Wandernde Handwerker zwischen Ost und West in der früharchaischen Zeit?t?

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zckart Olshausen / Vera Sauer (Hg.) Mobilität in den Kulturen der antiken Mittelmeerwelt Stuttgarter Kolloquium zur Historischen Geographie des Altertums n, 2011 Franz Steiner Verlag

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zckart Olshausen / Vera Sauer (Hg.)

Mobilität in den Kulturender antiken Mittelmeerwelt

Stuttgarter Kolloquium zur HistorischenGeographie des Altertums n, 2011

Franz Steiner Verlag

Iris von Bredow

Wandernde Handwerker zwischen Ost und Westin der früharchaischen Zeit?

Jei Untersuchungen des Kulturtransfers vom Vorderen Orient bzw. von Ägypten nachI-riechenland vom 10. bis 7. Jh. v.Chr. fällt immer wieder das Stichwort wandernde Hand-•-erken. Danach hätten Orientalen sich auf der Suche nach besseren Arbeitsbedingungen:r.d höherem Gewinn nach Griechenland aufgemacht, um dort ihre hochwertigen Pro-:ukte herzustellen bzw. ihre intellektuellen Fähigkeiten anzubieten. Einmal in Griechen-ind niedergelassen, hätten sie ihre griechischen Nachbarn mit ihrer Kunst begeistert und?-emiurgen angelernt.1 Denn allein von einem wie auch immer gearteten Handel hätte der:~ orme Einfluss vorderorientalischer Kultur auf die frühgriechische Welt nicht stattfinden:5nnen. Die tatsächlich vorhandenen Parallelen zwischen altorientalischen Kulten und<:.ilttexten haben u. a. auch zur These von wandernden Priestern und Sängern geführt.2

Ich werde mich in diesem Zusammenhang auf vier grundsätzliche Fragen konzentrie-

1. Wie hoch war die Mobilität von vorderorientalischen Handwerkern?2. Für wen hätten die vorderorientalischen Handwerker in Griechenland gearbeitet?3. Sind wandernde fremde Handwerker im frühen Griechenland überhaupt direkt oder

zumindest indirekt nachzuweisen?4. Auf welche Art hätten sich griechische Handwerker orientalische und ägyptische

Technologien aneignen können?

>ie antiken Schriftsteller aus der archaischen und klassischen Zeit übergehen mit einigen- enigen Ausnahmen Leben und Leistungen von Handwerkern. Fremde Demiurgen treten- der Literatur überhaupt nicht in Erscheinung. Handwerker bildeten eine Berufsgruppe,iie für die Oberschicht zwar notwendig war, mit der sie aber keine Berührungspunkte ha->en wollte. Die Sicherung des Lebensunterhalts durch die Herstellung von verkäuflicheniVaren widersprach den aristokratischen Werten. Die Geringschätzung der eigenen, grie-raschen Handwerker wurde daher auch auf die fremden übertragen, auch wenn man sich:ir ihre Leistungen begeistern konnte. So schreibt Herodot über die ägyptischen Hermoty-»er: »Keiner von ihnen (d.h. den Hermotybiern, die als Krieger bezeichnet werden) hat ein-lindwerk gelernt. Sie widmen sich nur der Kriegskunst.«3 Und weiter 167: »Ob die Grie-

Man findet diese These ohne jegliche-Argumentation und Reflexion in vielen Handbüchern überdas archaische Griechenland, vgl. z.B. BOARDMAN 1980, 55 oder MARTINI 1990,29.

2 BURKERT 1983, 115-119.; Hdt. 2,166.

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chen dies auch von den Ägyptern übernommen haben, kann ich nicht entscheiden. Ich se-he, dass auch bei den Thrakern, den Skythen, den Persern, den Lydern und fast allen Nicht-griechen die Handwerker und ihre Nachkommen geringer geachtet werden als die übrige:Bürger. Wer von körperlicher Arbeit frei ist, gilt für edel, besonders wer sich der Krieg-kunst widmet. Das haben sämtliche Griechen übernommen, vor allem die Lakedaimonie-Am wenigsten aber verachten die Korinther die Handwerker.« Das allerdings ist die gntchische Sicht der Dinge, denn der Autor widerspricht sich schon im folgenden Kapitel,4 v-er berichtet, dass die Handwerker wie die Priester in Ägypten »abgabenfreie Äcker als E:rengeschenke erhalten«.

Wenn wir von handwerklicher Technologie< sprechen, so ist dieser Begriff für die An:ke erheblich weiter zu fassen, als wir es heute gewohnt sind. Denn als handwerklich wurde-in Griechenland auch Berufe angesehen, die wir als akademische bzw. künstlerische b/rzeichnen würden: Ärzte, Ingenieure, Bildhauer u. ä. Im Vorderen Orient und in Ägyp:r:bildeten diese intellektuellen Berufe eine eigene soziale Gruppe, nämlich die der >Schreber<, d.h. der Gelehrten an den Tempeln und Palästen, die einen sehr viel höheren Star-besaßen als die Produzenten materieller Werte für die breite Maße des Volkes.

Inwieweit in Griechenland mykenische Handwerke, Fähigkeiten, Technologien \^-Motive bis in die archaische Zeit tradiert wurden, ist eine höchst kontrovers diskutierte Fn~ge, auf die ich hier nicht weiter eingehen möchte. Zweifellos aber mussten gerade diejer.gen Handwerke, welche die Grundlagen der hohen materiellen Kultur der archaischen Zschufen, wieder neu entstehen. Heute kann nicht mehr daran gezweifelt werden, dass zElfenbeinschnitzerei, Architektur, Steinbearbeitung u.a. keine >mykenische Renaissan:erlebten, sondern aus dem Orient und Ägypten im 8. bis 7. Jh. >geholt< wurden.

Während vom 11. bis wohl bis zum Ende des 9. Jh. nur in sehr wenigen griechischProduktionszweigen ein spezialisiertes Handwerk existierte),zeigen der Vordere OrientÄgypten keine Unterbrechung ihrer Traditionen beim Übergang von der späten Bronze-die frühe Eisenzeit. Das betrifft nicht nur ihre Produkte und die Verfahren ihrer Herslung als solche, sondern auch das soziale Umfeld, in dem sie hergestellt wurden. DiUmstand bedingte dort das spezifische Verhältnis von Tradition und Innovation.

Ganz allgemein gesagt, gehörten im Alten Orient und in Ägypten Fachkräfte jeder .-.zu den wertvollsten Ressourcen eines Landes. Aus diesem Grund gehörten sie im Fall enKrieges auch zu einer erstrebenswerten Beute des Siegers. Sie wurden nicht versklavt, scdern gerieten unter eine neue Verfügungsgewalt. Gerade weil man in den östlichendern die Bedeutung der Handwerker für ihre Gesellschaft sehr genau wahrnahm, wurösie so gut wie möglich geschützt und Flucht oder Abwanderung (auch Abwerbung) ver!dert.6 Sie standen mehrheitlich unter staatlicher Verfügungsgewalt ohne aber Sklavensein, und dementsprechend wurden sie versorgt.7 Die bronzezeitliche Gepflogenheit,Herrscher ihre besten Fachkräfte zeitweilig für bestimmte Aufgaben einem befreund'Monarchen >ausliehen<, gab es auch noch im 1. Jt. Handwerker konnten ebenfalls

* Hdt.2,168.5 Man findet sie auf vielen assyrischen Beutelisten.6 ZACCAGNINI 1987, 250: Verträge zwischen Mursili II. und Vasallen über die Rückgabe geflo

Handwerker. Hier handelt es sich höchstwahrscheinlich um unfreie Handwerker.7 ZACCAGNINI 1987,249.

Hdt. 3,1: Ein ägyptischer Augenarzt, der von Amasis zu Kyros geschickt worden sein soll.

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i untergeordneten Staat für spezielle Projekte angefordert werden.9 Es war auch mög-zus sie als Gastgeschenke von einem Palast zum anderen weitergegeben wurden. Hier

me Mobilität also im Auftrag eines Regenten anzusetzen, nicht aber aus privatem An-

arbeiteten die altorientalischen wie auch die ägyptischen Handwerker nicht-: -.lieblich für den Staat und für staatliche Aufträge.10 Sie konnten mit Geschick ihr

ictnmen in der Privatwirtschaft in ihrem näheren Umfeld erhöhen. Ein Handwerkere und arbeitete in einem jeweils sehr spezifischen Netzwerk von Akteuren, die alle auf-azcer angewiesen waren. In den gesellschaftlichen und produktiven Prozessen konntefr kein Einzelgänger sein. Denn Produktion ist gesellschaftliches Handeln. Der Hand-

^r oroduziert nicht für sich, sondern für soziale Bedürfnisse, die real existieren und: j: Aufträgen ausdrücken. Dazu kommt, dass ein Handwerker bei seiner Arbeit, je nacht was er herstellt, auf eine kleinere oder größere Reihe anderer Fachkräfte aus anderen«sehen angewiesen ist. Diese sind selbst Handwerker, Händler oder Dienstleistler ver-iedener Art. Er ist ein Akteur in vielen Kreisen, die miteinander verbunden und ohne

•' e:zwerke nicht /u produktiver Arbeit fähig sind.11 Dies sind die Gründe dafür, dass•kre oder auch nur indirekte Hinweise auf orientalische Wanderpriester oder überhauptädernde Handwerker innerhalb der altorientalischen Staaten in den Dokumenten desrieren Orients fehlen: sie haben gar nicht existieren können. Die Konstatierung, dass sie

"'••'ir.derleben über den ganzen Alten Orient« führte,4st eine Vermutung ohne Beweisei JE Quellen.12

I^x weitere Schwachstelle dieser These liegt darin, dass sie von der heutigen Marktwirt -j_~ lusgeht, in der ein Arbeiter seine Arbeit zum Verkauf anbieten kann. Doch es gabga.'* keinen Arbeitsmarkt, weder einen lokalen noch einen internationalen, auf dem sichrJeute selbst Aufträge holen konnten. Was hätte phönikische oder nordsyrische Händ-ler zu einer Emigration veranlassen sollen, die sie in ein >Barbarenland< führen würde,ire Produkte und deren Nutzung weithin unbekannt waren und wo sie kaum Äquiva-K erwarten konnten? Und wo, was kaum in Betracht gezogen wird, eine SprachbarriereCZT:O- welche eine Arbeit nicht nur sehr schwierig, sondern einfach unmöglich machte?• •e Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten hätte er im ägäischen Raum in• Kometrischen Epoche auf jeden Fall nicht gefunden. Manchmal werden in der Litera-:ne häufigen Kriege im Vorderen Orient als Motivation für eine Emigration östlicher

•iwerker vermutet. Tatsächlich war Syrien vom 10. bis 6. Jh. ständig von Kriegen jeder: erschüttert. Doch wir wissen aus den Quellen von keinen Massenemigrationen. Beson-s ELS dem AT sind Fluchtorte in solchen ernsthaften Krisenzeiten bekannt: Man suchten 'Gebirge und Wüsten, in denen man sich in der Hoffnung versteckte, sobald wie mög-

- die Stadt und das Haus zurückzukehren. Nur Eliten flüchteten in andere, meist be-

_^ Schiffbauer aus Byblos in Tyros: Ez 27; oder Arbeiten des Königs von Hama: }. D. HAWKINS,I :— us of Hieroglyphic Luwian Inscriptions 1.2, Berlin/New York 2000, IX 11-12 HAMA 6 und 7.~- ~z I Kg 7,13f.: der Bronzeschmied Hiram aus Tyros, der für Salomo gearbeitet haben soll. Trotzjer Schwierigkeiten, welche diese Texte für die Datierung und den historischen Gehalt bieten,• _-. - ;iese Angabe als allgemeine Möglichkeit, ausländische Handwerker zu beordern, der RealitätJE 8. oder 7. Jh. entsprechen.1. i.esem soziotechnologischen Aspekt RAMMERT 2007.ICILIXGER 1996, 206.

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nachbarte Länder, aber das diente in solchen Fällen als zeitweiliges politisches Asyl, das soschnell wie möglich wieder verlassen werden sollte.

Das gilt noch mehr für intellektuelle Handwerken. Mit der Verbreitung von altorienta-lischen literarischen Motiven, Kulten und Omina hätten sie jenen entscheidenden Kultur-transfer geleistet, der zur Orientalisierenden Epoche der früharchaischen Zeit geführt ha-be.13 Tatsächlich gibt es keinerlei Quellen zu wandernden orientalischen Handwerkern inder gesamten griechischen Literatur. Die Versuche, indirekte Indizien dafür ausfindig zumachen, sind in keiner Weise belastbar: Wenn in dem Vertrag von Lyttos-Afrati um 500eine Mann namens Spensithios als TtoiviKcurrdc, bezeichnet wird, so ist eine Herkunft diesesWortes als »Reflex vermittelnder Personen« keinesfalls evident.14 Ebenso verhält es sichmit dem zweiten, vom selben Autor angeführten Dokument aus Kyrene, dessen Datierungzudem höchst unsicher ist (um 600 oder 400), in dem eine altorientalische Fluchformel er-scheint. Da die nordafrikanische Küste seit dem 9. Jh. starkem phönikischem Einfluss aus-gesetzt war, muss hier kein phönikischer Wanderpriester am Werk gewesen sein.

Wenn man tatsächlich versucht, sich solche altorientalischen Wanderer in Griechenlandvorzustellen, wird man sehr schnell skeptisch. Abgesehen von der eben aufgeworfenen Fra-ge, warum sich Priester, Ärzte, Wahrsager, also intellektuelle Handwerken aus dem Ostennach Griechenland aufgemacht haben könnten, ergeben sich zahlreiche weitere, kaum rati-onal zu lösende Probleme. Denn um in Griechenland hohe geistige Werte vermitteln zukönnen, mussten mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Solche mutmaßlichen orientalischen >Gelehrte< hätten in Griechenland einen langenund erfolgreichen Akkulturationsprozess durchlaufen müssen, um überhaupt wirkenzu können. Das umfasst nicht nur die perfekte Beherrschung der Sprache, sondernauch die Kenntnisse der damaligen griechischen Kultur wie z.B. die Volksdichtung,eventuell die Anfänge des Epos (die sogenannte Oral Poetry), das Kultwesen, dieBräuche und überhaupt die Lebensweise. Andernfalls hätten sie mit den Griechen inkeine Kommunikation treten können.

2. Selbst wenn wir die Existenz solcher Personen annehmen würden, blieben Mechanis-mus und Motivation einer Rezeption von Seiten der Griechen unerklärlich. Die Kon-takte wären beliebig gewesen. Als wandernder Fremder besaß auch ein Intellektuellerkein soziales Prestige, um als >Reformer< wirken zu können. Durch die Reden und Ge-spräche mit solchen einzelnen fremden Männern, unabhängig von ihrer tatsächlichenQualifikation, wären die damaligen Griechen, unabhängig von ihrem sozialen Rang,kaum bereit gewesen, sich in einer Umwelt Schrift, Motive der altorientalischen Lite-ratur, Vorstellungen über die Welt und die Götter usw. anzueignen, in der solcheKenntnisse nicht notwendig waren.

3. Die Idee von einer Motivation von gebildeten Orientalen, in das noch relativ kultur-arme Griechenland so etwas wie Aufklärung zu bringen, ist absurd. Die Phöniker ha-ben auch im wesüichen Mittelmeer nie eine >Kulturpolitik< betrieben.

4. Wie den Produzenten materieller Werte fehlte auch solchen Orientalen das soziokul-turelle und soziotechnologische Umfeld. Geistige Inhalte wurden im Osten an Tem-

3 BURKERT 1983, 115-119.4 ROLLINGER 1996, 204, mit der Einschränkung »äußerst vage Vermutung«, Anm. 341 mit Litera-

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peln und in Schulen vermittelt, tradiert und erweitert. Man lehrte sie nicht wie im«Rassischen Athen an öffentlichen Plätzen. Und noch unwahrscheinlicher, ja absurd,ist die Vorstellung, ein phönikischer oder nordsyrischer Barde hätte in Griechenlandvor einem staunenden Publikum das Gilgames-Epos oder gar Enuma elis in eigenergriechischer Übersetzung rezitiert.

£nt Voraussetzung für materielle und geistige Produkte ist in jedem Fall unabdingbar: Die^_-_—age, d.h. Auftraggeber, welche nicht nur die erhältlichen Artefakte oder geistigen

~_ngen kannten, sondern auch ihre Funktionen und Anwendungen. In einer Kultur,WK se in der früh- und mittelgeometrischen Zeit in Griechenland existierte, war aber keine

- rrage nach kostspieligen Luxuswaren vorhanden. Es fehlten noch diejenigen aristokra--_%_-. en Schichten, die für ihren Status Symbole benötigten. Die damaligen Griechen hätten«•ine Gegenstände nicht nur nicht bezahlen, sie hätten auch keinen wesentlichen Gewinn

:.en erkennen können. Sie besaßen damals weder die privaten Räume, in denen sie zurM:e—:ng ihres Ansehens solche Importe zeigen konnten, noch öffentliche, in denen sie«»— als Hochgestellte präsentieren konnten. Anders ausgedrückt: östlichen Importen fehl-

ealiche soziale Relation. Erst mit der Etablierung der frühgriechischen Aristokratie be-__- - man ein solches Netzwerk sozialer Beziehungen zwischen Standesgenossen und >dem

: _-: aufzubauen, in dem die Statussymbole eine immer wichtigere Rolle zu spielen began-•;- Tann, und nicht früher, entwickelte sich eine Nachfrage, die zu verstärkten Importen,— ;;.-:schen Imitationen und schließlich griechischen Luxusgütern führte. Damit ergabena— neue Relationen zwischen Artefakten und Akteuren, welche sich in die soziale Ent-« :--v~ng des frühen Griechenlands einschrieben. Solche Gegenstände gerieten also in neue, - : technologische Beziehungen, auf deren Entwicklung der Orient direkt oder indirektr --'-.:xs genommen hatte. Einige wenige wandernde orientalische Handwerker hätten eineKti±e gesellschaftliche Entwicklung nicht in Gang bringen können.

Nach einer anderen These waren es Griechen selbst, welche handwerkliche FähigkeitenJE Vorderen Orient und in Ägypten erworben und in Griechenland verbreitet hätten. Siehicten im östlichen Ausland und in Ägypten die erstaunlichen Gegenstände, Skulpturenmc Bauten gesehen und diese dann in ihrer Heimat hergestellt und ihr vom Osten ge-Tä-nt»s Können als wandernde Handwerker in der ganzen griechischen Welt verbreitet.

Es stellt sich zudem die Frage, ob man überhaupt wandernde Handwerker in der ar-n-L-ichen Zeit Griechenlands ansetzen sollte. Unter wandernden Handwerkern verstehtT-a- Fachkräfte, die aus eigenem Antrieb von Oikos zu Oikos bzw. von Polis zu Polis zogen,-.— ihre Dienste anzubieten. Die Grundlage dieser Vorstellung, die sich weitgehend durch-igsetzt hat, kommt aus der Archäologie: Um die Verbreitung verschiedener neuer Motive,änle und Technologien in Griechenland zu erklären, werden wandernde Handwerke ver-arstet, welche diese verbreitet hätten. So sollen z.B. Handwerker Ende des 8. und in der ers--±-^ Hälfte des 7. Jh. aus Kreta nach Delphi, Dodona und sogar nach Milet gewandert sein.^ Argument dienen z.B. nordsyrische, getriebene Bronzeschalen und -Schilde, die einen;-_-_-.eitlichen Stil und eine einheitliche Technologie aufweisen.15 Doch für solch eine Ver-rreirung sind andere Erklärungsmuster möglich und sogar wahrscheinlicher. Zusätzlichertnweise darauf, dass ein und dieselben Handwerkergruppen an so entfernten Orten tätig

l BOARDMAN 1980, 58.

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gewesen wären, wie Personennamen oder herkunftsspezifische Funde, sind bisher nichtentdeckt worden.

Auch die schriftlichen Quellen können zu wandernden Handwerkern nichts Erhellendesbeitragen. Es gibt zu diesem Thema eine einzige Stelle aus der Odyssee, die stereotyp als Be-weis für ihre Existenz angeführt wird. Es sind Worte, die der Schweinehirte Eumaios anAntinoos, einen Freier in Odysseus' Haus richtet, als dieser ihn tadelt, einen »störendenBettler« zum Mahl mitgebracht zu haben: »Antinoos, obwohl du edel bist, hast du nicht gutgesprochen. Wer nämlich ruft denn einen Fremden (xeinori) von woanders her, indem asich ihm selbst naht, außer von denen, die Demiurgen sind? Einen Wahrsagepriester oderArzt gegen die Übel, oder einen Zimmermann, oder einen herrlichen Sänger, der mit sei-nen Liedern wohl erfreut. Diese nämlich sind unter den Sterblichen auf der unermesslicheEErde zurufen.«

Es sind mehrere Punkte, die als Argumente für fremde wandernde Handwerke angese-hen werden:

1. Die Angaben über landesfremde Demiurgen: Fremde, von woanders her, »auf der un-ermesslichen Erde«.

2. Die Handwerker werden wegen ihres Fachwissens benötigt3. Es geht um die Handwerke eines Wahrsagers, Arztes, Zimmermanns und Sängers.

Allerdings sprechen alle diese Punkte gerade nicht für wandernde Handwerker aus nic:_griechischen Gebieten: Ein »Fremder« kann jeder beliebige Mann aus einem Gebiet außerhalb der eigenen Gemeinde sein; dasselbe gilt auch für das »dXXoOev«, und »auf der une:messlichen Erde« ist ein epitheton ornans, das in der Odyssee^ öfters auftritt.

Gegen nichtgriechische Fremde sprechen zudem die Handwerke des Wahrsagers un; lder Sängers selbst, da, wie oben schon dargelegt, solche nicht als Träger eines Kulturtrar-fers ausgemacht werden können. Und man würde sich fragen, warum man z.B. ausläi ldische Zimmerleute brauchen sollte. Zweifellos gab es im damaligen Griechenland (7. JL lgenügend gute Fachkräfte auf diesem Gebiet.

Es gibt in diesen Worten des Eumaios noch nicht einmal einen Hinweis darauf, dai-1überhaupt wandernde Handwerker gemeint sind. Mehrere Ausdrücke weisen darauf hu ldass diese Fachleute nicht von sich aus kamen, sondern dass man sie suchen und ruf er lmusste, um ihre Dienste in Anspruch zu nehmen: Man muss sie »rufen«, »selbst an sie her-1angehen«, sie »müssen gerufen werden«. Über solche abrufbare Handwerker gibt es auch :rBden Historien des Herodot viele Angaben, die sich auf die archaische Zeit beziehen.1' L=-lhandelt sich durchweg um in Griechenland weithin berühmte >Handwerker< (Künstle: lÄrzte, Wahrsager, Sänger, Ingenieure), welche zu bestimmten Arbeiten eingeladen und a:sl(anscheinend) freier Entscheidung Aufträge in anderen Poleis, an Tyrannenhöfen oc -1Heiligtümern annehmen konnten. Sie wanderten nicht herum, sondern wurden zu Aufti-1gen eingeladen, wie es Homer beschreibt. Kein einziger von ihnen trägt einen fremden N.- lmen oder wird als Nichtgrieche bezeichnet.

Und noch eine weitere, späte Quelle wird oft herangezogen, um wandernde Handwerka-lim frühen Griechenland zu belegen. Bei dem Sophisten Flavius Philostratos (2. bis 3. ••

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1617

Od. 17,381-386.Z.B. Hdt. 1,51; 3,60; 3,129-137.

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: Handwerkers (2. bis 3. Jh.

n.Chr.) wendet sich in der Vita Apollonii, der Biographie des berühmten Apollonios vonTvana, dieser an den Kapitän eines Schiffes, der viele wertvolle Gegenstände mit sich führt.Er versucht ihn zu überreden, ihn als Passagier mitzunehmen, u. a. mit der Bemerkung, dassdie »alten Handwerker« nur ihre Hände, ihre Werkzeuge sowie auch kostbare Steine und~ Lfenbein mitnahmen, wenn sie sich zur Arbeit woandershin begaben.18

Diese Textstelle wie auch das ganze Werk besitzt offensichtlich nur einen geringen histo-.-.5 dien Quellenwert, am wenigsten für die archaische Zeit. Die ganze Biographie ist sehrromanhaft ausgeschmückt und hat keinen historiographischen Anspruch. Der Hinweis aufdie »alten Handwerker« dürfte nicht mehr als eine Floskel sein. Vor allem ist völlig offen,ob es sich um wandernde Handwerker gehandelt haben soll, die sich auf Suche nach Arbeitauf die Reise begeben haben sollen, oder ob sie Aufträgen folgten, welche sie im AuslandAngenommen hatten. Reisende Handwerker müssen nicht unbedingt wandernde Hand-

werker sein.Um das Bild von wandernden griechischen Handwerkern zu erhärten, greift man gern

zu ethnographischen Vergleichen, wo man plausible Beispiele dafür finden kann: Wan-dernde Schmiede, Zimmerleute usw. Diese auf die griechische Gesellschaft der geomet-rischen und archaischen Epochen zu übertragen, ist jedoch methodisch unzulässig, dennentweder sind die Beispiele von sogenannten fahrenden Völkern< genommen oder aus Ge-rllschaften., in denen zeitlich beschränktes Wandern von jungen Handwerkern üblich war.

Im archaischen Griechenland sind >fahrende Völker< abgesehen von der saisonal bedingtenTranshumanz in einigen Gebirgsregionen nicht bekannt. Diese Hirten kommen aber kaumals Vermittler östlicher Kulturgüter in Frage. Und junge Handwerker nach Gesellenprü--ung auf Wanderung hat es sicher nicht gegeben: Sie wurden im Rahmen der Familie aus-gebildet und hatten dort zu arbeiten.

Aber abstrahieren wir von der Vorstellung von wandernden Handwerkern in Griechen-Land und betrachten die Möglichkeiten einer handwerklichen Ausbildung von Griechen imT sten und in Ägypten: Nur die seit der zweiten Hälfte des 8. Jh. gegründeten Kolonien ga-: en auch Handwerkern die Möglichkeit, ihren Heimatort zu wechseln, aber wiederum imRahmen der Emigration, die von ihrer Gemeinde gelenkt wurde. Wie die Phöniker in ihreStützpunkte in der Ägäis auch Handwerker holten, so hatten Griechen dort, wo sie länger-rristig und relativ kompakt zusammenwohnten, ebenfalls qualifizierte Fachleute, die daszerstellten, was sie innerhalb ihres isolierten Soziums benötigten. Zwar besaßen die Grie-dien weder im Vorderen Orient noch in Ägypten Kolonien, aber sowohl in Naukratis undanderen ägyptischen Städten wie auch in einigen Militärlagern Südsyriens sind sie anhandschriftlicher und archäologischer Quellen bezeugt.

Bis zum 6. Jh. existieren keine eindeutigen Quellen über griechische Handwerker inÄgypten. In Memphis zeigen einige karische Grabstelen deutlich einen ostionischen Stil.Da es sich aber um ein rein karisches Milieu handelt, ist es fraglich, ob Griechen oder doch-.:;ht eher Karer ihre Produzenten gewesen sind. Dennoch ist mit Sicherheit zu erwarten,dass es schon früher griechische Handwerker in Ägypten gab. In Naukratis schufen sie einegriechische Umwelt mit Tempeln, Wohnhäusern, Haushaltsgegenständen usw. Es ist nichtdaran zu zweifeln, dass sie zusammen mit den übrigen ostionischen Ansiedlern in diese

8 Philostr. Ap. 5,20.19 KAMMERZELL 1983, 134-139.

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Stadt kamen. Ihre Auftraggeber waren natürlich die maßgebenden und wohlhabender lMänner der Stadt, vermutlich Handelsherren. Man lebte in Naukratis nicht in einer abge-schirmten Enklave, sondern in einem ständigen Kontakt zu den ägyptischen Behörden imiauch der ägyptischen Bevölkerung in der Umgebung. Die Kontaktsituationen und -bedirgungen können nicht präzise rekonstruiert werden, doch offensichtlich existierten sie. Si-cher ist es kein Zufall, dass seit der Etablierung dieses griechischen Emporions Rezeptione-aus Ägypten diejenigen aus dem Vorderen Orient übertrafen. Zumindest eine von ihneinämlich die Treppe eines Stufenaltars, die sich über die ganze Breitseite erstreckt, ist zurersten Mal in Naukratis registriert, bevor sie auch in lonien aufgenommen wurde. Vc:dort aus hat sicher ein erheblicher Transfer nach Griechenland stattgefunden. Doch ohr=Berücksichtigung der jeweiligen soziotechnologischen und soziokulturellen Hintergrundkann dieser Transfer nicht erklärt werden. Zudem dürfte Naukratis nicht der einzige C -gewesen sein, über welchen ägyptisches Wissen nach Griechenland gelangte.

Eine zweite gesicherte Kontaktzone sind die südsyrischen Militärlager. GriechischHandwerker waren wahrscheinlich auch in ägyptischen und/oder judäischen militärische:Festungen tätig, wo sie vorrangig für ihre eigenen Landsleute, eventuell auch für die ir-rigen phönikischen und vielleicht karischen Mitbewohner des jeweiligen Camps arbeiteen.21 Diese Handwerker waren jedoch für griechische Auftraggeber oder zumindest für e-nen ethnisch und professionell sehr beschränkten Bereich tätig, nämlich den militärischemIhre Aufgaben waren Ausbesserungen von Waffen und Rüstungen und die Produktion ein-facher Gegenstände für den Alltag. Innerhalb des sehr beschränkten Raumes und seinerFunktion waren sie wohl kaum in der Lage, Kontakte zu ihrer fremden Umwelt aufzubau-en, wie sie zur Rezeption von komplizierten Technologien und zur Aneignung weiterrhandwerklicher Fähigkeiten notwendig gewesen wären.

Während also der Fluss ägyptischer Technologien in Griechenland besonders seitMitte des 7. Jh. mit der recht großen Präsenz von Griechen in Naukratis wie auch in aren Städten des Landes durch griechische Handwerker, die meistens wohl langfristig d>gewohnt hatten, aber in ihre griechische Heimat zurückgekehrt waren, zu einem guten Tzu erklären ist, bleibt Rezeption vorderorientalischer Handwerkskunst noch im DunklNach allem, was wir wissen, kamen Griechen vorwiegend als Söldner in die syrischen Statjten und nach Ägypten. Sie waren professionelle Krieger, die sicher keine handwerklichasjKenntnisse besaßen und daher auch keine Motivation, sie sich anzueignen. In solch:Gruppen, die relativ klein war, befanden sich vermutlich keine Handwerker, denn sonhätte man archäologische Spuren von ihrer Tätigkeit finden müssen. Diese Söldner hing:höchstwahrscheinlich von den Lieferungen ihrer östlichen Auftraggeber ab. Von ihnen ^aialso keine Rezeption zu erwarten.

Man könnte weiterhin vermuten, dass sich Handwerker aus Griechenland gezielt in caiajVorderen Orient oder nach Ägypten aufgemacht hätten, um sich dort zu qualifizieren. -~solches Szenario könnte man sich seit dem 7. Jh. vorstellen, als grundlegende Technologie:in Griechenland bereits bekannt waren. Für die Anfangsstadien der Rezeptionen ist solergezielte Selbstqualifizierung allerdings ausgeschlossen. Dazu fehlten die soziotechnc^gischen Voraussetzungen in ihrer Heimat, und außerdem hätten sie ohne Beherrschure

20 HÖLBL 1984,14.21 PELEG, OREN 1983, 81-93; vgl. auch HAIDER 2004,451.

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»eH auch für die üb-E-en Camps arbeitet-ier zumindest für ei-i: den militärischen.: die Produktion ein-Raumes und seiner

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X noch im Dunklen.n die syrischen Staa-ine handwerklichenueignen. In solcheniwerker, denn sonst)iese Söldner hingen>er ab. Von ihnen ist

snland gezielt in denzu qualifizieren. Eingende Technologien;zeptionen ist solche. die soziotechnolo-ohne Beherrschung

c 5-rrache und der Kenntnisse der technologischen Abläufe und Umgebungen des Hand-ss und schließlich ohne finanzielle Mittel keine Ausbildung im Ausland erhalten kön-L Hier wäre zu fragen, ob und wie dies überhaupt möglich gewesen sein könnte.I och zuvor sollte marv sich vor Au%er\, was der Transfer im produzierendeni^dwerk beinhaltete und was für Ausmaße er besaß. Es geht hier nicht nur umkleintei-s Produkte, sondern um komplexe Produktionsorganisationen, in denen mehrere ver-neden spezialisierte Handwerker eng zusammenarbeiten müssen und die Logistik des

- :cuktionsprozesses unabdingbare Voraussetzung für das Endprodukt ist. So ist es z.B. inFeinbearbeitung: Zunächst muss das Steinmaterial gewonnen werden, was meistens in

*r-q?T Entfernung zu den Werkstätten geschieht. Die Steinblöcke werden zunächst grobßsauen und dann zum Atelier transportiert. Allein schon diese vorbereitenden Arbeits-nr.ne haben ihre eigenen Technologien, Organisationen und Werkzeuge, die eine langeradition voraussetzen.22 Danach kommt die Feinbearbeitung zu einer bestimmten Skulp-_- : ier einem Relief. Hier treten das handwerkliche Geschick und die verschiedenen iko-: .^rz^hischen Traditionen in den Vordergrund. Ausschlaggebend für die Gestaltung isti=- eweilige Auftraggeber, welcher Größe, Motive und Darstellungsart bestellt. Unddhheßlich wird das Werk durch Bemalung, Einlagen, Aufstellungsvorrichtungen usw. fer-

i^ i erteilt. Jeder dieser verschiedenen Arbeitsschritte erfordert spezialisiertes Wissen über•en Teilbereich wie auch über das Ineinandergreifen der vielen anderen Produktions-: rier. das keinesfalls über das Ansehen und Analysieren von >Musterstücken< von einem- _r_ iv,-erker, der die Abläufe nicht kennt, nachgeahmt werden kann. Bei vielen handwerk-._-.;- Produkten einschließlich der Architektur wurden nicht nur die rein handwerklichen

weiten, d.h. die erforderlichen Handgriffe rezipiert, sondern man übernahm gleich-; den soziotechnologischen Kontext bzw. die entscheidenden Teile davon, sowie auch

r_-:rjnal Ausschnitte von Vorstellungs- und Ideenkomplexen, die ursprünglich mit±r_: — gegebenen Gegenstand verbunden waren. Gerade dieser sozialkulturelle >Bestand-.1. tu:es Gegenstandes dürfte oft die Motivation für eine Rezeption und den Transfer ge-;:-- haben.

T-is gilt vor allem für den Sakralbau. In der griechischen Welt begann man um 700 Hei-u£~_zier aus Stein zu errichten. Das war eine der eindrucksvollsten Innovationen zu Beginn

.rchaischen Epoche. Es lohnt sich daher, diesem Zweig frühgriechischen Handwerks,rs eifellos alle andere durch seinen hoch komplexen Charakter überragte, etwas ge-

:_ _;: "achzugehen, denn dadurch können Umfang, Herkunft und Arten von Rezeptionen_- : Transfer deutlicher bestimmt werden.

I-iTiZ allgemein ist der Grund dafür, dass Griechen um 700 die ersten Steintempel er-in der soziokulturellen Entwicklung des früharchaischen Griechenlands zu su-

EI; Die nun etablierte Aristokratie, die im Rahmen der Polisbildungen begann, mit poli---. Mitteln Macht zu erringen und auszuüben, benötigte neue Medien für ihre Ansprü-

: -r.; ihre Ideologie. Dadurch entstand die Notwendigkeit neuer architektonischer Aus--:--_-—ittel, die sich zweifellos auch an den damals noch gut erkennbarenczczeitlichen Ruinen orientierte. Tatsächlich aber lag zwischen der Idee und der Aus-"-' ; ein weiter Weg. Dass dieser Weg nicht von den lokalen Resten alter Steinbautenf_~ ;. zeigt sich am Fehlen einer kontinuierlichen Entwicklung der Steinarchitektur wie

. HÖLBL 1984, 5.

64 Iris von Bredow

überhaupt der Steinbearbeitung. Eine handwerkliche Tradition geht dann zugrunde, wedie Produktion unterbrochen wird. Dass die archaischen Baumeister nicht an ein sichtbimykenisches Erbe anzuknüpfen versuchten, beweisen außerdem die neuen Formen des H?|chaischen griechischen Sakralbaus.

Im ersten Viertel des 6. Jh. v. Chr. ist der beeindruckende >Maßstabsprung< in der Arca-tektur des frühen Griechenland zu beobachten: Die Bauten, die schon ab ca. 700 aus Sterrichtet waren, wurden nun monumental. Das veränderte nicht nur das äußere Ersehenungsbild der Sakralbauten, sondern verursachte eine grundlegende Veränderung ihrAusgestaltung und des sakralen Raumes allgemein. Dieser Maßstabsprung wird mit eisehr gründlichen Kenntnis der ägyptischen Steinarchitektur erklärt,23 die in bescheidene:1Maßen und ohne Rezeption ägyptischer kultischer Besonderheiten angewandt wurde.

Mehrere handwerkliche Methoden, welche an den griechischen Bauten benutzt wurdstammen nachweislich direkt aus Ägypten. Ich beschränke mich hier auf nur wenige fospiele: An erster Stelle steht die Maßeinheit, die ägyptische Königselle, von der Herodot r-erichtet, dass sie auch auf Samos benutzt werde.24 Diese Angabe ist korrekt: Das Maß 52.':4cm, ist am ersten samischen Dipteros festzustellen, dessen Ausdehnung genau 100 auf I.Ellen entspricht.25 Außerdem wurden die einzelnen Blöcke auf Samos wie in Ägypten nEisenklammern (Schwalben) zusammengehalten.

Eine weitere für Ägypten charakteristische Bauweise ist am zweiten Dipteros von Sair:zu beobachten: Nachdem der erste wohl wegen seiner zu schwachen Fundamentienizvom Einsturz bedroht war, riss man ihn ab, um den zweiten, noch um ein Vielfaches gröl-:ren zu errichten. Um die Belastbarkeit des Bodens zu verbessern, wandte man eine typisägyptische Methode an: Es wurde eine Grube ausgehoben, die mit einem Im hohen Sanc-ibett aufgefüllt wurde, und darüber schüttete man eine Kalksplittschicht. Damit war ein bamogener Unterbau geschaffen, auf dem dann das eigentliche Fundament errichtet wurdeSolche Sandbetten unter Heiligtümern waren in Ägypten üblich und besaßen dort sogeine kultische Bedeutung.

Aus dieser Zeit stammen sicher auch verschiedene Kultlegenden über die Errich1

monumentaler Tempel. So besang Pindar den mythischen Ursprung des Apollontemprvon Delphi, den Hephaistos und Athena mit Mauern und Säulen aus Bronze (vor)gebijhätten. Dies ist eine der typisch altorientalischen Kultlegenden, wie sie in ganz Mesopcu-mien, Syrien und Anatolien verbreitet waren.

Hier wäre noch kurz auf den sicherlich wichtigsten Bestandteil eines temenos einzugthen, nämlich auf den Altar. Ein temenos brauchte keinen Tempel zu umfassen, konnte ar-enie ohne Altar existieren, weil dieser für das wichtigste Ritual, das Opfer, notwendig wirDie gegenseitige Bezogenheit zwischen Tempel und Altar war in Griechenland im grobe:Ganzen festgelegt: Der Altar befand sich im Normalfall vor dem nach Osten gerichte:;:Eingang des Tempels, sodass dieser beim Opfern im Rücken blieb.28 Diese Konstellat;::findet man auch bei den westsemitischen Tempeln. Sie ist in beiden Fällen von den Hin

23 HÖLBL 1984.24 Hdt. 2,168.25 KIENAST 2001, 39 Anm. 9.26 KIENAST 2001, 38.27 Find. P. 8, fr. 521,63-71 (MAEHLER 1989); vgl. WESENBERG 1996,1-15.28 OHNESORG 2005, 219-221.

Wandernde Handwerker zwischen Ost und West in der jrüharchaischen Zeit? 65

zugrunde, wennan ein sichtbaresa Formen des ar-

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-;htungen bedingt: Die Opfergemeinde war der Sonne zugewandt, da die Rituale• =_~ Morgen stattfanden, und auch der Tempel mit seinem Bild wurde in dieser Tages-: n den Strahlen durchflutet.

Lz •wieweit zusammen mit architektonischen Konzepten des Sakralbaus auch religiöse-Teilungen und kultische Praktiken rezipiert wurden, ist noch zu erforschen. Bedeutend

a»e- _5t noch ein anderer Aspekt: Bei der Untersuchung der angewandten Technologien•Ire —an nicht nur das rein Handwerkliche berücksichtigen, die bei einem monumentalen

- err.pel ganz andere sind als bei den kleinen Architekturformen, sondern auch die Ar-•- : • :;anisation, die ebenfalls mit dem Maßstabsprung völlig umgestellt und neu gestaltet

: - musste. Die griechischen Meister fingen damals zwar nicht von vorne an, da sie be-•sss Erfahrungen in der Steinbearbeitung und -Verwendung gesammelt hatten, doch die

-gerungen veränderten sich wesentlich. Der Planungsphase vor dem eigentlichen Bau—.K- "\~angslaufig weit gefasste und genaue Überlegungen voraus, die nicht nur in der:. _-r:r.nik, sondern auch in Arithmetik, Geometrie, (empirischer) Physik u.a. umfassende_- : —-.indliche Kenntnisse voraussetzten.29 Schließlich war auch der Arbeitseinsatz zu pla-BEL vorzubereiten und zu organisieren: die Beschaffung und der Transport des enormen

^_--iterials in und von den Steinbrüchen, die Fragen der Versorgung der Arbeiter mit» fr-Beugen, sicher aber auch mit Rationen von Lebensrnitteln und Getränken. Das setzt. - .„. Kalkulationen, d.h. Rechnungsvorgänge voraus, ohne welche die eigentliche Arbeitff zieht hätte beginnen können.

Dazu sind auch die Bearbeitung, Herstellung und Kalkulation aller anderen Bauteile wie.: Holzteile u.a. vor Ort zu berücksichtigen. H. J. KIENAST gibt dazu einige Zahlen:

1 _- 1^5 Dach des samischen Dipteros wurden 10.000 Flachziegel und nochmals 10.000 Zie-: _— Abdecken der Fugen benötigt.30 Auch hier stellt sich die Frage nach der Beschaf-; :es Materials, der Logistik der Herstellung und des Transports zur Baustelle. Neben

ms. rein handwerklichen Fähigkeiten stehen also weitaus mehr Kenntnisse, als es auf denEV-in Blick erscheinen mag. Diese fundamentalen und ingenieurwissenschaftlichen

----- :r.:sse traten anscheinend zusammen mit dem Beginn der Monumentalarchitektur inif-eczenland auf und waren wohl von ihr bedingt. Das aber würde bedeuten, dass zusam-

-=- —.'.'. der Rezeption der Monumentalarchitektur und der vielfältigen Technologien, dieir - . r erforderlich sind, auch das dazu notwendige grundlegende natur- und technikwis-•£- : - iftiiche Wissen in das archaische Griechenland gelangt sind. Anders lässt sich dieserMiSr_absprung< nicht erklären. Dieser Gedanke schließt natürlich nicht aus, dass bereits- —tr . im 8. und 7. Jh., Kenntnisse z.B. in Mathematik, Geometrie und Physik vom Vorde---- " r.ent oder Ägypten übernommen worden waren, allerdings eher solche Kenntnisse,• - : - e iich nicht auf den Bau solcher riesiger Gebäude bezogen.

Azhand dieser Beispiele kann man ermessen, was für einen weiten Umfang die Rezepti-m -^.d der Transfer östlicher und ägyptischer Architektur und Bautechnik in historisch-r - i_-r scheinlich kurzer Zeit seit Beginn der archaischen Epoche angenommen hatte. Wie

- hervorgehoben, liegt diesem Können auch ein enormes theoretisches Wissen zu-—__-;;. das auf einer langen Tradition im Alten Orient und einer perfekten (was nicht be-ic-.'e: aanz genauen) Rezeption von Seiten der Griechen beruht. Man könnte dafür den

;, z.B. zum Bau des Eupalinos-Tunnels auf Samos KÄPPEL 1999.i^AST 2001, 37.

66 Iris von Bredow

von Herodot beschriebenen Tunnel des Eupalinos, Sohn des Naustrophos aus Megara, aufSamos heranziehen:31 Nur aufgrund exakter und komplizierter Berechnungen war dieseIngenieurleistung möglich geworden.32

Dass ägyptische Handwerkkunst gerade zu Beginn des 6. Jh. die wichtigste Rolle bei derEntwicklung des archaischen Sakralbaus spielte, ist wegen der gut belegten Kontakte nichtverwunderlich.3 Nach literarischen und epigraphischen Quellen weiß man, dass sich eini-ge Griechen in den höheren ägyptischen Kreisen integriert hatten. Ihnen waren die ägyp-tische Tradition und die Kenntnissen aus alter wie auch aus ihrer Zeit zugänglich. Mankann eine Reihe von griechischen Rezeptionen aus der ägyptischen Gedankenwelt und Le- lbensart auf sie zurückführen. Zwar sind diese Personen nicht in dem Kreis zu vermuten,aus dem Rezeption und Transfer von einzelnen Technologien in den verschiedenen Hand-werken hervorgegangen sein könnte. Aber einen wichtigen, ja sogar entscheidenden Bei-trag könnten sie dennoch geleistet haben. Dank ihrer sozialen und beruflichen Stellung hat-ten sie einen Eindruck und vielleicht auch persönlich erworbene Kenntnisse über das sozio-technologische Netzwerk, welches für die komplexen Produktionen wie für ein großes Bau-unternehmen erforderlich war. Als höhere Zivilverwalter und Militärführer hatten sievermutlich an Expeditionen zu den Orten teilgenommen, von denen aus die Rohstoffe zurProduktionsstätte transportiert wurden. Sie kannten ebenfalls zweifellos die Logistik sol-cher Bauprojekte. Es ist aber auch keineswegs abwegig anzunehmen, dass solche Griechenauch Kenntnisse in der Planung von monumentalen Bauten besaßen.

In Ägypten, wie auch im Alten Mesopotamien,34 war der Bauherr von Sakralarchitekturimmer der König selbst, wobei er nach altägyptischem Glauben von den Göttern beratenund kontrolliert wurde. Offiziell war immer der Pharao derjenige, der den jeweiligen Ent-wurf beschloss, und die Architekten waren seine Berater. Diese besaßen eine hohe Bildungund waren für die konkreten Entwürfe und die Ausführung der Projekte verantwortlich."'Der einfache Handwerker, der Details auszuarbeiten hatte, erhielt konkrete, wohl meis:durch Zeichnungen mit Maßangaben, formulierte Aufträge. Da die Bauelemente von derTradition bestimmt waren, konnte solch ein ausgebildeter Spezialist die ihm zugeschrie-benen Teile problemlos ausarbeiten. Es ist bekannt, dass sowohl der König als auch seineArchitekten bei ihrer Planung auf zahlreiche Schriften zurückgreifen konnten, welche inden Tempel- und Palastbibliotheken aufbewahrt waren.36 Sie enthielten Konzepte, Entwür-fe, Zeichnungen und Beschreibungen von verschiedenen Bauten. Wer in den hohen Krei-sen verkehrte und Interesse daran hatte, konnte sich Zugang zu ihnen verschaffen. Som:-könnten sich Griechen in wichtigen Positionen theoretisches Wissen über die ägyptische lSakralarchitektur angeeignet haben.

Vielleicht sind Konzepte der Raumgestaltung und konkrete Entwürfe auf diesem Wegnach Griechenland gelangt. Doch damit sind die Rezeption der Technologien bei den Ein-zelschritten und der Transfer des gesamten Baukonzeptes immer noch nicht erklärt. Er:

Wandernde Hai

iter Grieche in.• Kapitellen erwori•"c-rhaben. DamitKenntnissen undrr_: war auch er d_5:eren. Er trat als

3l Hdt. 3,60.KÄPPEL 1999.

33 KIENAST 2001, 38f.; BIETAK 2001.34

35

36

Der Ensi Gudea von Lagas ließ sich mit einer Grundrisszeichnung, Lineal und Griffel darstelle-Dioritstaue, Louvre.HEISEL 1993, 76.HEISEL 1993, 77.

Wandernde Handwerker zwischen Ost und West in der früharchaischen Zeit? 67

aus Megara, aufungen war diese

iste Rolle bei derc. Kontakte nichtin, dass sich eini-waren die ägyp-ragänglich. Manikenwelt und Le-:e:> zu vermuten,chiedenen Hand-scheidenden Bei-ien Stellung hat-se über das sozio-ir ein großes Bau-fuhrer hatten siedie Rohstoffe zur

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--

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-zestellter Grieche in Ägypten hat natürlich keine Fähigkeiten z.B. im Bau von Terras-:cer Kapitellen erworben. Was er kannte, waren die soziotechnologischen Grundlagenrer Vorhaben. Damit konnte er selbst Planungen vornehmen. Nach Griechenland mit-en Kenntnissen und mit der Motivation, einen ähnlichen Bau dort zu realisieren, zu-cgekeht, war auch er derjenige, der imstande war, solch ein Projekt durchzusetzen undrzinisieren. Er trat also als der Auftraggeber auf, der die Raumgestaltung, das Bauma-L _nd die Baugruppen maßgeblich bestimmte. Die kultisch einbezogenen Monumen-cJpruren der archaischen Tempel in Didyma (im temenos der Prozessionsstraße) oderSimos zeigen deutlich das Verhältnis zwischen Heiligtum und aristokratischen Fami-ius denen höchstwahrscheinlich auch die jeweiligen Bauherren stammten.

)ennoch war es solchen auf ägyptische Art gelehrten Herren ohne Ausführende nicht:_;h., Anfang des 6. Jh. riesige Bauten entstehen zu lassen. Dazu brauchten sie Fachkräf-*?n denen einige im damaligen Griechenland noch nicht vorhanden waren. Die vielen,z kurz angedeuteten bautechnischen Hinweise zeigen, dass das konkrete technologischejer. gleichzeitig mit den neuen Konzepten nach Griechenland kam. Dafür gibt es keineere plausible Erklärung, als dass dringend benötigte Handwerker von dem Bauherrn- r.T?ten mitgenommen wurden.

Lr hatte mehrere Möglichkeiten, ein solches Team von Fachkräften zusammenzustellen,e-jachste wäre für ihn gewesen, einen in Ägypten ansässigen griechischen Handwer-

far sein Vorhaben anzuheuern. Es müsste allerdings ein akkulturierter Grieche gewesent dem Technologien und soziotechnologische Prozesse gut bekannt waren, also mög-s: nicht aus Naukratis. Die Person eines solchen griechischen Handwerkers kann grob:ssen werden: Er kam vielleicht in der zweiten Generation aus einer griechisch-ägyp-•t- Familie und war von seinem ägyptischen Großvater oder einem anderen nahen*andten mütterlicherseits ausgebildet worden. Er war in die ägyptische Gesellschaft in-tr. beherrschte aber noch die Sprache seines Vaters. Im Fall, dass er nach Griechen-rurückkehrt, hätte er die Möglichkeit, sein Wissen auf Bestellung anzuwenden und in

----- Familientradition weiter zu geben. Diese Möglichkeit des Transfers wird allerdings; r egrenzt durch das ganz andere kulturelle und soziotechnologische Umfeld in Grie-iland. Nehmen wir an, er hat sich auf die Herstellung von Kapitellen spezialisiert. Diesei<eit würde ihm in Griechenland nur nützen, wenn solche Kapitelle auch dort herge-: würden, d. h. wenn er Aufträge in dieser Richtung bekommen und sich auf das not-—te Netzwerk stützen könnte, das in Ägypten vorhanden war (z.B. die Lieferung von: ;enau bemessenen Rohlingen). Er muss also einen festen Platz als Akteur unter ande-.\kteuren finden, also sowohl einen Auftraggeber als auch Mitakteure. Nur wenn ihmrriechenland zumindest ähnliche Bedingungen der Logistik geboten würden, hätte erl: slichkeit, sein Wissen einzusetzen und zu verbreiten.

;ne zweite Möglichkeit bestand darin, sich spezialisierte Sklaven zu verschaffen, welche'och bestehenden Lücken in seiner Gruppe ausfüllen konnten. Wie oben schon er-

Vgi. dazu auch die Geschichte über den Bau des Apollotempels in Delphi durch die AlkmeonidenHdt. 5,62): Zwar war ihnen der Bauplan von der delphischen Amphityonie vorgegeben, aber sie'ersvendeten besseres Baumaterial.

68 Iris von Bredow

wähnt, gehörten Handwerker jeder Art zur Kriegsbeute.38 War dieser hochgestellte Griechealso im Militär tätig, konnte er sich Handwerker als Beuteanteil sichern und zu seinen Skla-ven machen. Solche qualifizierten Sklaven waren im Ausland aber auch käuflich zu erwe:ben. Eine indirekte Bestätigung für die These, dass in der archaischen Zeit ausländischeSklaven als Handwerker nach Griechenland kamen, stellen die vielen ausländischen Namer.von Vasenmalern in er archaischen Epoche dar: Ezekias, Amasis, oder Ethnika, die als Skla-vennamen benutzt wurden wie Lydos oder Brygos. Und einige mögliche Belege für ägyp-tische bzw. nubische Sklaven bei Bauarbeiten findet man in Abbildungen auf Fikellura-Fragmenten aus Milet.

Und schließlich bestand in Ägypten und auch im Vorderen Orient für einen vermö-genden Mann die Möglichkeit, mit einem Handwerkermeister einen Lehrvertrag für seinegriechischen Sklaven oder sonstigen Unterstellte abzuschließen.39 Somit konnte er sichauch die Handwerker verschaffen, die er meinte, nach seiner Rückkehr beschäftigen zukönnen. Das dürfte aber nur solche spezialisierte Handwerke betreffen, für deren Aneig-nung es genügte, die Sprache, nicht aber unbedingt auch die Schrift zu beherrschen.

Alle diese denkbaren Möglichkeiten haben einen gemeinsamen Nenner, der im Charak-ter der Hauptakteure liegt: Nur ein im Ausland ausgebildeter Handwerker konnte speziali-sierte Kenntnisse und Fertigkeiten rezipieren und in Griechenland verbreiten. Dass Kauf-leute einen solchen Transfer geleistet hätten, ist absolut unmöglich. Mindestens genausowichtig war der übergeordnete Akteur, der Mann, welcher Resultate und Funktionen derArtefakte und die Planungen und Organisationen der gesamten Arbeitsprozesse kannte.Seine entscheidende Rolle liegt in der Initiative des Transfers, den er selbst nur organisato-risch zu leisten imstande war. Er musste versuchen, das Wissen über die wichtigsten Be-standteile einer komplexen Produktion in ihren verschiedenen Arbeitsteilungen und Ar-beitsschritten seinen Landsleuten in Griechenland zu vermitteln, wobei er sich zunächstsolcher im Ausland ausgebildeter Handwerker bediente. Er wird dann versucht haben, mitden vorhandenen Möglichkeiten ein Netzwerk zu schaffen, das zwar nicht dem im Auslandgenau entsprechen konnte, aber imstande war, komplexe, arbeitsteilige Produkte herzustel-len. Wie ein Transfer ohne fremde Fachkräfte aussah, können wir vermutlich im Grabhausaus Lefkandi besichtigen: Die außergewöhnliche Planung wurde offensichtlich von demAuftraggeber, dem Herrn von Lefkandi erstellt, doch die einheimischen Arbeiter konntennur das bauen, was sie in ihrer Tradition gelernt hatten.

Ähnlich hat man sich den Transfer von handwerklichen Technologien auch in den Jahr-hunderten davor vorzustellen, als diese vorwiegend aus Nordsyrien stammten.

Das sind zwar Hypothesen, aber keine reine Spekulationen, wenn man den kulturellenund gesellschaftlichen Hintergrund im Vorderen Orient und in Ägypten sowie auch dieschnelle Verbreitung theoretischer Kenntnisse im archaischen Griechenland berücksich-tigt. Der Transfer handwerklichen Könnens besaß je nach der Art der spezialisierten Pro-duktion sehr unterschiedliche Voraussetzungen der Rezeption und Motivationen und im-mer einen sehr komplizierten Transfer. Die Rezeptionen auf allen diesen unterschiedlichen

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und Wandlungspro zes:-XINI 1987: B. C. ZACCACiecond Millenium B.C., in

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38 Sehr bezeichnend ist in dieser Hinsicht die Beuteliste des Esarhaddon nach seinem Sieg über Ägyp-ten, auf der verschiedene Kunsthandwerker, Ärzte und Wahrsager vorkommen. Leider wird ihreZahl nicht genannt. Vgl. ONASCH 1994, 59.

39 KLENGEL 1989, 394.

Wandernde Handwerker zwischen Ost und West in der früharchaischen Zeit? 69

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n seinem Sieg über Ägyp-:>mmen. Leider wird ihre

Eälea Ebenen kamen zwangsläufig durch persönliche, verbale Kontakte und einen lang-

-_-i;r. Aufenthalt im Ausland zustande. Wandernde Handwerker hätten all das nichtsonnen.

Iris von BredowJahnstr. 107, D-74321 Bietigheim-Bissingen

[email protected]

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