. lTi \ l~R. , El"llnGf\ LLEY \ti;,i\1\C~t\illV S f T' E r \llJ rß J ;x tJoE r S Vl~1-ll~ \~1\\:'·rs\1 ~ C.ö .5 Cö

\'\1\0CEL~Q-

Abb. 13. Pförring, Lkr. Eichstätt, Oberbayern. Rekonstruktionszeichnung eines Römischen Mili­tärdiploms vermutlich vom 30.10.139 n. Chr. Tafel I Außen- und Innenseite.- M. 1:1.

nigstens ist die ala Singularium noch in Klammem gesetzt; das ist bei der cohors II Aquita­norum c. R. unterlassen, obschon auch sie nur ergänzt ist. Der Hinweis auf das frühha­drianische Manchinger Diplom88 genügt indessen für die Weiterschreibung dieser Er­gänzung nicht mehr, da diese von der vermeintlichen Existenz der Vexillatio der cohors II Tungrorum abhing, diese aber gar nicht existierte89 . Außerdem sind inzwischen die Ur­kunden von 116 bekannt. Daher muß man heute mit bestimmten Vorstellungen an die Rekonstruktion der Straubinger Liste herangehen, um die cohors III Bracaraugustanorum von vomeherein auszuschließen, die gleichfalls vor der III Thracum c. R. stehen konnte90 .

88 Siehe Roxan, RMD 25 Anm. 3:"probably". 89 Siehe Visy (Anm. 85) 136. 90 Die IIII Gallorum dürfte dagegen sicher ergänzt sein, weil sie auch sonst an dieser Stelle steht.

252

Noch angreifbarer sind viele der Kastellorte, die wie gesichert behandelt werden, in Wahrheit auf mehr oder minder willkürlichen Zuweisungen beruhen (so für die Vexil­latio der cohors IIII Tungrorum oder die V Bracaraugustanorum). Die cohors III Thracum c. R. ist in Künzing bislang nur durch Ziegel belegt, solche sind aber auch in Moos und in Regensburg vorgekommen. Die Annahme, der Thrakerverband habe irgendwann um 140 mit der cohors V Bracaraugustanorum die Kastelle getauscht, d. h. die Thraker seien von Künzing nach Gnotzheim verlegt worden, wo sie 144 inschriftlich bezeugt sind, ist wissenschaftliche Konvention91, die bis zum Beweis ihres Gegenteils gelten mag. Sie taugt aber nicht als Fundament für weitere Folgerungen. Entsprechend ist auch die co­hors II Aquitanorum als Besatzung von Regensburg-Kumpfmühl zwar möglich, aber kei­neswegs absolut sicher. Dafür kann man auf ihre Ziegelstempel hinweisen, die inzwi­schen freilich auch in Straubing und Künzing zum Vorschein kamen, andererseits ge­hörte der Empfänger eines späten Militärdiploms (166 n. Chr.) eben dieser Kohorte an92•

Ein letzter Beweis läßt sich aus dieser scheinbaren Übereinstimmung nicht ableiten, umso weniger, als wir bis heute nicht wissen, wo die Aquitaner nach ihrer Ankunft in Rätien Garnison genommen haben und es daher nicht mehr als eine Vermutung ist, sie sei zwischen 107 und 116 in Kumpfmühl eingetroffen. Dort könnte zu Beginn des 2. Jahrhunderts sehr wohl die cohors III Britannorum93, zeitweise sogar ein Teil der ala I Sin­gularium gelegen haben (s. oben). Dagegen haben wir für Theilenhofen Hinweise auf die cohors III Bracaraugustanorum durch einen Fortunaweihung der Kohorte in ihrem Bad94,

wodurch ein Militärdiplom von 140 und die Ziegelstempel der Truppe eine zusätzliche Beweiskraft gewinnen. Wo die Einheit vorher stand, wissen wir nicht. Ähnliches ließe sich in verstärktem Maße für die angeblich westrätische Truppenliste einwenden95, da hier noch viel weniger gesichert ist96 • Vergleicht man nun die beiden komplementären

91 C.-M. Hüssen, Ein römisches Brandgräberfeld in Gnotzheim-Mediana. Arch. Jahr Bayern 1993, 96.

92 CIL XVI 121, Dietz (Anm. 71) 431 f. I 35.- Faber (Anm. 71) 340 ff. Nr. 1.- Ziegel: Dietz ebd. 435 I 40. - Faber ebd. 284 f.

93 Dazu die im Druck befindliche Synthese K. Dietz/Th. Fischer, Regensburg zur Römerzeit In: P. Schmid (Hrsg.), Regensburgurger Stadtgeschichte I (in Druck).

94 L. Wamser, Biriciana- Weißenburg zur Römerzeit Kastell- Thermen- Römermuseum. Füh­rer. Arch. Denkmäler Bayern. Franken 1 (Stuttgart 1984) 77 Abb. 59.- J. Garbsch, Römischer All­tag in Bayern. Das Leben vor 2000 Jahren (München 1994) 378.

95 Visy (Anm. 85) 141. 96 Erfreulicherweise folgen jetzt auch andere der von mir vor wenigen Jahrentrotz nicht unerheb­

lichenWiderstandspropagierten Vermutung des Außenseiters A. Aign, diecohors IX Batavor­um könne in Ruffenhofen stationiert gewesen sein, s. z.B. C.-M. Hüssen/Th. Fischer, in: Die Rö­mer in Bayern (Stuttgart 1995) 509. Wenn Visy (Anm. 85) 140 f. diese Entdeckung für Wolff (Anm. 26) 16 f. reklamiert, so ist er schlecht informiert; außerdem referiert er ungenau, da ich diese Gleichsetzung keineswegs "abgelehnt" habe (so Visy 141 Anm. 43), sondern umgekehrt­freilich mit der gebotenen Vorsicht als "extrem unsicher"- erwogen habe (Germania 60, 1982, 184; Chiron 13,1983,533.- Vgl. Chiron 17,1987,384m. Anm. 11). Die angeblich "neueren Über­legungen", welche die Lokalisierung jetzt "ganz wahrscheinlich" machen sollen, enthalten nichts, was nicht schon 1982 bekannt gewesen wäre. Während aber damals diecohors IX Bata­vorum noch für Passauer Lokalinteressen reklamiert wurde (e. g. H. Wolff/M. Jehne, Ostbair. Grenzmarken 23, 1981, 135) und sogar angeblich Ziegeln der Bataver in Passau gefunden wur­den (die sich bei näherem Hinsehen als Produkte der legio III Italica entpuppten: Chiron 17, 1987,383 Anm. 3), paßt heute die Lokalisierung nach RuHenhafen ins Konzept. Tatsächlich ha-

253

Truppenlisten vom 30.10.139 mit den angeblich ost-und westrätischen Verhältnissen der frühhadrianischen Zeit, so bleibt nur die Feststellung, daß entweder der Erklärungs­ansatz falsch sein oder in hadrianischer Zeit ein reges Verschiebeszenario der rätischen Auxilien stattgefunden haben muß. Denn überträgt man die für die frühhadrianischen Listen unterstellten Kastellorte auf die frühantoninischen Truppenlisten von Alteglofs­heim/Pförring Il, so erhält man als Garnisonen:

Alen: Pförring, Heidenheim. Kohorten: ?, Burladingen? (Donstetten), Regensburg­Kumpfmühl, Oberdorf?, Eislingen? und Theilenhofen.

Mit reichlich gutem Willen mag man Regensburg-Kumpfmühl noch als westrätisch nennen dürfen; ausweglos wird es bei der weitgehend zuverlässigerschließbaren Kom­plementärliste von Pförring I:

Alen: Weißenburg, vielleicht Kösching. Kohorten: vielleicht Pfünz, Straubing Westka­stell/Künzing, Gomadingen?, Künzing, Eining, Gnotzheim, Urspring?, Ruffenhofen?

Das wäre allenfalls "gemischt-rätisch", und die Angelegenheit besserte sich nicht, würde man andere, etwa in Tabelle I genannte Orte einsetzen. Es ist freilich nicht daran zu zweifeln, daß mit einem gehörigen Schuß Dogmatik auch in dieser Frage eine Lösung zu finden sein wird.

Anhang: Die Datierung des Theilenhofener Diploms RMD 58/95 (Abb. 14)

Aus Theilenhofen, Lkr. Weißenburg-Gunzen­hausen, Mittelfranken, stammen zwei aneinander passende Fragmente von Tafel J:97, die in das dritte Konsulat des Antoninus Pius, also zwischen 140 und Ende 144 datiert sind. Da die Verteilung der Kaisertitulatur auf Diplomen durchaus Variatio­nen unterworfen war, kann die Ziffer II am abge­brochenen linken Rand von Z. 3 des Innentextes entweder zur tribunizischen Gewalt oder zur 2. imperatorischen Akklamation des Antoninus Pius gehört haben. Im ersten Fall schieden die Jahre 142 und 143 aus, da damals Pius die tribunicia potestas V oder VI zählte. Wäre die Zahl II auf imperator zu be­ziehen, käme man 142-144. Allerdings gibt es meh­rere von Margaret M. Roxan ausführlich bespro­chene Indizien, die auf ein möglichst frühes Datum in den 40er Jahren verweisen. Daher dürfte Z. 3 zu: TRIB POT I]II ergänzt werden, was eine Datierung ins Jahr 140 ergäbe.

Abb. 14. Theilenhofen, Lkr. Weißen­burg-Gunzenhausen. Römisches Mili­tärdiplom vermutlich von 140 n. Chr.

Tafel I Außenseite.- M. 1:1.

benwir auch heute keine tragfähigen Hinweise für die frühe Stationierung der Bataverkohorte, wohl aber ihre Jupiterweihung aus Weißenburg, mit der nach wie vor nichts wirklich anzufan­gen ist (Chiron 13, 1983, 532f. bleibt dafür durchaus relevant).

97 H.-J. Kellner, Bayer. Vorgeschbl. 38, 1973, 130 f. Abb. 6 (AE 1973, 386; RMD 58).- H.-J. Kellner, Auch 1982 wieder römische Militärdiplome. Arch. Jahr Bayern 1982, 105 ff. bes. 107 Abb. 92, III; danach RMD 58/95.

254

Tabelle: Übersicht über die rätischen Auxilien im 2. Jahrhundert

Einheit 107 116 118/28 138/40 157 16618 Garnlsonsort(e) (kursiv= gesichert)

ala /1 Fluvia milliana Pia F1deli's X Heidenheim ca. 90- c:a. J 60

a/a I Hispanorum Auriana Weißenburg bis ca. 162

a/a I singularium dvium Romanornm Pia Fidelis X [x] Pj(Jrring

ala 1 Augusta Thracum sagittaria Kö.~ching? ab ca. 80

t~lu 1 Flavia Gemelliana X KOsehing ab ca. 122/4

cohors f Flavia Canathenorurn mil/iariua sagittaria X X Straubing-Kastell !Halb

cohor:s I Breucorum civium Romemurum equitata Nassenfels'! I Pfiinz ab ca. 90

cohors I Raetorum Eislingen-Salach? I Schirenhof ab 140

cuhors l1 Raetmum Straubing-Kastell IV

cohors 1/ Aquitanorum cwium Romanorum (?quitata Regensburg? I Darnbach? ab 170!80

cohors lll Brocarauguslanorum sagittaria equilata I\assenfels? ab ca. 90? I Theilenhojen ab ca. 110?

cohors 111 Britunnorum equitata Regensburg~Kump}inühf! I Eining ab ca. 153?

cohors !Tl Batavorum equitata milltaria Straubing-Kastell !I

cohors !I! Thracum veterana Obenlorfa. Ipf? ab ca. 90 I Buch? ab ca. 150

cohm:~ ff! Thracum civtum Romanorum equitata Moos/Künzmg ab ca. 90'? I Gnotzht::lm ab ca. 144

cohortis ll!J Tungro1-um mi/liariae vexillatio Kiinzing?

cohors 11/1 Gallorum Eining his ca. 153, dann?

colwrs V Bracaraugustanorum X Gnotzhem ? ab ca. 90 I Künzing ab ca. 144

cohors VI Lusitanorum (Pia Fidelis} X Urspring? I Unterböbiugcn'!

cohors Vll Lusitanorum x? Urspring?

cohors VIf// Batavorum milliaria eq. exploratorum X x (vex.) X Weißenburg~Breitung? I Ruffenbofen?

Tabelle der rätischen Auxilien im 2. Jahrhundert98.

Diese Datierung gewinnt eine weitere Unterstützung aus der Tatsache, daß die Kon­suldatierung verständlicherweise stets unrichtig wiedergegeben wurde. H.-J. Kellner las hier [I]VLIO CRASS[O ...... cos.], M. Roxan folgte ihm, obschon mit einem Vorbehalt ("if correct"). Tatsächlich sieht man auf dem Foto ganz deutlich nach den beiden SS eine senkrechte Bruchkante, die mit Sicherheit von der Vertikalhaste eines Buchstaben her­rührte. Zu lesen haben wir daher Iu]lio Crasst[pede ... cos. Dieser Senator mit dem merk­würdigen Kognomen Crassipes ist unlängst auf einem in unterschiedlichen Fragmenten an verschiedenen Stellen gleichzeitig veröffentlichtem Militärdiplom vom letzten Nun­dinium 13899 als prätorischer Legat von Thrakien bezeugt100• Da thrakische Statthalter meist unmittelbar vor dem Konsulat standen und zu diesem gelegentlich sogar schon in der Provinz designiert wurden, paßt es gut, wenn wir Crassipes im Jahr 140 als Konsul

98 Eineetwas andere Liste Dietz (Anm. 51) 134mit dem Text 135-137. FürdasJahr 107istGrundla­ge das Weißenburger Diplom CIL XVI 55 add. RMD S. 242f. Anm. 12.- 116: Auf der Basis der Künzinger und Straubinger Diplome dieses Jahres RMD 155; AE 1995,1185.-118/128: Auf der Grundlage der Diplome von Manching und Straubing; für Manching gilt jetzt die Datierung 118/21 oder 125/8 (RMD 32 add. S. 244 Anm. 26, für Straubing 122/4 (RMD 25 add. S. 244 Anm. 24). -138/140 auf der Basis des Diploms von Oberschneiding (oben Anm. 37), der hier besprochenen Diplome von 139 und des unveröffentlichten Diploms von Burghöfe. - 157 auf der Grundlage der Diplome vom 28.9.157 RMD 104; 170; AE 1995,1182.-166/8: Bezugspunkte sind CIL XVI 121; RMD 68.

99 Pferdehirt, Roxan/Weiß (Anm. 23). lOODazu P. Weiß, Chiron 28, 1998, 376 f.

255

wiederfinden. Damit gehört das Theilenhofener Diplom in die Zeit zwischen dem 1. März und dem 1. November 140, und wir haben für 140 in der Tat mit zwei Entlassun­gen in Rätien zu rechnen (s. oben).

256