Die oberösterreichische Industrie. Aufbau und Privatisierung der Verstaatlichten

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Lukas Kastner, Matrikelnummer: 1220416 PS: Europäische Regionalgeschichte (Ökonomischer Föderalismus: Die wirtschaftliche Entwicklung der österreichischen Bundesländer), LV-Nummer: 603.652, Leitung: Ao.Univ.-Prof. Mag.phil. Dr.phil. Christian Dirninger, Sommersemester 2013, 30.092013. Die Oberösterreichische Industrie Aufbau und Privatisierung der Verstaatlichten

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Lukas Kastner, Matrikelnummer: 1220416PS: Europäische Regionalgeschichte (Ökonomischer Föderalismus: Die wirtschaftliche Entwicklung der österreichischen Bundesländer), LV-Nummer: 603.652, Leitung: Ao.Univ.-Prof. Mag.phil. Dr.phil. Christian Dirninger, Sommersemester 2013, 30.092013.

Die Oberösterreichische Industrie

Aufbau und Privatisierung der Verstaatlichten

Inhalt:

1 Einleitung 3

2 Die Entwicklung der oberösterreichischen Industrie nach 1945

4

2.1 Die 50er Jahre 8

2.2 Die 60er Jahre 9

3 Der Beginn der wirtschaftlichen Stagnation und die Krise der

Verstaatlichten 10

4 Das Aufkommen des Neoliberalismus

13

4.1 Das Konzept des Neoliberalismus

14

4.2 Die Bedeutung des Neoliberalimus in Österreich

15

5 Die Privatisierung der oberösterreichischen Industrie

17

2

6 Schlussfolgerung 19

7 Abkürzungsverzeichnis 20

8 Quellenverzeichnis

21

9 Literaturverzeichnis

22

1 Einleitung

Die Industrie spielt in Oberösterreich eine zentrale

wirtschaftliche Rolle. Bereits in den 70er Jahren wurde

Oberösterreich zum Industrieland Nummer eins. Seine Rolle als

Industriestandort war und ist daher für Österreich von großer

Bedeutung. Die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs stand

und steht somit auch in starkem Zusammenhang mit der

Entwicklung der oberösterreichischen Industrie. Dies wurde

besonders im Zuge der Krise der verstaatlichten Industrie

deutlich. Im Gegenzug war die oberösterreichische Industrie

3

besonders von wirtschaftspolitischen Entscheidungen der

Bundesregierung während der 1980er und 1990er Jahre betroffen.

Mein Interesse gilt besonders dem Aufbau der staatlichen

Industrie und deren Privatisierung. Diesen beiden Themen werde

ich mich im Zuge meiner Arbeit besonders widmen.

Dabei versuche ich folgende Fragen zu beantworten:

1. Wie entwickelte sich die Oberösterreichische Industrie?

2. Wieso kam es zur Privatisierung der Industrie?

3. Welche Folgen hatte die Privatisierung?

Dazu möchte ich folgende Thesen überprüfen:

1. Die oberösterreichische Industrie entwickelte sich auf Grundlage des Wiederaufbaus und profitierte dabei vom Wirtschaftsaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg.

2. Das Ende des Nachkriegsaufschwungs sorgte in Verbindung mit Managementfehlern (Fehlinvestitionen) für die Krise der Verstaatlichten. Dies stellte den wirtschaftlichen Hintergrundfür die Privatisierung dar.

3. Durch die Privatisierungen wurden neue

Investitionsmöglichkeiten für die Privatwirtschaft geschaffen.

Die Literatur zu diesem Thema ist ausgesprochen reichlich. Dies

spiegelt die Bedeutung der gesamtösterreichischen und der

oberösterreichischen Industrie wider.

2 Die Entwicklung der oberösterreichischen

Industrie nach 1945

4

Oberösterreich blieb während des Zweiten Weltkriegs im

Vergleich zu den östlichen Bundesländern relativ unbeschadet.

Der überwiegende Teil der Industrie blieb von Bombenangriffen

verschont. Auch die Anlagen, die bombardiert wurden, konnten

nicht zur Gänze vernichtet werden. Von Demontagen durch die

Alliierten war Oberösterreich kaum betroffen. Die Ausnahmen

bildeten hierbei das Mühlviertel, welches bis 1955, und das

östliche Ennsufer rund um Steyr, welches für kurze Zeit nach

Kriegsende unter sowjetischer Besatzung blieb.1

Auf dieser Grundlage wurde ein großer Teil der

oberösterreichischen Industrie weitergeführt und erweitert.

Besonders die Energiewirtschaft wurde auf dieser Grundlage

aufgebaut.2 Zu den wichtigsten Unternehmen gehörten unter

anderem die VOEST, die Linzer Stickstoffwerke, das

Zellstoffwerk Lenzing und die Aluminiumwerke in Ranshofen. Der

Raum Steyr und die Steyr-Daimler-Puch-AG verloren durch die

Demontage unter der russischen Besatzung an wirtschaftlicher

Bedeutung.3

1 Vgl. Roman Sandgruber, Sonderfall Oberösterreich?. Die NS-Zeit und dieIndustrialisierung des Landes, in: Ute Streitt u.a., Hg., TechniklandOberösterreich. Wirtschaftliche Entwicklungen und industrielle Gegenwart,(Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich, Folge 32), Linz 2013.

2 Vgl. Forum OÖ Geschichte, Das Wirtschaftswunder. Das Energieproblem, http://www.ooegeschichte.at/epochen/1945-2005/das-wirtschaftswunder/westorientierung-und-aufschwung/das-energieproblem/, abgerufen am 04.07.2013.

3 Vgl. Forum OÖ Geschichte, Das Wirtschaftswunder. Nachkriegswirtschaft in Oberösterreich, http://www.ooegeschichte.at/epochen/1945-2005/das-wirtschaftswunder/westorientierung-und-aufschwung/nachkriegswirtschaft/, abgerufen am 04.07.2013

5

1946 wurde das erste Verstaatlichungsgesetz, welches vor allem

die Grundstoffindustrie betraf, beschlossen. 1947 folgte das

zweite Verstaatlichungsgesetz betreffend der

Elektrizitätswirtschaft.

Die Überlegungen, welche hinter der Verstaatlichung standen,

lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Zum einen war in der

österreichischen Privatwirtschaft zu wenig Kapital vorhanden um

die teils zerstörten Unternehmen vor allem in der

Grundstoffindustrie zu übernehmen.

Zweitens waren viele ehemalige Eigentümer und Manager als

überzeugte Nationalsozialisten geflohen.

Die Aufgabe des Staates sollte somit im Aufbau sowie in der

Reorganisation und Verwaltung der betroffenen Unternehmen

bestehen.

Drittens wurde auf der Potsdamer Konferenz beschlossen, dass

die Alliierten „deutsches Eigentum“ zur Wiedergutmachung

beschlagnahmen konnten. Um das Industriepotential in

österreichischer Hand belassen zu können, wurden einige

Betriebe verstaatlicht. Die Verstaatlichung wurde allerdings

nur im Einvernehmen mit den westlichen Alliierten beschlossen.

Zwar hätten in der sowjetischen Besatzungszone ebenfalls 44

Betriebe verstaatlicht werden sollen, jedoch kamen die Sowjets

mit dem Befehl Nummer 17 dem ersten Verstaatlichungsgesetz

zuvor und konnten die gesamten deutschen Vermögenswerte unter

ihre Kontrolle bringen. Dies führte zu einer wirtschaftlichen

Teilung Österreichs.

6

Im Zuge dieser Teilung konnten die westlichen Bundesländer an

industrieller Bedeutung gewinnen. Durch die unterschiedliche

Verteilung der ERP-Mittel und den Aufbau einer Ersatzproduktion

für die östlichen Betriebe wurde dieser Trend verstärkt.4

Besonders die USA waren an der Stärkung der Grundstoffindustrie

interessiert. Man ging davon aus, dass dies für die Erholung

der österreichischen Wirtschaft von zentraler Bedeutung sei.

Dies deckte sich weitgehend mit den Interessen der

österreichischen Regierung. Wollten die anderen Alliierten eine

Schließung der VOEST und lediglich die Aufrechterhaltung von

Koksöfen zur Stickstofferzeugung, bevorzugten die Amerikaner

die Aufrechterhaltung zweier Koksofenbatterien und das

Betreiben eines Hochofens. 1947 verlangten die USA konkrete

Investitionskonzepte für die bevorstehende Marshallhilfe. Die

Modernisierung der Eisen- und Stahlindustrie war nur durch

Dollarimporte von Investitionsgütern möglich.

Die österreichische Regierung entschied zu dieser Zeit, der

Grundstoffindustrie mehr Investitionen zu widmen, um der

Finalindustrie billiges Rohmaterial und Halbzeug zur Verfügung

stellen zu können. Dies war durchaus im Sinne der Amerikaner.

Allerdings ging die Entscheidung zu Lasten der PKW-Produktion

in Steyr.

Insgesamt waren die USA den Regulierungen durch die

österreichische Regierung gegenüber positiv eingestellt. Das

erste große Planungsdokument war der Eisen- und Stahlplan.4 Vgl. Georg Turnheim, Die verstaatlichten Unternehmen zwischen 1945 und

1955, in: Georg Turnheim, Österreichs Verstaatlichte. Die Rolle desStaates bei der Entwicklung der österreichischen Industrie von 1918 bis2008, Wien 2009, S. 29-50, S. 32-35.

7

Dadurch sollten die Kapazitäten der Hochöfen und Stahlwerke

optimal genutzt werden und neue Produktionsprogramme, wie das

LD-Verfahren, entwickelt werden.5

Eine wichtige Aufgabe der staatlichen Industrie war es, der

Privatwirtschaft durch den Verkauf ihrer Produkte unter

Weltmarktpreisen einen Vorteil zu verschaffen. Zwischen 1946

und 1980 beliefen sich dadurch die indirekten Subventionen für

Privatunternehmen auf geschätzte 8 Milliarden Schilling.

Besonders die Preise für Industriestrom, Düngemittel, Eisen,

Stahl und Halbzeug waren im europäischen Raum besonders

niedrig.6

Beim Aufbau der Industrie war letztendlich der Marshallplan von

entscheidender Bedeutung. Ein Großteil der Hilfen floss in die

amerikanische Zone. Ziel war es, die westlichen Bundesländer

wirtschaftlich aufzuwerten, um möglichst wenig von der

östlichen Besatzungszone abhängig zu sein. Dies wurde durch

die Abschottung der COMECON Länder und der Errichtung des

Eisernen Vorhangs zusätzlich verstärkt und führte zu einer

weiteren Verlagerung der österreichischen Industrie nach

Oberösterreich.

Damit zusammenhängend entwickelte sich eine Gründungswelle, die

von 1946 bis 1952 anhielt. Insgesamt entstanden in dieser Zeit

211 Industriebetriebe neu, rund 50 gingen vom Gewerbe zur

Industrie über.5 Vgl. Kurt Tweraser, US-Militärregierung in Oberösterreich 1945-1950.

Amerikanische Industriepolitik am Beispiel VOEST und Steyr-Daimler-Puch,Linz 2009, S. 481-485.

6 Vgl. Dieter Stiefel, Verstaatlichung und Privatisierung in Österreich.Illusion und Wirklichkeit, Wien u.a.2011, S. 132.

8

Zahlreiche nach dem Krieg gegründeten Industriebetriebe konnten

aufgrund der Hilfen aus dem Marshallplan auf- und ausgebaut

werden. So konnte sich die oberösterreichische Papierindustrie

bis Ende 1951 rund 70 Millionen Schilling sichern. Die

Textilindustrie erhielt 9,7, die Glasindustrie 7,4 und die

Holzindustrie 13 Millionen Schilling.

Die VOEST erhielt zwischen 1948 und 1953 rund 550 Millionen

Schilling aus ERP Mitteln. Dies machte mehr als die Hälfte

ihrer Investitionen während dieser Jahre aus. Bei den

Österreichischen Stickstoffwerken betrugen die Investitionen

rund 550 Millionen, bei den Aluminium Werken Ranshofen 55

Millionen. Sowohl bei den Stickstoffwerken, als auch bei den

Aluminiumwerken betrugen die Mittel aus dem ERP rund ein

Drittel der Investitionen. Das Zellstoffwerk in Lenzing erhielt

nur 5 Millionen Schilling, war allerdings sehr modern und

erlitt im Krieg keine Schäden, weshalb es keinen Nachholbedarf

gegenüber der Konkurrenz gab.

Im Laufe der Zeit wurde über verstärkte Subventionen der

Finalindustrie nachgedacht, dies wurde jedoch nie erfolgreich

umgesetzt.7

Die ERP Mittel bewirkten ab 1948 eine kurze besonders

dynamische Wachstumsperiode der österreichischen Wirtschaft. In

dieser Phase konnte sich die oberösterreichische Industrie

stark ausweiten und an Bedeutung gewinnen. Von einigen

Industrieprodukten war Oberösterreich der wichtigste

beziehungsweise der einzige Erzeuger. Allerdings lässt sich die

genaue Bedeutung des Bundeslandes für Österreich nicht7 Vgl. Roman Sandgruber, Sonderfall Oberösterreich?, S. 77f.

9

nachweisen, da die USIA Betriebe nicht in die

Produktionsstatistiken inkludiert wurden.

Ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg und die

Produktionsausweitung der Industrie Oberösterreichs war die

Steigerung des Exports, welcher ab 1948 wieder nennenswerte

Ausmaße annahm. Im Jahr 1951 exportierten bereits 153 Firmen,

1952 waren es sogar 170, was über ein Viertel der damals 639

Industriebetriebe entsprach. Von 1948 bis 1952 konnte

Oberösterreich seinen Anteil am österreichischen

Industrieexport von geschätzten 21,6 Prozent auf 28,2 Prozent

steigern. Das Bundesland wurde in dieser Zeit zum wichtigsten

Exportland Österreichs.

Eine wichtige Rolle spielten dabei die vier großen,

verstaatlichten Betriebe aus der NS-Zeit. Alleine die VOEST war

1952 für 39 Prozent des oberösterreichischen Industrieexports

verantwortlich. Zusammen mit den Stickstoffwerken, den

Aluminiumwerken und der Zellwollfabrik sorgte sie für 50% des

gesamten Industrieexports des Landes.

Die Ursachen dafür liegen vor allem im Korea Krieg, der ab der

zweiten Hälfte des Jahres 1950 für eine ungewöhnlich hohe

Nachfrage in der Eisen-, Stahl-, und Aluminiumproduktion

sorgte.8 Auch die Zellwolle Lenzing AG konnte durch den Korea

Boom ihre Produktion erheblich steigern.

2.1 Die 50er Jahre8 Vgl. Otto Lackinger, 50 Jahre Industrialisierung in Oberösterreich, Linz

1997, S. 148-154.10

Ab 1951 schwächte der Produktionsanstieg deutlich ab und ging

1952/53 in eine Stagnation beziehungsweise einen Rückgang der

Produktion über. Die Ursachen waren unter anderem: Das

Auslaufen der ERP-Hilfe, das Abklingen des Koreakrieges, eine

restriktive Kreditpolitik, eine harte Wirtschafts- und

Budgetpolitik und eine Rückbildung der

Weltwirtschaftskonjunktur.

Dies macht sich auch in den Beschäftigungszahlen bemerkbar.

Stiegen diese in der oberösterreichischen Industrie von 1948

bis 1951 kontinuierlich, so wurde 1952 erstmals ein Rückgang

von 4,2 Prozent verzeichnet.

Allerdings konnte 1952 die Inflation gestoppt werden und 1953

bahnte sich bereits wieder ein steiler Konjunkturaufschwung

an.9 Dies wurde durch eine Abwertung des Schillings ermöglicht.

Zudem wurde von 1953 bis 1959 der österreichische Eisenpreis

niedriger gehalten als der im restlichen Europa. Dies brachte

der nationalen, eisenverarbeitenden Industrie Vorteile im

Wettbewerb.10

Diese Maßnahmen sorgten in Verbindung mit einem erneuten

Aufschwung der internationalen Konjunktur und der

einhergehenden Exportsteigerung für eine Hochkonjunktur. Die

oberösterreichische Industrie profitierte besonders von dieser

9 Vgl. Ebd. S. 148-155.

10 Vgl. Werner Clement/ Karl Socher, Wirtschaftspolitischer Hintergrund undRahmenbedingungen, in: Georg Turnheim, Österreichs Verstaatlichte. DieRolle des Staates bei der Entwicklung der österreichischen Industrie von1918 bis 2008, Wien 2009, S. 167-193, S. 179f.

11

Entwicklung, da die Industrie über 80 Prozent der Exporte

ausmachte und die Grundstoff- und Produktionsgüterindustrie

fast doppelt so stark war wie die Konsumgüterindustrie.11

Der Aufschwung der österreichischen Industrie hielt auch in den

Jahren 1956 und 1957. Allerdings verlangsamte sich 1958 das

Wachstum infolge einer Rezession in Westeuropa. Bereits ein

Jahr darauf kam es zu einem weltweiten Konjunkturaufschwung.

1960 galt bereits wieder als Konjunkturjahr.

2.2 Die 60er Jahre

Ab 1961 verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum. Dies wurde

durch die Umstellung der Industrie von Kohle auf billiges

Benzin und einem damit zusammenhängenden Preisverfall bei

Kohle, Eisen, Stahl, Aluminium, Papier, chemischen Produkten

etc. ausgelöst. Diese Strukturkrise dauerte bis in die Mitte

der 60er Jahre an. In Oberösterreich lag die industrielle

Entwicklung während dieser Zeit zwar immer über dem

Durchschnitt – von 1955 bis 1964 stieg der Anteil der

Beschäftigten in der oberösterreichischen Industrie gemessen an

denen in der gesamtösterreichischen von 16,5 auf 17,9 Prozent

–, jedoch unterlag sie den selben Schwankungen wie die

gesamtösterreichische Entwicklung.12 In den Jahren 1966 und

11 Vgl. Otto Lackinger, 50 Jahre Industrialisierung in Oberösterreich, S.156f.

12 Vgl. Ebd. S. 175f.12

1967 war die österreichische Wirtschaft von einer

Konjunkturabschwächung betroffen. Darauf reagierte die ÖVP-

Regierung mit antizyklischen Maßnahmen. Dies beinhaltete

nachfrageorientierte Maßnahmen wie Auftragsvergaben durch

öffentliche Hand, die Zurückhaltung von Preiserhöhungen durch

die Kammer der gewerblichen Wirtschaft sowie Lohn- und

Einkommenssteuersenkungen. Im Gegenzug konnte man den ÖGB dazu

überreden, seine eingebrachten Lohnforderungen zu reduzieren.13

Zudem sah der, 1968 veröffentlichte und nach dem damaligen

Finanzminister benannte, Koren-Plan einen Strukturwandel, die

Senkung der Produktionskosten, allokative Effekte von

steuerpolitischen Maßnahmen und eine verstärkte

Wettbewerbsfähigkeit durch eine Flexibilisierung des

Arbeitsmarktes vor.14

3 Der Beginn der wirtschaftlichen Stagnation

und die Krise der Verstaatlichten 13 Vgl. Christian Dirninger, Zum Wandel in der ordnungspolitischen Dimension

der Finanzpolitik, in: Christian Dirninger u.a., Hg., Zwischen Markt undStaat, Geschichte und Perspektiven der Ordnungspolitik in der ZweitenRepublik, (Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg, Bd.29), Wien u.a. 2007, S. 289-450, S. 354f.

14 Vgl. Christian Dirninger, Zugänge zur politischen Ökonomie derStaatsfinanzen in der Zweiten Republik, in: Reinhard Krammer u.a., Derforschende Blick. Beiträge zur Geschichte Österreichs im 20. Jahrhundert.Festschrift für Ernst Hanisch zum 70. Geburtstag, (Schriftenreihe desForschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg, Bd. 37), Wien u.a. 2010, S. 115-138, S.124f.

13

In den Jahren 1968 bis 1973 kam es nochmals zu einer

Hochkonjunktur von der Oberösterreich besonders profitierte. In

dieser Zeit wurde der Grundstein für die Dominanz der

oberösterreichischen Industrie in Österreich gelegt. 1976 wurde

Oberösterreich zum wichtigsten Industrieland Österreichs. Der

Anteil der Beschäftigten in der österreichischen Industrie

stieg von 18,5 Prozent im Jahr 1965 auf 21,6 Prozent im Jahr

1975.15 Im Unterschied zur Entwicklung in der

gesamtösterreichischen Industrie stiegen die

Beschäftigungszahlen in Oberösterreich – außer im Jahr 1975 –

stetig an. Dies lag daran, dass die Regierung Kreisky

versuchte, trotz Krise die Vollbeschäftigung zu erhalten. Zudem

sollten durch die Zusammenlegung von maroden und gesunden

Betrieben Erstere saniert werden. So wurden zum Beispiel der

VOEST die Hütte Krems GmbH, die Wiener Brückenbau AG und die

Hütte Liezen angegliedert. Zudem verschmolz das Unternehmen

1973 mit der Alpine Montan AG zur VOEST Alpine. Als darüber

hinaus noch die Böhler und die Schöller-Bleckmann AG sowie die

Schiffswerften AG Linz-Korneuburg mit der VOEST fusionierten,

wurde diese zu einem Großunternehmen mit rund 80.000

Beschäftigten. Mit anderen Unternehmen – wie den 1973 in Chemie

Linz umbenannten Stickstoffwerken oder der Aluminium AG

Ranshofen – wurde ähnlich vorgegangen. Für Roman Sandgruber

sind, neben Managementfehlern, eine zu überhastete

Internationalisierung und ein Festhalten an veralteten15 Vgl. Roman Sandgruber, Die Siebzigerjahre. Generationenwechsel, in: Roman

Sandgruber, Hg., Wir Oberösterreicher. Höhepunkte aus unserer Landesgeschichte – Die Fortsetzung, Linz 2011, S. 130-135, S. 133.

14

Produktionsweisen und Produktpalletten zwei wichtige Faktoren

für die Krise der verstaatlichten Industrie in den 80er

Jahren.16 Zudem trug diese Politik zu einer erhöhten

Staatsverschuldung bei. Allerdings sollte nicht vergessen

werden, dass das Ende der Hochkonjunktur durch den

Ölpreisschock 1973 ausgelöst wurde.17 Das Jahr 1975 markierte

schließlich den Beginn einer Jahre andauernden Eisen- und

Stahlkrise. Deren Ursache war eine Marktsättigung – besonders

in der EG -, die mit zu großen Kapazitäten und verstärkter

Konkurrenz aus Lateinamerika und den Ostblockländern auf dem

Weltmarkt Hand in Hand ging.18 Dies hatte eine

Wachstumsrückgang sowie einen Verfall des Stahlpreises zur

Folge. Infolge dessen versuchte die VOEST mehr in die

Finalindustrie zu investieren und in breitere Marktbereiche –

unter anderem den High-Tech-Bereich – vorzudringen.19 Laut

Fritz Weber ergab sich dadurch allerdings das Problem, dass man

in einen Bereich investierte, mit dem man nicht vertraut war.

Die VOEST häufte in dieser Zeit ein immer größeres

Verlustpotenzial an. Die wirtschaftliche Lage war so prekär,

dass gewinnbringende Investitionen und eine wirtschaftliche16 Vgl. Roman Sandgruber, Oberösterreichische Landespolitik und Wirtschaft.

Die „Verstaatlichte“, http://www.ooegeschichte.at/epochen/1945-2005/ooe-landespolitik-u-wirtschaft/ooe-wirtschaft/verstaatlichte/, abgerufen am 10.07.2013.

17 Vgl. Maria Wallner, Strategische Entwicklungen der Industrie inOberösterreich seit 1945, unv. oec. Dipl., Wien 2007, S. 37.

18 Vgl. Hans Kutscher, Die Bewältigung der Stahlkrise aus europäischer Sicht (1985), http://europainstitut.de/fileadmin/schriften/nr38.pdf, abgerufen am 11.07.2013.

19 Vgl. Voestalpine, Die VÖEST-ALPINE AG bis zur Reform der ÖIAG, http://www.voestalpine.com/group/de/konzern/historie/1974-1985.html, abgerufen am: 11.07.2013.

15

Expansion kaum möglich waren. Dies führte zu den

Ölspekulationen, die in einer wirtschaftlichen Katastrophe

endeten.20

Ein Beispiel für die schlechte wirtschaftliche Lage der

Stahlindustrie und die Managementfehler der VOEST sind die

Ereignisse rund um das Stahlwerk Bayou in den USA. Das Werk war

seit seiner Inbetriebnahme 1981 ein reines Verlustgeschäft, was

mit der Stahlkrise in den USA zusammenhing. Insgesamt beliefen

sich die Verluste 1985 laut Rechnungshof auf 432,5 Millionen

Dollar.21 Die 1982 begonnenen Ölspekulationen basierten meist

auf Term-Verträgen, welche allein im Jahr 1985 einen Verlust

von 71 Millionen Dollar zur Folge hatten.22 Die Chemie Linz AG

hatte besonders mit dem zweiten Ölpreisschock 1982 Probleme.

Ihr Verlust belief sich in diesem Jahr auf 849 Millionen

Schilling. Trotzdem wurden die Kapazitäten weiter ausgebaut. Ab

1983 begann man, wie bei der VOEST, mit Ölspekulationen, die

einen Verlust von hunderten Millionen zur Folge hatten.23

Auch die anderen verstaatlichten Unternehmen schrieben im Laufe

der 80er Jahre Verluste. Dies hatte, ähnlich wie bei VOEST und

Chemie Linz AG, die Ursachen in der Schaffung von

Überkapazitäten. Im Falle der indirekt staatlichen Steyr-20 Vgl. Fritz Weber, Verstaatlichung und Privatisierung in Österreich 1946-

1986, in: Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftlicheUnternehmen, 34/2 (2011), S. 126.147, S. 146.

21 Vgl. Bericht des Rechnungshofes über die Durchführung besonderer Akte derGebarungsüberprüfung hinsichtlich der VOEST-ALPINE AG und Chemie Linz AG,Wien 1986, S. 27-32.

22 Vgl. Ebd, S. 5f.

23 Vgl. Otto Lackinger, 50 Jahre Industrialisierung in Oberösterreich, S.251f.

16

Daimler-Puch-AG brachte der Zusammenbruch des Waffengeschäftes

1982 enorme Verluste.24

4 Das Aufkommen des Neoliberalismus

In den 80er und 90er Jahren kam es international vermehrt zur

Einführung neoliberaler Maßnahmen. Auch Österreich war von

dieser Entwicklung betroffen.

In ihrem 1985 erschienene Buch „Staat lass nach“ schreiben die

beiden ÖVP Politiker Johannes Hawlik, damaliger Wiener

Gemeinderat, und Wolfgang Schüssel, der zu dieser Zeit im

Nationalrat saß: „Kein politisches System, kein Kontinent und

kein Staat scheut sich vor der Privatisierungsdiskussion. Je

größer die wirtschaftlichen Probleme des Staates, desto größer

die Offenheit, über den Abbau der wirtschaftlichen Staatsmacht

zu reden und konkrete Privatisierungsmaßnahmen zu setzten.“25

In der Tat begann in den 80er Jahren eine umfangreiche

Privatisierungswelle, die sowohl Industrieländer als auch

Schwellen- und Entwicklungsländer erfasste. Zwischen 1980 und24 Vgl. Roman Sandgruber, Die Verstaatlichte,

http://www.ooegeschichte.at/epochen/1945-2005/ooe-landespolitik-u-wirtschaft/ooe-wirtschaft/verstaatlichte/, abgerufen am 12.07.2013.

25 Johannes Hawlik/ Wolfgang Schüssel, Staat lass nach. Vorschläge zurBegrenzung und Privatisierung öffentlicher Aufgaben, Wien 1985, S. 135.

17

1996 wurden weltweit rund 100.000 Groß- und 500.000

Kleinunternehmen privatisiert. Dazu kamen noch

Teilprivatisierungen in der Landwirtschaft, im Finanzwesen, bei

Grund und Boden etc. hinzu. Bei diesen Zahlen handelt es sich

allerdings um einen Schätzung, da für die genaue Erfassung die

Daten fehlen. Das tatsächliche Ausmaß der Privatisierungen

dürfte wesentlich höher gewesen sein.26

Von den großen Volkswirtschaften fing England 1979 als Erste an

konsequent Privatisierungen durchzuführen. In den 90er Jahren

zogen Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland nach. Die

kleinen Volkswirtschaften begannen ebenfalls die Anzahl der

Privatisierungen im Laufe der 90er Jahre zu steigern – allen

voran Belgien und Portugal. Auch in Österreich nahmen die

Privatisierungen in dieser Zeit zu. Die Privatisierungserlöse

im Jahre 1997 beliefen sich auf 2.02 Milliarden Dollar. Damit

waren sie die Zweithöchsten – hinter Portugals -, welche eine

kleine Volkswirtschaft in diesem Jahr erhielt.27

4.1 Das Konzept des Neoliberalismus

Zwar gibt es verschiedene Ausformungen des Neoliberalismus,

dennoch haben sie alle gemeinsam, dass der Markt und seine

26 Vgl. Friedrich Schneider, Privatisierung und Deregulierung in Österreich in den 90er Jahren. Einige Anmerkungen aus Sicht der Neuen Politischen Ökonomie, Linz 2001, http://www.econ.jku.at/papers/2001/wp0106.pdf, abgerufen am 12.07.2013.

27 Vgl. Ebd, http://www.econ.jku.at/papers/2001/wp0106.pdf, abgerufen am12.07.2013.

18

Prozesse nicht durch staatliche Planung ersetzt werden können.

Am konsequentesten vertritt diese Meinung Hayek, laut dessen

Ansichten sämtliche ordnungspolitischen Maßnahmen abzulehnen

sind. Hayeks Theorie gilt als Prototyp des modernen

Neoliberalismus. Sie besagt, dass die Entwicklung einer

Wirtschaftsordnung ein evolutionärer Prozess sei, der nicht

rationalistisch gestaltet werden könne. Im Endeffekt bedeutet

dies, dass nur der Markt sich selbst regeln könne – keine

staatlichen Eingriffe und ordnungspolitischen Maßnahmen. Damit

bildet Hayek die Grundlage für Deregulierungen und

Privatisierungen.28

Für diese Maßnahmen werden oft folgende Argumente verwendet:

- Erstens: Durch den Verkauf staatlicher Unternehmen können

Einnahmen zur Tilgung von Staatsschulden lukriert werden.

- Zweitens: Eine Privatisierung führt zur Verbesserung der

Performance staatlicher Unternehmen, durch eine Steigerung

der Effektivität sowie des Wettbewerbs. In Bezug auf

Ersteres wird argumentiert, dass staatliche Unternehmen

weniger effektiv seien als private, da sie nicht

ausschließlich das Ziel der Gewinnmaximierung verfolgen

und nicht in Insolvenz gehen können.

- Drittens: Durch Privatisierungen kommt es durch

Unternehmensbeteiligungen zur Verteilung von Einkommen und

Vermögen.29

28 Vgl. Karl-Heinz Brodbeck, Die fragwürdigen Grundlagen des Neoliberalismus.Wirtschaftsordnung und Markt in Hayeks Theorie der Regelselektion, 2004,http://193.174.81.9/professoren/bwl/brodbeck/hayek.pdf, abgerufen am14.07.2013.

19

Allerdings gibt es auch Kritik am Konzept des Neoliberalismus.

Zum Beispiel behauptet ATTAC, dass Unternehmen jeder

gemeinschaftlichen Kontrolle und Verantwortung entzogen und

andere gesellschaftlich wertvolle Ziele (Vollbeschäftigung,

Umweltschutz etc.) dem Ziel, Profit zu machen, untergeordnet

werden. Laut ATTAC kommt es in Folge von Privatisierungen oft

zu Entlassungen, Preissteigerung und Qualitätsverlust. Dass

private Betriebe grundsätzlich erfolgreicher seien, ist für

ATTAC nicht ersichtlich. Auch für den Staat kann sich eine

Privatisierung zum Verlustgeschäft entwickeln, da der Erlös der

Privatisierung nur einmal ausbezahlt wird und der Staat über

mögliche zukünftige Gewinne nicht mehr verfügen kann. In diesem

Zusammenhang wird kritisiert, dass meist nur profitable

Bereiche staatlicher Unternehmen privatisiert werden, während

der Staat auf den Verlusten sitzen bleibt. Die Hauptkritik

besteht also darin, dass neue Märkte und Investitionsfelder für

Privatinvestoren auf Kosten der Allgemeinheit geschaffen

werden.30

4.2 Die Bedeutung des Neoliberalismus in

Österreich

29 Vgl. Michaela Schaffhauser-Linzatti, Ökonomische Konsequenzen derPrivatisierung. Eine empirische Analyse der Entwicklung in österreich,Wiesbaden 2000, S. 33ff.

30 Vgl. Attac Österreich, Privatisierung und Liberalisierung. AttacPositionspapier, Wien 2004, S. 1ff.

20

Die Meinung, dass der Staat so wenig wie möglich in die

Wirtschaft eingreifen sollte, existierte natürlich bereits vor

der Verstaatlichtenkrise. Die ÖVP stimmte der Verstaatlichung

nach dem Zweiten Weltkrieg nur als Übergangslösung und mit dem

Ziel, die betroffenen Betriebe später wieder reprivatisieren zu

können, zu.31 Allerdings gab es zu diesem unterschiedliche

Auffassungen der einzelnen Bünde. So vertrat der ÖAAB die

Ansicht, dass bestimmte Schlüsselindustrien verstaatlicht

werden sollten. Diese Meinung hielt er auch noch in den 80er

Jahren aufrecht. Der Wirtschafts- und der Bauernbund hingegen

sahen in ihr nur ein notwendiges Übel.32

Demgegenüber stand das Programm der SPÖ und der Gewerkschaften,

in dem von der Verstaatlichung aller wichtigen Betriebe

(Grundstoffindustrie, Banken etc.) zum Wiederaufbau der

Volkswirtschaft und der gemeinwirtschaftlichen Verwaltung die

Rede war.33

Im Zuge der Krise der Verstaatlichten befanden sich die

neoliberalen Forderungen auf dem Vormarsch. Bereits vor dem

Debakel der VOEST wurden von Seiten der ÖVP – durch

internationale Tendenzen beflügelt – Privatisierungen innerhalb

31 Vgl. Claudia Desch, Privatisierungen am Sektor der verstaatlichtenIndustrie als Instrument einer liberalen österreichischenWirtschaftspolitik. Eine Analyse von 1945 bis zum Jahr 2001, unv. phil.Dipl., Salzburg 2001, S. 18.

32 Vgl. Dieter Stiefel, Verstaatlichung und Privatisierung, S. 60f.

33 Vgl. Claudia Desch, Privatisierung am Sektor der verstaatlichtenIndustrie, S. 16f.

21

der verstaatlichten Industrie gefordert. Auch die FPÖ lehnte

die Verstaatlichung grundsätzlich ab.34

Die Forderungen der ÖVP wurden 1985 noch vehementer.35 Zwar gab

es zu dieser Zeit auch innerhalb der ÖVP Stimmen, die sich zur

Verstaatlichung bekannten. Der Wirtschaftsbund jedoch sah in

der Krise ein Scheitern der Verstaatlichung und forderte deren

Privatisierung der Unternehmen. Dem entgegnete zum Beispiel

Franz Vranitzky, dass die Krise nicht auf den Staatsbesitz

sondern auf die internationale Eisen-und Stahlkrise sowie

Managementfehler zurückzuführen sei.36

Jedoch änderte die SPÖ ihre Positionen nach dem

wirtschaftlichen Debakel der Verstaatlichten. Im

Koalitionspapier wurde auf Forderungen der ÖVP eingegangen.

Infolge dessen wurden Privatisierungen von Teilen der ÖMV,

Tochterunternehmen der VOEST, und anderer Betriebe

vorgenommen.37 1990 wurden zusätzliche Privatisierungsschritte

beschlossen. Die Grenze von 50% Privatanteil fiel. Vor dem

Hintergrund der Krise der Aluminiumindustrie konnte die ÖVP mit

dem ÖIAG- Gesetz 1993 alle ihre Forderungen nach einer

großangelegten Privatisierungswelle durchsetzten.38

34 Vgl. Oliver Wieser, Unternehmenskultureller Wandel durch Privatisierungvon Management-Buy-Outs innerhalb der verstaatlichten Industrie, (Theorieund Forschung, Bd. 469, Wirtschaftswissenschaften, Bd. 45), Regensburg1997, S. 72.

35 Vgl. Ebd. S. 74.

36 Vgl. Dieter Stiefel, Verstaatlichung und Privatisierung, S. 189f.

37 Vgl. Oliver Wieser, Unternehmenskultureller Wandel, S. 77ff.

38 Vgl. Ebd. S. 82-85.22

5 Die Privatisierung der oberösterreichischen

Industrie

Die direkt und indirekt verstaatlichte Industrie in

Oberösterreich wurde mit Ende der 80er und während der 90er

Jahre stückweise privatisiert. Unter den betroffenen Betrieben

befanden sich unter anderem: Die Steyr- Daimler- Puch Werke,

die ab 1988 an die SKF, die MAN, die CASE- Corporation, den

Magna-Konzern und das eigene Management verkauft wurden. Die

Österreichische Schiffswerften AG wurde 1990 privatisiert. Die

Austria Metall AG wurde an Hammerer Turnauer abgegeben. Die

Voest-ALPINE Technologie AG wurde 1994 zu 51 Prozent

privatisiert, die Voest-ALPINE Stahl AG zu 66,6 Prozent. Die

Chemie Linz AG wurde großteils von der holländischen DSM

übernommen. Dazu wurden noch andere Betriebe privatisiert oder

stillgelegt.39 Seit dem Jahr 2005 befindet sich die Voest

schließlich gänzlich in Privatbesitz. Die größten Aktionäre der

Voest sind aktuell die Raiffeisenkasse Oberösterreich mit 15,

die Mitarbeiterstiftung der Voest mit 14,4, die Oberbank mit

7,9 und die Norges Bank mit 4 Prozent der Anteile.40

39 Vgl. Roman Sandgruber, Oberösterreichische Landespolitik und Wirtschaft.Die Privatisierungswelle der Verstaatlichten,http://www.ooegeschichte.at/epochen/1945-2005/ooe-landespolitik-u-wirtschaft/ooe-wirtschaft/privatisierung/, abgerufen am 16.07.2013.

40 Vgl. Voestalpine, Aktie,http://www.voestalpine.com/group/de/investoren/voestalpine-aktie,abgerufen am 16.07.2013.

23

Das BIP der österreichischen Industrie stieg von 1995 bis 2011

um fast 23 Milliarden Euro.41 Die oberösterreichische Industrie

macht aktuell rund 25 Prozent der gesamtösterreichischen

Industrie aus.42 Allerdings hat dieses Wachstum seine Ursachen

nicht ausschließlich in der Privatisierung. So hat laut

Wirtschaftskammer der EU-Beitritt und die Einführung des Euro,

infolge dessen die Exporte erheblich stiegen, einen

wesentlichen Anteil an diesem Wachstum.43 Währenddessen gingen

die Zahlen der Industriebeschäftigten in den Jahren der

Privatisierung sowie den darauffolgenden zurück.44

41 Vgl. WKO, Österreichs Industrie Kennzahlen 2012, Wien 2012, http://www.fmmi.at/fileadmin/content/Dokumente/Zahlen_Daten_Fakten/industriekennzahlen_2012.pdf, abgerufen am 18.07.2013.

42 Vgl. wk/ooe sparte.industrie, Industrieland Oberösterreich. Daten und Fakten, 2013, http://wko.at/ooe/Branchen/Industrie/Homepage/Daten%20und%20Fakten%202013.pdf, abgerufen am 18.07.2013.

43 Vgl. WKO, Euro ist für Oberösterreich unverzichtbar, 2012, http://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?angid=1&stid=693850&dstid=678, abgerufen am 18.07.2013.

44 Vgl. Claudia Desch, Privatisierung am Sektor der verstaatlichtenIndustrie, S. 112.

24

6 Schlussfolgerung

Die oberösterreichische Industrie spielte in der

österreichischen und oberösterreichischen Wirtschaft eine

bedeutende Rolle. Die Frage: „Wie entwickelte sich die

oberösterreichische Industrie?“, lässt sich mit folgender These

beantworten: „Die oberösterreichische Industrie entwickelte

sich auf Grundlage des Wiederaufbaus und profitierte dabei vom

Wirtschaftsaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg.“ Dabei

profitierte das Bundesland davon, dass die Industrie während

des Zweiten Weltkriegs nicht vollkommen zerstört wurde sowie

von der Förderung der westlichen Besatzungszonen – besonders in

Form des Marshallplanes. Bis in die 60er Jahre lässt sich,

trotz vereinzelter Schwankungen, grundsätzlich ein stabiles,

hohes Wachstum ausmachen, welches mit einer hohen Nachfrage in

der Phase des Nachkriegsaufschwungs zusammenhing. Einzelne

Ereignisse, wie der Koreakrieg, trugen phasenweise zu einem

starken Wachstum bei. Zudem kann man behaupten, dass die25

staatliche Intervention und der Aufbau der Industrie durch den

Staat eine wichtige Grundlage für den Aufschwung der Industrie

und der Wirtschaft im Allgemeinen war, wobei auch die

Privatwirtschaft davon profitierte.

Die Krise der Verstaatlichten hing mit dem Ende des

Nachkriegsaufschwungs, der endgültig durch die Wirtschaftskrise

in den 70er und 80er Jahren markiert wurde, zusammen. Besonders

die Eisen- und Stahlkrise, die aus dem Einbruch der Nachfrage

und einer Überproduktion resultierte, traf die

oberösterreichische Industrie hart. Die darauffolgenden

Fehlinvestitionen und Spekulationen sorgten letztendlich für

die Krise der verstaatlichten Industrie. Vor allem in dieser

Zeit waren neoliberale Forderungen nach der Privatisierung auf

dem Vormarsch, auch wenn sie seit Beginn der Zweiten Republik

vorhanden waren.

Die Privatisierung hatte letztendlich zur Folge, dass

Privatinvestoren neue Investitionsfelder vorfanden. Der Anstieg

des BIPs in den darauffolgenden Jahren lässt daraus schließen,

dass die sich Privatisierung für die Investoren zu einem

lukrativen Geschäft entwickelte. Auf der anderen Seite nahm die

Beschäftigungszahl in der oberösterreichischen Industrie

während und nach der Privatisierung ab.

7 Abkürzungsverzeichnis

26

ATTAC: association pour une taxation des transactions

financières pour l'aide aux citoyens, Deutsch: Vereinigung zur

Besteuerung von Finanztransaktionen zugunsten der BürgerInnen

ERP: European Recovery Programe

FPÖ: Freiheitliche Partei Österreichs

ÖAAB: Österreichischer Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund

ÖIAG: Österreichische Industrieholding Aktien Gemeinschaft

ÖMV: Österreichische Mineralölverwaltung

ÖVP: Österreichische Volkspartei

SPÖ: Sozialistische Partei Österreichs, ab 1991

Sozialdemokratische Partei Österreichs

VOEST: Vereinigte Österreichische Eisen- und Stahlwerke

27

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