CLIL - Bilingualer Unterricht: theoretische und didaktische Grundlagen
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1
0. Einführung
Die Bildungspolitik der Europäischen Union bemüht sich auf der einen Seite, ihre
künftigen Bürger auf eine Wissensgesellschaft vorzubereiten, die in einem
globalisierten Arbeitsmarkt über höhere sprachliche und berufliche Kompetenzen
verfügen sollen und auf der anderen Seite, die Bedingungen zu versichern, dass sich
die Gesellschaft Europas auf die Prinzipien des Verständnisses und der
Zusammenarbeit stützt. Im Bereich der Sprachenpolitik wird die Mehrsprachigkeit
Europas hochgeschätzt und gefördert. Als Ziel wird das Prinzip „Muttersprache plus
zwei Sprachen“ aufgestellt. Im Rahmen dieses Prinzips hat sich ein didaktischer
Ansatz herausgebildet und in kurzer Zeit europaweit verbreitet.1 Die Rede ist von
CLIL. Als etablierter Oberbegriff hat sich Content and Language Integrated
Learning, knapp CLIL, durchgesetzt, nämlich das Integrierte Inhalts- und
Sprachenlernen.2 Dieser Begriff, der meist eher als neutral bezeichnet wird, umfasst
jene Lehrsituation, in der ein nichtsprachliches Sachfach durch eine Fremdsprache
unterrichtet wird.
Absicht dieses Beitrags ist, einerseits die Präsentation dieses vorkommenden
Ansatzes, der eine enorme Motivationssteigerung und eine effizientere Form
Fremdsprachenunterrichts aufzeigt, und andererseits die Untersuchung des
Anwendungspotenzials und der schöpferischen Gestaltung des
Fremdsprachenunterrichts. Es wäre sinnvoll, die bisherigen Modelle für unseren
Unterricht zu verwerten und einen Vorschlag in Bezug auf den griechischen Kontext
zu machen. In meinem Beitrag stelle ich den Ansatz des bilingualen Unterrichts vor,
so wie er bis heute in der BRD praktiziert wird und behandle dabei den
aufkommenden Ansatz des Integrierten Inhalts- und Sprachenlernens, im Spiegel der
entsprechenden Literatur.
1 Siehe Pressemitteilung für CLIL in Europa:
http://eacea.ec.europa.eu/ressources/eurydice/pdf/commonpressdos/PR071DE.pdf 2 CLIL ist offiziell von der Europäischen Bildungspolitik übernommen worden, siehe ausführlich
online: http://www.ecml.at/mtp2/CLILmatrix/pdf/CLIL_Meilensteine.pdf
2
1. Begriffsbestimmung
Grundlegend für unsere Untersuchung ist folgende Definition der deutschen Variante
von CLIL: „Bilingualer Unterricht bezeichnet einen Unterricht, in dem die
Fremdsprache in anderen Fächern als im Sprachenunterricht benutzt wird.“3
Viele Termini tauchen in der Bibliographie auf, die synonym zum bilingualen
Unterricht verwendet werden: Immersion, Fremdsprachen als Arbeitssprachen in
Sachfächern, bilingualer oder fremdsprachlicher Sachfachunterricht u. a. Dies hängt
mit den mehrdeutigen Interpretationen aus verschiedenen Anwendungskontexten
zusammen. Obwohl der Terminus „bilingualer Unterricht“ weitgehend übernommen
worden ist, bereitet er schon einige Schwierigkeiten vor. Er ist insoweit irreführend,
als ein Zusammenhang zur bilingualen Erziehung von zweisprachigen Lernenden
besteht.4 Es handelt sich nicht um bikulturelle oder ausländische Schulen und
Unterrichtsprogramme der Herkunftssprache von Migrantenkindern, sondern um
Regelschulen in denen Teile des Stoffs in einer Fremdsprache unterrichtet werden.
Natürlich wird die Anwendung dieses Ansatzes in der bilingualen Erziehung nicht
ausgeschlossen.
Eine enorme und vielfältige Zielsetzung kommt aus diesem Konzept vor. Ein Grund
dafür sind die optimistischen Erwartungen der Forscher und insbesondere der
Sprachendidaktiker. Demnach ist der bilinguale Sachfachunterricht die innovative
Methode schlechthin, die eine Antwort auf das, was man als
„Mehrsprachigkeitskonzept“ bezeichnet, geben kann. Diese Aussichten basieren,
unter anderen, auf den Forschungsergebnissen der DESI-Studie. Hierbei wird
schließlich gezeigt, dass Schüler, die an den bilingualen Zügen teilgenommen haben,
mit überdurchschnittlichen Zielsprachenkenntnissen abschneiden, ohne ihre
Muttersprache und Fachkenntnisse zu belasten.5 Die ersten Ergebnisse demonstrieren
einen zweijährigen Fortschritt des Teilnehmerniveaus gegenüber dem traditionellen
Fremdsprachenunterricht.
3 Christ 1999: 1.
4 Bach 2005: 14, Μπάνδας 2006: 30ff, Otten/ Wildhage 2003: 13f, Vollmer 2005: 50f.
5 Die DESI-Studie (Deutsch Englisch Schülerleistungen International) wurde im Schuljahr 2003-2004
durchgeführt, mit dem Ziel, die sprachlichen Leistungen in Deutsch und Englisch von Schülern an
Schulen in Deutschland zu testen. Sie zählt zur nationalen Ergänzung der PISA-Studie. Online:
http://www.dipf.de/projekte/deutsch-englisch-schuelerleistungen-international
3
1.1. Didaktische und pädagogische Zielsetzung des bilingualen Unterrichts
In Bezug auf die Ziele des vorliegenden Ansatzes, gibt es zwei Richtungen. Es
handelt sich um das was es ist, und das was es sein soll. Auf der einen Seite liegen die
offiziellen Richtlinien und Curricula der Länder, die auf den Sachfächern anknüpfen
und auf der anderen, die Ziele einer erwünschten integrierten Sachfach- und
Sprachendidaktik. Um diese Kluft zu überwinden, bemühen sich die Forschungsfelder
aus verschiedenen Disziplinen.
Als gemeinsam vorkommende Ziele werden folgende festgelegt:
Sachfachwissen, z.B. Geschichte, Biologie, Geographie, Mathematik usw.
Sprachwissen, z.B. Englisch, Russisch usw.
Sprachbewusstheit
Interkulturelle Kompetenz
Lernstrategien
Auf jeden einzelnen Punkt wird in weiteren Stellen des Beitrags eingegangen. Eine
Verschiebung ist zu erkennen: die Sprache ist nicht mehr der Gegenstand, sondern das
Medium, wodurch Wissen erreicht werden kann. Von großer Bedeutung ist die
Sprachbewusstheit (language awareness), die zur metasprachlichen Fähigkeit führt
und dem Lernenden erlaubt, sein Wissen selbst zu beobachten und organisieren und
somit schließlich zu seinem Lernerfolg beizutragen.
Es wird angenommen, dass bei der Kombination von Inhalt und Sprache beim
Unterricht ein „Mehrwert“ entsteht.6 Dieses abstrakte Konzept kommt aus dem Feld
der bilingualen Erziehung her und spiegelt die Fähigkeit eines bilingualen oder
mehrsprachigen Sprechers wider, der über eine anreichernde Weltsicht und
Handlungsfähigkeit verfügt. In diesem Sinne wird von Synergien gesprochen, die den
Schülern systematisch beigebracht werden sollen.7 Die Synergien werden durch die
Verbindung des Sachfaches mit der Fremdsprache entstehen. Dazu gehören die
Empathie, der Perspektivenwechsel und die Versetzung in der Lage des „Anderen“,
6Breidbach 2005: 166, Otten/ Wildhage 2003: 18.
7 Finkbeiner 2002: 14.
4
die zur Entfaltung der interkulturellen Kommunikationsfähigkeit führen. Dies hängt
mit den bildungspolitischen Zielen der Europäischen Union zusammen, die das
Prinzip „Muttersprache plus zwei Fremdsprachen“ etabliert hat und wird als
„Euroqualifikation“ empfunden.
1.2. Historischer Rückblick der Umsetzung in der BRD
Der erste bilinguale Unterricht, der sich auf einen deutsch-französischen
Kooperationsvertrag von 1963 stützte, fand 1969 in einem Gymnasium in Singen
statt. Nun entstanden Ende der sechziger Jahre in den deutsch-französischen
Grenzregionen die ersten bilingualen Unterrichtsprogramme, namentlich bilingualen
Züge. Als politisches Ziel der beiden Nachbarländer wurden der Aufbau von guten
Verhältnissen und der Aufwuchs des interkulturellen Verständnisses gesetzt. Im
Bereich der Bildungspolitik wurden konkret die Sprache und Kultur des Partners in
der Schule unterrichtet, z. B. Geschichte auf Französisch in deutschen Regelschulen.8
Weiterhin wurden Englisch und andere Sprachen miteinbezogen, und in immer
mehreren Bundesländern sind bilinguale Angebote zustande gekommen. In den
achtziger Jahren befanden sich die beiden Konkurrenzsprachen ungefähr in derselben
Stelle. In den neunziger Jahren steht Englisch am weitesten vorn. Der Hauptgrund
dafür ist die Hochschätzung des Englischen als einzige Verkehrssprache, die eine der
wichtigsten Qualifikationen der künftigen Arbeitskräfte im europäischen als auch im
globalen Markt ist.
Bilingualer Unterricht wird heute in allen Bundesländern angeboten, und zwar mit
einer bereicherten Zahl von Sprachen. BiliU wird an allen Formen des
allgemeinbildenden Schulwesens vorwiegend in Gymnasien und Realschulen
angeboten. Folgende Tabelle zeigt die Zahl der bili-Schulen in den Bundesländern:
8 Für eine umfassende Darstellung der Gründung und Weiterentwicklung bilingualer Bildungsgänge,
siehe Μπάνδας 2006: 10ff.
5
Aus: KMK: Konzepte für den bilingualen Unterricht – Erfahrungsbericht und Vorschläge zur
Weiterentwicklung, 2006: 15.
Theoretisch bleibt es den Schulen offen, welche Fächer bilingual angeboten werden.
Aus dem gesellschaftswissenschaftlichem Bereich werden Geographie, Geschichte
und Politik bzw. Sozialkunde unterrichtet. Aus dem naturwissenschaftlichen Bereich
kommen am häufigsten Biologie und Chemie vor und dann Mathematik, Physik,
Musik, Kunst, Sport und Religionslehre. Es gibt keine einheitliche Regelung für die
Reihenfolge, in der ein Sachfach eingeführt wird. Das gleiche gilt für die Sprachen.
Trotzdem wird in den meisten Fällen vorwiegend Englisch als erste Fremdsprache
gewählt, auf der die Züge aufbauen.
6
Aus: KMK: Konzepte für den bilingualen Unterricht – Erfahrungsbericht und Vorschläge zur
Weiterentwicklung, 2006: 17.
Die Sprachpalette stellt ein reiches Angebot dar: Englisch, Französisch, Italienisch,
Spanisch (Fremdsprachen), Sorbisch (Minderheitensprache), Dänisch, Nieder-
ländisch, Polnisch, Tschechisch (Nachbarsprachen), Russisch (Aussiedlersprache),
Neugriechisch, Portugiesisch, Türkisch (Migrantensprachen).
7
Aus: KMK: Konzepte für den bilingualen Unterricht – Erfahrungsbericht und Vorschläge zur
Weiterentwicklung, 2006: 16.
1.3. Organisation
In Bezug auf die Durchführung der bilingualen Sachfächer gelten die Richtlinien,
Lehrpläne und Curricula des allgemeinbildenden Schulwesens, so wie sie vom
jeweiligen Land vorgesehen werden. In Form von Handreichungen, Empfehlungen
und Materialbeispielen werden die zuständigen Lehrkräfte begleitet. In manchen
Fällen werden auch Lehrplanentwürfe eingereicht. Es wird darauf geachtet, dass die
Kernbegriffe im Sachfach gleichzeitig auch in der Muttersprache gelehrt werden.
Begriffe sollen verglichen werden und Unterschiede im Hinblick auf die Zielsprache
geklärt werden. Trotzdem wird bei der Leistungsbewertung nur die fachliche Leistung
gemessen, und falls ein Schüler wieder zum traditionellen Bildungsgang
zurückkehren möchte, soll er keine Sachfachdefizite haben.
In der Unterrichtspraxis haben sich zwei Grundmodelle herausgebildet:
1. Bilingualer Zug, Zweig, Bildungsgang mit zusätzlichen Stunden
2. Flexible bilinguale Module oder Projekte ohne zusätzliche Stunden
Aus den entwickelten Modellen des bilingualen Unterrichts haben sich die bilingualen
Züge, Zweige oder bilingualen Bildungsgänge konsolidiert und weitgehend verbreitet.
Im Gegensatz zu den traditionellen Zügen, wird ein Sachfach das ganze Jahr lang in
der Fremdsprache gelehrt. Die Dauer umfasst eine Zeitspanne von Jahrgangsstufe 5
(Lebensalter 10) bis zum Abschluss des jeweiligen Bildungsganges (d.h. bis zum
Ende der Jahrgangsstufe 10, Ende der Sekundarstufe I, Lebensalter 16, bzw. bis zum
Abitur Jahrgangsstufe 13 bzw. 12).
Die Struktur der bilingualen Zügen sieht folgendermaßen aus: in der 5. und 6. Klasse
wird ergänzender Fremdsprachenunterricht erteilt. Um die wahrscheinlichen
Sprachdefizite zu schmälern wird der Fremdsprachenunterricht um zwei
Wochenstunden erhöht. In der 7. Klasse wird dann ein bilinguales Sachfach
eingeführt und mit einer Wochenstunde verstärkt. In der 8. und 9. Klasse kommen
noch ein oder zwei Sachfächer hinzu. Im Gymnasium können die Schüler ein
8
bilinguales Fach als Grundkurs fortführen und es bei der Abiturprüfung als
Leistungskurs ablegen.9 Die Teilnahme der Schüler wird beim Zeugnis speziell
beurkundet. An ungefähr 60 Schulen, die deutsch-französische Züge anbieten, haben
Schüler die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen, gleichzeitig das Abitur und
das Baccalaureat (AbiBac) zu erwerben. Dies befreit sie im Partnerland Frankreich
bei der Studiumsaufnahme von der Sprachprüfung, die als Zulassungsvoraussetzung
gilt. Eine Variante zu den bili-Zügen ist die Form „Fremdsprache als Arbeitssprache“.
Bei dieser Form fallen erstens der verstärkte Vorlauf der Zielsprache in der 5. und 6.
Klasse und zweitens die zusätzlichen Stunden des bili-Unterrichts aus.
Das zweite Modell bilingualen Unterrichts sind die flexiblen bilingualen Module, die
zeitlich und thematisch begrenzt sind. Bilinguale Module „sind kürzere
Unterrichtseinheiten in der Fremdsprache zu geeigneten Themen der Lehrpläne
grundsätzlich aller Fächer“.10
Ein bili-Modul kann in Form einer oder mehreren
epochalen Unterrichtssequenzen mit einer Fremdsprache als Arbeitssprache im
Fachunterricht dem Jahr über durchgeführt werden. Eine andere epochale Variante
sind die fächerübergreifenden Projekte, bei denen entweder der Inhalt aus
verschiedenen Fächern oder der Umgang von fachsprachlichen Fertigkeiten bearbeitet
wird. Der Einsatz solcher Formen erlaubt Schulen die Vorteile von CLIL zu Nutze zu
machen und sich an die Bedürfnisse der Lernenden anzupassen.
Aus den oben skizzierten Modellen sind die bili-Module und die Projekte für den
Fremdsprachenunterricht relevant. Sie können mit entsprechender Vorbereitung
übernommen werden. Wegen der geringen Wochenstundenzahl des
Fremdsprachenunterrichts im griechischen Schulwesen und sogar in der
Sekundarstufe I, kann auf eine zwei- bis höchstens dreiwöchige Dauer einer
Anwendung während des gesamten Schuljahres verzichtet werden.
9 Im Rahmen des Kooperationsprogramms „Sprachkompetenz für Partnerschaft“ von 1997, wurde der
erste Band des „Gemeinsamen deutsch-französisches Geschichtsbuchs“ in beiden Sprachen gefasst
und seit dem Schuljahr 2006-2007 in beiden Ländern in der Oberstufe eingesetzt. 10
Definition online aus: http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Unterricht/Faecher/Fremdsprachen/
BilingualesLernen/BilingualeModule/index.html, vgl. auch Krechel 2003: 196ff.
9
1.4. Materialien
Die Materialien sind hauptsächlich, zum Teil bis heute noch, ad hoc Produkte aus
eigener Erfahrung der Lehrkräfte. Die bisherigen Materialien sind meistens eine
Kombination von authentischen Lehrbüchern der Zielsprache und von selbständiger
Arbeit der Lehrkräfte oder von Arbeitsgemeinschaften, die ihre Materialien durch
Netzwerke ausgetauscht haben. Seit wenigen Jahren arbeiten einige Verlage intensiv
an Materialien, dessen Veröffentlichung langsam wächst (Klett, Cornelsen u.a.).
Diese Tatsache bereitet auch große Schwierigkeiten für den Deutschlehrer, der weder
über spezielle Fachkenntnisse noch über Materialgestaltungsfertigkeiten verfügt,
obwohl er in vielen Fällen hochmotiviert ist bzw. eine positive Einstellung gegenüber
diesem Unterrichtsprinzip hat. Auf die Ausbildung der Lehrkräfte wird gleich näher
eingegangen.
1.5. Lehrerausbildung
Die Lehrenden haben im besten Fall eine Ausbildung in der Fremdsprache und dem
Sachfach, aber im Grunde genommen kommen sie aus dem Bereich der
Fremdsprachendidaktik. Angeblich sind auch wesentliche Studiums- und
Seminarangebote für die entsprechende Aus- und Fortbildung entwickelt worden. Zu
den Charakteristika solcher Studiengänge gehören Austauschprogramme im
jeweiligen Zielland und die Durchführung von Unterrichtsproben. Universitäten
führen für die zweite Phase der Lehrerausbildung spezielle Studienseminare mit
Zusatzqualifikation durch.11
2. Bedarf einer Theorie
Der fremdsprachliche Sachfachunterricht ist aus der Unterrichtspraxis entstanden und
hat keine einheitliche Theorie oder eigenständige Didaktik und Methodik, worauf er
sich stützen kann.12
Dieses Ereignis erschwert oder gar verhindert die Akzeptanz und
Verbreitung dieses noch zu entwickelnden Konzepts. Ohne eine eigenständige
11
Für eine umfangreiche Zusammenstellung der Studienangebote, siehe Blell/ Kupetz 2005: 13f. 12
Bach 2005: 12, Breidbach 2005: 165, Otten/ Wildhage 2003: 22f, Suhrmüller 2005: 101, Thürmann
2005: 75f, Wildhage/ Otten 2003: 10.
10
Theorie ist es unmöglich, eine allgemeingültige Lehrplanentwicklung und
Unterrichtsplanung durchzuführen. In dieser Richtung bewegen sich alle
Bemühungen aus der Forschung, so dass eine Theorie entworfen wird, die die
Sachfachdidaktik und die Sprachendidaktik in der Herausbildung einer Integrierten
Sachfach- und Sprachendidaktik umwandelt.13
Im Folgenden versuche ich, eine
Auswahl der wichtigsten Entwürfe zusammenzustellen und sie zu präsentieren.
2.1. Theoretische und didaktische Entwürfe
Eine aus der Spracherwerbsforschung stammende Konzeption zeigt, wie man
Kommunikationssituationen und dementsprechend sprachliche Fähigkeiten teilt. Die
aus der ursprünglichen Theorie von Cummins entstehende Begriffe Basic
Interpersonal Communication Skills (allgemeine kommunikative Fähigkeiten) und
Cognitive Academic Language Proficiency (schulfachbezogene, fachspezifische
Sprachhandlungsfähigkeiten) geben die Fertigkeiten eines Sprechers an, die er für
seine Kommunikation sowohl in seinem alltäglichen als auch in seinem akademischen
und beruflichen Leben braucht. Die Kommunikationssituation wird durch
außersprachliche und kognitive Parameter definiert. Eine Situation kann entweder
hoch oder niedrig in einem außersprachlichen Kontext eingebettet werden. BICS
betrifft die leicht zu erschließende Alltagssituationen. Auf der kognitiven Ebene, die
sprachlich bewältigt werden muss, kann es entweder kognitiv anspruchsvoll oder eben
nicht anspruchsvoll sein. CALP entspricht den schulischen und akademischen
Bedürfnissen.14 Folgende Tabelle zeigt beispielhaft diese Unterscheidung:
13
Eine erste umfassende theoretische Fundierung versucht Stephan Breidbach mit seiner Arbeit
Bildung, Kultur, Wissenschaft. Reflexive Didaktik für den bilingualen Sachfachunterricht. Münster:
Waxmann, 2007 aufzustellen. Diese fordert allerdings eine tiefere Analyse, die über die Zwecke des
vorliegenden Beitrags hinausgeht. 14
Wildhage/ Otten 2003: 28ff, Bonnet 2004.
11
Tabelle A aus Bonnet 2004: 47.
Ein weiterer Entwurf ist das bilinguale Dreieck (Bilingual Triangle) von Hallet.
Wegen der neuen Bedürfnisse der globalisierten Arbeitswelt und der multikulturellen
Gesellschaften sollen die Bürger in der Lage sein, sich in diesem Kontext anpassen zu
können. Man muss über die eigene und die fremde Kultur sprechen können und in
allen Bereichen der Lebenswelt, sei es Alltag oder Fachbereich, Zugang haben. Um
sich mit einer anderen Kultur vertraut zu machen, ist es nötig, eine interkulturelle
Kompetenz zu besitzen.15
All diese Fähigkeiten lassen sich im bilingualen Dreieck
zusammenfassen:
15
Hallet 1998.
12
Tabelle B aus Hallet 1998.
Die Komplexität der Ziele der Integration von Sachfach und Sprache ist nicht leicht
zu erfassen. Um den Ansprüchen dieser Lernsituation gerecht zu werden, sollen
mehrere Aspekte berücksichtigt werden. In der folgenden Abbildung stellt man fest,
dass die Sachfachdidaktik einerseits von den sprachdidaktischen Konzepten der
CALP-Fähigkeiten bereichert wird und andererseits mit dem interkulturellen Lernen
verknüpft wird.
13
Tabelle C aus Wildhage/ Otten 2003: 35.
Zu den wichtigsten Aufgaben eines bili-Lehrenden zählen die Vermittlung und das
intensive Trainieren von Lernstrategien und Arbeitstechniken. Um den Erfolg der
Einführung eines flexiblen Moduls und im Allgemeinen des gesamten Unterrichts zu
sichern, muss der Unterricht so gestaltet sein, dass keine Lücken mit der Spracharbeit
aufkommen. Der Vorgang mit dem inhaltlichen Stoff muss von der wahrscheinlichen
Diskrepanz möglichst ungestört bleiben. Das bedeutet, dass den Lernenden ein
Repertoire von Strategien bereitstehen soll, das ihnen erlaubt, einen Transfer aus
verschiedenen Lernsituationen zu gewährleisten und auf die Strategien zurückgreifen
zu können.
14
Zu den wichtigsten Lernstrategien und Arbeitstechniken16
gehören folgende:
Worterschließungstechniken, Inferieren von Wortbedeutungen mit Hilfe des
sprachlichen Vorwissens zur Erschließung unbekannter Wörter, z.B. durch
Rückgriff auf Fremdwörter
Techniken des note-taking, z.B. wenige Stichworte benutzen, um Inhalte
vorzutragen und note-making, z.B. einige Gedanken stichwortartig notieren
Lesestrategien wie skimming oder scanning, also des überfliegenden Lesens
(auf bestimmte Fragestellung Informationen zu entnehmen), und des
detaillierten Lesens
bridging oder prompting (Einsagen), nämlich Äußerungen bei Bedarf
paraphrasieren oder wiederholen, „reiche Interpretation“
selbständiger Umgang mit Wörterbüchern, Finden der Wortformen und der
Kontextbedeutung durch Kontextvergleich
Verwendung der Muttersprache
Listen mit Redemitteln aufstellen.
Außer den oben erwähnten Strategien kommen folgende allgemeine Fertigkeiten17
hinzu, die für alle Schulfächer relevant sind:
o Sprachfunktionen (Beschreiben, Erklären, Schlussfolgern, Vergleichen,
Bewerten)
o Schreibformen (Resümieren, persönliche Stellungnahme)
o Authentische Formen praktischen Schreibens (Reiseberichte, Zeitungsartikel,
Leserbriefe)
o Transformation einer Darstellungsart in eine andere (Informationen eines
Textes in einem Schaubild zusammenfassen, Umwandlung einer Statistik in
einem Diagramm)
16
Krechel 2003: 11, Suhrmüller 2005: 105f, Thürmann 2005: 80f. 17
Krechel 2003: 9, Krechel 2005: 28.
15
o Projektarbeit (handlungsorientierte Aufgaben).
2.2. Beispiele für die Unterrichtspraxis
Die Arbeit mit dem Fach Geographie fordert eine umfassende Verwendung von
Fachbegriffen. Beim bilingualen Geographieunterricht kommt noch Spracharbeit
hinzu. Als wichtigstes Ziel gilt die fachlich angemessene Anwendung von
Sprachfunktionen wie Beschreiben, Erklären, Berichten, Schlussfolgern und
Bewerten. Die Progression des Fachs bestimmt den Ablauf des sprachlichen
Lernens.18
Die üblichste Aufgabenstellung in Geographie ist die Arbeit mit Karten. Die
Sprachfunktion, die geleistet werden muss, ist Beschreiben. Eine weitere ist, über
klimatische Phänomene sprechen zu können, d.h. man muss erklären usw.
Bei der Einführung lohnt es sich mit einfachen Inhalten anzufangen. Es sollte das
topographische Orientierungswissen behandelt werden, z.B. Überblick über die Erde,
Richtungen und das Nennen von Kontinenten und Ozeanen, Ländernamen,
Städtenamen usw. Themen, die von den Fächerübergreifenden Integrierten
Rahmenlehrplänen (ΔΕΠΠΣ) des griechischen Pädagogischen Instituts19
vorgeschlagen werden, sind folgende:
Tabelle D
18
Biederstädt 2005: 121, Haupt/ Biederstädt 2003: 52f. 19
Siehe: Αναλυτικά Προγράμματα Σπουδών Γεωγραφίας-Γεωλογίας, 2003: 480, 485, 493, 500.
Schulklasse Themen
5 (Dimotiko) Reiseführer Griechenlands oder
einer bestimmten Region
6 (Dimotiko) Essgewohnheiten in
Europa/ in der Welt Wälder oder Meere der
Welt
1 (Gymnasio) Flüsse und Menschen Meine Stadt
2 (Gymnasio) Mittelmeer und
mediterrane Kulturen Städte Europas
16
Die gennannten Themen sind für die Durchführung fächerübergreifender Projekte
gedacht. Darüber hinaus werden weitere Aufgaben zu jeder Unterrichtseinheit
vorgeschlagen, die für die Planung eines bilingualen Moduls relevant sind.
Abschließend habe ich eine Auswahl von Materialien für die deutsche Sprache als
Arbeitssprache getroffen, die exemplarisch im Anhang auf S. 20 aufgezeigt werden.
3. Schlussfolgerung
Abschließend ist festzuhalten, dass sich das CLIL für seine Dynamik auszeichnet und
ein riesiges Potenzial für unsere Arbeit aufbereitet. Die fast 40jährige Tradition
bilingualen Unterrichts in der BRD hat zu Befunden geführt, die nicht zu
vernachlässigen sind. Die Ergebnisse aus der Anwendung und Evaluation solcher
Programme zeigen eine erhöhte Fremdsprachenkompetenz auf, die sich nicht
zugunsten der Fachkenntnisse erweist. Aus den aufgeführten Modellen, scheinen die
bili-Module und bili-Projekte übertragbare Formen für den griechischen Kontext zu
sein. Die Flexibilität dieser Formen, die zeitlich und thematisch begrenzt sind, könnte
ihren realistischen Einsatz erlauben. Das Fach Geographie lässt sich praktisch für bili-
Module als hervorragendes Beispiel anwenden. Die curricularen Vorgaben der
Fächerübergreifenden Integrierten Rahmenlehrpläne (ΔΕΠΠΣ) bereiten den nötigen
Freiraum, um diesen Ansatz umzusetzen. Allerdings könnten Probleme, die
hauptsächlich mit der Materialentwicklung und der defizitären Aus- und Fortbildung
der Lehrkräfte aufwachsen, durch die Eigeninitiative überwunden werden. Wenn die
Lehrkraft selbst eine hohe Motivation bei der Unterrichtsplanung aufzeigt und gezielt
das Interesse der Schüler mit authentischen Lernumgebungen, die das CLIL mit sich
bringt, für den Unterricht weckt, dann kann es jedenfalls zu Erfolgserlebnissen führen.
Zu unseren Leitaufgaben zählt es, einen interessanten Unterricht zu schaffen, der die
Schüler dazu bringt, nicht zu lernen, weil sie es müssen, sondern weil sie es wollen.
Angelos Bandas
Deutschlehrer- Mitarbeiter im
Zentrum für die Griechische Sprache, Thessaloniki 2009
17
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http://www.goethe.de/ins/pl/pro/dfu/Geographie_Arbeitsheft_2.pdf
CLIL in Europa:
http://eacea.ec.europa.eu/ressources/eurydice/pdf/commonpressdos/PR071DE.pdf
Übernahme von CLIL:
http://www.ecml.at/mtp2/CLILmatrix/pdf/CLIL_Meilensteine.pdf
20
Anhang
Physische Geografie. Ewa Malec, Anna Morawska-Stusek. Unter Mitarbeit von
Leonhard Kellner.
Online: http://www.goethe.de/ins/pl/pro/dfu/Geographie_Arbeitsheft_1.pdf
Karte und Globus
Wortschatz:
1. Was bedeuten die folgenden Fachbegriffe?
die Karte
der Globus
die Erdkugel
der Atlas
die Windrose
der Maßstab
die Höhenlinie
die Kartenprojektion
das Gradnetz
geographische Koordinaten
die Erdoberfläche
2. Ergänzen Sie die Definitionen mit den angegebenen Begriffen.
Globus, Koordinaten, Maβstab, Gradnetz, Isohypsen, Atlas
a) die Linien der gleichen Höhe heißen ―
..................................................................
b) Meridiane und Breitenkreise bilden ―
......................................................................
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c) geographische Breiten und Längen heißen ―
.........................................................
d) diese Zahl zeigt die Verkleinerung der Erde ―
........................................................
e) eine Sammlung der Karten in Buchform ―
..............................................................
f) realitätsnahe Abbildung und Darstellung der Erdkugel ―
......................................
3. Ergänzen Sie die Haupt- und Zwischenrichtungen bei der Windrose
2.............
6. ............ 7.............
1.............. 3. ...............
5.............. 8..................
4. ............
Norden, Süden,
Westen, Osten,
Nordosten,
Nordwesten, Südosten,
Südwesten
22
4. Was für geographische Karten kennen Sie? Zeichnen Sie ein strukturiertes
Schema von der Verteilung der Karten. Benutzen Sie die Begriffe, die unten
stehen.
p
- Klimakarte - Verkehrskarte
-1. -5.
-2. -6.
-3. -7.
- Wanderkarte
Abb.1 eigene Quelle (Abbildung 1)
a) großmaßstäbliche Karten g) mittelmaßstäbliche Karten
b) wirtschaftliche Karten h) Agrarkarte
c) Bevölkerungkarte i) Industriekarte
d) Erdbodenkarte j) Bodennutzungskarte
Geographische Karten
nach dem Maßstab
kleinmaβstäbliche
Karten, über
1:1 000 000
8.
9.
nach dem Inhalt
Physische Karten
topographische
4.
nach dem Georaum
10. 11. 12. Weltkarte
23
e) Vulkanismuskarte k) Kontinentkarte
f) Landkarte l) Stadtplan
5. Ergänzen Sie die Tabelle
Maβstab Namenmaβstab Maβstableiste
1: 75 000 a)
b) 1cm – 2,5 km
c) 1cm – 30 km
0 30 60 90 km
6. Auf einer Karte mit dem Maβstab 1: 40 000 000 ist die Chinesische Mauer
6,78 cm lang. Berechnen Sie die Länge der Mauer in der Wirklichkeit.
Antwort:.................................................................
7. Setzen Sie in den Text die richtigen Begriffe ein.
Die Karten stellen die (1) .......................... Wirklichkeit dar. Die Karten sind
meistens eingeordhet, d.h. der obere Kartenrand zeigt nach (2) ................ .
Der (3)......................... gibt das Maβ der Verkleinerung an. 1: 100 bedeutet 1
cm auf der (4)............. . Das entspricht 100 cm in der Wirklichkeit. Eine Karte
mit großem Maβstab
Grüntöne, Norden, Legende, Gebirge, Einzelheiten, Farben, verkleinerte, genauer, Zeichen, Maβstab, Karte, Linien, Hochland
24
( z.B. 1:5 000) ist (5)............... als eine gleichgroße Karte mit dem Maβstab
(z.B. 1: 500 000).
Die Karten mit großem Maβstab wie Wanderkarten, können mehr
(6).................... enthalten. Die (7)............. einer Karte erklärt die Bedeutung der
(8)F................., (9) Z.................... und (10)L.......................
Auf der physischen Karte wird das Tiefland durch(11)......................
gekennzeichnet. Die Gelbtöne weisen auf (12)..................... hin und die
Brauntöne auf (13).......................
8. Tragen Sie die Begriffe an den entsprechenden Stellen auf dem Globus ein.
Zeichnen Sie weitere
Elemente ein.
nördlicher Wendekreis
südlicher Wendekreis
Gradnetz der Erde
der Äquator
der Nordpol
der Südpol
die Nordhalbkugel
die Südhalbkugel
die Erdachse
der Meridian
1
2
3
4
5
6
7
25
N N
N
S S
S
MM
Länge
Längenkreis
westliche Länge östliche Länge
Breite
Breitenkreis
0o
0o
0o 30o30o 60o60o
60o
90o
60o
90o
40o
40o
20o
20o
60o
Äquator
9. Setzen Sie in den Text die richtigen Begriffe ein. Benutzen Sie das
obenstehende Schema.
Auf dem Globus sind in bestimmten Abständen Kreise eingezeichnet.
Die Kreise in Ost-West-Richtung nennt man (1)....................... und die Kreise in
Nord-Süd-Richtung heißen (2) ............................ . Der längste Breitenkreis ist der
(3) ........................... . Von diesem Breitenkreis 0 (Null) zählt man je 90
Breitenkreise zum (4) ......................... und zum (5) ........................... . Der Abstand
eines Breitenkreises zum Äquator wird in Grad gemessen. Er gibt die
geographische Breite eines Ortes an.
n.Br. oder N = (6) ........................ Breite; s.Br.oder S= (7) ......................... Breite.
Über die beiden Pole verlaufen die (8)............................. , auch Meridiane
genannt.
Da sie gleich lang sind, musste man für ihre Zählung einen (9)......................
festlegen.
26
Er geht durch Greenwich. Von ihm aus zählt man je 180 MeridianE nach
(10).......................... und (11)................... . Der Abstand eines Längenkreises
vom Nullmeridian wird auch in Grad gemessen. Er gibt die geographische
Länge eines Ortes an.
ö.L. oder O = (12)........................... Länge; w.L. oder W= (13) .........................
Länge.
10. Wie entsteht eine Karte?
Eine Karte ist das Bild einer Kugeloberfläche. Ohne Verzerrung ist die
Verebnung nicht möglich, daher werden Verebnungsmethoden benutzt.
Man unterscheidet verschiedene Kartenprojektionen bzw.
Kartennetzentwürfe. Ein Kartennetzentwurf kann flächentreu ( z.B.
Schulatlaskarte) oder winkeltreu (z.B.Navigationskarte) sein. Die Abbildung
erfolgt auf eine Ebene, auf einen Kegel oder auf einen Zylinder.
Schreiben Sie die richtigen Begriffe zu den Abbildungen.
Zylinderprojektion, Azimutalprojektion, Kegelprojektion