Die Entwicklung der Kategorienlehre von W. Dilthey. Von der transzendentalen Begründung der...

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Die Entwicklung der Kategorienlehre von W. Dilthey. Von der transzendentalen Begründung der Geisteswissenschaften zur lebensphilosophischen Unendlichkeit Ivan Jurkovic Einleitung „Hinauf, hinab – Ein Weg“. Was wir von einem Denken uns aneignen kann, ist was nicht in seiner Grenze steckt: es ist was uns ungeschlossen gegeben ist. Das philosophische Denken fordert, dass auf die geöffneten Wege der Denkbarkeit gewandert sein wird. Insofern ist es mein Zweck die Hermeneutik von Dilthey in ihrer Produktivität aufzuarbeiten. Diese Produktivität seines Denkens steckt tatsächlich in seinen Unendlichkeiten. Eine dieser Unendlichkeiten ist die Arbeit der Entdeckung der Kategorien, die sich als eine unendliche Aufgabe ergibt. Dafür werde ich diese neue Lehre der Kategorien Diltheys in ihrem Kontext wieder einfügen, d. h., ihre Notwendigkeit, Ursprung, und Zusammenhang. Ich weiß aber nicht inwiefern sie Diltheys Philosophie kennen, ich werde also zuerst versuchen einen gemeinsamen Boden durch eine kurze Skizze seiner Philosophie zu schaffen. Wilhelm Dilthey ist 1833 in Biebrich am Rhein (Wiesbaden) geboren. Er ist besonders dafür bekannt, wie er die Geisteswissenschaften von der Naturwissenschaften geteilt hat. Einerseits ist die erste Aufgabe der Naturwissenschaften zu gesetzmäßige Erklärungen zu gelingen, und andererseits ist die Aufgabe der Geisteswissenschaften das menschliche und geschichtliche Leben zu verstehen. Sein Ziel war unter anderen die rein kognitivistische erkenntnistheoretische Lehre von Kant zum Ganzen der erlebten Erfahrung zu erweitern. Die Zeit in der seine Jugend fiel, war dadurch gekennzeichnet, dass sich die Einzelwissenschaften von der Philosophie völlig abwandten, die ihrer Meinung nach mit dem hegelschen System einen vollkommenen Zusammenbruch erlitten hatte. Von da an, fing die Tendenz der Ausbildung von Spezialitätstum und dies ebenso für die Naturwissenschaften wie für die Geisteswissenschaften an. In der Philosophie bezeichneten sich zwei Richtungen in der Erkenntnistheorie: der Positivismus und der Neukantianismus. Beide hatten aber gemeinsam ihren wissenschaftstheoretischen

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Die Entwicklung der Kategorienlehre von W. Dilthey.

Von der transzendentalen Begründung der Geisteswissenschaften zur

lebensphilosophischen Unendlichkeit

Ivan Jurkovic

Einleitung

„Hinauf, hinab – Ein Weg“. Was wir von einem Denken uns aneignen kann, ist was nicht in seiner

Grenze steckt: es ist was uns ungeschlossen gegeben ist. Das philosophische Denken fordert, dass

auf die geöffneten Wege der Denkbarkeit gewandert sein wird. Insofern ist es mein Zweck die

Hermeneutik von Dilthey in ihrer Produktivität aufzuarbeiten. Diese Produktivität seines Denkens

steckt tatsächlich in seinen Unendlichkeiten. Eine dieser Unendlichkeiten ist die Arbeit der

Entdeckung der Kategorien, die sich als eine unendliche Aufgabe ergibt. Dafür werde ich diese neue

Lehre der Kategorien Diltheys in ihrem Kontext wieder einfügen, d. h., ihre Notwendigkeit, Ursprung,

und Zusammenhang.

Ich weiß aber nicht inwiefern sie Diltheys Philosophie kennen, ich werde also zuerst versuchen einen

gemeinsamen Boden durch eine kurze Skizze seiner Philosophie zu schaffen. Wilhelm Dilthey ist

1833 in Biebrich am Rhein (Wiesbaden) geboren. Er ist besonders dafür bekannt, wie er die

Geisteswissenschaften von der Naturwissenschaften geteilt hat. Einerseits ist die erste Aufgabe der

Naturwissenschaften zu gesetzmäßige Erklärungen zu gelingen, und andererseits ist die Aufgabe der

Geisteswissenschaften das menschliche und geschichtliche Leben zu verstehen. Sein Ziel war unter

anderen die rein kognitivistische erkenntnistheoretische Lehre von Kant zum Ganzen der erlebten

Erfahrung zu erweitern.

Die Zeit in der seine Jugend fiel, war dadurch gekennzeichnet, dass sich die Einzelwissenschaften

von der Philosophie völlig abwandten, die ihrer Meinung nach mit dem hegelschen System einen

vollkommenen Zusammenbruch erlitten hatte. Von da an, fing die Tendenz der Ausbildung von

Spezialitätstum und dies ebenso für die Naturwissenschaften wie für die Geisteswissenschaften an.

In der Philosophie bezeichneten sich zwei Richtungen in der Erkenntnistheorie: der Positivismus und

der Neukantianismus. Beide hatten aber gemeinsam ihren wissenschaftstheoretischen

Betrachtungen von der Naturwissenschaften zu den Geisteswissenschaften einfach zu übertragen

(Comte). Ihrerseits, wenn es Bemühungen waren einen methodischen Bewusstsein in einer

Geisteswissenschaften zu gewinnen, stand es unter dem Einfluss von naturalistischen Ansichten und

führte sogar bis zur manchen Missdeutungen des eigenen Tuns. Von dem Positivismus erhält Dilthey

den Drang „Rückgang auf die Sachen selbst“ und konkreter Arbeit an ihnen. Er hat auch eine radikale

Abwendung von aller Spekulation geerbt, und noch dazu, erforscht er von Jugend an

ideengeschichtlicher Zusammenhänge. Seine Schleiermacher-Studie ließ in ihm die Begriffswelt der

Romantik und des objektiven Idealismus lebendig.

Die Diskussion über die Aufgabe einer Grundlegung der Geisteswissenschaften entstand schon in

den Arbeiten von Rickert und Windelband und die Bemühungen um eine zusammenfassende Logik

der Geisteswissenschaften ist immer noch keine abgeschlossene Frage. Beide versuchten

insbesondere eine Abgrenzung der Geisteswissenschaften mit der Naturwissenschaften

herauszustellen.

Die Grundlegung der Geisteswissenschaften Diltheys verspricht eine logische (Kategorie),

epistemologische (Erkenntnistheorie) und methodologische (Theorie ihrer Methoden) Fundierung.

Der Aufbau von Kategorienlehren in Dilthey erscheint in drei Hinsichten: 1) in Bezug auf sein

Bestreben nach transzendentaler Begründung der bestehenden Wissenschaften seiner Zeit, e. h.,

auf seine Grundlegung der Geisteswissenschaften und den sich darauf beziehenden Begriff des

Verstehens, 2) in Bezug auf seine philosophisch-logische Erbschaft) 3) und seine späte

Lebensphilosophie (die Kategorien sind Kategorien des Lebens.

Die Entwicklung dieser Kategorienlehren kannte zwei Momente: Aus der Grundlegung, das

Tun/Leiden. Dazu gehört die Auffassung, die aus der Frage nach der Entstehung der Außenwelt

geführt hat: da findet einen Rückführung auf die Ipseität. Das Innerwerden, die innere Erfahrung

spaltet Außen-/Innenwelt und lässt realen und formalen Kategorien entstehen. Das zweite Moment

ist der lebensphilosophische.

1)Wie das Verstehen die Grundlegung der Geisteswissenschaften unterstützt.

Um den Status dieser Kategorien genau zu beobachten, ist es notwendig vor allem zu die

erkenntnistheoretische Dimension des Verstehens, die Dilthey eröffnet zurückkehren. Satz 6: „Ist

nun das Verstehen grundlegend für die Geisteswissenschaften, so ist die erkenntnistheoretische,

logische und methodische Analysis des Verstehens für die Grundlegung der Geisteswissenschaften

eine der Hauptaufgaben.“ (VII, 88).

Die Grundlegung der Geisteswissenschaften „ist zunächst und vor allem Interpretation der Begriffe,

welche für den von den Geisteswissenschaften aufgefundenen Zusammenhang der geistigen Welt

konstitutiv sind“ (VII, 309). Diese Grundlegung erfüllt sich in einem Aufbau. Aufbau ist ein bildlicher

Ausdruck, der derjenige ideelle Zusammenhang bezeichnet, „in welchem auf der Grundlage des

Erlebens und Verstehens in einer Stufenfolge von Leistungen sich ausbreitend das objektive Wissen

von der geschichtlichen Welt sein Dasein hat“ (VII, 88).

Eine grundlegende Tatsache der Geisteswissenschaften ist, dass sinnlich gegebene Objekte als ein

Äußeres aufgefasst werden, in dem ein Inneres sich ausdrückt. Insofern kann Verstehen so gefasst

sein: „in welchem aus sinnlich gegebenen Äußerungen seelischen Lebens dieses zur Erkenntnis

kommt“. Verstehen fällt insofern unter dem Begriff des Erkennens, wenn man „unter den

allgemeinen Begriff des Erkennens, wobei Erkennen im weitesten Sinne als Vorgang gefasst wird, in

welchem ein allgemeingültiges Wissen angestrebt wird“ (VII, 333).

Schleiermacher universalisierte die Hermeneutik, nicht in Hinsicht einer Untersuchung einer

möglichen Einheit in der Überlieferung (Ast), sondern in dem Verfahren des Verstehens, der überall

wo Missverstehen ist, stattfindet. Dieses Verfahren beruht auf die Erfahrung der Fremdheit, und

macht der Möglichkeit des Missverständnisses zu eine universelle. Selbst ist für Dilthey ein der

tiefsten erkenntnistheoretischen Probleme die Erklärung der Möglichkeit „ein Fremdes

aufzufassen“ (V, 334). Das Problem ist zu bestimmen inwiefern ein allgemeingültiges Wissen aus

Erfahrung gewinnen sein kann. „Die Auflösung dieser erkenntnistheoretischen Frage führt auf das

logische Problem der Hermeneutik“.

Der Unterschied mit der Naturwissenschaften liegt nicht in der „Stellung des Subjektes zum Objekte“,

sondern in dem Verfahren des Verstehens, der einen anderen Gegenstand in der Äußere hat, als die

Naturwissenschaften. Der Gegenstand des Verstehens ist der objektivierte Geist in Zwecken, die sich

in ihm gebildet haben, oder Werte, die sich in ihm verwirklichen. Das Verstehen erfasst dieses

Geistige.

Für Dilthey soll also „der Zusammenhang des Lebens aus der Totalität der Gemütskräfte“ verstanden

sein. Dieses wird erlebt in einem Innewerden, der unmittelbar gegenwärtig und hinter dem man

nicht gehen kann. Insofern sind für Dilthey die Kategorien nur Derivate dieser lebendig erlebten

Innern, wo zum Beispiel Ursache ein „Derivatum des lebendiges Verhältnisses des Willens, der den

Druck eines anderen erfährt“ ist (V, 170). Er schreibt in der Zusätze zu der Einleitung: Es muss „die

irrige Kategorienlehre Kants, nach welcher Wirklichkeit, Sein, Realität Verstandeskategorien

sind“ aufgehoben werden (I, 418) und „es ist nicht auf ein Apriori des theoretischen Verstandes oder

der reinen Vernunft, das in einem reinen Ich gegründet wäre“, sondern auf „die im psychischen

Zusammenhang enthaltenen Strukturbeziehungen“ (VI, 13, Anm.). Um eine Analyse des Verstehens

also zu machen, macht erstens Dilthey eine Darstellung des Strukturzusammenhangs des

Seelenlebens (in Ideen über eine...).

In seinem letzten systematischen Werk sagt uns Dilthey von diesem, dass sein Ziel ist „vom

erkenntnistheoretischen Problem aus den Aufbau der geschichtlichen Welt in der

Geisteswissenschaften zu untersuchen“. (VII, 117) Er merkt dazu: „Unter den anderen

Klassenbegriffen der Aussage, den Kategorien, haben Tun und Leiden für die Metaphysik die größte

Bedeutung.“ (I, 204) „Die Beziehungen derselben [Kategorien] aufeinander bilden diesen

Zusammenhang, durch welchen die qualitativ bestimmte Einzelexistenz, das Individuum, zum

Verständnis kommt. In diesen Beziehungen erfassen wir jetzt den Zusammenhang, in welchem das

Verstehen eine gegebene Wirklichkeit nach ihrer Bedeutung erfasst. Sie ist qualitativ bestimmtes

Einzeldasein. Dies zeigt vom Ausdruck bis zu dem Subjekt aller Ausdrücke überall ein Verhältnis des

Ganzen zu Teilen. Dieses ist Zusammenhang...Und indem nun diese in jedem Einzelwesen

bestehende Beziehung auf alle gegebenen Ausdrücke desselben angewandt werden entsteht unter

den Kategorien von Wert, Bedeutung, Zweck das Verständnis dieses Individuums.“. (VII, 253)

2)Richtung Unendlichkeit

„Wenn wir nun diese Beziehungen als Kategorien abstrakt herausheben, dann liegt in diesem

Verfahren selbst, dass die Zahl dieser Kategorien nicht abgrenzbar ist und ihr Verhältnis nicht auf

eine logische Form gebracht werden kann“ (VI, 232). Jean Grondin schreibt in seiner Beschreibung

der diltheyschen Grundlegung der Geisteswissenschaften: „Sie beabsichtigt, die

Geisteswissenschaften auf ihnen eigene Kategorien (also in einer Logik) zu gründen, auf eine ihnen

gemäße Erkenntnistheorie (Epistemologie) und eine Theorie ihrer spezifischen

Methoden.“ (Hermeneutik, UniTaschenbuch, S.25, aus Que sais-je?)

Für Georg Misch zeigt diese Unendlichkeit den Charakter des Lebens selbst, und den

hermeneutischen Charakter der Logik von Dilthey. Wie kann man diese Spannung zwischen Logik

und Kategorie begreifen? Was kommt in logischer Form oder nicht? Wieso können die Verhältnisse

der Kategorien nicht der Logik unterstellt sein? Wenn der Zahl nicht abgrenzbar ist, welcher ist der

Vorgang ihrer Entdeckung? Was bedeutet, dass die Bestimmung selbst als eine unfertige unendliche

Arbeit sich darstellt?

Trendelenburg: Logik

Diltheys Studium der Philosophie war von Lehrerpersönlichkeiten geprägt. Unter denen findet man

Kuno Fischer, der sich in der Hegel Tradition einschrieb (1854-1856 in Heidelberg), Nitzsch und

Twesten, aus der Schleiermacher-Schule, und vor allem Leopold von Ranke und August Boeckh, oder

noch Adolf Trendelenburg. Dilthey schreibt 1903:

„Und hier ist mir nun mein Lehrer und Freund Trendelenburg von allen gegenwärtig, der auf mich

den größten Einfluß gewann. Von seiner Machtstellung macht man sich heute keine Vorstellung

mehr. Sie lag darin, wie er die sorgfältig erforschten Tatsachen der Geschichte der Philosophie zu

einem Ganzen verknüpfte, das dann als lebendige Kraft in seinen Zuhörern wirkte.“ (V, 7f)

Die tiefe Prägung seiner Auffassung der Logik und Psychologie ist uns durch einem Fragment aus

einer Logik-Vorlesung, die Dilthey 1864 gehalten hat. (XX, 1-18) bestätigt. Beide geben zur formalen

Logik eine substanzielle methodologische Bedeutung für die Wissenschaft und die Philosophie, und

zugleich eine mögliche Erklärung ihrer Prinzipien als nur durch empirischen Untersuchungen

möglich. Diese Untersuchungen werden nicht in Trendelenburgs Philosophie stattfinden, sondern in

dem Kontext der von Dilthey neuen Form der Psychologie höherer Funtkionen des Seelenlebens.

Diese Auffassung der Psychologie unterscheidet sich mit der, die Trendelenburg als Grundlage der

Logik ablehnte. In jedem Fall übernimmt Dilthey von Trendelenburg, wie viele anderen Logikern des

neunzehnten Jahrhunderts, die Zweiteilung der Logik in einem formalen und einem diesen

begründenden empirischen Teil.

Die Aufgabe der Philosophie für Trendelenburg ist mit den Mitteln des Empirismus eine Reperatur

der idealistischen Konzeption von Philosophie als empiriefreier Spekulation zu machen. (siehe:

Friedrich Adolf Trendelenburg (1843): Die logische Frage in Hegels System. Zwei Streitschriften. F. A.

Brockhaus, Leipzig.). Er hat ungefär vier Jahrzehnte das philosophische Geschehen in Deutschland

geprägt. Seine Nachfolger in Philosophielehrstuhl in Berlin, waren Lotze und Dilthey.

Für Trendelenburg stellt sich das Problem (die „logische Frage“) in seinen Logischen Untersuchungen

als das des Zusammenhanges zwischen formaler Logik und der Inhalten auf denen diese sich aufsetzt.

In seiner Herausarbeitung der formalen Logik entwickelt er den Gesichtspunkt nach welchem die

Begriffe keine Naturprodukte, sondern Produkte unserer geistigen Aktivitäten sind.

Trendelenburg führt aus, dass Kant diesen Punkt auch richtig erkannt hatte, dass aber seine formale

Deduktion nur in eine Aufzählung von Kategorien strandete (S.27). Als Aristoteles Forscher fügt er

hinzu, dass selbst der Stagierer schon die Notwendigkeit gesehen hatte, den Formierungsprozess

der Begriffe in der Logik zu berücksichtigen (S.30).

„Wenn der Begriff als fertig gefordert wurde, so knüpfte sich bald die Frage an, wie entsteht denn

der geforderte Begriff unserm Denken. Nach dieser Seite hin suchte sich die Logik durch

psychologische Einleitungen vorzubereiten. Wenn wiederum der Begriff den Gegenstand zu decken

vorgab, wenn er dadurch von den Dingen das Gesetz seiner Wahrheit ableitete: so führte dies in

metaphysische Fragen“ (S. 35).

Zwei Optionen sind für diese Rekonstruktion der Entstehung der Begriffe möglich: durch Rückgriff

auf Psychologie oder durch eine metaphysische Rekonstruktion. Für Trendelenburg versagen sich

diese beide Optionen:

-die Psychologie ist ungeeignet, weil sie „nur die subjektiven Bedingungen darzustellen sucht, ohne

sich um die reale Bedeutung des Denkens zu bekümmern“ während es in der Logik gerade darum

geht „das Erkennen in seinen objektiven Ansprüchen“ aufzufassen (S.131),

-Der konstruktive Gesichtspunkt von Hegels Logik wird von Trendelenburg als zweite (und letztlich

fundamentalere) Aufgabe der Logik, neben der formalen, gesehen: die bloße Ableitung der Begriffe

auseinander kann niemals auf der ausschließlichen Grundlage reinen Denkens stattfinden. Es muss

also sowas wie eine Dialektik geben, in der die Begriffe anhand der Rekonstruktion ihrer Gegensätze

(Negation) auseinander abgeleitet werden.

Für Trendelenburg entsteht aber den Gegensatz nicht aus dem reinen Denken, sondern muss auf die

Fülle der Erfahrung zurückgewiesen sein, um den Sprung von den ersten beiden Begriffen der Logik,

Sein und Nichts, zum Begriff Werden denken zu können. Weil es nur in der Erfahrung ist, dass wir

konkrete Beispiele der „Bewegung“ haben. Ohne diesen Rückgriff auf Erfahrung könnte niemals

begrifflichen Strukturen (re)konstruiert werden. Der Gegensatz stammt aus der „aufnehmenden

Anschauung“ (S.56).

Diese Idee, dass die Konstruktion geistiger Inhalte wesentlich empirisch ist, ist eine entscheidende

Idee für die Entwicklungen der kontinentalen Philosophie. Die Kombination der Annahme des

hegelschen Anspruchs bei gleichzeitiger Umkehrung seiner Methode (vom absolut reinen Denken,

zum absolut empirischen Denken) wird zum Leitmotiv bis in den 20. Jahrhundert.

Die Lösung von Trendelenburg bleibt aber problematisch, weil sie sich nicht durchgesetzt hat:

hegelscher Begriff der Denkbewegung schlicht durch empirisch-physikalischen Sinn zu ersetzen (V.

Untersuchung).

3)Der Status der Apriorizität:

Dieser philosophische Hintergrund zu logische Untersuchung hat besonders in Dilthey eine Wirkung

auf dem Status der Apriorizität. Es hilft uns zu verstehen wie Dilthey dazu kommt zu verteidigen,

dass Apriorizität eine Tatsache des Bewußtseins ist (vgl. XIX, 82)? Die Ursache dessen muss man in

seiner Entwicklung einer „konsequenteren Form von Empirismus“ in seinem früh und mittleren

Arbeiten (nach 1830). In diesen kann man den Einfluss von der Philosophien Auguste Comte und der

Logik von J.S. Mill merken. Von Mill übernimmt Dilthey die hierarchische Konzeption in der

Unterscheidung zwischen Sinneswahrnemung und anderen mentalen Zuständen (A System of Logic,

849ff). Sehr viele psychologischen Grundzustände lassen sich als Sinneswahrnehmungen einräumen,

sie werden auf eine physiologische Ebene rekonstruiert. Diese bezeichnen die „einfachen

Bewußtseinsphänomene“ des „niederen Seelenlebens“( XXII, 76ff). Sie sind Gegenstand der

Physiologie, aber „höheren Bewußtseinsphänomene“ sind ihrerseits Gegenstand der Psychologie.

Sie soll die Grundlage einer Rekonstruktion des menschlichen Geistes dienen. Diese Phänomene

existieren von der unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmung losgelöst. Für die Beschreibung dessen,

schreibt Dilthey, ist eine eigenartige Methode nötig. Seine deskriptive Psychologie entfernt sich da

von Mills Auffassung am stärkesten:

„[Die] höheren Bewußtseinsphänomene […] gehen ohne Zweifel aus den niederen hervor. Die niederen bilden

ihre Grundlage. Aber sie sind durchaus nicht bloß zusammengesetzt von Verbindungen, die aus den

elementaren gänzlich abgeleitet werden können. Die Ausdrücke Entwicklung, Evolution, Entfaltung sprechen

zutreffend die Art von Kausalität aus, welche hier waltet: das Urteil entsteht ja zweifellos, indem die

elementaren Operationen eines distinkten Willensaktes getrennte Bestandteile, Allgemeinvorstellungen in

sich aufnehmen.“ (XXII, 12)

Diese Nähe zum Empirismus lässt aber einen Einigungspunkt mit Kant noch möglich. Wie für Kant,

ist es für Dilthey klar, und folgt ihm in der Kritik des Empirismus von Hume, dass die Seele kein Spiegel

der Natur ist. Es ist insofern kein fertiges Welt zu der sich die von uns gebildeten Vorstellungen und

Ideen etwa wie Zeichnungen oder Fotographien verhalten. „Es muss also etwas sein, was selbst diese

Reproduktion der Erscheinungen möglich macht“ (A101). Und diese Grundlage ist „der Grund a

priori einer notwendigen synthetischen Einheit derselben“. Damit wird behauptet, dass man

überhaupt um die Wirklichkeit mit Vorstellungen festhalten zu können, eine konzeptuelle Grundlage

notwendig ist.

Für Dilthey ist aber dieses Apriori nicht synthetisch, sondern analytisch zu nehmen: es ist ein Apriori

des Prinzips. Das Synthetische, die Voraussetzungen der Erfahrung, „das Festmachen dieser in ihrem

So-und-so-Sein, ist im Gegensatz zu Kant keineswegs a priori. Die intellektuellen Grundlagen unserer

Erfahrung sind vielmehr etwas das empirisch entsteht. Sie tragen in sich also die Möglichkeit des

Anders-sein-könnens. Insofern besteht die Möglichkeit, dass wir diese oder jene Konzept zu der

Erfahrung zugrunde liegt ist abhängig von unserer Erfahrung und sogar ein Produkt dessen.

4)Kategorienlehren?

Es sind verschiedene Kategorienlehre Diltheys zu unterscheiden: die erste zeigt, die formellen

Kategorien, die ihren Ursprung in Verstand haben: Identität, Äquivalenz, Differenz und die

Kategorien der Naturwissenschaften: diese drücken das Seelenlebens nicht aus: dagegen, Ganze,

Teile, Struktur, Endgestalt (XIX, 361).

Über die zweite Bearbeitung der Kategorienlehre: Projekt Erweiterung von Der Aufbau der

geschichtlichen...Er wird die Kategorien des Lebens vertiefen, führt den Begriff der Bedeutsamkeit

ein, (aktuelles Bestehen einer vergangenen Bedeutung). Diese zweite Kategorienlehre ist von

Husserls Logische Untersuchungen beeinflusst (69/80). Früher machte Dilthey eine genealogische

Untersuchung der Entstehung der Kategorien, aber jetzt untersucht er „die logische Validität“ dieser

(VII, 197 ff). Da zeigt sich, dass die grundlegenden Kategorien des Gelebte, Ausdrucks, und

Verständnisses durch Ipseität (Handeln/Erleiden) ersetzt wurden. Die realen Lebenskategorien

(Selbigkeit, Tun/Leiden) bestimmen die Sache selbst, das Leben und sprechen es aus. vgl XIX, 337.

Die Erfahrung des eignen Selbigkeit als Person führt die Dinge als Substanz aufzufassen. Die

Erfahrung von Widerstand und Reaktion führt uns die Dinge als Kausalität aufzufassen. Substanz und

Kausalität sind formale Lebenskategorien. XIX 362 ff; Begriffe und Kategorien, die im faktischen

Lebensverständnis angewandt werden, werden auf das in ihnen enthaltene Verständnis der Welt

untersucht (vgl, VII, 209f)

Zur lebensphilosophischen Kategorienlehre

Die letzte Kategorienlehre wurde sehr tief von Georg Misch bearbeitet und ihr Bezug auf Ontologie

und Phänomenologie erläutert. Die Kategorien sind Kategorien des Lebens indem sie kein

subjektives apriorisches Schema sind, auf den Dingen aufgepresst, sondern sind Formen des Lebens

selbst (vgl VII, 193, 203). Dilthey zählt die Kategorien des Lebens an verschiedenen Stellen in

verschiedener Anzahl und Reihenfolge auf, die wichtigsten sind: Zusammenhang, Ganzes und Teile,

Struktur, Zeitlichkeit, Bedeutung, Bedeutsamkeit, Wert, Zweck, Kraft, Bestimmtheit der

Einzelexistenz, Wirken und Leiden, Entwicklung, Gestaltung, Ideal, Wesen. (VII, 231, 253, 262). Über

den Begriff „Kategorien des Lebens“ (53/64) sagt uns Georg Misch:

Dieser Begriff erscheint widerspruchsvoll zu sein. Dilthey schreibt, „Was wir suchen, ist die Art des

Zusammenhangs, die dem Leben selbst eigen ist“ (VII, 235).

Warum benutzt Dilthey „Lebenskategorien“? Er hält die gekennzeichnete Beziehung zwichen

Aussagesphäre und dem was durch den Ausdruck „zu den höchsten Objektivationen des Lebens zum

Ausdruck gelangt“ fest. Die Ausdruckswelt „verflüssigt“ sich, indem der Bestand auf welchem sie

zurückgenommen wird „auf sich beruhend“ und eine „falsche Gegenständlichkeit“ ist. Um diese

intrinsische Verflüssigung der Ausdruckswelt sich erkenntnistheoretisch anzupassen, soll sie den

dynamischen Zusammenhang von Erlebnis, Ausdruck und Verstehen werden.

55/66: „sind die Kategorien des Lebens nicht bloß universale Auffassungsformen“, die das Verstehen

jedes Lebenszusammenhangs vollzuziehen ist, sondern „die strukturellen Formen des Lebens selbst

in seinem zeitlichen Verlauf kommen in ihnen zum Ausdruck“; „das Verhalten, das in ihnen zu

abstraktem Ausdruck gelangt, ist der ausschließliche Angriffspunkt des Verstehens von Leben“ (VII,

199, 203, 232, 241...).

Die zweite Lehre:

Eine zweite Bearbeitung der Kategorienlehre findet man in dem Projekt der Erweiterung von Der

Aufbau der geschichtlichen...Er wird die Kategorien des Lebens vertiefen, führt den Begriff der

Bedeutsamkeit ein, (aktuelles Bestehen einer vergangenen Bedeutung). Diese zweite

Kategorienlehre ist von Husserls Logische Untersuchungen beeinflusst (69/80). Früher machte

Dilthey eine genealogische Untersuchung der Entstehung der Kategorien, aber jetzt untersucht er

„die logische Validität“ dieser (VII, 197 ff). Da zeigt sich, dass die grundlegenden Kategorien des

Gelebte, Ausdrucks, und Verständnisses durch Ipseität (Handeln/Erleiden) ersetzt wurden. Die

Verankerung der Kategorien im Leben hindert eine Aufzahlung dieser in einem geschlossenen

System.

Die konkreten Kategorien der Geisteswissenschaften unterscheiden sich mit der grundlegenden

Begriffe der Geisteswissenschaften, die zu einer psychologischen und anthropologischen Ordnung

gehören. Die konkreten Kategorien der politischen Ökonomie sind psycho-physischen Begriffe wie

„Bedürfnis, Wirtschaftlichkeit, Arbeit, Wert“. Was heißt, dass die konkreten Kategorien der

Geisteswissenschaften sich mit psychophysischen Begriffe verschmelzen?

Von Aristoteles zu Trendelenburg wurde es behauptet, dass was eine Aussage als wahr bezeichnet,

ist ihr Einspruch auf einer sogenannten äußeren Wirklichkeit (66/77). Die Voraussetzung dieser

Theorie ist, dass Subjekt und die Welt voneinander getrennt existieren: Dilthey ist der

Brückenschlager zwischen dem, was man unterscheiden hat. Diese klassische Begrifflichkeit fasst für

ihn die Gesamtheit des Seelenlebens nicht, die Wechselwirkung in dem das Seelenleben steht ist

sogar ein „Unbegriff“ (XVIII, 164 ff). Diese Erkenntnistheorie ist nicht ohne einer traditionellen

Metaphysik der substantiellen Form denkbar, e.h., dass das Wirkliche ist etwas aus Substanz

Bestehendes. Diese Vorstellung strömt noch in der Kritik der reinen Vernunft, und es ist prinzipiell

warum Dilthey sich mit Kants Philosophie auseinandersetzen will.

Einige Kategorien

Die Bedeutung

In einem Nachlassfragment schreibt Dilthey: Die erste Kategorie ist die Bedeutung (vgl VII,

361).„Bedeutung ist die umfassende Kategorie, unter welcher das Leben aufaßbar wird“ (VII, 232).

Diese Kategorie ist aus den früheren Untersuchung des Erlebnisses bekannt. Diese Kategorie erwies

sich als was die Einheit des Erlebnisses überhaupt möglich macht. Aus dem stetigen Strom des

Lebens sondern sich einzelne, bestimmte Erlebnisse. Sie sondern sich von der einheitlichen

Bedeutung, die als Urtatsache des Lebens nicht weiter zurückführbar ist. Die Bedeutung bestimmt

die Bedeutsamkeit. Die Bedeutsamkeit ist das Ganze von einzelnen Bestandteile des Erlebnises und

des Lebens: „Bedeutsamkeit der einzelnen Teile des Lebens“ (VII, 128), oder noch „Bedeutsamkeit

ist die...Bestimmtheit der Bedeutung eines Teiles für ein ganzes“ (VII, 238 f.).

Jedes Erlebnis hat in sich die Gliederung, dass in ihm Teile zu einem Ganzen verbunden sind, durch

die Bedeutung. Insofern stehen sie in einem Zusammenhang.

„Der Zusammenhang des Erlebens in seiner konkreten Wirklichkeit liegt in der Kategorie der

Bedeutung...Bedeutung ist in diesen Erlebnissen als deren Zusammenhang konstituirend

enthalten“ (VII, 237, vgl. 195, 197). „Die Kategorie der Bedeutung bezeichnet das Verhältnis von

Teilen des Lebens zum Ganzen, das im Wesen des Lebens gegründet ist“ (VII, 233, vgl. 243, 244, IV,

177). Die ersten und formalsten Kategorien des Lebens und gelten über das einzelne Erlebnis hinaus

für alle Verhältnisse des Lebens bis hinein in die höchsten Gebilde des objektiven Geistes und der

Geschichte.

Die Struktur

Für Dilthey ist, sagt uns Bollnow, sie „wohl am meisten bezeichnende Kategorie“ und erscheint im

Nachlass manchmal gleichbedeutend wie „Bedeutungszusammenhang“ (S.146). In diesem Fall

bezeichnet es die Weise wie in der Welt des Geistes und des Lebens Teile zu einem Ganzen

verbunden sind.

„Während die Bedeutung die Kategorie für den unzerlegten Lebenszusammenhang ist, entsteht die

Kategorie der Struktur erst aus der Analysis desselben, wo Lebendes in ihm wiederkehrt“ (VII, 237).

Das Entscheidende ist hier, dass es ein Wiederkehren des Gleichen stattfindet: „Analysis in diesem

Sinne sucht nur das, was in diesem Wiederkehrenden enthalten ist“ (VII, 237).

Die besonderen Inhalte einer Lebenseinheit oder Gehalte des Erlebnisses werden im Begriff der

Struktur abgesehen. Jede Einheit, die sich begreifen lässt bildet sich in eine Struktur, was Dilthey

dazu bringt von „seelischen Struktur“, „Struktur der einzelnen seelischen Vorgänge“ oder noch des

überindividuellen geistigen Gebilde.

Die Entwicklung

Bisher war es in der Kategorien noch nicht die Rede von Zeitlichkeit. Die Vorstellung des Lebens einer

einzelnen Einheit beginnt mit der Bestimmtheit des Einzelexistenz. Diese wurde schon in den

Analysen, worauf die letzt erwähnten Kategorien beruhen. Diese BdE liegt eigentlich im

Ausgangspunkt der bisherige Analyse der Kategorien, indem das Einzelleben in ihrer

Unvorhandenheit bearbeitet wurde. Dies fand mit dem Gedanken, dass das Einzelleben immer

vornherein in einer umgebenden Welt gegeben ist und dies in einem Verhältnis von Impuls und

Widerstand und so durch den Druck der Außenwelt in seiner Endlichkeit bestimmt wird (vgl VII, 244)

„Die Begrenzung äußert sich nach außen als Druck der Welt auf das Subjekt...Aus dieser Begrenzung

aus ihr [der Einzelexistenz] ergibt sich ein Leiden an ihr und ein Streben, sie zu überwinden. Es ist

die Tragik der Endlichkeit und zugleich ihr Antrieb, über sie hinauszugehen“ (VII, 244).

Als Kraft in der Wechselwirkung der Kräfte entwickeln sich aus der Einzelexistenz also die Kategorien

des Wesens und der Entwicklung (VII, 244, 253, 363). „Diesen von innen bestimmten

Zusammenhang im Lebensverlauf, der den rastlosen Fortgang zu Veränderungen bestimmt, nenne

ich Entwicklung“ (VII, 244 f.)

Der Begriff der Entwicklung muss scharf von den metaphysische Entwicklungsbegriff unterscheidet

sein. Das Leben, das bisher in der Vordergrund der Begriffen gestellt war, stellt sich jetzt als

Bewegung. In dieser Entwicklung kommt die innere Natur des Lebens selbst zum Ausdruck, e. h.,

dass es in ihr das Glück des Lebens liegt, und ermöglicht insofern die Last des Daseins zu überwinden.

Die leitende Überzeugung von Leibniz nach Dilthey: „Leben heißt tätig sein, fortschreiten. Und Glück

ist das Gefühl dieses Fortschreitens“ (VII, 274).

Das Wesen

Die Tatsache, dass in der Entwickliung ein Selbiges durchhält macht die Kategorie des Wesens die

der Entwicklung zugehörig. Man muss hier Dilthey nicht im idealistischen Sinn verstehen: Wesen

bedeutet nicht eine inhaltlich bestimmbare Wesenheit, sondern nur das Durchhalten eines Selbigen

in der Veränderung (VII, 244, 253). Er ist mit der Entwicklung vereinigt und nicht etwas Selbständiges:

„Das Wesen hat...zu seiner anderen Seite die beständige Veränderung“ (VII, 244).

5)Weiterführung der diltheyschen Kategorienlehren

Die Weiterführung der Kategorienlehre Diltheys mit Plessner, Weizsäcker, von Uexküll und Portmann,

stützen sich auf eine beschreibende Psychologie. Sie folgen den Gedanke die Unterscheidung

zwischen Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften neu in Frage zu stellen, und damit

Beziehung zwischen Geist und Natur auch neu zu bedenken. Es wurde also auf wissenschaftlicher

Weise weitergesucht.

Für Plessner auch verwurzeln sich „die Kategorien der empirischen Biologie in den Kategorien des

Lebendigen selbst“ (Plessner 1975, 114). In der Arbeiten der Biologen wie von Uexküll, Buytendijk,

Adolf Portmann, ist es nicht die Gültigkeit der Kategorienlehre bestreitet, sondern deren

Parteinahme oder Einseitigkeit (71/82). Merleau-Ponty beschreibt ihren Projekt folgend: „Il y a deux

façons de considérer une inscription sur une vieille pierre: on peut se demander comment cette

inscription a pu être tracée, mais on peut aussi chercher à savoir ce qu’elle veut dire.“ (Merleau-

Ponty, M. (1994): La Nature. Cours du Collège de France, Paris).

Die Molekularbiologie folgt den Vorgang, über die „zweiten Qualitäten der

Phänomene“ hinauszugehen, um Erkenntnis der ersten zu gelangen. Portmann und Buytendijk

stehen dagegen, indem die Biologie für ihnen „keine Rechenschaft über die Erscheinungen der

lebenden Formen“ hat. Buytendijk vertritt eher eine „beschreibende und verstehende Biologie“,

„auf die Erscheinung, d.h., auf das Sichtbare, zurückzukommen“. Solche Biologie ermöglicht, nach

JCG, „die Verbindung zwischen den zwei Ebenen des psychologischen und hermeneutischen

Verständnisses“ von Dilthey zu denken (72/83). Sie sind zwei verschiedenen Lebensausdrücke:

elementar und überlegen (VII, 210; Bollnow, 192-216).

Die Zentralität der Begriffe von Deutung und Bedeutung in Uexküll. Für ihn soll nicht nur die Biologie

sich nicht mehr als Erläuterung von Kausalitätsverhältnisse begeben, also unser Kenntnis eine Form

der Deutung haben, sondern auch selbst die Aktivität der lebenden Formen in ihrer Umwelt ist als

Deutung zu verstehen. Er benutzt dafür das Beispiel des Einsiedlerkrebs: Der Einsiedlerkrebs hat

eine Wahrnehmung der Anemone, die abhängig von dem Zustand in dem er sich befindet abhängt:

als Schutz und pflanzt er ihr auf sein Muschel, aber wenn er von seinem Muschel beraubt ist, wird

er sie fressen. Die Erläuterung ist die folgende: der Tier hat keine stärkere Wahrnehmung des

„Objektes“, sondern das Tier nimmt „Bedeutungen oder Träger von Bedeutungen wahr“. Es

interpretiert Motive, die ihn dann in Bewegung setzt. Spinnennetz: „Ausführung der Bedeutung

Beute“ (73/84). Die Fliegenhaftigkeit des Netzes gebraucht keine vorherige wirkliche Erscheinung

einer Fliege.

Diese beschreibende und verstehende Biologie hat eigentlich dazu geführt Diltheys Kategorienlehre

weiterzuführen. Kategorien des Handelns und Erleidens: Plessner und Weiszäcker, und

anthropologischer, Uexküll und Portmann mit Begriff des Subjekts. Plessner fühlt sich in der Folge

von Dilthey, er will er hermeneutische Anthropologie schaffen. Für ihn aber, soll man die

„methodologische Perspektive der Kategorienlehre“ überwinden. Er bildet also Kategorien wie

Position, Grenze,...

Die medizinische Anthropologie von Weiszäcker kann man als Weiterführung der ersten

Kategorienlehre Diltheys (74/85). Erste Kategorienlehre: dass Handeln und Erleiden und Ipseität die

grundlegendsten Kategorien sind. Weiszäcker will sie als subjektive pathische Kategorien denken

und nicht mehr als rein ontischen Kategorien. Was wird zum Ausdruck damit gebracht? Die Situation,

die Art der Existenz, des Lebewesens“. Warum sind sie pathisch? Weil sie nicht das Dasein oder die

Vorgänge eines Lebewesens bestimmbar machen, sondern „des dem Gelebten eigene Erleiden des

Lebens“. Weil für ihn die Kausalität unfähig ist diese Phänomene zu beschreiben, führt er

psychologische Begriffe ein.

Kategorien der Substanz und der Ursache werden auf der Ipseität zurückgeführt (I, 395 u. 398-403)

Ästhetische Untersuchungen: 1886-1887. Die Erscheinung von Kategorien Bedeutung und Wert

ermöglicht Dilthey die Kategorie des Seins aus der erlebten Erfahrung aus abzuleiten. Finalität wird

in der Ideen aus der teleologischen Struktur des Seelebens zurückgeführt (V, 207). Diltheys

Originalität für Jean-Claude Gens ist, dass seine Kategorienlehre und die psycho-anthropologische

Grundlegung der Geisteswissenschaften sich auf eine Philosophie des Lebens stützen (68/79). Diese

Zurückführung der Kategorien auf die innere Erfahrung des Seelenlebens findet man genauso bei

Kant formuliert: „auf der inneren Thätigkeit unseres Geistes, als auf ihrem Grunde beruhen

müssen“ (Aa II, 199 f.). In dieser vorkritischen Stelle ist es die Rede der Großartigkeit von Leibniz.

Kant findet bei ihm, dass die Seele das Ganze Universum mit ihrer Vorstellungskraft erfasst. Aber die

Geringe der Erkenntnis zeigt, dass „alle Arten der Begriffe auf der inneren Thätigkeit unseres Geistes,

als auf ihrem Grunde beruhen müssen“. Kategorien des Lebens entspringen nicht aus der

Spontaneität des Verstands, sondern ursprünglich aus der Erfahrung des Widerstandes.

Man muss davon ausgehen, dass von dem Leben als dem zeitlich verlaufenden Zusammenhang die

innere Gliederung des Lebenszusammenhangs herausarbeitet ist. Dabei erschien, dass die kleinste

Einheit dieses Zusammenhangs das Erlebnis ist. Wenn dieses aufbauen will stießt man auf die

grundlegende Lebenskategorie der Bedeutung und die weiteren Kategorien des Wertes, des Zwecks

und der Kraft. Wenn man aber zu die zeitliche Gliederung des ganzen Lebens, und nicht mehr des

Erlebnisses zurückkehrt. Die Analyse dieser zeitlichen Kategorien in ihrem Zusammenwirken im

Erlebnis ist eigentlich eine Bearbeitung der Zeitlichkeit selbst. Das Leben insofern bildet einen

zeitlich-geschichtlich sich erstreckenden Gesamtverlauf und macht, dass jede kleinste Einheit dessen

(Erlebnis) auch zeitlich-geschichtlich ist.