Živi sebe normal'nenko! Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel

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University of Zurich Zurich Open Repository and Archive Winterthurerstr. 190 CH-8057 Zurich http://www.zora.uzh.ch Year: 2008 Živi sebe normal'nenko! Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel Weiss, D Weiss, D (2008). Živi sebe normal'nenko! Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel. Schweizerische Beiträge zum XIV. Internationalen Slavistenkongress in Ohrid, September 2008:327-344. Postprint available at: http://www.zora.uzh.ch Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich. http://www.zora.uzh.ch Originally published at: Schweizerische Beiträge zum XIV. Internationalen Slavistenkongress in Ohrid, September 2008 2008, :327-344.

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Živi sebe normal'nenko! Zur Lexikalisierung von russ. sebe alsPartikel

Weiss, D

Weiss, D (2008). Živi sebe normal'nenko! Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel. Schweizerische Beiträgezum XIV. Internationalen Slavistenkongress in Ohrid, September 2008:327-344.Postprint available at:http://www.zora.uzh.ch

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Weiss, D (2008). Živi sebe normal'nenko! Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel. Schweizerische Beiträgezum XIV. Internationalen Slavistenkongress in Ohrid, September 2008:327-344.Postprint available at:http://www.zora.uzh.ch

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! Vgl. Bayer, "##$, S. "!!–"!%." Vgl. Giger, "##&.' Dazu näher Weiss, "##$.( Weiss, "##!, S. (!) ff.

!ivi sebe normal’nenko! Zur Lexikalisierung von russ. sebe als PartikelD*+,-. W-,//

!. Zur Abgrenzung des Gegenstands

Viele slavischen Sprachen kennen die Tendenz zur Lexikalisierung isolierter Kasus formen des Reflexivpronomens. In aller Regel kommen hier der Dativ und der Instrumental in Be tracht, vgl. z. B. poln. sobie, tschech. si, russ. sebe, die allesamt über die Bedeutung des dativus ethicus zu eigenständigen Partikeln mutiert haben. Von besonderem Interesse sind die sprachkon-taktinduzierten Lexikalisierungen des Instrumentals in burgenländ-kroat. sobom, kärtnerischsloven. sabo sowie ober- und niederorb. sobu, die allesamt das deutsche be wegliche Präverb mit kalkieren,! in weitaus geringerem Masse lässt sich diese Lexikalisierung auch im Tschechischen (v. a. in der Vorkriegszeit) nach wei sen."

Der Lexikalisierung unterliegen isolierte Kasusformen ferner als Bestand-teile von Phrasemen mit meist adverbieller Funktion; hier kommen auch andere Kasus als die genann ten vor, vgl. poln. sam z siebie, sam przez siebie, sam za siebie, sam w sobie, ferner russ. sam po sebe, samo soboj, znaj sebe, sam sebe, sam za sebja; ni"ego sebe!, tak sebe, ne po sebe. Wie aus dieser kleinen Liste bereits ersichtlich wird, tritt das Reflexivum dabei besonders häufig im Verbund mit dem emphatischen Reflexiv sam auf.' Vereinzelt entspricht einem Einzellexem reflexiver Herkunft in der einen Sprache auch ein Phra-sem, wie dies etwa in der separativen Bedeutung von sobie im Poln. der Fall ist, als dessen russ. Übersetzungs äqui valent sam po sebe fungiert.(

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012 Daniel Weiss

% Was mit der adpronominalen Position gemeint ist, bleibt dunkel, zumal diese Ver-wendung auch nicht mit einem Beispiel illustriert wird.

$ www.rus.corpora.ru& Das Verb selber kann dabei elidiert sein wie in Ona – emu: (sc. govorit, skazala) etc.

oder in Pragmaphrase men wie Já tebe!

Der vorliegende Beitrag setzt die Studie von Weiss "##! fort. Dort ging es haupt sächlich um die semantische und pragmatische Charakteristik von poln. sobie, ein kleiner Ausblick betraf dessen russ. und tschech. bzw. slovak. Äquivalente. Diesmal gilt das Augen merk ausschliesslich der russ. Partikel sebe, deren Bedeutung im MAS folgendermassen definiert wird: «Razg. Upotrebljaetsja (oby3no postpozitivno) pri glagole ili mestoimenii,% pod3erkivaja, 3to dejstvie sover4aetsja svobodno, nezavisimo». Genau diese Idee des stö rungsfreien, autonomen Vollzugs einer Handlung stellt auch die Invariante des polnischen Äquivalents sobie dar. Es wird freilich zu klären sein, ob hier immer eine Handlung im en geren Sinne involviert ist. Typische Beispiele sind etwa Sidi sebe spokojno, Ona spit sebe, kak doma oder Rabotaju sebe v udvol’stvie. Als Datenbasis für die Untersuchung diente einerseits das Russische Nationalkorpus,$ andererseits die Suchmaschine von Google, die jeweils ein Mehrfaches an Belegen liefert und den spontanen, häufig nicht norm gerechten Usus der Internetkommunikation reflektiert; insbesondere die zahlreichen Beispiele aus blogs und Diskussionsforen liefern hier dank ihres betont kolloquialen Charakters wert volle Erkenntnisse. Viele Kombina-tionen waren ausserdem nur über Google zu gewinnen, da das Nationalkor-pus gar keine oder nur äusserst wenige Belege enthielt. Bei orthographisch fehlerhaften oder syntaktisch unvollständigen Beispielen wurde jeweils die Originalversion beibehalten, allzu grobe Normverstösse waren jedoch ein Ausschlussgrund.

Wann die Verwendung von sebe als Partikel vorliegt, ist nicht immer von vornherein auszumachen. So müssen zunächst jene Verwendungen ausgeson-dert werden, wo sebe als «echtes» Reflexivum mit ana- oder kataphorischem Bezug von einem Verb mit Dativrektion abhängt.& Da die Partikelfunktion bei solchen Verben nicht ausgeschlossen ist, kann es hier im Prinzip zu ambigen Fällen kommen, so im Falle von ja radujus’ sebe: Falls der Vortext lautet ja sebja ljublju, ist sebe als Auslöser der Freude, d. h. syntaktisch als Aktant von radujus’ zu interpretieren, ebenso in Ja radujus’ sebe i ljudam, hingegen erfordert vot i idu, radujus’ sebe eher die Deutung als Partikel.

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Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel 015

6 Dabei kann diese Operation durchaus obligatorisch oder (wie in den zitierten Bei-spielen) zumindest präferabel sein. Generell zum «possessor raising» im Russischen mit Literaturhinweisen s. Weiss, "##", S. !6$–!)'.

) Wie in der Literatur allgemein üblich, umfassen diese Begriffe auch den Malefaktiv bzw. Geschädigten.

Davon zu unterscheiden sind jene Fälle, wo sebe keinen Aktanten eines Verbs mehr bildet, sondern nur noch Wortbildungsfunktion erfüllt wie in predstavit’ sebe, pozvolit’ sebe u. a. m.: hier würde die Anfügung der Partikel zu einer ungrammatischen Kumulierung zweier homonymer Formen sebe führen. Ferner kann die Abfolge V + sebe durch zufällige Nach barschaft entstanden sein, d. h. zwischen den beiden Konstituenten besteht keine syn tak tische Relation. Dies ist etwa der Fall in ne videt’ sebe mesta / perspek-tivy / primenenija: das Pronomen ist hier jedes Mal abhängig vom folgenden Nomen, eine Relation videt’ ! sebe lässt sich damit nicht nachweisen. Ähn-lich liegt der Fall in smotret’ sebe pod nogi / v glaza, otkusit’ sebe jazyk oder rabotat’ sebe v ubytok: hier entsteht sebe durch Aktantensplitting (Ju. Apres-jan) bzw. «possessor raising» («pod”em posessora») aus einem ursprünglich von dem Nomen abhängigen Reflexivadjektiv, vgl. smotret’ v svoi glaza,6 es handelt sich also nicht um die (an sich sprachgerechten) Relationen smotret’ sebe oder rabotat’ sebe.

Unsere Aufgabe lässt sich damit in syntaktischer Hinsicht präzisieren: gesucht sind Fälle, in denen sebe direkt von einem Verb dominiert wird, aber nicht im Sinne einer Aktan tenrelation, sondern als Freie Angabe bzw. (nach der Terminologie der Moskauer Schule) Zir konstant. Entsprechend ist er immer weglassbar, d. h. seine Elision führt nicht zu syntaktisch nicht wohlgeformten Sätzen. Dies ist allerdings noch eine sehr ungenaue Ein-grenzung, denn auch eine klassische Funktion des Dativs, jene des Bene-factives / Nutz niessers,) weist häufig dieselbe syntaktische Charakteristik auf, vgl. Otkroj sebe okno, Ona vzjala sebe kusok kolbasy etc. Zudem ist hier die semantische Nähe zur gesuchten Partikel funktion offensichtlich, da ja auch diese oft mit einem Zusatznutzen für den Täter zu tun hat (vgl. oben das Bsp. mit sebe v udvol’stvie). Zusätzlich zeichnet sich bei Ditransitiva eine komplementäre Interpretations strategie ab: bei realisiertem direktem Objekt siegt die pronominale Lesung von sebe als indirektem Objekt, vgl. gotovil sebe obed, bei fehlendem direktem Objekt wie in gotovil sebe setzt sich die Partikel-Lesung durch. Im Hintergrund steht hier die Affinität zu

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007 Daniel Weiss

!# Zur unterschiedlichen Interpretation von sobie in poln. Aspektpaaren wie malowa# sobie vs. namalowa# sobie s. Rudzka-Ostyn, !))", S. "(& und Weiss, "##!, S. (!(.

!! Darin unterscheidet sich sebe markant von seinem polnischen Äquivalent sobie, das als Partikel keine Kom bination mit Reflexivverben auf si$ zulässt.

nichttelischen Sachverhalten: der mit sebe charakterisierte Prozess verläuft eher nicht zielgerichtet, sozu sagen zweckfrei.!#

Hier greift überdies ein weiteres Kriterium, das in Weiss "##!, (#& schon für poln. sobie geltend gemacht wurde: die Partikel kann nie fokussiert werden, bleibt also immer un be tont. Dies unterscheidet sie von der Benefac-tive-Rolle, denn dort kann das Reflexiv pro nomen durchaus den Hauptakzent tragen, vgl. Sebé voz’mi!. Als zusätzliches Abgren zungs kriterium kommt der Substitutionstest hinzu: bei der Partikel ist nur die reflexive Variante möglich, beim Pronomen mit Benefactive-Bedeutung können auch beliebige andere Personen oder volle NPs auftreten, vgl. Otkroj mne / mame okno!, aber: Dedu%ka spit sebe / *babu%ke. Ein letztes Kriterium betrifft die beim Benefactive oft mögliche, wenn auch nicht immer strikt synonyme Substitu-tion des Dativs durch dlja, vgl. Otre&’ kusok Ljube / dlja Ljuby, aber: De du%ka spit sebe / *dlja sebja. Überprüfenswert scheint ferner die Kombination mit morpho logisch reflexiven Verben wie smejat’sja, katat’sja oder ryt’sja: sie ist bei der Partikel gege ben, wie etwa Bsp. ) unten zeigt,!! beim Pronomen hingegen scheint ein zusätzlicher Bene factive bei Verben auf –sja schwer vorstellbar.

Was das Positionsverhalten der Partikel angeht, so ist dieses weit stärker eingeschränkt als jenes des Pronomens; allerdings ist entgegen der oben angeführten Definition neben der Post- durchaus auch die Anteposition anzutreffen, vgl. unten Bsp. ! und "6. Die Dominanz der Nachstellung erklärt unter anderem, warum syntaktisch potentiell doppeldeutige Fälle denn noch eindeutig interpretiert werden, vgl. ljubil ! sebe gotovit’ und chodil ! sebe guljat’, nicht: *ljubil sebe " gotovit’. Wichtiger ist das Gebot des unmittel-baren Kontakts mit dem betreffenden Verb, das praktisch nie verletzt wird (vgl. allerdings Bsp. &). Insgesamt benimmt sich sebe in Partikelgeltung also wie ein Klitikum auf dem Weg zur Postfigierung an das Verb, ein Prozess, der vor Jahrhunderten schon zur Univerbierung der Verben auf –sja geführt hat; allerdings steht dem einstweilen der zweisilbige Struktur von sebe entgegen. Unter den Partikeln wäre am ehesten –ka und im nominalen Bereich –to zu vergleichen, die beide zu Postfixen mutiert sind.

Auch nach Massgabe dieser formalen Abgrenzungskriterien dürfte eine Rest menge von potentiell ambigen Textbeispielen übrig bleiben, die sowohl

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Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel 008

!" master-class.spb.ru/hum-kons!' Vgl. das im Titel dieser Studie enthaltene Vysockij-Zitat. Weitere Beispiele für &it’

sebe werden in Weiss, "##!, S. ("" f. angeführt; dort auch zu den unterschiedlichen Gebrauchsbedingungen von russ. sebe und pl. sobie.

!( 9:;:<=>? @ABC::D. E;?:ADFG (!)$6–!))#).!% HBIJK;=L BC=M // «N=AOJ PQGM MDBL <BI» (R. RBDSBAB<), "##". !!. !6.!$ Das russ. Nationalkorpus liefert für die '. Pers.Sg. u. Pl. Präs. u. Prät. ganze !"

Belege; zwei beziehen sich auf Fledermäuse, je einer auf einen Tiger- und einen Affenschwanz, ein Thermometer, einen Strick, einen Anzug, ein Hemd, einen Schlüsselbund, ein Bild, ein Porträt und einen Stern.

die pronominale aus auch die Partikel-Lesung zulassen. Ein solcher Fall ist im folgenden Beispiel gegeben:(!) 9 B<;BL J<DB>J?M>BL >B;?BA: ;J M?:;: D=M=? >JA?=;J, ;J=TBQ:: ?BU;B

B?AJOJGVJW MXV- ;BM?F <J;;BL PABC:MM==: <DB: IXO=>BD MPBAW?, >BIX PA=;J<Q:O=? >BABDJ, B<=; ?W;:? :: YJ ABSJ, <AXSBL – YJ ZDBM?, J J<DB>J? D [?B DA:IW MPB>BL;B '()( *+,- [?X MJIXG >BABDX …!"

Die Interpretation als Partikel ist zwar schon wegen spokojno wahrschein-licher, aber die pro nominale Geltung ist nicht völlig auszuschliessen, wenn auch der Substitutionstest eher humoristische Resultate liefert, vgl. Mné / dlja menjá doi korovu! Zusätzlich sollten daher semantische Kriterien zu Rate gezogen werden: Was für Prädi katsklassen kommen bei der Partikel-Funktion in Frage, welche semantischen Restriktionen lassen sich feststellen? Klassi sche Kontexte für sebe liefern zweifellos intransitive Verben wie &it’,!' spat’, rabotat’, ebenso Bewegungsverben wie idti, chodit’, echat’, ezdit’, katat’sja und die Positionsverben sidet’, le&at’, stojat’ und viset’. Dabei sind im Einzelnen durchaus Unterschiede auszumachen, wie zunächst anhand der Positionsverben illustriert werden soll: während sidet’ sebe und le&at’ sebe überwiegend persönliche Subjekte aufweisen, begegnet stojat’ sebe häufig mit unbe lebten Subjekten (Artefakten, Häusern, Örtlichkeiten etc.):(") \ .(/0. '()( ?=ZB;F>B, PBP=DJQ.!(

(') @SB BPXM>JGVJWMW K?BA>J PBYDBQW:? T]M?AB M>A]?F MQ:<] «?AX<BDBL <:W?:QF- ;BM?=», DAB<: '-+,- '()( PABM?B K>JCU=>.!%

Stojat’ sebe können nach dem Ausweis meines Korpus u. a. ganze Städte, Lenin-Denk mäler, Strassenbahnen, Plüschesel, Computer, daneben frei-lich auch Exhibionisten. Für viset’ sebe dürfte der Bezug auf unbelebte Gegenstände, Tiere oder Körperteile gar die über wältigende Mehrzahl aller Beispiele ausmachen:!$

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001 Daniel Weiss

!& annews.ru/news/detail.php?ID=&&%(%!6 planeta.rambler.ru/users/lenaakh/rss/!) grustno.hobby.ru/dzik/skazki.htm"# http://users.livejournal.com/midara_/!$')!'!.html

(() ^ ?X? AXZ;XQJ M?AJ;J. _JA?=L`], TX<?B BO=<JW M=S;JQJ, T]M?AB M<JQ= MDB= PBY=`==, AJM- PABVJDK=MF M =<:JQJI= – = BM?JQMW D]IP:Q T:MZBY;]I. 1,'(. '()(, P]Q=QMW, BTA:>JW XUJM?B> ;J D:U;B: Q=<:AM?DB.!&

Wie ist dieser Befund zu interpretieren? Handelt es sich etwa um Personi-fikationen, ist eine scherzhafte Note intendiert? Für letzteres spricht der nächste Beleg:(%) ^ =M?=;J .(/,- '()( ;J PBD:AZ;BM?=:!6

Der spassige Ton kann sich allerdings genauso auf Personen erstrecken, zumindest wenn sie tot sind, vgl. etwa die folgenden narrativen Fragmente aus einer «Skazka dlja syna» zeigen:($) _B<ZB<=? > IJSJY=;X, J ;JDM?A:UX :IX <DJ A:>:?=AJ:

– H:;:S <JDJL.HBM?J:? <:< =Y I:K>J TBQFKBL <A]; – TJZ B<;BSB TJ;<=?J PB QTX, TJZ

<AXSBSB. a;= .(/0- '()( ?=ZB, J <:< YJK:Q D IJSJY=; […]9<AXS PBP:A:> <BABS= SJ=K;=> – MD=M?=?, PJQ>BL IJZJ:?– HJDJL, – SBDBA=? <:<X – <:;:S. ^ ?B AJYb:Y<=Q=MF ?X? ;J I:AM:<:MJZ,

J W ;J MI:;: I:AY;X. HBM?J:? <:< =Y I:K>J TBQFKBL <A]; – TJZ SJ=K;=>J PB QTX. cGT=Q B; YJAJYX =M>BA:;W?F. dB? .(/,- '()( ?=ZB, ;: MD=M?=? PBU:IX-?B,!) …

Unser bisheriger Befund ergibt vor allem eines: angesichts der hohen Anzahl Ab weichungen vom semantisch Erwartbaren (belebtes Agens) empfiehlt es sich, den in der obigen WB-Definition vorkommenden Begriff der Handlung zu revidieren und z. B. bei viset’ sebe auch Prozesse und Zustände zuzulas-sen, denen das Merk mal [+kontrolliert] nicht inhä rent ist. Für diese Lösung sprechen Beispiele, wo sebe sich mit inhärent nicht kontrollierbaren Sach-verhalten verbindet, vgl. das folgende, wenig appetitliche Beispiel:(&) DB? ?J> DMG ;JKX O=Y;F. eJY, DAB<: I:M?B PA=Q=U;B:, J TJ` – ABT>B SBD;:`B

Q:O=?, '2(3*,- 4+-,5+6789 '()(.\ XO: ;: SBDBAG PAB >B;M>=L ;JDBY, >B?BA]L DB 9QJ<=DBM?B>: ;J SQJD;]Z

XQ=`JZ PBM?BW;;B DM?A:UJ:?MW, = PAB MBTJUF: <:AFIB, >B?BAB: PBDM:I:M?;B Q:O=?"# …

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Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel 000

"! ^;<A:L _QJ?B;BD. :(;(6<93 (!)"))."" vay-o.livejournal.com

Auch mit anderen Zustandsverben und abstrakten unbelebtem Subjekten kann sebe auftreten, vgl. etwa =lektri"estvo gorit sebe i ne tuchnet (Charms), a bank Renessans Kapital spit sebe prespokojnen’ko (www.ilovemoney.ru/credits/clientstories/commen )$/). Die Meta pho ri sie rung geht mitunter soweit, dass selbst Eigenschaften bezeichnende Verben (Vendlers «gen e ric states») noch mit sebe kombiniert werden:(6) f<:MF PBZBO: ;J J;SQB-=;<=LM>=L ?:Q:SAJC – ?BO: <JQ:>B D=<;B = U=M?B:

I:M?B! – ̂ ;SQB-=;<=LM>=L? – MPABM=Q HDJ;BD = PA:<M?JD=Q M:T: ?X <JQF = ?J=;M?D:;;BM?F, S<: B; 43+5+*,-. – a;, gJK, D=M=? ;J UXSX;;]Z BPBAJZ, J ;J ;=Z IJA>=, ,*(- '()( PABDBQB>J U:A:Y M?:P=, SBA] = OJA>=: M?AJ;]!"!

Überprüfen wir nun das Kriterium der Kontrollierbarkeit an der Gruppe der Wahr neh mungsverben. Beispiele mit den eine willentlich gesteuerte Wahr-nehmung bezeichnenden Verben smotret’ sebe und slu%at’ sebe zu finden, fällt nicht schwer, vgl. etwa smotret’ sebe futbol / kino / novye ob»javlenija o rabote, slu%at’ sebe muzyku / radio, und selbst für njuchaet’ sebe liefert Google %! Beispiele ("!. 6. "##&), vgl.()) a; AB:?MW M:T: ;J IXMBA;BL MDJQ>:, 6>50(- '()(, T:SJ:? D <=>BL PA=AB<:

YJ <BT]U:L, = D]T=AJ:? =Y DM:SB Mb:<BT;BSB ?B, U?B :SB BASJ;=YIX D <J;;]L IBI:;? "" …

Anders verhält es sich mit den entsprechenden spontane Wahrnehmungen bezeich nenden Verben: videt’, sly%at’ und "uvstvovat’ lassen sich kaum mit sebe kombinieren, es sei denn mit eigener Bedeutung (videt’ sebe ist das Quasi-Synonym von predstavljat’ sebe, vgl. «Kak voob%"e rukovodstvo vidit sebe situaciju?»). Zur pragmatischen Zusatzinformation von sly%al sebe s. u. Bsp. '#. Hier scheint also die Eingrenzung von sebe auf Handlungen im enge-ren Sinn (intentional gesteuertes Verhalten) doch zuzutreffen.

Als weiteres strategisch zentrales Verb verdient umirat’ / umeret’ Beach-tung. Im Unterschied zum Antonym &it’ ist sebe hier eigentlich nicht erwart-bar, wenn zur Bedeutung dieser Partikel wirklich autonomes Handeln gehö-ren soll. Dennoch ist auch diese Kombi na tion durchaus belegt, und zwar keineswegs bloss in scherzhaften bzw. ironischen Kon texten. Dies bezeugt das folgende Zitat aus einer Abhandlung eines orthodoxen Geistlichen:(!#) 9B DA:IW DBL;] D ;JK:L UJM?= T]Q >J?BQ=U:M>=L MDWV:;;=>, >B?BA]L

MU=?JQ, U?B DMW>=L AJ;:;]L MBQ<J? =Q= BC=`:A IBO:? XI:A:?F D QGTXG

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00h Daniel Weiss

"' ^;?B;=L (NQXI), I=?ABPBQ=? gXABOM>=L. _JM?]AF X PBM?:Q= TBQF;BSB (!))'– !))().

"( www.''rus.ru/modules.php?name=Forums&file=posting&mode=topicreview&t= !#"'"&popup=!

"% https://forum.homei.net.ua/ lofiversion/index.php/t!"$6!.html"$ slon.nsys.by/library/index. php'?p=$(&action=readtext&id=%$"

I=;X?X, = :<=;M?D:;;JW :SB, >J> PJM?]AW, YJ<JUJ, – AJ;:;BSB B?]MPBD:<B-DJ?F = PA=UJM?=?F: AJY B; PA=UJV:;, PXM?F 92,30(- '()( '4+8+?6+"' …

Erhalten bleibt hier lediglich die Idee des ungestörten Ablaufs des Sterbe-vorgangs. Dies bestätigt sich auch in den nächsten Beispielen:(!!) gBOSQ= HOBA<J;B NAX;B, iJQ:Q:L 92(3 '()( '4+8+?6+ ';+(? '2(3-7>."( …(!") EQ= <JO: ;: ?J>: 92(3 '()( -,5+ +- '-03+'-, ; ';+(? 4+'-(.,, D O=Y;=

IXZ= ;: BT=<:D."%

Entscheidende Bedingung für sebe ist offensichtlich das Ausbleiben einer Fremd ein wirkung, der natürliche Ablauf des Geschehens. Daneben ist auch die ironische Verwen dung nicht ausgeschlossen, vgl.(!') «HJL?: XI:A:?F», – P:A:D:Q =;MP:>?BA. – @V: U:SB. _B<Q]L PA:<J?:QF!

d] ZQ:T;:KF PBYBAJ MPBQ;J, = ?DBW B?AXTQ:;;JW SBQBDJ TX<:? ?BAUJ?F ;J K:M?:.

jAJM? _:?ABD=U T]Q ;JM?AB:; I=ABQGT=D:L, ZB?F = ;:;JI;BSB.– gZ:IJ, – ;JPBI;=Q B;. – _XM?F M>JO:?, >?B ?JI BTBY;JU:; SQJD;]I

>AXO>BI, = ?BS<J 92,30(- '()( 60 @*+3+;7(, :MQ= :IX BZB?J. fJZBU:? – XTF:? M:TW = D ?GAFI:, D] ;: MIBO:?: :IX PBI:KJ?F."$

Der komische Effekt entsteht hier erst durch die Hinzufügung des paradoxen na zdorov’e, sebe allein verweist auf die ungestörte Erfüllung des anfänglichen Wunsches Dajte umeret’ nach Erfüllung der Bedingung. Im Unterschied dazu wäre poln. umrze# sobie bzw. umiera# sobie nur scherzhaft zu deuten. In diesem Zusammenhang sei auf eine verwandte Kon struktion hingewiesen, bei der das Kriterium der Kontrollierbarkeit ebenfalls greift und die trotzdem mit dem Verb ‹sterben› kompatibel ist: die «Inexpektativ»-Konstruktion des Typs vzjat’ da / i x-ovat’ ‹unerwartet x tun› liefert viele Belege der Art On vzjal i umer, A ona voz’mi da umri. Oft geht es dabei um einen Tod, der nicht nur überraschend, sondern auch gleichsam jemand anderem zu Leide erfolgt, vgl. etwa: ugo%"al, ugo%"al dorogogo gostja, a tot v nagradu vzjal da i umer (näher dazu: Weiss "##&). In jedem Fall stellt sich aber in solchen Beispielen auch ein komischer Effekt ein, der für umeret’ sebe wie gezeigt nicht charakteristisch ist.

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Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel 00k

"& zhurnal.lib.ru/m/milpan_a_l/milpan!.shtml"6 e-skazki.narod.ru/skazki/narodny/scotland/sco-##'.html

". Die einzelnen Untertypen und ihre kontextuellen Indizes

Nach dieser kleinen tour d’horizon durch verschiedene Prädikatsgrup-pen sollen den mög lichen adverbialen Begleitern der Partikel sebe einige Bemerkungen gewidmet werden, da sie deren semantisches Potential weiter erhellen können. Hierher gehört das schon ein gangs er wähnte spokojno und seine Varianten prespokojno oder spokojnen’ko, ebenso nor mal’(nen’)ko wie im Vysockij-Zitat; unsere bisherigen Beispielen enthielten ferner ticho, tichon’ko, potichon’ku. Dazu kommen prädikatsspezifische Adverbiale wie (spit sebe) kak doma / ni"ego ne sly%it, (%el sebe) ne spe%a, (umiraet sebe) ot starosti / v svoej posteli / svoej smert’ju, (rabotal sebe), kak sovest’ podska-zyvala, (stojal sebe) kak polo&eno. Das Ausbleiben einer äusseren Störung kann sich auch auf ganze Sätze erstrecken wie im fol genden Beispiel, wo sich die die Erzählerin enervierende Gelassenheit des Protagonisten vor allem in den beiden die Phrase razgovarivaet sebe spokojno flan kierenden Phra seologismen äussert, vgl.(!() … ;XI:AX:? [?X SJ<BM?F = AJM>QJ<]DJ:? ;J M?BQ: >J> PJMFW;M. RJABU;B,

U?BT] PBYQ=?F I:;W … DBYTX<=?F PBM=QF;::. _B?BI :V: ?:Q:CB; YJYDB-;=Q – W UX?F M XIJ ;: MBKQJ, 0 (29 – 5+-7 )A 56A, 30@<+;03,;0(- '()( '4+8+?6+, 808 6, ; B(2 6( )A;0.+"& …

In Folklore-Genres finden sich noch stärker ausgebaute Kontexte. Im fol-genden Mär chen ist die Idee des unbeschwerten Daseins gleich fünfmal vertreten:(!%) E D<AXS > ;:IX PB<BKQJ IQJ<KJW <BUF D:Q=>J;J = SBDBA=?: – C( <+3>?!

\ O: ?:T: SBDBA=QJ, U?B ;'( )9*(- 5+3+D+. E 6( -3(;+/7'E. _A=QWS DB; ?JI, ;J <XK=M?]L D:A:M> = '4, '()(. – _A=;` PBMQXKJQMW, ZB?F = PB<XIJQ, U?B >J> PABM;:?MW B;, ?J> :IX = >B;:` PA=<:?. a; Q:S ;J D:A:M> = @0'69. 83(48,2 '6+2."6

Der ungestörte Ablauf manifestiert sich auch in zeitlicher Kontinuität, vgl. gorit sebe i ne tuchnet. Demselben Zweck dient die in der Umgangssprache so beliebte Reduplikation, vgl. komp rabotal sebe, rabotal. Die Tätigkeit kann allerdings auch eine exzessive zeitliche Erstreckung annehmen, die sich für den Betroffenen als unangenehm erweist wie in !du sebe potichone"ku, plesen’ju pokryvajus’.

Slavistenkongress 2008.indb 335Slavistenkongress 2008.indb 335 06.05.2008 13:18:3006.05.2008 13:18:30

00l Daniel Weiss

") wap.hp-fiction.fastbb.ru/?!-!"-#-######6#-###-'#-#'# bloggy.ru/Lola/'! www.litprom.ru/text.phtml?storycode=!$%$#

Eine weitere Spielart ist die saturative, d. h. der Prozess erreicht seine optimale Sät tigung, vgl.(!$) \ T] M X<BDBQFM?D=:I PABU=?JQJ [?B? C=> = ;: P=MJQJ T] ?J>BSB, :MQ=

T] HAJ>B T]Q T] M>JO:I, MUJM?Q=DB O:;J? ;J HO=;;= = PeA:M:>JWMF-DM?A:UJWMF M _B??:ABI, 30@<+;03,;0. '()( '8+.78+ *9D( 9<+*6+.")

Damit sind wir auf jenen Aspekt gestossen, der oben als Zusatznutzen ange-sprochen wurde. Wie die Analyse des polnischen Pendants sobie erwies, tritt häufig ein «hedo nistischer» Effekt ein, d. h. der betreffende Prozess bereitet dem Agens bzw. Experiencer Vergnügen; ein klassisches Beispiel hierfür war die Zigarettenwerbung «Pal$ sobie …». Es fällt nicht schwer, analoge russische Kontexte zu finden: wichtigste Marker des Wohlbe findens sind sebe na zdorov’e und sebe v udovol’stvie, vgl. Rabotaju sebe v udvol’stvie. Die Er gänzung kann auch ein anderes syntaktisches Format aufweisen wie in !ivu sebe dal’%e zdoroven’kim, Cho&u sebe radostnaja / dovol’naja. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich koor dinative Ergänzungen wie in !ivu sebe i radujus’ oder El sebe griby i byl rad sowie die Formulierung mit Negierung des Ant-onyms von rad wie in Rabotal sebe, gorja ne znal oder im Doppelverb-Format !ivu sebe ne tu&u. Ein anderer Untertyp der Doppelverb-Konstruktion (quasisynonymische Paraphrase) liegt in spjat sebe po"ivajut (Tvardovskij, V. Terkin) vor. Die Vorstellung des ungetrübten «Relax» vermittelt auch der Refrain %el sebe po svetu nasvistyval. Besonders unge zwungen lebt es sich mit chodit’ sebe, vgl. cho&u sebe, popu kivaju da posmeivajus’ oder(!&) HBIJ " <;W ;=>BSB … >AJMB?J … 5+/9 '()( 30@*(-0E, 6,B(<+ , 6,8-+ 26(

6( 2(D0(-.'#

Eine interessante Abart ist in jenen Fällen vertreten, wo der Zusatz weni-ger dem ungestörten Ablauf als solchem gilt, sondern der Tatsache, dass dadurch auch andere nicht gestört werden. Typische Formulierungen sind etwa nikomu ne me%al, (cho&u sebe,) nikogo ne trogaju, vgl.(!6) m=Q-T]Q PABM?BL JI:A=>J;M>=L PJ`J;, BT]U;]L _dnK;=>, 30)+-0. '()(

<JQF;BTBL- V=>BI = 6,8+<+ 6( -3+<0..'!

Slavistenkongress 2008.indb 336Slavistenkongress 2008.indb 336 06.05.2008 13:18:3006.05.2008 13:18:30

Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel 00o

'" www.liveinternet.ru/users/loveryshkag/profile/'' www.tourdom.ru/forum/viewtopic.php?t="%'(%& start='#&sid=cfbc&&!"b!)!

b6(a)$)66)a(a(be6666'( forum.omsk.com/viewtopic.php?t=())!#&postdays=#& postorder=asc&start

=(%&gue=''ac!)&'!")"&%'% darkdiary.ru/users/Caracal/ 6%'!'!/comment/?lastcomment=$'$ www.psytrance.ru/forum/ index.php?showtopic="6'(&st=6#'& www.liveinternet.ru/users/figlyar/

Diese Information schafft es sogar in Partnersuche-Anzeigen, vgl.(!)) p:QF Y;J>BIM?DJ: HAXOTJ, cGTBDF

9BYAJM?;JW SAXPPJ: "!–"%; "$–'#;a ?:T::aTB I;:: /,;9 '()(, 6,8+29 6( 2(D0> … PB>J'" …

Häufig nimmt sie die Form einer rhetorischen Frage an, vgl.("#) @MQ= U:QBD:> D]P=Q MQ:S>J = '4,- '()( '4+8+?6+ D >A:MQ: – 8+29 +6

2(D0(-.''

("!) HJ M?ABSB SBDBAW <JO: ;: D PJIW?;=>: <:QB. _ABM?B '-+E. '()( – 8+29 2(D0.?

^ <:QB D ?BI, U?B ;JI D BU:A:<;BL AJY <:IB;M?A=AXG?, U?B D [?BI SBAB<: X ;JM ;= PAJD, ;= DBY- IBO;BM?:L, ;= PAJD<].'(

Ironisch unterlaufen wird dieser Inhalt in folgendem Zitat, wo von einer Spinne die Rede ist, die gerade eine Ameise frisst:("") N:<;]L PJXUB> … e. '()(, 6,8+<+ )+.7D( 6( -3+<0.'% …

In narrativen Texten wird so das unagressive Verhalten des Protagonisten in der Expo sition skizziert und gleich mit der Komplikation kontrastiert, vgl.("') F+/9 '()( 2,36+, -,5+ , '4+8+?6+, ;B DB? =I BTWYJ?:QF;B ;XO;B >B I;:

PB<BL?= = YJD:M?= S;=QBL <=JQBS ;J ?:IX: J ?] Uq, <J ?] Uq, J ?] ?J>BL, J ?] <AXSBL = ?<'$ …

In anderen Kontexten verweist sebe eher auf die freiwillige Isolierung des Prota gonisten von seinem Umfeld:("() RJ [?= DM?A:U= UJM?B PA=ZB<=Q B<=; ;=U:I ;: PA=I:UJ?:QF;]L <:AD=K.

g:L <:AD=K ;=>BS<J 6( 43,6,20. 9B0'-,E D BTV:L T:M:<:. 9ZB<W, B; PBO=IJQ M XQ]T>BL AX>= DM:I PA=MX?M?DBDJDK=I, XMJO=DJQMW S<:-;=TX<F ; 9<+.8( = (. '()( -,5+678+.'&

Slavistenkongress 2008.indb 337Slavistenkongress 2008.indb 337 06.05.2008 13:18:3006.05.2008 13:18:30

002 Daniel Weiss

'6 Weiss, "##!, S. (!)–("%.') "###.novayagazeta.ru/nomer/"###/'%n/n'%n-s#).shtml(# ww.goneliterate.ru/libro/read.text-"#!$#.xml(! pesni.voskres.ru/songs/talko!(.htm

Das Adverb tichon’ko unterstreicht hier noch die Absonderung. In solchen Fällen schwingt jenes Element der Segregation nach, das bei altruss. sobG ’otdel’no, samo stojatel’no’ noch stärker ausgeprägt war (vgl. etwa die ver-kappte Kriegserklärung To my sobG budem a vy sobG) und auch im heutigen polnischen sobie nachwirkt.'6 Die Segregation kann sich auch als Missach-tung der Umwelt äussern, vgl.("%) RB PJPJ IBL PA:MPB>BL;B (. '()( PBQ=?B: DJA:;F:I IBABO:;B:, = 604.(-

;0-7 (29 )A.+ = ;J I:;W, = ;J MI:A?F. fJ ;:M>BQF>B UJMBD <B BP:AJ`==, PBMQ: >B?BABL B;') …

In Weiss "##!, ("! wurde poln. myHl$ sobie ebenfalls in Verbindung mit der separa tistischen Spielart von sobie gebracht, dies im Anschluss an D!browska !))&, )% f., die hier von einem «privaten», nicht zur Kommunikation bestimm-ten mentalen Akt spricht. Dasselbe müsste dann auch für russ. dumat’ sebe und dt. sich denken gelten: jedenfalls kann auch hier weder ein zusätzlicher Lustgewinn noch ein ungestörter Ablauf der Denktätigkeit geltend ge macht werden, die durch die Partikel signalisiert würden. Manche Inhalte, die im von dumat’ sebe regierten Nebensatz vermittelt werden, sollten tatsächlich privat bleiben, vgl.("$) 9 B<;BI SBAB<: O=Q IJ;FW>. cG<= ;=>?B ;: Y;JQ=, U?B B; IJ;FW> = B;

<JO: MJI BT [?BI ;: Y;JQ. a; ?BQF>B *920. '()(, U?B :IX <:DBU>= M=QF;B ;AJDW?MW ?J> T] = PA=<XK=Q. aMBT:;;B :MQ= X ;:q DBQBM] MD:?Q]: = GT>J I=;= [g>JY>J PAB IJ;FW>J].(#

Für viele andere Kontexte ist aber kaum ein Unterschied zwischen der Variante mit und ohne sebe erkennbar, so etwa in der bekannten Passage aus einem Lied I. Tal’kovs:("&) g?BP, *920> '()(, r?B-?B ?X? ;: ?J>, sXQF? AJYD:;UJ;, ̂ ?=AJ; MP=? D Y:IQ:

MDW?BL, E D MDW?BL Y:IQ: Q:OJ? _JQJU= = SJ<] eW<BI M ?:I=, >?B AJY<JDQ:; N]Q.(!

Während also in solchen Verbindungen sebe weitgehend bedeutungslos geworden ist, existiert andererseits ein Untertyp mit klar fassbarer prag-matischer Spezialisierung: direkte oder indirekte Fragen des Typs "to sebe dumae%’ / sebe dumal enthalten eine Präsupposition der Art ‹es gibt / gab

Slavistenkongress 2008.indb 338Slavistenkongress 2008.indb 338 06.05.2008 13:18:3006.05.2008 13:18:30

Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel 005

(" oveplanet.ru/a-ljpost/login-ktveh!)6(/(' rus.proz.com/kudoz/!&)()6"(( Der Vollständigkeit halber sei ein weiterer Fall für die phraseologische Erstarrung

von sebe angeführt, nämlich die märcheninitiale Formel !il sebe (ded da baba etc.), die angesichts slovak. und bulgar. Parallelen hohes Alter aufweisen dürfte. In Weiss, "##!, S. ("! f. wurde poln. Byl sobie als weiterer Kandidat für die vereinzelnde (hier: referenzetablierende) Bedeutung des Partikel gewertet, daneben wirkt auch die Komponente des ungestörten Da seins mit.

keinen Grund, so zu handeln›. In der ".Pers. resultiert dann ein Vorwurf, vgl.("6) «;J AJTB?: YJDJQ,- M?XUJQB X ;:SB D D=M>JZ,- ?], B-+ '()( *920(D7? d] O:

IXO=>, D >B;`: >B;`BD, DYABMQ]L IXO=> – O:;J = <DB: <:?:L, J D:<:KF M:TW >J> PJ`J; Y:Q:;]L!» – D;X?A:;;=L SBQBM ;: <JDJQ ^A?XAX PB>BW ;= <;:I, ;= ;BUFG.("

Bei der Referenz auf andere Personen bleibt immer noch ein kritischer Akzent übrig, vgl. das folgende Fragment, wo es um die korrekte Wiedergabe deut-scher rechtssprachlicher Termini im Russischen geht:(")) \ BTVJGMF M GA=M?JI= = Y;JG, U?B MA:<= ;=Z I;BSB BU:;F M>AXPXQ:Y;]Z

QG<:L, >B?BA]: <BM?J?BU;B ?VJ?:QF;B PB<ZB<W? > D]TBAX ?:AI=;BD = DBBTV: CBAIXQ=ABDB>, = I] ;: Y;J:I, B-+ *920. '()( [?B? GA=M?, >BS<J ;JP=MJQ «C=;J;MBDJW».('

Hier liegt offensichtlich Phraseologisierung vor; auffällig ist daran die Überein stim mung mit dem polnischen Co ty sobie myHlisz / myHlaIeH? und dem deutschen Was denkst Du dir (eigentlich) / hast Du dir dabei gedacht? ((

'. Dialogische Sonderfunktionen von sebe

Damit sind wir endgültig bei den pragmatischen Valeurs unserer Partikel angelangt. Hier empfiehlt sich zunächst, den Imperativ gesondert zu behan-deln. Zuvor sei aber auf eine Eigen heit des nichtimperativischen Gebrauchs hingewiesen, die sich nur pragmatisch erklären lässt. Im folgenden Fall wurde sly%al sebe nicht als abweichend empfunden, obwohl es gegen die oben erwähnte Restriktion verstösst (ein Forumsteilnehmer hat angeblich gewisse termini technici verwendet, ohne sie zu verstehen):

Slavistenkongress 2008.indb 339Slavistenkongress 2008.indb 339 06.05.2008 13:18:3006.05.2008 13:18:30

0h7 Daniel Weiss

(% www.avia.ru/forum/&/"/)'$&("6)%%%$'6"!&6%)#!!&$(##!&"_all.shtml?topiccount=)&

($ D!browska, !))", S. $($.(& Weiss, !))), S. !&) f.(6 www.pervouralska.net/forum/ showthread.php?t=!(#((&page='.

('#) dJ-J>. E U?B O: W ;: Y;JG? sJ>=Z Y;JU:;=L MQBD? _B PX;>?JI, PQ=Y>>– HJ ?JI «PB<ZDJ?», «B?ZDJ?», … BMBT:;;BM?= >J>=:-?B. 9 SJY:?: U?B-?B

PABU:Q, J >X<J [?B PA=Q:- P=?F PB;W?=W ;: =I::KF. dJ>, '.AD0. '()( >J>BL-?B YDB; = ;: TBQ:: ?BSB

– \ U=?JQ ;: U?B-;=TX<F, J >;=S= c=SXIJ = t:YBZJ, PBMBT=: _XI=;BDBL, […]

dJ> U?B, <BABSBL ^;B;=I, ;: ;J<B ;J I:;W >J?=?F TJQQB;, U?B W ;: D ?:I:.(.

Des Rätsels Lösung scheint zu sein, dass sebe hier die auch sonst recht har-sche Kritik noch unterstreicht, möglicherweise im Sinne von ‹isoliert, ohne Kontakt mit Fachleuten›.

Was den Imperativ angeht, so liegt im Falle des polnischen Äquivalents sobie häufig eine permissive Komponente vor, vgl. Minimalpaare wie SiedJ sobie w domu i nic nie rób! vs. SiedJ mi w domu i nic nie rób! ($: Mit sobie signalisiert der Sprecher, dass er keinen Einfluss zu nehmen gedenkt und dem Angesprochenen das entspannende Nichtstun gönnt, mit mi macht er dagegen klar, dass seine persönliche Sphäre durch das Ver halten des Adressaten tangiert ist, er äussert also eine Aufforderung mit drohendem Unterton. Solche Minimalpaare lassen sich im Russischen nicht ohne weite-res erzielen, da der letztere Sprechakttyp kaum mit dem Dativ mne, sondern präpositional mit u menja realisiert wird.(& Die konzedierende Spiel art von sebe ist aber auch beim russischen Imperativ in der ". und '. Pers. nachzu-weisen, so in Bsp. !' oben oder in der folgenden Wortmeldung aus einem Diskussionsforum:('!) ^ ;JMU:? QGT=?:Q:L PBPM] = KJ;MB;J = K>BQF;=>BD – 49'-7 B;= 5+*E-

'()( D SBQQ=DX<, >?B PAB?=D-?B?(6

In eigentlichen Dialogrepliken folgen solche Verwendungen mit sebe jeweils einer ohne die Partikel. Besonders häufig ist dies bei ljubi sebe, vgl.('") sBS<J <:DXK>J SBDBA=? «W ?:TW .>).>», D B?D:? DYSQW<: – «;X = .>), '()(

60 @*+3+;7(!»()

Auch mit Negation ist sebe möglich wie in der folgenden Replik auf einen scherzhaft formulierten Stossseufzer:

Slavistenkongress 2008.indb 340Slavistenkongress 2008.indb 340 06.05.2008 13:18:3006.05.2008 13:18:30

Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel 0h8

() www.johnnydepp.ru/forum/ lofiversion/index.php?t%(%# www.besedka.co.il/index.php?showtopic=%)$"%! leforum.ru/showthread.php?t=!"(&page=&%" www.scripta.ru/forum_asp/sweboard_read.asp?id=$)

('') sBK>BD QGTQG – gBTJU>BD 6( .>).>, … >J> M [?=I TBAB?FMW?– ̂ U?B ?:T: I:KJ:?-?B? RX, 6( .>),D7, , 6( .>), '()(, PBU:IX [?B ;:PA:-

I:;;B <BQO;B D]Q=- DJ?FMW D >J>=:-;=TX<F <:LM?D=W? R: ;J<B, U?BT] D]Q=DJQBMF, 6( .>), '()( -,5(678+, <J = DMq.%#

Im folgenden Beitrag zum Thema «Odnopolaja ljubov’ – dan’ mode ili sposob snizit’ plotnost’ naselenie planety?» paart sich die Aufforderung zum Ausleben der eigenen Neigun gen mit dem Rat, diese nicht öffentlich zu propagieren:('() eJ;FK: O: ?BO: T]Q= S:= = ;: I:;FK:, ?BQF>B ;: T]QB ?J>BL A:>QJI], =Z

T]QB ;: MQ]K;B = ;: D=<;B, ;=>?B ;=>BIX ;: ;JDWY]DJQ MDBG B<;BPBQXG QGTBDF. cGT=?:! RX = .>),-( '()( -02 -,5+, YJU:I DM:I SBDBA=?F U?B [?B ;BAIJQF;B, [?B ;: PJ?BQBS=W, ;: TBL?:MF, :MQ= ZB?=?: PBPABTXL?: = ;=U:SB DJI YJ [?B ;: TX<:?.%!

Im nächsten Fall konstruiert der Antwortende selber ein etwas triviales fiktives Ver gleichs beispiel und quittiert es wieder mit sebe:('%) r?B >JMJ:?MW ?BSB O NAB<M>BSB, = B; ;: <QW DM:Z JTMBQG?. R=U:SB M?AJK;BSB.

g ZA:;J Q= I;: JASXI:;?=ABDJ?F, =Q= >BIX T] ?B ;= T]QB, MDB= =AAJ`=B-;JQF;]: PA=M?AJM?=W? RX, .>),D7 8+-.(-A , .>), '()(, J W M M:I:U:> PAXMF.%"

Wie ersichtlich, kehren hier vertraute Elemente wieder, so die hedonistische Kompo nente in '", die Verbannung ins Private bzw. Geheime in '' und '( oder das rational nicht Hinter fragbare in '%. Die pragmatische Invariante ist aber in allen Fällen die indifferente Haltung des Sprechers, der nach dem Motto ‹von mir aus› dem Gesprächspartner gerne das Recht auf seine eigene Meinung konzediert; hierin unterscheidet sich diese «freie» dialogische Ver-wendung von sebe also von den oben durch die Beispiele "6–") illustrierten phraseo logisierten Fragen mit dumat’ sebe, die gerade dissensorientiert sind und in denen häufig der Ärger des Sprechers mitschwingt.

Generell stellt sich ljubi(te) sebe als häufiges Konsens- bzw. Toleranz-Signal in Dia log repliken heraus, dessen Frequenz jene von ljubit’ sebe in anderen Formen um ein Mehr faches übersteigt. Die diesbezüglichen Zahlen bei Google sprechen für sich: den '"(# Bele gen für «ljubi sebe» und !)'# für «ljubite sebe» stehen z. B. lediglich ($# Belege für «ljubil sebe» gegenüber,

Slavistenkongress 2008.indb 341Slavistenkongress 2008.indb 341 06.05.2008 13:18:3006.05.2008 13:18:30

0h1 Daniel Weiss

%' Zugriff: "&. 6. #&%( Szupryczy"ska, !))", S. $$'.%% #ojasie wicz, !))".%$ smbr.ru/hl/mp/ym.htm%& socionics.org/forums/thread/"&$"'(.aspx%6 forum.vasechkin.ru/viewtopic.php?t=$"(& start=#&sid=(d#")f'fec&#d'e6c"

f"$6#66)e)$#)#

obwohl im letzteren Fall alle drei grammatischen Personen in Frage kom-men.%' Dieses Missverhältnis fällt noch krasser aus, wenn man die syntak-tisch anders moti vierten, pronominalen Verwendungen abzieht.

Es bleibt zu prüfen, ob sebe auch in Verbindung mit anderen Verben als dialogischer Indifferenz-Marker fungiert. Diese Frage drängt sich umso eher auf, als für poln. sobie in Dialogrepliken wie A gadaj sobie, ile chcesz! oder JedJ sobie, gdzie chcesz! eher widerwillige Zustimmung%( oder gar eine Kapitulationserklärung%% geltend gemacht wird. Am Beispiel boltaj sebe, der russ. Entsprechung von poln. gadaj sobie, soll dies nun getestet werden. Gewiss findet man Belege, die auf eine ärgerliche Reak tion des Sprechers hinweisen, vgl.('$) sJO<]L <:;F P=Q=? B;J I:;W YJ IWS>BM?F: «nO W T] [?BSB <:QJ ;: BM?JD=QJ!

nO W T] ?J>BIX-?B ;: MPXM?=QJ!» […]dX? S-OJ e:;JA P:A:T=QJ :SB:– NBQ?JL, )+.-0? '()(; PBMIB?A=I, >?B PBMI::?MW PBMQ:<;=I.%$

Weit häufiger herrscht aber auch hier die indifferente Note vor, oder es werden gar die Vorteile des anvisierten Vorgehens (der Zusatznutzen) ange-priesen wie im folgenden Selbst gespräch, vgl.:('&) c=U;B W AJTB?JG OXA;JQ=M?BI = BU:;F QGTQG MDBG AJTB?X (ZB?W = PBWD-

QWGMF D A:<J>- `== ;: >JO<]L <:;F). HXIJG, ZBABKB PB<ZB<=? @MWI PAB-C:MM=W [>M>XAMBDB<J. K+.-0? '()( 60 @*+3+;7( PA=W?;]I SBQBMBI: , .>*E2 ,6-(3('6+, , -A 6( ; 6043E<(.%&

Entsprechend kann die gesuchte Verbindung durchaus auch in Angeboten auftreten:('6) ^ W IBSX PA:<QBO=?F <=>?BCB;. 9>QGU=Q >;BPBU>X – = )+.-0? '()(, PB>J

J>>XIXQW?BA ;: MW<:?.%6

Boltaj sebe fällt also pragmatisch trotz der betont kolloquialen, wenn nicht gar ab schätzigen Färbung des Verbs nicht aus dem Rahmen des Gewohnten. Ein Blick ins polnische Internet zeigt dagegen, dass gadaj sobie tatsächlich

Slavistenkongress 2008.indb 342Slavistenkongress 2008.indb 342 06.05.2008 13:18:3006.05.2008 13:18:30

Zur Lexikalisierung von russ. sebe als Partikel 0h0

%) Angesichts dieses eindeutigen Gesamtbilds mutet dann allerdings der Titel «Gadaj sobie co chcesz» einer ganzen Diskussions-Plattform etwas überraschend an.

$# free.of.pl/g/grzegorj/gram/gram#&.html$! www. arch".triger.com.pl/"_(_!"'"'(%.html

überwiegend als Dissens-Signal fungiert: Verbin dungen wie (in Original-schreibung zitiert) «gadaj sobie co chcesz, ale …», «a gadaj sobie co chcesz, przynajmniej widac ze nie masz pojecia o co chodzi», «Dobra dobra gadaj sobie gadaj my swoje wiemy», «I gadaj sobie swoje. Ja zostaju przy swoim. Zdania nie zmieniu» sind zahllos wie der Sand am Meer, und mitunter verbinden sie sich mit offen provokativen Miss ach tungs-Signalen wie in «gadaj sobie do sciany, powodzenia!» oder «gadaj sobie co chcesz zawsze miales takie nastawienie a mi to wisi».%) Nicht umsonst wertet auch eine Grammatik$# gerade diese Verbindung als Aus druck von «lekcewa$enie». Manchmal verbindet sich Missachtung mit der expliziten Auf forderung zur Separation, d. h. zum Rück zug ins Private, vgl.: «Stary, odczep sie juz!!! Musisz psuc krew? Gadaj sobie z «brace» na priv, bo grupa nie zniesie wiecej twojej obecnosci.$!

Anders als bei russ. sebe signalisiert also poln. sobie in Repliken von vornherein eine Inte res senkollision zwischen Sprecher und Hörer. Summa summarum bestätigt sich aber auch die stärkere Neigung von poln. sobie zur Separation: was sich im monologischen kaLdy sobie als ‹jeder für sich› manifestiert, schlägt sich im dialogischen Imperativ mit sobie bei ge eigneten Prädikaten als Antagonismus der Ge sprächspartnern nieder. Demgegenüber bleibt russ. sebe auch in Dialogrepliken jener zwischen Selbstbestimmung und privatem Rückzug oszil lie renden Philosophie des ‹laissez faire› treu, die auch seine monologischen Vorkommen kennzeichnet.

Slavistenkongress 2008.indb 343Slavistenkongress 2008.indb 343 06.05.2008 13:18:3006.05.2008 13:18:30

0hh Daniel Weiss

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Slavistenkongress 2008.indb 344Slavistenkongress 2008.indb 344 06.05.2008 13:18:3106.05.2008 13:18:31