WHY NOT? - Die Welt

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ICON Februar 2014 WHY NOT?

Transcript of WHY NOT? - Die Welt

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ie Aufnahme stammt, man ahnt es schon, aus dem Condé-Nast-Archiv und gehört zu einer Auswahl von 150 großartigenModefotos, die vom 1. März bis 25. Mai im Pariser Musée de la Mode ausgestellt wird. Miles Aldridge hat die drei Füße 2002für die italienische „Vogue“ fotografiert. Es hätte (abgesehen von der Schuhform) auch letzte Woche sein können. Stehendie drei doch für genau jenes Lebensgefühl und jene Trends, die wir uns gerade von der Mode gern suggerieren lassen:Die Welt ist bunt und Frechheit siegt. Also: Unbeschwertheit. Frech wird ja manchmal als unverschämt missverstanden,

aber eigentlich wohnt dem Begriff eher Dynamik inne. Wer frech ist, hinterfragt. Und wagt. (Als ich meine Haare abholzen ließ, hörteich öfter, anerkennend: „frecher Schnitt“.) Die Mode dieser Saison also ist bunt, von Kunst beseelt und vielfältig. Die (feiner) Stoff ge-wordene Aufforderung, Vorurteile abzulegen, die alten Kategorien mal wieder zu entsorgen. Parka zum Spitzenkleid zu dickenStrümpfen. Rosa Kaschmir über Mondrian. Why not?! Mode ist ein kulturelles Spiel. Sie lässt uns ausbrechen aus der Ordnung, ohnedass es schwerwiegende Konsequenzen hat. Es muss nicht immer sein, wie es scheint. Und ja: Es wird wieder hell da draußen!

Vorhang auf!

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IMPRESSUM ICONRedaktionsleitung: Inga Griese (verantwortlich) Textchef: Dr. Philip Cassier Redaktion: Caroline Börger, Nicola Erdmann, Sarah Lehnert, Lisa Strunz, Mira Wiesinger. Praktikantin: Julia Hackober Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver Artdirektorin: Barbara Krämer Gestaltung: Maria Christina Agerkop, Katja Schroedter, Doris Wildt Fotoredaktion: Julia Sörgel, Elias GröbVerlagsgeschäftsführung: Jan Bayer (Vorsitzender), Dr. Stephanie Caspar, Frank Mahlberg Gesamtanzeigenleitung: Stephan Madel; Anzeigen ICON: Roseline Nizet ([email protected])Objektleitung: Carola Curio ([email protected]) Verlag: Axel Springer SE Repro: Druckvorstufe WELT GRUPPE Berlin Druck: Prinovis Ltd. & Co KG, Nürnberg Herstellung: Olaf Hopf ICON ist ein Supplement der „Welt am Sonntag“, die nächste Ausgabe erscheint am 30. März 2014. Sie erreichen uns unter [email protected] Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit.

„Ich wollte schon als Kind glamourös sein, so glamourös wie meine Großmutter. Aber von einer Karriere als Modelhabe ich nicht geträumt.“ Doch nun ist Felicity Hayward das angesagteste Plus-Size-Model Großbritanniens. Ihre

Laufbahn als Profi ähnelt der, ja, von Claudia Schiffer: Das deutsche Supermodel wurde in einer Disco in Düsseldorf entdeckt, Felicity beim Tanzenin einem Pub. Die (gefärbte) Blondine mit der sinnlich üppigen Figur bekam so vor zwei Jahren den ersten Fotojob. Danach konnte sie sich vor An-fragen kaum retten. Also gab sie ihre Arbeit als Kunstlehrerin erst einmal an der Garderobe ab. Die Ähnlichkeit mit der verstorbenen Anna NicoleSmith, deren Sexbomben-Kampagne für H&M Werbegeschichte schrieb, ist durchaus geschäftsfördernd. Aber nicht minder der Humor (kehligesLachen!) und die Entspanntheit, mit der Mrs Hayward um Kameras „kurvt“. Ganz im Sinne der Großmutter. Fotografin Esther Haase schwelgte mitFelicity in London (ab Seite 64). Mehr (ziemlich sexy) Bilder finden Sie auch unter www.welt.de/icon.

FELICITY HAYWARD

Nicht jedes Magazin hat seine eigene Familie. Icon schon – dank James Dignan. Der gebürtige Neuseeländer illustriertdas modische Leben von Icona, fast so lange, wie es unser Magazin gibt. Dignan kann sich daran sogar noch erinnern: „Es

war im Sommer 2008. Ich war gerade in Paris angekommen, als der erste Auftrag für vier Illustrationen kam.“ Binnen einer Woche war Icona gebo-ren. Mit roten Haaren, ziemlich groß gewachsen und reiselustig. In der Zwischenzeit ist unsere Magazin-eigene Modefamilie ganz schön gewach-sen: Auch Iconas Mann Iken und die Kinder Icönchen und Ike und natürlich Icomi lassen sich regelmäßig in stilsicheren Outfits blicken. Wenn esnach Illustrator James Dignan geht, war es das aber noch nicht mit dem Familienzuwachs – „Ich hoffe ja, dass wir bald Iconas Zwillingsschwesterkennenlernen.“ (Icon an James: Wir haben verstanden...) Seine Lust auf Modeillustration kommt nicht von ungefähr: Am renommierten Studio Ber-çot in Paris studierte er ursprünglich Design. Nur gefällt ihm die freiere Arbeitsweise als Illustrator deutlich besser, so kann Dignan nämlich seinenaktuellen Wohnort mehr genießen: „Ich liebe Sydney! Es ist eine sensationelle Multikulti-Stadt mit schönen Stränden, sauberer Luft, Papageien undfliegenden Hunden. Eine große Belohnung für mich nach 20 Jahren Paris ...“ Seite 26

JAMES DIGNAN

AUF DEM COVER: Pullover, Jogginghose, Badeanzug, Kette und Lederhandschuhe sind von Chanel. Stiefel: Bally

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16 NEUES JAHR, NEUE MODEWas ist Mode, wer ist Mode und wie solltesie keinesfalls sein. Unsere Stilisten erzählen

26 BARBIE VERSUS KAREN BLIXENWährend Icona sich in eine rosa Wolke hüllt,zieht es Icomi in die große weite wilde Welt

MODE28 DAS ENDE EINER ÄRA

Tränen, Trauer, schwarzer Taft: Wir warenauf keiner Beerdigung, aber auf der letztenModenschau von Marc Jacobs für LouisVuitton – eine Art Nachruf

30 NORDISCH BY NATURE?Nix da minimalistisch: Dass skandinavischeMode auch anders sein kann, zeigt diefinnische Designerin Satu Maaranen

32 KOMME, WAS WOLLE?Von wegen! Wir kennen die Trends undverraten, was wir im Frühling tragen wollen

38 NEUER KUNSTSTOFFHier geht’s nicht um Plastik, sondern um einModephänomen: wandelnde Kunstwerke

40 PELZIGAuf den Spuren der Magie von Fendi reis-ten wir nach Rom. Plus: Silvia Fendi überErfolg, Krise und die Lust am Andersartigen

44 STARK UND BESTÄNDIGDiese Eigenschaften sagt man dem Maul-beerbaum nach. Kein Wunder, dass er zumSymbol für die britische Marke Mulberrywurde. Lisa Strunz wollte mehr wissen

ICONFEBRUAR 2014

AUSGEWÄHLT

Bild 1: Mantel von Céline. Fellpulloverund Sonnenbrille: Fendi. Hose: HugoBoss. Rollkragenpullover: Bally. Stiefel:Aperlai. Bild 2: Jacke mit Fellkapuze vonBurberry. Oberteil, Anzug, Skibrille undStiefel: Bogner. Handschuhe: Hermès.Neben ihr ein bunter Statist. Bild 3:Pullover, Kleid und Overknee-Stiefel:Céline. Bild 4: Fellweste, Rock undSandalen von Loewe. T-Shirt: Schiesser.Strümpfe: Falke. Kette: Chanel. Sonnen-brille: Tom Ford über Marc le Bihan

Model Corinna im Pitztal: Top, Hose, Handschuhe, Sonnenbrille undFellmütze: Michael Kors. Rollkragenpullover: Bogner. Nackenwärmer:Hermès. Tasche: Ralph Lauren

Schöner Schaukeln: Nichtnur den Eames Plastic Chair

„RAR“ gibt’s in unseremOnlineshop iconist.de

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Jason Who? Jason Wu! Der entwirft nun fürHugo Boss: Skizze für die Winter-kollektion 2014/15

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Art im Quadrat:Seidencarré „ClaudeViallat” von Hermès

Und natürlich digitalbei ICON in DIE WELTauf dem iPad und unter

www.welt.de/iconGESCHICHTEN

80 KUNSTVOLLE LUST AM ESSEN Das neue Kochbuch „Paulas Juwelen“ vonCharlotte Birnbaum ist eine Rezeptsamm-lung? Ach was. Eine Kulturgeschichte.

82 MANN VON WELTFür seine Weltreise packte Giovanni Zac-cagnini nicht nur seine Kamera in den Kof-fer, sondern auch jede Menge schönsterKleider. Für ein etwas anderes Shooting

88 GLOBAL DIARYDiesmal geht’s nach Shanghai und nachOfterschwang im Allgäu

90 DER BAUPLANWir durften bei Prada dabei zusehen, wiedie Double Bag entsteht

MODE

46 ’O SOLOMEOKein Tippfehler. Solomeo ist das Zuhauseder italienischen Luxusmarke BrunelloCucinelli. Und was für eines! Ein Besuch

48 COOL CATSKeine Lust mehr auf Schnee? Vielleichtkönnen wir Sie umstimmen: Wir fotografier-ten schönste Outfits für eisiges Wetter

58 ZU HAUSE IM KLISCHEEInès de la Fressange gilt als Stilvorbild ihrerGeneration und ist Inbegriff von französi-scher Eleganz. Wir trafen sie, klar, in Paris

62 VIEL HALL UND RAUCHFrauen wie Jerry Hall gibt es heute kaumnoch. Umso besser, dass wir das Exmodel inBerlin treffen konnten. Ein Interview

64 RUNDE SACHEFelicity Hayward ist Plus-Size-Model. Wirhaben sie in London fotografiert und nut-zen den Anlass für ein Gespräch

BEAUTY72 FRÜHLING, FRÜHLING!

Unsere Beautyexperten blühen auf: Oud-Parfums und Naturkosmetik helfen dabei

74 MANN, O MANNWasser und (Kern)seife tun’s längst nichtmehr. Auch Männer lieben edle Pflege.Sieben neue Kosmetika

75 DIE SHAMPOO-NASENFür einen neuen, feineren Shampooduftwendete sich La Biosthétique-Chef Jean-Marc Weiser an den Parfümeur GezaSchön. Wir haben ihnen zugehört

76 WANN IST EIN MANN EINMANN?Braucht er dafür die typischen Duftakkordeaus frischen Noten? Oder darf er auch malsüßlich-opulent duften? Bei Valentinoglaubt man Letzteres. Auf Schnupperkurs

77 MUFTI ELEGANTI? QUATSCH!Kristen Stewart ist längst nicht mehr nur daskleine Vampirmädchen, sondern eine mo-derne Frau. Und damit das perfekte Testi-monial für Balenciagas Duft „Rosabotani-ca“. Ein Gespräch über Blumen, Rückzugs-orte und Schwämme

78 DAS (MIR) TEUERSTE PARFUM Susanne Opalka gerät ins Schwärmen.Grund ist ein legendäres Parfum: Joy. EineOde an das Haus Jean Patou

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FIJI: Kindertanzgruppe auf QameaIsland. Die Socken sind von Falke

Model Felicity Hayward trägt beim Shooting in London ein Leo-Oberteil von Marina Rinaldi, Rock: Anna Scholz. DieSchuhe gehören Felicity und Hund Joe der Fotografin Esther Haase

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Ursprünglich ist die Porträtserie „Novizinnen“, von der Fotografin Léa Nielsen

und dem Stylisten Daniel G. Sartore inszeniert,als Modestrecke in dem österreichischen Maga-

zin „Material Girl“ erschienen. Nun bekommtsie noch einmal eine eigene Ausstellung. Zu

Recht! Bis zum 26. April in der Galerie des De-partmentstores im Berliner Quartier 206.

Jung & schön

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Ihr Lieblingstag istSonntag? Dann gibt’snun den passendenDuft. „Lazy SundayMorning“ von MaisonMartin Margiela.Inspiration: Der Duftfrischer Wäsche,weicher Haut,zerknitterterLeintücher...

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Vor Kurzem habe ich einen Hipster umgebracht. Und ichmuss zugeben: Es hat sich gut angefühlt. Aber warten Sie, ichbin nicht wirklich gewalttätig geworden. Ich bevorzuge fried-lichen Protest, bin eher Buddha als Tupac. Sensibel eben.Und darum hat mich der Hipster auch so genervt. Er trug ei-nen schwarzen Hut, Hornbrille, Schnurrbart, Skinny Jeans,lehnte mit seinen 15 Kilo an seinem Fahrrad – und stand mirim Weg. Ich habe ihn höflich gefragt, ob ich vorbeikönne.Doch anstatt einen Schritt zur Seite zu machen, hörte er nurfür einen Moment auf, „Candy Crush“ auf seinem Smartpho-ne zu spielen, und grinste mich an. Dann zog er eine kleineFlasche Evian Gesichtsspray aus seinem Rucksack hervor,spritze es mir ins Gesicht und nannte mich etwas, das mit „Fa-shion“ begann und mit „Victim“ endete. Den Rest habe ichverdrängt. Während ich mein Gesicht trocknete, überlegteich mir, wie genau jede Sekunde seines unbedeutenden Hips-ter-Daseins durchgeplant war. Seine Wohnung in Kreuzberg,sein Lover in Shoreditch, sein veganes Pop-up-Streetart-Hartz-IV-Vintage-Indierock-T-Shirt-Projekt. Er war ungefähr

so kreativ wie ein Stapel Post-its. Was ich getragen habe? Ichdachte schon, Sie fragen nie ... schwarzen Rollkragenpullover,dunkelblaue Hose, schwarze Lederboots. Ich habe mir Mühe ge-geben, nicht wie alle anderen auszusehen. Doch genau das hatden Hipster anscheinend gestört. Hipster leben ja von der Idee,möglichst alternativ zu sein, und am Ende sind sie doch allegleich. Sie gehen in die gleichen Bars, tragen die gleichen Müt-zen, haben die gleichen Laptops und Notizbücher, posten diegleichen Posts, leben die gleichen Leben. Tatsächlich war ichder Alternative, weil ich anders aussah. Als ichwieder bei mir war, lag der Hipster auf dem Bo-den, seine Skinny Jeans war um seinen Hals ge-schnürt, die schwarze Mütze in den Mund ge-stopft. Ich stand still daneben und wartete auf diePolizei. Als sie kam und mich fragte, warum ichdas getan hatte, spritzte ich mir das Evian Sprayins Gesicht, knöpfte meine Jacke zu, zuckte mitden Schultern und sagte, dass ich nur eins vondiesen Fashion Victims war ...

I KILLED A HIPSTER

STILISTENUNSERE LIFESTYLEWEISEN TEILEN IHRE FASHIONGEDANKEN MIT UNS

Chris Glass European MembershipDirector vom Soho House

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Die Metamorphose - eine Geschichte von Hermès

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John Waters ist in Hollywood durch Trashfil-me wie „Pink Flamingos“ bekannt geworden.Nun offenbart der amerikanische Regisseurüber Bilder, Filme und Skulpturen seinenBlick auf die Branche. „Bad Director’s Chair“heißt seine Ausstellung, sie ist bis zum 5. März in der Berliner Galerie Sprüth Magerszu sehen. Herrlich ehrlich!

Marionettenspiel

Tommy Hilfiger hat mal gesagt: „Ich entwerfe nicht Mode. Ich entwerfe Lifestyle.“Das könnte auch von mir stammen. Mode verschwindet nämlich meist so schnell,wie sie gekommen ist. Ein Lebensgefühl jedoch bleibt. Deswegen schaue ich mirden ganzen Zirkus lieber aus der Ferne an und genieße derweil ein Glas Wein –schließlich haben er und Mode vieles gemein. Beide sind einem ständigen Wandelunterworfen, stehen für Individualität, Vielfalt, Charakter und nicht zuletzt Ver-gnügen. Und beide werden von Künstlern geschaffen. Einer davon ist DanielJiménez-Landi – ein spanischer Jungwinzer, der das Zeug hat, ein ganz Großer zuwerden. Wie sein 2012er Crianza „Las Uvas de la Ira“ beweist. Mit dermaßen ein-zigartigem Stil, dass Mode glatt zur Nebensache wird.

Herbert SecklerKultwirt vom Sylter „Sansibar“

WAS FÜR EIN ZIRKUS

HAPPY NEW YEAR: Am 31. Januar 2014 wurde in China das Jahr des Pfer-des eingeläutet. Wer also 1942, 1954, 1966, 1978 ... geboren ist,soll in diesem Jahr besonders viel Glück haben. Wer weiß, viel-leicht trägt ja dieser Füllfederhalter aus der limitierten Edition„Year of the Horse“ von Caran d’Ache dazu bei?

UND SONST NOCH

Wie sieht eigentlich Mode aus, diejunge Designer aus Grönland und vonden Färöern entworfen haben? Wirfinden: ziemlich gut! Und empfehlendie Ausstellung „The Weather Dia-ries“, die ab dem 22. März im Rahmender dritten Nordic Fashion Biennaleim Museum für Angewandte Kunst inFrankfurt am Main gezeigt wird.

Nordic Walking

RAMM

ATIK

Mode ist mehr denn je Ausdrucksmittel von Indivi-dualität. Und sie spricht in gewissen Codes, die eszu entziffern gilt. Hochtrabend ausgedrückt: Wirkli-che Mode (wir sprechen hier nicht von Bekleidungoder Textilien) unterliegt einem Paradigmenwech-sel. In der NOW!-Sprache gesagt, lautet der neueCode schlicht: cool!Begriffe wie „gut angezogen sein“ und Unterschei-dungen zwischen Sportswear, Businesslook, Cock-tail und ähnlicher Kategorisierung haben ihre Be-deutung verloren und somit die Wahrnehmungskri-terien verändert. Die Grenze zwischen Day- undEveningwear, zwischen Couture und Streetwear,zwischen sportlich und elegant verschwimmen. Diemaßgeblichen Designer lassen sich von allem inspi-rieren – Kunst, Technik, Sport, Ethnien, sonnigerTag und schattenvolle Nacht – und generieren da-raus ihre eigene Sprache. Das meint kein „anythinggoes“, sondern eine eigene, moderne Logik des je-weiligen Designers, die in diesem Sommer in einfreudvolles (!), experimentelles, begehrenswertesFashion-Feuerwerk mündet. Der Parka über demCocktailkleid, Brogues zum Mini, Midiröcke undPlissee zum übergroßen Sweat-Pullo-ver mit Tiermotiv. Allen gemeinsamist die Lässigkeit.Zu kompliziert? Nein. Wir entziffern:Die Mode (Motive, Intarsien,weiterhin viel Farbe) und ihreTrägerinnen sind sehr aus-drucksstark. Unsere Wahl fürdie besten Kollektionen derkommenden Saison fällt auf:Céline, Saint Laurent,Christopher Kane, IsabelMarant, Anthony Vaccarel-lo, Kenzo. Und hören Sie DaftPunk dazu!

MODE IM JETZT

Emmanuel de BayserMitbesitzer vonThe Corner Berlin

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Mode ist tot – so heißt es häufiger, seit Alexan-der McQueen starb, John Galliano geschasstwurde und Marc Jacobs abtrat. Was sie vermis-sen lassen, ist die große Inszenierung, Kostümeinklusive. Ihre Nachfolger stehen eher für subtileEffekte denn für Tamtam. Doch der Pionier derganz großen Show, Thierry Mugler, sorgt nunmit dem Bühnenspektakel „Mugler Follies“ fürAbhilfe und bietet in rasantem Tempo Mode,Menschen, Sensationen vor atemberaubenderMultimedia-Kulisse auf. Höhepunkt ist eine Fa-

shion-Show, wie man sie seitSaisons nicht mehr in Paris er-lebt hat, voll zickiger Extrava-ganz, erotischem Knistern undBest-of-Zitaten Muglers. Dazuservieren knackige Kellner einanständiges Fouquets-Menüund eiskalten Champagner.Bevor man dann angeheitertund aufgesext in die PariserNacht abtaucht, sollte manums Eck des „Théâtre

Comédia“ im „Plomb du Cantal“ noch ein paarDrinks nehmen. Wenn man Glück hat, kommengegen Mitternacht die abgeschminkten Follies,und dann geht die Party richtig los …

Johnny Talbot &Adrian Runhof Designer-Duo des Münchner ModelabelsTalbot Runhof

SHOWTIME!

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Oscar Napolitano (Tod’s) undSarah Monti von Moncler

Francesca Zocchi und FrancescaVallania (Bottega Veneta) und LorenzaWeyland (Stefanel)

Karin De Rigo (Tod’s) und Julia Nijsvon Aquilano Rimondi

Alice Basani (Negri Firman) undMaddalena Petrucciano von Agnona

Aufsichtsrat Giuseppe Vita undMichele Malenotti (Matchless)

Tatiana Tonizzo (Cappellini), Sonia Scuriund Ludovica Falcone (Valextra)

Anna Di Paola (Herno)

Daniela Bollino und Elisa Gallivon Michael Kors

Veronica Valentini (Woolrich)und Sabine Altmann (Tod’s)

Carlo Mengucci (Aeffe Group)

Patrizia Migliorini von Tod’s

Matteo Perego di Cremnago (Cambiaghi),Anoushka Borghesi (Armani) u. DomenicoGalluccio (Moncler)

Giuseppe Sperandio (Fendi) undMaria Paola Traldi (Bulgari)

Ina Nico von Hogan

Alberto Zacchini und Ilaria Scaglia von Gucci

Das Hotel „Palazzo Parigi"eröffnete erst kürz-

lich – und gilt schon als einer der schönsten

Orte der Stadt. Zur Cocktailstunde der „Welt“-

Gruppe kamen alle, die in Italien in Sachen

Mode und Design mitsprechen. ICON-Chefin

Inga Griese fragte in ihrer Ansprache, wie man

Luxus individuell gestalten könne. Ihre Antwort:

durch Freude an der Sache. Freude hat der

Abend gemacht. Viel Freude.

Blaue Stundein Mailand

Sue Giers PR-Chefin von Closed

Vor einigen Wochen sah ich den französischen Klassiker „La Boum – die Fe-te“ und bewunderte wie damals als Teenager Sophie Marceaus Schmoll-mund. Flashback in eine wilde Zeit. Als Kluft genügten eine „Pedal Pusher“,Mundhenk-Sweatshirt und Cowboyboots, um sich in der Hormon-Achter-bahn siegessicher zu fühlen. Es war der Beginn einer ewigen Liebe zu: De-nim! Kein anderer Stoff impliziert so viel Gefühl, Geschichte und Leben.Sag mir, welche Jeans du trägst, und ich sage dir, wer du sein möchtest.Trägst du Jeans mit dicken, auffälligen Nähten undgroßen Taschen auf dem Po, sympathisierst du mitSpielerfrauen. Trägst du stark gewaschene Stone-washed-Modelle, verehrst du den Holiday Move vonMadonna. Schätzt du ein ausgestelltes Bein, träumstdu on Woodstock. Bevorzugst du es dark, raw und gekrempelt, wärst du lie-ber als Elvis-Inkarnation auf die Welt gekommen. Sophie Marceau ze-mentiert in der knallengen Latzhose ihr Image als ewige Lolita.Selbstredend besitze ich ein Jeansarchiv der Erinnerungen: Der erste Kussam Strand von Korsika in einer Ball-Jeans. Die helle Lee-Jeans, in der ich dieNächte im „Voilà“ durchtanzte. Die heiß geliebte, schon tausendmal geflick-te Pedal Pusher, in der ich einen unvergesslichen Italientrip erlebte. Und na-türlich die unmögliche Nolita Jeans mit Amerikaflagge auf dem Po, in dermich mein Mann kennenlernte und sich trotzdem verliebte. Jede Falte, je-der Flicken erzählt eine Geschichte. Heute lassen sich Freiheitsträume in„Vintage“ fertig kaufen. Aber schöner sind natürlich die Selbstgezimmerten:Ich sehe mich noch am Strand von Sylt die Jeans mit Sand schmirgeln. Mit

Domestos habe ich sie misshandelt, mit Nieten durchlöchert, mit Lederfli-cken beklebt. Jeanslandschaft als Seelenlandschaft. Als ich auf einer Farm in„Walla Walla“-Washington ein Austauschjahr erlebte, bekam die Jeans sogarFunktion: Ich wusch darin Stiere und verkaufte Melonen auf Rodeos. Nur inder Kirche durfte ich sie nicht tragen, meine Gasteltern waren Mormonen,und Nylonstrümpfe zum Rock waren Pflichtritual an jedem verdammtenSonntag. Später in der Pre-Grunge-Zeit in Seattle trug ich Denims rebel-

lisch zerschlissen, machte in ihnen im Regen dieersten Surfversuche und zog in langen Nächtenauf Hausbooten am Puget Sound an meinem ers-ten Joint (ich habe nicht inhaliert!). Noch viel spä-ter in New York trug ich sie ungewaschen, „clean“

oder schwarz und auf dem Kopf eine silberne Warhol-Perücke. „Cool“ wardas Gebot der Stunde. Gefühlte Lichtjahre später war es nur konsequent,den Chef der Pedal Pusher – meiner ersten Jeansliebe – zu heiraten. Danneine Wäscheleine mit Denims im „Chateau Marmont“ in L.A. aufzuhängen,als Showroom. „Stay Blue“ unterliegt keinem Fashiondiktat, sondern derewigen Sehnsucht nach Authentizität. Vielleicht war es eine Spur kitschig,bei der Namensgebung unserer Tochter Josephine noch ein Blu anzuhän-gen, doch sie belohnt uns täglich mit ihrem Temperament. Sie erinnert michschon jetzt an die Sophie in „La Boum“, wie sie so aufmüpfig dasteht in ihrerLatzhose, in der sie nur Party machen will. Die Frage ist: Werde ich die cooleund weise Großmutter sein, die ihre Enkelin, sprich Tochter liebevoll ihrerWege ziehen lässt? Stay Blue – keep cool.

BLEIB BLUE!

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ist modern, chic -brillant.“

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K r e a t i v d i r e k t o r i nA l e s s a n d r a Fa c c h i n e t t i ,

d i e f ü r d i e s eS o m m e r s a i s o n d i e

a l l e r e r s t eDa m e n k o l l e k t i o n d e sL a b e l s e n t w o r f e n h a t

Kalle KamäleonOb dem Mann wohl jemals die Ideenausgehen? Mode, Bücher, Filme,Spielzeug, Musikinstrumente, ja so-gar unsere Sonntagszeitung hat KarlLagerfeld schon gestaltet. Das ganzeUniversum des gebürtigen Hambur-gers ist bis zum 11. Mai im EssenerMuseum Folkwang unter dem Titel„Parallele Gegensätze“ zu sehen.

KOOPERATION: Zum Reinsetzen: Das Berliner Modelabel Von-schwanenflügelpupke hat gemeinsam mit der Freifrau Sitzmö-belmanufaktur einen Stuhl entworfen. Leya heißt der und istmit hübschem Porzellanmuster bedruckt. ——— TURNIER: Vom14. bis 16. März treffen in Paris zum fünften Mal die welt-besten Reiter beim SAUT Hermès Springwettbewerb im GrandPalais Paris aufeinander. Karten gibt’s an Vorverkaufs-stellen und über sauthermes.com ——— AUSSTELLUNG: Von AndyWarhol bis Kate Moss: Bis zum 1. Juni wird in der NationalPortrait Gallery in London eine große Ausstellung des bri-tischen Fotografen David Bailey gezeigt.

UND SONST NOCH

Mir wird oft vorgeworfen: „… die ist nie zufrieden – geht nicht, akzep-tiert sie nicht, es geht ihr alles nicht schnell genug …“ Nachdem der in-tellektuelle Mensch auch an seiner Selbstreflexion gemessen wird, undniemand gern immer wieder aneckt, habe ich mich damit auseinander-gesetzt. Bin ich größenwahnsinnig und/oder kann ich mich nicht mehrüber kleine Dinge freuen? Währenddessen habe ich beim Befühlenmeiner Garne plötzlich das Bild einer kleinen Kaschmirziege vor Au-gen gehabt – ich musste lachen, denn ich habe einige Analogienentdeckt: Ziegen sind aufmerksame, vorsichtige und beobachtende,flinke Tiere. Generell eher sanftmütig, solange sie nicht aus demGleichgewicht gebracht werden oder sie etwas stört. Dann aber kön-nen sie gar nicht mehr aufhören zu meckern.Dem Sternzeichen Ziege sagt man sogar einenausgeprägten Hang zum Pessimismus nach.Und dass sie sorgfältig und eifrig ist, man es ihraber auch nicht einfach recht machen kann. Dem Bericht eines Zirkus-Ziegendompteursentnahm ich, dass man Ziegen immer wiederMut zusprechen und auch kleinste Erfolgebelohnen muss – wie menschlich!

Nun, wer kreativ und ehrgeizig ist,der wird nie stillstehen, und derwird nur kurz innehalten, sich nieauf seinen Lorbeeren ausruhen,sondern immer weiter gehen undsammeln, antreiben, ansprechen, nach Verbesserungund Innovation suchen. Diese Menschen sind Motorenfür Veränderungen und Fortschritt. Ich möchte damit alljenen zusprechen, denen es ähnlich geht wie mir: bloßnicht irritieren lassen, auf keinen Fall ändern oder sichverbiegen. Mich haben diese Überlegungen bestärkt,dass Meckern am Ende doch zum besten Ergebnis führt.Und ich kann nun gar nicht mehr verstehen, dass aus-gerechnet die genügsame Ziege sogar als Schimpfwortherhalten muss – meistens für Frauen; meckern könnenübrigens auch Männer, auch wenn sich die Bezeichnung„Ziegenbock“ bisher nicht durchgesetzt hat.

Andrea KargCreative DirectorAllude in München

DIE ZIEGE IN MIR

Den deutschen Maler Anselm Feuerbach(1829–1880) und Karl Lagerfeld trennt zwar einganzes Jahrhundert, eines aber haben beidegemeinsam: die Faszination für zeitlos schöneFrauen. In der Ausstellung „Feuerbachs Musen– Lagerfelds Models“ werden nun die Werkebeider Herren gegenübergestellt. Bis zum 15. Juni in der Hamburger Kunsthalle.

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Sein eigenes Label gründete Giambattista Valli erst 2005 in Paris – und wirdseither von den internationalen It-Girls geherzt und getragen. Denn seine Klei-der und Haute- Couture-Roben sind moderne, große Schneiderkunst. Glamou-rös, verträumt, federleicht. In Mailand eröffnete der Römer just den ersten Flag-ship-Store, bei Rizzoli erschien nun der große Prachtband „Giambattista Valli“.

Saison für Saison sucht die Mode Antwort auf dieimmer wieder neue Frage, was zieht Frau an? Aufder Suche nach den wirklichen Key-Looks der Sai-son fällt ein Modell ganz besonders ins Auge: einPelzmantel in Op-Art-Patch aus der Kollektionvon Miuccia Prada. Ein Pelzmantel im Frühling?Kann das sein? Ja, es kann! Und es zeigt genaudas, was Mode forciert: dem Zeitgeist voraus zusein und sich mit Stilbrüchen zu behaupten. Einweiteres Key-Piece ist ein Kleid von Raf Simonsfür Dior, im 50er-Jahre-Stil aus Jacquard Metallisé.Bei Louis Vuitton sollte man auf die finale Kollekti-on von Marc Jacobs achten. Diese Teile gibt esnur noch diese Saison zu kaufen. Bei Céline wirddie Luggage-Tasche in Tricolor eines der begehr-testen Modelle der Saison sein. In der Kollektionvon Saint Laurent liegt das Augenmerk auf denHigh Heels in Bicolor. Brunello Cucinelli über-zeugt mit seiner luxuriösen Kaschmir-Kollektion.Aber, so muss man sagen, die Jagd auf diese wich-tigen Attribute der Schönheit wird schwieriger.Mode hat heute einen so großen Verbreitungs-grad und Begehrlichkeitsfaktor, dass eine großeZahl der Frauen ihrer habhaft werden möchte.Deshalb ist das richtige Ti-ming wichtig. Ikonen sindschnell vergriffen. StichwortIkonen: Ein absoluter Ge-heimtipp ist die Internetseite1stdibs.com; Mode aus allenEpochen, Accessoires, Möbelund Fine-Art – die Selektionder Selektion.

Ganz so einfach, wie der sogenannte Volksmund es sich macht mitder Empfehlung, jeder solle nach seiner Fasson glücklich werden, istes gerade mit der Mode nicht. Englisch ‚Fashion‘ meint auch Vor-nehmheit und gepflegten Lebensstil und leitet sich aus dem französi-schen Façon ab. Die Form und Machart der Kleidung hat deren ei-gentliche Funktion, den Körper zu verhüllen, ihm Schutz und Wärmezu geben, weitgehend verdrängt. Sie ist heute Kommunikationsmit-tel und Statussymbol. Die Wahl der Bekleidung signalisiert Individua-lität und gesellschaftliche Zugehörigkeit und wirkt so identitätsstif-tend. Aber macht das schon glücklich? Der Werbeslogan „Schrei vorGlück“ eines Moderversandhandels will uns glauben machen, dass esdazu nur der richtigen Kleidung bedarf. Die Literatur weiß um dieZauberkraft schöner Kleidung, wenn in Gottfried Kellers „Kleidermachen Leute“ ein Schneider für einen Grafen gehalten und auch sobehandelt wird. Dem „Hauptmann von Köpenick“ gelingt es, seineMitmenschen durch sein Erscheinungsbild zu manipulieren. MehrSchein als Sein – das Ende der Geschichte ist so bekannt, wie das desMärchens von Hans Christian Andersen „Des Kaisers neue Kleider“:Der Schwindel fliegt auf, und der Kaiser ist eben doch nackt. An die-sen Grenzen der Selbstinszenierung angekommen, bleibt die Er-kenntnis, dass die äußere Form durchschaut werden kann und die da-hinter liegende Persönlichkeit erkennen lässt. Um ebendiese zu un-terstreichen, brauchen wir sie dann doch, die schützenden Hüllen.Wie die derzeit beschaffen sind, können wir auf den Laufstegen be-obachten: Dufflecoat, oversized, Caban-Mäntel, Capes, kurze Le-derjacken, weite Hosen, ausgestellte 7/8-Hosen mit Blazermantel,sehr bunt als Mustermix oder komplett in Weiß, Schwarz, Grau, Glo-ckenröcke, hoch angesetzte Taillen, Waden-strümpfe mit Ballerinas dazu Korsagenkleider.Wenn es gelingt, in dieser verwirrenden Viel-falt die richtige Entscheidung zu treffen undsich wirklich schön zu fühlen, dann machtMode ganz sicher auch glücklich.

Stefan Asbrand-EickhoffEickhoff Königsallee in Düsseldorf

WAS ZIEHENWIR BLOSS AN?

Dr. Maria SchneiderKreativdirektorin der Autostadt in Wolfsburg

MACHT MODEGLÜCKLICH?

Traumstoffe

Manchmal muss man sich verkleinern, umsich auf’s Wesentliche zu konzentrieren. Sozumindest war das bei René Storck, um denes ja im vergangenen Jahr recht stillgeworden war. 2012 hatte er sich von seinenInvestoren getrennt, da ihm alles zu schnellzu groß geworden sei. Die Konzentrationseiner Kollektion von rund 130 auf circa 60Teile tat dem Design für die kommendeSaison sichtbar gut. Das Ergebnis ist eineEssenz seines bisherigen Schaffens: reiner,frischer, stärker. Alle Kleider werden inDeutschland gefertigt und präsentieren sichkomplett in weiß. „Ein Neuanfang istschließlich wie ein weißes Blatt Papier“ soStorck. Auch der Labelname schrumpfte vonRené Storck auf schlicht: René. Denn inParis, von wo aus er arbeitet, würden ihnohnehin alle nur beim Vornamen nennen.

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Kunst und Mode werden zwangsvereint.Den Miró oder Pollock trägt man als

Shirt oder Dress bei Céline und Prada.Doch Kunst ist ein flüchtiges Zitat und

die flatterhafte Mode dreht sich noch solange im Kreis, bis sie ganz zum Still-

stand kommt. Wie seriös ist sie gewor-den? Wollten wir sie so praktisch und

versöhnlich sehen?

BLIESWOODUMZINGELTDAS GLÜCK

David Blieswood, Connaisseur aus Hamburg

Wir haben 2014 in unserem neuenPenthäuschen am Checkpoint Charlygefeiert – Family ganz alleine ganz obenim hypermodernen Neubau. Nix funktio-niert, aber wir umarmen unbekümmert dasunschuldige Jahr! Also: 1. Wir sind alle gesund!2. Ich werde leider 60 – aber Liam Neeson,62, tröstete mich: „60 are the new 40!“3. Ich trage jetzt Stetson-Mini-Hut(Xmas-Geschenk). Gefühl Gentleman,Gangster oder Jäger (mein Papa).4. Ich flirte mit dem Elektro-Genie BMWi3 – oder mit Oldtimer Buckel-Volvo(mein Jahrgang: 1954).5. Meine neue Lieblings-App auf demiPad mini : „Dreamdays“! Sie zählt diewichtigsten Tage deines Lebens.6. Ich versuche, nichts mehr zu kaufen –Reparatur Hermès-Geldbeutel: 173 Euro.7. Mein Haus- & Schutz-Engelverschenkt meinen Schrank-Überflussan Obdachlose!8. Lastlosigkeit ist der neue Sex. Ichschleppe nie mehr einen Rimowa-Koffer von Hamburg nach Berlin!9. Ich umarme jeden neuen Tag alsGeschenk – und lebe ihn als vielleichtletzten. Neue Lieblingsbücher: „Ichwar doch nicht blöd.“! „Der Mönch,der seinen Ferrari verkaufte“. Und: „Unlived Life“.10. Freunde machen den Jagd-, Flug-,Tauchschein – oder schenken sich den Mer-cedes S 600 (165.000 € mit Kühlbox) odereinen Rolls (265.251 € mit Schirm in der Tür).Wir gucken zu, wie unsere Kinder groß undglücklich werden – und vielleicht bellt nochein letzter Hund mit mir in den Sonnen-untergang. Meine Frau wird’s schon richten.

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Schuh(aute) Couture: ImRahmen der Hogan Atelier-Kollektion wird der Klassikerdes italienischen Schuhlabels,der „Interactive“, Saison fürSaison neu verziert. Ab Märzunter hogan.com

MÄNNER I: Valentino hat seinenersten „Uomo“ Flagship-Store inParis eröffnet: 273 Rue Saint-Ho-noré. ——— MÄNNER II: Brioni istmit einem Laden in die Alte Rot-hofstraße 9 in Frankfurt gezo-gen. Über den „Su Misura“-Ser-vice kann Mann hier auch maß-

geschneiderte Bekleidung bestellen. ——— MÄNNERIII: Mode, Kosmetik, Wohnaccessoires: Der neueApropos Store am Promenadeplatz 12 in München führtein reines Herrensortiment und als Einziger inDeutschland die Kollektion von Haider Ackermann.——— MÄNNER IV: Das Schuhinnenfutter des neuen „Bo-logna“-Schuhs von Navyboot ist mit einer weiche Le-dersohle vernäht und dadurch besonders bequem.Mehr Infos über navyboot.ch. ——— MÄNNER UND FRAU-EN: Wirken auf Motten wie Knoblauch auf Vampire:Duftanhänger aus Zedernholz, über esteban.fr

UND SONST NOCH

Kunst und Mode waren einstfeindliche Schwestern. Dieeine galt als eitel, rastlos,frivol und oberflächlich.Die andere als leidens-fähig, tiefsinnig. Im Wertsteigend, während die an-dere einmal getragen oderangesehen, schon gleichan Wert verlor. Die neu-este globale Entwicklungverschiebt auch dieseGrenzen. Kunst alsPrivatbesitz ist uncool,weil sie von allen angeschaut werdenwill. Ohne Vorbildung! Doch wo?Moderne Kunst ist plakativ, wieder-erkennbar – auch für den Laien. Und,wie ordinär, ein Spekulationsobjekt.Aber dafür braucht es einen langenAtem, nur: Wer hat den, in einerZeit, in der Geschwindigkeit alles ist,vor allem „jung“?! Kommunikationhat Priorität, und also zeigt sich derMensch als „missing link“, als Über-setzer des einst Unmöglichen.

Trendbarometer vonWolfgang Joop

Frau Dob

Kleidchen,wickel dich

Als Diane von Fürstenberg im Fernsehen sah,dass die Tochter von Richard Nixon Wickelblusezu Rock kombinierte, dachte sie sich: Warum auszwei Teilen nicht eines machen? 1974 entstand soihr legendäres Wickelkleid, das 40 Jahre späterimmer noch ein Bestseller ist. In der Ausstellung„Journey of a Dress“ wird bis zum 1. April imWilshire May Company Building in Los Angelesdie ganze Geschichte des Kleides erzählt.

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= 8 9 5.6 94Frisch erlegt: Die Tasche vonMarc Jacobs hat Icomi aufnet-a-porter.com geschossen

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Auf Trebe:Icomi liebt ihreZebra-Broschevon Tiffany

Blutrote Lippen: „Lip Twist“ von Sisley Safari auf demZebrastreifen:Das Wendekleidist von Iris vonArnim

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Eigentlich, so gibt man gern vor in der Modeszene, hat man schonalles gesehen, erlebt, mitgemacht. Doch dieser Mittwochmorgenim Oktober vergangenen Jahres war speziell. Kurz nach zehn Uhrkullerte so manche Träne über gerade erst geschminkte Gesichter.Denn in dem Zelt, das wie immer im Innenhof des Louvre aufge-baut war, trugen nicht nur Raum und Dekoration Trauer. JedemGast wurde plötzlich bewusst, dass sich gerade nicht nur Marc Ja-cobs als Artistic Director von Louis Vuitton verabschiedete. Hierging gerade eine Ära zu Ende, die Ära der großen Mode-Shows.„Wir sind doch alle hier, um zu unterhalten“, erklärte Marc Jacobssein Finale. „Und natürlich wollen wir die Aufmerksamkeit unse-res Publikums!“ Mit diesem Spirit regierte er 16 Jahre bei LouisVuitton. Jacobs sprach in erster Linie das Herz der Zuschauer an,nicht den Kopf. Ob sich die Show-Kollektionen verkaufen werden– überhaupt jemals im Laden landen? Das war scheinbar völlig

egal. Die großen Umsätze werden bei LV ohnehin mit denLogo-Taschen gemacht. Doch der Amerikaner wuss-

te, dass es ein verdammt heißes Image braucht,um erfolgreich zu werden. Unter seiner Ägide

mauserte sich Vuitton zur „Cash Cow“ desLVMH-Konzerns. Nun wird er diese Kraft

voll und ganz in sein eigenes Label ste-cken. Es sind die magischen Momente, diefür immer in Erinnerung bleiben wer-den: das weiße Karussell, das sich hin-ter einem Vorhang verbarg und aufdem die schönsten Frauen zu Kirmes-Musik kreisten. Kate Moss, die dem ei-

gens am Catwalk aufgebauten Hotelliftmit Peitsche und Zigarette entstieg. Die

Graffiti-Bags von Stephen Sprouse. Mura-

kamis fröhliche Cherry-Blossom-Designs.Naomi Campbell und all die anderen Topmo-dels als Krankenschwestern verkleidet. Und dann: die spektakulärste Fashionshow al-ler Zeiten. Unvergessen der Moment, als manmorgens im Zelt saß und den Gong einerBahnhofsuhr hörte. „Da kommt doch jetztkein Zug“, wurde noch gescherzt. „Er hat dochniemals hier Schienen verlegen lassen, damithier die Eisenbahn hineinfährt?“ Oh doch! Ge-nau das hat Marc Jacobs getan: einfach mal ei-nen echten Zug mit Waggon, LV-Logos inklu-sive, bauen lassen und für eine Zehn-Minu-ten-Show angeblich elf Millionen Euro ver-pulvert. Mehr. Geht. Nicht.Und mehr wird, außer vielleicht bei Chanel,auch nie mehr gehen. Jacobs’ Vuitton-Jahrewaren die Champagner-Duschen, Dekadenz-Talent Teil der Stellenbeschreibung. Ganznach Karl Lagerfelds Motto: „Man muss dasGeld zum Fenster hinauswerfen, damit esdurch die Tür wieder hineinkommt.“ Vor al-lem aber hat Marc Jacobs unseren Träumenmit seinen Ideen den roten Teppich ausgelegt.Luxusmode braucht genau diese Art der In-szenierung, um sich von den Anziehsachendes Mainstreams zu unterscheiden. Seine letzte, komplett schwarze Kollektion je-denfalls hat der Designer den „Showgirls inuns allen“ gewidmet. Gedankt wurde es ihmmit Standing Ovations und Tränen in den Au-gen vieler heimlicher Showgirls …2 8

Meister derInszenierung: MarcJacobs beim großen Finale.Sammlerstücke:Taschen und Schuhe aus seiner letztenKollektion, die nun erhältlich ist

Adieu ShowgirlDie Schauen von Marc Jacobs für Louis Vuitton waren Kult.Immer spektakulär. Im vergangenen Oktober fiel die letzteKlappe. Das Ende einer Ära. Oliver C. Schilling verneigt sich

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kandinavisches Design ist üb-licherweise zurückhaltend inForm und Farbe, orientiertsich an der Natur, die in dendünn besiedelten und imWinter lichtarmen Nordlän-dern eine große Rolle in derSeelenlandschaft der Bewoh-ner spielt. In Finnland ist der

traurig-schleppende Tango der größtmögli-che Ausdruck von Leidenschaft, wie wir seitden Filmen von Aki Kaurismäki wissen. Soviel zum Klischee. Denn jetzt kommt SatuMaaranen.Die 28-jährige Newcomerin aus Helsinki lässtin ihren Entwürfen die Farben Samba tanzen,ausladende Formen und skulpturale Schlei-fen, Drapierungen und Hüte erinnern eher anden Karneval in Rio als an schüchtern glim-mende Nordlichter. Dennoch liegt ihren ver-zauberten Silhouetten und abstrakten Prints,die sie als Unikate auf Baumwolle oder be-schichtete Seide mit der Hand malt, eine ge-wisse Mystik, die zwar opernhaft-pompös,aber doch sehr meditativ und konzentriert da-herkommt. Es ist wahrscheinlich genau dieserKontrast, der ihr im wohl wichtigsten Interna-tionalen Mode- und Fotografie-Festival imsüdfranzösischen Hyères Ende April den„Grand Prix du Jury Première Vision“ ein-brachte. Keine zwei Monate später zeigte sieihre Diplom-Kollektion um sieben Teile er-weitert auf der Mercedes-Benz Fashion Weekin Berlin. Seitdem ist bei dem Jungtalent, dasgerade erst im letzten Dezember seinen Ab-schluss an der Alvar-Aalto-Universität in Hel-sinki machte, die Hölle los. Renommierte ita-lienische Modehäuser bieten ihr Verträge an,ständig klingelt ihr Telefon, und sie mussteerst einmal bei ihrem E-Mail-Provider eingrößeres Postfachvolumen ordern, um all denAnfragen Platz zu geben.„Zuerst wollte ich Kunstlehrerin werden“,sagt Maaranen in ihrem Showroom in Paris.

Und so wie die 1,59 Meter klei-ne, zarte Finnin frühmorgens –Termine! Termine! – dasitzt,passt das durchaus ins Bild: einkorallenfarbener Strickpullo-ver, dazu passender Lippenstiftim ansonsten ungeschminktenGesicht, schwarze Hose undflache Budapester, die hell-

blonden Haare zum Pferdeschwanz gebun-den. „Für mich persönlich mag ich Mode eherunauffällig und praktisch“, sagt sie. „Ich selbstkönnte bei meiner Größe diese Silhouettenauch kaum tragen.“ Es war eher Zufall, dass siewährend ihres Studiums die Liebe zum Mode-design entdeckte – sie malt gern, aber sie ar-beitet auch gern dreidimensional. Was liegt daalso näher, als Bilder in Kleider-Unikate zuverwandeln?Ihre expressiven Farbverläufe, die sie selbstauf die Stoffe malt, erinnern an Farbfeldmale-rei eines Mark Rothko. Azurblau und Neon-gelb, Grasgrün und leuchtendes Pink – sie wä-re nicht Finnin, würde die Natur nicht aucheine große Rolle in den Entwürfen ihrer Kol-lektion „Garment in Landscape“ spielen. „Mei-ne Inspiration waren die Sommerhütten mei-ner Kindheit, barfuß laufen und Baumhäuserbauen“, erklärt sie. Also presste sie in einer ei-genentwickelten Bügeltechnik Sand und Grasauf Stoffe, denn die Haptik ist ihr genausowichtig wie die Optik. „Die Idee war es, einer-seits mit der Natur zu verschmelzen, anderer-seits durch die Neonfarben aus ihr herauszu-treten.“ Neue Materialien, expressive Farbenund Silhouetten, die an die Haute Couture der50er- und 60er-Jahre erinnern, an den frühenGivenchy oder Balenciaga – Maaranens Missi-on ist gelungen.Während früher alle ernst zu nehmenden Ta-lente entweder von der St. Martins School ausLondon oder von der Königlich-BelgischenModeakademie aus Antwerpen kamen,scheint sich mit der Alvar-Aalto-Universität inHelsinki eine neue Talentschmiede aufzutun.„Ich bin ja nun schon die dritte Siegerin inHyères aus Helsinki“, relativiert Maaranen ih-ren Erfolg und schwärmt von dem kreativbrummenden Bienenstock, in den sich dasModedepartment spätestens mit dem jungenDozenten Tuomas Laitinen, selbst Hyères-Ge-winner 2006 und heute erfolgreicher Desig-ner, verwandelt hat. Wie es für Satu Maaranen weitergeht, weißsie selbst noch nicht so genau: „Erst einmalbrauche ich einen kleinen Urlaub“, sagt sie.Ob sie danach mit ihrem eigenen Label in dieHaute Couture geht oder ihre Unikate Prêt-à-porter-tauglich macht – alles noch offen. IhrTalent für Stoffdesign stellt sie bereits alsFreelancerin beim bekannten, finnischenStoff- und Accessoire-Label Marimekko seitüber zwei Jahren unter Beweis, für das fran-zösische Modehaus Petit Bateau entwarf sieeine Damen- und Kinderkollektion, die imFrühjahr in die Läden kommt. „Vielleicht fan-ge ich doch erst besser so an“, sagt sie beschei-den. „Denn um richtig kreativ zu sein, brau-che ich einen vorgegebenen Rahmen.“ Einessteht schon fest: Mit den Finnen ist in Zukunftmodisch zu rechnen.

Mit denSinnen derFinnen

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Privat liebt sie dasUnauffällige: die Finnin

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Dramatische Drapierungen, eigenwil-lige Ärmel- und Taschenlösungen:Mit skandinavischem Understatementhaben Satu Maaranens Entwürfe nicht viel zu tun

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Ob in Hyères, Berlin oder Paris:

Standing Ovations für die dramatischen

Silhouetten und flammenden Farben von

Satu Maaranen. Die junge Finnin nordet

gerade den modischen Kompass neu ein.

Silke Bender traf sie in Paris,

Wiebke Bosse fotografierte

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Von wegen A Rose is aRose is a Rose! DassGertrude Stein vielleichtdoch unrecht hatte,beweisen im Sommervielfältige Blütenmuster.Diese eignen sich für jungeund – pardon, es bietet sichan – „welkere“ Damen undja, viel hilft viel: gern vonKopf bis Fuß tragen.

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tragen kann? Eben. Anne Waak erklärt das aktuelle Phänomen

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Warum Kunstschätze in Museen hüten, wenn man sie auch

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o viel Kunst war selten: Wohlnoch nie zuvor haben sich De-signer von Armani bis Versace sosehr von Kunst inspirieren las-sen. Chanel zeigte eine Kollekti-on, die mit 150 Farben aus demVollen der Malerpalette schöpf-te. Folgerichtig inszenierte Karl

Lagerfeld seine Kollektion für den kommen-den Sommer wie eine Vernissage und ließ sei-ne Models im Grand Palais durch eine Galeriemit überdimensionalen Chanel-Exponatenlaufen. Miuccia Prada, die bereits in der Ver-gangenheit als Kunstmäzenin in Erscheinungtrat, engagierte ein halbes Dutzend Straßen-künstler und Illustratoren, damit sie denRaum für das Defilee als ihr Atelier nutztenund in der Tradition der Muralisten der 1930erdie Frau von heute visualisierten. Die jungen,ernst dreinschauenden Gesichter zieren fastjedes Stück der Kollektion. Selbst bei Célinelebte Phoebe Philo, sonst nicht eben für ihreLiebe zu Mustern bekannt, mit breiten Pinsel-strichen und Graffiti-Referenzen ihre neuentdeckte Farbenlust aus. Dass sich Designeran Kunstwerken orientieren, ist dabei keinneues Phänomen. Man erinnere sich nur anYves Saint Laurents Mondrian-Kleider oderden surrealistischen Schuh-Hut von ElsaSchiaparelli und Salvador Dalí. Aber es gehtauch andersherum: Designende Künstlergibt es spätestens, seit der Mitbe-gründer des DeutschenWerkbunds, Henryvan de Velde,künstlerisch inspi-rierte Modelle desReformkleides mit-entwickelte, mithilfederer sich Frauen aus

den einschränkenden Korsetts befreien soll-ten. Die Künstlerin und Musikerin Kim Gor-don gründete bereits in den 90er-Jahren eineModelinie namens X-Girl. Takeshi Murakamidesignte Taschen für Louis Vuitton, und Dior-Designer Raf Simons hat für sein eigenesMenswear-Label gerade eine gleichberechtig-te Kooperation mit dem Künstler Sterling Ru-by gezeigt. Neu ist nur, wie eng die Mode dieKunst derzeit umarmt. Denn die war nie ver-führerischer. In den letzten zwanzig Jahren istdie Zahl der Galerien, Sammler und Messenexponentiell gestiegen und mit ihnen der Gla-mour, den die dazugehörigen Partys, Dealsund Karrieren versprühen. „Es handelt sichum eine Industrie inmitten ihres GoldenenZeitalters“, sagt David Zwirner, einer dermächtigsten Galeristen der Welt. „Ein super-cooler Club.“ Und alle wollen Mitglied sein:Rapper, Superreiche und eben auch Designer.Am Beginn des 21. Jahrhunderts gilt Kunstin-teresse als der größte Ausdruck von Kultivier-theit. Es gibt schlechtere Statussymbole. Genauso lange, wie die beiden Disziplinensich schon gegenseitig inspirieren, genausolange wird die Frage diskutiert, ob Modenicht eigentlich auch Kunst sei. Meist wer-den dann Designer wie Alexander McQueenund Martin Margiela angeführt, die ihre Kol-

lektionen als Performances,Statements und fantastischeEvents inszenierten. Doch siebleiben Ausnahmen.Jeder von uns muss sich klei-den – und trifft damit unver-meidlich eine modische Aus-sage. Kunst dagegen brauchtim Grunde niemand. Wieschön es ist, dass es sietrotzdem gibt.

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Silvia Fendi ist im Stress. Es sind noch wenigeWochen bis zum Defilee in Mailand, die Kol-lektion ist in den letzten Zügen. Und über-haupt: Dass sie sich die Zeit für ein Gesprächwährend dieser hektischen Tage nehme – „45Minuten, nicht länger!“, warnt die Pressefrau– sei die absolute Ausnahme. Auch der Foto-graf wird ermahnt: „Nur ein Motiv!“ SignoraFendi habe schließlich wenig Geduld.Man ist angespannt, erwartet – ja, was eigent-lich, eine Art Drachen? Doch dann steht sieplötzlich da, im Atrium des Palazzo Fendi: mitklugen braunen Augen, recht klein, ganz inSchwarz. Silvia Fendi, das einstige Partygirl,Exmodel und die Designerin der Fendi-Acces-soires, hat ein ganz eigenes Format. Das merktman schon am energischen Händedruck. Aufder prunkvollen Treppe, die Boutique undAteliers verbindet, schmiegt sie sich jedochgeschmeidig ans Geländer und schaut freund-lich in die Kamera. Dann lässt sie sich auf einflaches Sofa nieder und beginnt zu erzählen.In aller Ruhe. Man kommt einfach nicht um-hin, sich zu fragen: Wieso nur die ganze Hek-tik? Silvia Fendi ist eine unkomplizierte Frau.So zumindest scheint es. Und sie ist eine Frau,die eine sehr lange Tradition pflegt.1925: Das kleine Geschäft in der Via del Plebis-cito sorgt in Rom schnell für Aufmerksam-keit. Gegründet von Adele und Edoardo Fendigilt es als gute Adresse für Pelze und Lederwa-ren. Die Entwürfe des Ehepaars sind klassisch,„denn damals war die Mode in Italien nochnicht besonders groß. Frankreich war tonan-gebend“, erklärt Silvia Fendi. Ihre Großmutterbeginnt, erste Handtaschen zu entwerfen. „Ei-ne davon, die Adele Bag, haben wir bis heuteim Programm unserer Selleria-Linie.“Die Selleria, Italienisch für Sattlerei, ist eineErfindung der Großmutter. Das Geschäft liegtin einer Gegend, die von den prächtigen Kut-schen der Adeligen auf dem Weg zum Meerpassiert wird. Adele beobachtet die noble Ge-sellschaft mit ihren Koffern und Taschen, denSätteln und Trensen der Pferde. Es bringt sieauf die Idee, die Sattler in ihrer Nachbarschaftum Hilfe für die Umsetzung ihrer Entwürfe zubitten. Die Taschen werden schnell bekanntfür ihre Qualität. Heute trägt jedes Modell ausder Selleria-Reihe eine Nummer – „es ist dieAnzahl ihrer Stiche“, verrät die Enkelin.Mittlerweile sind wir, unkompliziert auch das,in Silvia Fendis unprätentiöses Büro umgezo-gen – eine Art Durchgangszimmer. Es ist auf-geräumt, wie die Frau, die es bewohnt. Sienimmt an einem tresenhaften Tisch Platz und

fordert auf, es ihr gleichzutun. Auf dem Weghierher durchqueren wir mehrere Etagendes verwinkelten Palazzos, der seit 2005 dasUnternehmen beherbergt und nur 300 Me-ter von der Wiege des Labels zu finden ist, inder Via del Leoncino. Doch längst ist manüber die Mauern dieses Hauses hinausge-wachsen. Noch in diesem Jahr wird manumziehen. In den Palazzo della Civiltà Italia-na, ein Gebäude aus den 40er-Jahren, aus je-ner Zeit, als Fendi auch über die Stadtgren-zen Roms hinaus bekannt wird.Zehn Jahre später steigt die zweite Generati-on ins Geschäft ein. Die fünf Schwestern,Paola, Anna, Franca, Carla und Alda, sorgendafür, dass Fendi sich auch internationaletabliert. Sie ändern alles, allem voran diePelze. Mit dem wertvollen Material wird nunexperimentiert. Man ist sich einig: Die Men-ge an Fell muss reduziert, die Mäntel müssenleichter werden. „Die Pelze waren mit bis zufünf Schichten Futter eingefasst, um das Ma-terial zu schützen“, weiß Silvia Fendi. DieSchwestern aber, die mittlerweile jeweils 20Prozent des Unternehmens geerbt haben,wollen sich frei bewegen. Die Kundinnendanken es ihnen: „Ihre erste Modenschauwährend der Alta-Moda-Woche in Rom warein großer Erfolg“, sagt die 53-Jährige.Doch es kommt noch besser.1965: Die geschäftstüchtigen Frauen stelleneinen jungen Designer an, dessen Name inder Branche noch recht unbekannt ist – KarlLagerfeld. Er ist fortan für die Pelze zustän-dig, die er nun weicher, leichter, moderner,modischer gestaltet. In der High Societylässt man sich ohne einen Fendi-Pelz kaummehr blicken.Auch die Filmbranche ist begeistert. Die gla-mourösen Entwürfe tauchen jetzt in zahlrei-chen italienischen Filmen auf, verhelfen ih-nen zu jenem Glanz, der bis heute zum Träu-men anregt. Auch neuere Produktionen, et-wa „The Royal Tenenbaums“, „Io SonoL’Amore“ oder „Evita“ leben vom Esprit derFendi-Pelze. Bis heute engagiert sich dasHaus für den Film, mehr als 20 Streifen hatman ausgestattet. Und im vergangenen Jahrdrehte Fendi sogar einen eigenen Kurzfilm.Mit Cara Delevingne in der Nebenrolle. DieHauptrollen waren bereits vergeben: an Ta-schen, Schuhe und, klar, Pelze.1977 folgt die Einführung einer Prêt-à-por-ter-Kollektion, die ebenfalls Lagerfeld ver-antwortet. „Er brachte neue Energie ins Un-ternehmen, eine Energie, die bis heute

herrscht“, so Silvia Fendi. Mit 18 Jahren trittauch sie in die Firma ein und wird nichtnur Zeuge vom großen Erfolg, sondernauch von der schweren Krise. In den 90er-Jahren verleidet die Political Correctnessdas Pelzgeschäft. Silvia Fendi engagiertsich für die Familie, ruft die günstigereZweitlinie „Fendissime“ ins Leben, belebtdie Selleria wieder. Zu neuem Glanz ver-hilft dem Haus aber erst ihr Entwurf einerkleinen flachen Tasche. Von Sarah JessicaParker über Madonna bis Sophia Loren istman ganz wild auf das Accessoire, das wieeine Stange Weißbrot unter den Arm ge-klemmt wird – eben die „Baguette“. Mehrals 1000 Varianten gibt es von ihr heute.Auf den Geschmack kommt dann auch derfranzösische Luxuskonzern LVMH – er er-wirbt im Jahr 2000 gemeinsam mit Pradaeine Mehrheit der Firma. Kurz danach ver-kauft Prada seinen Teil an LVMH, die inden folgenden Jahren auch die verbleiben-den Anteile des Fendi-Clans übernehmen,zuletzt die von Carla.Nach dem Verkauf steigt die Anzahl von Fen-di-Geschäften weltweit von sechs auf 130. Dieerste deutsche Boutique wird im März inMünchen eröffnen. Aktuell zählt das Haus zuden innovativsten italienischen Unterneh-men, seine Entwürfe zu den brillantestender Zunft. Wie das kommt? „Vielleicht liegtes daran, dass wir von Beginn an mit Pelz ar-beiteten, dem ältesten Material der Mensch-heit. Es ist eine Herausforderung, es immerneu zu gestalten, es so zu behandeln, als seies ein gewöhnliches Material.“4 0

PORTRÄT

FFür alle Felle FendiDer Weg der Marke Fendi war ein langer. Und doch auch wieder nicht:Bis heute stehen Pelze und Lederwaren im Zentrum des Geschäfts.Wörtlich. In den Schaufenstern des Palazzo Fendi werden Handtaschenwie Juwelen präsentiert. Und weil ohnehin alle Wege nach Rom führen,machte Mira Wiesinger sich auf den Weg dorthin

Die spinnen, die Röme-rinnen! Die Schwestern,

Paola, Anna, Franca,Carla und Alda Fendi

stellen in den 50er-Jahren die Pelzbranche

auf den Kopf

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Skizze von KarlLagerfeld desBrunnens „Fontanadella Dea Roma“für die Ausstellung„Glory of Water“,ein Fendi-Projekt,das Roms Brunnenzugutekommt.Darunter: Lager-feld-Skizze von1979 und einaktueller Entwurf der „Baguette“F Monica Vitti (1969) in

einem Pelzensemble vonFendi. Links: PelzigeFinger: Fendi-Schmuck fürden Sommer 2014

Von links nach rechts: Paola, Franca, Anna, Carlaund Alda in den 80er-Jahren in Rom. Oben: Film-still aus „Gruppo di famiglia in un interno“ (1974).Rechts: Auch Gwyneth Paltrow trägt Fendi in Wes Andersons „The Royal Tenenbaums“ (2001)

Was sich hier in den 90er-Jahren umCatherine Deneuves Schulternschmiegt, ist eine Pelzstola von Fendi.Unten: Pietro Beccari ist seit 2012 CEOund Motor des Unternehmens

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Man fürchtete, sie könnten das Geschäft rui-nieren. Bald aber eiferte man ihnen nach.

Und dann kam auch noch Karl Lagerfeld. Washat er verändert?Die fünf Schwestern hatten jeweils eine un-terschiedliche Rolle im Unternehmen, aberkreativ waren sie alle, besonders meine Mut-ter. Karl jedoch, das wissen wir, ist ein echtesGenie. Er brachte eine neue Perspektive in dieFirma. Das haben meine Mutter und ihreSchwestern sofort verstanden.

Lagerfeld war damals noch kaum bekannt,ging man mit seiner Wahl ein Risiko ein?Nein, er war nicht berühmt, die Schwesternahnten aber, dass er etwas verändern, eine Re-volution in der Mode herbeiführen könnte.

Hat sich das Verhältnis zu ihm über die Jahreverändert? Er ist heute schließlich ein viel be-schäftigter Mann.Nein, die energiegeladene Atmosphäre wäh-rend der gemeinsamen Arbeit ist immer diegleiche geblieben.

Ihre Mutter und Ihre Tanten bezeichneten La-gerfeld als ihren Bruder. War er für Sie dann soetwas wie ein Onkel?Nein, ich hatte viel zu viel Respekt vor ihm.Am Anfang wusste ich noch gar nicht, was erüberhaupt bei uns zu schaffen hatte, aber ichbegriff instinktiv, dass er sehr wichtig für mei-ne Mutter war. Denn wenn er zu uns kam, warsie unglaublich aufgeregt. Ich habe schnell ge-merkt, dass diese Verbindung eine ganz be-sondere war. Nach und nach verstand ich auchseine Rolle im Unternehmen.

Begannen Sie sich zu dieser Zeit für Mode zuinteressieren?Ich fand es damals hochinteressant, das He-ranwachsen einer Kollektion zu beobachten.Erst waren da die Skizzen, dann Prototypen,zuletzt die Show. Ich erkannte, wie viel Arbeitdahintersteckte. Und wie viel Macht von derMode ausging.

Was haben Sie noch von Lagerfeld gelernt?Die wichtigste Lektion bestand darin, dassman jede neue Kollektion mit einem weißenBlatt Papier beginnt. Wenn man zu Karl sagt:„Wir hatten doch diesen Mantel,

Silvia Fendi, was kannIhre Familie besser alsandere? Fendi war inden 20er-Jahren schonerfolgreicher als andereGeschäfte.Seit 1925, als meineGroßeltern das Unter-nehmen gründeten, hatsich eine Menge verän-dert. Aber einige Dingesind immer gleich ge-blieben, allem voran die

Liebe für Qualität. Wir Fendis teilen aberauch den Hang zur Innovation und die Lust ander Herausforderung.

Auch die nächste Generation, die fünf Schwes-tern, liebten Innovationen. Ihnen ging es abernicht allein um optische Neuerungen.Richtig, es ging ihnen um die Befreiung derFrau. Sie konnten nicht verstehen, weshalb siesich buchstäblich eine Last aufbürden sollten.Die Pelze waren damals sehr viel schwerer alsheute, man konnte sich kaum darin bewegen.Pelze waren stets mit Reichtum verbunden,fast immer ein Geschenk eines Mannes – jeüppiger der Pelz, desto dicker die Brieftasche.

Wie kamen diese neuen Entwürfe an?Sie sorgten für viel Aufmerksamkeit. Die Leu-te redeten über diese fünf verrückten Frauenaus Italien, die mit ihren Kreationen Gewohn-tes auf den Kopf stellten. Speziell in den USAwaren sie ein Dorn im Auge der Pelzprodu-zenten, von denen es dort ja jede Menge gab.

Paola, Anna, Franca, Carla und Adele: Inden 60- und 70er-Jahren revolutioniertendie fünf Fendi-Schwestern mit Pelzen dieModewelt. Heute sorgt Annas TochterSilvia mit ihren Accessoires für Aufsehen

Wir sindclevereMädchen

Kleines Monster: Den Taschenanhänger „Funich“gibt es exklusiv zur Eröffnung der ersten deut-schen Fendi-Boutique in München. In der Maximilanstraße 12 wird es neben Mode auchKunst zu bewundern geben

FLa Primadonna: Silvia Fendi im Palazzo Fendi in Rom

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der auf Anhieb ein Bestseller wurde. Lass unswas Ähnliches machen“, dann liegen Sie totaldaneben. Fangen Sie erst gar nicht so an mitKarl. Er interessiert sich nicht dafür, was er be-reits gemacht hat. Er interessiert sich alleindafür, was er noch nicht gemacht hat. DieseEinstellung hat meine Denkweise sehr ge-formt.

Warum ist Karl Lagerfeld wohl so viele Jahredem Haus treu geblieben?Er gibt uns zwar viel, bekommt aber auch eineMenge zurück. Wir überraschen ihn immerwieder mit den Übersetzungen seiner Ideen.Denn jede Linie seiner Skizzen hat eine Be-deutung, man muss sie aber herauslesen, in-terpretieren können. Und darin haben wirmittlerweile viel Übung.

Wie schaffen Sie beide es, Pelze immer wiederzeitgemäß aussehen zu lassen?Interessant wird es doch erst, wenn Fell für et-was verwendet wird, das kein Kleidungsstückist. Denken Sie nur an unsere Rucksäcke mitPelzbesatz, mit denen wir so erfolgreich wa-ren. Auch Sonnenbrillen mit Fellapplikatio-nen haben wir schon gemacht.

Sie haben also keinerlei Ehrfurcht vor demdoch sehr teuren Material?Nein, wir haben Pelz immer so behandelt, alssei es ein ganz normaler Stoff. Ohne je an denWert zu denken. Klingt vielleicht ein weniganmaßend.

Vielleicht braucht es eine gewisse Hochnäsig-keit, um anders zu sein?Wir nehmen uns nicht allzu ernst. Als Karl da-mals unser Doppel-F-Logo entwarf, sagte er, esstünde für „Fun Fur“, also Pelz, der Spaßmacht. Wir haben tatsächlich viel Spaß mitden Pelzen, darum geht es bei Fendi.

Apropos Spaß: Wenn man Ihre „Peekaboo“-Ta-sche mit den gelben Schlitzaugen oder Ihre „FurMonster“-Taschen betrachtet, nimmt man an,Sie hätten eine Menge Humor.Das stimmt auch. Ich bin ein humorvollerMensch, was im Leben sehr hilfreich ist.

Was hat Sie zu der Monster Bag inspiriert?Ich besuchte eine Freundin in Brasilien. Siesammelt tropische Vögel, die mich anstarrtenwie kleine Monster.

Lassen Sie sich häufig von Reisen inspirieren?Ich glaube nicht, dass man allein vom Unter-wegssein inspiriert wird. Inspiration ist etwas,das von überall kommt. Manchmal kann ichnach Fertigstellung einer Kollektion nicht sa-gen, was mich dazu angeregt hat. Ich stelle lie-ber die Gegenfrage: Was sehen Sie denn in derKollektion? Da bin ich wie ein Psychologe.

Die Peekaboo war nicht Ihr einziger Hit. Dagab es die Spy Bag, die B Fendi, die Silvana, na-türlich die Baguette ...Jede Fendi-Tasche beherbergt eine Überra-schung, einen Trick. Die Spy Bag hat etwa eineGeheimtasche unter der Klappe. Manchmal istdas wichtigste Detail im Inneren verborgen, soist das auch mit unseren Pelzen. Sie sind oftbeidseitig tragbar, es fällt schwer zu entschei-den, welches nun die hübschere Seite ist.

So eine hohe „It-Bag-Dichte“ können nicht ge-rade viele Häuser vorweisen. Woher wissen Sie

eigentlich, was Frauen wollen?Manchmal kann ich die Dinge fühlen, frühersehen als andere Menschen. Ich denke, es isteine starke Sensibilität, die jeder gute Desig-ner haben sollte, die aber auch nicht immerguttut. Denn man leidet ja auch mehr als an-dere Menschen. Schließlich spürt man nichtnur die positiven Entwicklungen.

In den 90er-Jahren hatten Sie das Bedürfnisnach Authentizität, machten sich für die „Selle-ria“ stark, die einst Ihre Großmutter ersann.Weil sie Teil unseres Erbes ist. Ich habe eineTasche meiner Großmutter aus dieser Linie.Sie ist noch gut in Schuss. Das Leder hat überdie Jahre Patina bekommen. Am Griff ist so-gar ihr Handabdruck zu sehen. Diese Taschewar so anders als alles, was es in den 90er-Jah-ren zu kaufen gab, alles war so standardisiert.

Sind Sie heute die letzte Fendi bei Fendi? Nein, meine Tante Carla ist noch immer Eh-renpräsidentin der Firma. Und ich kann Ihnenversichern, dass alle Fendis weiterhin ihr Herzim Unternehmen haben.

Man fragt sich: Wieso dann der Verkauf?Es war bereits zu fünft eine Herausforderung,zumal die Schwestern alle sehr eigenwilligsind. Sie haben stets für die eigenen Ideen ge-kämpft, sich aber nie bekämpft. In meiner Ge-neration waren wir dann aber schon elf. Daswurde wirklich zum Problem, eines, vor demjedes Familienunternehmen eines Tages steht.

Hatte der Verkauf auch mit der Pelzkrise in den80er- und 90er-Jahren zu tun?Nein, wir haben zu einem sehr günstigen Zeit-punkt verkauft, direkt nach Einführung derBaguette, quasi an der Spitze unseres Erfolgs.Wir sind doch clevere Mädchen.

Auch die Zusammenarbeit zwischen Fendi unddem Film war immer erfolgreich.Unser Standort ist schuld daran. Die Filmin-dustrie war in Rom früher sehr groß. MeineMutter und meine Tanten waren mit vielenRegisseuren befreundet. Damals, in den 60er-Jahren, ging es weniger um Product-Place-ment als um den Spaß an der Sache. Es war ei-ne Ehre, seine Kleider in einem Film von Vis-conti, Fellini oder Bolognini zu sehen. Wennuns ein Projekt gefällt, unterstützen wir esnoch immer gern.

Auch den Designernachwuchs haben Sie imBlick, sind die Präsidentin der Alta-Roma-Mo-dewoche. Wen sollte man im Auge behalten?Marco de Vincenzo, nicht nur, weil er meinelinke und rechte Hand ist, sondern weil seineKollektionen fantastisch sind. Der junge Ös-terreicher Arthur Arbesser ist ebenfallssehr talentiert.

Und was macht Silvia Fendi, wenn Siemal nicht arbeitet?Was alle normalen Menschen tun:Freunde und Familie treffen, ko-chen und, klar, ins Kino gehen.

Im Pelz, so wie Ihre Mutteres zu tun pflegte?Nein, ich bevorzugeHemd und Hose –meine Uniform.

Mira Wiesinger 4 3

Längst gibt es nicht nur Taschen und Pelze von Fendi.Die Sandale stammt aus deraktuellen Kollektion für denSommer 2014, genau wie diefarbenfrohe Kollektion unten

Selbst der Designklassiker „Baguette“ verwan-delte sich aktuell in ein kleines Monster. Oben:Silvia Fendi und Karl Lagerfeld während ihrerShow für die Frühjahr-/ Sommersaison 2014

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alle im Kopf behalten, wie viel Geld jemandmal dafür ausgeben wird“, ruft Ian Scott zwi-schen den Nähmaschinen hervor. Gegründet wurde Mulberry 1971 von RogerSaul, der in der Grafschaft Somerset im Süd-westen Englands aufwuchs. Der damalige Be-triebswirtschaftsstudent hatte von seinen El-tern zum 21. Geburtstag 500 Pfund bekom-men und investierte das Geld in Leder, ausdem er am Küchentisch Gürtel herstellte. Alsdie sich schnell und gut in Londoner Bou-tiquen verkauften, erweiterte er sein Sorti-ment um Kleidung, Handtaschen, Taschenka-lender, später sogar um Armbanduhren undeine „Home Collection“ mitWohnaccessoires. Schon in denAchtzigern war Mulberry durchden romantisch-rustikalen Jagd-stil zum Synonym für englischenStil geworden und setzte mehrereMillionen britische Pfund um.Das von Sauls Schwester entwor-fene Logo wird bis heute verwen-det: ein kleiner Maulbeerbaum.Als Symbol für Natur, Stärke undBeständigkeit.Der Erfolg hielt jedoch nicht ewig an. Endeder Neunziger hatte Mulberry an Glanz verlo-ren und galt unter den Briten als „dusty fusty“,was so viel wie verstaubt und muffig bedeutet.Als Roger Saul die Marke 2003 an Challice Li-mited verkaufte, eine Beteiligungsgesell-schaft der Familie Ong aus Singapur, und neu-es Geld in die Marke investiert wurde, ging eswieder aufwärts: Man konzentrierte sich stär-ker auf die Produktion der Taschen, und mitEmma Hill als Kreativdirektorin gewann Mul-berry 2008 seinen alten Charme zurück. DerBritin, die sich im vergangenen Jahr aus demUnternehmen wieder zurückzog, um sichneuen Aufgaben zu widmen, gelang es, jedemEntwurf eine Prise englischen Humor hinzu-zufügen: Sie ließ die Models für eine der Kam-pagnen in idyllischen Wäldern mit Monsternaus dem Kinderbuch „Wo die wilden Kerlewohnen“ kuscheln, entwarf Prêt-à-porter-Kol-lektionen im schönsten Sommer-Tea-Party-Look, benannte eine Tasche nach dem briti-schen It-Girl Alexa Chung. In England ist Mulberry längst wieder Kult.Läuft man durch die Straßen Londons, siehtman jedenfalls erstaunlich viele Frauen miteiner Alexa oder Bayswater in der Hand, undauch im Flagship-Store in der feinen NewBond Street ist an einem gewöhnlichen Don-nerstagmorgen schon mehr los als in jeder an-deren Boutique. Nun möchte man auch imAusland bekannter werden: 66 eigene Ge-schäfte führt Mulberry bisher weltweit. Alleinim vergangenen Jahr haben acht neue eröff-net, zuletzt in Berlin, Toronto und Wien. Für2014 sind vier weitere geplant, darunter aucheines in Hamburg am Neuen Wall und in Parisin der Rue Saint-Honoré. Was Mulberry gerade im Ausland spannendmacht, ist sicher das britische Lebensgefühl,

das um die Produkte kreiert wurde. „Doch da-rauf dürfen wir uns nicht ausruhen“, sagt IanScott. „Die Leute entwickeln ein immer grö-ßeres Interesse daran, wo und vor allem wieein Produkt hergestellt wurde.“ Das Herz derMarke sind für ihn daher die beiden Manufak-turen in Somerset und ihre Handwerksmeis-ter. Das spürt man, wenn er durch die Gängeführt: Die Stimmung ist erstaunlich herzlich,man grüßt sich, lächelt, hält einander Türenauf. Manche der Mitarbeiter sind schon seit1989 dabei. Aber es gibt auch viele coole Jungsmit Tattoos und Kopfhörern in den Ohren, diehier arbeiten, alle um die 20. Das ist auf dasAusbildungsprogramm zurückzuführen, dasIan Scott 2006 einführte. Um Nachwuchs indie Manufaktur zu bringen – und zu halten.Von 70 Teilnehmern bisher sind 45 immernoch im Unternehmen. So wie der 23-jährigeTommy, der für das Veredeln der Lederkantenzuständig ist. Hier zu arbeiten macheihm so viel Spaß, dass er sich zwischenDaumen und Zeigefinger, da, wo aufseinem tätowierten Arm noch ein Qua-dratzentimeter Platz ist, bald einenMaulbeerbaum stechen lassen möchte. 2010 entstand der Plan, eine zweite Ma-nufaktur zu eröffnen: „The Willows“,etwa eine Stunde von Chilcomptonentfernt. Die ist auf den ersten Blickeher unspektakulär. Ein längliches Ge-bäude mit Glasfront eben. Doch proWoche, erzählt Ian Scott stolz, würdenhier bald bis zu 1600 Taschen herge-stellt. 7,5 Millionen Pfund hat man indie Manufaktur investiert und fast 90Prozent der Mitarbeiter aus der direk-ten Umgebung gewonnen. Ein Großteil vonihnen war vorher arbeitslos, weil viele Unter-nehmen, die ihre Produktionsstätten früherebenfalls in Somerset hatten, lieber in Billig-länder abwanderten. Bei Mulberry denkt man bereits über einedritte Manufaktur nach. Auch die soll natür-lich irgendwo im Südwesten Englands liegen.Zwischen weichen Hügeln, spitzen Steinhäu-sern, friedlich grasenden Schafen.

n Chilcompton, einem kleinenOrt in Somerset, sieht Englandgenau so aus, wie man es sich vor-stellt: Am Horizont tun sich wei-che Hügel auf, am Wegesrand ste-hen Steinhäuser mit spitzen Dä-chern, auf den Feldern grasenfriedlich ein paar Schafe. Würde

nun auch noch Harry Potter auf seinem Besenvorbeifliegen oder Miss Marple hinter einerLaterne hervorspähen – es wäre keinesfallsverwunderlich. Irgendwann und, wie manhier gern zugibt: „in the middle of nowhere“,taucht schließlich eine Art große grüneScheune auf.Ian Scott wartet schon. Der Engländer ist seitneun Jahren der „Group Supply Director“ desbritischen Labels Mulberry und beginnt nacheinem fröhlichen „Hey there!“ sofort zu erzäh-len. Das hier ist „The Rookery“ (engl. für Krä-henhorst), erklärt er. Die Manufaktur, die esbereits seit 1989 gibt und 420 Mitarbeiter be-schäftigt. Später am Tag werde er aber auchnoch „The Willows“ (Die Weiden) zeigen. Diezweite Manufaktur, die im vergangenen Som-mer im benachbarten Ort Bridgwater eröffnethat und der ganze Stolz der „Mulbs“ (so nenntman sich hier untereinander) ist. Durch siesollen nämlich bald schon fünfzig Prozent derfeinen Ledertaschen mit Namen wie Alexa, Li-ly und Primrose in England produziert undMulberry seinem Ziel näher gebracht werden:„Wir wollen eine globale Erfolgsgeschichtewerden und dabei gleichzeitig ‚made in Bri-tain‘ bleiben“, schreibt Bruno Guillon per E-Mail. Der 48-jährige Franzose übernahm 2012den Chefposten bei Mulberry, vorher war erelf Jahre bei Hermès.Bevor es zur neuen Manufaktur geht, führt IanScott erst einmal durch die alte, die er liebe-voll „Old Lady“ nennt. Im oberen Stock sitztdie Produktentwicklung, wo die Entwürfe, dieaus dem Atelier in London ankommen, inTestmodelle umgesetzt werden. Danach gehtes eine Etage tiefer in eine große Halle. Esriecht nach Leder und Farbe, Nähmaschinenrattern, Schleifmaschinen summen. In sechsProduktionslinien arbeiten je 30 Leute, die inHandarbeit und vielen einzelnen Schrittengemeinsam ein Taschenmodell herstellen.Über ihnen hängt ein Zettel mit dem Ver-kaufspreis der jeweiligen Tasche. „Bayswater£ 1300“ steht zum Beispiel auf einem. „Damit

MANUFAKTURIIn England ist man nach den Taschen vonMulberry ganz verrückt. Nun möchte das Labelauch das Ausland erobern. Lisa Strunz schautemal vorbei – in der Heimat Somerset

Die Heimat von Mulberry: Das idyllischeSomerset im Südwesten von England

Willkommen bei den Mulbs!

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Oben: Bilder von der neuen Kollektion.Rechts: Der Klassiker, die „Bayswater“-

Tasche, in neuer Streifenoptik.Daneben: Eine Aufnahme von einer

Show aus den 70er-Jahren

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nello Cucinelli bekommt die Doktorwürde inPhilosophie. Schon auch als Zuckerl, dochnicht geschenkt. Er erhält den Titel für eineArbeit über das Thema, über das er oft undgern spricht: „Die Würde als eine Form desGeistes.“ In seiner Dankesrede sagte er: „Einerder wichtigsten Aspekte meines damaligenLebens (als Student, Anm. d. Red.) war dieKultur der Bars: der italienische Caffè. (...) In-dustrielle, Arbeiter und Faulenzer – ich musszugeben, ich war einer davon – konnten stun-denlang ohne Unterbrechung diskutieren.Was ich daraus mitnahm, ist die Einsicht, dassjedes intensive, nachhaltige Ergebnis aus ei-ner intensiven Debatte resultiert.“Man sollte das im Kopf haben, wenn man Cu-cinellis Haus betritt. Es ist mehr als eine Villa.Es ist ein ganzes Dorf. Unweit von Perugiathront auf einem Hügel eine dieser niedlichenOrtschaften, die so bilderbuchhaft geschnie-gelt eigentlich nur in Kitschkalendern auftau-chen. Solomeo ist aber keine Fantasiewolkefür wintermüde Ruhrpottler. Es ist lustvolleWirklichkeit mit einem Patron, der sich etwasgönnt. Am liebsten, sagt er, dass es seinemUmfeld gut geht. Weil er selbst kein Elend se-hen kann und er es darum aus seinem Blick-feld verbannt? Getreu dem Motto: Eure Armutkotzt mich an? Er lacht. Etwas in die Jahre ister gekommen, aber im Gegensatz zu einigenseiner italienischen Kollegen aus der Mode-branche ist bei Brunello Cucinelli alles en na-ture. Die Fältchen sind am besten erkennbar,wenn er schmunzelt. Das tut er häufig, bei-spielsweise wenn er über seine Angestelltenspricht: „In erster Linie geht es um Würde.Wenn ein Mitarbeiter tagaus, tagein sehr ähn-liche Arbeitsabläufe verrichtet, ist ein ange-

messen attraktives Umfeld einenotwendige Kompensation zurMonotonie und vom Arbeiterge-ber nur ein Zeichen von Respektgegenüber dem Mitarbeiter.“Das sitzt. Ist der King of Kaschmiram Ende der Letzte der Aufrech-ten im Kampf für eine Welt, in deralle gleich (langweilig) sind? „Ichglaube an den Kapitalismus“, gibter zur Antwort. „Ein Geschäft mussGewinn machen, das ist der Grund,warum es existiert. Gleichzeitigdarf Profit nicht Humanität zerstö-ren. Aristoteles erachtet Ethik als

höchste Instanz der Philosophie. Das ist eineStraße, die ich gehen will.“ Er hat damit Er-folg. Wie mit anderen eher ungewöhnlichenEntscheidungen. Zum Beispiel, wenn, wie imvergangenen Jahr, viel über Krisen gestöhntwird, er mal eben die Preise ordentlich er-höht. Die Kunden zahlen es. Und sie werdenimmer mehr. Cucinelli führt in eines seiner drei Büros, esliegt im neu geschaffenen Areal am Fuße desBerges. Hier finden sich auf zwei Stockwer-ken ein Großraumbüro, der Versand, einShowroom und eben sein Office. In der mit-telalterlichen Altstadt in einem Türmchenüber den Produktionsstätten thront der zwei-te Arbeitsplatz. Unten, in verwinkelten Gäss-

chen, verbergen sichhinter frisch gestri-chenen, sonnengelbenFassaden die Ateliers,

wo auch die Kollektionen auf Qualität geprüftwerden. Außerdem hat der Designer einTheater gebaut, ganz aktuell eine Schule fürHandwerksberufe eröffnet und aus den Oli-ven, die bis in den Ort wachsen, raffiniert ersein eigenes Öl. Das dritte Arbeitszimmer istzu Hause, ein paar Minuten von den anderenentfernt, mit Blick auf den Pool, der von au-ßen hinter einer hohen Mauer versteckt liegt. Angst vor Neidern? „Gar nicht“, behauptet derGastgeber. „Es gehörte einfach zu dem Hof,der ursprünglich aus dem 14. Jahrhundertstammt.“ Und den er auch liebevoll restaurierthat, bis hin in den weitläufigen Garten. Aller-dings konnte er das erst, nachdem er selbstacht Jahre auf die schon erwähnte Mauer ge-starrt hatte. Denn sein erster Wohnsitz im Ortwar auf der anderen Straßenseite, Hanglagemit Blick über das Tal zur einen und eben demzur Mauer auf der anderen Seite. Er hat sichseine Träume sukzessiv erarbeitet.Zunächst vom Faulpelz – das sagt er selbst –während des nicht beendeten Ingenieurstudi-ums zum Partner im Modeladen seiner FrauFrederica. Damals bildete sich durch intensiveLektüre seine Vorstellung eines Unterneh-mens: „Der Weg, die Produktion waren undsind mir genauso wichtig wie der Markt unddas Produkt.“ Aus dem Laden wurde über dieJahrzehnte ebenjenes Eine-Milliarde-Dollar-Business, das 2012 zum Auftakt an der Börsesämtliche Erwartungen übertraft – 17-fachwar die Aktie überzeichnet.Dem Besucher bietet sich nun folgendes Bild:ein 60-jähriger Mann strahlend hinter einemantiken Schreibtisch, in einem Büro, das viel-leicht 25 Quadratmeter hat, mehrfacher Mil-lionär, lehnt sich entspannt zurück. Was fehlt?Der Computer. Der fehlt übrigens in allen dreiBüros des Brunello Cucinelli. Und wenn erans Handy geht, wundert sich der Gast, dassdas Modell überhaupt noch funktionstüchtigist. „Ich schreibe alles auf. Mache Notizzettelund gebe die meinen Mitarbeitern“, sagt er.Während des Gesprächs illustriert er alles.Bleistiftskizzen, wie sich die Welt dreht, wo ersich verortet und welcher Philosoph welchenEinfluss auf welche Theorien hat. Auch in diesem Büro gibt es eine Wand mitden gerahmten Fotos seiner Helden: Kennedy,Gandhi, Jobs, Kafka, Obama und Solscheni-zyn. Kein Platon? „Den trage ich in meinemHerzen.“ Überhaupt: Die Klassiker haben esihm angetan. Vordenker der Neuzeit von Des-cartes bis Susan Sonntag sind ihm suspekt,weil „die größten Denker es immer geschaffthaben, komplexe Zusammenhänge präzise zuformulieren, sodass es keine Verständigungs-probleme gab.“Lässiger Umgang zählt – sei es in seiner Mode,bei Gedankenspielen, aber auch beim eigenenLifestyle. Neben dem Büro eine Halle von cir-ca 90 Quadratmetern mit Säulen, Kamin undPolstermöbeln unbekannter Herkunft. EinStockwerk darüber das Wohnzimmer mit Flü-gel und Kinderfotos, mit Bücherregal und Ess-ecke. Nichts zu entdecken, was überflüssigwäre, aber auch eine für einen Modemachermerkwürdige Abwesenheit von Design. „Hierist Lebensraum“, sagt Cucinelli. Und alle Räu-me verbindet, dass sich Bücher in ihnen sta-peln, die aufgetürmt auf dem Boden liegen,einfach so. Der Mann liest einfach gern.

ie Würde als eine Formdes Geistes.“ Was dasmit sündteuren Wirk-waren zu tun hat? Na, esist der Titel der Vorle-sung, die Brunello Cuci-nelli an der Universitätin Perugia gehalten hat.

Er, der King of Kaschmir, spricht gern überPhilosophie. Darum fängt diese Geschichteauch nicht gleich in seinem schönen Haus an,obwohl die Einladung uns genau dorthin füh-ren wird, sondern bei dem, was ihn beflügelt,bewegt und antreibt. Wir beginnen in Peru-gia, vor gut drei Jahren, exakt am 11. November2010 um elf Uhr im Palazzo Murena in der Au-la Magna. Es ist der Sitz der Università degliStudi di Perugia, einer der ältesten Italiens. Brunello Cucinelli ist ein Wirtschaftsfaktorder Region Umbrien. Rund 800 Mitarbeiterleben allein hier von der Produktion seinerLuxuswirkwaren, weltweit sind es bald zwei-tausend. Einem so wichtigen Bürger dürfteman getrost eine Ehrendoktorwürde in Wirt-schaftswissenschaften verleihen. Doch Bru-

ZU BESUCH

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So lebt es sich in Umbrien: Brunello Cucinellis Familiensinn und seine Leiden-schaft für Philosophie spiegeln sich im ganzen Anwesen wider, überall sind Fotosund Bücher zu finden. Und wenn es selbst im schönen Italien einmal regnet,beschirmt der 60-Jährige gern seine ganze Familie: Ehefrau Frederica, die Töch-ter Carolina und Camilla und das erste Enkelkind

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Zu Hause bei Brunello Cucinelli: In derNähe von Perugia hat der King ofKaschmir seine Werkstätten. Und denÜberblick. Andreas Tölke erlaubte ereinen Blick in sein Refugium.Fotografiert von Oliver Mark

So lebt derKaschmir-Kapitalist

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Schnee, Sonne und frische Luft – man kann esentschieden schlechter haben als im österreichischenPitztal. Und unsere Kleidung wärmt nicht nur in dieserTraumkulisse. Auch auf anderen Gipfeln und Pistengäben Sie damit wohl keine ganz schlechte Figur ab

Foto: Wiebke Bosse. Assistenz: Ruth Kobbe Styling: June Nakamoto c/o Shotview. Assistenz: Naoko Soeya Haare & Make-up: Nathalie Nobs. Mit Produkten von Une, Less is more und Uslu AirlinesModel: Corinna Ingenleuf c/o M4modelsMit Dank an Marcus Herovitsch und Bernd Matsching (tirolgletscher.com),Sepp Eiter (Café 3.440) und Familie Walser vom „Hotel Vier Jahreszeiten“ in St. Leonhard

SNOWWHITE

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LINKE SEITE: DAUNENMANTEL MIT FEDERN

UND STRASSAPPLIKATIONEN SOWIE

HANDSCHUHE: MONCLER. STIEFEL: BOGNER.

OHRENSCHÜTZER AUS FELL:

YVES SALOMON. STRUMPFHOSE: FALKE.

DIESE SEITE: FELLJACKE, ROLLKRAGEN-

PULLOVER, HOSE UND GÜRTEL:

RALPH LAUREN. KASCHMIRTUCH: HERMÈS.

LEDERHANDSCHUHE: BOGNER.

SKIAUSRÜSTUNG VON INDIGO

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5 0 STRICKOBERTEIL MIT FEDERN, HOSE UND STULPEN VON SACAI. SCHUHE: FENDI. FÄUSTLINGE UND

KASCHMIRTUCH: HERMÈS. ROLLKRAGENPULLOVER: BOGNER. SKI: „PROJECT C“ VON INDIGO. SKIBRILLE: LOUBSOL

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5 2 BLOUSON, TUCH MIT PUNKTEN, FALTENROCK, STRUMPFHOSE:

ALLES VON MIU MIU. PELZWESTE MIT KAPUZE: YVES SALOMON.

SKIBRILLE: EMMANUELLE KHANH ÜBER MARC LE BIHAN

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5 3STRICKPULLOVER MIT FELL, LEDERROCK, STULPEN: ALLES VON ALEXANDER WANG.

STRICKKAPUZE: MAISON MARTIN MARGIELA. HANDSCHUHE: MARNI. FELLSTIEFEL: BALLY.

SONNENBRILLE: TOM FORD ÜBER MARC LE BIHAN. STRUMPFHOSE: FALKE

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SKIANZUG MIT LEDERDETAILS VON

HERMÈS. ROLLKRAGENPULLOVER, SKI

UND FELLSTIEFEL: BOGNER. OHREN-

SCHÜTZER: YVES SALOMON

STRICKMANTEL UND BODY

VON BLUMARINE.

OHRSCHÜTZER:

PIPOCAKI

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u Schnee und Eis fälltmir nicht besondersviel ein, was macht manda? Man googelt Wiki-pedia und findet folgen-de Definition: „Als Eiswird im Allgemeinengefrorenes Wasser be-

zeichnet, welches – neben flüssigem Wasserund Wasserdampf – dessen dritten möglichenAggregatzustand darstellt. Es kristallisiert beiNull Grad Celsius im hexagonalen Kristallsys-tem und tritt in der Natur in den verschie-densten Erscheinungsformen auf, vom Hagel-korn über den Eiswürfel bis zum Gletscher.“Wenn man mich fragt, bevorzuge ich eigent-lich die flüssige Form von Wasser, am besten29 Grad warm, türkisfarben und palmenum-wedelt. Skifahren lag mir daher wohl noch niein den Knochen: Diese Materialschlacht ausBrettern, Stöcken und klobigen Skischuhen,die vielen Schichten warmer Kleidung unddazu noch meine Höhenangst. Es musste erstdas Pitztal kommen, um mein Herz auch fürMinusgrade zu erwärmen. Schon gleich bei der Anreise zeigen die Tiro-ler Alpen, was sie können. Glänzend weißer

Neuschnee, blauer Himmel und strahlenderSonnenschein empfangen bereits im Tal. Ob-wohl von Tal zu sprechen etwas untertriebenist: Unser Basislager, das Skidorf Mandarfenund das überaus sympathische FamilienhotelVier Jahreszeiten liegen bereits auf 1640 Hö-henmetern. Von hier geht es mit dem Glet-scherexpress, einer unterirdischen Schräg-stollenbahn, durch den Berg hoch auf 2840Meter. Wer will, kann hier bereits die Ski oderdas Snowboard unterschnallen und ins Talsausen oder bei einem Tee oder Glühwein ander Bar ein Sonnenbad nehmen.Doch wir wollen noch höher hinauf – mit derWildspitzbahn zum Café 3.440, das genau sohoch liegt, wie es heißt. Die letzten 600 Meterbis zum Gipfel des Gletschers haben es in sich:Als die vollverglaste Achtergondel gerade diehöchste der zwölf Stahlstützen, jede 37 Meterhoch, passiert, habe ich das Gefühl, mein Herzrutscht eine Etage tiefer. Das Schlimmste sindaber nicht die 37 Meter, sondern der hunderteMeter tiefe Steilhang, den die Gondel nun biszur nächsten Stütze überqueren muss. Ich at-me dreimal tief durch und schließe die Au-gen. Es ist wahrscheinlich die dünne und pri-ckelnd kühle Luft, die mein Hirn kurz daraufso angenehm vernebelt wie sonst nur Cham-pagner, dass ich die letzte Etappe der sechsmi-nütigen Fahrt eher in einer adrenalingesteu-erten Euphorie statt in kalter Angst auf be-heizten Sitzen verbringe.Wie eine natürliche Schneeverwehung balan-ciert der futuristische, organisch geschwun-gene Bau des Vorarlberger ArchitekturbürosBaumschlager Hutter Partners auf dem Gipfel.Kaum ein Jahr ist er alt. Was aussieht, wieleicht dahin geweht, wurde in nur fünf Mona-ten technischer und organisatorischerSchwerstarbeit errichtet. Das Piz Gloria aufdem Schweizer Schilthorn, verewigt imJames-Bond-Streifen „Im Geheimdienst IhrerMajestät“, war vorgestern. Die 25 Meter langevollverglaste Terrasse, die über dem hundertevon Metern tiefen Abgrund schwebt, ist einekinoreife Panoramawand ins ewige Weiß. Ei-ne Stahltreppe führt noch ein paar Meter hö-her zu einer 360 Grad Aussichtsplattform, dieeinen Blick auf über 50 Dreitausender-Gipfelerlaubt. Ein Fernrohr mit Gipfelanzeiger undHöhenmesser hilft bei der Orientierung.

„Bei gutem Wetter wie heute kann man sogar90 km weit schauen – bis auf die Zugspitze inDeutschland, die Dolomiten in Italien und dieGipfel von St. Moritz in der Schweiz“, sagtSepp Eiter, ein geselliger Ur-Pitztaler und dieSeele des Cafés 3.440. Als eines von siebenBergbauern-Kindern hat er den Aufschwungseiner Heimat zu einer Wintersport-Hoch-burg in den 80er Jahren miterlebt – er selbstwurde quasi mit Skiern an Füßen geboren.„Nirgends fahre ich so gern Ski wie hier, amliebsten auf dem Brunnenkogel“, erzählt er,während er eine Prise Tabak schnupft. Als Gastwirt hat er den höchsten ArbeitsplatzÖsterreichs. Die fast 3500 Höhenmeter undder niedrigere Luftdruck bergen ihren Tü-cken, was die Küche angeht. Die Torten, Stru-del, Sandwiches und Suppen werden auf dertiefer gelegenen Mittelstation von der haus-eigenen Konditorei hergestellt – die frischenKäse- und Speckknödel, die die herzhaftenSuppen veredeln, waren die größte Heraus-forderung. „Auf dieser Höhe kann man nichtrichtig kochen“, weiß er. „Das Wasser siedethier bei 82 bis 87 Grad. Unmöglich also, we-gen der Eigerinnung einen Knödel im Wassergar zu kochen – ein Heißluftofen musste her.“Am meisten freut sich der Weinliebhaber je-doch, seinen Gästen bei den immer wiederstattfindenden Weinverkostungen zu de-monstrieren, wie anders seine guten, österrei-chischen Tropfen in der Höhe und im Talschmecken. „Aufgrund des niedrigeren Luft-drucks hier schmecken die Weine viel dufti-ger und milder.“Auf der Mittelstation jedoch wird der Höhen-rausch jäh auf den Boden der Tatsachen zu-rückgeholt. Es geht auf die drei Uhr zu, dieAprès-Ski-Zeit beginnt. Aus den Boxen an derBar draußen donnert schlimmste Baller-mann-Musik, die erst unter den geübten Hän-den des Masseurs im Hotel-Spa endlich ver-blasst. Doch kaum sitze ich beim Abendessenund genieße die erstklassige Küche im HotelVier Jahreszeiten, dringt wieder – nur leiser –deutsches Schlager-Ungemach in mein Ohr.Liebe Österreicher, Ihr habt doch so wunder-bar atmosphärische, einheimische Musiker-jungs wie Kruder & Dorfmeister, warum tutihr euch in dieser majestätischen Bergweltnur diese akustische Luftverschmutzung an?

Du lieberHimmel Der Pitztaler Gletscher war dieKulisse unseres Winter-Fotoshootings.Das Café 3.440 ist ein erhebender Ort,an dem sich nicht nur dieAggregatzustände von Wasserverschieben – erkannte Silke Bender

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ÜBER DEN BERGEN:DAUNENJACKE VON

CANADA GOOSE. BANDEAU TOP UND

HOSE: AMERICAN APPAREL. KETTE UNDARMREIFEN: CHANEL.

SKIBRILLE: LOUBSOL.STIEFEL: BOGNER

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BKE

BOSS

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EEin neues Luxuspaket erobert den Asphalt. Egal, ob Sie zum Shopping in die Stadt oder mit der Familie in den Skiurlaub fahren, dieses Auto wird allen Anforderungen mehr als gerecht.

Mit seinen dynamischen Proportionen ist der

BMW X5 in der dritten Generation als BMW-X-

Modell sofort erkennbar. Dennoch hat er einige neue

Designmerkmale, die sein kraftvolles Aussehen und

seine unschlagbare Vielseitigkeit noch mehr beto-

nen. Ein wichtiges Element des optimierten Designs

ist dessen Fokus auf der Aerodynamik. Form und

Funktion werden harmonisch kombiniert: Große

Lufteinlässe, der Air Curtain in der Frontschürze

sowie der neu entwickelte Air Breather an den vor-

deren Radhäusern heben den sportlichen Charak-

ter hervor – gleichzeitig tragen sie zur Senkung des

Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen bei.

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Sie empfängt in ihrem Büro beim PariserEdelschuh-Designer Roger Vivier, für den sieseit elf Jahren als stilistische Beraterin arbei-tet. Büro? Nein, eher privater Salon. Sie hatdie Wände rosa streichen lassen und mit vie-len Familienfotos, persönlichen Erinnerun-gen, Nippes und Kunst geschmückt. „Will-kommen in meinem Trödelladen“, lacht Inèsde la Fressange und lässt sich mit ihrer E-Ziga-rette auf das Kuschelsofa plumpsen, ganz wiezu Hause. In der schwarzen Samt-Joggingho-se, dem schlichten grauen Strickpullover, ver-edelt mit dezentem Modeschmuck, wird sieihrem Ruf sofort gerecht: très chic, dabei nah-bar und wahnsinnig nett. Da konnten dieFranzosen sie noch so sehr als „Marianne“-Büste auf den Sockel heben. Von 1989 bis2000 lieh die (bis dahin) Muse von Karl Lager-feld der Nationalfigur in fast allen französi-

schen Rathäusern

ihr Gesicht. 1991 gründete siesehr erfolgreich ihre eigene Modemarke Inèsde la Fressange und sah sich 1999 von den In-vestoren gefeuert. Nun sind die fort und Inèsist immer noch da, die neuen Manager holtendie Pariser Stilikone, die immer wieder malbei Chanel-Schauen läuft und für Szenenap-plaus sorgt, zurück an Bord. Ihr erster Streichist eine Sommerkollektion für den japani-schen Textil-Multi Uniqlo (der im April auchin Berlin den ersten deutschen Store eröff-net), es folgen Schuhe, Schreibwaren undSonnenbrillen. Doch das ist nur der Anfang.

Madame de la Fressange, wie ist es für Sie, wie-der Inhaberin Ihres eigenen Namens zu sein?Puuh, es waren mühsame 14 Jahre. Vor allemtat es mir weh, Produkte zu sehen, die meinenNamen trugen, aber mir nicht gefielen. Diemeisten Kunden waren natürlich nicht überdie juristischen Verwicklungen informiertund wussten nicht, dass ich gar nicht mehr anBord war. In Geschäftsfragen habe ichmir nun eine Art buddhistische Hal-tung angewöhnt, einen innerenAbstand. Jedoch nicht in ästheti-schen Belangen.

Was heißt das?Ich kann es nicht lassen, in ModeboutiquenStilkritiken und Designtipps abzugeben. Diearmen Verkäuferinnen! Einmal habe ich indas Gästebuch von A.P.C. geschrieben, dassich die Jeans gut finde, dass sie aber mit tieferTaille viel schöner wäre. Ein Jahr später be-kam ich vom Chef persönlich einen Dankes-brief mit zwei nach meinen Tipps umde-signten Jeans – die so tatsächlich zum Ver-kaufsschlager wurden.

Mit Ihrer Marke Inès de la Fressange haben Sienun ehrgeizige Pläne: Sie wollen in ZukunftKleidung, Taschen, Schuhe, Schreibwaren, Ac-cessoires im Mode- und Wohnbereich auf denMarkt bringen. Dabei könnten Sie doch einfachdie Beine hochlegen?

Es ist eine Neurose! Jedes Jahrnehme ich mir vor, weniger zu arbeiten, weilich natürlich weiß, dass es nicht das Leben er-füllt, immer mehr zu tun und Geld anzuhäu-fen. Doch wenn mir interessante Aufgabenangeboten werden, ist es schwer, Nein zu sa-gen. Vor allem, wenn es darum geht, schöneDinge noch schöner zu machen. Ich bin einShopaholic und immer stört mich ein kleinesDetail. Zurzeit gibt es zum Beispiel diese Bett-wäsche aus verwaschenem Leinen – abernicht in den Farben, die ich gut finde. Alsomöchte ich diese entwerfen. Das ist purerEgoismus. Die Dinge zu produzieren, die ichselbst gern hätte. Und meistens treffe ich da-mit den Geschmack vieler anderer Frauen.

Sie wurden einmal zitiert mit dem Satz, Sie sei-en eine ganz normale Frau. Mit Verlaub ...Den Satz verwechseln Sie wohl mit unseremPräsidenten François Hollande (lacht). Ich binganz und gar nicht normal. Mir ist sehr be-wusst, dass ich ein sehr privilegiertes Lebenhabe. Wer in einem Haus mit 24 Zimmern und

Hausangestellten aufwächst und eine Kö-chin beschäftigen kann, weil er nicht

gern kocht, ist nicht normal. MeinGeschmack und meine Wünschehingegen sind denen der 3

S

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Wenn jemand Pariser Allure perfekt verkörpert, dann sie: Inès

de la Fressange. Jetzt hat das Ex-Model wieder das Zepter seiner

eigenen Modemarke übernommen. Silke Bender gratuliert

Sie kann’s nicht lassen

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INTERVIEW

Inspiriert von Amélie Poulain,Hauptfigur in „Die fabelhafte

Welt der Amélie“: Eine Bluse ausder Kollektion für Uniqlo

Sie war lange seine Muse: Inès de la Fressange stilecht alsKarl-Lagerfeld-Kopie in Smokingjacke von Armani, Karl-Lagerfeld-Hemd, Acne-Jeans und Vivier-Roger-Boots

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3 Mehrheit der Frauen sehr ähnlich. Ich binjetzt 56, ich fühle mich nicht als alte Dameund möchte mich nicht so kleiden wie meineGroßmutter in dem Alter. Allerdings weiß ichauch, dass es nicht mehr passend ist, abendsmit Shorts und Overknee-Stiefeln auszuge-hen. Alle Frauen meiner Generation haben dieRolling Stones oder Jim Morrison gehört, die-selben Freiheiten gelebt. Das prägt: Irgendwiebleiben wir ewige Teenager, Mädchenfrauen –und gleichzeitig haben wir Familie und einenBeruf, Lebenserfahrung. Den Nerv genau die-ser Frauen treffe ich. Es fällt mir sogar leich-ter, anderen Frauen gute Styling-Tipps zu ge-ben, als mich selbst anzuziehen.

Was würden Sie denn unserer Bundeskanzle-rin Angela Merkel raten?Ich würde mit ihr zu Jil Sander gehen: DieserMix aus Nüchternheit und Eleganz würde gutzu ihr passen. Und dann würde ich ihr sagen,dass sie ihre Fröhlichkeit nicht durch wech-selnd bunte Blazer ausdrücken sollte. Blusenvon Céline ständen ihr gut. Oder auch mal einPullover oder ein Dreiviertel-Mantel ausCrêpe – nur nicht immer diese bunten kurzenBlazer. Bringen Sie mir eine Doppelgängerinund wir gehen in Paris shoppen. Ich hätte eineMenge Ideen.

Mit Ihrer ersten Kollektion für Uniqlo startenSie im Niedrigpreissegment. Welche Strategiesteckt dahinter?Ich möchte authentische, ehrliche Mode ma-chen, wo Preis und Qualität stimmen – als ichUniqlo in New York entdeckte, war ich sofortein Fan der Marke. Es hat mir Spaß gemacht,der japanischen Nüchternheit eine Prise Pari-ser Frivolität einzuhauchen. Ich liebe es, mitfranzösischen Klischees zu spielen: Das Blu-menkleidchen à la Amélie Poulain, das Mou-lin Rouge, die Baskenmütze, das Baguette –ich fühle mich wirklich in den Pariser Kli-schees zu Hause. Außerdem habe ich die Nasevoll von dieser überteuerten Mode im Luxus-segment. Ich finde es schade, dass sich fast nurnoch reiche Ausländerinnen die großen fran-zösischen Marken leisten können. Die Lückemöchte ich füllen. Wir möchten so weit wiemöglich in Frankreich produzieren, das kostetnatürlich, aber die Preise sollen fair bleiben.

Was ist denn für Sie überteuert?Ich würde mir nie eine Jeans für 500 Eurokaufen. 130 Euro bei einer Markenjeans findeich okay.

Möchten Sie wieder eine eigene Boutique inParis eröffnen?Das würde mir gefallen, ja. Doch nicht nur mitmeiner Marke. Diese Tendenz zu Mono-Mar-ken-Stores finde ich grässlich. Ich würde dannauch andere Kreative mit ihren Produkten zumir einladen. Das ist die neue Moderne, diesesIch-mache-alles ist veraltet, 90er-Jahre. Diese

Coolness in den Shops und auf den Schauengeht mir auf den Wecker, ich wünsche mirmehr Fröhlichkeit und Leichtigkeit in der Mo-dewelt – so wie in Pharrell Williams’ Video-clip „Happy“. Das ist jung, frisch!

Sie haben zwei Töchter im Teenager-Alter.Schütteln Sie manchmal den Kopf über derenModespleens?Nie, ich habe selbst so viele Modesünden be-gangen. Ich lasse sie alles ausprobieren, wassie wollen. Nur bei Tätowierungen undPiercings habe ich sie gewarnt: Macht ihr das,steche ich mir dasselbe! Es war zwar nur einScherz, aber wirkungsvoll.

Und finden Ihre Töchter Ihren Look manchmalpeinlich?Ständig. Einmal habe ich mir eine schwarzeBiker-Jacke bei Balenciaga gekauft – da habendie beiden die Augen verdreht: Mama, willstdu etwa einen auf jung machen? Die Jackehängt heute noch ungetragen mit Etikett imSchrank. Das hindert die Mädchen natürlichnicht daran, sich selbst an meinem Kleider-schrank zu bedienen.

Wie oft gibt es schreiende Teenager bei Ihnenzu Hause, weil sie nicht die Klamotten bekom-men, die sie haben wollen?Selten. Meine Jüngste, Violette, wollte letz-tens eine Balenciaga-Handtasche haben. Au-ßer Frage, dass ich ihr keine kaufe. Sie hatdann nach einer längeren Diskussion selbsteingesehen, dass es lächerlich ist, als 14-Jähri-ge damit herumzulaufen. Allerdings nimmtsie die Mode sehr ernst: Sie hat schon einPraktikum bei Chanel gemacht –

und ist nun mit Karl Lagerfeld befreundet,mehr als ich. Sie lief sogar als Mannequin fürChanel bei den letzten Haute-Couture-Schau-en mit.

Wie haben Sie sich eigentlich wieder mit KarlLagerfeld versöhnt, nach dem Streit um dieMarianne-Büste?Durch Intelligenz (lacht). Kurz nach seinerersten Diät haben wir uns irgendwo gesehenund ich sprach ihn auf seine neue Figur an. Erfragte mich nach meiner Jeansgröße und warganz stolz, dass er mich mit 24 unterbietenkonnte. Da war das Eis gebrochen.

„Mit Angela Merkel würde

ich zu Jil Sander gehen“

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Ü B E R D I E K A N Z L E R I N

Lieblingsschuhe: Für Roger Vivier arbeitet Inès de la Fressange als Beraterin

Inès de la Fressange von Kopf bis Fuß in Chanel

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Schwarzes Minikleid, schwarze Lackpumps,schwarzer Lammfellmantel: Jerry Hall siehtexakt so aus, wie man sie sich vorstellt. Nurbesser. Denn ihr Gesicht – und das ist als Kom-pliment zu verstehen – sieht tatsächlich auswie das einer Frau Ende fünfzig. Auf die Mi-nute pünktlich kommt sie mit wehender Mäh-ne, der Mähne, hineingerauscht in die Suiteim 30. Stock des Berliner „Waldorf Astoria“-Hotels. Ihr Parfum mischt sich mit einem An-flug von Zigarettenrauch, der rote Mund, ihrMarkenzeichen, lacht und sagt, nein erhaucht: „Hi, I’m Jerry.“ Überhaupt, Jerry Hall,das Supermodel, Mick Jaggers Muse und Ex-Frau, spricht nicht einfach nur, sie raunt, ziehtWörter in die Länge, wie nur eine Amerikane-rin es kann. Während sie das tut, wirft sie mit

nonchalanter Geste die unfassbare Haarprachtüber die Schulter – genau wie die Drei-Wetter-Taft-Lady es seit den 80ern tut. Dass es so et-was überhaupt in Wirklichkeit gibt!

Jerry Hall, Fluch oder Segen, gut auszusehen?Ich denke, es ist ein wahrer Segen. Es ist dochZufall, was für Gene wir von unseren Elternerben – gutes Aussehen ist etwas, das wir unsnicht selbst erarbeiten müssen. Ich hatte eineMenge Glück, wenn man bedenkt, dass ich auseiner texanischen Kleinstadt komme und dieganze Welt bereist habe – allein wegen mei-nes Äußeren.

Wann realisierten Sie zum ersten Mal, dass Siedas Zeug zum Modeln hatten? Stimmt es, dass

INTERVIEW

Model, Muse, Modeikone: Im Rahmen der Berliner Fashion Week war Jerry Hall alsStargast einer Modenschau von Peek & Cloppenburg geladen. Mira Wiesinger traf sieabseits des Roten Teppichs auf ein Gespräch über Schönheit, das Altern und, klar, Mode

Ich bin eine ganz normale Frau

Wow! Jerry Hall und Helmut Newton 1983 in Cannes: Das Foto stammt aus dem Katalog der Retrospektive „Bailey’s Stardust“ (Prestel)

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es während eines LSD-Trips passierte?Ich war etwa 14 Jahre alt. Auf einer Party gabmir jemand etwas, von dem ich nicht wirklichwusste, was es war. Dann schloss ich mich dortim Badezimmer ein, schaute in den Spiegelund dachte plötzlich: Oh mein Gott, ich binwunderschön! Sie müssen wissen, ich war inder Pubertät eher ein hässliches Entlein. Undziemlich schüchtern.

Das kann man sich kaum vorstellen.Oh doch, ich war sehr burschikos, ein richti-ger Tomboy.

Ihr Leben in der amerikanischen Provinz, dashaben Sie immer wieder betont, war alles an-dere als glamourös. Was hat Ihr Interesse anMode geweckt?Eine meiner älteren Schwestern hatte bereitsgemodelt. Einmal habe ich sie auf einen Jobbegleitet und dort fragte man mich, ob ich esnicht auch mal versuchen wolle.

Ihre Modelkarriere hat also gar nicht in Parisbegonnen?Ich hab in den Staaten schon ein wenig gear-beitet, bevor ich nach dem Schulabschlussnach Paris reiste. Dort ging es dann richtig los.Ich wollte nur für ein paar Wochen bleiben, eswurden schließlich zwei Jahre daraus. Dannging es weiter nach New York.

Und bald kannte man Ihr Gesicht in der gan-zen Welt. Ein Mann in Marokko soll IhremEx-Mann Mick Jagger einmal 50 Kamele fürSie geboten haben, und der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter sagte Ihnen, dass erIhre Schönheit bewundere. Wie bleibt man beiso viel Anbetung auf dem Teppich?Wissen Sie, die Modebranche ist voll vonSchmeicheleien. Das geht mittlerweile zumeinen Ohr rein und zum anderen wieder raus.Ich bin immer im engen Kontakt mit meinerFamilie in Texas geblieben, liebe es zu gärt-nern, bereite drei Malzeiten pro Tag zu, kaufeLebensmittel selbst ein und pflege Freund-schaften. Ich bin eine ziemlich normale Frau.

Was macht Schönheit für Sie persönlich aus?Schönheit liegt im Auge des Betrachters.Wenn man jemanden liebt, dann findet manihn automatisch schön.

In den Augen der Mutter ist der Affe Gazelle,sagt ein afrikanisches Sprichwort.Richtig, Mütter finden ihre Kinder immerwunderschön. Natürlich gibt es aber auch dieallgemein anerkannten Merkmale, die Schön-heit definieren. Bestimmte Gesichterformenetwa, Proportionen, Symmetrien. Aber ichdenke, vor allem kommt es darauf an, wie manaltert. Das zeigt dann, wer man wirklich ist.

Haben Sie Angst davor?Sollte ich vielleicht, aber ehrlich gesagt: nein.Ich sah lange gut aus, es ist beinahe ein Wun-der. Heute bin ich eher stolz darauf, gesund zusein, vier Kinder zu haben, auf eine tolle Kar-riere zurückzublicken. Ich mache mir um dieZukunft keine Sorgen.

Sie sehen immer noch blendend aus. Dabeiwar Ihr Leben ziemlich rastlos: um die 60 Mo-

denschauen pro Saison, all die Reisen unddann noch das Nachtleben.Damals war ich noch jung und voller Energie.Genau wie meine Tochter Georgia May, diesich momentan vor Aufträgen kaum rettenkann. Sie arbeitet nonstop, das erinnert michdaran, wie ich früher lebte – immer aus demKoffer heraus.

Sorgt es Sie, dass Ihre Töchter, Georgia Mayund Elizabeth, in Ihre Fußstapfen treten? DieModebranche kann ja ziemlich grausam sein.Das stimmt. Aber beide haben etwas, auf dassie zurückgreifen können. Georgia May hatFotografie studiert und ist wirklich gut darin.Von den Modeljobs lernt sie also auch immeretwas dazu. Und Elizabeth engagiert sich fürMenschenrechte. Momentan arbeitet sie ander Kampagne „Free the Nipple“, die sich fürdas Stillen in der Öffentlichkeit einsetzt. Dasist ja in einigen Staaten der USA noch immerverboten. Ist das nicht verrückt?

Was für berufliche Ratschläge haben Sie denbeiden mit auf den Weg gegeben?Sei nett und, vor allem, sei pünktlich! Das istdoch der beste Ratschlag, den Eltern ihrenKindern geben können – egal wofür. Modelnist etwas, das man nicht lehren kann. Es gibtso viele hübsche Mädchen, die vor der Kamerajedoch nichts taugen.

Und dann gibt es Mädchen, die eigentlichnicht perfekt sind. Georgia May ist mit ihren1,70 Metern zu klein für den Laufsteg, Sie mitIhren 1,80 Metern waren eigentlich zu groß.Und trotzdem hat es bei uns geklappt. Viel-leicht, weil wir beide verrückt nach Klamot-ten sind.

Einen Großteil Ihrer Garderobe aus der Ehemit Mick Jagger haben Sie dennoch 2008 imAuktionshaus Sotheby’s versteigert.Während meiner Karriere habe ich so vieleKleider angesammelt, es waren einfach zu vie-le. Sie passten schlicht in keinen Schrankmehr. Und ich auch nicht mehr in alle Klamot-ten. Einige waren winzig, ich war einmal sounglaublich dünn. Ich hatte sie lange aufgeho-ben, weil sie für mich kleine Kunstwerke wa-ren. Aber dann wollte ich Platz für Stückeschaffen, die ich wirklich trage.

Trauern Sie schon mal einem Teil hinterher?Manchmal werde ich wehmütig, wenn ich anbestimmte Kleider denke. Aber sie dienten jaeinem guten Zweck, den Erlös der Auktionhabe ich für Obdachlose gespendet.

Ihre Töchter haben Ihnen das nicht übel ge-nommen?Sie durften sich zwar vorher etwas aussuchen,fühlten sich aber trotzdem etwas übergangen.

Während Ihrer Karriere haben Sie viele Foto-grafen kennengelernt. Hatten Sie Lieblinge?Auch hier hatte ich viel Glück, ich habe vonAnfang an mit tollen Fotografen gearbeitet.Einer der ersten war Helmut Newton, er wareinfach wundervoll ...

Er hat Sie auf das Cover der „Vogue“ gebracht.Das war großartig. Aber auch David Bailey

verehre ich, erst letzte Woche haben wir zu-sammen für die britische „Vogue“ gearbeitet.Ich werde tatsächlich noch immer angefragtzu modeln, was mich wirklich freut, denn ichfinde, auch ältere Frauen sollten in der Moderepräsentiert werden.

Zumal es diejenigen sind, die sich Designer-kleidung überhaupt leisten können.Das ist genau das, was ich meine.

Viele Designer kennen Sie persönlich. Wel-chen bewundern Sie am meisten?Ich liebte Yves Saint Laurent, wir haben vieleJahre zusammengearbeitet, sind Freunde ge-worden. Auch Vivienne Westwood finde ichbrillant, von ihren Kleidern habe ich nur ganzwenige weggegeben.

Sie haben von 1988 bis 1991 selbst Mode ent-worfen: die Hall Collection.Ja, ich habe Badebekleidung, Unterwäscheund Strümpfe designt. Das hat viel Spaß ge-macht, war aber auch eine Menge Arbeit undich bekam noch zwei weitere Kinder. Ichfürchte, ich war einfach zu schwanger, um dieTeile richtig zu bewerben.

Wird es in der Zukunft denn noch einmal De-sign by Jerry Hall geben?Eher nicht. Ich bevorzuge es, die Arbeit ande-rer Leute zu bewundern. Und sie zu kaufen.

Zum Beispiel Manolo-Blahnik-Schuhe. Siesollen 350 Paar besitzen.Ein Mädchen braucht nun mal viele Schuhe,oder etwa nicht? Ein paar davon hab ich sogarschon aussortiert, was mir wirklich nichtleichtfiel. Manolos sind einfach so fantastischgearbeitet, so bequem! Die meisten davon tra-ge ich tatsächlich, einige sind mir aber zuhoch, die habe ich nur aus einem Grund ge-kauft: weil ich einfach nicht anders konnte.

Dann dürfte Ihnen ja das Konzept „Shop theRunway“ von Peek & Cloppenburg gefallen.Die bei der Fashion Week in Berlin gezeigtenLooks waren sofort im Geschäft und online beiFashion ID zu haben.Die Idee, dass man die gezeigten Kleider amnächsten Tag schon kaufen kann, gefällt mirsehr. Normalerweise muss man Monate aufdie Stücke vom Laufsteg warten. Wenn mansich aber erst mal in ein Kleid verguckt hat,will man es doch schnurstracks haben.

Oft, sehr oft sogar, wird Mode als oberflächlichabgetan. Gerade in Deutschland. Was setzenSie dem entgegen?Ich finde, Mode ist etwas Sinnliches. Sie spielteine wichtige Rolle in der Wahl unserer Part-ner, ja sogar in der Fortpflanzung. Kleidung istessenziell, es wäre schlicht zu kalt, auf sie zuverzichten.

Mit anderen Worten: Mode verrät etwas überdie Persönlichkeit des Menschen, der sie trägt?Ich denke schon. Man kann sie als Gestal-tungsmittel nutzen, mit ihr zeigen, wer manist oder gern sein würde. Besonders wennman jung ist, kann man mit Kleidung experi-mentieren. Sich immer wieder neu erfinden.Mode macht so viel Spaß!

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CARDIGAN AUS KASCHMIR VON BODEN. KETTE: GABRIELE FRANZEN.HUND JOE TRÄGT EBENFALLS EINE KETTE VON GABRIELE FRANZEN

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Foto: Esther Haase Styling: Hendrik Schaulin Produktion: Susanne Gundlach c/o Susieknows.euMake-up: Carol Brown c/o DW ManagementHaare: Piero Bigoni c/o DW Management Model: Felicity Hayward c/o Milk Management

BIG ANDBEAUTIFUL

Felicity Hayward beweist, dass Mode auch ingroßen Größen bezaubernd aussehen kann. In Großbritannien ist das Model längst einStar. Und wir sind nun auch ganz verliebt

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DIESE SEITE: TRENCHCOAT

VON ANNA SCHOLZ.

OHRRINGE: EVANS.

RECHTE SEITE:

COCKTAILKLEID UND

BROSCHE

VON MARINA RINALDI.

STRASSARMBAND: EVANS

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KLEID AUS CRÊPE-JERSEY VON ANNA SCHOLZ. LAMMFELLSTOLA: ROSENBAUM

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FFelicity Hayward, war es Ihr Traum, Model zu werden?Nein, es ist der totale Zufall, dass ich Model gewordenbin. Ich habe eine Ausbildung als Fotografin gemachtund dann Kunstunterricht gegeben für benachteiligteKinder. Vor zwei Jahren ging ich eines Abends mitFreunden in den Pub und dort habe ich zu Diana Rossgetanzt. Plötzlich hat mich jemand angesprochen, derein Model brauchte, das Anna Nicole Smith ähnelte.Als die Fotos erschienen, sprachen mich mehrereAgenturen an. So kam ein Job nach dem anderen. In-zwischen kann ich vom Modeln leben und habe meineStellung als Kunstlehrerin aufgegeben.

Hatten Sie schon immer eine üppige Figur?Ich hatte immer einen großen Hintern (lacht schal-lend). Irgendwie sind im Laufe der Jahre meine Kur-ven gewachsen. Das ist einfach passiert. Ich fühlemich glücklich und wohl in meiner Haut und spürekeinerlei Druck, dünner zu werden. Wenn ich dünnerwäre, wäre ich außerdem nicht mehr ich, wäre nichtmehr dieselbe Person. Dann hätte ich eine andere Per-sönlichkeit, und das möchte ich auf keinen Fall.

Ihr Markenzeichen sind Ihre platinblonden Haare. Wiekamen Sie zu dem Marilyn-Look?Eigentlich habe ich hellbraune Haare. Ich färbe sieplatinblond, seit ich 15 Jahre alt bin. Meine Großmut-ter war immer sehr chic, sie war mein Vorbild. Außer-dem gefallen mir Mode und Look der 50er-Jahre sehr,deshalb habe ich mich schon als Teenager für den auf-fälligen Marilyn-Look entschieden. Ich wollte so gla-mourös sein wie meine Großmutter.

Wie finden Sie es, als Plus-Size-Models bezeichnet zuwerden?Der Hauptfehler ist doch, dass wir Frauen überhauptin Schubladen gesteckt werden, dick oder dünn, Size-Zero oder Plus-Size. Das ist furchtbar. Solche Bezeich-nungen sollte es für Frauen nicht geben. Bei Männernsprechen wir ja auch nicht von einem Size-Zero-Mann, wenn einer schlank ist. Und hat irgendjemandschon mal den Ausdruck „Plus-Size-Mann“ gehört?Nein! Also warum werden wir Frauen in Kleidergrö-ßen eingeteilt?

Unterscheidet sich der Job von Size-Zero- und Plus- Size-Models?Wir sind alle Models und machen den gleichen Job.Der einzige Unterschied ist, dass Plus-Size-Modelsselten auf dem Catwalk zu sehen sind. Aber das ändertsich. TK Maxx hatte mich jetzt für eine Kampagne ge-bucht. Das hätte es früher nicht gegeben. Wir werdenmehr akzeptiert als vor ein paar Jahren. Die Situationist noch nicht perfekt, aber es wird besser. Deshalbkann ich jungen Mädchen, die Model werden wollen,auch wenn sie nicht gertenschlank sind, nur raten:Traut euch! Lasst schöne Fotos von euch machen undstellt euch bei Agenturen vor. Das neue Jahr bietetauch neue Chancen. Wer nichts riskiert, gewinnt auchnichts. Barbara Warning

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Fashion in Beauty:Wir lieben handlicheKosmetikproduktemit großem Nutz-wert. Praktischer-weise gibt es nunden 3-in-1-Concealervon CK One. Er sollConcealer, Primer(eine Grundierung,die das Make-uphaltbarer machensoll) und Highlighterin einem Stift ver-binden. Gibt’s in vierSchattierungen,etwa bei Breuninger.

Rosige Zeiten: Vor gut250 Jahren galt MarieAntoinette, Ehefrauvon Ludwig XVI., alsTrendsetterin. Siezählte zu den Ersten,die, anstatt vornehmeBlässe zu wahren(damals ein Standes-merkmal der Ad-ligen), sich die Wan-gen schminkten, umso Frische ins Gesichtzu zaubern. Heutehätte sie sich be-stimmt für die hüb-sche „DiorblushTrianon Édition“ vonDior entschieden. In„Corail Bagatelle“oder „Pink Rêverie“ ...

Kiss, Kiss, Kiss: Frauoder Freundin freu-en sich (unabhängigvom Valentinstag)auch einfach mal soüber eine kleineAufmerksamkeit,liebe Männer. Etwaüber das brandneueund glänzende„Gloss Volupté“ vonYves Saint Laurent –mit einem Ap-plikator in Kuss-mund-Form. Gibt’sin 24 Farben undschmeckt köstlichnach Mango.

Keinen blassenSchimmer? Nix da.Wir wissen, wo ersteckt. Nämlich inder roséfarbenenSchachtel von Botte-ga Veneta. DasKörperpuder aus der„Bath Line“ mitwinzigen Gold-Mikropartikeln lässtsich mit der dazu-gehörigen Quasteprima nach einemBad auf der Hautverteilen und soll sieso zum Strahlenbringen. Und sieduftet dann ganzzart nach Eau deParfum.

HIER KOMMEN UNSERE KOSMETIKEXPERTEN ZU WORT

OUDENDLICH

David AlbrechtJunior-Chef derParfümerie Albrecht in Frankfurt

Oud ist kein Geheimtipp mehr,aber begehrt wie nie. Einstwertvoller als Gold gehandelt,ist er der traditionelle Duftstoffder arabischen Parfümerie. Vorzwölf Jahren tauchte er in Eu-ropa auf, doch die wenigstenwissen, dass er aus dem Harzdes von einem Schimmelpilzbefallenen Adlerholzbaumesgewonnen wird. Klingt nachRoquefort, polarisiert ähnlich,riecht aber gänzlich anders.Rauchig, markant und geheim-nisvoll. Großartige Düfte wie„Royal Oud“ von Creed oderByredos „Oud Immortel“, aberauch ganze Parfümlinien wieetwa „soOud“ von StéphaneHumbert Lucas huldigen derKostbarkeit. Arabischen Parfü-meuren muss man nicht zeigen,wie man das Beste aus dem„Wunderstoff“ herausholt:„Shahzada“ und „Misqaal“ vonTola erreichen höchste Qualität.Wer sich erst einmal heran-schnuppern möchte, könnteVersaces „Oud Noir“ versuchen.

NATURSCHÖN

Tanja BublitzGeschäftsführerinder ParfümerieBrückner inMünchen

Schon seit einiger Zeit suchenimmer mehr Kunden nach 100Prozent natürlichen, oftmalsveganen Produkten. Dabei gehtes nicht bloß um eine Lebens-einstellung, immer häufigerspielen Unverträglichkeiten eineRolle. Nun gibt es schon reich-lich Naturkosmetik auf demMarkt, eine Vielzahl an Zertifi-katen will Vertrauen wecken.Julius Eulberg verzichtet aufsolche Etiketten und verwendeteinfach ausschließlich biodyna-mische Heilpflanzenextrakte.Alle Präparate seiner MarkeJulisis basieren auf alchimisti-schem Wissen und folgen demfeinstofflichen Schwingungs-prinzip homöopathischer Es-senzen. Und das seit mehr alszehn Jahren. Unsere Haut istunser größtes Organ. Warumalso nicht Produkte verwenden,die ganzheitlich wirken?

STILISTEN

Zarte Stoffe in Pastell, Blüten-Details und zum Finale regnete es Rosenblüten (aus Papier).

Burberry-Chefdesigner Christopher Bailey huldigt mit seiner aktuellen Kollektion der

„English Rose“. Make-up-Kreativdirektorin Wendy Rowe assistierte mit dem gleichnamigen

Sommer-Beauty-Look. Wie dem Nagellack in „Sage Green“ (Salbeigrün). Die Kosmetik hat

in London nun auch eine eigene Boutique: „The Burberry Beauty Box“ in Covent Garden.

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Der Prophet ist noch nicht erreicht. Seit knappzwei Jahren tragen Männer mehr und mehr Bart.Okay. Doch bitte: Er sollte gepflegt werden.Darauf hat sich „Murdock London“ spezialisiert.2006 als klassischer Barbershop in London ge-gründet, werden mittlerweile auch eigene Pro-dukte in England angefertigt. Wie der „BeardMoisturizer“, der das Haar mit Aloe vera undMenthol erfrischt. Über murdocklondon.com

Bart Murdock

GleichberechtigungJa, Frauen mögen gepflegte Männerhaut. Und daauch die sich von der weiblichen unterscheidet (sieist dicker, öliger, enthält mehr Schweißdrüsen),braucht sie eine andere Pflege. Klar. Clinique hatseiner bereits bewährten Männerlinie „Clinique formen“ weitergearbeitet, sie um drei Produkte er-weitert und nun für jeden Hauttyp etwas im Pro-gramm. So wie Frauen es kennen.

Warum nicht Hightech mit Tradition verbinden? Dachtesich auch die Familien-Manufaktur Mühle aus demErzgebirge und schuf den „Mühle Edition No. 1“. DieSilberspitz-Borsten (übrigens: je heller die Spitzen,desto besser die Qualität) stammen vom Dachs, derGriff ist aus Karbon. Das „echt“ gute Stücke wird nur aufBestellung angefertigt.

Stil am Stiel

Schon Ernest Hemingway konnte einem guten Mojito nichtwiderstehen. Sein Credo: „Done by noon, drunk by three“.Aber warum den Cocktail aus Rum, Minze und Limette nurtrinken? Bei Malin+Goetz, einer kleinen, 2004 in New Yorkgegründeten Kosmetikmarke mit eigenem Shop in Chelsea,gibt’s einen (farblosen) pflegenden Lipbalm, der nach demCocktail schmeckt ... auch für Frauen (malinandgoetz.com)

Zum Knutschen

Der alten Rasierkunst ver-pflichtet fühlt sich das italie-nische Traditionshaus „Acquadi Parma“. Nicht nur in ihrerBoutique mitten in Mailand, inder die Italiener in einemschicken Separee noch einenBarbier beschäftigen. Für alleMänner, die es nicht in die ViaGesù 1 schaffen: Es gibt nuneine komplette Rasur- undPflegelinie, zum Beispiel beiLudwig Beck in München.Besonders empfehlenswert:das Rasieröl. Wenige Tropfengenügen, um die Haut schonwährend der Rasur zu pflegen.

Der Barbieraus Parma

Männer, die sich den Rasierschaum selbst anrühren? Ohja, das hat Stil (einstimmige Meinung der weiblichenRedaktionsmitglieder). Probieren Sie doch mal die „Wind-sor Shaving Cream“ (duftet nach Zitrus, Vetiver, schwar-zem Pfeffer) von D. R. Harris aus. Der Hoflieferant, 200Jahre alt und mit Stammhaus in der Londoner St. James’sStreet, weiß, wie es geht. Über muehle-shaving.com

Schaumschläger

Unterwegs mal schnell mitdem Lieblingsduft einsprü-hen? Doch worin sollte Manneinen Flakon mit sich herum-schleppen? Chanel schafftAbhilfe mit dem praktischenTaschenzerstäuber. Nicht nurdie metallische Hülle desMini-Flakons (20 ml) über-zeugt, sondern auch derInhalt von „Allure HommeSport Eau Extrême“ .

Für dieHosentasche

PSSSSt!Die Männer-Neulinge

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fümeure gibt. Doch Schön wollteirgendwann nur seiner eigenenNase folgen. Und genau nach so ei-nem suchte Jean-Marc Weiser,CEO im familiengeführten Kos-metikunternehmen La Biosthét-ique, das sein Vater Siegfried 2006von den Erben des Gründers Mar-cel Contier gekauft hatte, nachdemer in den Jahrzehnten davor schonder Lizenzinhaber für den deutschen Marktwar. „Wir suchten einen freien Parfümeur, dereinerseits unsere Produktpalette mit einemeinheitlichen Duft veredelt und andererseitsmit uns gemeinsam eine DNA für einen La-

Biosthétique-Duft entwickelt. Und da gibt esnatürlich nicht viele, die in der Liga von GezaSchön spielen.“ Ob beide Seiten, der kreativeFreigeist Schön, im T-Shirt und mit lässigemDreitagebart, und der visionäre Geschäfts-mann im korrekten Anzug Weiser, überhauptzusammenpassen würden, fanden sie schnellheraus: Zum „Beschnuppern“ organisierte derAlchimist einen Riech-Workshop. Die Chemiestimmte offenbar, denn beide sitzen nun amgroßen Tisch im Loft und halten knapp zwölfMonate nach ihrem ersten Treffen das Resul-

tat in der Hand: die über-arbeitete Haarpflegeserie„Cheveux Longs“, beste-hend aus acht Produkten,die nun „Schön“ duftet. Alles in allem eine unge-wöhnlich Herangehens-weise. Denn welcher Star-Parfümeur verleiht schoneinem Shampoo eine ei-gene Note? In Großkon-zernen geht es eher wie ineiner Legebatterie zu: EinParfümeur „beduftet“zehn Shampoos gleichzei-tig – für unterschiedlicheFirmen. Zeit und Muße?Fehlanzeige. Freiheit inder Wahl kostbarer Duft-stoffe? Unmöglich, manmuss auf die Kosten ach-ten. Geza Schön musstekeine Kompromisse ein-gehen. „Natürlich kannich einen Shampoo-Duftfür ein Fünftel des Geldesfinden, aber das ist an-strengend. Ich müsstetricksen und am Schlussriecht es wie alle ande-ren.“ Es seien nämlich im-mer dieselben Akkorde,die Sauberkeit assoziie-ren, meist starke Grün-

oder Frucht-noten. Schönwählte einenholzigen Mo-schus-Fond,eine Zutat ausder Feinparfü-merie. Ernimmt dieShampoo-Fla-sche, schnup-pert undschwelgt inder Komposi-tion: „Da istein bisschen

Jasmin- und Osmanthus-Absolue drin. Et-was Magnolienblütenöl in der Kopfnote,das gemeinsam mit den frischen, fruchti-gen Aspekten eine sehr eingenständigeNote ergibt.“ Weiser ist mit dem feinenund modernen Duft mehr als zufrieden.„Er wird uns die nächsten Jahre tragen.“Das nun ausgerechnet die gerade erst tech-nisch überarbeitete „Cheveux Longs“-Pfle-geserie für langes Haar (oder für jene Haa-re, die schneller wachsen sollen) mit demneuen Signature-Duft ausgestattet wurde,ist kein Zufall. Denn, klar, „gerade langes

Haar trägt den Duft eines Produktes viel in-tensiver und lang anhaltender als kurzes“, er-klärt Weiser. Gemeinsam haben die Männernoch eine ganze Menge vor. Bei knapp 350 un-terschiedlichen Produkten ...

an der Wand verschraubten Holzleisten rei-hen sich knapp tausend weiße Fläschchen, indenen sich seine Arbeitsmaterialien verber-gen. Die Rohstoffe. Schätze wie ein Rosen-oder Iris-Absolue stehen neben den alltägli-chen Ingredienzen und weniger kostbaren.„Platz brauche ich bloß für möglichst vieleStoffe. Nicht zum Mischen. Im Nachhineinwürde ich das Labor sogar noch kleiner ma-chen“, quittiert Schön den erstaunten Blickauf den kleinen Arbeitstisch. Und nein, er ver-bringt nicht alle Tage dort. „Dafür stinkt eshier drinnen viel zu sehr“, erklärt er lachend.Als einzige Tageslichtquelle und natürlichzum Lüften dient ihm eine Dachluke. Will eran seinen Rezepturen schnuppern, geht er aufden Flur. Ganz unprätentiös. Überhaupt: Geza Schön ist bekannt für seineexzentrischen Parfüms, die nichts mit demMassenmarkt gemein haben. Seine erfolg-reichste Eigenkreation „Molecule 01“ etwa be-steht nur aus einem einzigen Duftmolekül,

Es ist warm in der Hauptstadt. Ungewöhnlichfür einen Januartag. Ebenso ungewöhnlich istauch das Loft-ähnliche Apartment in Kreuz-berg, in dem Geza Schön lebt und arbeitet. EinGlaskubus, aufgesetzt auf einen schlichten60er-Jahre Bau. Der Rundum-Blick über Ber-lin ist beeindruckend. Aber noch interessan-ter ist die Wirkungsstätte des Alchimisten: dasLabor. Wenige Quadratmeter groß, im hinte-ren Teil des Lofts gelegen, beherbergt es ei-nen winzigen Schreibtisch, auf dem Präzisi-onswaage, Bechergläser, Pipetten stehen. Auf

dem ISO E Super. Für den Steidl Verlag entwi-ckelte er 2012 mit „Paper Passion“ ein Parfüm,das den Duft von Büchern nachempfindensoll. Ein Luxus, den sich der 44-Jährige mitt-lerweile herausnehmen kann, denn seit mehrals zehn Jahren arbeitet er als freier Parfü-meur. Nach dem Abitur in Kassel hatte er dasHandwerk zunächst bei Haarmann & Reimerin Holzminden (heute Symrise) erlernt undblieb dort zwölf Jahre fest angestellt. Was dieNorm ist in der Branche, in der es weltweitnur knapp 400 professionell ausgebildete Par-

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Das passt: Zum Relaunch der Pflegeserie „CheveauxLongs“ spendierte La Biosthétique einen neuen

Duft. Parfumeur Geza Schön durfte ihn kreieren,seine Auftraggeber Jean-Marc Weiser und Bruder

Felix sind zufrieden (ganz rechts)

BDurch die Nase ...

Ein Shampoo riecht, nun, wie Shampoo? Zu langweilig, befandder Kosmetikhersteller La Biosthétique und wandte sich an den

Parfümeur Geza Schön. Caroline Börger traf den Alchimistenund seinen Auftraggeber Jean-Marc Weiser im Atelier

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Mitglieder der Glitte-rati-Szene Venedigs –Künstler, amerikanischeExpatriats, Filmschaffende –hätten sich entleibt, wären sienicht zum glamourösesten undwichtigsten Ball des Jahres, dem „BalloVolpi“, eingeladen worden. Tempi passati.Heute leiden Mode-Journalisten, werden sie nicht zu den Schauen von Valentino eingeladen. Die Tickets gelten als„so hot“, weil die Kollektionen der letzten Sai-sons das Unmögliche schafften: Sie rührtensogar abgebrühte Fashionistas zu echten Trä-nen (wie uns die Valentino-Pressedame bei al-len Schutzheiligen Venedigs versichert).Der erste Ballo Volpi wurde 1932 vom Gründerdes ältesten Filmfests der Welt in Venedig,Conte Giuseppe Volpi di Misurata, ins Lebengerufen und tanzte in den 1980ern ins Aus.Nun ließ ausgerechnet ein Römer das rituelleGesellschaftsspektakel wieder aufleben. Stattder Lorens, Capotes und Guggenheims tratenKeira Knightley und Diane Kruger auf Einla-dung von Valentino ins Blitzlichtgewitter.Der Ball war Bühne für den wohl aufwendigs-ten Parfüm-Launch der letzten Jahre: denHerrenduft „Valentino Uomo“. Testimonial istder französische Schauspieler Louis Garrel(„The Dreamer“), der in den Anzeigenkampa-gnen einen eskapistischen Aristokraten gibt,der Rom bei Nacht erobert. La dolce vita 2014.Die Kreativdirektoren von Valentino, MariaGrazia Chiuri und Pierpaolo Piccioli, die dieMarke zu neuer Coolness hochgejazzt haben,holten sich einen der besten Parfümeure, umauch dem Duft zur Mode zum Höhenflug zuverhelfen: Olivier Polge. Der Sohn der Chanel-Parfümeur-Legende Jacques Polge hat unend-lich viele Best- und Longseller geschaffen, et-wa für Armani, Dolce & Gabbana, Balenciaga,Bulgari, Burberry, Yves Saint Laurent, JimmyChoo. Uschka Pittroff traf ihn auf der Tanzflä-che beim Ballo Volpi und am Morgen danachim Garten des schönen Hotels „Cipriani“.

Herr Polge, mit „Valentino Uomo“ haben Sieein Parfüm entwickelt, das dem gängigen Fri-sche-Trend bei den Herrendüften komplett zu-widerläuft. Wie kommt’s?Oh ja, das stimmt. (lächelt verschwörerisch)

Es ist opulent, ein großer Auftritt. Warum?Der Trend geht eindeutig zu diesen sportiven,frischen Düften. Aber italienische Männermögen holzige Nuancen. Und ich glaube, esgibt auf der Welt Raum für ein neues Duftpo-tenzial. Ich wollte ein spezifisches Statementsetzen und nicht mit der Masse gehen.

Täuschen wir uns oder hat Ihre Kreation auchetwas durchaus Feminines, eine süße Beinote?Sie sind nicht die erste Frau, die mir das sagt.Und viele Frauen sind ganz wild darauf, weilsie gerne Herrendüfte tragen. Aber warumsoll eine süße, schokoladige Note nicht zu ei-nem handfesten Herrenduft passen?

Welchen Typ Mann hatten Sie im Sinn, als Siesich an die Arbeit machten?Meine Arbeit ist bei Weitem nicht so roman-tisch, wie man sich das vorstellt. Ich bin keinfreischaffender Parfümkünstler, der schnüf-felnd durch Paris flaniert auf der Suche nachInspirationen. Ich habe einen Bürojob wie einBuchhalter oder Architekt und bekommekonkrete Aufträge. Man muss den Mechanis-mus verstehen, wie so ein Parfüm entsteht. Da

gibt es den Auftraggeber Valentino und dieKreateure von IFF, der International Fragran-ce Foundation, meinem Arbeitgeber. Dazwi-

schen vermittelt die Firma Puig, also dieDistributeure. Das hat nichts Träumeri-

sches, sondern ist sehr sachlich undreal. Mein Briefing kam von allen

dreien: Man zeigte mir zunächstBilder italienischer Schau-spieler aus den 50er-Jahren,Filmausschnitte mit Marcello

Mastroianni, Typen wie aus „Ladolce vita“. Es ging um das Flair je-

ner Männer, die stets exzellent geklei-det waren und beste Manieren hatten.

Das klingt sehr „retro“, was auch so ein zeitge-nössischer Trend ist. Der Flakon aber beziehtsich auf die letzten, sehr erfolgreichen Valenti-no-Kollektionen mit ikonografischem Nieten-Design, eher cool als klassisch.Ich habe das eher konzeptionell gesehen, alseine Art Evolution, sowohl inhaltlich von derStory her als auch visuell.

Das klingt sehr abstrakt.Im Mittelpunkt der Valentino-Parfümstorysteht Rom, eine Stadt, die Gestern und Heuteverschmilzt. Es geht also darum, die Idee oderein Konzept von etwas olfaktorisch umzuset-zen. Nehmen Sie meine Heimat Paris. Ichkönnte dort nie den Duft der Stadt einfangen,weil bereits morgens eine so hohe Luftver-schmutzung herrscht, dass die Stadt nichtnach Magie riecht, sondern stinkt. Ich aberversuche, einen magischen Geist zu schaffen,der in eine Parfümflasche kommt. Ein Parfü-meur kann Originaldüfte wie beispielsweisedie von bestimmten Blumen nicht nachma-chen. Er arbeitet nicht so. Den exakten Dufteines bestimmten Ortes nachzubauen – dasist unmöglich. Statt zu reproduzieren, arbeiteich mit Versatzstücken, also Duftbausteinenwie Patschuli oder Iris, um mich der Inspirati-on zu nähern.

Dauert so etwas lange?Ja, in diesem Fall zwei Jahre.

Wo liegt Ihre Herausforderung?Darin, dass es viel zu viele Parfüms gibt. Unddass der Mensch dazu tendiert, nur zu mögen,was er bereits kennt. Für meinen Geschmackgibt es viel zu wenig Innovatives.

Sie arbeiten also konzeptionell?Aber nein, Intuition ist alles!

Keine Sache der Chemie?Wenn wir vom technischen Aspekt ausgehen:Man kann Duftkomponenten nicht manipu-lieren. Man kann die Stärke von Patschulinicht minimieren, wenn man sie zum Beispielmit zarter Iris kombinieren möchte.

Funktioniert Parfüm kreieren so wie die Liebe?Versuch und Irrtum?Ja. Es gibt keine Regeln. Jedes Parfüm hat sei-ne eigene, ihm innewohnende Logik. Manstartet bei jedem neuen Duft immer wiederbei null. Man hat, sagen wir, 200 Ingredien-zen, aber wie die unterschiedlichen Elementemiteinander reagieren, ist nicht planbar. Alles,was man tun kann, ist zu versuchen, immerwieder ein neues Level zu erreichen.76

Rauschder Nacht

Wenn die Valentinos zum Ballbitten, dann darf man sichbetören lassen. Vom Ort. Vom Tanz. Vom Duft

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From Rome with love: Luis Garrel, das Gesicht derValentino-Uomo-Kampagne. Unten: Olivier Polgeist der Parfümeur des neuen Valentino Duftes

VALENTINO

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Balenciaga mied Öffentlichkeit. Er war nichtschüchtern, aber wollte es einfach nicht.Oh, ich wünschte, heute würden die LeuteKünstlern erlauben, einfach nur ihr Ding zumachen. Zu leichtfertig werden einem Etiket-ten aufgeklebt. Fans ruinieren sich manchmalgeradezu selbst, wenn sie keine Geheimnissemehr zulassen. Kann das Scheinwerferlicht zuheiß werden, die Rose verbrennen? Man mussdie Balance finden, den Schatten. Ich bin Per-fektionistin, wenn es um meine Arbeit geht,besonders in emotionaler Hinsicht. Ichwürde nie schlafen, wenn nötig. In einemkünstlerischen Beruf geht es da-rum, Energie aus sich herauszu-drücken, wie aus einemSchwamm. Aber das ziehtauch die Kraft. Man mussselbst entscheiden, wie vielman abgeben kann. Ichhabe Glück, ich sehemeine Arbeit nicht alsGeschäft. Ich binnicht so die Kapi-talisiererin. IG

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eingerichtet. Ich habe es seit drei Jahren, willes aber langsam angehen, nur die Dinge zu-sammentragen, die mir etwas bedeuten. Dieeine Geschichte haben für mich. Ich habe kei-nen exklusiven Geschmack und kann mirschlecht vorstellen, in ein Geschäft zu gehenmit der Überlegung: ‚Huh, ich muss meinWohnzimmer dekorieren.‘ Oder etwas findenzu müssen. Ich habe gern mein Zeugs ummich, nichts Fremdes. Wesentlich ist ein schö-nes Bücherregal mit meinen Büchern, das isttoll. Wahrscheinlich sieht das Haus aus wieich. Wenn Sie durchgehen, erkennen Sie michüberall.

Welt. Aber zu Hause mag ich nur Kunst habenvon Menschen, die mir nahestehen. Ich habeeinige Skulpturen und Bilder von Freundenund Verwandten, ich brauche den persönli-chen Bezug. Mag alles, was Emotionen auslöst.

Rosen, die eine wichtige Rolle im neuen Duftspielen, sind bekanntlich sehr schön, habenaber auch Dornen. Würden Sie sich damit ver-gleichen?Ich hätte nichts dagegen.

Auch mit der stacheligen Seite?Ich will sicher nicht, dass Leute mich nicht er-

tragen können. Aber ich habe einen star-ken Sinn für Schutz, ich behalte gern dieKontrolle darüber, was ich an mich heran-lasse. Manchmal wäre es ganz hilfreich,Dornen zu haben. Die Rose ist ein schönesSymbol. Sie ist nicht nur lieblich, sondernauch dunkel.

Nicolas Ghesquière ist nicht mehr da, er hatdas Haus Balenciaga verlassen, ist jetzt gewis-sermaßen Chefeinrichter im Maison LouisVuitton. Doch der Garten, den er angelegt hatim Jahr bevor er ging, ist noch da. „Florabota-nica“ hieß das Parfüm, das er dort wachsenließ. „Mit dem Duft wollte ich das Paradoxondes Schlichten und gleichzeitig Mysteriösentiefer ergründen“, schrieb er. Und weiter: „Voreinigen Jahren habe ich die ‚Floral Collection‘geschaffen. Diese Kleider waren mit Blumenbedruckt, aber diese Blumen waren wedercharmant noch romantisch. Sie verliehen derSilhouette ihre Struktur. Ich wollte, dass dieBlumen in diesem Duft diegleiche Idee verkörpern.“ Nunblühen in seinem alten GartenRosenstöcke. Wieder habendie Meisterparfümeure OlivierPolge und Jean-ChristophHérault sie geerntet und einneues Elixier namens „Rosabo-tanica“ gezaubert. Gebliebenist auch Kristen Stewart, derGarten scheintihr zu gefallen.Und vor allemumgekehrt. Sieist eine magischePerson, das kannman so sagen. Siehat eine erstaun-liche Aura für ei-ne 23-Jährigeund wirkt nurauf den erstenBlick verzickt.Sie hat durchausetwas von derBella in der„Twighlight“-Sa-ga, die sie welt-berühmt machte, auch wennsie bereits mit acht Jahren ineinem Disney-Film auftratoder in David Finchers „Panic Room“ das Gru-seln lehrte. Sie ist schmal, zart, blass und zu-gleich enorm präsent und anmutig. „Ich warsofort von ihr begeistert, als wir uns vor eini-gen Jahren kennenlernten“, schwärmte dennauch Nicolas Ghesquière, der eine ähnlicheöffentliche Zurückhaltung schätzt wie dieSchauspielerin. Er habe sie nicht vergessenkönnen, und als es darum ging, die richtigeWerbefigur für einen Balenciaga-Duft zu fin-den, fiel die Wahl direkt aus: „Sie ist die per-fekte Verkörperung einer ganz speziellen Ideevon Balenciaga: Schönheit ist sowohl rein alsauch unkontrollierbar.“ Ihre Kraft scheintnach innen gekehrt. Dort gibt es etwas zu ho-len. Talent. Aber auch überlegte Antwortenzum Beispiel. Nun wurde es Zeit, über Rosenzu sprechen. Selbst am Telefon ist sie mit ih-rer leisen Stimme fast irritierend präsent.

Lassen Sie uns über Geheimnisse sprechen. Ha-ben Sie einen Ort, an dem Sie sich verstecken?Wenn ich sehr viel unterwegs war bei Drehar-beiten und in der Welt, bin ich sehr, sehrglücklich, wenn ich in mein kleines Haus inLos Angeles zurückkehren kann.

Haben Sie es selbst eingerichtet?Ja. Und nein. Denn es ist noch nicht so viel

Sie gilt als der Punk unter den jungenHollywoodschauspielerinnen. Man solltedas nicht falsch verstehen. Kristen Stewartist nur kein Darling-Girl. Sie hat Stil, aberumsurft die Glamour- Gesetze derBranche klug und eigensinnig. Auchdeswegen ist sie die Werbefigur fürBalenciaga. Das ist ja auch keineMainstream-Marke

INTERVIEW

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DEAN

Bouquet im Flakon: „Rosabotanica“ duftet nach einem Akkord von Rosen, Hyazinthen und Kardamom

Die wilde Rose

Das heißt, es ist jung, smart und distanziert?Und ein Raum High Fashion, der andere ganzKalifornien-leger?So ähnlich. Ich habe zwei Zimmer, die direktnebeneinanderliegen. Das eine ist für dieBusinessfrau, das andere für, nun ja, meinekindliche Seite.

Wie ist es mit Blumen? Wahrscheinlich bekom-men Sie ständig riesige Rosen-Bouquets vonVerehrern?(Kehliges Lachen) ...

Haben Sie gern Blumen im Haus?Nicht wirklich, denn ich habe ganz und garkeinen grünen Daumen. Bin damit gar nichtaufgewachsen. Wenn Leute mir Blumenschenken, dann denke ich: wie nett. Aber ichverstehe nicht, was es soll. Unangenehm ist es,wenn sie nicht meinen Geschmack treffen.Was mache ich dann damit?

Sind Sie eher an Kunst interessiert? SammelnSie etwas?Ich gehe sehr gern in Museen überall auf der

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oy“! Dieses legendäre Parfüm vonJean Patou, das in seiner Original-formel in der Versailler Os-mothèque, dem größten Archivder Düfte, bewahrt wird, erzählt ei-ne der erfolgreichsten Geschich-ten der Parfümbranche. Wobei eingroßer Anteil an dem Hype zu-nächst wenig mit dem goldenschimmernden Elixier selbst zutun hatte. Ob Übersetzungs-„feh-ler“ oder gewollt eindeutige Inter-pretation, die provokante Werbe-aussage „Das teuerste Parfüm derWelt“ machte „Joy“ berühmt. Da-bei stammte es weder von Mon-sieur Patou selbst, noch war „leparfum le plus cher“ ursprünglich

so eindimensional gemeint. Im Französischenist es ein Wortspiel, was nicht nur „das teuers-te“, sondern auch das „mir am teuersten“ be-deuten kann. Elsa Maxwell, die Urmutter derBoulevardjournalisten, die größte Klatschtan-te ihrer Zeit, heute würde man wohl Marke-tinggenie dazufügen, prägte die Aussage. Undso ist „Joy“ im Jahr 2014, fast ein Jahrhundertnach seiner Entstehung, nicht nur der Urkom-position wieder ähnlicher, sondern noch im-mer einer der beliebtesten Düfte der Welt.Ewige Nummer zwei in den Verkaufscharts,nach Chanel NO 5. Eine Konkurrenz, die schondie Modeschöpfer Jean Patou und Coco Cha-nel selbst zeitlebens intensiv pflegten. Derperfekte Gentleman Patou stand dabei immerim Schatten von Coco Chanel, obwohl er „inder Vielfalt – von Sportmode, Tageskleidungund glamourösen Roben – und der Mannigfal-tigkeit der Schnitte kreativer war als GabrielleChanel“, so Ingrid Loschek in ihrem Lexikon„Modedesigner“. Wer weiß, wo die Mode vonJean Patou (1987 musste das Couturehaus end-gültig schließen) heute stünde, wäre er nicht1936, im Alter von 56 Jahren einem Herzversa-gen erlegen. Unter Umständen oder aus Grün-den, die bis heute nicht eindeutig sind.1880 geboren, hatte Patou 1912 das Damen-und Pelzmodengeschäft „Parry“ in Paris eröff-net. Er war erblich vorbelastet: Sein Vater warLedergerber, sein Onkel besaß ein Pelzge-schäft. Seine erste Kollektion, in der er unteranderem ein Smoking-Kostüm vorstellte,wurde komplett von einem New Yorker Ein-käufer aufgekauft. Der Erste Weltkrieg been-dete die Ambition. „Der eleganteste Mann Eu-ropas“, wie ihn die amerikanische Pressenannte, einer der feinsinnigsten Männer sei-ner Zeit, wurde einberufen und diente alsHauptmann der Zuaven, einer Eliteeinheit7 8

Wer kauft schon den Duft eines Couturiers? Ätzte einstModeschöpfer Paul Poiret. Susanne Opalkas süffisanteAntwort darauf: Neunzig Jahre nach seiner Vorstellung ist„Joy“ von Jean Patou noch immer die Nummer zwei weltweit!

Eaude an die Freude

JJStern im Universum: Ein Werbeplakat für„Joy“ aus den 30er-Jahren, damals galt es alsdas kostbarste Parfüm aller Zeiten. Oben: einEtikett des Couturiers

Formvollendet: Der Modeschöpfer Jean Patou galt als Gentleman. Dane-ben: ein Kostüm des Franzosen von1961 und ein Kleid von 1963. Ganzrechts: Der Designer mit sechs Manne-quins auf einem Kreuzfahrtschiff 1924

MARKENGESCHICHTE

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der Infanterie. Doch selbst die Jahre der Gräu-el konnten seine Visionen, seine Leiden-schaft, nicht zerstören. Und so eröffnete er be-reits 1919 sein erstes Maison de Couture untereigenem Namen in der Rue St Florentine. Vie-le Ideen, die man heute ausschließlich mitChanel verbindet, stammen ebenso von Patou.Bereits 1921 stattete er die berühmte Tennis-spielerin Suzanne Lenglen aus und entwarfeinen skandalösen Dress für Wimbledon: ei-nen weißen, erstmals nur die Knie bedecken-den Faltenrock, dazu einen ärmellosen Cardi-gan. So sportlich seine Tageskleidung ausJumpern und Blusen, so raffiniert waren sei-ne Abendroben mit kompliziertesten Sticke-reien. Patou war es, der die tiefe Taillierungder Abendkleider beendete und damit den an-deren Couturiers rund drei Jahre zuvorkam. Ausgeprägt war ebenso sein Sinn für Wer-bung. Er war einer der Ersten, die ihre Initia-len als Markenzeichen einsetzten, überallprangte sein JP. Er ließ Abteilungen für Reiseund Sport in passendem Ambiente einrichten,„Coin des Sports“ genannt; es gab sogar eineAngel-Abteilung mit allem Zubehör. Mode alsLifestyle – lange bevor ein Ralph Lauren diesin Perfektion umsetzte. 1924 vervollständigte er sein Patou-Univer-sum mit den ersten Düften. Er ließ drei ver-schiedene Essenzen komponieren, die als Odean drei Frauentypen, an ihren Teint und ihrHaar zu verstehen waren: „Que Sais-Je?“ fürBlondinen, „Amour Amour“ für Brünette und„Adieu Sagesse“ für Rothaarige. Eine Idee, diedie Vermarktung entscheidend veränderte.Üblicherweise waren Düfte aus einem Mode-haus nämlich nicht für den Verkauf gedacht,sondern als Geschenk, wurden als Aufmerk-samkeit nur den besten Kundinnen über-reicht. Paul Poiret, der wohl erfolgreichsteModeschöpfer jener Zeit, prägte 1911 den Aus-spruch: „Wer kauft schon einen Duft einesCouturiers.“ Um später dann selbst mit „Par-fums de Rosine“ als Begründer der „Designer-düfte“ gehandelt zu werden. Jean Patou wolltejedoch früh auch jene an seiner Welt teilha-ben lassen, die sich keine Couture leistenkonnten. So produzierte das Haus bereits sehrerfolgreich ein Öl, „Huile de Chaldée“, einBräunungsprodukt, das an „Ferien der Schö-nen und Reichen“ erinnern sollte. Sein war-mer Duft, der sich erst in der Sonne entfaltete,wurde so populär, dass kurz darauf das „Eau deChaldée“ auf den Markt kam.Bereits Mitte der 20er-Jahre gab es Patou-Pu-der, Patou-Lidschatten, -Seifen und -Lippen-stifte, darunter der berühmte „Le Lift“, fürden Cartier die luxuriöse Hülle gestaltete. Unddann, 1929 auf einer Tour in Grasse, kam Patoubeim Parfümeur Henri Almèras eine Idee.Ausgerechnet als die Welt von der schwerstenWirtschaftskrise erschüttert wurde, der Bör-sencrash in den USA den französischen Mode-häusern die besten Kunden raubte und auchdas Haus Patou am Rande des Ruins stand,ließ er sich von einer Komposition aus denkostbarsten Rohmaterialien überhaupt be-geistern. Auf Patous Ausruf „Wundervoll!“,soll Henri Almèras geschnaubt haben: „Natür-lich ist es wundervoll, aber Sie können esnicht verkaufen, es ist zu teuer, der Preis istunerschwinglich.“ Doch an Verkauf dachte Je-an Patou ja auch gar nicht, zumindest nicht so- 7 9

Seiner Zeit voraus:Jean Patou beendeteJahre vor den ande-ren Couturehäuserndie tiefe Taillierungder Abendkleider

fort: Er ließ 250 Proben herstellen und an dieprominentesten amerikanischen Frauen undKundinnen verschicken. Eine Aktion, um denfinanziell gebeutelten Freunden in schwerenZeiten ein wenig Freude, „Joy“, zu schenken.Kaum waren die Flakons in den USA ange-kommen, gingen die Nachbestellungen ein,und Elsa Maxwell prägte 1930 den berühmtenVerkaufsslogan „the costliest perfume in theworld“. Was damals 40 Dollar für eine UnzeParfüm bedeutete. Ein Preis, den bis dahinniemand gewagt hatte für einen „Over-The-Counter“-Duft zu verlangen. Der Rest ist Par-fümgeschichte. Und noch heute sind rund10.000 Blüten Grandiflorum-Jasmin und 28Dutzend der bulgarischen Damaszener Rosenötig, um eine Unze oder 30 ml herzustellen.Immer noch eins der kostspieligsten Konzen-trate, die in der Haute Parfumerie verwendetwerden. Auch wenn es nicht mehr der teuers-te Duft auf dem Markt ist, selbst nicht im Bac-carat-Flakon zu etwa 1200 Euro.87 verschiedene Düfte hat das Haus in seinerGeschichte hervorgebracht, darunter die bei-den anderen Ikonen „1000“ und „Sublime“von Jean Kerléo, der auf Henri Almèras folgteund von 1967 bis 1998 Haus-Parfümeur von Je-an Patou war. In die Ära von P&G Prestige alsEigner und Jean-Michel Duriez als In-House-Perfumer (2001 bis 2011) fallen zwar einigeherrliche Neuheiten wie „Sira des Indes“ und„EnJoy“, doch die Marke Jean Patou verlor anAufmerksamkeit, an Glanz und Relevanz. 2011gab es genau noch sechs Patou-Düfte auf demMarkt. Behutsam wollen nun die Besitzer vonDesigner Parfums Ltd. aus London (denenauch Worth und Scherrer gehören) mit demHausparfümeur Thomas Fontaine das legen-däre Dufthaus wieder zu den Wurzeln führen.Als erste Aufgabe rekonstruierte und refor-mulierte Fontaine, der ein Schüler der Legen-de Kerléo ist, „Joy“, „1000“ und „Sublime“.Heute werden alle Düfte wieder in Frankreichhergestellt. Das Konzentrat wird in Grasseproduziert, das Glas kommt von VerreriesBrosse aus der Normandie, wo auch die Fla-kons gefüllt werden. Danach durfte Fontaine„Chaldée“ von 1927, „Eau de Patou“ von 76 und„Jean Patou pour Homme“ wiederbeleben.Für dieses Jahr sind drei weitere Lancierun-gen aus der schillernden Vergangenheit ge-plant. Noch ist geheim, welche es sein werden,aber „Le Sien“ und „L’Heure Attendue“ von 29und 46 müssen bitte dabei sein!Thomas Fontaine, der sich von Geschichte,Musik (er ist auch Baritonsänger) und „Cui-sine“ inspiriert fühlt, hat im vergangenenHerbst zudem eine neue Komposition vorge-stellt: „Joy Forever“ – im ikonenhaften Jean-Patou-Kristallflakon, 1930 entworfen von denArt-déco-Designern Louis Süe und André Ma-re. So bezaubernd sie ist – die „Patounade“ mitmodernem Twist –, eigentlich wäre es nichtnötig gewesen. Die Freude an diesem großar-tigen Werk, das trotz Jasmin, Rose, YlangYlang und Tuberose niemals mit blumig zubeschreiben ist, währt ohnehin ewig: „Joy“riecht einfach „zutiefst wundervoll“, wie esParfümkritiker Luca Turin ausdrückt. Die Fra-grance Foundation ehrte es 2000 als „Duft desJahrhunderts“. Vor Chanel NO 5. Jean Patouhätte sicher eine Freudenträne vergossen,ganz Gentleman, natürlich dezent.

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„Joy Forever“ ist die neueste Kreation und duftet wie der Klassiker„Joy“ nach der „Patiounade“

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Wenn Charlotte Birnbaum übers Kochen schreibt und spricht, ist das jenseits von leichter, laber, Lafer.In „Paulas Juwelen“ schwingen Lord Byron und Marlene Dietrich den Löffel. Und Marcel Duchampseine selbst kreierte Schokoladenmühle. Andreas Tölke ist begeistert. Wir baten Benno Kraehahn umein Foto und Christa Näher um Illustrationen

Charlottes Preziosen

Köchin, Kunsthistorikerin, Auto-rin: Charlotte Birnbaum widmetihr viertes Kochbuch „PaulasJuwelen“ kulinarischen Streifzü-gen durch das Jahr (Verlag derBuchhandlung König)

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Liebes deutsches Fernsehen– wir hätten da mal eine totalverrückte Idee: Macht dochmal was mit Kochen. Liveund mit tollen, jungen Meis-tern am Herd ... Okay, warnur ein Witz. Ganz andersgedacht fragen Sie sich be-stimmt, warum ausgerech-net in ICON, so ungefähr derletzten rezeptfreien Zone inden deutschen Medien, eineKochbuchautorin so vielRaum bekommt. Vor allem,wenn die durchschnittlicheVerweildauer in deutschenKüchen unter 15 Minuten proTag liegt. Also gerade dieZeit, die man für das Karbo-nifizieren einer Tiefkühlpiz-za braucht. Aber CharlotteBirnbaum, 53, kreiert nichteinfach irgend-was zum Na-schen. Ihre Bü-cher, besonders„Paulas Juwe-len“, das aktuellerschienen ist,sind kleine, un-terhaltsameKunstwerke mitTiefgang, allesamt wunder-vollst illustriert von derKünstlerin Christa Näher. So ist ein Aperçu von DameBirnbaum wie Gerichte „er-funden“ werden: „Am 23.September 1950 besuchtContessa Amalia Nani Moce-nigo ihr Stammlokal ,Harry’sBar‘ in Venedig. GiuseppeCipriani, Chef des Hauses,bringt der Gräfin, die einerstrengen Diät wegen kaumetwas essen kann, hauch-dünne Scheiben rohen Rin-derfilets. Der Carpaccio wargeboren“, schreibt CharlotteBirnbaum. „Was sind letzt-lich wichtigere kulturelleErfindungen als diese, wieviele Gedichte oder Bilderhaben der Menschheit ge-nauso viel Freude ge-bracht?“, stellt sie sich undihren Lesern die (rhetori-sche) Frage.Liebste Charlotte – solcheStatements werden das Fa-

milienleben aber arg beanspruchen! Dennman muss wissen: Herr Birnbaum ist in derKunstwelt einer der wichtigsten Vor- und Mit-denker. Daniel war eine Dekade Rektor derStaatlichen Hochschule für Bildende Künstein Frankfurt am Main, er war 2009 Direktorder Biennale Venedig und ist aktuell Chef imModerna Museet in Stockholm. Und die Gattinerdreistet sich zu fragen, ob Bilder Menschenso viel Freude gebracht haben wie ein simplesCarpaccio. Come on!Essen jenseits von einfacher Nahrungsaufnah-me kann durchaus überbewertet werden –oder, Frau Birnbaum? „Es geht um die Insze-nierungen, die Freude bereiten und die sich in

einem kulturellen Kontext entwickeln, ausdem sie sich bestenfalls befreien können, weilsie als Gericht einfach unschlagbar sind“, ver-teidigt sie die kunstvolle Lust am Essen. Undwas sie einfach zum Umarmen sympathischmacht: Ihr Maßstab in den Büchern sind nichtdie Köche! Es sind die „Meisteresser“ – so beti-telt die Blonde aus Schweden Gourmets wiePeter Kubelka. Dieser Mann, Österreicher,Künstler, Filmemacher und außerdem geseg-net mit einem Leib zum Füllen, hat sich lautCharlotte: „... durch Speisekarten ganzer Re-gionen mit Neugier und großer Konsequenzdurchgegessen.“Eine fantastische Wortwahl, keine Frage. Hörtsich an wie ein ungedopter Jan Ullrich nachder Tour-de-was-auch-immer. Endlich je-mand, der sich um die kümmert, die am Tischsitzen. Birnbaum zitiert Marcel Duchamp (das

ist der, der ein Pissoir kopfüber an die Wandgehängt zu Kunst machte): „Der Betrachterdes Kunstwerks bringt mindestens die Hälfteselber mit.“ Vom Kunstwerk, meint er, undmacht den Betrachter damit zum gleichwerti-gen Spiegel der eigenen Kreativität. Das findeteben auch Charlotte, die Kunstgeschichte stu-diert hat, wenn es um das Mahl der Luxusklas-se geht. Und sie erlaubt sich mit dieser Hal-tung einen lebendigen Widerspruch: Die Kö-che sind jetzt plötzlich doch die Künstler.Doch Birnbaum löst diesen Widerspruch ele-gant, indem bei ihr die Köche eben Künstlersind, die zu Köchen werden, und nicht umge-kehrt Köche, die zu Künstlern werden.Am eindrücklichsten deutlich wurde dasbeim Dinner zu ihrem zweiten Buch „Paste-ten Pasteten Pasteten“. Auf einem Schloss na-he Frankfurt fand sich eine kunstbeflisseneGesellschaft ein. Die Tafel war lang, CharlotteBirnbaum in Yves-Saint-Laurent-Vintage ge-hüllt; sie erklärte begeistert, dass „im 18. Jahr-hundert die Speisen an den Gästen vorbeige-tragen wurden“. Die Gäste applaudierten beiden opulenten Kreationen und waren zu – ex-cusez – vollgefressen, um zu probieren. DieSpeisen wurden einfach entsorgt. Das aller-dings war dann den Abend in Frankfurt nichtdas eigentliche Thema. Es wurde gegessen,was auf den Tisch kam. Darunter waren Krea-tionen von Tobias Rehberger, der im gleichenJahr für sein durchgeknalltes Café auf derBiennale mit einem Goldenen Löwen ausge-zeichnet wurde. Pausbäckig und fröhlichreichte der Künstler den Abend in Frankfurt

Reh. Ein Schelm, wer Blödes dabei denkt.Inszenierung zählt. Es gab also nach dem Din-ner ein Tischfeuerwerk, das auf ein Gemäldeam Ende der Tafel übersprang. Das Bild gingin Flammen auf, entwickelte ein Feuerwerk,das in den Park übersprang und dort explo-dierte. Aber rückt das Gericht bei so viel Pipa-po nicht sehr in den Hintergrund, Frau Birn-baum? „Warum? Weil es zu einem Teil einerInszenierung wird?“, fragt sie zurück.Sie fragt das zwei Jahre nach dem FrankfurterDinner in einer Küche in Berlin. KlassischerAltbau nahe Schloss Bellevue. Die gemeinsa-me Freundin präpariert das Abendessen füralle. Hunde toben, Kinder quieken und Char-lotte Birnbaum verbreitet Angst. Also bei derHausherrin, die sich kaum traut, in der Näheeiner solchen Foodista ein Salatblatt in dieHand zu nehmen. „Kochst du gerne, Charlot-te?“ Eine späte, platte Frage, die aber gestelltwerden muss. „Ich bin gerne in der Bibliothekund lese und recherchiere“, antwortet sie.Und lacht, hat das Kind der Freundin auf demSchoß, das noch viel lauter lacht, weil der klei-ne Prinz die Lizenz zum Tatschen hat. Näm-lich die Turmfrisur von Charlotte Birnbaum.Die hohen Haare, die so nostalgisch erschei-nen, sind Markenzeichen der Schwedin. Char-lotte beugt ihr Haupt vor dem Wonneprop-pen, und beide scheinen ein großes Vergnü-gen bei der Haarspalterei zu haben. Derweildie Hausherrin nach der ausweichenden Ant-wort deutlich entspannter kocht. Charlotte,wie meistens in einer Kreation ihrer Lieb-lingsdesignerin Hanna Willer aus Frankfurt,gesteht auf die Frage, ob sie denn alle Gerichteim Buch auch gekostet habe: „Das Eichhörn-chen nicht.“ Nicht wegen kultureller Vorbe-halte, dass in Europa etwa ein Stück Schweinauf dem Teller besser sei als eine Scheibe Gol-den Retriever, wie die amerikanische Psycho-login Melanie Joy es formuliert. Diese Frageist Charlotte eher schnuppe, es hat mit demEichhörnchen einfach nicht geklappt. „Bevorich verseuchte Hühner aus Legebatterien aufdem Teller liegen lassen muss, würde ich eherzu Wild greifen“, sagt sie.Aber es geht nicht so sehr um aktuelle Ernäh-rungsfragen, es geht um Spurensuchen undPoesie. Um Völlen und Fasten im Verlauf desJahres, Sommergemüse und Winterspeck –Charlotte Birnbaum macht Essen lesbar. Re-zepturen fangen mit Anekdoten wie: „Heuteim Jahr 1908 wurde Simone de Beauvoir, dieSchokolade liebte, geboren. Diese Torte ist fürsie“, heißt es für den 9. Januar. Alfred Hitch-cock bekommt gerade mal eine Leberwurst abund Maria Callas nicht mal die. Von der Pri-madonna Assoluta findet sich ihr Gewichts-protokoll mit den zugehörigen Rollen. Gio-conda: 92 Kilo; Elisabetta: 64 Kilo. Auch das ei-ne Geschichte des Essens.Die Mahlzeit steht nun übrigens auf demTisch. Ein leichter Salat mit warmem Ziegen-käse und dann Tagliatelle mitfrisch gehobelter Trüffel.Charlotte ist begeistert, dieGastgeberin final tiefenent-spannt. „Essen macht ebenglücklich“, meint der Ehren-gast aus Stockholm. Undnicht nur Essen, auch das Le-sen von Geschichten darüber.Charlotte Birnbaums Bücherbeweisen es.

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Kunst trifft Küche:„Paulas Juwelen“wurde mit kleinenZeichnungen von der KünstlerinChrista Näher verziert

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LONDON, England.Katharina Flohr, Kosmopolitin. Kleid mit Blumenapplikation: John Rocha. Hut mitSpitzendetail: PhilipTreacy. Pumps: ValentinoVintage. Kette, Ring undOhrstecker: Fabergé.Tochter Sophia Flohrineinem Blütenkleid undHut von John Rocha.Kette und Ring: Fabergé.Gummistiefel: Hunter.Ledershopper: „Epi Neverfull“ von Louis Vuitton

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Von London bis Qamea – wir reisten in 80 Tagen um die Welt und trafen dabei auf Kosmopoliten,Extremsportler und Schauspieler. Und baten sie bei der Gelegenheit auch gleich, sich kurz umzuziehen

AROUND THE WORLD

Foto: Giovanni Zaccagnini / Produktion & Styling: Bernard Werkmeister, Assistenz: Juliane Kahl und Philipp Meichsner / Haare & Make-up: Helen Anderson, Jeffrey Paul, Lisa Matson, Louise Moon, Michaela Kireta, Renata Traupe, Tine Waldenfels / Mit Dank an gernreisen.de und hauser-exkursionen.de

DELHI, Indien. Tikka Singh, „Head Representative" für Asien von LVMH. Sakko und Hose: Raghavendra Rathore. Sakko Knöpfe: eine Anfertigung von Cartier.Einstecktuch: Etro. Socken: Falke. Schuhe: Berluti. Unten links: Rushhour in Chandni Chowk. Unten rechts: Die Jama Masjid Moschee in Chandni Chowk

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LOS ANGELES, Kalifornien. Jaimie Alexander, Schauspielerin. Abendkleid mit Glasgoldapplikationen: Escada. Clutch aus Pythonleder: Bally8 4

LOS ANGELES, Kalifornien. Robbie Rodgers, Fußballer beiLA Galaxy. Anzug: Brioni. Uhr: Junghans Max Bill. Schuhe:Nike. Kleines Bild oben: Paramount Studios in Hollywood.Darunter: Skyline von Los Angeles

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OMAN. Matty Wainwright (links): Hoodievon Longo Cashmere. Badeshorts: Vilebre-quin. Farrah Diba (Mitte): Shirt von DJDispensary. Shorts: American Outfitters.Brendon P. (rechts): T-Shirt von SenzaTitolo 3 by 108 über desartistes. Sakko:Porsche Design. Badeshorts: OrlebarBrown. Brille: Prada. Oben: Impressionenaus dem Six Senses Zighy Bay Resort

KISUMU, Kenia. AumaObama, Aktivistin und

Halbschwester von BarackObama. Kleid: Marina

Rinaldi. Sonnenbrille: Prada

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atürlich sind wirnicht die Ersten.Viele andere habenbereits vor uns aufeiner Reise die Er-de umkreist. Unddoch fühlt es sichan wie eine Premie-

re. Schließlich gleicht kein Around-the-world-Trip dem anderen. Bei unserem werdenweniger die Orte als vielmehr die Menschen,die dort leben, die Hauptrolle spielen.Unsere erste Station: London. Hier treffen wirKatharina Flohr, Managing und Creative Di-rector des weltberühmten Juwelierunterneh-mens Fabergé, und ihre Tochter Sophia, sti-lecht zum Tee in einer georgianischen Stadt-villa mit knarrenden Dielen. Katharina Flohrist gebürtige Münchnerin, in Kanada und Te-xas aufgewachsen, und hat lange Jahre fürModemagazine gearbeitet. Gerne würden wirSie mitnehmen zu unserer nächsten Etappe.Indien, genauer gesagt: Delhi, Heimat vonTikka Singh. Was für eine Reizüberflutung –Menschen, Gerüche, Geräusche. Tikka Singhist Head Representative für Asien von LVMH,der französischen Aktiengesellschaft, die dieMehrheitsrechte an über 60 verschiedenenLuxusmarken hält, und damit eine der wich-tigsten Figuren in Indiens wachsender Mode-

und Luxus-Industrie. Irgendwie passend, dasser aus einer alten Maharadscha-Familiestammt. „Den besten Blick über die Stadt hatman vom Chambers Club im ‚Taj Mahal Hotel‘in der Mansingh Road“, verrät er uns.Nach dem Hin und Her zwischen den Zeitzo-nen sind wir in Oman ganz im Hier und Jetzt.Dort bietet das „Six Senses Zighy Bay“ ein DJRetreat an. Von den weltberühmten DJs MattyWainwright, Brendon P und Stephen Day ler-nen die Gäste, wie man richtig auflegt. Mittenin Afrika treffen wir eine promovierte Germa-nistin: Dr. Auma Obama, Halbschwester desUS-Präsidenten, wurde in Nairobi geboren,studierte in Deutschland. Jetzt lebt sie wiederin Kenia und kümmert sich dort mit ihrer Stif-tung „Sauti Kuu“ um die Förderung benach-teiligter Kinder und Jugendlicher. Mit einem Ohrwurm landen wir in Amerika.„L.A. International Airport“ tönt es in unse-rem Kopf. Hier in Los Angeles treffen wir zu-erst Schauspielerin Jaimie Alexander, zuletztin „Thor – The Dark Kingdom“ zu sehen. Sielässt den Stadttrubel gern hinter sich, um imFryman Canyon in Studio City zu hiken. Viel-leicht bleibt sie deswegen so unglaublich cool.Unglaublich gelassen, vor allem angesichtsdes Wirbels, der gerade um ihn tobt, bleibtauch Fußballer Robbie Rodgers. Der 26-Jähri-ge hatte kürzlich sein Coming-out als schwu-

ler Sport-Profi. Eigentlich wollte er seine Kar-riere beenden. Doch jetzt spielt er für LA Ga-laxy. Im November soll seine Autobiografie er-scheinen. Sie heißt „Coming out to play“.Spielen, das wollen auch die Mitglieder einerKindertanzgruppe, die wir nach elf StundenFlug auf Qamea Island in Fidschi treffen. Eini-ge von ihnen ziehen für unser Foto-Shootingzum ersten Mal in ihrem Leben Socken an.Sind wir jetzt am Ende der Welt angekom-men? Oder ist das erst bei unserem nächstenStopp, in Neuseeland? Hier ist die Heimat vonKylie Bax, Model und Schauspielerin. Sie lebtjetzt wieder da, wo sie aufgewachsen ist: aufeiner Pferdefarm nahe Cambridge – das Grün,die Weite. Was einen Neuseeländer ausmacht,fragen wir: „Wir sind abenteuerlustig, sport-lich und gern im Freien“, sagt sie.Ein Outdoor-Fan ist auch Ski-Profi Stian Ha-gen, den wir in seinem Heimatland Norwegentreffen. „Wenn ich nicht in Norwegen bin, ver-misse ich außer meiner Familie und Freundenvor allem den frischen Fisch und Salz-Lakrit-ze“, sagt er. Letzte Station unserer Reise: Mün-chen, wo Spanierin Lucia Lacarra und MarlonDino, in Albanien geboren, leben. Sie sind Bal-letttänzer an der Bayerischen Staatsoper.Rund 30 Nationen sind in der Kompanie ver-treten. Das macht die Welt irgendwie sehrklein und sehr groß zugleich. Ischta Lehmann

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GLITTERTIND, Norwegen. Stian Hagen,

Extremsportler. Jacke:Belstaff. Hose und Hand-

schuhe: Arcteryx. Ski: Völkl. Helm, Brille und

Ski-Bindung: Marker. Skischuhe: Dalbello.

Skistöcke: Swix

CAMBRIDGE, Neuseeland. Kylie Bax, Model und Schau-spielerin. Jacke, Shorts, Schmuck und Schuhe: Chanel.Strumpfhose: Falke. Satteldecke: Hermès. Kleines Bildoben: Karekare Beach. Darunter: der Kurort Rotorua

MÜNCHEN, Deutschland.Lucia Lacarra & MarlonDino, Balletttänzer an derBayerischen Staatsoper.Lucia: Kleid von Basler. Cuff:Robert Lee Morris Swarovs-ki Elements. Ohrringe:Dublos Swarovski Elements.Marlon: Sakko von Etro.Hose und Schuhe: GiorgioArmani. Socken: Falke

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Global DiaryErinnern Sie sich? An die Zeit, als man statt SMS und E-Mail nochKarten von fremden Orten schrieb? Wir tun es noch immer

SONNTAG, 23. FEBRUAR 2014

In welchen der komfortablen Sessel lasse ich mich nurzuerst fallen? Bis ins kleinste Detail ebenso klar wie an-heimelnd ist die Designsprache der HoteldirektorinAnna-Maria Fäßler. Sanfte Farbgebungen, handge-webte Stoffe greifen alpines Dekor in vielfältiger Wei-se auf, Holz-, Stein- und Glaselemente bei gänzlicherAbwesenheit von Kitsch oder überladener Tradition.

Selbst bei voller Auslastung der Suiten und Alpen-Cha-lets von immerhin 444 Betten findet jeder ein Plätzchen.

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Als südliches Halbrund, gleichsam in respektvoller Distanz zum 5-Sterne-„Sonnenalp“-Resort, gruppieren sich die Allgäuer Hochalpen

mit Nebelhorn und Co. „Steigst Du nicht auf die Berge, so siehst Du auch nicht in die Ferne“. DasWandtattoo, eines von vielen zum Nachsinnen im Hotel, steht im übertragenen Sinne für die Erfolgs-geschichte des Hauses. Das einst urtümliche Moorheilhotel wird über vier Fäßler-Generationen konti-nuierlich ausgebaut. Heute genügt „Europas Golf Resort des Jahres 2010“ höchsten internationalenAnsprüchen. Exquisit das Spa-Angebot. Dampfstempel oder Samvahana, heilsame Alpenkräuteroder Fruchtöle – bis zu zwei Stunden kann eine einzige Anwendung in Anspruch nehmen wie etwa ei-ne Shiseido Qi-Concept Face Ceremonie. Der Ausklang ist oft liegend im heißen Sand.Auch das Frühstücksbuffet sucht seinesgleichen. Ganz oben, nicht nur als Aussichtspunkt des weit-läufigen Gebäudes, sondern auch in der gastronomischen Bewertung: Die „Silberdistel“, das Restau-rant unter der Leitung von Küchenchef Kai Schneller, erhielt im November 2013 einen Michelinstern.Die Gerichte reicht der Schotten Brian McLaren, „Oberkellner des Jahres 2012“. Und nein, für kulina-rische Erlebnisse im Waldhaus- oder Seehaus-Restaurant ist es nicht zwingend, die 18- oder 9-Loch-„Leading Golf Courses of Germany“ zu bespielen. Jedoch ...Uta Petersen malt sich zu allzu gern aus, irgendwann ein eigenes Hotel zu eröffnen.

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Ausgeschlafen dank Bett in der Lufthansa-Maschine, in Shang-hai gelandet und dann des Atems beraubt: Der Transrapid,hier Maglev genannt, saust mit 430 Stundenkilometern in dieStadt. Zum Luftholen ist die Zeit kurz, denn kaum gleiten im„Four Seasons Pudong“ auf Knopfdruck die Gardinen vormbodentiefen Fenster zurück, stockt mir abermals der Atem.Wow! Das Panorama auf himmelstürmende Hochhäuserdes Wirtschaftsviertels berauscht geradezu. Mittendrin dierotgoldene Riesenkugel des Oriental Pearl Towers, zur Lin-ken ein Ausschnitt des World Financial Centers. Knapp drei-mal so hoch wie das Luxushotel, kann man selbst vom verglas-ten Indoor-Pool im 50. Stock den Skywalk auf 474 Metern nichtausmachen. Gern hätte ich mein Schwindelgefühl auf der Glasbrü-cke, zweithöchstes urbanes Viadukt der Welt, herausgefordert. Leiderhüllt sie sich in Dunst. Also runter auf den Bund zum Sonnenuntergang. Zigtausend Chinesen wollensich auch von der Promenade aus verewigen. Doch was sind schon Handyblitze im Lichtermeer?Prunkvoll leuchten die Kolonialbauwerke, jenseits des Huangpu glitzern die Wolkenkratzer, spiegeltsich im Wasser des Flusses. Da passt doch ein peppered Vodka wunderbar dazu. Der scharfe Drink istSpezialität der trendy „Bar Rouge“ auf ihrer Aussichtsterrasse. Kampei Skyline!Mein Aufenthalt in Shanghai ist kurz, die Entscheidung fällt schwer: wohin? Die sogenannte Oldtownkann man vergessen – Massenrummel zwischen Nachbauten. Ich liebe die von Platanen gesäumtenSeitenstraßen im Viertel French Concession. Domizile aus den 30er-Jahren, kaum Verkehr, kleine Ge-schäfte. Locals sitzen dort gern vor der Tür, schlürfen Suppe. Im Fuxing Park üben sie Tango. Als Kon-trastprogramm nehme ich ein Taxi zur Moganshan Lu, kurz M 50. Auf dem ehemaligen Fabrikgeländehaben sich vier Dutzend Galerien etabliert. In „ShanghArt“ treffe ich meinen Bekannten Lorenz Hel-big. Der Schweizer war vor 20 Jahren in Shanghai der Erste, der es wagte, von der Regierung verpöntechinesische Modern Art auszustellen. Jetzt gehört er hier zu den führenden Kunsthändlern. Nochschnell ein Mitbringsel. „New Moma“ nebenan bietet eine Fülle von Keramiken. Ich erstehe einenhandbemalten Porzellanbecher, durchsichtig wie Pergamentpapier. Ein breiter Schal passt auch nochin den Koffer. Eine Seite aus Tibet-Kaschmir, die andere aus Chinaseide. Gefunden bei „AnnabelleLee“ im Quartier Xintiandi. Genau das richtige Souvenir aus der Stadt des Glitzer und Glamours.Kiki Baron war schon zigmal in Shanghai. Diesmal ließ sie sich von „Windrose“ zum Kurztrip verführen

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In den Ateliers und Manufakturen werden weiterhin Handwerkskünstegepflegt, und wir schauen zu

2013 feierte Prada den 100. Geburtstag. Einstmals als „Fratelli Prada“, also „Gebrüder Prada“, gegründet, legt das italienische Label auch heutenoch Wert auf die Kernkompetenz: die Herstellung von Luxuslederwaren. Handtaschen wie die „Double Bag“, eine leichte Henkeltasche mit zweiFächern und Namensanhänger, gehören inzwischen zu den Klassikern. Wir schauten dabei zu, wie die Tasche entsteht, und zeigen die acht wichtigs-ten Schritte: 1. Die Lederstreifen für die Taschenhenkel werden mithilfe einer Schablone ausgeschnitten. In der Mitte muss das Leder verstärktsein, damit 2. mit einer Zange die Henkel geformt werden können. 3. Anschließend werden die Henkel auf den Seitenwänden der Tasche festge-näht. Das Besondere der Double Bag: Außen ist sie aus fein gemasertem Saffianoleder, innen mit weichem Nappaleder gefüttert. Eine Kombinati-on, die besonders hübsch in Kontrastfarben aussieht. 4. Kleine Lederdetails verstecken den Henkelansatz. 5. Im nächsten Schritt näht der Täschnerdie einzelnen Teile zusammen. Zunächst muss die Innentasche eingesetzt werden, danach können 6. die vier Seitenteile mit dem Boden verbun-den und schließlich 7. aneinander befestigt werden. 8. Schließlich werden noch die lederbespannten Knöpfe sowie das Prada-Logo und der „Kof-feranhänger“ angebracht – dann ist die Tasche fertig. Übrigens: Die Double Bag gibt es in 15 verschiedenen Farbvarianten.

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