Der »Tyrolismus« und seine Karikatur: Gegenentwürfe zur heilen Welt

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410 »Ich habe nie in meinem Leben gejodelt, auch keine Tracht getragen für die Touristen. Wir haben die oft enttäuscht.« 1 Der Südtiroler Journalist und Historiker Claus Gatterer ( 1924 – 1984 ) verwendete den Begriff »Tyrolismus« 1969 in seinem Buch Schöne Welt, böse Leut: Kindheit in Südti- rol, und unterstellte diese Geisteshaltung »alle[ n ] jene[ n ] Menschen zwischen Brenner und Salurn, die so waren und dachten wie wir – alle[ n ] Tiroler[ n ] also.« Gatterer definiert: »Da überlebte er also, der alte, offene Tyrolismus, der eine Gemeinschaft in drei Sprachen gewesen war«. 2 Gatterer spricht von den Bewohnern des ›alten‹ Tirol vor der Teilung von 1919, von der Gruppe jener Menschen, die im so genannten ›Land im Gebirge‹ lebte und wirt- schaftete, und der bis heute oftmals nachgesagt wird, durch die steil aufragenden Felsen ein Brett vor dem Kopf zu haben und nicht über den Tellerrand ihrer engen ( Sprach- und Kultur-) Grenzen hinauszusehen. Die Tatsa- che, dass die Tiroler zuweilen eine ganz andere Form des »Tyrolismus« bzw. Tirolertums pflegen als die von Gatte- rer gemeinte, nämlich ein starres Festhalten an Traditio- nen und Gepflogenheiten wie der Verehrung des Herzens Jesu, der Glorifizierung eines vermeintlichen Freiheits- kampfes im Jahr 1809, oder gar der Kultivierung touristen- freundlich aufbereiteten Brauchtums, hat ihnen bereits früh den Ruf eingebracht, rückständig, bigott, antimo- dern und konservativ zu sein. Dass Gatterer »Tyrolismus« mit Weltoffenheit und Toleranz gleichsetzt, mag also auf den ersten Blick verwundern, im Folgenden aber möchte ich zeigen, dass es stets beide Seiten gab, dass sich eine Welt und ihre Gegenwelt gegenüberstanden, eine ( idea- lisierte ) Realität und eine negativ behaftete ›Gegenreali- tät‹, beide aufgeladen von Klischees und besetzt mit Ste- reotypen. Der »Tyrolismus« changiert immer wieder mit seiner Kritik, die sich nicht selten in der Persiflage, in der Karikatur verbirgt. Die satirische Überladung oder Über- zeichnung, die Provokation durch Vorführen und Lächer- lich machen, diente zu verschiedenen Zeiten dazu, ein ›falsches‹ Tirol-Bewusstsein anzuprangern und zu offen- baren, um Nachdenkprozesse in Gang zu setzen. »[ V ]erzerrte Porträtbildnisse« 3 , die ironisch über- spitzt den Tiroler oder Alpenbewohner in der Form von Karikatur und Satire vorführen wollen, finden sich in ei- nem berühmt gewordenen Büchlein aus dem Jahr 1909. Carl Techet alias Sepp Schluiferers Fern von Europa, eine Aneinanderreihung von satirischen Texten, enthält auch eine Reihe von gezeichneten Charakterköpfen, die – wie der Untertitel schon sagt – Tirol ohne Maske zeigen wol- len. 4 Der Autor wies sein Werk zwar als Satire aus, es wurde auch viel gelesen, dennoch war es den Tiroler Be- hörden ein Dorn im Auge. Techet wurde seines Amtes und der Bezüge enthoben und nach Proßnitz in Mähren strafversetzt. Das Buch selbst landete im ›Giftschrank‹ der Innsbrucker Universitätsbibliothek, in Tirol ver- schwand es aus den Buchhandlungen, und die Landesre- gierung bemühte sich, alle Exemplare aufzukaufen. 5 Techet ging es darum, den »Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit« zu entlarven, »die Differenz zwischen Ideologie und Realität, Glaube und Wahrheit, zwischen Schein und Sein« aufzudecken – so formuliert Werner Gürtler in einer Analyse hundert Jahre nach dem andreas oberhofer /  DER »TYROLISMUS« UND SEINE KARIKATUR GEGENENTWüRFE ZUR HEILEN WELT TAGUNG UNIVERSITäT INNSBRUCK

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»Ich habe nie in meinem Leben gejodelt, auch keine Tracht getragen für die Touristen. Wir haben die oft enttäuscht.« 1

Der Südtiroler Journalist und Historiker Claus Gatterer ( 1924 – 1984 ) verwendete den Begriff »Tyrolismus« 1969 in seinem Buch Schöne Welt, böse Leut: Kindheit in Südti-rol, und unterstellte diese Geisteshaltung »alle[ n ] jene[ n ] Menschen zwischen Brenner und Salurn, die so waren und dachten wie wir – alle[ n ] Tiroler[ n ] also.« Gatterer definiert: »Da überlebte er also, der alte, offene Tyrolismus, der eine Gemeinschaft in drei Sprachen gewesen war«.2

Gatterer spricht von den Bewohnern des ›alten‹ Tirol vor der Teilung von 1919, von der Gruppe jener Menschen, die im so genannten ›Land im Gebirge‹ lebte und wirt-schaftete, und der bis heute oftmals nachgesagt wird, durch die steil aufragenden Felsen ein Brett vor dem Kopf zu haben und nicht über den Tellerrand ihrer engen ( Sprach- und Kultur-) Grenzen hinauszusehen. Die Tatsa-che, dass die Tiroler zuweilen eine ganz andere Form des »Tyrolismus« bzw. Tirolertums pflegen als die von Gatte-rer gemeinte, nämlich ein starres Festhalten an Traditio-nen und Gepflogenheiten wie der Verehrung des Herzens Jesu, der Glorifizierung eines vermeintlichen Freiheits-kampfes im Jahr 1809, oder gar der Kultivierung touristen-freundlich aufbereiteten Brauchtums, hat ihnen bereits früh den Ruf eingebracht, rückständig, bigott, antimo-dern und konservativ zu sein. Dass Gatterer »Tyrolismus« mit Weltoffenheit und Toleranz gleichsetzt, mag also auf den ersten Blick verwundern, im Folgenden aber möchte ich zeigen, dass es stets beide Seiten gab, dass sich eine

Welt und ihre Gegenwelt gegenüberstanden, eine ( idea-lisierte ) Realität und eine negativ behaftete ›Gegenreali-tät‹, beide aufgeladen von Klischees und besetzt mit Ste-reotypen. Der »Tyrolismus« changiert immer wieder mit seiner Kritik, die sich nicht selten in der Persiflage, in der Karikatur verbirgt. Die satirische Überladung oder Über-zeichnung, die Provokation durch Vorführen und Lächer-lich machen, diente zu verschiedenen Zeiten dazu, ein ›falsches‹ Tirol-Bewusstsein anzuprangern und zu offen-baren, um Nachdenkprozesse in Gang zu setzen.

»[ V ]erzerrte Porträtbildnisse« 3, die ironisch über-spitzt den Tiroler oder Alpenbewohner in der Form von Karikatur und Satire vorführen wollen, finden sich in ei-nem berühmt gewordenen Büchlein aus dem Jahr 1909. Carl Techet alias Sepp Schluiferers Fern von Europa, eine Aneinanderreihung von satirischen Texten, enthält auch eine Reihe von gezeichneten Charakterköpfen, die – wie der Untertitel schon sagt – Tirol ohne Maske zeigen wol-len.4 Der Autor wies sein Werk zwar als Satire aus, es wurde auch viel gelesen, dennoch war es den Tiroler Be-hörden ein Dorn im Auge. Techet wurde seines Amtes und der Bezüge enthoben und nach Proßnitz in Mähren strafversetzt. Das Buch selbst landete im ›Giftschrank‹ der Innsbrucker Universitätsbibliothek, in Tirol ver-schwand es aus den Buchhandlungen, und die Landesre-gierung bemühte sich, alle Exemplare aufzukaufen.5

Techet ging es darum, den »Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit« zu entlarven, »die Differenz zwischen Ideologie und Realität, Glaube und Wahrheit, zwischen Schein und Sein« aufzudecken – so formuliert Werner Gürtler in einer Analyse hundert Jahre nach dem

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Erscheinen von Fern von Europa. Damit kommen wir un-serem Begriff der Gegenwelten näher:

»Die kurzen Skizzen geben eine verkehrte Welt, eine falsche Wirklichkeit wieder, neben der gerade wegen ih-rer Verkehrtheit und Irrtümlichkeit auch die richtige Wirklichkeit, die lebenswerte Welt, wie immer sie aus-schauen mag, denknotwendig existieren muß, wenigs-tens als Hypothese. In der Verneinung ist die Möglichkeit enthalten, daß es auch anders sein kann, daß es nicht so sein muß, wie es ist, ohne daß die Satire deswegen gleich einen Weltplan präsentieren wollte.«6

Techets Buch weise, so Gürtler, alle typischen Kli-schees des Intellektuellen über das Tiroler Volk auf, wobei der Autor ( Techet stammte aus Wien und war Gymnasi-allehrer in Kufstein ) aber vor allem der nicht-städtischen Bevölkerung mit despektierlichem und überheblichem Blick begegnete. Die gezeichneten Darstellungen, die zum Teil Gemälde des Genremalers Franz von Defregger ( »Defreegaa« ) oder von Albin Egger-Lienz persiflieren, schrecken wie die Kurztexte auch nicht davor zurück, »Schädeltypen« und »Rassefragen«, aber auch die Juden- und Sozialismusthematik aufzugreifen. Die Themenwahl entspringt natürlich einem zeittypischen Mentalitäts-umfeld, in dem auch der Brunecker Dichter Anton Mül-ler alias Bruder Willram predigte ( und genau jene Art von »Tyrolismus« vertrat, die Claus Gatterer nicht meint ): »Nein, wir sind deutsch bis zur Haarwurzel, bis zur letz-ten Faser unseres Herzens deutsch« [ abb. 1 ].7

Die zum Teil vom Autor selbst angefertigten Abbil-dungen in Fern von Europa schadeten wie auch die Texte der ursprünglichen Intention des Werkes, Satire zu sein. Das Buch löse, so schrieb der österreichische Jurist und Schriftsteller Max Burckhardt 1910, das befreiende La-chen des Humors nicht aus; es übertreibe nicht, sondern generalisiere nur, und zwar nur das Schlechte und Häss-liche, sehe die Einheimischen nur als »Bande mißgestal-teter, ungewaschener Idioten und Flegel« [ abb. 3 ].8 Eine gut gelungene Karikatur, so definiert Steffen Krüger, sei

hingegen zwar ursprünglich aggressiv, ziele aber dennoch auf ein Lachen ab.9 Johann Holzner bezeichnet Techets Büchlein als »satirische Agitationsschrift, die das kon-ventionelle Tirol-Klischee demoliert, indem sie für ein neues Tirol-Klischee Materialien liefert.« Eine Satire dürfe, so Holzner, »gewaltig übertreiben. Sie wird aber fragwürdig, wenn sie Verfahrensweisen, die sie entlarven möchte, spiegelbildlich einfach kopiert«.10 Hans Heiss sieht in Techets Werk eine Überzeichnung des Konserva-tivismus und die übertriebene Darstellung einer trotzi-gen Rückständigkeit der Tiroler »bis ins Fratzenhafte«.11 Zeitgenössische Stimmen bezeichneten Techets Buch als »Bissig, aber wahr« 12, wieder andere brandmarkten den Autor als Landesverräter.

1984 wurde Fern von Europa neu aufgelegt und fand erneut großen Anklang, wobei sich aber die Art der Re-zeption grundlegend von jener 1909 unterschied: Die Diskussion wurde nicht in der Öffentlichkeit geführt, sondern eher in einem elitären Rezensionsumfeld. Der Innsbrucker Dichter Helmuth Schönauer verfasste da-nach eine Fortsetzung, die 1992 erschien.13 Von Schönauer stammt ein weiteres Buch, das unserem »Tyrolismus« ei-nen Spiegel vorhalten will: After Hofer ist 2010 in Zirl er-schienen, in diesem Fall ist auch der Zeichner, der ebenso für Schluiferers Erben verantwortlich war, namentlich erwähnt. Die Karikaturen bzw. stereotypen Darstellun-gen von Personen mit übertriebenen Zügen, die uns bei Techet noch begegnen, sind in beiden späteren Büchern durch comic- oder cartoonhafte Zeichnungen ersetzt; der Schwerpunkt liegt nicht mehr auf ›Charakterköpfen‹, sondern es finden sich beispielsweise auch Landschafts-darstellungen. Der sprachliche Ausdruck aber hat ge-genüber Techets Werk – wenngleich natürlich angepasst an aktuelle Zeittendenzen – kaum an Brisanz verloren. Als Beispiel sei eine Beschreibung des Landes Tirol aus Schluiferers Erben zitiert: »Nur wenn man den Zusammen-hang zwischen Mauern und Alkohol kennt, versteht man dieses Geröllereignis, das immer wieder als Vaterland be-

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zeichnet wird.« 14 Der Literaturkritik wollte man zumin-dest für die Letztauflage 2009 den Wind aus den Segeln nehmen. Der Klappentext verrät: »[ U ]nterhaltsamer kann man Tirol gar nicht erkunden!« Es sollte also weniger um Kritik und das Aufzeigen von Widersprüchen in einer zuweilen falsch verstandenen Sicht auf das Selbst und die eigenen Traditionen gehen denn um simple Unter-haltung. Ob dies der Autor tatsächlich ähnlich sieht, ist fraglich, weist derselbe Klappentext in einem Auszug aus dem Buch doch eine bemerkenswerte Spitze gegen die re-gionale Tradition einer patriotisch orientierten Historio-graphie auf: »Die Tiroler machten eine Menge Schicksale und Ungerechtigkeiten durch, ihre Geschichtsbücher schrieben sie der Einfachheit und Authentizität halber gleich selber.«

Die scharfe Satire in After Hofer steht Schluiferers Er-ben in nichts nach, ist aber umso brisanter, als ein ›na-tionales‹ Heiligtum, der als Ikone und Identitätssymbol verehrte und nicht selten mit dem Land Tirol gleichge-setzte Landesheld Andreas Hofer, durch den Kakao gezo-gen wird:

»Handy After Hofer heißt eigentlich Handreas Hofer, aber seit er ständig mit dem Handy telefoniert, wird er Handy oder Oasch Hofer genannt. Er hat im Norden von Meran einen kleinen heruntergekommenen Gasthof, der so abgesandelt ist, dass er seinem Namen alle Ehre macht: Sandlhof. Hofer ist von Beruf der Sandl-Wirt.« 15

In After Hofer sind auch zwei Namen von Personen genannt, die offen Kritik an einem ›klassischen‹ Tiro-ler Traditionsverständnis geübt haben: Der Südtiroler Schriftsteller Norbert C. Kaser und der Zeichner und Ka-rikaturist Paul Flora; von Letzterem wird später noch die Rede sein.

Die historischen Wurzeln der »Tyrolismus«-Kritik

Die Kritik an einem geschönten Tirol-Klischee, einer ›hei-len Welt‹, die vor allem darauf abzielte, den Tourismus

anzukurbeln, ist keineswegs eine Erfindung des 20. Jahr-hunderts. Der stereotype, von Techet karikierte Tiroler ist zu seiner Zeit kein Einzelfall. Das nach außen vermittelte Bild des ständig Tracht tragenden Tirolers war bereits 1904 Ziel von Satire: Die Zeitschrift Simplicissimus kari-kierte die übersteigerten Erwartungen eines Gastes an die Alltagskleidung einer Tirolerin oder das Bedürfnis der Sommerfrischler, für Einheimische gehalten zu werden, d. h. den Stellenwert der Kleidung zwischen ›Urtracht‹ und Touristenkostüm, das im doppelten Sinn von und für Touristen getragen wurde [ abb. 2 ].16

Der langjährige Redakteur des Tiroler Volksboten Sebastian Rieger alias Reimmichl befürchtete eine Ver-änderung des Charakters der Tiroler Bevölkerung durch eine zunehmende Öffnung nach ›außen‹ ( er bezog sich in erster Linie auf den aufkeimenden Tourismus ) – und trug dazu bei, Tirol-Klischees zu transportieren und zu ver-festigen. Er veröffentlichte ebenfalls um 1900 Artikel, in denen sich Bedenken über die Abhängigkeit von Moden im Tourismusgeschäft und Veränderungen im Konsum-verhalten der Einheimischen, über den Bauboom und den ›Folklorismus‹ mit seiner Anbiederung an die Gäste äu-ßern.17 Rieger präsentierte ein nach außen abgeschirmtes, gläubiges, bäuerlich geprägtes Land Tirol als heile Welt, deren Bewohner fromm, demütig und gerade deswegen zufrieden seien,18 und stellte sich somit gegen die Ver-marktung und damit einhergehende ›Verweichlichung‹ seines ›heiligen Landes‹, die allerdings schon viel früher begonnen hatte.

Bereits im 18. Jahrhundert treffen wir auf oft zitierte Akteure, die an der Erfindung und Ausgestaltung von Tirol-Klischees maßgeblich beteiligt waren. Berühmt wurden Tiroler, die sich proaktiv auf den Weg mach-ten, um für ihr Leben in einer vermeintlichen Idylle zu werben, und ihr ›Tirolertum‹ als Alleinstellungsmerk-mal nach außen trugen.19 Der Zillertaler Peter Prosch etwa trat bereits als Dreizehnjähriger – so will es zumin-dest die Überlieferung – in Wien vor Erzherzogin Maria

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Theresia auf und bereiste als Achtzehnjähriger die Höfe in München, Regensburg, Würzburg, Straßburg, Köln, Aachen, Salzburg und Prag. Er soll es besonders gut ver-standen haben, sich als sogenannter ›Hoftyroler‹ zu ver-kaufen und bewusst den naiven Bewohner eines Berglan-des zu spielen.20 Die Präsenz von Tirolern im Ausland führte zur Herausbildung fester Typen, die vor allem in der Literatur und Musik des 18. Jahrhunderts begegnen: Emanuel Schikaneder beispielsweise verfasste eine Oper mit dem Titel Der Tyroler Wastel ( Wastel = Kurzname für Sebastian ), und versuchte die dekadente städtische Ge-sellschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts gegen den vermeintlich gesunden Älpler auszuspielen – das Stück wurde 1797 in Wien 66 Mal aufgeführt.21

Der Begriff des Hoftirolers scheint auch noch im 19. Jahrhundert gängig gewesen zu sein, er begegnet bei-spielsweise in Ludwig Steubs Reisebericht Drei Sommer in Tirol ( 1846 ).22 Die Gleichsetzung des Begriffes ›Tiroler‹ bzw. des weiblichen Pendants selbst mit fahrendem Volk ging sogar so weit, dass aus der Herkunfts- gleichsam eine Statusbezeichnung werden konnte. Der Tiroler Dra-matiker Felix Mitterer veröffentlichte 1992 das Stück Das wunderbare Schicksal, in dem er sich an Peter Proschs Le-ben orientierte, und fügte die Figur einer Tiroler Wander-händlerin ein, die in Wahrheit als Wanderprostituierte gelebt haben soll: Nach der Lektüre des Buches über Peter Prosch und eines zweiten, 1744 erschienenen Werkes über eine reisende Tirolerin entstand für Mitterer »der merk-würdige Eindruck, daß damals in der gebildeten Welt der ›Tyroler‹ als Synonym galt für einen lustigen Narren und die ›Tyrolerin‹ als Synonym für die wandernde Prostitu-ierte. Letzteres Image dürfte abgebaut sein, ersteres noch nicht.« 23

Bekannt ist auch die Familie Rainer aus dem Zillertal, die am Anfang des 19. Jahrhunderts Tirolerisches Liedgut und damit das Klischeebild von alpenländischer Gemüt-lichkeit exportierte. Auch andere Sängergruppen aus Ti-rol zogen mit Trachten und Instrumenten durch Europa

und sogar nach Übersee. Die rückkehrenden Sänger er-öffneten danach nicht selten Wirtshäuser und Hotels, bo-ten Abendunterhaltung an, und vermittelten den Gästen ein romantisiertes Bild des Landes.24 Bereits damals äu-ßerte sich Kritik an der Kommerzialisierung von Kultur-gut: 1842 / 44 kritisierte Ludwig Steub die Habgier, wel-che Fröhlichkeit und heitere Laune vermarkte und zum klischeehaften Verhalten degeneriere, wodurch das Bild vom echten, lustigen Tiroler kippe und zum Bild des un-echten Tirolers werde:

»Der Zillerthaler gibt sich daher draußen ganz anders als zu Hause, wo er sich zwar frisch, lebendig und nicht schüchtern zeigt, aber höflich, gescheidt und schicklich; während er dort den naiven Schalksnarren, den alpenhaf-ten Rüpel spielt und zur Beglaubigung seiner Aechtheit auch jedermann dutzt, was so zu sagen eine Hauptsache ist«.25 Auch Heinrich Heine sparte nicht mit Kritik an der tiroli-schen Selbstvermarktung:

»Auch eine edle Rasse möchte ich sie [ die Tiroler, AO ] nennen, weil sie sich in ihren Nahrungsmitteln sehr wählig und in ihren Gewöhnungen sehr reinlich zeigen; nur fehlt ihnen ganz und gar das Gefühl der Würde der Persönlichkeit. Der Tiroler hat eine Sorte von lächelndem humoristischen Servilismus, der fast eine ironische Fär-bung trägt, aber doch grundehrlich gemeint ist. [ … ] Zu Hause üben die Tiroler diesen Servilismus gratis, in der Fremde suchen sie auch noch dadurch zu lukrieren. Sie geben ihre Persönlichkeit preis, ihre Nationalität«.26

Dass zumindest die wandernden Tirolerinnen auch am Anfang des 20. Jahrhunderts noch keinen guten Ruf genossen, zeigt folgende Episode: Aus Anlass des Inns-brucker Festumzuges zum 100-Jahr-Jubiläum des so-genannten Tiroler Freiheitskampfes von 1809 im Jahr 1909 äußerte sich der Schriftsteller Carl Alois Wolf zum Thema Trachten und Waffen, die getragen wurden, aber auch über die Kleidung der Marketenderinnen: »Humo-ristische Darstellungen witziger Köpfe« wären ebenso

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wenig angebracht wie das »Röckchen mit Silberbor-ten, Lackschuhen und einem Schürzchen, kaum so groß, wie ein Taschentuch.« Er forderte auf: »Ueberlaßt doch diesen Aufputz den sogenannten Nationalsängerinnen, denen man schon vornherein nicht glaubt, daß ein ›Ti-roler Diandl‹ in solcher Kleidung in den Bergen herum-läuft.«27

Das Bild des sich vermarktenden, verkaufenden und damit selbst verfälschenden, verkitschenden und schluss-endlich aufgebenden Tirolers wurde auch hundert Jahre später noch scharf kritisiert. Der »Hoftyroler« wäre zum »Brauchtumsprofi« geworden, schrieb Dietmar Larcher 2005.28 Ein weiterer kritischer Beobachter und Mahner vor einer »Pseudo-Volkskultur«29, Hans Haid, geht auf die eigenwillig konnotierte Bezeichnung »Tirolerin« und deren ursprüngliche Funktion ein:

»›tirolerin‹ bezeichnet im Deutschland der da-maligen Zeit das Gewerbe, das sie betreiben ›tirolerin‹ bedeutet Prostituierte. [ … Die ] ›tirolerinnen‹ des Peter Prosch, die singenden Urfolkloristen, sind die ers-ten Botschafter tirolischen Wesens, und sie waren leben-dig herumwandelnde Prospekte.«30

Von dem dermaßen negativ konnotierten Stereoty-pen des »Hoftyrolers« bzw. der Hoftirolerin können wir mit dem letzten Zitat eine Brücke schlagen zur Kritik an einer sich den erhofften Gästen anbiedernden Tou-rismuswerbung in späterer Zeit, als die mediale Präsenz des Plakates ausschlaggebend wurde. Theresia-Maria Sonnewend analysierte 1986 das Tiroler Volksbild in Pla-katen und Prospekten des 20. Jahrhunderts aus ethnologi-scher Perspektive, und schrieb über ein Werbeplakat für den Tourismusort Seefeld in Tirol aus den 80 er Jahren des 20. Jahrhunderts, das gleichsam selbst zur Satire ge-worden sei: »Ein Bild des Tirolers als uriger Gebirgsgnom wird in der Welt vertrieben. Das kann genauso wenig im Sinn einer positiven, guten Werbestrategie liegen, wie zu verkitschte Darstellungen von Einheimischen«.31 Ursula Strohal ging am 12. / 14. Oktober 1984 in der Tiroler Tages-

zeitung auf einige besondere Stilblüten des Tiroler Touris-mus bzw. dessen Bewerbung ein:

»Den Gästen baut man Häuser, deren alpiner Kitsch nur von den begnadetsten Karikaturisten erfunden wer-den kann, und anläßlich einer Sportgroßveranstaltung gestattete man landesweit ein Plakat mit halbdebilem Großvater und Contergan-Enkel in Landestracht, das nie-mand haargenau zu beschreiben wagte, weil er sonst als ›Raffl iii‹ davongejagt worden wäre. Da wird der Satiriker müde. Denn wer sich selbst karikiert, bedarf der Karika-tur nicht mehr [ abb. 3 ] .«32

Gerade im Umgang mit dem Massentourismus – un-ter dem Begriff ist in Tirol ein Phänomen zu verstehen, das durch wirtschaftlichen Aufschwung in den 50 er Jah-ren des 20. Jahrhunderts einsetzte 33 – hat sich in den letz-ten Jahrzehnten in Tirol eine Wende vollzogen: Die Satire des ausgehenden 20. Jahrhunderts kritisierte weniger den homo tirolensis an sich als vielmehr dessen destruktive Verhaltensweisen gegenüber seiner ›Heimat‹ und sich selbst, die sich vor allem der Profitgier im Rahmen des Tourismus verdanken.

satire im Film

Als Medium der Satire löste in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Film die ›heile Welt‹ des traditionel-len Heimatfilms ab bzw. erweiterte den Begriff des Hei-matfilms um dessen Verkehrung und Überzeichnung, und eröffnete gänzlich neue Wege der mehr oder weniger impliziten Kritik.

Den satirischen Kurzfilm Der Untergang des Alpen-landes – Part One ( Österreich 1974 ) des Komponisten und Musikers Werner Pirchner und des Drehbuchautors, Ka-meramannes und Regisseurs Christian Berger bezeichnet Monika Fink als »sarkastische Abrechnung mit der Dop-pel- und Scheinmoral von Kirche, Obrigkeiten und Tra-ditionen«, als »gesellschaftliche[ n ] Rundumschlag, der nicht nur in musikalischer Hinsicht sämtliche Grenzen

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überschritten hatte.«34 Pirchner erhält als Hauptdarstel-ler im Film durch Gott den Auftrag, das Land ( der Name ›Tirol‹ bleibt unerwähnt ) »blitzsauber und blånk« zu er-halten. Verschiedene Klischees, darunter die Religiosi-tät und das Schützenwesen, das harte Arbeiten, gesel-lige Trinken und Musizieren, sowie eine starke Bindung an das ›Vaterland‹ bis zur Aufopferung für dasselbe als Frontsoldat werden vorgeführt. Sie sind als typische Ma-nifestationen einer spezifisch ›tirolischen‹ Tradition ne-ben der vermeintlichen Vorliebe der Einheimischen, sich jodelnd und schuhplattelnd in den Bergen aufzuhalten, gezeigt.

In der Miniserie Die Piefke Saga ( Drehbuch Felix Mit-terer ) mit dem Untertitel Komödie einer vergeblichen Zu-neigung, welche zwischen 1990 und 1993 in vier Teilen gedreht wurde, wird der Tourismus in einem fiktiven Tiroler Dorf in satirischer und tragikomischer Weise be-leuchtet.35 Tirol wird gleich am Anfang des vierten und absurdesten Teiles ( Die Erfüllung ), der vom öffentlichen Rundfunk in Österreich bis 2005 nicht mehr ausgestrahlt wurde, als »Gelobtes Land« und »Heile Welt« ausgewie-sen ( 00 : 06 36 ), aber auch als »Heiliges Land« und »Insel der Seligen«.37 Mit dem »Heiligen Land« meint Mitterer natürlich die alte Erzählung über das ›heilige Land Tirol‹. Nicht ganz zufällig ist Tirol im Film auch als »Freistaat« bezeichnet ( 05 : 35 ), womit auf ein weiteres wesentliches Klischee, jenes des freien Tiroler Bauern, angespielt wird. Tatsächlich wird unmittelbar nach der Staatsgrenze die Berliner Unternehmerfamilie Sattmann von einem Tiro-ler ›Schützen‹ begrüßt: »Bei uns isch der Mensch no frei. Das Individuum zählt no wås in Tirol« ( 05 : 30 ). Mitterer weist im Drehbuch darauf hin, dass der Schauspieler ge-zielt »Individium« sagen solle 38, was im Film aber nicht so umgesetzt wurde. Die falsche Verwendung des Wor-tes sollte – neben einer Anspielung auf die bereits von Steub den Tirolern zugeschriebene Naivität39 – wohl Il-literalität oder einfach Dummheit symbolisieren. Der im Film gezeigte Tiroler ist somit wie auch sein weibliches

Pendant eine Karikatur, eine satirische Überzeichnung, vielleicht auch ein Seitenhieb auf das Schützenwesen und eine rein rückwärtsgewandt-traditionalistisch ver-standene Brauchtumspflege. Mitterers Kritik an einer falsch verstandenen Tradition und Vergangenheit tritt am Ende der Piefka Saga zugunsten einer Kritik an der Verfremdung der gegenwärtigen – modernen – Identi-tät durch den Tourismus zurück: Eine der Hauptfiguren, Karl Friedrich Sattmann, wird zu Sepp Unterwurzacher umoperiert, und als solcher erfüllt sie mehrere Tirol-Klischees, allein indem ›Sepp‹ mehreren Erwerben nach-geht: Schilehrer, Schuhplattler, Jodler, Bergführer, Berg-bauer.40

In der Piefke-Saga entwarf Mitterer eine Gegenwelt zur vermeintlich heilen Welt, ein Horrorszenario, und erreichte mit seiner Kritik ein starkes mediales Echo so-wohl in Tirol als auch in Deutschland. In einer Diskus-sion im Österreichischen Fernsehen ( orf ) am 27. Jänner 1993 statuierte er:

»Der Tiroler mit seinem Vollbart, mit seinen stereo-typen Redewendungen, den gibt es! ich kenne ihn ja! Das ist der Fremdenverkehrstiroler! [ … ] Der Fremdenver-kehrstiroler hat es sich angewöhnt, den Touristen gegen-über urig und originell zu wirken. Und jetzt wirkt er so, wie es den Tiroler nie gegeben hat. Denn der Tiroler hat kaum eine Tracht getragen, dazu war er zu arm. Und der Tiroler war nie urig, sondern ganz normal wie jeder an-dere Mensch auch. Und jetzt spielt er diesen blöden Men-schen, der sich den Touristen gegenüber urig gebärdet« [ abb. 4 ] .41

Die Parallelen dieser Aussage zu jener Ludwig Steubs über den naiven und rüpelhaften Zillertaler, oder auch je-ner von Carl Alois Wolf über die anachronistischen Röck-chen der Marketenderinnen, sind unverkennbar. Andreas Braun, 1993 Chef der Tirol-Werbung, verwendete in der-selben Diskussion neben der Bezeichnung »Fremdenver-kehrstiroler« das ebenfalls nicht als Kompliment zu ver-stehende epitheton ornans »Ziereinheimische«.

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Von der satire aufgegriffene motive

Wird der »Tyrolismus« in seiner negativsten Form sati-risch überzeichnet, so wiederholen sich normaler Weise vor allem zwei Motivgruppen, die stellvertretend für Ti-rol stehen: das sogenannte Heilige Land Tirol, d. h. der Katholizismus bzw. der religiöse Kult, und das Schüt-zenwesen mit seiner selbstdefinierten Fokussierung auf einen und Herleitung von einem vermeintlichen Frei-heitskampf in den Napoleonischen Kriegen und der Hel-denfigur Andreas Hofer. Es geht also sowohl um die Dar-stellung eines wehrhaften als auch eines heiligen Landes, die heute teilweise zu Brauchtum geworden sind, wäh-rend eine definitive wissenschaftliche Klärung der Her-kunft beider Begriffe nach wie vor aussteht.42

Kirchliches Leben ( oder besser: Volksfrömmigkeit ) wird bis heute im Sinn der Tourismuswerbung inszeniert und teilweise auch vermarktet, wenn beispielsweise Flur-umgänge und Prozessionen in den Veranstaltungspro-grammen der Fremdenverkehrsorte aufgeführt sind. In Mitterers Piefke-Saga, die eine derartige Vermarktung von religiöser Tradition durch Transposition ins Absurde kri-tisiert, ist sogar von einer wöchentlichen Fronleichnams-prozession die Rede, welche im Fernsehen übertragen wird; der Fernsehsprecher interpretiert dies als Hoch-halten einer »heiligen Religion«, die nichts anderes als »alte[ s ] Brauchtum« sei.43 Besonders skurril ist die ver-meintliche Tiroler Frömmigkeit im Film Die Geierwally von Walter Bockmayer inszeniert, produziert in der brd und erstaufgeführt 1988. Der Streifen, der »hemmungs-los« mit dem »Mythos Heimatfilm« abrechnet 44, verzich-tet während einer atemlosen Abfolge von Berg-, Alm- und Dorfszenen auf jeden Hinweis auf Religiosität. Die Figur der »Erbfürstin« aber, eine Reminiszenz an die Feudal-zeit, wird als »Unsere Liebe Frau« verehrt ( 01 : 46 – 01 : 47 ), und in einer Sänfte quasi als Prozessionsfigur getragen.

Die zweite Motivgruppe, jene um Andreas Hofer und den sogenannten Tiroler Freiheitskampf von 1809, wird

dem Tiroler mit verlässlicher Regelmäßigkeit als Spiegel vorgehalten. Der Mythos um 1809 und Hofer ist längst zum Gründungsmythos einer tirolischen Nation gewor-den. Spätestens seit den 1970 er Jahren wird er von Seiten einer engagierten Wissenschaft dekonstruiert, was ihm allerdings nicht zum Schaden gereicht, sondern ihn im Gegenteil ständig mit neuer Energie erfüllt und wieder-belebt.

Hofermythos und satire

Der bereits erwähnte Film Der Untergang des Alpenlan-des enthält eine Charakterisierung des idealen »Alpen-länders«: »Wie soll der Alpenländer außen sein? [ … ] Ker-nig und erdig wie der Bergisel.« Mit dem Namen ›Bergisel‹ schlägt Werner Pirchner die Brücke zum Hofer-Mythos: Der Bergisel südlich von Innsbruck ist der Bergrücken, auf dem 1809 die Tiroler Schützen gegen Bayern und Franzosen gekämpft haben ( damit wird auch deutlich, dass Pirchner mit dem Begriff »Alpenland« eigentlich Tirol meint ). Die Rede kommt danach auf 110.000 Schützen, die es in Tirol gebe, von denen etwa 90 Prozent eine Waffe trügen. Tat-sächlich werden im Film auch bewaffnete Trachtenträger inszeniert, von denen sich einer durch einen braunen Voll-bart von den anderen abhebt und in ( imitiertem ) Südtiro-ler Dialekt spricht. Der Literaturwissenschaftler Thomas Rothschild hat 1973 geschrieben, Werner Pirchner stehe nicht zuletzt »auch gegen die Selbstgefälligkeit einer pro-vinziellen, sich patriotisch gebärdenden Pseudokultur.« 45

Während die Anspielungen auf den Hofer-Mythos im Untergang des Alpenlandes also relativ offensichtlich sind, sind die einschlägigen Hinweise in der Piefke-Saga bes-ser getarnt. An einer Stelle des ersten Teils ( Der Skandal ) spricht Franz Wechselberger, Bürgermeister von Lahnen-berg und zugleich Hotelier, Taxiunternehmer und Haupt-aktionär der Seilbahngesellschaft, die Gäste an:

»[ … ] Wir sind stolze und fleißige Bergbewohner, die Wiener, die Ostösterreicher insgesamt sind faul, ver-

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weichlicht, verdorben und hinterhältig! Schon 1809, als wir Tiroler siegreich gegen Napoleon kämpften, nur be-waffnet mit unserem bäuerlichen Handwerkszeug, mit Sicheln und Sensen, hat uns Wien, hat uns die dortige Re-gierung schmählich im Stich gelassen, hat uns verraten und verkauft!«46

Es werden von Mitterer in dieser Szene wesentliche Klischees über die Ereignisse von 1809 aufgegriffen; ab-seits dieser Allgemeinplätze über den fleißigen, stolzen und freien Tiroler Bauern, den autonomen Volksaufstand gegen die französische Besatzung mit Sensen, Dreschfle-geln und Sicheln, aber auch den Verrat durch das Kaiser-haus, finden sich im Drehbuch keine Anspielungen auf den Hofer-Mythos 47, abgesehen vielleicht von der Tatsa-che, dass der erste Enkel Karl-Friedrich Sattmanns auf den Namen Andreas getauft wird. Vermutlich nicht zu-fällig heißt die Rolle eines greisen Tirolers, der zunächst auf einem abgeschiedenen Bergbauernhof lebt und wirt-schaftet, ebenfalls so.

Im Film hingegen stechen weitere Anspielungen ins Auge: Hans Wechselberger, Franz’ Bruder, lässt im dritten Teil ( Das Geschäft ) während einer Propagandarede den Andreas Hofer nachträglich zugeschriebenen Schlacht-ruf »Mander, ’s isch Zeit!« fallen ( 1 : 36 : 30 ). Im vierten Teil ( Die Vollendung ) werden die Tiroler Schützen, die als eine Art Wachdienst im Dorf agieren, durchwegs mit Tracht ( Mitterer spricht im Drehbuch von einem »Trach-tentiroler«48 ), aber – was noch wichtiger ist – mit langem dunklem Bart dargestellt.

Im vierten Teil beschränkt sich der Regisseur nicht mehr auf Anspielungen, sondern Andreas Hofer ist in der Form eines Porträtgemäldes direkt im Büro des Bürger-meisters quasi körperlich anwesend ( 47 : 50 ); das immer wieder strapazierte »Vätererbe« manifestiert sich somit auch visuell in der Darstellung des Über-Vaters. Bürger-meister Wechselberger schließt eine Ansprache an die Touristen im Dorf mit dem Andreas Hofer zugeschriebe-nen Satz »Ghearts håbts mi« ( 1 : 05 : 50 ), einem Zitat, das

wiederum im Drehbuch nicht vorkommt. Es scheint, als habe der Regisseur versucht, dem Bürgermeister sukzes-sive Hofers Rolle zuzuschreiben. Es war also nicht die In-tention Felix Mitterers, den Hofer-Mythos satirisch zu ver-fremden, sondern es ist eher das Verdienst von Christoph Berger, dass der Mythos als wichtiges Moment des übertrie-benen »Tyrolismus« inszeniert und thematisiert wurde.

Hofer an und für sich ist erst seit relativ kurzer Zeit Objekt der Satire. 1959 erschien zwar ein Comic, das sein Leben illustriert, allein die Herausgeberschaft aber ( Süd-tiroler Kriegsopfer- und Frontkämpfer-Verband ) und der Titel Das Leben und Sterben des Andreas Hofer legen nahe, dass dieses Werk weniger der Belustigung als der Didak-tik dienen sollte – was dann im Vorwort auch explizit festgeschrieben ist.49

Roland Sila geht in einem rezenten Aufsatz anlässlich der Gedenkfeiern 2009 explizit auf das Verhältnis zwischen Andreas Hofer und Satire ein.50 Er zitiert sowohl Karikatu-risten als auch Comiczeichner, aber auch Maler und Grafi-ker, die das Sujet in ihren Arbeiten aufgegriffen haben: Paul Flora hat sich 1969 ausführlich den ›verwurzelten‹ Ti-rolern gewidmet und für dieses Thema Hofer als stereo-types Symbol verwendet. Peppi Tischler hat immer wieder die Vereinnahmung Hofers durch Interessensverbände bzw. durch den Tourismus thematisiert. Die »Südtiroler Ahnenreihe« werde für Tischler, so Sila, von drei Personen bestimmt: Ötzi, Andreas Hofer und Silvius Magnago.51

Sila nennt eine Reihe weiterer Zeichner, sowie über das Genre der Zeichnung hinausgehende bildende Künst-ler. Er kommt zum Fazit, dass die satirische Auseinander-setzung mit der Person Andreas Hofer »beinahe nur in geschützten Bereichen stattfindet«, d. h. in Faschingszei-tungen, Karikaturen und bildlichen Darstellungen. Da-neben seien nur wenige satirische Texte zu finden, was verwundere, würde Hofer doch eigentlich als Klischee eine große Angriffsfläche bieten, »jenes Tirol zu kritisie-ren, das er symbolisiert.« Dies hänge damit zusammen, dass jeder satirische Angriff als Bedrohung oder Verlet-

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zung empfunden werde.52 Insofern werden Phänomene wie die intensiven Diskussionen über die Piefke-Saga, die Stigmatisierung von Kritikern eines einseitigen Tradi-tionalismus als Raffl-Figuren bzw. Landesverräter, oder der Verbleib einer Gegenkultur innerhalb elitärer, aka-demischer, künstlerischer und literarischer Zirkel und das Fehlen einer weitergehenden Popularisierung ver-ständlich.

Die Tradition der Ehrfurcht im Umgang mit dem kulturellen Erbe Andreas Hofer und ›Anno neun‹ wurde erst mit dem 175-Jahr-Gedenken 1984 in Ansätzen durch-brochen. 2009, im Rahmen des 200-Jahr-Jubiläums, pub-lizierten Jochen Gasser und Norbert Parschalk das Comic Andreas Hofer. Eine illustrierte Geschichte 53, und erzielten mit dem Buch einen veritablen Verkaufserfolg. Hofer wird als Strichmännchen mit schütterem Bart, bekann-ter Lebens- und Leidensgeschichte sowie ausgeprägter Neigung zum Weingenuss porträtiert und überzeich-net. Dass dies möglich ist, ist insofern neu, als sich da-rin zeigt, dass sich die verschiedenen Gruppen von Tra-ditionsträgern und somit traditionelle Erinnerungs- und Geschichtskultur und ihre Gegenkultur allmählich zu überlappen beginnen. Der Jungschütze bzw. die Marke-tenderin erhält ein Andreas-Hofer-Comic als Geschenk, das nicht mehr allein pathetisch-ideologisierend das ›Erbe der Väter‹ thematisieren und zum ernsten Nach-denken anregen will, sondern über das gelacht werden darf – und soll. Die patriotisch-militaristische und nati-onalistische Tradition wird von ihrem Sockel oder – um die spezifische Situation in diesem Fall besser zu treffen – vom Altar geholt; der Nimbus des Sakrosankten wird ihr aberkannt, es findet – über das Medium der Porträtkari-katur – Satire statt.

Gegenwelten

Fassen wir die Ergebnisse in Hinblick auf die am Anfang skizzierten oszillierenden ›Gegenwelten‹ zusammen, so

kristallisieren sich zwei Arten der Auseinandersetzung mit Tirol in Hinblick auf seine Tradition( en ) heraus: ein Verständnis von Tradition im Sinne der Mythenpflege und selektiven Erinnerung auf der einen Seite. Auf der anderen Seite gibt es Initiativen zur Etablierung von Ge-genkulturen. Im Protest gegen gängige und als negativ weil konservierend und rückwärtsgewandt, zum Teil sogar schädlich für das Ansehen von Land und Leuten empfundene Tirol-Klischees zeigt sich ein Votum für die konstruktive Betonung bzw. Etablierung alternati-ver bzw. neuer Traditionen. Hierfür bietet sich die Satire, die Überzeichnung und Übertreibung wie auch die Kari-katur als ideales Medium an, als Möglichkeit, aus einer sich rein auf elitäre Kreise beschränkenden Kritik he-rauszufinden und an eine breitere Öffentlichkeit zu ge-langen. Techets Fern von Europa erlebte bis 1923 23 Aufla-gen und wurde insgesamt mehr als 23.000 Mal verkauft ( allerdings nur dort, »wo keine Tiroler zu Hause wa-ren« ).54 Die Piefke-Saga sorgte dermaßen für öffentli-chen Wirbel, dass ihr vierter Teil für lange Zeit aus dem Programm des öffentlich-rechtlichen österreichischen Rundfunks verschwand, um die aufgeheizte Stimmung zwischen Urlaubsland ( Tirol / Österreich ) und Urlaubs-gästen ( Deutsche ) nicht zur Explosion zu bringen. In jüngster Zeit wurde ein Comic über Andreas Hofer zum Kassen schlager, welches den Landeshelden als gutmüti-gen ›Lackl‹ zeichnet, und ihn somit für jeden angreifbar und anfassbar macht – weit mehr als eine Biographie, die wiederum ›nur‹ in einem elitären Umfeld wirklich gele-sen und rezipiert wird. Es ist deshalb notwendig, dass die ›Gegenwelt‹ ihr negatives, gefährlich-bedrohliches Image, das bereits im Begriff mitschwingt, verliert, und

– wie in den geschilderten Fällen bereits geschehen – aus ihrem Nischendasein in Satire und Karikatur in einen breiteren öffentlichen Diskurs eintreten kann. Beide Ge-genpole, Welt und Gegenwelt, und alle Schattierungen zwischen ihnen sollten nebeneinander Platz haben und sich im Idealfall ergänzen. Sie brauchen einander, um

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sich immer wieder neu zu befruchten und zu erfinden, um Diskussionen anzuregen und der Bequemlichkeit eines Sich-Ausruhen-Könnens auf der Gewissheit einer

vermeintlich großen Vergangenheit und der Zugehörig-keit zu einem vermeintlich besonderen Menschenschlag zuvorzukommen.

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1 Der deutsche Moderator und gebürtige Südtiroler Markus Lanz in

einem Interview, Stern, 12. 12. 2013, S. 78.

2 Claus Gatterer: Schöne Welt, böse Leut. Kindheit in Südtirol, Wien /

Bozen 2005, S. 16.

3 Steffen Krüger: Die Karikatur als Stereotypefahnder – Ernst Kris’

Kunstpsychologie revisited, in: Thomas Petersen, Clemens

Schwender ( Hg.): Visuelle Stereotype, Köln 2009, S. 174 – 194, S. 176.

4 Sepp Schluiferer ( Carl Techet ): Fern von Europa. Tirol ohne

Maske. Kurze Geschichten aus finsteren Breiten in 34 Bildern. Schil-

derung von Land und Leuten von nicht alltäglicher satirischer Art,

Jubiläumsausgabe, Innsbruck 2009.

5 Werner Gürtler: Fern von Europa – Ein Literaturskandal und seine

Folgen, in: Schluiferer 2009 ( Anm. 4 ), S. 116 – 141; ders.: Über die Vor-

stellungen von der sogenannten kulturellen Einheit Tirols. Erläutert

am Beispiel der Techet-Affäre ( Ein Literaturskandal im Jahrhundert-

jubiläumsjahr 1909 ), in: Egon Kühebacher ( Hg.): Tirol im Jahr-

hundert nach Anno Neun. Beiträge der 5. Neustifter Tagung des Süd-

tiroler Künstlerbundes ( Schlern-Schriften 279 ), Innsbruck 1986,

S. 177 – 198.

6 Gürtler 2009 ( Anm. 5 ), S. 121.

7 Zit. nach: Nina Schröder, Wege der Kultur, in: Stefan Lechner

( Hg.): Der lange Weg in die Moderne. Geschichte der Stadt Bruneck

1800 – 2006, Innsbruck 2006, S. 297 – 363, S. 313.

8 Zit. nach: Gürtler 2009 ( Anm. 5 ), S. 130 f.

9 Krüger 2009 ( Anm. 3 ), S. 180.

10 Zit. nach: Gürtler 2009 ( Anm. 5 ), S. 137.

11 Hans Heiss: Einzigartig gewöhnlich. Tirol zwischen Sonderstel-

lung und Normalität, in: Michael Huter, Wolfgang Meighörner ( Hg.):

Das Tirol Panorama. Ein Land – Ansichten und Durchblicke, Inns-

bruck / Wien 2012, S. 41 – 46, S. 45.

12 Zit. nach: Gürtler 2009 ( Anm. 5 ), S. 133.

13 Helmuth Schönauer: Schluiferers Erben. Was aus den Tarrolan

geworden ist, Innsbruck 1992, erweiterte Neuauflage 2009.

14 Schönauer 1992 ( Anm. 13 ), S. 8.

15 Helmuth Schönauer: After Hofer. Illustrationen von Bertram Haid,

Zirl 2010, S. 5.

16 Wolfgang Hackl: Eingeborene im Paradies. Die literarische Wahr-

nehmung des alpinen Tourismus im 19. und 20. Jahrhundert

( Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 100 ), Tübingen

2004, S. 107.

17 Wolfgang Hackl: Der Gast als Bedrohung. Reimmichls Kultur-

kampf gegen den Fremdenverkehr, in: Johann Holzner, Oskar Putzer,

Max Siller ( Hg.): Literatur und Sprachkultur in Tirol ( Innsbrucker

Beiträge zur Kulturwissenschaft, Germanistische Reihe 55 ), Innsbruck

1997, S. 359 – 379, S. 369.

18 Hackl 1997 ( Anm. 17 ), S. 377.

19 Wolfgang Meixner: Mythos Tirol. Zur Tiroler Ethnizitätsbildung

und Heimatschutzbewegung im 19. Jahrhundert, in: Geschichte

und Region / Storia e regione, 1. Jg. ( 1992 ), 1. Heft, S. 88 – 106, S. 92 f.;

Maria Pümpel-Mader: Der Tiroler ist … – Sprachhistorische Unter-

suchung eines ethnischen Stereotyps, in: Dies., Beatrix Schönherr

( Hg.): Sprache – Kultur – Geschichte. Sprachhistorische Studien

zum Deutschen. Hans Moser zum 60. Geburtstag ( Innsbrucker Bei-

träge zur Kulturwissenschaft, Germanistische Reihe 59 ), Innsbruck

1999, S. 247 – 274, S. 263.

20 Felix Mitterer: Das wunderbare Schicksal. Aus dem Leben des

Hoftyrolers Peter Prosch. Ein Theaterstück und sein historischer

Hintergrund, Innsbruck 1992.

21 Meinrad Pizzinini: Die »Tiroler Nation« und das »Heilige Land

Tirol«, in: Tiroler Geschichtsverein am Tiroler Landesmuseum

Ferdinandeum ( Hg.), Klischees im Tiroler Geschichtsbewusstsein.

Symposium anläßlich des zehnjährigen Bestehens des Tiroler Ge-

schichtsvereines 8. bis 10. Oktober 1992, Innsbruck 1996, S. 51 – 61, S. 53.

22 Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. Band 1: Unterinntal, 3. neu-

bearb. Auflage, Innsbruck 1996, S. 59.

23 Mitterer 1992 ( Anm. 20 ), S. 90.

24 Gunter Bakay: Zur touristischen Konstruktion kulturellen Erbes

anhand 200 Jahre Tiroler Abend. Ein Fallbeispiel aus Theorie und

Praxis, in: Karl C. Berger, Margot Schindler, Ingo Schneider ( Hg.):

Erb.gut? Kulturelles Erbe in Wissenschaft und Gesellschaft. Referate

der 25. Österreichischen Volkskundetagung vom 14.– 17. 11. 2007 in

Innsbruck ( Buchreihe der Österreichischen Zeitschrift für Volks-

kunde 23 ), Wien 2009, S. 101 – 107, S. 105.

25 Zit. nach Pümpel-Mader 1999 ( Anm. 19 ), S. 270.

26 Erwin Kalischer, Raimund Pissin ( Hg.): Heines Werke Fünfter

Teil: Almansor – Ratcliff – Der Doktor Faust – Die Göttin Diana

( Heines Werke in fünfzehn Teilen 5 ), Berlin [ 1927 ], S. 30. Servilismus

bedeutet so viel wie Untertänigkeit, Unterwürfigkeit; Serviles homini

bezeichnete im 18. Jahrhundert Knechte und/oder Leibeigene. Vgl.

Johann Heinrich Zedlers Grosses vollständiges Universallexicon aller

Wissenschafften und Künste, Halle / Leipzig 1732 – 1754, Bd. 37, Sp. 248.

27 Zit. nach: Ellinor Forster: Die »Erfindung« der Marketenderin-

nen – als Reaktion auf den Wunsch von Frauen, an Schießveran-

staltungen teilzunehmen. Frauen in der Tiroler Schützentradition

des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, in: Siglinde Clementi

( Hg.): Die Marketenderin. Frauen in Traditionsvereinen ( Veröffent-

lichungen des Südtiroler Landesarchivs Sonderband 2 ), Innsbruck

2013, S. 213 – 261, S. 257 f.

28 Dietmar Larcher, Heimat – Eine Schiefheilung. Südtirols große

Erzählungen – ein Versuch der Dekonstruktion, in: Ders. ( Hg.),

Fremdgehen. Fallgeschichten zum Heimatbegriff, Klagenfurt / Meran

2005, S. 165 – 193, S. 188.

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29 Hans Haid, Stadel, Alm & Gaudi. Neue Texte, Innsbruck 1997, S. 41.

30 Ders., Wie also die Tiroler in ihrem klischeehaften Geschichts-

bewußtsein insbesondere durch den Fremdenverkehr geprägt wurden,

in: Tiroler Geschichtsverein 1992 ( Anm. 21 ), S. 129 – 135, S. 130. Her-

vorhebungen im Original.

31 Theresia-Maria Sonnewend: Das Tiroler Volksbild in Plakaten und

Prospekten des 20. Jahrhunderts: eine volkskundliche Interpreta-

tion Nordtiroler Fremdenverkehrswerbung, ( phil. Diss.) Innsbruck

1986, S. 175.

32 Zit. nach: Gürtler 2009 ( Anm. 5 ), S. 139.

33 Sonnewend 1986 ( Anm. 31 ), S. 57.

34 Monika Fink, Exkurs: Auf der Suche nach neuen Klängen. Zu

Leben und Werk von Werner Pirchner ( 1940 – 2001 ), in: Kurt Drexel /

Monika Fink ( Hg.), Musikgeschichte Tirols Band 3: 20. Jahrhundert

( Schlern-Schriften 344 ), Innsbruck 2008, S. 643 – 650, S. 646.

35 Vgl. ( neben zahlreichen Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften ):

Felix Mitterer: Die Piefke-Saga. Komödie einer vergeblichen Zunei-

gung. Drehbuch. Mit 96 Fotos aus dem Fernsehfilm, Innsbruck 1991;

Susanne Punt: Die Piefke-Saga von Felix Mitterer. Eine kritische

Analyse, ( phil. Dipl.) Innsbruck 1995; Klaus Müller-Salget: Die Realität

der Satire der Satire der Realität. Bemerkungen eines Zugereisten zu

Felix Mitterers »Piefke-Saga«, in: Johann Holzner, Oskar Putzer, Max

Siller 1997 ( Anm. 17 ), S. 511 – 520; Elmar Drexel: Die Komik in der Piefke-

Saga, ( phil. Dipl.) Innsbruck 2009; Hackl 2004 ( Anm. 15 ), S. 167 – 173.

36 Vgl. Mitterer 1991 ( Anm. 35 ), S. 178.

37 Punt 1995 ( Anm. 35 ), S. 95.

38 Mitterer 1991 ( Anm. 35 ), S. 178.

39 [ Steub ] 1996 ( Anm. 22 ), S. 59.

40 Mitterer 1991 ( Anm. 35 ), S. 212.

41 Zit. nach: Punt 1995 ( Anm. 35 ), S. 119.

42 Vgl. zuletzt: Martin Schennach: Der wehrhafte Tiroler. Zu Ent-

stehung, Wandlung und Funktion eines Mythos, in: Oswald

Überegger, Camillo Zadra ( Hg.), Region in Waffen / Regione in armi.

Geschichte und Region / Storia e regione, 14. Jg. ( 2005 ), 2. Heft,

Innsbruck u. a., S. 81 – 112; Heinz Noflatscher, Heilig wie lang? Religion

und Politik im vormodernen Tirol, in: Der Schlern, 72. Jg. ( 1998 ),

6. Heft, S. 358 – 375.

43 Mitterer 1991 ( Anm. 35 ), S. 180.

44 [ Anonym ], Filmkritik zu Die Geierwally, http://www.kino.de/

kinofilm/die-geierwally/13416 ( 15. 9. 2013 ).

45 Zit. nach: Fink 2008 ( Anm. 34 ), S. 643.

46 Mitterer 1991 ( Anm. 35 ), S. 54.

47 Susanne Punt widmet dem Verhältnis von Drehbuch und Film

in der Piefke-Saga ein eigenes Kapitel, in welchem sie teilweise

erheb liche Unterschiede feststellt. Punt 1995 ( Anm. 35 ), S. 75 – 85.

48 Mitterer 1991 ( Anm. 35 ), S. 182.

49 Bernhard Mertelseder, Andreas Oberhofer: »Das Leben und

Sterben des Andreas Hofer«: Ein Comic als Geschichtsbuch?, in: Süd-

tiroler Schützenbund ( Hg.), S. 1767 – 1810. Andreas Hofer und der

Tiroler Freiheitskampf. Eine Bildgeschichte, [ Bozen ] 2009, S. 219 – 222.

50 Roland Sila: Des Hofers langer Bart. Andreas Hofer und Satire –

ein Befreiungsschlag?, in: Wolfgang Meighörner, Karl C. Berger ( Hg.):

Hofer Wanted. Ausstellung Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

Innsbruck, Innsbruck 2009, S. 165 – 175.

51 Ebd. S. 170.

52 Ebd. S. 174.

53 Bozen 2008, Neuauflage Brixen 2009.

54 Schröder 2006 ( Anm. 7 ), S. 315.

b e i t r a G a n d r e a s o b e r h o f e r

abb. 1 »Rassenfragen. Ich habe schon viele Bilder des berühmten

tarrolischen Malers Defreegaa gesehen. Sie scheinen alle ein heute

gänzlich ausgestorbenes Volk darzustellen, das einstmals da lebte, wo

die jetzigen Tarrola hausen. [ … ] Der Menschenschlag, den er dar-

stellte, lauter ideale Gestalten, ist seither vollkommen verschwunden

und gehörte zweifellos einer ganz anderen Völkerfamilie an als die

heutigen Tarrola.« ( [ Techet ] 2009, 50 ).

abb. 2 »Purgl lernte einen preußischen Legationsrat kennen. Er war

›von‹, Witwer, hatte eine große Glatze, zerstörte Nerven vom Akten-

lesen und zudem eine bedeutende Erbschaft. [ … ] Die Ärzte rieten

ihm Landluft und Spaziergänge an. Das brachte ihn nach Tarrol.

Dort ging er denn täglich spazieren, ›janz nach Landesart jekleidet‹.«

( [ Techet ] 2009, 7 ).t a G u n G u n i v e r s i t ä t i n n s b r u c k

Abb. 2

Abb. 1

abb. 3 »Lastl war für die Berliner Damen der Typus bäuerlicher

Naivität und Stupidität, eine herrliche Zielscheibe ihres überlegenen

Witzes und ihrer europäischen Ausgelassenheit. Lastl merkte nichts

und duldete alles. Bei ihren Fragen und Spötteleien zeigte er eine

Miene unbegrenzter Trottelhaftigkeit. Sein inhaltsloses Lachen im

Vereine mit dem nichtssagenden Blicke seiner Schweinsäuglein

gaben ihm den Ausdruck einer schrankenlosen, unerschütterlichen

Gedankenlosigkeit. Hinter dieser Maske lebte er. Seine flache Schädel-

decke barg ein Gehirn, das nicht größer war, als das eines achttägigen

Kalbes.« ( [ Techet ] 2009, 29 f.).

abb. 4 »Purgl zog nun ihre ›Volkstracht‹ an. Ein europäischer

Schneider hatte sie ihr erfunden und zugeschnitten: grüner, breiter

Hut mit einer weißen und einer roten Hahnenfeder rückwärts, ein

goldgesticktes Mieder, das ihre flache Brust mit einer gefälligen

Wölbung versah, ein blumengestickter, ziemlich kurzer Rock. So

stand sie, einen bunten Schal um die Schultern, vor der Haustüre,

sobald ein paar Skifahrer oder Rodler ohne Damenbegleitung vorbei-

kamen. Zu diesen sagte sie: Grüaß Gauoood!« ( [ Techet ] 2009, 5 ).

Bildnachweis: Abb. 1 – 4: Carl Techet ( Sepp Schluiferer ), Tirol ohne

Maske ( Fern von Europa ). Kurze Geschichten aus finsteren Breiten

mit 34 Bildern nach Zeichnungen von Eugenie Dumtsa und vom

Autor, Leipzig: Lothar Joachim Verlag, 1921. Seitenangaben: [ Abb. 4 ]

S. 5; [ Abb. 2 ] S. 8; [ Abb.3 ] S. 41; [ Abb. ] S. 61 b e i t r a G a n d r e a s o b e r h o f e r

Abb. 3

Abb. 4