„Die astronomische Uhr am Rathaus zu Olmütz/Olomouc“, in: Manfred SCHUKOWSKI, Uta JAHNKE and...

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1 Manfred SCHUKOWSKI, Uta JAHNKE und Wolfgang FEHLBERG (Hg.). Mittelalterliche astronomische Großuhren: Internationales Symposium in Rostock, 25. bis 28. Oktober 2012 (= Acta Historica Astrono- miae, 49), Leipzig 2014, S. 125–154 [S. 125] Die astronomische Uhr am Rathaus zu Olmütz/Olomouc 1 Günther Oestmann, Bremen Behandelt wird die Geschichte der astronomischen Uhr an der Fassade des Rathauses von Olomouc/Olmütz unter besonderer Berücksichtigung der umfassenden Überarbeitung und Erweiterung in den Jahren 1573–75 sowie den erhaltenen Bestandteilen aus dem 16. Jahrhun- dert, unter denen das Rete des Astrolabzifferblattes das bedeutendste Objekt ist. The paper treats the history of the astronomical clock at the face of the town hall of Olmütz/Olomouc with special consideration of the substantial reconstruction executed in 1573–75 and the extant parts of the clock. Among these the rete of the astrolabe dial is the most significant object. Von der astronomischen Uhr an der Fassade des Rathauses von Olomouc sind nur noch wenige Bestandteile aus früheren Zeiten erhalten, denn diese ist im Laufe der Jahrhunderte wiederholt um- und neugebaut worden. Am Aufstel- lungsort ist inzwischen keinerlei historische Substanz mehr vorhanden, denn bei der gegenwärtig vorhandenen Uhr handelt es sich um einen in der Nach- kriegszeit erfolgten Neubau. Sehr treffend stellte Richard Michalik (1901–1993) in seiner 1943 veröffentlichten Broschüre über die Olmützer Uhr fest: „Ihre Ge- schichte ist die Geschichte ihrer Wiederherstellungen“ 2 – und man muß hinzu- fügen: auch ihrer Vernachlässigung. Dies als besonders negativen Einzelfall hervorzuheben hat allerdings wenig Berechtigung, denn nahezu sämtliche mo- numentalen Uhren [S. 126] unterlagen, sofern diese nicht gänzlich beseitigt wurden, im Laufe der Jahrhunderte erheblichen Veränderungen und sind dem jeweiligen Zeitgeschmack angepaßt worden. Dabei fanden konservatorische As- pekte – wenn überhaupt – in der Regel eher nachrangige Berücksichtigung. 1 Die Hans R. Jenemann-Stiftung (Frankfurt/M.) und die Seeberg-Stiftung (c/o Ernst-Abbe- Stiftung, Jena) stellten freundlicherweise die Mittel für die erforderlichen Forschungsarbei- ten zur Verfügung. Ohne diese Unterstützung wäre mir die Abfassung des vorliegenden Aufsatz unmöglich gewesen, und hierfür sei beiden Institutionen herzlich gedankt. Bei mei- nen Recherchen in Olomouc waren mir Martin Zdražil, Dr. Peter Adamik (Vlastivědné mu- zeum/Regionalmuseum) und Dr. Miroslav Koudela (Státní okresní archiv/Bezirksarchiv Olomouc) sehr behilflich. 2 Michalik 1943, S. 9.

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Manfred SCHUKOWSKI, Uta JAHNKE und Wolfgang FEHLBERG (Hg.). Mittelalterliche astronomische Großuhren: Internationales Symposium in Rostock, 25. bis 28. Oktober 2012 (= Acta Historica Astrono-miae, 49), Leipzig 2014, S. 125–154 [S. 125]

Die astronomische Uhr am Rathaus zu Olmütz/Olomouc1

Günther Oestmann, Bremen Behandelt wird die Geschichte der astronomischen Uhr an der Fassade des Rathauses von Olomouc/Olmütz unter besonderer Berücksichtigung der umfassenden Überarbeitung und Erweiterung in den Jahren 1573–75 sowie den erhaltenen Bestandteilen aus dem 16. Jahrhun-dert, unter denen das Rete des Astrolabzifferblattes das bedeutendste Objekt ist. The paper treats the history of the astronomical clock at the face of the town hall of Olmütz/Olomouc with special consideration of the substantial reconstruction executed in 1573–75 and the extant parts of the clock. Among these the rete of the astrolabe dial is the most significant object.

Von der astronomischen Uhr an der Fassade des Rathauses von Olomouc sind

nur noch wenige Bestandteile aus früheren Zeiten erhalten, denn diese ist im

Laufe der Jahrhunderte wiederholt um- und neugebaut worden. Am Aufstel-

lungsort ist inzwischen keinerlei historische Substanz mehr vorhanden, denn

bei der gegenwärtig vorhandenen Uhr handelt es sich um einen in der Nach-

kriegszeit erfolgten Neubau. Sehr treffend stellte Richard Michalik (1901–1993)

in seiner 1943 veröffentlichten Broschüre über die Olmützer Uhr fest: „Ihre Ge-

schichte ist die Geschichte ihrer Wiederherstellungen“2 – und man muß hinzu-

fügen: auch ihrer Vernachlässigung. Dies als besonders negativen Einzelfall

hervorzuheben hat allerdings wenig Berechtigung, denn nahezu sämtliche mo-

numentalen Uhren [S. 126] unterlagen, sofern diese nicht gänzlich beseitigt

wurden, im Laufe der Jahrhunderte erheblichen Veränderungen und sind dem

jeweiligen Zeitgeschmack angepaßt worden. Dabei fanden konservatorische As-

pekte – wenn überhaupt – in der Regel eher nachrangige Berücksichtigung.

1 Die Hans R. Jenemann-Stiftung (Frankfurt/M.) und die Seeberg-Stiftung (c/o Ernst-Abbe-

Stiftung, Jena) stellten freundlicherweise die Mittel für die erforderlichen Forschungsarbei-ten zur Verfügung. Ohne diese Unterstützung wäre mir die Abfassung des vorliegenden Aufsatz unmöglich gewesen, und hierfür sei beiden Institutionen herzlich gedankt. Bei mei-nen Recherchen in Olomouc waren mir Martin Zdražil, Dr. Peter Adamik (Vlastivědné mu-zeum/Regionalmuseum) und Dr. Miroslav Koudela (Státní okresní archiv/Bezirksarchiv Olomouc) sehr behilflich.

2 Michalik 1943, S. 9.

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I. Zur frühen Geschichte der Olmützer Rathausuhr bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts

Bereits 1392 findet sich Erwähnung eines gewissen Nicolaus als „rector horolo-

gii“ im ältesten Stadtbuch.3 Es gab demnach gegen Ende des 14. Jahrhunderts

eine öffentliche Uhr in Olmütz, und um 1460 arbeiteten dort bereits 8 Uhrma-

cher4, so daß man die Stadt neben Prag als zweites bedeutendes Zentrum der

Uhrmacherei in Böhmen und Mähren ansehen kann. Über die frühe Geschichte

der Rathausuhr sind jedoch nur sehr spärliche Überlieferungen vorhanden.

Das angebliche Entstehungsjahr 1422 taucht erstmals in der 1746 von dem

Stadtsyndikus Florian Joseph Lautsky verfaßten, handschriftlichen „Geschichte

der königlichen Hauptstadt Olmütz“ auf.5 1808 wird von Joseph Wladislaw

Fischer der Name des aus Sachsen stammenden Uhrmachers Anton Pohl einge-

führt. Dieser soll zunächst 1419 die Uhr am Altstädter Rathaus in Prag, an-

schließend die Olmützer Rathausuhr für 156 Schock Groschen gebaut haben

und danach nach Breslau gegangen sein.6 Inwieweit es sich um eine historische

Tatsache oder eine Legendenbildung handelt, muß offenbleiben, denn es exis-

tieren keinerlei archivalische Nachweise, die eine derart frühe Entstehung der

Uhr belegen könnten.7 Vielfach wird auch erwähnt, daß der Rat besagtem Meis-

ter Pohl die Augen habe ausstechen lassen, damit dieser nicht für eine andere

Stadt ein etwa noch bedeutenderes Werk hätte schaffen können. Derartige Ge-

schichten werden jedoch über nahezu jede berühmte Monumentaluhr kolpor-

tiert und spiegeln keinesfalls historische Begebenheiten wider. Vielmehr gehö-

ren diese in den Fundus der Künstlerlegenden.8

Der Humanist Stephanus Taurinus (Stieröxl, geb. um 1485, † 1519) rühmt

im alphabetischen Index seiner Stauromachia, einem Versepos über den unga-

rischen Bauernkrieg von 1514, ein automatisches Werk, an dem sich wunderba-

rerweise die Tierkreiszeichen bewegten:

[S. 127] „In Autemate illo horario quod miris quibusdam signis semet volven-tibus ad fabre elaboratum est / ab mercatoribus extrariis quibus pleraque pars orbis peragrata est palma tribuitur uni Olomuntio.“9

3 Čermák 2005, S. 5. 4 Čermák 1972/73, S. 57f. 5 Kux/Kreß 1904, S. 9. 6 Fischer 1808, Bd. 1, S. 170. 7 Jenes Datum findet sich anschließend in mehreren späteren Publikationen (etwa Peyscha

1886, S. 1f.; Fischer 1966, S. 38). Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts kursierte auch die Zeitanga-be um 1490 (Kux/Kreß 1904, S. 21f.).

8 Kris/Kurz 1934, S. 118. 9 Taurinus 1514, fol. L2r.

3

Diese Erwähnung deutet darauf hin, daß es in Olmütz zu Beginn des 16. Jahr-

hunderts eine astronomische Uhr gegeben haben muß. Über deren Aussehen

vor der umfassenden Neugestaltung in den Jahren 1573–75 ist – abgesehen von

einer kurzen Erwähnung von Simon Ennius Klatovsky (1520–1561) – nichts

überliefert. In seinem 1550 erschienenen Lobgedicht auf die Stadt Olmütz heißt

es:

„Inferius monstrat certas properantibus horas,/ Quae stat in ambigua lubrica Sphaera rota./ Effigies odstant circum,/ temoneque recto Anni demonstrant ordine cuique dies“10

Wie es auch von anderen monumentalen Uhren überliefert ist, bedurfte die

Olmützer Uhr fortdauernder Wartungsarbeiten, die seit 1529 in den Stadtrech-

nungen und anderen Quellen belegt sind.11 1561 wurde der Uhrmacher Hans

Pohl für die Wartung der beiden städtischen Uhren (des Rathauses und von St.

Michael) als „städtischer Zeigermeister“ unter Vertrag genommen.12

II. Die erste umfassende Überarbeitung und Erweiterung in den Jahren 1573–1575

Die erste Neugestaltung der astronomischen Uhr erfolgte im Zuge umfassender

Baumaßnahmen, die in den Jahren 1564–1581 durchgeführt wurden.

Olmütz hatte sich zum politischen und kulturellen Zentrum Nordmährens ent-

wickelt und die Stadt war durch die Vermehrung des Landbesitzes etlicher Bür-

ger zu großem Wohlstand gelangt. Man suchte nunmehr das Rathaus repräsen-

tativer auszustatten: 1564 wurde dessen Ostportal vollendet und 1581 die Rats-

stube außerordentlich reich neu ausgestaltet.

Zunächst hatte der Rat über seinen Vertrauensmann, den kaiserlichen Hof-

sekretär Walter v. Waltersperg, mit dem Arzt und Astronomen Thaddäus Hage-

cius (Tadeáš Hájek z Hájku, 1525–1600)13 verhandelt, allerdings erfolglos, da

[S. 128] dieser nicht abkömmlich war. Waltersperg benannte daraufhin einen

10 Klatovsky 1550; dt. Übers.: Unten zeigt eine Uhr mit eilenden Zeigern die Stunden,/ Deren

Rund über zwei kreisende Scheiben sich dreht;/ Ringsum stehen Gestalten, mit sicherem Stabe sie weisen/ Nach der Ordnung des Jahrs Jeglichem richtig den Tag (Michalik 1943, S. 6).

11 S. d. Nachweise bei Kux/Kreß 1904, S. 101f., 107, 109f. 12 Ebd., S. 111; Čermák 2005, S. 12. Lt. J. W. Fischer war dieser angeblich ein Urenkel von An-

ton Pohl (Fischer 1808, Bd. 1, S. 172). 13 Kux/Kreß 1904, S. 31.

4

Kollegen von Hagecius, den kaiserlichen Mathematiker und Leibarzt Paulus

Fabricius (1529–1588), der größtes Interesse an den Arbeiten bekundet hatte.

Fabricius stammte aus Lauban in der Lausitz (heute Lubań in Polen)14 und

scheint bei Johann Schöner in Nürnberg Astronomie studiert zu haben.

Er wurde 1554 mit einem Empfehlungsschreiben des Bischofs von Eichstätt per

saltum zum Magister an der Universität Ingolstadt zum Magister promoviert.

Zum Beweis seines Könnens veranstaltete Fabricius vor der versammelten Uni-

versität eine Vorführung mit mathematischen Instrumenten, die derartigen

Eindruck machte, daß der Promotion zugestimmt wurde. Die Instrumente

schenkte Fabricius anschließend der Universität und machte sich sogleich nach

Wien auf, wo er eine Lektur für Mathematik übernahm.15 An der Wiener Uni-

versität lehrte er neben der Mathematik auch Poesie und Rhetorik und wandte

sich medizinischen Studien zu. 1557 wurde Fabricius der Doktortitel verliehen

und er im Jahr darauf zum Professor ernannt. Neben der Botanik und Karto-

graphie16 galt sein Interesse auch der Konstruktion und dem Bau wissenschaft-

licher Instrumente und Uhren. So berichtete Fabricius 1557 von einer Uhr, die

Bruchteile von Sekunden anzuzeigen vermochte17, und er entwarf Holzschnitte

für die Anfertigung von wissenschaftlichen Instrumenten. 1564 überreichte er

der Stadtbibliothek in Zittau eine Säulchensonnenuhr18, und im Inventar der

herzoglichen Kunstkammer in München ist 1598 ein Kartonastrolabium mit

aufgeklebten Holzschnitten von Fabricius erwähnt, das auf der Rückseite eine

Landkarte zeigte.19

1577 entwarf Fabricius zwei Triumphbögen für den Einzug Rudolfs II. in

Wien und sah hierbei neben diversen Mechanismen auch einen beweglichen

Erdglobus zur öffentlichen Demonstration der copernicanischen Lehre vor.20

Von 1558 bis 1578 war Fabricius fünfmal Dekan seiner Fakultät und Hofma-

thematiker dreier Kaiser in Folge (von Ferdinand I., Maximilian II. und Rudolf

II.). Er wurde 1578 Mitglied der Kaiserlichen Kommission für die Reform des

Julianischen Kalenders und zählte zu den Gutachtern des Vorschlags Aloisius

14 Biobibliographische Angaben bei Otto 1800/21, Bd. I, S. 300–303, Aschbach 1865/88,

Bd. III, S. 187–194, Winter 1980 (zu Fabricius’ astronomischer Tätigkeit s. S. 62–87), Fröde 2010.

15 Schöner 1994, S. 374. 16 Winter 1980, S. 88–91; Fröde 2010, S. 62–64. 17 „[...] Horologium, exigua quantitate est, et sine ambiguitate in eo non modo minuta, sed

etiam secunda scrupula, imo & quindena tertia scrupula, notari poterunt“; zit. nach Da-Costa Kaufmann 1991, S. 224.

18 Die Sonnenuhr ist erhalten (Zittau, Städtisches Museum: Inv. Nr. 3234/2743), und der Be-gleitbrief von Fabricius an Bürgermeister Nikolaus v. Dornspach (1516–1580) wird in der Christian-Weise-Bibliothek in Zittau verwahrt (Mscr. A 72 [17]; s. Fröde 2010, S. 67–70).

19 „Ein gedruckht doppelt Astrolabium, aines Coeleste, das ander Terrestre, Pauli Fabritij Caesarej Mathematici, auf Papen gezogen“ (Diemer 2004, S. 151, Nr. 1884).

20 DaCosta Kaufmann 1993, S. 142–144.

5

[S. 129] Lilios (geb. um 1510, † 1576), der die Grundlage für die 1582 unter

Papst Gregor XIII. beschlossenen Maßnahmen bildete.21

Die Konzeption der astronomischen Anzeigen der Olmützer Rathausuhr wurde

von Fabricius erstellt und auch zum Teil selbst praktisch ausgeführt. In dem am

6. Juli 1573 geschlossenen Vertrag mit der Stadt (Transkription im Anhang)

verpflichtete sich Fabricius, der Stadt und dem Uhrmacher Hans Pohl als Bera-

ter zur Seite zu stehen und zwei Hauptbestandteile zur „vornewerung vnnd

vorbesserung des alten weitberumbten Vhrwercks“ anzufertigen: die Grund-

platte (Tympanum) für das Astrolabium mit einer Erdkarte und das darüberlie-

gende Netz (Rete). Weiterhin sollte die „alte vnderste scheiben“ erneuert wer-

den, womit sehr wahrscheinlich die Kalenderscheibe gemeint war.22 Zudem be-

inhaltete der Vertrag die Verpflichtung zur Übergabe von Planzeichnungen

(Visirungen) und einer Beschreibung der fertiggestellten Uhr für die Instand-

haltung des Werkes (diese Dokumente sind leider nicht erhalten). Sämtliche

Arbeiten waren binnen eines halben Jahres fertigzustellen, und Fabricius soll-

ten dafür 500 rheinische Gulden in zwei Raten gezahlt werden. Darüberhinaus

erhielt Fabricius zwei Pferde, und ihm wurde freie Verpflegung am Orte zugesi-

chert. Die Fertigstellung der Arbeit hat sich zwar etwas verzögert, war aber in

weniger als einem Jahr vollendet. Später (1580/86) kam zu dem Ensemble

noch die Steuerung eines Zifferblattes im Sitzungssaal des Rathauses hinzu.

Diese Arbeit wurde von dem aus Annaberg in Sachsen stammenden Uhrmacher

Daniel Sandberger ausgeführt, der dazu einen Mechanismus zum Schlagen der

„halben deutschen Uhr“ (von 1 bis 12) baute.23

Die Kunde von den anstehenden Arbeiten an der astronomischen Uhr

scheint sich weit verbreitet zu haben: Unmittelbar nach Beendigung der Arbei-

ten an der Straßburger Münsteruhr bewarb sich der Straßburger Mathematiker

Conrad Dasypodius (1531–1601) im September 1574 mit einem Empfehlungs-

brief Kaiser Maximilians II. um das Projekt.24

21 S. dazu im einzelnen Kaltenbrunner 1877, S. 491–493, 530. 22 Die stark verwitterte, im 18. Jahrhundert für die Jahre 1746–1849 übermalte Kalender-

scheibe mit einem Durchmesser von 190 cm befindet sich im Depot des Vlastivědné mu-zeum (Regionalmuseums) in Olomouc (Inv.-Nr. CH 967; s. Horský/Šimková 1985, S. 20).

23 Kux/Kreß 1904, S. 34, 36f.; Wiedergabe der Rechnungsbelege auf 115f. Mit einer Summe von 340 Schock Groschen waren die Kosten hierfür exorbitant hoch.

24 Empfehlungsbrief Kaiser Maximilians für Conrad Dasypodius vom 30.9.1570 (Olomouc, Státní okresní archiv (Bezirksarchiv): Archiv města Olomouc, Zlomky registratur 1426–1786 (Archiv der Stadt Olmütz, Bruchstücke der Registraturen 1426–1786), Karton 161; Inv.-Nr. 4471); Brief von Dasypodius an den Rat der Stadt Olmütz vom 20.9.1574 (ebd., Inv.-Nr. 4481).

6

[S. 130] Rete des Astrolabiums der Olmützer Rathausuhr von Paulus Fabricius (Olomouc, Vlastivědné muzeum: Inv.-Nr. CH 936) [S. 131] Rete des Astrolabiums der Olmützer Rathausuhr (Detailaufnahme der Plejaden und des Sterns Procyon) [S. 132] Rete des Astrolabiums der Olmützer Rathausuhr (Detailaufnahme der Sterns Sirius) [S. 133] Räderwerk für die astronomischen Indikationen der Olmützer Rat-hausuhr aus dem 16. Jahrhundert (Olomouc, Vlastivědné muzeum) [S. 134] Astronomisches Getriebe der Olmützer Rathausuhr mit Angabe der Inventarnummern der Bestandteile (Zeichnung des Verfassers)

[S. 135] Vom Astrolabium der Olmützer Rathausuhr ist nur das Rete erhalten,

dessen Durchmesser 1460 mm beträgt.25

Es ist aus vier einzelnen, aus Kupferblech geschnittenen Quadranten zu-

sammengesetzt, die mit schmiedeeisernen Streben auf der Rückseite vernietet

sind. Von der ursprünglich vorhandenen Vergoldung sind aufgrund der

jahrhundertelangen Exposition in Wind und Wetter nur noch vereinzelte Reste

erhalten. Alle Linien, Teilungen und Schriftzüge wurden wahrscheinlich zuerst

in die Metallplatte graviert und erst danach die einzelnen Quadranten getrennt

und an bestimmten Stellen ausgeschnitten, damit das Netz die Grundplatte so

wenig wie möglich verdeckte. Das reiche Dekor ist fast genau symmetrisch zum

Kolur (Großkreis) der Solstitien angelegt.

Der Wendekreis des Steinbocks bildet den äußeren Kreisumfang des Rete,

und daraus ergibt sich, daß es sich um ein Astrolabium handelt, bei dem das

Projektionszentrum im Südpol der Himmelskugel liegt („nördliches Astrolab“).

Es handelt sich um die bei tragbaren Astrolabien und den späteren Monumen-

taluhren des ausgehenden 15. und 16. Jahrhunderts verwendete Standardpro-

jektion. Bei den älteren Uhren wurde bei der Astrolabkonstruktion dagegen die

Projektion vom Himmelsnordpol aus angewandt („südliches Astrolab“), so daß

der Wendekreis des Krebses außen liegt. Dies ist bei den astronomischen Uhren

in Lund, Stralsund, Bad Doberan, Wismar, Bourges, Chartres, Villingen, Prag,

Bern, wie auch wahrscheinlich in Frankfurt und bei der ersten Straßburger

25 Olomouc, Vlastivědné muzeum (Regionalmuseum): Inv.-Nr. CH 936, ausführlich beschrie-

ben von Zdenĕk Horský in seinem Aufsatz „Fabriciovo planisférium z olomouckého orloje“, in: Horský/Šimková 1985, S. 29–32, dem zahlreiche der nachfolgenden Angaben entnom-men sind.

7

Münsteruhr der Fall, die sämtlich bis etwa Mitte des 15. Jahrhunderts entstan-

den sind.26

Die Genauigkeit und Ablesemöglichkeiten sind in beiden Fällen gleich.

Bei den frühen monumentalen Astrolabuhren gelang es durch die Verwendung

der stereographischen Projektion aus dem Himmelsnordpol den Jahreslauf der

Sonne anschaulicher darzustellen, denn hier ist der Tagesbogen der Sonne im

Sommer länger als im Winter, wie es ja den natürlichen Verhältnissen ent-

spricht. Liegt das Projektionszentrum im Himmelssüdpol, verhält es sich um-

gekehrt. Daß die ältere Darstellungsart verlassen wurde, hängt sicherlich mit

der wachsenden Verbreitung tragbarer Astrolabien im 15. und 16. Jahrhundert

zusammen, die bis auf ganz wenige Ausnahmen die stereographische Projektion

aus dem Himmelssüdpol aufweisen. Die Olmützer Uhr gehört mit Münster,

Ulm, St. Omer, Lyon [S. 136] und der zweiten Straßburger Münsteruhr von

1571/74 zu jener Gruppe späterer Monumentaluhren.27

Außer der Ekliptik finden sich auf dem Rete sowohl der Himmelsäquator als

auch der Wendekreis des Steinbocks, die Koluren der Sonnenwende und der

Tagundnachtgleiche sowie der Großkreis, welcher den Ekliptikpol und die

äquinoktialen Punkte durchschneidet. Der Himmelsäquator, lateinisch als cir-

culus aequinoctialis bezeichnet, ist – beginnend mit dem Frühlingspunkt –

in 360° und die Ekliptik in jeweils zwölf Abschnitte zu 30° geteilt.

Die Darstellung der Ekliptik ist jedoch sehr ungewöhnlich, und durch diese

Formgebung wurde eine im Vertrag festgelegte Forderung erfüllt: Da die Mond-

bahn der Ekliptik gegenüber um etwa fünf Grad geneigt ist, weicht der Mond in

diesem Umfang auf beiden Seiten von der Ekliptik in die Breite aus, und ent-

sprechend unterscheidet sich die Zeit des Auf- und Untergangs von dessen Po-

sition auf der Ekliptik. Damit man an der Uhr auch die Zeit der tatsächlichen,

d. h. von der Breitenbewegung beeinflußten Auf- und Untergänge des Mondes

ablesen konnte, fügte Fabricius an beiden Seiten der Grundkreislinie der Eklip-

tik fünf jeweils um ein Grad verschobene Kreislinien mit der gleichen ekliptika-

len Breite hinzu. Weil aber dadurch ein sehr breiter Streifen entstand, der das

Liniensystem auf der Grundplatte zu sehr verdeckt und es unmöglich gemacht

hätte, direkt entlang des Ekliptikrings abzulesen, wählte Fabricius eine originel-

le und scharfsinnige Lösung: Entlang der Ekliptik wurden Flächen von zehn

Graden ekliptikaler Länge und fünf Graden ekliptikaler Breite abwechselnd auf

26 Die astronomische Uhr Richard Wallingfords (1292–1336) besaß dagegen ein Astrolabium

mit Südprojektion, woraus gefolgert werden kann, daß er an die antike Tradition der anaphorischen Uhren anknüpfte, denn die in Salzburg und in den Vogesen gefundenen Bruchstücke von Bronzescheiben anaphorischer Uhren aus dem 2. Jahrhundert besaßen ebenfalls Südprojektionen (North 1975, S. 388).

27 Horský 1967, S. 29–32.

8

der nördlichen und südlichen Seite der Ekliptik schachbrettartig geöffnet.

Auf diese Weise ist eine Ablesung der Gradmarkierungen und Linien auf der

Grundplatte entlang des gesamten Ekliptikumfangs, insbesondere der Hori-

zontlinie zur Beobachtung der Auf- und Untergänge der Sonne, möglich.

Durch diese à jour-Technik erhielt das Rete der Olmützer Rathausuhr seine

charakteristische Gestalt, die es auf den ersten Blick von allen anderen unter-

scheidet.28

Alle Zeichen der Ekliptik, die beiden Koluren, der Äquator und die Kreisli-

nien der ekliptikalen Breiten sind beschriftet. Die Schrift ist eingraviert und war

ursprünglich mit schwarzer oder roter Farbe gefüllt, von der nur noch wenige

Spuren sichtbar sind. Wie es bei dem Rete eines Astrolabiums üblich ist, sind

auch hier nur einige der hellsten Sterne eingezeichnet, deren Auswahl sich nach

der Möglichkeit richtet, ihre Zeichen problemlos zu der Grundstruktur des Net-

zes hinzuzufügen. Der breite Streifen entlang der Ekliptik ermöglichte es Fabri-

cius, besonders die zodiakalen Sterne zu bevorzugen.

Insgesamt sind auf dem Netz 28 Sterne vorhanden und namentlich bezeich-

net. Nur die Sterngruppe der Plejaden ist summarisch benannt. Die Fläche, auf

der die sechs Sterne der Plejaden eingezeichnet sind, ist sehr klein und besitzt

[S. 137] nur einen Durchmesser von 16 mm. Ansonsten sind die Sterne sechs-

zackig mit Kreisen entsprechend ihrer scheinbaren Größe konstruiert.

Der Kreis für den hellsten Stern (Sirius) hat einen Durchmesser von 23 mm, für

Procyon sind es 18 mm und für die anderen Kreise 15 mm. Sirius und Procyon,

bei Fabricius mit den Namen ihrer Sternbilder als Großer Hund und Kleiner

Hund (Canis maior und Canis minor) beschriftet, sind als einzige in figürliche

Darstellungen ihrer Zeichen eingegliedert, während andere Sterne nur mit ih-

rem Zeichen und der Beschriftung versehen sind. Betrachtet man die Plejaden

als eine Gruppe, sind die Sterne auf dem Rete ungleichmäßig verteilt: Im Quad-

rant der Sommerzeichen (Krebs, Löwe und Jungfrau) befinden sich 8 Sterne, in

dem vorangehenden Quadranten (Widder, Stier, Zwillinge) 7 Sterne, im dritten

Quadranten (Waage, Skorpion und Schütze) 6 Sterne, und in den restlichen

drei Zeichen nur 2 Sterne. Das Zeichen des Löwen weist die meisten Sterne (4)

auf.

Die Sternpositionen weisen eine gewisse Streuung auf, und es ist bislang

nicht bekannt, welches Sternverzeichnis Fabricius für die Positionierung der

Fixsterne auf dem Rete verwendet hat. In zwei Fällen kam es zu Fehlern: Arctu-

rus (α Bootis) ist in der Deklination stark abweichend. Ein noch gravierender

28 Die geometrische Konstruktion zu erläutern, würde hier zu weit führen. Diese ist bei Ritter

1613, S. 89–92 beschrieben.

9

Fehler ist die Position von Capella (α Aurigae), dessen ekliptikale Breite negativ

statt positiv genommen wurde. Capella rutschte dadurch zwischen drei Sterne

im Sternbild Orion (α Orionis/Betelgeuse, γ Orionis/Bellatrix und β Orio-

nis/Rigel). Es ist erstaunlich, daß Fabricius dieser Fehler entgangen ist und un-

korrigiert blieb.

Paulus Fabricius hat den neuen Stern in der Cassiopeia beobachtet, der 1572

aufleuchtete und einige Monate lang neben Sonne und Mond das hellste Objekt

am Himmel blieb, und fand keine wahrnehmbare Parallaxe.29 Das Himmels-

phänomen war bis Anfang des Jahres 1574, also während eines Großteils der

Zeit, in der das Rete des Astrolabiums angefertigt wurde, sichtbar. Fabricius hat

die Position dieses außergewöhnlichen Objekts jedoch nicht auf dem Rete ein-

getragen.30

Den äußeren Rand des Rete bildet ein Ring mit dem Julianischen Kalender.

Jedem Jahrestag ist ein Teilstrich zugewiesen und am 31. Dezember noch ein

Vierteltag hinzugefügt. Das Frühlingsäquinoktium fällt auf den 11. März, das

Sommersolstitium auf den 12. Juni, das Herbstäquinoktium auf den 13. Sep-

tember und das Wintersolstitium auf den 12. Dezember. Der Frühling dauerte

demnach 93 Tage, der Sommer 93,2 Tage, der Herbst 90 und der Winter 89,05

Tage. [S. 138] Der nach mittlerer Zeit rotierende Sonnenzeiger berücksichtigte

die ungleichmäßige Einteilung des Kalenderringes natürlich nicht.

Auf dem Kalenderring sind 74 Feiertage namentlich eingetragen, und hier zeigt

sich, daß das Rete in Wien angefertigt wurde, denn die Auswahl nimmt keine

Rücksicht auf die Feiertage in Mähren, sondern entspricht den Gegebenheiten

in Wien. Bereits acht Jahre nach Fertigstellung der Olmützer Rathausuhr wur-

de der Kalender durch die gregorianische Kalenderreform ungültig. Eine Ver-

schiebung der Markierungen für die Äquinoktial- und Solstitialpunkte um 10

Tage hat man offenbar nicht in Betracht gezogen.

Auf der nicht erhaltenen Grundplatte (Tympanum) war neben den Wende-

kreisen und dem Himmelsäquator wahrscheinlich das bei tragbaren Astrola-

bien übliche Liniennetz (Höhenkreise/Almucantarate, Azimutlinien, Dämme-

rungslinie, Linien für die Grenzen der astrologischen Häuser und Temporal-

stunden) eingezeichnet. Hierzu war im Vertrag gefordert, daß von diesen Krei-

sen „mehr als in gemeinem brauch“ vorhanden sein sollten. Möglicherweise

29 Hellman 1944, S. 115, 360f. 30 Auf dem Astrolabium der zweiten Straßburger Münsteruhr von 1571/74 waren zwar keine

Sternpositionen vermerkt, aber Conrad Dasypodius stattete die Uhr mit einem mechanisch angetriebenen Sternglobus aus, auf dem die Position der Nova eingezeichnet ist. Dasypodi-us war allerdings der Auffassung, daß es sich um ein Phänomen der sublunaren Sphäre handeln müsse und bezeichnete es als Komet (Dasypodius 1580/2008, S. 132/133).

10

waren damit kleine Gradabstände der Almucantarate und Azimutlinien ge-

meint.

Über die Landkarte („Mappa des Erdtreichs“), die den Raum innerhalb des

Wendekreis des Krebses31 einnahm, ist nichts überliefert, was um so bedauerli-

cher ist, als dieses Objekt ein wichtiges Belegstück für Fabricius’ Aktivität als

Kartograph wäre.

Vor dem Rete bewegten sich ursprünglich ein Sonnen- und ein Mondzeiger.

Der Sonnenzeiger lief einmal an einem mittleren Sonnentag um; auf dem

Zifferblatt zeigte er die Zeit an und auf der Ekliptik die Position der Sonne im

jeweiligen Zeichen. Die Position des Mondes ergab sich aus der Stellung des

Mondzeigers. Eine rotierende, zur Hälfte geschwärzte und vergoldete Kugel am

Ende des Zeigers zeigte die Mondphasen an. Da aber kein Zeiger für die Bewe-

gung der Mondknoten vorhanden war, konnten Finsternisse nicht angezeigt

werden.

Das Netz der Olmützer Rathausuhr ist nicht nur hinsichtlich seiner Kon-

struktion ungewöhnlich, sondern auch, was die Fülle der Daten betrifft. Es war

offenbar das Bestreben des Stadtrats, ein möglichst großartiges und anspruchs-

volles Werk zu schaffen, doch ist kaum anzunehmen, daß die im Vertrag nie-

dergelegten, sehr detaillierten Spezifikationen von den Ratsherren selbst for-

muliert wurden. Vielmehr wird Fabricius seine Ideen und Vorstellungen einge-

bracht haben, die sich dann in den Ausführungsbestimmungen niederschlugen.

Vergleicht man das Rete mit dem Gegenstück der zweiten astronomischen

Uhr des Straßburger Münsters von 1571/74 (Straßburg, Musée des Beaux-Arts),

so fällt auf, daß diese wesentlich mehr astronomische Informationen als die

Olmützer Rathausuhr bot, wurden doch neben der Bewegung der Mondknoten

auch der Umlauf von Mars, Jupiter und Saturn angezeigt. Jedoch war das Rete

der [S. 139] Straßburger Uhr wesentlich einfacher konstruiert. Im Gegensatz

zur Olmützer Uhr gab es in Straßburg nur einen exzentrischen, in die zwölf Zei-

chen eingeteilten Ekliptikring, und Sternpositionen fehlten gänzlich.32 Anderer-

seits war der praktische Nutzen der ambitionierten Konstruktion in Olmütz

eher gering, denn aufgrund der Höhe des Zifferblattes und der verhältnismäßig

großen Entfernung waren weder die winzigen Darstellungen der Sterne noch

deren Bezeichnung zu sehen. Allenfalls mochte man die Lage der Ekliptik und

einzelnen Tierkreiszeichen wahrnehmen, die verhältnismäßig groß beschriftet

waren. Auch abgesehen davon scheint das Ganze in gewisser Hinsicht Selbst-

zweck und eine Art wissenschaftlicher tour de force gewesen zu sein, denn es

31 Im Vertragstext ist auf fol. 1r irrtümlicherweise der Wendekreis des Steinbocks genannt

(s. Anhang Nr. 1). 32 Oestmann 2000, S. 101ff.

11

war ohnehin nur entsprechend gebildeten Fachleuten möglich, die astronomi-

schen Inhalte des Zifferblattes zu verstehen. Jedoch war der repräsentative

Wert eines derartigen Spitzenerzeugnisses von Wissenschaft und Technik sehr

groß, und die Stadt Olmütz ließ sich dieses etwas kosten: Die für die Neugestal-

tung der Uhr aufgewendeten Beträge erreichten im Zeitraum von 1570 bis 1575

rund 750 Schock Groschen, was etwa einem Sechstel des jährlichen Budgets

von 4000–5000 Schock Groschen entsprach (s. Anhang, Nr. 4).

III. Die Geschichte der Uhr bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges, besonders aber der Besetzung der Stadt

durch schwedische Truppen in den Jahren 1642–1650, wurde die Uhr stark

mitgenommen, weshalb eine Renovierung notwendig wurde. Diese fand in den

Jahren 1661/62 statt und wurde von dem Uhrmacher Franz Jahn durchgeführt,

der von dem in der Mathematik und Astronomie bewanderten Jesuiten Anton

Gebhardt beraten wurde. Kurz darauf mußte die Uhr allerdings wegen ihres un-

regelmäßigen Ganges wiederholt gerichtet werden, so daß die ausgeführten Ar-

beiten offenbar unzureichend waren. Aus dieser Zeit stammt die älteste erhal-

tene bildliche Darstellung der Olmützer Rathausuhr. Es handelt sich um eine

lavierte Federzeichnung, die eine ungefähre Vorstellung vom Aussehen der Uhr

um die Mitte des 17. Jahrhunderts vermittelt.33

1746–1747 wurden im Zusammenhang mit der Renovierung des Rathauses

auch Umbauten an der Uhr vorgenommen, wobei die uhrentechnischen Arbei-

ten Johann Gervasius Gemple aus Olmütz und das Orgelspiel dem aus Passau

zugewanderten Johann Paul Weniger übertragen wurde. Die Malerarbeiten

führte

[S. 140] Älteste Darstellung der Olmützer Rathausuhr (Federzeichnung, um 1660; Olomouc, Státní okresní archiv: Karten- und Plansammlung, IX/2) [S. 141] Ansicht der Olmützer Rathausuhr nach der Renovierung von 1746/47 (Aquarell von Joseph Wladislaw Fischer, 1805; Olomouc, Státní okresní archiv, Lithographien- und Photographiensammlung: XXXII/25)

33 663 x 382 mm; Olomouc, Státní okresní archiv (Bezirksarchiv): Karten- und Plansamm-

lung, IX/2.

12

[S. 142] Frühe Photographie der Olmützer Rathausuhr (Atelier A. Pichler & Co., 1863; Olomouc, Státní okresní archiv, Lithographien- und Photographien-sammlung: X/5)

[S. 143] der im mährischen Johnsdorf gebürtige Freskomaler Johann Chris-

toph Handke (1694–1774)34 aus. Aus dieser Zeit existiert keine bildliche Quelle,

aber neben Skizzen Handkes35 und einer Beschreibung von seiner Hand ist ein

Aquarell von Joseph Wladislaw Fischer aus dem Jahre 1805 erhalten, das den

Zustand der Uhr nach der Renovierung zeigt.36 Unten ist die Kalenderscheibe

für den Zeitraum von 1746 bis 1849 und darüber das Astrolabium mit Sonnen-

und Mondzeiger zu sehen. Dieses wird von vier kleineren Zifferblättern flan-

kiert (links zur Anzeige der Viertelstunden und Stunden, rechts ein Halbkreis

vermutlich zur Angabe der Planetenstunden und ein Zifferblatt mit ungleicher

Teilung, dessen Funktion unklar ist). Anstelle der gotischen Baldachine sind

nunmehr barocke Dachhauben angebracht; in einem weiteren Stockwerk der

Uhr kamen links die Darstellung von Adam und Eva und rechts die Flucht nach

Ägypten hinzu. Im Medaillon (oben in der Mitte) ersetzte ein Bildnis Kaiserin

Maria Theresias das bis dahin vorhandene Porträt Leopolds I., und zu beiden

Seiten des Kalendariums befanden sich ein Porträt des Malers Handke und des

angeblichen ersten Schöpfers der Uhr Anton Pohl mit der Jahreszahl 1422.

Auch der lateinische Spruch am Sockel sowie die Mondphasenanzeige über dem

Bilde der Maria Theresia kamen neu hinzu. Nach der Belagerung der Stadt

durch die Truppen Friedrichs II. im Jahre 1758 und infolge mangelnder Pflege

war die Uhr „ihrer gänzlichen Erlöschung nahe“, wie J. W. Fischer 1808 be-

klagte.37 In den Jahren 1810–1811 erfolgten zwar Ausbesserungsarbeiten durch

den aus Dillingen stammenden Johann Martin Brügel, doch versagte die Uhr

1823 erneut ihren Dienst und stand bis 1898 endgültig still. 1832 machte der

Olmützer Uhrmacher Ludwig Leowille einen Vorschlag zur Wiederherstellung,

doch wurde dieser nicht umgesetzt. Im Laufe der Jahre gingen Bestandteile des

vernachlässigten Werkes und auch einzelne der mechanisch bewegten Figuren

verloren. Die inzwischen verblaßten und beschädigten Fresken und Inschriften

wurden durch den Olmützer Maler Anton Komarek im Jahre 1871 überarbei-

tet.38

34 Neue Deutsche Biographie, Bd. 7, S. 606–608; Kux/Kreß 1904, S. 146f. 35 Olomouc, Státní okresní archiv (Bezirksarchiv): Lithographien- und Photographiensamm-

lung, XXXII/26; Olomouc, Muzeum umění: K 1318, 1384. 36 754 x 392 mm, bez. Abbildung der kunstlichen Uhr an dem Olmützer Rathause in ihren

vortreflichen Zustand vom Jahre 1747; Josephus Wladislaus Fischer Iuris Doctor, deli-neavit, pinxit que Olomutii die XV. Februarii MDCCCV (Olomouc, Státní okresní archiv [Bezirksarchiv], Lithographien- und Photographiensammlung: XXXII/25).

37 Fischer 1808, Bd. 1, S. 170. 38 Kux/Kreß 1904, S. 151.

13

Aus dem Jahre 1863 ist eine Photographie der Uhr erhalten39, die noch im we-

sentlichen dieselben Details wie das bereits erwähnte Aquarell Fischers von

1805 zeigt. Jedoch war inzwischen das Bildnis Maria Theresias durch ein Port-

rät von Kaiser Franz I. ausgetauscht worden.

[S. 144] Feierliche Enthüllung der neugebauten Uhr am Olmützer Rathaus am 22.5.1898 (Aufnahme von H. Schleif; Olomouc, Státní okresní archiv, Lithogra-phien- und Photographiensammlung: XXXIX/4) [S. 145] Die in den Jahren 1947–1955 neuerrichtete Uhr am Olmützer Rathaus (Postkarte, um 1990)

[S. 146]

IV. Die umfassende Neugestaltung der Uhr in den Jahren 1894–1898 und deren Aussehen bis in die Gegenwart Der umfangreichen fünften Wiederherstellung von 1894–1898 gingen Anläufe

über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren voraus. Bereits im Jahre 1866 hat-

te der Stadtrat von dem Prager Uhrmacher Johann Hollub einen Projektent-

wurf erbeten, und 1878 arbeitete auch Pfarrer Anton Schwarz in Speitsch bei

Mährisch-Weißkirchen, der sich mit astronomischen Fragen beschäftigte, an

einem Plan zur Erneuerung der Rathausuhr. Jedoch starb Schwarz vier Jahre

darauf, ohne die Arbeiten vollendet zu haben. 1885 wurde schließlich der „Ver-

ein zur Wiederherstellung der astronomischen Kunstuhr in Olmütz“ gegründet,

ein Betrag von 25.000 Gulden eingeworben und 1891 ein Wettbewerb für die

Wiederherstellung der Kunstuhr ausgeschrieben.40 Drei Jahre darauf wurden

die Verträge mit den Unternehmern und Künstlern abgeschlossen und die

Turmuhrenfabrik Eduard Korfhage & Söhne im westfälischen Buer mit der

Herstellung eines Werkes beauftragt. Das mit einer Schwerkrafthemmung aus-

gestattete Uhrwerk stellte man im ersten Stockwerk des Rathauses unmittelbar

hinter der Uhrennische auf. Die im Laufe der Zeit mehrfach übermalten Fres-

ken Handkes wurden gänzlich beseitigt und neue Gemälde bei dem Wiener Ma-

ler Richard Bitterlich (1862–1940) in Auftrag gegeben. Bitterlich entwarf auch

neue Figuren, die vom nachmals bekannten expressionistischen Bildhauer

Bernhard Hoetger (1874–1949), damals Technischer Leiter der Werkstatt für

kirchliche Kunst von Franz Goldkuhle in Wiedenbrück, ausgeführt wurden.

39 Olomouc, Státní okresní archiv [Bezirksarchiv], Lithographien- und Photographiensamm-

lung: X/5. 40 Allgemeines Journal der Uhrmacherkunst, 16, 1891, S. 218f.

14

Die dekorativen Holzarbeiten übernahm der Olmützer Bildschnitzer Karl Cel-

ler. Die Oberaufsicht des Neubauprojekts oblag seit 1894 zunächst dem Ver-

trauensmann der „K. k. Central-Commission für Erforschung und Erhaltung

der Kunst- und historischen Denkmale“, Architekt Heinrich Holitzky aus

Brünn, der entschied, daß die Uhr im spätgotischen Stil gebaut werden solle.

Holitzky lieferte dann jedoch nicht die Einzelentwürfe für die praktische Aus-

führung, weshalb die Stadt das Vertragsverhältnis löste und die Arbeiten 1895

dem Wiener Architekten Robert Dammer übertrug. Die Gestaltung entsprach

einer idealtypischen, im Historismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts ge-

pflegten Vorstellung gotischer Architektur. Das Astrolabium aus dem 16. Jahr-

hundert wurde demontiert und der Uhr ein heliozentrisches Planetarium beige-

geben, das die Bewegungen von Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter und Saturn

zeigte. Aufgrund der langen Umlaufszeiten verzichtete man allerdings auf eine

Darstellung der Bewegungen von Uranus und Neptun. Am 22. Mai 1898 erfolg-

te die feierliche Einweihung der neuen Uhr.

[S. 147] Die Gemälde Bitterlichs wiesen jedoch erhebliche maltechnische Män-

gel auf und waren schon bald durch Witterungseinflüsse teils zerstört, teils

stark nachgedunkelt und daher nur noch schwer erkennbar. Aus diesem Grund

beschloß der Stadtrat 1925, neue Gemälde in Auftrag zu geben, bei dieser Gele-

genheit auch die polychromen Fassungen der Holzteile und der plastischen Fi-

guren zu erneuern sowie im Giebelfeld ein neues Stadtwappen in Stuck anbrin-

gen zu lassen. Mit diesen Arbeiten wurde der aus Brünn gebürtige Maler Jano

Köhler (1873–1941) beauftragt, der diese in den Jahren 1926/27 ausführte.

Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Uhr von deutschen

Truppen auf dem Rückzug zerstört. Der Wiederaufbau und die vollständige

Neugestaltung erfolgten nur wenig später in den Jahren 1947–1955 durch Karel

Svolinský (1896–1986), diesmal im Stil des Sozialistischen Realismus. Die Fas-

sade wurde mit Mosaikbildern dekoriert, die Apostelprozession durch Figuri-

nen von zwölf Zünften ersetzt, und links und rechts vom Kalendarium symboli-

sieren nunmehr die in Mosaik gelegten Ganzfiguren eines Arbeiters und Wis-

senschaftlers die „Arbeit von Kopf und Hand“.

15

Anhang

Quellentexte zur Olmützer Rathausuhr

Die Transkriptionen bei Kux/Kreß 1904, S. 112–114 sind mangelhaft und voller

Fehler, weshalb nachfolgend der Vertrag der Stadt mit Paulus Fabricius und

zwei Anschreiben von diesem nach Autopsie des Verfassers wiedergegeben

werden. Groß-/Kleinschreibung, Interpunktion und Absatzgliederung entspre-

chen dem Original. Weiterhin sind unter Nr. 4 die Ausgaben für die Neugestal-

tung der astronomischen Uhr in den Jahren 1570–1575 angegeben.

1. Vertrag des Olmützer Stadtrats mit Paulus Fabricius, 6.7.1573 Olomouc, Státní okresní archiv (Bezirksarchiv): Archiv města Olomouc, Zlomky registratur 1426–1786 (Archiv der Stadt Olmütz, Bruchstücke der Registraturen 1426–1786), Karton 161, Inv.-Nr. 4477

[Fol. 1r] Auff heut dato Montags nach Procopi, anno fünffzehenhundert vnnd

drey vnnd siebenzig Ist eine freundtliche gutwillige beredung geschlossen vnnd

gehalten worden, Zwischen den Ersamen Wolweisen Herrn Burgermeister vnnd

Radt der Stadt Olomutz, an einem, vnnd dem Ehrenvhesten, Achtbarn, Hochge-

larten Herrn Doctorn Paulo Fabricio Rhöm. Keys. Majestät Mathematico, we-

gen [S. 148] vornewerung vnnd vorbesserung des alten weitberumbten

Vhrwercks, an gemeiner Stadt Olomutz Radthause, anderstheils, nach volgen-

der gestaldt, Das Her Doctor Paulus Fabricius der Stadt Olomutz zum theil dem

Vhrmacher zuhulff vnnd an sein Räderwerck solle machen drey scheyben,

Erstlich die matricem zum Astrolabio, darin gerissen seindt ihre nottwendige,

vnnd mehr als in gemeinem brauch sein circulos sampt der Mappa des

Erdtreichs, bis vber den Tropicum Capricorni nach bester gelegenheit, Zum an-

dern ein scheyben, daruber, die mahn das rete nennet, die sol kupffern pallirt

und zum vorgulden tuglich sein, dahin gerichtet, das sie der Vhrmacher auff ein

kreutz vnd ring auffniete, darauff soll der Zodiacus oder Thierkreyss mit seinen

zwelff zeichen gerissen vnnd ausgetheilet sein, auch auff beyden seiten zurei-

tung auffgangs vnd niedergangs des monats, vnd andern in dem termin begrif-

fenen quinque gradus latitudinis haben, dar [fol. 1v] zu zwischen allen andern

Cirkeln die vornembsten vnnd ansehenlichsten stern des gantzen himels bis

vber den Tropicum capricorni eingesatzt gestochen vnd vorzeichnet werden,

16

das aus oder durchbrechen aber, an dieser scheiben auch das vorgulden sol

ausgenommen sein, vnd durch andere leuth, darzu ein Ersamer Radt das goldt

geben sol, dan durch obbemelten Herren Doctorem Fabricium vorrichtet wer-

den, Zum dritten sol die alte vnderste scheiben ernewert werden, Vnd hat sich

mehrermelter Doctor Fabricius erbotten, erbeut sich auch hirmith noch, da ehr

nach seinem besten, treuesten radt, bessere und wichtigere sachen als itzo dar-

innen vnd darauff seindt, ordenen will, welches ihme dann vff sein gut vortra-

wen ist heimgesetzt worden,

Ehr wirdt auch hie neben die vnkosten auff Kupffer palliren vnd stechen des-

gleichen auff mahlen vor sich selbst auff sein vnkosten, was diese scheiben be-

rureth, vorrichten vnd zalen auch wo ehr kan dem Vhrmacher zum werck hulff-

lich vnnd rötlich sein, Letztlich so gross das werck ist, sol ehr Visirungen beim

werck lassen, darzu die stuck in einem buche sampt ihren nutz zum notwendi-

gen richten beschreiben vnnd mit vbergeben, Solches soll beschehen vngerfer-

lich in frist eines halben Jahres,

Entkegen sollen anderstheils obbemelte Hern Burgermeister vnd Radt ihme

Doctori Fabricio in ansehung seiner Zehrungen vberlandt, von Wien kegen

Olomutz zwey zimlicher guter Ross geben, auch was ehr itzo alhier in der Her-

berge vorzehret, erlegen, ferner funffhundert gulden Reinisch, ieden gulden zu

funffzehen patzen in guter ganger vnnd im Osterreich landesweriger muntz, vor

vnkosten, mühe vnd kosten bezalen, also das zum ersten den halben theil,

nemblich zweyhundert vnd funffzig gulden Reinisch in muntz, ihme bevor her-

aus darauff erlegen, [fol. 2r] wie sie dan auch also solche itzo gemelte summa

bar von stunden mit dem bescheidt gereicht vnnd dem Doctor Fabricio erlegt

haben, das wo nach Gottes willen ehr D. Fabricius von diesem leben erfordert

würde, vor gefertigtem werck, sie die Hern von Olomutz dieses geldes halben zu

seinen erben vnd guth zuspruch hetten, den andern halben theil nemblich die

zweyhundert vnd funffzig gulden Reinisch in muntz, sollen vnnd wollen die ob-

bemelte Hern, nach [S. 149] gefertigtem des Doctoris Fabricij werck erlegen

vnd als baldt bezalen, beyderseits treulich vnnd vngerferlich, Zu gewissen

Vrkunden, vnd mehrer nachrichtigunge ist diese freundtliche gutwillige beyder-

seits beredung zwiffach vffs Papir gebracht, Vnd mit der Stadt Olomutz gemei-

nem Insiegel, desgleichen des offtgemelten Herrn Doctorn Fabricij pitschafft

bekrefftiget, vnd iedem theil eine zugestaldt Actum Olomutz wie oben vormel-

det.

[Stadtsiegel]

17

Ich Paulus Fabricius Doctor Ro: Kay: Matt etc. mathematicus beken mit diser

meiner handtschrifft das ich dj obbemelte summa nemlich zweyhundert vnd

funffzig gulden also bar empfangen habe Actum den achten Julij 1573.

Paulus Fabricius Doctor ut supra manu propria.

2. Schreiben von Paulus Fabricius an den Rat der Stadt Olmütz, 16.1.1574 Inv.-Nr. 4478

[Äußere Seite des Briefs mit Siegelrest und der Aufschrift:]

Dem Edlen vesten Ersamen vnd hochweisen Hern N. Bürgermeister Richter

vnd Rathmannen der Statt Olomuntz meinen großgünstigen Hern vnd freun-

den/ Olomuntz

Meine willige dinst bevor.

Edle Ersamen hochweisen gunstige herrn. Inn dem werck zu Ewerer vnd Ge-

meiner Statt Olmuntz vhr gehörig, habe ich bishero fleissig an vnd an fort züge-

richtet vnd dahin Gottlob kommen das ich das kupffer zu der einen grossen

scheiben mache, vnd nach dem ich allen vmbstenden nach befinde auch schon

mit gutten leuten gehandelt habe das es alhie zu Wien auffs fürderlichst mit

durchbrechung vergüldung vnd aller außbereitung derselben schejben, daran

sehr vil gelegen ist zugieng, ist mein anlangen an Ewer vest vnd Ersame hoch-

weisheit die wöllen mir diewejl diese fuhrleut gewiß wider zurück fahren vnd

Inen wie ich höre zuvertrauen ist hundert gulden mit schicken. Damit ich das

durchbrechen vnd vergulden der kupfferen schejben alhie zu Wien da ichs an

vnkosten auch am geringsten zeugen kan vnd auffs schönest vnd gerechtest

weiß zu erhalten, verrichte, dann solchs Zubefürderung des wercks bejde mir

vnd E. vest. auch dinstlich ist.

Vnd nach dem das durchbrechen vnd vergulden nicht In meiner Instruction

auff meine vnkosten felt, wil ich was auff dasselb gehen wirt E. vest. verraiten

vnd von denen die mir vmbs gelt daran arbejten vor E. vest vnd Ersamen Rth.

quittung vorbringen was mir vberbleibt zeucht man mir darnach an meiner be-

stallung ab, hiemit thue ich E. Vest vnd w. Gott dem almechtigen bevelhen.

Wer mir das gelt zustelt den will ich darumb quittieren.

[S. 150] Datum Wien 1574 den 16. tag Januarij.

18

Euer Edl vest und hochweisheit dinstwilligster Paulus Fabricius der Erznei Doc-

tor, Ro: kais: Mait. etc. mathematicus

3. Schreiben von Paulus Fabricius an den Rat der Stadt Olmütz, 4.4.1574 Inv.-Nr. 4479

[Äußere Seite des Briefs mit dem Siegel von Paulus Fabricius und der Auf-

schrift:]

Dem Edlen Ehruesten Ersamen wolweisen Herrn. N. Bürgermeister Richter

vnd Ratthsfreunds der Stat Olomuntz, meinen sonders großgünstigen hern

vnnd freunden zusenden/ Olomuntz

[Seitlich Vermerk:] Paulus Fabricius, will zu einrichtung der Uhr herkommen

1574.

Meine willige dinst vnd alles gutts bevor.

Edlen Ehrnvesten, Ersamen, wolweisen gunstigen hern. Ich kann E. Vest vnd

hr. [?] nicht bergen das ich mit denen sachen, so ich mich zu der uhr zu machen

vnterfangen, nun fast fertig bin, auch am Gottwol in oder baldt nach den Oster-

feiertagen willens hie auff zu sein vnd die sach mit mir hinein zu bringen.

Ich habe das durchbrechen gleich auff mich genommen vnd dasselb verrichtet,

wöllen vns wol darumb vergleichen, dan es ist von nöten gewesen vnd ich hette

sonst nichts richten können mit meinen andern sachen. Wollen derhalben mei-

ne herrn dahin gedacht sein, das die kupfer auff ehiste muege verguldet wer-

den. Vnd so es sein möchte das wen ich gen Olomuntz komme möchte ein ai-

gens zimmer haben wen es gleich nicht so gar nahendt gelegen wäre mir nichts

daran gelegen. Solchs so es sein kan währe mir angenäm. Es hatt der her Mee-

peck ein hauß bej der mauer. Ist zu jener zeit ledig gestanden. Ich wäre wol con-

tent damit.

Hiemit was meinen großgünstigen herrn lib vnd angenäm ist Gott sej mit vns

allen.

Datum Wien. 1.5.7.4. den 4 tag Aprilis.

E. vest vnd w. Dinstwilligst Paulus Fabricius Doctor Ro: Kej: Matt:&c Mathe-

maticus

19

[S. 151]

4. Ausgaben für die Arbeiten an der astronomischen Uhr von August 1570 bis Herbst 1575 (Kux/Kreß 1904, S. 33) Schock Groschen Denare Vorarbeiten für die Neuherstellungen 52 ½ 13 4 Auslagen für Kupfer 127 14 – Auslagen für Blei 1 ½ 24 – Für den Rotgießer (Glockengießer) Georg Hochperger 92 23 – Für den Uhrmacher Hans Pohl 80 – – Für Dr. Fabricius (500 fl. rhein. samt seinen Taggeldern) 230 17 2 ½ Goldschmied- und Goldschlägerarbeiten 52 – – Tischler- und Bildhauerarbeiten 32 ½ – – Malerarbeiten 80 – – Summe 750 1 6 ½

Literatur Aschbach 1865/88 ASCHBACH, Joseph Ritter von. Geschichte der Wiener Universität. Wien 1865/88 Čermák 1970/71 ČERMÁK, Miloslav. „Die Olmützer Uhrmacher in der Vergangenheit“. Schriften des Historisch-Wissenschaftlichen Fachkreises „Freunde Alter Uhren“ in der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie/Freunde Alter Uhren, 10, 1970/71, S. 90–104 Čermák 1972/73 ČERMÁK, Miloslav. „Die Olmützer Uhrmacher – Ein Resümee“. Schriften des Historisch-Wissenschaftlichen Fachkreises „Freunde Alter Uhren“ in der Deut-schen Gesellschaft für Chronometrie/Freunde Alter Uhren, 12, 1972/73, S. 57–58 [S. 152] Čermák 2005 ČERMÁK, Miloslav. Olomoucky orloj. Olomouc 2005

20

DaCosta Kaufmann 1993 DaCOSTA KAUFMANN, Thomas. „Astronomy, Technology, Humanism and Art at the Entry of Rudolf II. into Vienna, 1577: The Role of Paulus Fabricius“, in: Ders., The Mastery of Nature: Aspects of Art, Science, and Humanism in the Renaissance, Princeton 1993, S. 136–150 Dasypodius 1580/2008 DASYPODIUS, Conrad. Heron mechanicus: Seu de Mechanicis artibus, atque disciplinis. Eiusdem Horologii astronomici, Argentorati in summo Templo erecti, descriptio, Straßburg 1580, Hg. Günther Oestmann, Übers. Bernard Ara-towsky† (= Algorismus: Studien zur Geschichte der Mathematik und der Na-turwissenschaften, Hg. Menso Folkerts, H. 68). Augsburg 2008 Diemer 2004 DIEMER, Peter (Hg.). Johann Baptist Fickler: Das Inventar der Münchner herzoglichen Kunstkammer von 1598 (= Bayerische Akademie der Wissen-schaften, Phil.-Hist. Klasse, Abhandlungen, N. F., 125). München 2004 Fischer 1808 FISCHER, Joseph Wladislaw. Geschichte der königlichen Hauptstadt und Gränzfestung Olmütz im Markgrafthume Mähren. Olmütz/Brünn 1808 Fischer 1966 FISCHER, Karl. „Die Uhrmacher in Böhmen und Mähren zur Zeit der Gotik und Renaissance“. Bohemia: Jahrbuch des Collegium Carolinum, 7, 1966, S. 27–58 Fröde 2010 FRÖDE, Tino. „Paulus Fabricius – ein universaler Humanist aus Lauban: Sein Leben, seine Schriften und seine Beziehungen zur Oberlausitz“. Neues Lausitzisches Magazin: Zeitschrift der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wis-senschaften e. V., N. F., 13, 2010, S. 55–70 Hellman 1944 HELLMAN, Clarisse Doris. The Comet of 1577: Its Place in the History of As-tronomy (= Studies in History, Economics and Public Law Edited by the Fac-ulty of Political Science of Columbia University, 510). New York 1944 [S. 153] Horský 1967 HORSKY, Zdeněk. “Astronomy and the Art of Clockmaking in the Fourteenth, Fifteenth and Sixteenth Centuries”. Vistas in Astronomy, Hg. Arthur Beer, 9, Oxford/London 1967, S. 25–34 Horský/Šimková 1985 HORSKY, Zdeněk und Anežka ŠIMKOVÁ. Olomoucky orloj. Olomouc 1985 Kaltenbrunner 1877 KALTENBRUNNER, Ferdinand. „Die Polemik über die Gregorianische Kalen-derreform“, in: SB Österreich. Akademie der Wissenschaften, 87, 1877, S. 485–586

21

Klatovsky 1550 KLATOVSKY (GLATOVINUS), Simon Ennius. Breve encomion Olomucii me-tropolis, scriptum carmine elegiaco Breve encomion Olomucii metropolis: In Moraviae Marchionatu, scriptum in gratiam amplissimi Senatus Urbis ejusdem, carmine Elegiaco. Prostĕjov (Proßnitz)1550 Kris/Kurz 1934 KRIS, Ernst und Otto KURZ. Die Legende vom Künstler: Ein geschichtlicher Versuch. Wien 1934 Kux/Kress 1904 KUX, Hans und Max KRESS. Das Rathaus zu Olmütz: Ein Gedenkblatt zu sei-ner Wiederherstellung. Olmütz 1904 Michalik 1993 MICHALIK, Rudolf. Die Kunstuhr (= Das schöne Olmütz: Schriftenreihe hg. von Oberbürgermeister der Hauptstadt Olmütz, H. 1). Olmütz 1943 (Ndr. in: Olmützer Blätter: Heimatzeitung der Olmützer und Mittelmährer, 41, 1993, S. 142–151) North 1975 NORTH, John David. „Monasticism and the First Mechanical Clocks“, in: FRASER, J. T. und N. LAWRENCE (Hg.), The Study of Time II: Proceedings of the Second Conference of the International Society for the Study of Time, Ber-lin/ Heidelberg/New York 1975, S. 381–398 Oestmann 2000 OESTMANN, Günther. Die Straßburger Münsteruhr: Funktion und Bedeutung eines Kosmos-Modells des 16. Jahrhunderts. 2. Aufl. Berlin/Diepholz 2000 [S. 154] Otto 1800/21 OTTO, Gottlieb Friedrich. Lexikon der seit dem funfzehenden Jahrhunderte verstorbenen und jeztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler. Görlitz/Leipzig 1800/21 Peyscha 1886 PEYSCHA, Franz. Die Olmützer Kunstuhr: Ein Beitrag zur Lokalgeschichte der Stadt Olmütz. Olmütz 1886 Ritter 1613 RITTER, Franz. Astrolabium, Das ist: Gründliche Beschreibung und Unter-richt/ wie solches herrliche und hochnützliche Astronomische Instrument/ auff allerley Polus Höh/ so wol auch nach eines jeden selbst gefälligen Größ auf-fgerissen/ und verfertigt werden soll. Darnach wie dasselbe vielfältig zu gebrauchen: Mit Kupferstücken verfertiget. Nürnberg o. J. [1613] Schöner 1994 SCHÖNER, Christoph. Mathematik und Astronomie an der Universität Ingol-stadt im 15. und 16. Jahrhundert (= Ludovico Maximilianea Universität Ingol-stadt-Landshut-München: Forschungen und Quellen, 13), Berlin 1994

22

Taurinus 1519 TAURINUS [STIERÖXL], Stephanus. Stauromachia id est, cruciatorum servile bellum […]. Olmütz 1519 Winter 1980 WINTER, Robert. Paulus Fabricius: Ein Wiener Universitätsprofessor des 16. Jahrhunderts. Diss. Universität Wien 1980 (masch.schr.) Anschr. d. Verf.: PD Dr. Günther Oestmann, Gandersheimer Str. 20, 28215 Bremen; e-mail: [email protected]