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B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l
Abteilung II
B-7293/2018
U r t e i l v o m 4 . J u l i 2 0 1 9
Besetzung Richterin Vera Marantelli (Vorsitz),
Richter Pietro Angeli-Busi;
Richter Daniel Willisegger;
Gerichtsschreiberin Corine Knupp.
Parteien A._______,
vertreten durch B._______,
Beschwerdeführer,
gegen
Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum IGE,
Stauffacherstrasse 65/59g, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand Gesuch um Wiedereinsetzung in den früheren Stand
(betr. Europäisches Patent Nr. _______).
B-7293/2018
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Sachverhalt:
A.
Der in Deutschland wohnhafte A._______ (im Folgenden: Beschwerdefüh-
rer) ist Inhaber des Europäischen Patents Nr. _______, das am 14. Okto-
ber 2015 erteilt wurde. Als Vertreterin für die Schweiz bestellte der Be-
schwerdeführer gemäss Register die C._______ (im Folgenden: Schwei-
zer Vertreterin).
B.
Am 28. Februar 2017 lief die Frist für die Bezahlung der 4. Jahresgebühr
samt Zuschlag für das vorerwähnte europäische Patent unbenutzt ab.
C.
Mit Schreiben vom 31. März 2017 teilte die Vorinstanz der im Patentregister
eingetragenen Schweizer Vertreterin die Löschung des Patents wegen
Nichtbezahlung der 4. Jahresgebühr mit. Zugleich wies die Vorinstanz auf
die Möglichkeit hin, innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie vom Ver-
säumen der Frist erfahren habe, eine Weiterbehandlung zu beantragen,
womit die Löschung rückgängig gemacht werden könne.
D.
Mit Schreiben vom 27. Februar 2018 beantragte die B._______ (im Fol-
genden: Vertreterin) namens des Beschwerdeführers bei der Vorinstanz
die Wiedereinsetzung in den früheren Stand gemäss Art. 47 des Bundes-
gesetzes vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz,
PatG, SR 232.14). Als Begründung führte sie im Wesentlichen an, dass
erst am 8. Januar 2018 festgestellt worden sei, dass die fällige 4. Jahres-
gebühr nicht eingezahlt worden und das Patent erloschen sei.
Mit der Überwachung und Zahlung der Jahresgebühren sei für sämtliche
validierte Länder des Europäischen Patentes die D._______ mit Sitz in
Z._______, Deutschland (im Folgenden: ausländische Vertreterin) beauf-
tragt worden. Zwischen dieser ausländischen Vertreterin und dem Be-
schwerdeführer sei vereinbart worden, dass der Schriftenwechsel aus-
schliesslich über E-Mail abgewickelt und hierzu die E-Mailadresse des Be-
schwerdeführers bei seinem Arbeitgeber verwendet werde. Diese E-
Mailadresse sei in der Schutzrechts-Verwaltungssoftware PatOrg hinter-
legt gewesen.
Im Januar 2016 habe der Beschwerdeführer die ausländische Vertreterin
darüber informiert, dass er seinen Arbeitgeber verlassen werde und darum
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gebeten, sämtlichen Schriftenwechsel zukünftig an die der ausländischen
Vertreterin bereits bekannte E-Mailadresse seiner eigenen Firma zu rich-
ten. Patentanwalt E._______ habe eine Patentanwaltsfachangestellte an-
gewiesen die Änderung in der Schutzrechts-Verwaltungssoftware vorzu-
nehmen. Diese habe es aber übersehen, die Berichtigung vorzunehmen,
womit der Schriftenwechsel weiter an die bisherige E-Mailadresse des Be-
schwerdeführers versandt worden sei.
Die ausländische Vertreterin habe dem Beschwerdeführer im Zeitraum
vom 26. April 2016 bis 31. März 2017 an die bisherige E-Mailadresse meh-
rere E-Mails mit Erinnerungen etc. versandt. Auch die Verfügung zur
Löschung des Patentes vom 31. März 2017 sei an diese E-Mailadresse
weitergeleitet worden. Die ausländische Vertreterin habe zu all diesen
E-Mails weder eine Rückäusserung des Beschwerdeführers noch eine
Fehlermeldung betreffend die Zustellung erhalten. Erst auf eine E-Mail vom
9. Januar 2018 habe sie eine Fehlermeldung erhalten. Erstmals sei diese
E-Mail gleichzeitig auch an die E-Mailadresse der eigenen Firma des Be-
schwerdeführers versandt worden, worauf der Beschwerdeführer mit der
ausländischen Vertreterin telefonischen Kontakt aufgenommen und erfah-
ren habe, dass die nationalen Teile des Europäischen Patents in Deutsch-
land, Frankreich und der Schweiz/Liechtenstein erloschen seien.
Bei der Patentanwaltsfachangestellte handle es sich um eine erfahrene An-
gestellte, die stets zuverlässig und korrekt arbeite und deren Arbeiten stich-
probenartig überprüft würden. Deshalb liege kein Organisationsverschul-
den vor. Es handle sich vielmehr um einen isolierten Fehler. Das Verschul-
den einer Hilfsperson des Vertreters sei dem Bevollmächtigten nicht selbst
anzurechnen.
E.
Die Vorinstanz teilte mit Schreiben vom 9. August 2018 der Vertreterin im
Wesentlichen mit, dass die geltend gemachten Gründe für ein unverschul-
detes Säumnis nicht stichhaltig seien. Für das Institut sei zum Zeitpunkt
des Versands der Löschungsanzeige der im Register eingetragene Vertre-
ter massgeblich. An diesen habe das Institut mehrere Mitteilungen ver-
sandt und es sei zu keinen Retournierungen gekommen. Deshalb gehe
das Institut davon aus, dass die Rechnungen und die Löschungsanzeige
von dem im Register eingetragenen Vertreter empfangen worden seien.
Weiter führte die Vorinstanz aus, dass "eine rechtzeitige Änderung des Ver-
treters […] Aufgabe der Patentinhaberin gewesen [wäre]".
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F.
Mit Schreiben vom 11. September 2018 nahm die Vertreterin hierzu Stel-
lung. Sie bestätigte, dass die Verfügung der Vorinstanz vom 31. März 2017
an die im Register eingetragene Schweizer Vertreterin zugestellt worden
sei und diese die Verfügung an die ausländische Vertreterin gesandt habe,
welche die Verfügung wiederum wie im Gesuch um Wiedereinsetzung be-
schrieben an den Beschwerdeführer weitergeleitet habe. Dass die Jahres-
gebühren aus Kostengründen zentral von einer Stelle und nicht von den
nationalen Vertretern entrichtet würden, sei weit verbreitet und stehe auch
nicht im Widerspruch zu den gesetzlich festgelegten Grundsätzen für die
Abwicklung der Jahresgebührzahlungen. Schliesslich wies die Vertreterin
daraufhin, dass in Deutschland und in anderen Ländern zu demselben
Europäischen Patent die Wiedereinsetzungen bei gleicher Konstellation
gutgeheissen worden seien.
G.
Mit Verfügung vom 23. November 2018 trat die Vorinstanz auf das Gesuch
um Wiedereinsetzung in den früheren Stand des Beschwerdeführers nicht
ein. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der im Patent-
register eingetragenen Vertreterin die Löschung des europäischen Patents
Nr. _______ mit Schreiben vom 31. März 2017 mitgeteilt worden sei. Wie
sich die Gesuchstellerin hinsichtlich ihrer Vertretung und Gebührenzahlung
organisiere, liege in ihrer eigenen Risikosphäre, also auch, wenn es dann
in dieser Vertreterkette zu Übermittlungsproblemen komme. Es sei allein
der Zugang bei der eingetragenen Vertreterin entscheidend. Entsprechend
habe die relative Frist von zwei Monaten zur Einreichung des Wiederein-
setzungsgesuchs mit Zugang der Mitteilung bei dem im Register eingetra-
genen Vertreter zu laufen begonnen, womit das Wiedereinsetzungsgesuch
vom 27. Februar 2018 verspätet sei.
H.
Gegen diese Verfügung wurde mit Eingabe vom 21. Dezember 2018 beim
Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer
stellt darin die Begehren, die vorinstanzliche Verfügung sei aufzuheben,
der Antrag auf Wiedereinsetzung in den früheren Stand sei zu genehmigen
und die mit der Wiedereinsetzung fälligen Gebühren seien als Nachholung
der versäumten Handlungen ihrem Konto zu belasten.
Der Beschwerdeführer begründet seine Anträge im Wesentlichen damit,
dass die Wiedereinsetzung in casu nicht per se nicht zugelassen werden
dürfe, sondern nur wenn die relative Frist für die Wiedereinsetzung in den
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früheren Stand mit Verschulden verstrichen sei. Die Schweizer Vertreterin
habe die Verfügung der Vorinstanz vom 31. März 2017 mit der Löschungs-
anzeige erhalten, welche via die ausländische Vertreterin an den Be-
schwerdeführer weitergleitet worden sei. Aufgrund eines einmaligen Ver-
sehens einer Mitarbeiterin der ausländischen Vertreterin, welche es unter-
lassen habe, die Korrespondenz-E-Mailadresse des Beschwerdeführers
wie angewiesen in der Schutzrechts-Verwaltungssoftware anzupassen, sei
die Verfügung aber nicht bis zum Beschwerdeführer gelangt. Es liege ein
entschuldbarer Fehler bzw. ein einmaliges Versehen aufgrund des Ange-
stelltenverhältnisses und des Wechsels des Beschwerdeführers in die
Selbständigkeit vor.
J.
Mit Vernehmlassung vom 1. März 2019 äusserte sich die Vorinstanz zur
Beschwerde. Sie beantragt, diese unter Kostenfolge zulasten des Be-
schwerdeführers abzuweisen. Die Vorinstanz hält fest, dass keine Sach-
verhaltsfragen strittig seien. Mit Schreiben vom 31. März 2017 habe sie
dem im Patentregister eingetragenen Vertreter die Löschung des europäi-
schen Patents Nr. _______ mitgeteilt. Dies sei seitens des Beschwerde-
führers mit Eingabe vom 11. September 2018 bestätigt und in der Be-
schwerdeschrift vom 21. Dezember 2018 nochmals wiederholt worden.
Gemäss konstanter Praxis komme die Zustellung einer Löschungsanzeige
an den zuständigen Vertreter der Zustellung an den Patentinhaber selbst
gleich. Die Verwirkungsfrist nach Art. 47 Abs. 2 PatG sei somit nicht ge-
wahrt worden und das Wiedereinsetzungsgesuch vom 27. Februar 2018
daher verspätet.
I.
Eine Verhandlung fand nicht statt. Auf weitere Vorbringen der Parteien
wird, soweit sie rechtserheblich sind, in den folgenden Erwägungen einge-
gangen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bun-
desverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG, SR 173.32) be-
urteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen
nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Ver-
waltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG, SR 172.021),
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sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Die Beschwerde ist un-
ter anderem nach Art. 33 Bst. e VGG zulässig gegen Verfügungen der An-
stalten und Betriebe des Bundes.
1.2 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um eine Verfügung im
Sinne von Art. 5 Abs. 1 Bst. c VwVG. Das Eidgenössische Institut für Geis-
tiges Eigentum ist eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts gemäss
Art. 33 Bst. e VGG, weshalb das Bundesverwaltungsgericht zur Behand-
lung der Beschwerde zuständig ist.
1.3 Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenom-
men und ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt. Er hat
zudem ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung,
weshalb er zur Beschwerde legitimiert ist (Art. 48 Abs. 1 VwVG).
1.4 Der Streitgegenstand in einem Beschwerdeverfahren umfasst das
durch die Verfügung geregelte Rechtsverhältnis, soweit dieses angefoch-
ten wird. Er wird durch zwei Elemente bestimmt: Erstens durch den Ge-
genstand der angefochtenen Verfügung (Anfechtungsgegenstand) und
zweitens durch die Beschwerdebegehren (Urteil des BVGer B-3311/2012
vom 13. Dezember 2012 E. 1.3; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechts-
pflege, 2. Aufl., 1983, S. 42 ff.). Mit einer Beschwerde gegen einen Nicht-
eintretensentscheid kann daher im Prinzip nur das Nichteintreten bean-
standet und nicht eine materielle Beurteilung verlangt werden (Urteil des
BGer 2C_762/2010 vom 2. Februar 2011 E. 2).
1.5 Der Beschwerdeführer stellt den Antrag, die Verfügung vom 23. No-
vember 2018 sei aufzuheben und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den
früheren Stand sei zu genehmigen. Gemäss Dispositiv der Verfügung vom
23. November 2018 ist die Vorinstanz auf das Begehren des Beschwerde-
führers nicht eingetreten. Indessen ist die Verfügung nicht streng nach
ihrem Wortlaut, sondern nach ihrem wirklichen Gehalt zu verstehen (Urteil
des BGer 2C_762/2010 vom 2. Februar 2011 E. 2). Aus den Erwägungen
der Vorinstanz geht indes klar hervor, dass diese die Voraussetzungen für
eine Wiedereinsetzung in den früheren Stand nicht nur formell im Sinne
des Vorhandenseins der Prozessvoraussetzungen, sondern auch materiell
beurteilt hat. So hat sie u.a. dem Beschwerdeführer in Einklang mit Art. 16
Abs. 2 der Verordnung über die Erfindungspatente (Patentverordnung,
PatV, SR 232.141) angezeigt, dass sie die geltend gemachten Gründe für
die Wiedereinsetzung als nicht genügend erachte, und die Möglichkeit zu
Stellungnahme hierzu gegeben. Weiter hat die Vorinstanz geprüft, ob die
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Versäumnisse der ausländischen und Schweizer Vertreterin dem Be-
schwerdeführer anzurechnen sind. Solche Prüfungsschritte gehen klar
über eine formale Eintretensprüfung hinaus und ergehen in Anwendung
des materiellen Rechts (vgl. Urteil des BVGer B-4918/2017 vom 8. Mai
2018 E. 1.4). Entsprechend hat die Vorinstanz fälschlicherweise in Ziffer 1
der angefochtenen Verfügung geschrieben, auf das Gesuch sei nicht ein-
zutreten. Richtigerweise hätte dies als Abweisung des Gesuchs bezeichnet
werden müssen. Nach dem Gesagten steht es dem Bundesverwaltungs-
gericht somit frei, auch in der Sache selber zu entscheiden.
1.6 Eingabefrist- und form sind gewahrt (Art. 50 und 52 Abs. 1 VwVG), die
Vertreterin hat sich rechtsgenüglich ausgewiesen (Art. 11 VwVG), der Kos-
tenvorschuss wurde fristgerecht bezahlt (Art. 63 Abs. 4 VwVG) und die
übrigen Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor (Art. 46 ff. VwVG).
1.7 Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.
2.
2.1 Gemäss Art. 47 Abs. 1 PatG ist einem säumigen Patentbewerber oder
-inhaber die Wiedereinsetzung in den früheren Stand zu gewähren, wenn
er glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer
durch Gesetz oder Verordnung vorgeschriebenen oder vom Amt gesetzten
Frist verhindert worden ist. Ein entsprechendes Gesuch ist nach Art. 47
Abs. 2 PatG innert zwei Monaten seit dem Wegfall des Hindernisses, spä-
testens aber innert einem Jahr seit dem Ablauf der versäumten Frist bei
der Behörde einzureichen, bei der die versäumte Handlung hätte vorge-
nommen werden müssen. Gleichzeitig ist die versäumte Handlung nach-
zuholen.
2.2 Das Hindernis entfällt mit Kenntnisnahme des Versäumnisses durch
den Patentinhaber oder seinen Vertreter. Von der Kenntnis des Versäum-
nisses ist in der Regel spätestens mit Erhalt der Löschungsanzeige des
Instituts für Geistiges Eigentum auszugehen (Urteile des BGer
4A.149/2008 vom 6. Juni 2008 E. 3.1, 4A.158/2007 vom 5. Juli 2007 E. 4
und 4A.5/2002 vom 22. Januar 2003 E. 3.1; Urteil des BVGer B-4918/2017
vom 8. Mai 2018 E. 2.2). Nur in Ausnahmefällen – wie bei einer entschuld-
baren Fehlleistung des Vertreters – wird dem Vertretenen das Wissen sei-
nes Vertreters nicht angerechnet (Urteile des BGer 4A.149/2008 vom
6. Juni 2008 E. 3.1 und 4A.5/2002 vom 22. Januar 2003 E. 3.1; Urteil des
BVGer B-1156/2016 vom 28. Februar 2018 E. 4.2.2).
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3.
Der Beschwerdeführer führt zur Begründung seines Gesuchs um Wieder-
einsetzung an, es liege ein entschuldbarer Fehler einer Mitarbeiterin der
ausländischen Vertreterin vor. Diese habe es trotz Anweisung übersehen,
eine andere E-Mailadresse in der Schutzrechts-Verwaltungssoftware als
Korrespondenzadresse zu erfassen. Die ausländische Vertreterin habe die
Löschungsanzeige via die Schweizerische Vertreterin zwar erhalten, und
diese an die im System erfasste Korrespondenz-E-Mailadresse des Be-
schwerdeführers weitergeleitet. Da die ausländische Vertreterin auf Nach-
richten an diese E-Mailadresse keine Fehlermeldung betreffend Zustellung
erhalten habe, sei das Versehen nicht erkannt worden. Die Unkenntnis
über die versäumte Frist sei deshalb entschuldbar und das Hindernis nicht
durch den Erhalt der Löschungsanzeige vom 31. März 2017 durch die
Schweizer Vertreterin weggefallen. Vielmehr habe dieses unverschuldet
fortbestanden, bis der Beschwerdeführer am 9. Januar 2018 telefonisch
von der Löschung der nationalen Teile des Patentes Nr. _______ erfahren
habe.
3.1 Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts ist das Verschul-
den einer Hilfsperson dem Patentinhaber oder -bewerber anzurechnen,
wobei sich das Verschulden nach der Sorgfalt, die bei gleicher Sachlage
von einem achtsamen Geschäftsmann angewendet worden wäre, bemisst
(BGE 111 II 504 E. 3b, BGE 108 II 156 E. 1a m.w.H.; Urteil des BVGer
B-1156/2018 vom 28. Februar 2018 E. 4.3.1). Hat der Patentinhaber oder
-bewerber für das Verschulden seines Vertreters einzustehen, so ist ihm
auch das Verschulden von Angestellten oder anderen Hilfspersonen des
Vertreters anzurechnen, denn diese sind mittelbar auch Hilfspersonen des
Vertretenen (BGE 87 I 217 E. 1; vgl. auch zur Thematik PETER HEINRICH,
PatG/EPÜ, Kommentar zum schweizerischen Patentgesetz und den ent-
sprechenden Bestimmungen des europäischen Patentübereinkommens,
3. Aufl. 2018, Art. 47 PatG Rz. 11). Das Bundesgericht hat – bewusst ent-
gegen anderen Ansichten im Ausland – wiederholt entschieden, dass auch
ein einmaliges Verschulden einer sonst zuverlässigen Hilfsperson dem Pa-
tentinhaber zuzurechnen sei und die Wiedereinsetzung ausschliesse, wo-
bei der Patentinhaber oder sein Vertreter die erforderlichen Vorkehren tref-
fen müsse, damit auch einer sonst zuverlässigen Hilfsperson kein Verse-
hen unterlaufe (BGE 111 II 504 E. 3a, BGE 108 II 156 E. 1a m.w.H.,
BGE 94 I 248 E. 2, bestätigt in den Urteilen des BGer 4A.10/2006 vom
13. Juni 2006 E. 2.3 und 4A.158/2007 vom 5. Juli 2007 E. 4, 5.2; Urteil des
BVGer B-1156/2016 vom 28. Februar 2018 E. 4.3.1; vgl. auch zur Thematik
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PETER HEINRICH, a.a.O., Art. 47 PatG Rz. 11 und 14). Nicht als entschuld-
bare Fehlleistungen i.S.v. Art. 47 Abs. 1 PatG wurden namentlich die fal-
sche Eingabe in eine Verwaltungssoftware oder die unterbliebene Weiter-
leitung einer Löschungsanzeige an den Patentinhaber angesehen (Urteile
des BGer 4A.10/2006 vom 13. Juni 2006 E. 2.3 und 4A.5/2002 vom 22. Ja-
nuar 2003 E. 3.4).
3.2 Das Hindernis zur rechtzeitigen Reaktion war nach Angaben des Be-
schwerdeführers die versehentlich unterlassene Mutation der Korrespon-
denz-E-Mailadresse in der Verwaltungssoftware. Nach der Darstellung des
Beschwerdeführers ist einer Mitarbeiterin der ausländischen Vertreterin ein
einmaliges Versehen unterlaufen. Diesen Fehler hat sich der Beschwerde-
führer aber anrechnen zu lassen. Auch ein einmaliges Verschulden einer
sonst zuverlässigen Hilfsperson ist dem Patentinhaber zuzurechnen. Ent-
scheidend ist, dass das Verhalten dieser Hilfskraft dem Beschwerdeführer
zum Verschulden gereichen würde, wenn er selbst die fragliche Handlung
begangen hätte (BGE 94 I 248 E. 2b; Urteil des BVGer B-6390/2015 vom
18. Juni 2016 E. 3.7). Das ist vorliegend zu bejahen. Es obliegt dem Pa-
tentinhaber bzw. -bewerber seine Vertretung so zu organisieren, dass all-
fällige Manipulations- oder Computereingabe-Fehler, welche nicht grund-
sätzlich ausgeschlossen werden können, spätestens mit der Mitteilung der
Löschungsanzeige von ihr entdeckt werden (Urteil des BGer 4A.10/2006
vom 13. Juni 2006 E. 2.3), denn sie muss sich das Wissen ihrer Vertretung
bezüglich der vom Institut getätigten Schritte, wie etwa eine Löschung des
Patents, anrechnen lassen (Urteile des BGer 4A.149/2008 vom 6. Juni
2008 E. 3.1 m.w.H. und 4A.5/2002 vom 22. Januar 2003 E. 3.1). Es steht
ausser Frage, dass die Schweizer Vertretung die Löschungsanzeige des
Instituts erhalten und an die ausländische Vertretung weitergeleitet hat.
Diese soll jedoch aufgrund der oben erwähnten unterlassenen Mutation
der Korrespondenz-E-Mailadresse in der Verwaltungssoftware trotz Wei-
terleitung nicht bis zum Beschwerdeführer gelangt sein. Damit hat es der
Patentinhaber unterlassen, sich so zu organisieren, dass zumindest die
Löschungsanzeige ihm selber zur Kenntnis gebracht wurde und der Irrtum
der ausländischen Vertreterin hätte entdeckt werden können. Entspre-
chend liegt im Verhalten des Patentinhabers und seiner Vertretung keine
entschuldbare Fehlleistung.
3.3 Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, dass nach der Rechtspre-
chung des Europäischen Patentamtes ein einmaliges Versehen als schuld-
los erachtet werde und nicht zu einem Rechtsverlust des Schutzrechtes
führen solle. Diese Ansicht leitet der Beschwerdeführer von den beiden
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Seite 10
Entscheidungen des Europäischen Patentamtes J 2/86 und J 3/86 ab.
Diese Entscheidungen stützen sich indes auf die materiellen Bestimmun-
gen des Europäischen Patentabkommens (EPÜ, SR 0.232.142.2), wohin-
gegen vorliegend das schweizerische PatG massgebend ist. Eine Bestim-
mung, wonach sich das nationale Patentrecht für die nationale Phase der
Patenterteilung an die Fristenregelungen des EPÜ halten müsse, konnte
das Bundesgericht in diesem Zusammenhang allerdings gerade nicht fest-
stellen (BGE 108 II 156 E. 2). Folglich ist es auch nicht zu beanstanden,
dass in der schweizerischen Rechtsprechung zu versäumten Fristen ein
strengerer Massstab angelegt wird, als bei Entscheidungen, die vom Euro-
päischen Patentamt unter dem EPÜ ergehen. Die vom Bundesgericht be-
wusst formulierte, strengere Rechtsprechung wurde denn auch bestätigt
(Urteil des BGer 4A.158/2007 vom 5. Juli 2007 E. 4). Der Einwand des
Beschwerdeführers ist daher unbehilflich, ebenso der Hinweis des Be-
schwerdeführers, dass durch den parallelen Beschluss des Deutschen
Patent- und Markenamtes, bei den gleichen Gründen die Wiedereinset-
zung zur Zahlung der 4. Jahresgebühr zum Streitpatent als zulässig und
begründet erachtet worden sei.
3.4 Im Übrigen ist bezüglich der strengen Praxis des Bundesgerichts im
Zusammenhang mit Art. 47 PatG darauf hinzuweisen, dass der Gesetzge-
ber den Patentanmelder bezüglich Fristen und deren Wahrung mit Art. 18
Abs. 3 PatV und Art. 46 PatG im Vergleich zu Fristenregelungen in anderen
Gesetzen insgesamt sehr grosszügig behandelt, weshalb es nicht gerecht-
fertigt wäre, zusätzlich noch die Anforderungen an die Glaubhaftmachung
des unverschuldeten Hindernisses herunterzusetzen (ausführlich: Urteil
des BVGer B-6390/2015 vom 18. Juli 2016 E. 4.5 und E. 4.6).
3.5 Es kann somit festgehalten werden, dass der Beschwerdeführer nicht
glaubhaft machen konnte, dass er ohne Verschulden an der Einhaltung der
von der Vorinstanz gesetzten Fristen verhindert wurde. Entsprechend sind
die Voraussetzungen von Art. 47 Abs. 1 PatG nicht erfüllt und die Frage
nach dem Start und der Einhaltung eines möglichen Fristenlaufs nach
Art. 47 Abs. 2 PatG kann folglich offengelassen werden.
4.
4.1 Bei diesem Verfahrensausgang sind dem Beschwerdeführer als unter-
liegende Partei die Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG).
Die Gerichtsgebühr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit der
Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien
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Seite 11
(Art. 63 Abs. 4bis VwVG, Art. 2 Abs. 2 des Reglements vom 21. Februar
2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungs-
gericht [VGKE, SR 173.320.2]). In den patentrechtlichen Verfahren der
Weiterbehandlung und Wiedereinsetzung ist dafür das Interesse des be-
schwerdeführenden Patentbewerbers oder -inhabers an der Erlangung
oder Aufrechterhaltung des Patentschutzes zu veranschlagen (vgl. Urteil
des BVGer B-730/2011 vom 6. Juni 2012 E. 6). Es würde allerdings zu weit
führen und könnte im Verhältnis zu den relativ geringen Kosten des erstin-
stanzlichen Verfahrens abschreckend wirken, wenn dafür stets konkrete
Aufwandsnachweise im Einzelfall verlangt würden. Mangels anderer streit-
wertrelevanter Angaben ist der Umfang der Streitsache darum nach
Erfahrungswerten auf mindestens Fr. 100'000.– festzulegen (vgl. JOHANN
ZÜRCHER, Der Streitwert im Immaterialgüter- und Wettbewerbsprozess,
sic! 2002 S. 503). Die Gerichtsgebühr wird im vorliegenden Verfahren so-
mit auf Fr. 3'000.– festgesetzt. Sie wird dem in gleicher Höhe geleisteten
Kostenvorschuss des Beschwerdeführers entnommen.
4.2 Es wird weder keine Parteientschädigung zugesprochen (Art. 64
Abs. 1 VwVG; Art. 7 Abs. 3 VGKE).
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 3'000.– werden dem Beschwerdeführer auf-
erlegt. Der vom Beschwerdeführer geleistete Kostenvorschuss von
Fr. 3'000.– wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
B-7293/2018
Seite 12
4.
Dieses Urteil geht an:
– den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)
– die Vorinstanz (Ref-Nr. _______; Gerichtsurkunde)
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Vera Marantelli Corine Knupp
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bun-
desgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Ange-
legenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist
gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim
Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen
Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Ver-
tretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in
einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung
mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der ange-
fochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerde-
führende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
Versand: 17. Juli 2019