Starkes Land

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Jetzt Flagge zeigen Wie der Neustart am Wirtschaftsstandort Österreich mit Herz, Hirn und Courage gelingen kann. ÖSTERREICH Proaktiv in die Zukunft steuern Der CEO von Palfinger, Andreas Klauser, übt sich in vorsichtigem Optimismus. „Frau in der Wirtschaft“ im Fokus WKO-Vize-Präsidentin Martha Schultz ermutigt Unternehmerinnen. Riese im Kulturbetrieb Burgtheater-Direktor Martin Kušej über besondere Spielzeiten. Juni 2020 Promotion-Magazin

Transcript of Starkes Land

Jetzt Flagge zeigen

Wie der Neustart am Wirtschaftsstandort Österreich mit Herz, Hirn und Courage gelingen kann.

ÖSTERREICH

Proaktiv in die Zukunft steuernDer CEO von Palfinger, Andreas Klauser, übt sich in vorsichtigem Optimismus.

„Frau in der Wirtschaft“ im FokusWKO-Vize-Präsidentin Martha Schultz ermutigt Unternehmerinnen.

Riese im KulturbetriebBurgtheater-Direktor Martin Kušej über besondere Spielzeiten.

Juni 2020Promotion-Magazin

Editorial/Aus dem Inhalt

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NADIA WEISS CHEFREDAKTEURIN

Liebe Leser!Noch ist nicht gänzlich abzusehen, welche Spuren die Gesundheitskrise der vergangenen Monate in unserer Gesellschaft hinterlassen wird. Heraus-fordernde Zeiten verlangen nach neuen Lösun-gen. Auch wenn wir kein Allheilmittel anbieten können, so wollen wir auf den nächsten Seiten etwas verbreiten, das unser aller Kräfte bündeln und stärken kann: Optimismus. Österreichische Unternehmen investieren verstärkt in die Digita-lisierung und wollen gleichzeitig den regionalen Wirtschaftsstandort stärken. Die Telemedizin baut ihre Möglichkeiten aus, und digitale Bildungs-möglichkeiten sollen selbstverständlich werden. Branchen wie der für die Volkswirtschaft so wich-tige Tourismus kämpfen mit viel Engagement um ihren Ruf als Weltmeister der Gastlichkeit.

All diesen Anstrengungen widmen wir die kommenden Seiten, und Ihnen wünsche ich viel Spaß beim Entdecken.

Ihre Nadia Weiss

Erfolgsstorys aus der RegionUnser Regionalmagazin „Starkes Land“ hat die Regi-on im Fokus. Wir bringen Geschichten, die ebenso gut recherchiert wie nützlich und unterhaltsam sind: Storys über mittelständische Größen und Start-ups, über Kultur und Lifestyle, über Menschen und Projek-te, die weit über die Region hinaus erfolgreich sind.

TITELSTORY 4 Auf die Stärken setzen

Wie Österreich nun auf seine Stärken setzt.

WIRTSCHAFT 8 Anlauf zum Durchstarten

Der private Konsum als Schlüssel zum Neustart.10 Die Kraft im Kopf

Ideenreichtum ist unsere Soft Power.12 Interview: Zuversicht im Maschinenraum

Andreas Klauser, CEO Palfinger, über den Re-Start.14 Starke Frauen: Ideenreichtum ist unser Potenzial

WKO-Vizepräsidentin Martha Schultz im Gespräch.

KOLUMNE16 Brauners Brösel

DIGITALISIERUNG18 Online auf der Uni

Andreas Altmann, Rektor des MCI, über E-Learning.20 Wenn Patienten zu Daten werden

Von Telemedizin, Big Data und Wearables.22 Digital auch nach der Krise

Große Teile unseres Alltags finden nun im Netz statt.

KUNST UND KULTUR24 Alles nur geträumt

Burgtheater-Direktor Martin Kušej im Porträt.27 Kultur jederzeit und überall

Kulturvermittlung findet neue Wege und Zugänge.

Starkes Land Österreichist ein Promotion-Magazin desVerlages Ablinger Garber für die Leser des SPIEGEL.

Medienturm Hall in Tirol

Cover: Besondere Zeiten verlangen nach besonderem Mut. Dieses Heft will ein Zeichen von Optimismus in von Herausforderungen geprägten Wochen sein. Mit Herz und Courage schaffen wir den Neustart. Mehr dazu auf Seite 4

Jetzt Flagge zeigen

Wie der Neustart am Wirtschaftsstandort Österreich mit Herz, Hirn und Courage gelingen kann.

ÖSTERREICH

Proaktiv in die Zukunft steuernDer CEO von Palfinger, Andreas Klauser, übt sich in vorsichtigem Optimismus.

„Frau in der Wirtschaft“ im FokusWKO-Vize-Präsidentin Martha Schultz ermutigt Unternehmerinnen.

Riese im KulturbetriebBurgtheater-Direktor Martin Kušej über besondere Spielzeiten.

Juni 2020Promotion-Magazin

Medienturm · 6060 Hall in Tirol, Österreich Tel. +43 5223 513-0 · [email protected]

Impressum: Herausgeber: Ablinger & Garber GmbH; Projektleitung: Garber Advertising GmbH (Emanuel Garber, Matthias Häussler); Redaktion: Michael E. Brauner, Christian Eder, David Hell, Thomas Mader, Ro Raftl, Werner Ringhofer, Gloria Staud, Christoph Trachtenberg, Nadia Weiss; Koordination: Karin Ablinger-Hauser, Karin Müller, Monika Schlögl; Grafik & Produktion: Christian Frey, Franziska Lener, Kathrin Marcher; Advertorials/Anzeigen: Tasso Astl, Klaus Grabherr, Marion Halper, Julia Kröll, Thomas Lindtner, Silvia Moser; Geschäftsführung: Walter Garber; Druck: Stark Druck, Pforzheim. Coverfoto: Mister KG Porträtfotos Cover: Palfinger (1), Inge Prader (2), Stefan Fürtbauer (3)

Hinweis zur Genderformulierung: Im Sinne einer besseren Lesbarkeit der Texte wurde entweder die männliche oder die weibliche Form von personenbezogenen Hauptwörtern gewählt. Dies impliziert keinesfalls eine Benachteiligung des jeweils anderen Geschlechts. Frauen und Männer mögen sich von den Inhalten gleichermaßen angesprochen fühlen.

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PALFINGER.AG

UNSERE WELT VERÄNDERT SICH.UND WIR MIT IHR.Neue Technologien und ihre Potenziale der Anwendung sind die Wegbereiter des digitalen Wandels, in dem wir uns befi nden. Die Integration der Digitalisierung in alle Unternehmensbereiche von PALFINGER wird es deshalb ermöglichen, Neues schneller zu entwickeln, zu testen und in zukunftsweisende Geschäftsmodelle umzusetzen. Dafür müssen wir unsere Sichtweise immer wieder verändern und ganz genau hinsehen, denn: Digital ist alles. Und alles ist digital.

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Titelstory

E s ist nur wenige Monate her, dass der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg am Wiener Opernball in seiner diplomatisch

pointierten Art die nicht zu unterschätzen-den Stärken der Alpenrepublik wie folgt zu-sammenfasste: „Österreichs Soft Power ist sein Charme und seine Lebenskultur.“ Der Kongress tanzt, „Tu felix Austria, nube!“ – „Du glückliches Österreich, heirate!“ und dann die „Insel der Seligen“, auf der sich die

Menschen nach dem Wirtschaftsaufschwung in der längsten Friedenszeit seit Jahrhunder-ten wähnten. In Österreich setzt man gerne auf das vermittelnde Element: Am Wiener Kongress mischte man mit gesellschaftlicher Opulenz bei der Neuordnung der Mächte mit, die Heiratspolitik der Habsburger suchte nach Bündnissen und vermied so Kriege und ab der Hälfte des 20. Jahrhunderts mehrte sich der Wohlstand der Bevölkerung, wäh-rend man weltpolitisch die Neutralität wähl-

te. Doch welches ist die Rolle des modernen Österreichs während der Herausforderung einer weltweiten Pandemie?

Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass sich die Bevölkerung disziplinierter und solidarischer verhalten kann, als man er-wartet hätte. Auch ohne Totalüberwachung und militärischen Zwang ist es gelungen, zwischenmenschliche Kontakte soweit zu reduzieren, dass die Bedrohung durch das Virus auf ein einschätzbares Maß reduziert

werden konnte. Der Neustart, die Phase zwei, ist demzufolge in Österreich mit weitaus ra-scheren Lockerungen als in allen Nachbar-ländern möglich gewesen. Ein Vorsprung, der beim jetzt einsetzenden Wettbewerb um die Stärkung der regionalen Wirtschaft von immensem Vorteil ist.

Urlaub in Rot-Weiß-RotDa wäre eine der am meisten betroffenen Branchen: die Hoteliers und Gastwirte. „Entdecke dein eigenes Land“ ist die Kern-botschaft der Österreich Werbung. Bundes-kanzler Sebastian Kurz betont, dass er, wie im Prinzip die gesamte politische Riege des Landes, den Sommerurlaub in Österreich verbringen wird. Prominente Schützenhilfe bekommt er von All-Time-Ski-Hero Marcel Hirscher, der in der ORF-Show „Ein Sommer in Österreich – Urlaub in Rot-Weiß-Rot“ als Moderator debütierte. Immerhin möchte laut einer aktuellen Umfrage des Vienna Center for Electoral Research (VieCER) der Universität Wien knapp 50 Prozent der hei-

mischen Bevölkerung den Urlaub tatsächlich im eigenen Land verbringen. Allerdings ga-ben gleichzeitig drei von vier Befragten an, dass sie aufgrund unterschiedlicher Gründe den Buchungszeitpunkt auf später verschie-ben werden. Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), befürchtet, dass man nur mit den heimischen Gästen die bisherigen Verluste und den Ausfall internationaler Gäste nicht wettmachen kann.

Umso erfreulicher ist es, dass noch vor of-fiziellem Sommerstart die Grenzkontrollen gefallen sind. Österreichs treueste Gäste, die Nachbarn aus Deutschland, hatten zum Teil ihre bereits vor Langem getätigten Reservie-rungen nicht storniert. Aufgrund der neu-en Maßnahmen hinsichtlich Abstand und Hygiene ist das Kontingent an Zimmern in manchen Regionen bereits knappes Gut. Ho-teliers und Wirte können nun ausspielen, was ohnehin ihre Trumpfkarte im interna-tionalen Wettbewerb ist: die Rolle des herz-lichen, professionellen Gastgebers.

Volle Kraft voraus in der Industrie und in KMUDie Ärmel hochgekrempelt werden auch in den Unternehmen. Der befürchtete Einbruch am Aktienmarkt ist bislang glimpflicher aus-gefallen als befürchtet. Kurzarbeit und Über-brückungskredite wurden von den Unter-nehmen genutzt, Anpassungen hinsichtlich Personal und Infrastruktur durchgeführt, und die Budgets an die neuen Ziele ange-passt: Hört man sich in Unternehmerkrei-sen um, scheint die überwiegende Mehrheit mit Optimismus und Eigenverantwortung und einen schnellen Weg aus der Talsohle des Gewinneinbruchs zu suchen. Konjunk-turelle Maßnahmen der Bundesländer, zu-

sätzlich zu den Maßnahmen des Bundes, die bereits mehr als zehn Prozent des Brut-toinlandsproduktes betragen, sollen ab dem Herbst greifen. Wesentlich für das Comeback der Wirtschaft ist jedoch nicht zuletzt das Vertrauen der Konsumenten und der Un-ternehmen sowie die Sicherung der Liefer-ketten. Die schneller als erwartet erfolgten

Erleichterungen beim Reiseverkehr machen auch hier gute Stimmung. Trotzdem ziehen viele Betriebe ihre Lehren aus der Krise und planen konservativer und nachhaltiger. Für die dramatisch hohe Anzahl an Arbeitslosen könnte dies bedeuten, dass Jobs vorsichtiger, dafür langfristiger besetzt werden. Die Be-sinnung auf Regionalität stärkt tendenziell den heimischen Arbeitsmarkt, noch mehr Wert wird auf Ausbildung von Fachkräften im eigenen Land gelegt und in die Digitali-sierung investiert.

Rückenwind für Wissenschaft und ForschungDie ganze Welt wartet auf einen Impfstoff oder ein wirksames Medikament, und plötz-lich mutieren Virologen und Forscher zu den Lenkern unserer Gesellschaft. Der gebürtige Vorarlberger Norbert Bischofberger entwi-ckelte bereits das Influenza-Therapeuti-

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Wien gilt als eine der begehrtesten Destinationen für kulturbegeisterte

Reisende. Viele Museen und die Staatsoper haben den

Betrieb wieder aufgenommen.

Mehr Regionalität, und das zu fairen Preisen. Die Forderung des Bauernbundes findet mehr Gehör.

Auf die Stärken setzenIn Krisen zeigt sich der Charakter. Dies trifft auf Menschen, Institutionen

und Strukturen zu. Österreich hat in einer außergewöhnlichen Krisensituation Einigkeit, Disziplin und Durchhaltevermögen gezeigt. Genau so wird der Neustart gelingen.

von Nadia Weiss

Promotion-Magazin

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Wir stehen in den Startlöchern und begrüßen die Grenzöffnungen.

Michaela Reitterer, Präsidentin der Österr. Hoteliervereinigung

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tal seiner Unternehmensgeschichte, im ORF zogen selbst Klassiker der Filmgeschichte ein Millionenpublikum in den Bann, und die sogenannten Wohnzimmer-Konzerte begeis-terten regelmäßig Hunderttausende. Doch ohne Auftritte vor Publikum, Dreharbeiten, Ausstellungen, Vernissagen, Messen und Shows fehlen dem Kulturbetrieb die Einnah-men zum Überleben. 128-Tage-Ministerin Ulrike Lunacek zog nach immer lauter wer-denden Protesten der Kulturschaffenden die Reißleine und erklärte ihren Rücktritt. Weni-ge Stunden später signalisierte die Regierung weitreichende Lockerungen. Ab 1. Juli gibt es wieder Popcorn im Kinosessel und Veranstal-tungen und im August Salzburger Festspiele mit dem „Jedermann“. Zu diesem Zeitpunkt werden bereits Veranstaltungen mit 500 Gästen, unter Vorlage eines Sicherheits-konzeptes sogar mit bis zu 1000 Besuchern möglich sein. Die großen Feierlichkeiten werden freilich auf 2021 verschoben. Auch Fernsehen und Streamingdienste brauchen bereits dringend neues Material zum Senden. Die Sommermonate sind Hochsaison für die

Dreharbeiten, und alles spricht dafür, dass diese auch genutzt werden können.

Bildung sucht neue WegeÖsterreichs Schüler sollen jedoch nicht auf große Ferien verzichten müssen. Das Aus-maß der Versäumnisse durch die Schlie-ßung der Bildungseinrichtungen wird erst im Laufe des Jahres absehbar sein. Denn die plötzliche Umstellung auf das Home-schooling hat neben dem Homeoffice zu allerlei Grenzerfahrungen geführt. Bei al-len Schwierigkeiten bleibt die Erkenntnis: E-Learning ist keine Zukunftsmusik mehr. Nun muss das holprige Stakkato zu einer fließenden Melodie verwoben werden. Alle Schüler haben ein Anrecht auf einen an-gemessenen Zugang zu technischen Hilfs-mitteln. Lehrpersonal muss auf die neue Unterrichtssituation vorbereitet werden. Zumindest bei älteren Kindern und Jugend-lichen sollten Eltern nicht – womöglich ne-ben Homeoffice oder mit unzureichenden Sprachkenntnissen – die Verantwortung für den Bildungsfortschritt ihrer Kinder tragen.

Lust auf frische Luft und SportÜber die Eigenverantwortung beim Thema Gesundheit wird nach wie vor debattiert. Nach wochenlangem Sofa-Surfen scheint je-denfalls die ganze Welt zu radeln, zu wandern und zu Fuß zu gehen. Was kein Fußgänger-Be-auftragte fertig gebracht hat, ist nun ganz neue Normalität: Bewegung in der frischen Luft fühlt sich wie ein Privileg an. Golf- und Tennisplätze konnten die Saison mit nur kur-zer Verzögerung beginnen, Badeanstalten und Seen stellen sich mit neuen Abstands- und Hygieneregeln auf ein Plus an heimischen Gästen ein. Schwieriger erweist sich die Si-tuation für zahlreiche Vereine, die aufgrund fehlender Einnahmen um ihre Existenz ban-gen. Doch der Start der Bundesliga und das geplante Formel-1-Rennen in Spielberg gelten als Probelauf für Sport-Events in der „neuen Normalität“. Natürlich ist es noch ein weiter Weg, bis Zehntausende Tribünen und Stadien füllen dürfen. Vielleicht dauert es bis zu zwei Jahre. Aber mit Solidarität, Disziplin und Op-timismus werden es keine leeren Kilometer für die Gesellschaft sein.� n

kum Tamiflu und gründete vor zwei Jahren in San Francisco die Krebsforschungsfirma Kronos Bio. Nach einer zweiten Finanzie-rungsrunde in der Höhe von 105 Millionen Euro meinte er: „Ich bin immer wieder er-staunt, wie schwierig es ist, in Europa be-trächtliches Geld aufzutreiben, und wie viel Geld in den USA für die Forschung zur Verfü-gung steht.“ An der Suche nach einem Impf-stoff gegen Sars-Cov-2 beteiligt er sich als Berater bei einigen Unternehmen, die daran arbeiten. Vielversprechend findet er auch die Arbeit des Wissenschaftlers Josef Penninger, der in Wien an einem Medikament arbei-tet, das es dem Virus verunmöglicht, in eine Zelle einzudringen. Auch Penninger hat in

den vergangenen Jahren immer wieder dazu aufgerufen, mehr Mittel für Forschung und Wissenschaft zur Verfügung zu stellen. Nun werden Pharmafirmen als heißeste Aktien gehandelt, und die Welt steht still, wenn der Virus es will. Österreich könnte seine Brain Power nutzen, um mit ausreichend Budgets seine Kompetenz auszubauen und begehrte Station für die hellsten Köpfe zu sein.

Infrastruktur stützenDie Position als eine der lebenswertesten Länder der Welt ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Parameter Sicher-heit und funktionierende Infrastruktur über-durchschnittlich hoch bewertet werden. Der

Kollaps des Gesundheitssystem in Nordita-lien hat gerade jetzt gezeigt, wie richtig es war, dass Österreich in den vergangenen Jahren seine Intensiv-Versorgung nicht aus Kostengründen massiv reduziert hat. Auch bei Lebensmitteln, Verkehr, Telekommuni-kation, Energie, Finanzdienstleistung und dem Gesundheitsdienst herrscht ein hoher Grad an Versorgungssicherheit. Die Zu-sammenarbeit vielfältiger Infrastrukturen zur Daseinsvorsorge der Bürger hat einen ernsthaften Stresstest bestanden. Nun stellt sich die Frage: Wie gut aufgestellt ist man, wenn es erneut zu Beeinträchtigungen auf-grund von Katastrophen oder Pandemien kommt? Wo kann man einsparen und wen muss man fördern? Ein kluger Mix aus Rea-litätssinn und Verantwortungsgefühl sollte dabei Kernthema unserer Zeit, wie den Kli-maschutz, nicht vernachlässigen. Die Natur erholt sich, wenn Flugzeuge am Boden blei-ben und der Mensch sich einschließt. Den-noch muss klar sein, dass es neue Lösungen zur Koexistenz braucht, die Mobilität und Fortschritt beinhalten.

Keine Bauernopfer mehr in der Landwirtschaft In der Landwirtschaft bedeutet dies die nicht ganz neue Erkenntnis, dass Versorgungssi-cherheit mit Wahrung der Ressourcen ein-hergehen muss. Viele Betriebe, vor allem jene, die auf die Versorgung der Großgas-tronomie gesetzt haben, stehen vor exis-tenziellen Problemen. Monokulturen und eine Ernte-Logistik, die nicht ohne günstige Helfer aus dem Ausland auskommt, fördern zudem keine krisenfeste Struktur. Am Ende bestimmt der Konsument den Markt: Re-gionalität und Vielfalt müssen in der Kon-sumkette mit fairen Preisen belohnt werden. Ein Bonus für regionale Lebensmittel soll die Attraktivität erhöhen.

Kultur braucht PublikumDoch abgesehen davon lebt der Mensch nicht von Brot allein. „Bücher sind Nahrungsmit-tel für die Seele“ schrieb ein leidenschaftli-cher Buchhändler während des Lockdowns auf die geschlossene Tür seines Geschäfts am Wiener Rochusmarkt. Er konnte seine Ware zumindest ausliefern, und mancher Stamm-kunde konnte endlich tatsächlich lesen, was sich üblicherweise am Nachtkasten stapelt. Netflix jubelt über das bislang stärkste Quar-

Der Berg ruft. Aktivitäten im Freien wie Wandern oder Radfahren werden wieder gebührend geschätzt.

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Türkisblaues Wasser wie an der Costa Smeralda: Der Wörthersee lockt Gäste an.

Titelstory

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Wirtschaft

B eim Rennen um die spektakulärste Idee stahl der Wiener Bürgermeis-ter Kanzler Sebastian Kurz die Show. Zwei Tage, bevor der sieben Wochen

dauernde Lockdown aufgehoben wurde und Kaffeehäuser, Beisln und Gourmetre-staurants wieder öffnen durften, verkün-dete Stadtoberhaupt Michael Ludwig, dass jeder der 950.000 Haushalte einen Restau-rant-Gutschein von 50 Euro erhalten werde. Damit die Hauptstadtbewohner wieder flei-ßig konsumieren und der schwer geplagten Gastronomie auf die Beine helfen.

Mit dem Betrag geht sich durchaus ein klei-nes Abendessen für zwei samt ein paar Glä-ser Bier aus, die Kosten von 47,5 Millionen Euro kann das kommunale Budget locker verkraften. Sie sind ja sowieso ein Klacks, gemessen an den Summen, die das Land ins-gesamt aufbieten muss, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu kriegen. Rund 16 Milliarden Euro hat Finanzminister Gernot Blümel dafür bereits im Budget reserviert, doch die gehen allein schon für diverse akute Rettungsaktionen drauf – Überbrückungs-hilfen für Unternehmen, Kreditstützungen,

Notankäufe von unverzichtbaren Industrie-betrieben, nicht zuletzt die Finanzierung des gewaltigen Kurzarbeitprogramms, mit dem 1,3 Millionen Jobs über die Krise hinwegge-rettet werden sollen.

Der eigentliche Neustart steht erst noch bevor, und er wird sich mit Gutscheinak-tionen allein nicht bewerkstelligen lassen. Anfang Mai bat Kanzler Kurz eine illustre Runde von Ökonomen um Rat und erhielt schließlich ein Ideenpapier, zu dem die Chefs der Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo, IHS und EcoAustria ebenso Beiträge

lieferten wie die Nationalbank, die Industri-ellenvereinigung, der deutsche Wirtschafts-weise Lars Feld und der Schweizer Volkswirt Henrique Schneider.

Konsumieren ist BürgerpflichtEinige dieser Empfehlungen stoßen auf we-nig Gegenliebe, zum Beispiel die dringende Ermahnung, die Grenzen zu öffnen, die na-tionalen Egoismen wegzupacken und große europäische Lösungen anzudenken. Poli-tisch einträglicher hört sich da schon jener Ratschlag an, der in den Augen der Experten erste Priorität haben sollte: Es gilt, den Kon-sum wieder anzukurbeln.

„Was zu Anfang eine Angebotskrise war – die Menschen wollten konsumieren, aber die Geschäfte waren zu und die Unternehmen konnten nicht produzieren – droht nun in eine Nachfragekrise zu kippen“, analysiert IHS-Direktor Martin Kocher, „die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz und die generell unsicheren Zukunftsaussichten machen die Leute vorsichtig.“ Diverse Einzelmaßnahmen helfen da wenig, sind sich die Experten ei-nig, auch nicht aufmunternde Appelle wie der vom Präsidenten der Wirtschaftskam-mer, Harald Mahrer, der sich zum Ende des

Lockdowns demonstrativ in einen Kaffee-haus-Schanigarten setzte und verkündete: „Wer jetzt konsumiert, der hilft seinem Land.“

Der nachhaltigste Weg, um Herrn und Frau Österreicher zum Geldausgeben zu ver-locken, wäre vielmehr eine Steuersenkung, bei der die Menschen Monat für Monat netto mehr aufs Konto kriegen. Diesen Rat hat sich die Regierung zu Herzen genommen und angekündigt, dass sie die Abgabenreform, die für 2021 geplant war, vorziehen und so-gar noch ein bisschen aufpolieren will. An den Details wird noch gefeilt, klar ist aber bereits, dass die Einkommensteuer und die Körperschaftssteuer (also die Steuer auf Un-ternehmenserträge) gesenkt werden. Noch in Schwebe sind Ideen wie die Steuerbefreiung für nicht entnommene Gewinne (um die Ei-genkapitalreserven der Unternehmen wieder aufzufüllen) oder diverse Begünstigungen für klima- und energiesparende Investitionen.

Klimafreundlicher NeustartDenn der zweite Antriebsmotor der Kon-junkturbelebung soll der Klimaschutz sein, so wünschen es zumindest die Grünen als Juniorpartner in der Wiener Koalition. Vor Ausbruch der Pandemie war der Nationale Klima- und Energieplan (NEKP) das Prunk-stück unter den Regierungsplänen. Bis 2030 soll der gesamte Energieverbrauch des Lan-des aus kohlendioxidfreien Quellen stam-men, bis 2045 auch der Rest der Wirtschaft dekarbonisiert sein. Dafür will Österreich 173 Milliarden Euro an öffentlichen Inves-titionen locker machen, unter anderem für den Ausbau eines elektrisch betriebenen öf-fentlichen Verkehrsnetzes, für die Förderung der Wasserstofftechnologie, für die Umstel-lung des gesamten nationalen Gebäudebe-stands auf klimaneutrale Heizungen.

Das Programm soll jetzt beschleunigt wer-den. „Raus aus der Krise kann auch heißen, rein in das Solarzeitalter“, formuliert die so-wohl für Umwelt als auch für Energie, Ver-kehr und Technologie zuständige Ministerin Lore Gewessler knackig. Als Grüne musste sie aber rasch erkennen, dass sich die Ziele Klimaschutz, Wirtschaftsaufschwung und Erhalt von Arbeitsplätzen nicht immer so einfach unter einen Hut bringen lassen: Die Rettung der Austrian Airlines (die das Wort „Austrian“ nur mehr im Namen führt und längst zur Gänze der Lufthansa gehört), hak-te bis zuletzt unter anderem an der Frage, wie sehr das Unternehmen im Gegenzug zu 767 Millionen an Staatshilfen zu umfassenden Klimaschutzmaßnahmen bereit ist.

Außerdem gehört zum Klimapaket der Regie-rung noch ein kleingedruckter zweiter Teil, über den man derzeit nicht so gern spricht, nämlich eine Kohlendioxid-Steuer. Sie würde Geld in die Staatskasse bringen, klimaschä-digende Produktionen verteuern – aber auch in manchen Branchen Arbeitsplätze kosten. Daher lautet die inoffizielle Position dazu: Jedenfalls nicht vor 2022.

Sorgenkind TourismusPrivaten Konsum ankurbeln, in den Klima-schutz investieren – das wird noch nicht reichen, um die kurzfristigen Rettungsakti-onen in einen dauerhaften Aufschwung zu überführen. Hohe öffentliche Investitionen werden auch nötig sein, um die Digitalisie-rung voranzutreiben. Maßnahmen zur Wie-derbelebung braucht aber vor allem der Tou-rismus, eine der wichtigsten Branchen, die rund 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet und auch rund 15 Prozent der Arbeitsplätze stellt.

Dort wünschen sich die betroffenen Un-ternehmen Hilfe vom Staat, noch dringen-der aber klare Regeln und die Erlaubnis, endlich wieder normal arbeiten zu dürfen. Gaststätten sind seit 15. Mai wieder geöff-net, Hotels seit Ende Mai, allerdings gibt es überall empfindliche Einschränkungen, etwa Maskenpflicht für das Personal, Mindestab-

stände zwischen den Gästen, Limitierung der Gesamtzahl der Personen in einem Raum. Erst wenn am 15. Juni die Grenzbalken hoch-gehen, wird sich zeigen, ob die Deutschen – traditionell die größte Gruppe der Öster-reichtouristen – auch tatsächlich Lust haben, die Wälder und Seen von Tirol bis Kärnten aufzusuchen.

Mut bewiesen haben jedenfalls die Salz-burger Festspiele. Während die meisten eu-ropäischen Kulturfestivals bis weit in den Herbst hinein abgesagt wurden, findet das große Kulturspektakel in der Mozartstadt in etwas abgespeckter Form statt. Am Domplatz wird jedenfalls der Jedermann die Zuschauer erinnern, wie schnell sich alles relativiert, wenn plötzlich der Tod an die Tür klopft. �n

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Vize-Kanzler Werner Kogler, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel müssen mit Budget und Konjunkturmaßnahmen jonglieren.

Anlauf nehmen zum Durchstarten

Österreichs Wirtschaft wieder hochzufahren, das geht nur mit viel Geld vom Staat. Schulden machen ist derzeit erlaubt, finden die Ökonomen und raten, vor allem den privaten Konsum anzukurbeln.

von Thomas Mader

Promotion-Magazin

Raus aus der Krise kann auch rein ins

Solarzeitalter heißen. Leonore Gewessler, Ministerin für Energie, Verkehr und Technologie

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Wirtschaft

Die Kraft im KopfÖsterreich schafft es immer wieder, mit Kreativität, Hartnäckigkeit und Intelligenz in den höchsten

Ligen mitzuspielen. Doch was macht das kleine Land so erfolgreich?

von David Hell

W enn alles auf dem Kopf steht, dann muss alles im Kopf klar sein. So könnte man den jüngs-ten Coup einer österreichischen

Kooperation nennen. Als Corona über uns hereinbrach, schwanden die Vorräte an Schutzmasken bedrohlich. Daher war guter Rat teuer, aber er musste auch noch rasch her. In Vorarlberg hat sich daher eine Task-Force gebildet, die gleich handelseins wurde. Mit an Bord: Grabher Group, Bandex Textil, Getzner Textil, Wolford, die Stickerei Harald Hämmerle sowie Tecnoplast. Jedes dieser Vor arlberger Unternehmen übernahm für ihre Expertise einen Bereich zur Herstellung der Masken. Besonders kreativ zeigte sich die Meisterbäckerei Ölz. Sie verwendet zum Schließen ihrer Toast-Packungen eigene Ver-schlussclips. Diese Materialien wurden gleich umfunktioniert und – kurzfristig – als Na-senbügel eingesetzt. Heute übernimmt diese

Nasenteile die Firma Tecnoplast. An Rasanz kaum zu überbieten war auch Kapsch. Der Te-lekommunikations- und Telematik-Konzern hat in nur eineinhalb Tagen eine Logistik- und Prozesskontroll-Lösung aufgebaut. „Es ist beeindruckend, mit welcher Flexibilität und Innovationskraft unsere Unternehmen im Sinne der Menschen Probleme lösen“, sagt Landeshauptmann Markus Wallner.

Ausbildung und PraxisEs braucht nicht nur solche Notsituationen, dass die heimische Wirtschaft Höchstleistun-gen schafft. Sie tut es eigentlich ständig. Denn die österreichische Wirtschaft und Industrie zeichnet sich ständig durch hohe Innovati-onskraft und Ideenreichtum aus. Das macht das kleine Land so erfolgreich. Wichtig dabei ist auch die Verzahnung von Ausbildung und Praxis. Daher rücken seit vielen Jahren auch akademische Einrichtungen mit Firmen zu-

sammen. Von fleißigen Wirtschafts- und An-siedelungsagenturen werden zudem oftmals die Impulse für Wirtschaftsparks und Cluster gegeben, die erfolgreich reüssieren.

Einer dieser Cluster ist der ACstyria Mo-bilitätscluster. 1995 wurde er gegründet. Heute befinden sich 300 Unternehmen aus den Bereichen Automotive, Aerospace und Rail Systems in dessen Netzwerk – mit über 70.000 Mitarbeitern und einem Gesamtum-satz von mehr als 17 Milliarden Euro. Er versteht sich dabei als Bindeglied zwischen Wirtschaft, Industrie, Forschung und öffent-lichen Einrichtungen. ACstyria-Geschäfts-führerin Christa Zengerer: „Der Erfolg ei-nes Unternehmens steht und fällt mit dem Know-how seiner Mitarbeiter. Nur wer in der Lage ist, flexibel und intelligent auf sich verändernde Märkte einzugehen, wesentli-che Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und dabei hohe Qualitätsstandards zu erfül-

len, kann eine nachhaltige wirtschaftliche Perspektive gewährleisten.“

Um immer die besten Mitarbeiter zu be-kommen, bedarf es einer universitären Aus-bildung in nächster Nähe. Kein Wunder also, dass an der Grazer Fachhochschule Joanneum die Studienzweige Automotive Engineering und Aviation (Luftfahrt) im Angebot stehen. Das Studium „Industrial Design“ an dersel-ben FH ist zwar als gesamtheitliche Design-ausbildung konzipiert, lehnt sich aber sehr stark an die Automobilindustrie an. Natürlich deshalb, weil ACstyria quasi ums Eck logiert.

Wirtschaft und WissenschaftDie Verzahnung von Wirtschaft und Wis-senschaft hat auch das Burgenland genutzt, um aus einer industrieschwachen Region im Süden ein eigenes Kompetenzzentrum für in-telligente Lichtentwicklung (Smart Connec-ted Lighting) aufzubauen. Unterstützt durch das Joanneum Research wird in diesem Be-reich Forschung betrieben, um die ansässi-gen Firmen mit dem neuesten Know-how zu unterstützen. Das beflügelt die Region, die lokale Wirtschaft und vor allem auch das Interesse nach Jobs.

Ein ganz spezielles und hocheffizien-tes Programm ist „COMET“ (Competence Centers for Excellent Technologies). Es för-dert den Aufbau von Kompetenzzentren, die ihr Herzstück in einem von Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsam definier-

ten Forschungsprogramm haben. Die 47 Kompetenzzentren von COMET verbinden Industrie und Wissenschaft in den Spit-zentechnologien. Darunter ist etwa das Kom-petenzzentrum für Krebstherapie, Oncotyrol in Innsbruck, wo neue Erkenntnisse aus Ge-nomics, Proteomics und Metabolomics in die klinische Tumormedizin überführt wer-den. Am anderen Ende Österreichs hat sich das „Austrian Center for Medical Innovation

and Technology“ (ACMIT) in Wiener Neu-stadt angesiedelt, um ein Kompetenzzent-rum zur Entwicklung der Medizinrobotik zu betreiben. Damit haben sich ganz neue Perspektiven für die „Knopfloch-Chirurgie“ (minimalinvasive Chirurgie) ergeben.

Neben all dem institutionalisierten Know-how-Transfer und gemeinschaftlicher Res-sourcenhebung findet in Österreich auch das statt, was „Made in Austria“ wirklich stark macht. Es sind die vielen kleinen Ideen, die

hier hochprofessionell aufgesetzt und umge-setzt werden. Als vermutlich eindrucksvolls-te Leistung in dieser Hinsicht, nämlich aus nichts Gold zu machen, kann die Sport-App „Runtastic“ genannt werden. Die Lauf-App wurde 2009 gegründet, 2011 gab es 25 Mit-arbeiter, und 2015 wurde Runtastic für 220 Millionen Euro an den Sportriesen adidas verkauft. Ebenfalls höchst erfolgreich sind auch diese Projekte geworden: wie etwa Bwin, Kiweno oder die Diabetes-App MySugr.

Ziel von Start-ups ist es, etwas aufzubauen und dann, wenn der Laden sozusagen von alleine läuft, zu verkaufen (oder zumindest Anteile). Das wird als Exit genannt. So ein Ausstieg ist aber für die meisten Klein- und Mittelbetriebe in Österreich kein Thema. 99,6 Prozent aller Unternehmen sind KMU. „Sie sind und bleiben eine stabile Säule der Wirtschaft“, bekräftigte auch Wirtschaftsmi-nisterin Margarete Schramböck. Diese knapp 250.000 KMU zeigen auch, was es heißt, mit nach oben gekrempelten Hemdsärmeln und Gehirnschmalz erfolgreich zu sein. Sie beschäftigen insgesamt 1,7 Millionen Men-schen – etwa 60 Prozent aller Beschäftigten in Österreich. Der Erfolg dieser Betriebe liegt darin, dass sie von Unternehmerpersönlich-keiten geleitet werden und zumeist in der Familie weitergereicht werden. Damit bleibt der Blick viel weiter in die Zukunft gerichtet. Eine Zukunft der Wirtschaft. Die sie gestalten und die uns alle betrifft.� n

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Der Erfolg eines Unternehmens steht und fällt mit dem Know-how seiner Mitarbeiter.

Christa Zengerer, Geschäftsführerin ACstyria

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Der Telematik-Konzern Kapsch zeigte in der Krise,

wie schnell er neue Logistiklösungen

aufbauen kann.

Adidas kaufte „Runtastic“ und positionierte die App

umfassender als Trainings-Tool.

Die Grazer Fachhochschule Joanneum gilt als Kaderschmiede im Automotive-Bereich.

Training mit der österreichischen Lauf-App „Runtastic“ wurde zum internationalen Hit.

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Interview

Das Interview führte Nadia Weiss

G lobal agierende Unternehmen wie Palfinger führen von Österreich aus zehntausende Mitarbeiter. An der Spitze steht operativ Andreas Klau-

ser. Nach einer sehr erfolgreichen internati-onalen Karriere im Automotiv-Bereich hat es ihn vor zwei Jahren in heimatliche Gefilde und zum Kran-Hersteller Palfinger gezogen. Nun steht er wie alle Firmenlenker weltweit mitten im Re-Start. Im Gespräch gibt er einen Einblick in den Krisenplan und Ausblick auf die kommenden Monate.

STARKES LAND: Herr Klauser, welche Schlüsse wird Palfinger aus dem Lockdown ziehen – in Hinblick auf Lieferketten, Dienstreisen, Arbeitssituation der Mitarbeiter und den Wirtschaftsstandort Österreich?ANDREAS KLAUSER: Wir waren durch die Situation in China und in Italien, wo wir mehrere Werke unterhalten, frühzeitig

gewarnt und haben unsere Taskforce bereits sehr früh, Ende Februar ins Leben gerufen. Unser Pandemie-Plan wird jetzt auch von anderen führenden österrei-chischen Unternehmen übernommen. Das werte ich als Zeichen dafür, dass wir vieles richtig gemacht haben. In einer Krisensituation ist es immer wichtig, proaktiv und flexibel zu handeln. Das haben wir von Anfang an getan und mit Sieben- bis Zehn-Tages-Plänen auf die aktuelle sehr dynamische Situation in Europa und Österreich reagiert. Der kom-plette Shutdown bei Palfinger hat dadurch nur zehn Tage gedauert. Und selbst diese zehn Tage haben wir in den Osterferien genutzt, um die Werke mit einem Sicher-heitskonzept für die Zeit danach zu rüsten. So war es möglich, den Betrieb im Sinne der Kurzarbeit von März bis September aufrechtzuerhalten. Sehr bewährt hat sich unsere Anfang 2019 installierte Global Palfinger Organisation (GPO), durch die wir unter anderem Aufträge und Produk-

tionszahlen weltweit gut im Überblick hatten. Bislang können wir sagen, dass wir im Vergleich zur gesamtwirtschaftlichen Lage glimpflich davongekommen sind, da bis März die Lage sehr gut war und wir das Geschäft bis September abarbeiten können. In Richtung Politik muss man sagen, dass wir auf ein gutes bestehendes Kurzar-beitsmodell zurückgreifen konnten. Bei einer Verlängerung oder Adaption dessen erwarte ich jedoch mir mehr Flexibilität. Denn gelernte klassische Arbeitsmodelle werden der Vergangenheit angehören.Wie sich die Situation aber tatsächlich entwickelt, werden wir im Juli sehen. Dann wird abschätzbar, wie unsere Kunden durch die Krise kommen.

Optimismus versus Realismus: Wie lange wird es dauern, bis die Wirtschaftszahlen wieder nach oben gehen?Ich rechne mit einem längeren flachen Verlauf und einem darauffolgenden

Anstieg der Wirtschaftszahlen. Es wird für viele kein einfacher Weg, aber gut aufge-stellte Betriebe werden ihn mit einigen Anpassungen schaffen. Für den Wirt-schaftsstandort Österreich ist es wichtig, dass jetzt der Konsum angekurbelt wird. Mit der richtigen Mischung aus Sicherheit und Optimismus müssen Akzente gesetzt werden. Denn auch wenn die Corona-Ge-sundheitskrise fürs Erste vorbei ist, dann ist die wirtschaftliche Krise noch längst nicht überwunden. Diese Auswirkungen werden erst im Lauf des Sommers spürbar sein.

Rechnen Sie mit einer zweiten Infektions-welle? Treffen Sie Vorkehrungen, um einen zweiten Lockdown zu verhindern?Selbst in China, wo man äußerst rigide Methoden zur Eindämmung angewandt hat, ist es zu einer zweiten Welle gekom-men. Daher rechne ich damit, aber ich bin gleichzeitig überzeugt, dass ein zweiter Shutdown zu verhindern ist, indem wir

die Sicherheitsvorkehrungen optimieren und heute schon vorbereitet sind. In unseren Werken achten wir penibel auf die Einhaltung der Abstands- und Hygi-enevorschriften, da wir keinen Produk-tions-Stopp riskieren wollen. Das heißt, die Belegschaft trägt Masken, am Eingang wird die Temperatur gemessen und bei Coro-na-Verdacht sofort getestet. Wenn sich alle daran halten, könnten bei einer zweiten Welle nur lokale Maßnahmen reichen.

Wie beurteilen Sie die Krisenbewältigung in Österreich im internationalen Vergleich? Werden die Unternehmen Ihrer Erfahrung zufolge ausreichend unterstützt?Die Regierung hat schnell und konsequent reagiert, und der Shutdown war der richti-ge Weg. Beim Neustart hätte man meiner Meinung nach zügiger vorgehen können. Wir machen alles, um die Sicherheit zu gewährleisten, aber wir führen keine Schlacht, wenn der Gegner keine Bedro-

hung mehr darstellt. Die Unternehmen wurden durch unterschiedliche Maßnah-men unterstützt, und wir konnten die Kurzarbeit nutzen. Für kleinere Unterneh-men sehe ich die bürokratische Abwick-lung als ziemliche Herausforderung.

Bei unserem letzten Gespräch haben wir uns lange über das Thema Nachhaltigkeit unterhal-ten: Ist dafür jetzt noch Platz oder sollte man sich gerade jetzt auf nachhaltigeres Wirtschaften und umweltbewusstes Handeln besinnen?Die Fragen der Nachhaltigkeit haben nichts an Aktualität eingebüßt, und gerade in den vergangenen Monaten haben wir gemerkt, wie viel wir an Ressourcen durch die Digitalisierung einsparen können. Bei Palfinger betrifft dies 25 Prozent der Dienstreisen, durch deren Wegfall wir Kos-ten und Kohlendioxid-Ausstoß reduzieren. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Wie haben Sie persönlich die Quarantäne erlebt?Für mich wie für viele andere im Unter-nehmen war es eine Zeit, in der wir uns umso intensiver um den Betrieb kümmern mussten. Wir haben uns täglich mehrmals innerhalb der Führungsebene abgestimmt und punktuell auch die Belegschaft in den Betrieben mit allen Sicherheitsvorkehrun-gen besucht. Wir müssen verhindern, dass der Eindruck eines Zwei-Klassen-Systems entsteht, in dem die einen auch in der Gesundheitskrise in der Firma arbeiten, während die anderen das Homeoffice nut-zen können. Hier sollte mit gegenseitigem

Respekt eine Balance gefunden werden. Für mich persönlich war es natürlich auch eine herausfordernde Zeit, weil ich es gewohnt bin, die Dinge vor Ort voranzutreiben. Nach einer gewissen Zeit der Umstellung habe ich jedoch bemerkt, dass die Krise in uns allen einen Gemeinschaftsgeist geweckt hat, der sich über räumliche Distanzen hinwegsetzt.� n

Zuversicht im Maschinenraum

Der Wirtschaftsstandort Österreich braucht jetzt vor allem das Vertrauen der Unternehmer und der Konsumenten. Andreas Klauser, CEO von Palfinger,

hofft auf ein rasches Wirken der Maßnahmen.

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„Für den Wirtschaftsstandort Österreich ist es wichtig, dass jetzt der Konsum angekurbelt wird“, ist Andreas Klauser überzeugt.

Mit Maske und Abstand: Andreas Klauser besucht seine Mannschaft im Werk Köstendorf.

Die Krise hat in uns allen einen Gemein-

schaftsgeist geweckt. Andreas Klauser, CEO Palfinger

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Starke Frauen

Das Interview führte Nadia Weiss

D ie Wirtschaft ist weiblich. Mehr als ein Drittel der österreichischen Un-ternehmen werden von einer Frau geleitet. Bei den Neugründungen

macht der Frauenanteil sogar knapp die Hälfte aus. Martha Schultz, die als Unter-nehmerin und Mutter die Herausforderun-gen dieser Doppelrolle bereits früh kennen-lernte, engagiert sich als Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer und mit „Frau in der Wirtschaft“ für die Agenden der selbst-ständigen Frauen. Gerade jetzt ist ihr Ein-satz gefragt.

STARKES LAND: Frau Vizepräsidentin, als Vorsitzende des Netzwerkes und der Interes-senvertretung „Frau in der Wirtschaft“ sind Sie ganz nah dran am Alltag von weiblichen Führungskräften und Unternehmerinnen. Welche Herausforderungen sind gerade jetzt beim Neustart der Wirtschaft zu berücksichtigen? Reichen die unterstützenden Angebote aus?MARTHA SCHULTZ: Das tägliche Leben hat sich in den vergangenen Monaten für sehr viele Frauen noch weitaus herausfordernder gestaltet als bisher. In diesem Zusammenhang würde ich gerne unterstreichen, dass ich mich nicht nur für die Unternehmerinnen, sondern für alle berufstätigen Frauen verantwortlich fühle. Ich denke vor allem an erwerbstätige Mütter, die ohne Kinderbetreuung zurechtkommen mussten, womöglich in Kombination mit Homeoffice und

Homeschooling. Dazu ist die Einreichung der unterschiedlichen Anträge für Unterstützungen gekommen, die meiner Meinung nach weniger bürokratisch funktionieren sollten und künftig wohl auch werden. Gut, dass nun eine gewisse Beruhigung eingetreten ist. Man hat gesehen, dass die Ausnahmesituation nur mit großen Anstrengungen zu bewältigen war. Denn es war natürlich für alle auch ein psychischer Druck hinsichtlich der wirtschaftlichen Konsequenzen da. Die Regierung hat zwar am schnellsten und besten in

ganz Europa reagiert, etwa mit dem Härtefallfonds, aber niemand kann uns gänzlich die Sorgen abnehmen. Weiterhin ist große Sensibilität geboten. Der Konsum ist noch nicht so angesprungen, wie man es erhofft hat. Daher ist es ganz wichtig, positiv vorauszuschauen, wenn auch mit Achtsamkeit.

Mehrere Studien befürchten, dass durch die Corona-Krise die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen vergrößert wird. Mit welchen Maßnahmen könnte man

dieser Entwicklung entgegensteuern?Mir ist diese Entwicklung bis dato nicht bekannt. Wir sind europaweit das einzige Land, dass 90 Prozent der Jobs durch Kollektivverträge regelt und somit eine Gleichbezahlung bei gleicher Leistung einfordert. Aber natürlich gibt es noch Unterschiede. Ich appelliere dabei immer

an Bewusstseinsbildung bei den Frauen: Sie sollten selbstbewusster ihren Lohn einfordern. Und Unternehmerinnen sollten überzeugt auftreten, wenn es darum geht, ihre Produkte zu vermarkten.

Dreh- und Angelpunkt bei der Chancengleichheit ist das Angebot an Kinderbetreuung. Was

würden Sie von einem „Nanny-Scheck“ halten, den es nun zum Beispiel in Italien gibt und mit dem Kosten für Kindermädchen in der Höhe bis zu 2000 Euro pro Kind vom Staat finanziert werden?Die Kinderbetreuung ist noch immer der größte Hemmschuh für die Berufs-tätigkeit der Frauen. Für mich wäre aber

wichtig, dass die Akzeptanz nicht nur an einem Scheck hängt. Ich fordere seit vielen Jahren die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr ein, und diese muss allen zugänglich sein. Sie darf nicht nur im urbanen Raum klappen und nicht auf gewisse Berufsgruppen begrenzt werden. Dafür müssen wir jedoch vor allem etwas in den Köpfen der Männer und Frauen verändern: Die Entscheidung, wie man die Berufstätigkeit innerhalb der Familie gestaltet, muss frei und für die unterschiedlichsten Modelle ganz selbstverständlich mög-lich sein. Man sieht in Holland oder Frankreich, dass dann die Lohnschere auch automatisch nicht so groß ist.

Gerade in der Krise erweisen sich Berufsgrup-pen, in denen besonders viele Frauen vertreten sind, als systemerhaltend. Wird es Impulse geben, diese in der Entlohnung aufzuwerten?Man muss schauen, was mach-bar und möglich ist. Das wird in langen sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen vereinbart.

Sind gesonderte Programme geplant, die jenen Frauen, die jetzt den Job verloren haben, die Suche am Arbeitsmarkt oder bei Unternehmensgründungen erleichtern?Nach den Fakten, die mir vorliegen, sind weniger Frauen als Männer von der Arbeitslosigkeit betroffen, da sie mehr in systemerhaltenden Berufen tätig sind. Ich appelliere aber auch daran, jetzt die Chance zu nützen, sich zu verändern. Wenn jemand gute unternehmerische Ideen hat, kann von der Wirtschafts-kammer auf unterschiedliche Weise unterstützt werden. Das Gründerservice ist zum Beispiel mit mehr als 90 Standor-ten in ganz Österreich präsent. Es richtet sich nicht nur an Start-ups, sondern an alle künftigen Unternehmerinnen und Unternehmer. Je mehr Menschen sich mit der Selbstständigkeit auseinandersetzen, umso kreativer ist das Gesamtbild. Wir wollen ja bei den Top-Playern mitspielen, daher brauchen wir innovative Ideen.� n

Ideenreichtum ist unser Potenzial

Die Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich, Martha Schultz, vertritt als Bundesvorsitzende von „Frau in der Wirtschaft“

die Interessen mehr als hunderttausend Unternehmerinnen. Ein Gespräch über Herausforderungen und Chancen.

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Martha Schultz will Mut machen: „Ich appelliere daran, jetzt die Chance zur Veränderung zu nutzen.“

Wir müssen mit Achtsamkeit positiv

vorausschauen.Martha Schultz, Vizepräsidentin Wirtschaftskammer Österreich

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N a ja, Ausnahmen bestätigen be-kanntlich die Regel, aber wenn Aus-nahmen zur Regel werden, so wie das zurzeit in unserer europäischen

Gesellschaft passiert, dann fallen Grund-sätze wie Kartenhäuser im Wind. Nehmen wir Deutschland zum Beispiel, das Land, in dem die liberale Wirtschaftspolitik für eine beispiellose Erfolgsgeschichte gesorgt hat: Dort will jetzt der Staat – schließlich herrscht Ausnahmezustand – mit massiven Eingrif-fen Unternehmen vor einer internationalen Rezession schützen. Wiedererwachendes von der Politik gesteuertes nationales Wirt-schaftsdenken gegen die mittlerweile ange-feindete Globalisierung, die wahrscheinlich auch an der Corona-Pandemie schuld ist?!

Phönix aus der Asche?Österreich denkt nicht anders. Auch hier hat die Regierung Schutzmaßnahmen für die Wirtschaft getroffen, die eine Abkehr von der Idee der Internationalität bedeuten. Dass Palmers aus Büstenhaltern Atemschutzmas-ken produziert, ist angesichts der Viruskrise noch auszuhalten, aber wenn der Staat sich anmaßt, in Unternehmen, die um Not-standshilfe ansuchen, mitregieren zu wollen, dann wird die Ausnahme zur Regel. Bei der AUA, der friendly Airline mit dem Herz aus Österreich und dem Hirn aus Deutschland, gab und gibt es Bestrebungen, Hilfe nur dann zu gewähren, wenn man der Alpenrepublik einen respektablen Einfluss auf die Strategie der „österreichischen Lufthansa“ zusichert. Guten Flug, Österreich.

Hier sollen keineswegs Staatshilfen kri-tisiert werden, im Gegenteil: Es ist offen-

sichtlich, dass der Staat jetzt so viel Geld wie möglich in den Wirtschaftskreislauf pumpen muss, anders wird die Konjunktur nicht so schnell wieder anspringen. Doch darf er das öffentliche Geld nicht dazu verwenden, um die Wirtschaft zu binden, sondern um ihr Freiheit und unternehmerisches Handeln zu ermöglichen, damit sie uneingeengt, aber ge-stärkt wie Phönix aus der Asche steigt. Klingt etwas geschwollen, aber das Bild von Phönix passt leider sehr gut. Freiheit, die ich meine, ist dann gegeben, wenn der Staat mich zwar auch auf die Nase fallen lässt, mir aber dafür beim Wiederaufstehen nicht im Wege steht. Es sind in absoluten Zahlen sehr wenige, die staatliche Unterstützungen ausnützen, die meisten durch die Pandemie in Not gerate-nen Menschen und Unternehmen wollen mit dem Geld der Steuerzahler durch Inno-vationen überzeugen. Geld, das es ermög-licht, die Krise als Chance zu begreifen und mit neuen digitalen und klimafreundlichen Geschäftsmodellen aus Alt Neu zu machen.

Das wäre schon ein schöner Schlusssatz, aber was das Ganze mit meiner Frau und ih-rer Abneigung gegen Vorratspackungen und Tiefgefrorenes zu tun hat, wird manchen noch nicht klar sein. Es sind die eingefro-renen Erbsen, die sie als Ausnahme zulässt. Denn selbst wenn es wider Erwarten kein frisches Gemüse zu kaufen gäbe, wird sie wahrscheinlich irgendwo im Hof oder im Garten junge Zwiebel, Kohlrabi oder grünen Salat anbauen – ähnlich wie damals beim Klopapiermangel, da hat sie altes Zeitungs-papier zerknittert und dort aufgelegt, wo es letztlich gebraucht wurde. Eine altbewährte Innovation in Krisenzeiten.� n

Freiheit, die ich meine

e. michael brauner

Meine Frau hält nichts von Vorratspackungen und schon gar nichts von steifgefrorenen Knödeln, brettharten Fischhälften, eisigen Schweinekoteletten oder eingefrorenem Gemüse,

mit einer einzigen Ausnahme: tiefgefrorene Erbsen.

Kolumne

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Digitalisierung

Das Interview führte Nadia Weiss

S eit der Gründung vor nunmehr 25 Jahren treibt der Wirtschaftswissen-schaftler Andreas Altmann die Ent-wicklungen am Management Center

Innsbruck voran. Dabei war ihm seit gerau-mer Zeit klar, dass die Möglichkeit, Kurse und Lehrveranstaltungen online zu buchen, immer selbstverständlicher sein muss. Die plötzliche Schließung der Räumlichkeiten für die Studierenden aufgrund der Gesund-heitskrise erwischte ihn daher nicht derart kalt, wie es bei anderen Einrichtungen der Fall war. Doch der Weg zur digitalen Neu-organisation ist noch nicht abgeschlossen – und weiterhin mit Kosten und Einsatz verbunden. Im Interview stellt er aber auch klar: „Persönliche Kommunikation ist nicht gänzlich ersetzbar.“

STARKES LAND: Herr Professor, in den vergangenen Wochen sammelten viele Österreicher erstmals Erfahrung mit dem sogenannten „E-Learning“. Glauben Sie, dass wir uns an diese Form des Unterrichts zumindest teilweise gewöhnen sollten? Wie wird dieses Angebot an der Hochschule von den Professoren und den Studierenden angenommen?ANDREAS ALTMANN: MCI ist hier anders: Bereits 2014 haben wir unseren ersten Online-Studiengang eingerichtet. Mitt-lerweile umfasst unser Portfolio sechs in Online-Form durchgeführte Studiengänge, die hervorragend angenommen werden. Wir setzen auf eine intelligente Kombi-nation aus Online- und Mobile Learning sowie Präsenzmodule. Damit erreichen wir eine hervorragende Vereinbarkeit von Studium, Beruf und Familie. Basis hierfür waren umfassende Investitionen in Technologie, Infrastruktur, Lizenzen und

Schulungen unserer Professorinnen und Professoren, die sich nun bezahlt machen.

Bei Kindern und Jugendlichen besteht die Befürchtung, dass sich durch Homeschooling der soziale Hintergrund stärker auf den Lernerfolg niederschlägt. Könnte an Hochschulen das Gegenteil der Fall sein, weil mehr Studierende Zutritt finden und sie ihre Zeit – eventuell neben Berufstätigkeit und/oder Betreuungspflichten – besser einteilen können?Über kurz oder lang führt auch an traditionsreichen „klassischen“ Univer-sitäten und Hochschulen kein Weg an Online- und Mobile Learning vorbei. Online-Lehre kann durch faszinierende

Technologien und moderne Formate span-nend, abwechslungsreich und vor allem interaktiv gestaltet werden, Professoren und Experten aus der Wirtschaft können problemlos zugeschaltet werden. Am MCI vereinen wir synchrone und asynchrone Formate und erzielen damit eine maximale örtliche und zeitliche Flexibilität.

Wie kann sich eine Universität hinsichtlich Qualität, Internationalität und Netzwerken in einer solchen digitalen Welt von den Mitbewerbern (um die besten Köpfe) absetzen?Hervorragende Online-Programme zu konzipieren und implementieren, erfordert einen ungleich höheren Vorbe-reitungsaufwand wie bei herkömmlichen

Präsenzstudiengängen, erfordert konti-nuierliche Innovation und die ständige Auseinandersetzung mit neuesten Trends und Entwicklungen. Die Didaktik eines in Online-Form durchgeführten Programmes ist sehr anspruchsvoll. Study-Packs für interaktives Lehren und Lernen müssen erstklassig gestaltet sein, Dozenten müssen geschult werden, es benötigt zusätzliche Infrastruktur. Das Online-Konzept des MCI haben wir in Zusammenarbeit mit führenden internationalen Experten entwickelt und im Laufe der Jahre kontinuierlich verfeinert. Wesentlichen Anteil daran besitzt ein eigens geschaffenes Learning Solutions Department. Positive Feedbacks unserer Studierenden, aber auch unserer weltweiten Partneruniver-sitäten bestätigen die Richtigkeit unseres Weges. Davon abgesehen ist das MCI als eine von nur wenigen Hochschulen im deutschsprachigen Raum Träger der anspruchsvollen weltweiten AACSB-Ak-kreditierung als Top-Business-School.

Wie entscheidend ist der persönliche Austausch zwischen Studierenden und Professoren für Lehre und Forschung? Können durch digitale Kommunikationsmöglichkeiten Prozesse eher beschleunigt oder verschleppt werden?Intensiver Austausch zwischen Studie-renden, Professoren, Forschungs- und Praxispartnern ist essenziell für die Vermittlung und Umsetzbarkeit von Wissen. Digitale Kommunikationsmög-lichkeiten stehen im Dienst der Sache und müssen zweckmäßig in Lehr- und Lernprozesse integriert werden. So sind sie beispielsweise hervorragend geeignet, um den ständigen Kommunikationsfluss sicherzustellen, schnelle Inputs einzuholen oder Ergebnisse zu dokumentieren. In anderen Bereichen wird jedoch auch in

Zukunft die persönliche Kommunikation von hohem Wert sein, beispielsweise wenn es darum geht, persönliche Beziehungen zu fördern, Vertrauen aufzubauen, Meinungsverschiedenheiten und Konflikte zu bereinigen oder unter-schiedlichste Blickwinkel zu gemeinsamen Lösungsansätzen zusammenzuführen.

Wie beurteilen Sie die Kompetenz von Österreich in Hinblick auf „Bildung online“ im internationalen Vergleich? An welchen Vorbildern könnte man sich orientieren?Österreich hat hier durchaus gute Voraus-setzungen. Was noch fehlt, ist ein mutiger

„Zug aufs Tor“. Es werden ungleich schneller 100 Millionen Euro für Maßnah-men im Sozialbereich, der Landwirtschaft, im Straßenbau oder zur Bankenrettung bereitgestellt, für derart zukunftsweisende Investitionen fehlen aber oft Mut oder Weitblick. Gute Vorbilder findet man beispielsweise in Israel, Finnland, Estland, Australien, Singapur, Korea, Kanada oder den USA. Gleichzeitig sehe ich Österreich besser aufgestellt als etwa Deutschland.

Mit welchen Investitionen im Bereich digitaler Unterricht müsste der Staat rechnen? Ist Ihrer Beobachtung nach die Bereitschaft gestiegen?

Ich bin ein Fan des Wettbewerbsprinzips. Man könnte auf den einzelnen Ebenen – vom Kindergarten über den Schul- und Hochschulbereich Ausschreibungen um innovative Konzepte und Projekte machen. Eine Anlehnung an europäische Programmlinien ist anzudenken. Wenn jetzt nicht die Bedeutung derartiger Investitionen erkannt wird, dann wüsste ich nicht, wann es sonst der Fall sein sollte. Ergänzend dazu sind die bereits bestehenden Maßnahmen zum digitalen Breitbandausbau kraftvoll fortzuführen. Jeder hier verwendete Euro ist sinnvoll investiert.� n

Online auf der Hochschule

Lernen unabhängig von Zeit und Raum: Andreas Altmann, Rektor der unternehmerischen Hochschule

MCI Innsbruck über mobiles Lernen.

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Andreas Altmann setzt bei der Lehre auf neue Formate und innovative Technik.

An Online- und Mobile Learning führt

kein Weg vorbei. Andreas Altmann, Rektor MCI Innsbruck

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erledigen Patienten ohnehin selber, weiß der Tiroler Mediziner und frühere Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Artur Wechselberger: „Viele Patienten, vor allem solche mit regelmäßigen Beschwerden, ha-ben längst schon Blutdruckmessgeräte, Puls-messer oder Teststreifen für Blutzucker im Haus. In Zukunft wird man ihnen vielleicht noch genauere, offiziell geeichte Instrumen-te verschreiben.“

Solche Apparate warten bereits dutzend-fach in den Regalen der Hersteller darauf, dass die Ära der digitalen Selbstdiagnose an-bricht. Die meisten gehören in die Klasse der

sogenannten Wearables, sind also Messgerä-te, die am Leib getragen werden, ähnlich wie die Fitnessarmbänder, die beim Laufen den Puls messen und die Schritte zählen. Manche sind in T-Shirts oder Armbanduhren einge-baut, werden ans Ohr geknipst oder als Pflas-ter auf die Haut geklebt. Diese Geräte können zum Beispiel präzise Dauer-EKG erstellen, die Körpertemperatur und den Sauerstoffgehalt der Atemluft messen, können Blut, Schweiß und Tränen analysieren und jederzeit um Zu-satzmodule ergänzt werden, die auch noch Harn- und Stuhlproben durchführen.

Wearables und 3D-BrillenLabordiagnostik für daheim aus dem Elek-tronikshop könnte bald dazu führen, dass die jährliche Vorsorgeuntersuchung durch vollautomatische Dauerüberwachung ersetzt wird. Die Digitalisierung wird nämlich nicht nur den Umgang der Ärzte mit den Patienten revolutionieren, sondern einen völlig neuen Blick darauf ermöglichen, was Gesundheit eigentlich bedeutet. Davon ist jedenfalls der Wiener Internist Siegfried Meryn überzeugt, der im Auftrag der Stadt Wien den Thinktank Health Digital City leitet und dort mit Vertre-tern der Industrie, der Wissenschaft und der medizinischen Praxis über die Möglichkeiten und Gefahren digitaler Gesundheitssysteme nachdenkt. „Wir müssen Gesundheit völlig neu denken. Unter anderem sollen Men-schen erst gar nicht zu Patienten werden“, so das Credo Meryns, „sie gesund zu halten und nicht erst zu heilen, nachdem sie krank

sind, das wird die personalisierte Präzisions-medizin der Zukunft sein. So ein Ort entsteht gerade in Wien mit dem Future Health Lab in CAPE 10.“

Zwei große Hürden sind dabei zu nehmen: Vertrauen in die Sicherheit der Daten und Vertrauen in die Qualität der Betreuung.

Die Sorge, dass sensible Gesundheits-daten in falsche Hände geraten oder vom Staat selbst gegen die Betroffenen verwen-det werden, ist höchst berechtigt, weiß auch Meryn: „Wir brauchen Houses of Trust, um die Daten vielfältig innovativ nutzen zu können, am besten öffentliche Server. Die Daten müssen mit maximaler Sicherheit vor Hackern geschützt sein, noch wichtiger aber ist es, dass nur die Patienten selber darüber verfügen dürfen.“ Österreich hat mit dem System elga bereits eine zentrale Stelle für die Standardisierung und Speicherung von Gesundheitsdaten eingerichtet. Sie sollte, so Meryn, systematisch weiterentwickelt und das vorhandene Potenzial innovativer genutzt werden.

Der als Allgemeinmediziner tätige Wech-selberger hat etwas andere Vorstellungen darüber, was mit den Daten geschehen soll, die von der neuen Generation an Di-agnosegeräten künftig laufend gesammelt werden: „Sie gehören in den Computer des jeweils betreuenden Arztes, der gemein-sam mit dem Patienten darüber verfügt. Schließlich liefern die Geräte ja nur Daten, keine Befunde. Das letzte Urteil muss ein Mensch mit medizinischer Ausbildung und Erfahrung fällen.“

Einstweilen jedenfalls, denn die Systeme der Künstlichen Intelligenz, die krankhaf-te Veränderungen in Gewebeproben und Magnetresonanzbildern erkennen, sind be-reits in Erprobung. Ebenso die Virtual-Rea-lity-Datenbrillen für Chirurgen, die auf Na-nometer genaue 3D-Bilder der Körperzone liefern, in die sich gleich die Schneide des Skalpells versenken soll. Diese Brillen zei-gen dem Chirurgen aber auch Daten über das krankhafte Gewebe und gleichen die-se mit Millionen anderer Daten von Ope-rationen aus aller Welt ab. So stehen die gesammelten Erfahrungen von Chirurgen weltweit dem Operateur zur Verfügung.

Chronisch KrankeSo wie diese High-Tech-Geräte können auch vergleichsweise einfache technische Appli-kationen die Qualität der Betreuung verbes-sern. Mittlerweile zeigen mehrere Projekte zur Fernbetreuung von chronisch Kranken, dass Algorithmen und Roboter ebenso zu-verlässig auf ihre Patienten achten wie le-bende Menschen. In der Steiermark werden

Diabetiker seit mehreren Jahren via App ver-sorgt. Regelmäßig den Blutzucker selber zu messen, gehört bei dieser Gruppe ohnehin zur Gewohnheit, das Projekt zielt zudem darauf ab, mithilfe der Digitalisierung die Therapie individuell zu personalisieren. Bei der Initiative „Herz Mobil Tirol“ messen Patienten mit chronischer Herzschwäche täglich daheim Körpergewicht, Blutdruck und Herzfrequenz und senden die Daten per Mobiltelefon in die Telemedizin-Zentrale der Tiroler Landeskliniken.

Das Comprehensive Cancer Center der Medizinuni Wien betreut sogar Krebspatien-ten digital. Dabei geben die Teilnehmer die vorgegebenen Befundwerte zwar händisch ein, ausgewertet werden sie aber vom Com-puter. Erst bei Auffälligkeiten benachrich-tigt der Algorithmus einen Arzt. „In allen drei Fällen zeigt sich, dass die Patienten mit den Apps zumindest gleich gut, meist so-gar besser betreut sind als ohne“, resümiert Meryn und gibt sich überzeugt: „Wenn die digitalen Möglichkeiten richtig eingesetzt werden, kann von einer Entmenschlichung keine Rede sein, im Gegenteil wird die indi-viduelle Zuwendung verbessert.“

Menschliche TechnikAuch Artur Wechselberger betont die menschliche Seite der neuen technischen Möglichkeiten: „Wo die Ärzte von Routi-netätigkeiten entlastet werden, gewinnen sie Zeit für den eigentlichen Patienten-kontakt.“ So gibt es erfolgreiche Versuche, Spracherkennungsgeräte, die der allseits bekannten Alexa von Amazon ähneln, als

digitale Assistenten in der Praxis einzuset-zen. Sie zeichnen das Patientengespräch auf und leiten es an eine Software weiter, die alle diagnostisch relevanten Inhalte her-ausfiltert und gleich die nötigen Prozesse in Gang setzt, also zum Beispiel Überwei-sungen oder die Verschreibung von Me-dikamenten vorbereitet. Wechselberger: „Arzt und Patient können sich so viel in-tensiver auf das Gespräch konzentrieren, niemand muss mitschreiben oder in den Computer tippen.“� n

Digitalisierung

Keine Zukunftsmusik: Mit Virtual-Reality-Datenbrillen

und Telemedizin hat ein neuer Abschnitt bei Diagnose und

Behandlung bereits begonnen.

Promotion-Magazin

W er von Digitalisierung spricht, denkt in der Regel an Online-Shops, selbstfahrende Autos und virtuelles Arbeiten. Dabei

liegt die wirkliche Großkampfzone ganz anderswo, nämlich in der Gesundheits-branche. Lange Zeit galt dieser Bereich als letzte Domäne des direkten Kontakts und der persönlichen Zuwendung. Doch inzwi-schen gewinnt das neue Paradigma immer mehr an Terrain, wonach Patienten letztlich

auch nichts anderes sind als die Summe ihrer Diagnosedaten, weshalb man ihre Behand-lung in weiten Teilen den Algorithmen an-vertrauen kann. Die digitale Revolution im Gesundheitswesen ist in vollem Gang, und Österreich steckt gerade mittendrin.

Bildschirm statt WartezimmerZum Beispiel haben die niedergelassenen Ärzte in der Corona-Krise die Telemedizin für sich entdeckt. Jahrelang kämpften sie

empört dagegen, Schulter an Schulter mit den Krankenkassen, die für Fern-Konsultati-onen nicht zahlen wollten. Inzwischen ha-ben beide eingesehen, dass es niemandem nützt, wenn Patienten in der virenträchtigen Luft überfüllter Wartezimmer herumsitzen. Daher kommt der Onkel Doktor immer öf-ter per Videokonferenz ins Haus, ganz nor-mal auf Krankenschein. Eine echte Unter-suchung ist über den Bildschirm natürlich nicht möglich, aber einen großen Teil davon

Wenn Patienten zu Daten werden

Die Digitalisierung der Medizin ist in vollem Gang. Telemedizin, Big Data und Dauerdiagnose durch Wearables revolutionieren auch das österreichische Gesundheitssystem.

von Christoph Trachtenberg

Die Daten gehören zum be-treuenden Arzt, der mit dem Patienten darüber verfügt.

Artur Wechselberger, Präsident Tiroler der Ärztekammer

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Wir müssen Gesundheit neu denken. Menschen sollen gar nicht zu Patienten werden.

Siegfried Meryn, Leiter des Thinktank Health Digital City

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Digitalisierung

Digital auch nach der Krise

Homeoffice, Distance Learning, Online-Shopping: Die Pandemie hat große Teile des Lebens ins Internet verlagert. Dort werden sie auch bleiben,

weshalb jetzt Österreich die Digitalisierung weiter vorantreibt.

von Christoph Trachtenberg

U rsula Fenz ist Fitness- und Yoga- Trainerin. In Gruppenkursen oder Einzelstunden betreut sie seit Jah-ren eine beachtliche Schar an Bewe-

gungshungrigen, die ebenso entsetzt waren wie ihre Vorturnerin, als der österreichische Gesundheitsminister jeglichen Indoor-Sport untersagte. Der Schock war aber bald über-wunden, denn nach ein paar Tagen des Nachdenkens und einigen ungelenken Ver-suchen hatten Ursula und ihre Getreuen her-ausgefunden, wie sie weitermachen können: übers Internet. Sie platzierten ihre Tablets und Computerbildschirme in Sichtweite, breiteten Decken auf den Wohnzimmerbo-den und machten eifrig nach, was ihnen die Trainerin via Zoom vorführte. Noch vor drei Monaten hätten sie alle die Idee einer digitalen Yogastunde als üblen Scherz ab-getan. Jetzt meinen viele, sie würden ganz gern dabeibleiben, auch wenn wieder echte Turnstunden möglich sind.

Handelsoffensive im WebErweckungserlebnisse und Bekehrungen die-ser Art weiß derzeit fast jeder Österreicher zu berichten. Kaum einer, der nicht zumindest erstaunt war darüber, was sich alles ins Inter-net verlagern lässt. Banken und Versicherun-gen haben Büros mit mehreren tausend Mit-arbeitern zur Gänze nach Hause geschickt, wo sie innerhalb kurzer Zeit ganz normal weiterarbeiten konnten. Eltern beobachteten ihre Kinder bei Skype-Konferenzen mit dem Lehrer und ließen sich anschließend erklä-ren, wie sie auch mit ihren Arbeitskollegen von Laptop zu Laptop plaudern können.

„Die Corona-Krise hat Österreich in eine Digital-Zukunft gebeamt“, verkündete stolz Margarete Schramböck, die ein Regierungs-ressort mit dem Titel „Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort“ leitet und sich in den Medien gern „Digitali-sierungsministerin“ nennen lässt.

Tatsächlich hat vor allem der Handel er-lebt, wie das Geschäft praktisch über Nacht ins Internet wanderte, wo es auch nach

dem Ende des Lockdowns in hohem Maße bleiben wird. Die Supermarktkette Billa, eine Tochter des Rewe-Konzerns, will heuer noch mehr als 300 Millionen Euro in das Online-Angebot investieren, nachdem die Zugriffe dort inzwischen achtmal so hoch sind wie noch vor drei Monaten. Beim Kon-kurrenten Spar stießen die Lieferkapazitäten auf dem Höhepunkt der Krise an die Kapazi-tätsgrenze – manche Kunden wurden schon auf der Website auf später vertröstet. Auch hier soll das Netz an Lieferdiensten und Ab-holstationen jetzt ausgebaut werden.

Die wahre Revolution passierte aber bei den kleineren Läden und mittelständischen Produzenten von Konsumgütern, also bei Händlern und Anbietern, die bisher der Meinung waren, dass sich der Aufwand ei-ner eigenen Website nicht lohnen würde, weil sie ja ohnehin nur regional tätig sind. Dieser Rückstand in Sachen Internetpräsenz wurde innerhalb weniger Wochen rasant aufgeholt. Inzwischen haben selbst kleine Blumenläden und Schoko-Boutiquen ihren Online-Shop, was wohl auch daran liegt, dass sie in Zeiten der erzwungenen Schlie-ßung endlich Zeit hatten, einen Webauf-tritt zu basteln. Auch die Chance, auf diese Weise ein österreichisches Gegengewicht zu den internationalen Online-Handelsket-ten aufzubauen, wurde rasch erkannt. Die Österreichische Post betreibt schon länger den Online-Marktplatz shoepping.at, der ausschließlich heimische Waren vertreibt. Dort haben sich die Zugriffe durch die Co-rona-Krise vervierfacht.

Die Wirtschaftskammer unterstützt diese Entwicklung mit Plattformen, die der Infor-mation und der Vernetzung zwischen Produ-zenten und Händlern dienen, etwa SNOOOP.net oder Kaufdaheim.at.

Potenziale und Defizite in der InfrastrukturTrotzdem ist die selbstbewusste Ansage der Digitalisierungsministerin eher ein Wunsch für die Zukunft als ein Befund der Gegen-wart. Sieben Wochen Homeoffice und

Homeschooling haben sowohl das Poten-zial als auch die Defizite in der digitalen Infrastruktur des Landes offengelegt. Vor allem wurde sichtbar, dass die vor Jahren gestartete Breitband-Offensive auf halbem Weg stecken geblieben ist, dass die Netze der Internet-Provider nicht annähernd die versprochene Leistung erbringen und dass die Ausstattung der Schulen mit Laptops, Tablets und WLAN deutlich verbessert wer-den muss.

Eine Untersuchung des Instituts für Hö-here Studien (IHS) kommt denn auch zu dem wenig schmeichelhaften Ergebnis, dass die Österreicher zwar durchaus tüch-tige Internetnutzer sind – der sogenannte Digital Economic and Society Index (DESI) weist Kompetenzen der Bevölkerung über dem EU-Durchschnitt aus. Dafür hapert es bei der Infrastruktur, aber auch beim

eCommerce und beim Marketing über In-ternet-Kanäle und Social Media. Aber für eine geplante Offensive gibt es bekanntlich keine besseren Voraussetzungen als brach-liegendes Potenzial. Unternehmen, die jetzt ihre weitere Digitalisierung in Angriff neh-men, dürfen auf spürbare Hilfe vom Staat hoffen. Das gilt auch für die großen Mobil-funkkonzerne. Die Stadt Wien stellt Geld und vor allem Standorte für neue Antennen zur Verfügung, damit der neue 5G-Stan-dard rasch eingeführt werden kann. „Wir wollen die erste Großstadt Europas mit flä-chendeckendem 5G-Netz werden“, sagt der zuständige Wirtschafts-Stadtrat Peter Hanke und lässt sich dieses Ziel rund 20 Millionen Euro kosten.

Die Ministerin will vor allem einmal in die Qualifizierung der Mitarbeiter investieren. „Digitale Bootcamps“ – sprich Intensivkurse

– sollen es in kurzer Zeit ermöglichen, dass auch kleinere Betriebe Mitarbeiter im Haus haben, die mit Cloud-Computing umgehen können, die wissen, wie man Produkte im Web vermarktet und wie man den virtuellen Kundenkontakten die richtigen Prozesse in der realen Welt folgen lässt. Cybersecurity steht natürlich ebenfalls auf dem Kurspro-gramm, denn die Sorge, dass die digitale Offensive auch einen Schub beim Daten-missbrauch und bei Online-Betrügereien nach sich zieht, ist verständlicherweise groß. Insgesamt macht das Ministerium dafür acht Millionen Euro locker, die über den Forschungsförderungsfond an diverse eingereichte Projekte verteilt werden.

Herausforderung HomeschoolingUm die digitale Aufrüstung der Schulen ist es nach einem ersten Hype deutlich stiller ge-

worden. Zwar waren die Schüler schnell bei der Sache, als Unterrichtsstunden via Zoom abgehalten und Hausaufgaben zur Korrektur in die Cloud der Schule hochgeladen wur-den. Doch die Lehrer bleiben skeptisch, was den pädagogischen Wert dieses virtuellen Schulbetriebs angeht. Und das Problem, dass sozial schwache Schüler überhaupt erst mit Tablets ausgerüstet werden müssten, wurde noch gar nicht angegangen.

Trotzdem deutet ein nicht unwichtiger Indikator auf eine beschleunigte weitere Digitalisierung hin: Die Betroffenen sehen sie positiv. Einer aktuellen Umfrage zufol-ge erwarten 78 Prozent der Österreicher, dass die Entwicklung in vollem Tempo weitergeht, 80 Prozent der Befragten ha-ben beobachtet, dass ihr Land der Welt der Bits und Bytes nun mit größerer Offenheit gegenübersteht.� n

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Das eigene Sofa als Shoppingcenter. Auch regionale und kleinere

Anbieter stellen vermehrt zu.

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Kunst & Kultur

Alles nur geträumt?

Elan, Optimismus, Planungsfülle, sechs Uraufführungen. Nach Wochen

der Fassungslosigkeit und Leere. Inneres Chaos im Zickzack. Martin Kušej

kann das Burgtheater am 11. September wieder eröffnen. Denn: „Ohne

Theater geht es nicht.“ Eine Bestandsaufnahme. Ein Porträt.

von Ro Raftl

K omödie. Vergangenen November saß Martin Kušej bei Hummerkraut-fleisch und Chardonnay in der Burgtheater-Brasserie Vestibül für

ein Kulinarikporträt neben mir. Ohne Mund- Nasen-Schutz. Ein lustvoller Koch, neugie-riger Esser, genießerischer Trinker, der das komplette Ensemble zum Einstand seiner Di-rektion zur gemeinsamen Zubereitung eines siebengängigen Menüs gebeten hatte. Der im Kasino die Vielfalt der lukullischen Varian-te des Burgtheater-Schwerpunkts „Europa-maschine“ zu erschmecken beginnen ließ.

#Vorstellungsänderung. Stopp. Nur sechs Monate nach seinem Beginn in Wien – wo Kritiker und Publikum sein Debüt, speziell „Die Hermannsschlacht“, relativ reserviert betrachtet hatten. Vor acht geplanten Pre-mieren. Um seine Idee eines „europäischen Theaters“ in neuen Regiehandschriften zu präsentieren. Seine politischen Positionen: klar, gegen rechts. Und. Gut. Elfriede Je-lineks „Schwarzwasser“ zu Ibizagate fand statt. Die Festwochen-Uraufführung „2020 oder Das Ende – Klimakatastrophen im Leben dreier Frauen“ der jungen Dramatike-rin Alice Birch als Position zur Klimadebatte fiel hingegen (vorerst) aus.

Shutdown. Am 10. März wurde der Spiel-betrieb des Burgtheaters eingestellt. Am 13. März der Probenbetrieb. Das Haus ver-liert bis Ende der Saison wöchentlich circa 230.000 Euro nur an Karteneinnahmen. Ein Großteil der 540 Mitarbeiter ist auf Kurzar-beit. Schwerst betroffen sind die „Freien“.

Der Direktor ringt um eine politische Lö-sung. „Ich fühle mich wie ein Bergsteiger in der Wand, der keinen Griff zum Weiterklet-tern findet, aber schon zu hoch oben ist, um noch umkehren zu können. Aus dem vollen Lauf heraus ausgebremst“, sagte der 59-Jäh-rige in einem „Falter“-Interview.

Solidarität und DistanzAlles blieb leer. Das Theater als wehmütige Erinnerung in der Fantasie von Theater-besuchern und Theatermachern. Das Seelen-futter Kultur wurde virtuell in diätischen Por-tionen verabreicht. Zum Hören: Boccaccios „Decamerone“, vielsprachig gelesen von 100 Schauspielern aus Europa und der Welt, zwölf von ihnen aus dem Burgtheater. Zum Sehen:

Aufführungen aus der Edition Burg theater, darunter Kušejs Herzstück „Glaube und Heimat“. Täglich ein Ensemblemitglied mit der Geschichte, die es „gerettet“ hat. Für Caroline Peters war es Paul Celans Gedicht „Corona“. Zum Twittern: Unter dem Hashtag #vorstellungsänderung rief das Akademiethe-ater zur Kollektivperformance im fantasier-ten Stück „Der unheimliche Eindringling“. Erfolgreich: mit stundenlang begeistertem Wirrwarr witziger Pointen, ratloser Mel-dungen, cooler Spitzentweets von Mavie Hörbiger aus dem „Backstage“-Bereich. Ambitioniert, schräg, schön. Ein Hinweis, künftig digitale Formate zu intensivieren. Dennoch. Kurier-Kritiker Guido Tartarotti meldete deprimiert: „... wie die Vorstellung

von Sex im Gegensatz zum echten Liebesakt“. Trauerspiel. Anfang April entschloss sich Kušej zum „radikalen Schnitt: Diese Saison nicht mehr aufzusperren, im Herbst mit vol-ler Kraft zu starten“.

Zuvor fast paralysiert vom inneren Chaos. Von Gedanken und Gefühlen über Solidari-tät, Freiheit, Überwachung, Nähe, Distanz, Egoismus bis zu Angst, Unsicherheit, Sorge, Leere: „Ich habe Facetten meiner Psyche ken-nengelernt, die ich bisher nicht kannte. Das ging ganz tief in die Seele hinein.“

So „privilegiert“ er auch war, durch einen Lockdown am Land, in seinem Haus im Kärntner Maria Saal, gleich hinter dem Dom mit Blick auf den blühenden Garten. Das Kri-senmanagement der Regierung in Österreich

fand er „sehr gut, die Maßnahmen richtig“. Befürchtete jedoch, Orbáns Vorgangsweise im Blick, auch Österreich könnte nach der Krise autoritärer regiert werden.

Auseinandersetzung mit der Macht2000, als Schwarz-Blau mit Jörg Haider an die Macht kam, verfasste der Kärntner Slowene in der Süddeutschen Zeitung einen verzweif-lungsvoll betörenden Essay: „Die Hölle vom Wörthersee. Sein oder Nicht-Sein in Öster-reich. Warum es so schwierig ist, jetzt einen klaren Kopf zu behalten.“ Die Kunst des be-deutendsten österreichischen Theaterma-chers seiner Generation, damals Stuttgarter Hausregisseur, stand in voller, stets radikal-schwarzer Blüte: „Weh dem, der lügt“ am

Burgtheater; „Hamlet“ beim Salzburgfesti-val; Schönherrs „Glaube und Heimat“ ein Jahr später am Burgtheater und zum Berliner Theatertreffen eingeladen; Opern regien, die 2002 mit Mozarts „Don Giovanni“ unter dem Stab von Nikolaus Harnoncourt einen ihrer Höhe punkte fand.

„Man kann einen Berg entweder über den Wanderweg besteigen, oder man geht über die Felswand. Ich tendiere zur Felswand“, erklärte er vor seinem gerüchteumwobenen Start am Burgtheater. Wien halt. Inklusive „Intrigenkultur“ (© Kušej).

Seinen Ängsten unterwerfe er sich nicht, sondern bekämpfe sie: „Dadurch können sie überwunden werden.“ Verzweiflung? Ja. Depressionen? Nein. „Ich versteh sie. Doch irgendwann steig ich aus. Das ist wahr-scheinlich meine ländliche Herkunft. Da hat man keine Zeit für Depressionen.“ Hm.

Oder man erschießt sich. Der Selbstmord eines Mitschülers hätte den Regiekünstler „jahrelang nachhaltig beeinflusst“, las man in der „ZEIT“.

Rückblende. Kušej kommt aus einem Dorf. Globasnitz/Globasnica. Wir erinnern uns an den Ortstafelstreit! Ein paar hundert Ein-wohner. Bauernland. Der Vater der Lehrer, der auch Slowenisch unterrichtet. Aus jenem Teil der Familie, der gewitzt seine Tiere vor den Nazis versteckte und zu den Partisanen ging. Die Mutter dem Deutschtum zugeneigt wie die meisten ihrer Verwandtschaft. Martin der Älteste von fünf Geschwistern. Selbstver-ständlich Ministrant. Später aus der Kirche ausgetreten. Den heute 20-jährigen Sohn Lorenz ließ er dennoch taufen: „Es ist wichtig, dass man diese alten Mythen erfährt.“

Der „katholische“ Teil seiner Biografie sei „unverzichtbar“ und Fundus seiner Kre-ativität. „Gerade aus der Kirche mit ihren immer noch ,barocken‘, überschwänglichen und bildermächtigen Ritualen habe ich mich entwickelt. Kämpfe zum Teil immer noch mit unauslöschlichen Dogmen und

FOTO: © STEFAN FÜRTBAUER

Lebenslust: Martin Kušej in seinem Büro im ehrwürdigen Wiener Burgtheater

Ich habe neue Facetten meiner

Psyche kennengelernt. Martin Kušej, Burgtheater-Direktor

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Kunst & Kultur

Geboten, die man mir und der ländlichen Gesellschaft eingepflanzt hat.“

Das Dorf seiner Kindheit war „eine wahn-sinnig geschützte Welt“. „Die Höfe, die Wege, die Stuben, die Winter, die Sommer, die Felder, die Hügel, die Berge: In meinen Träumen kommen diese Bilder immer wieder hoch.“ Zu lesen bei Georg Diez in der Burg-theateredition „Gegenheimat – Das Theater des Martin Kušej“ (2002).

Oder wie Klaus Bachler, der damalige Chef, über seinen aufsehenerregenden Regisseur sagt: „MK ist einer, der in seiner Heimat verwurzelt ist und gerade darum an ihr ver-zweifelt. Einer, der die Ausweglosigkeit in unserer Welt erkennt und doch das Leben liebt. – Seine Kraft kommt von innen.“

Die Gefährdung des GeistesAch. Südkärntens Dörfer sind eine fruchtbare Gegend für Kunst, Literatur, Tod und tiefe kritische Heimatliebe. Peter Handke stammt aus Griffen/Grebinj, Peter Turrini aus Maria Saal/Gospa Sveta und Maja Haderlap kann im „Engel des Vergessens“ nicht vergessen, was auf den Bauernhöfen um Bad Eisenkap-pel/Železna Kapla geschah.

Weckruf. Freude. Optimismus. Elan. Der Burgtheaterdirektor präsentiert seinen Spiel-plan für die nächste Saison: 31 Produktio-nen, sechs Uraufführungen, zehn Erstauf-führungen, Regisseure aus 14 Ländern. Fette Überschrift: „Politik der Körper“. Und. Frank Castorf etwa soll Peter Handkes „Zdenek

Adamec“ inszenieren. „Das sind nun wirk-lich zwei Widerspenstige“, so Martin Kušej. Das Haus ist nicht mehr gruselig leer, nein, die Bühne wird gewartet, und ab Juni darf Kušej mit Proben „in Eigenverantwortung“ beginnen. Kleine Einheiten will er bilden, „wie beim Fußball“. Mit den Kollegen möch-te er seine drängendsten Fragen beantwor-ten: „Wo ist die Grenze zwischen Freiheit und Rücksichtslosigkeit, zwischen der For-derung nach Solidarität und der Etablierung von Überwachung?“ Lang vor Corona schon bedacht, in der Quarantäne zugespitzt.

Auch. „Um etwas beizutragen zur Aus-einandersetzung über die Legitimität von Macht.“ Klar, Schillers „Maria Stuart“, Ku šejs großes Konzept, in Kooperation mit den Salzburger Festspielen geplant. Doch so schmerzlich es ist, das Duell der Königin-nen Maria (Birgit Minichmayr) und Elisabeth (Bibiana Beglau) musste auf den Sommer 2021 verschoben werden.

Kleiner, doch nicht minder faszinierend, fast wie aufgelegt für die aktuelle Situa-tion, seine neue Wahl: „Das Leben ist ein Traum“, Pedro Calderón de la Barcas Dra-ma aus der Endzeit des spanischen Barocks als Eröffnungspremiere am 11. September. Je nach Blickwinkel als „leichtfüßig“ zwi-schen Tragödie und Komödie oszillierend oder als erstes existenzphilosophisches Theaterstück der Weltliteratur bezeichnet. Der Direktor: „Es geht darum, welchen Be-griff von Freiheit wir als Menschen haben,

im Stück lässt sich die Frage entwickeln, wie wir uns wieder aktiv in die Gestaltung unserer Welt einmischen, nachdem wir eingesperrt waren und in einem unwirkli-chen, traumhaften Zustand gelebt haben.“ Denn ein Mensch, der sich nicht mehr auf seine Erfahrung, seine Wahrnehmung der Wirklichkeit verlassen kann, „ist vor allem manipulierbar – weil er erst mit Unsicherheit, später instinktiv und aggressiv reagiert.“ Zu-dem sei die Parabel auf die Gefährdung des Geists durch das Irrationale hochaktuell. „Ich bin klar für die Gefährdung des Geistes. Alles andere wäre langweilig.“

Also. Blick nach vorne. Kušej-gemäß. Er sagt von sich selbst, er sei ein „schlechter Er-innerer“, blicke im Leben nie zurück. Trotz-dem wird es wohl lange dauern, bis die so-zialen, psychologischen und ökonomischen Folgen der Pandemie abgewittert sind. Ein komplexer Kraftakt, selbst für einen „Werfer“ der österreichischen Handball-Bundesliga, denn das war der Burgtheaterchef, als er nach der Matura Sport und Germanistik an der Uni Graz studierte. Fürs Lehramt. Die Mutter meinte: „Was Sicheres!“

Unsicherheit im genetischen CodeIn Graz, seit den 1960er Jahren jazz-getuntes Zentrum der Avantgarde – durch das „Forum Stadtpark“, den „steirischen herbst“, Euro-pas erstes Festival für neue Kunst, den ge-watscht-gefeierten Dichter des neuen Volks-theaters Wolfgang Bauer. Aufpulvernd genug für ein Kärntner Lehrerskind, einen hübsch sensiblen Riesen, der Gedichte schrieb, aben-teuerlich entlegenste Weltgegenden auf-suchte, Reiseberichte verfasste: „Sie brieten Piranhas und aßen frischen Affen“, hieß es da, und dass er Zivilisationsballast auf einem „weißen Flecken“ abgeworfen habe.

„Unsicherheit ist meinem genetischen Code eingeschrieben“, wird Kušej später sa-gen. Damals wechselte er an die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, um Regie zu studieren. Weil er fürs Theater brannte. Brennt. Sonst könnte er in der Virus-Krise nicht Sätze wie diesen sagen: „Man müsste irgendwann abwägen, ob die Krankheit, die die Menschen ohne Kunst befallen würde, nicht noch schlimmer wäre.“� n

Zur PersonMartin Kušej wurde am 14. Mai 1961 in Wolfs-berg, Kärnten geboren. Von 2004 bis 2006 war er Schauspieldirektor bei den Salzburger Festspielen und inszenierte zuvor und danach an nahezu allen bedeutenden Theaterhäu-sern des deutschsprachigen Raumes. Mit der Spielzeit 2019/20 startete seine Amtszeit als Direktor des Wiener Burgtheaters.

Perspektivenwechsel: Kušej, der hübsche, sensible Riese in seiner Arena, dem Burgtheater

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D as Belvedere in Wien gehört mit sei-nen unterschiedlichen Außenstellen zu den maßgeblichen Impulsgebern des österreichischen Kulturlebens.

Dass diese Funktion nicht örtlich begrenzt sein muss, ist die Erfahrung der vergange-nen Wochen. Bis zur Wiedereröffnung des Oberen Belvedere am 1. Juli gibt es unter www.belvedere.at ein breites Angebot an di-gitalen Möglichkeiten, um die berühmten Sammlungen zu bestaunen. Acht Werke von Egon Schiele können etwa per Handy-App neu entdeckt werden: Sie sind mittels Aug-mented Reality mit einer zusätzlichen digi-talen Bildebene versehen. Damit werden die Geheimnisse hinter den Bildwerken mittels Infrarot- und Röntgenaufnahmen sichtbar.

Zusätzlich gibt es auf der Homepage und in den sozialen Netzwerken diverse Kunstver-mittlungsaktionen. Der Aufwand wird von den Usern belohnt. Direktorin Stella Rollig ist vom hohen Zuspruch überrascht: „Die täglichen Online-Führungen auf unseren So-cial-Media-Kanälen wurden bisher von mehr als 700.000 Personen wahrgenommen, und über 200.000 haben sich die Führungen tat-sächlich angesehen. Das zeigt, dass wir mit unserem Angebot ins Schwarze getroffen ha-ben. Digitale Kunstvermittlung wird von den Menschen gern angenommen, aus diesem Grund werden wir auch nach der Wiederer-öffnung des Belvedere unsere Aktivitäten in dieser Hinsicht intensivieren.“

Neue Publikumsschichten bespielenAuch die Albertina (www.albertina.at) nutzt die Augmented Reality für die Publikumsbin-dung: Der zwinkernde Hase von Dürer bietet sich einfach an, als Link im Bekanntenkreis geteilt zu werden. Kunst jederzeit verfügbar, ohne Hemmschwellen genießbar, soziale

Schranken überwindend: Vielleicht können digitale Marketingstrategien bewirken, was Kulturtheoretiker seit Langem fordern – den Weg raus aus dem Elfenbeinturm.

In anderen Bereichen des Kulturbetriebes setzt man ebenso auf Eigeninitiative, um die Bandbreite des Publikums zu erweitern: Ak-tuelle preisgekrönte Dokumentarfilme und österreichische Autorenfilme können etwa derzeit unter stadtkinowien.vodclub.online kostenfrei abgerufen werden. Klassiker der österreichischen Filmgeschichte wie „Der Engel mit der Posaune“ bietet das Filmarchiv Austria (www.filmarchiv.at) an. Wohnzim-mer-Konzerte und Social-Media-Jam-Sessi-ons weden wohl auch weiterhin unseren Kulturgenuss bereichern. Somit hätte die Krise wie meist doch auch Gutes hervorge-bracht. Eine „neue Normalität“, die für den Kulturbetrieb natürlich nur Zusatzangebot sein kann. Nichts kann durch die direkte Begegnung ersetzt werden. Aber manchmal dient die Distanz dazu, sich näher kennen-zulernen.� n

Kultur jederzeit

und überallOnline ins Museum und danach

einen Kinofilm streamen: Die digitale Kulturvermittlung hat sich etabliert.

von Nadia Weiss

Publikumserfolg: Kunstvermittler Markus Hübl führt digital durch die Sammlung des Belvedere.

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„Der Kuss“ von Gustav Klimt ist wohl das

berühmteste Bild im Belvedere. Online kann man es neu entdecken.

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STARKES LAND Österreich 29 28 STARKES LAND Österreich

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Kunst & Kultur

Egon Schiele in Tulln erlebenTulln. Die Stadt Tulln präsentiert direkt vor den Toren Wiens Angebote für Kunstkenner und Familien. Auf dem Egon-Schiele-Weg spaziert man interaktiv auf den Spuren des Malers durch die Stadt Tulln. Man passiert wichtige Schauplätze seiner Kindheit und erfährt allerlei Details zu seinem Leben. Bei seinem Geburtshaus im Bahnhof befindet sich die erste Station des Themenweges. Es macht den jungen Künstler hautnah erlebbar und erzählt anschauliche Geschichten über die Familie Schiele – mit Entdeckungstour und Comic-Heft für Kinder. Im Egon Schiele Museum Tulln bieten Originalwerke und Gespräche mit Zeitzeugen Einblicke in das Leben des Ausnahmekünstlers. www.tulln.at/erleben/schiele

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Ausstellungsprogramm 2020Prigglitz. Jährlich finden in der Galerie Gut Gasteil vier Ausstellungen zeitgemäßer Kunst statt, die Ausstellungsreihe „Kunst in der Landschaft“ wird im Zwei-Jahres- Rhythmus organisiert: Internationale bil-dende Künstler verwirklichen auf den Wiesen rund um Gut Gasteil ihre Ideen für diesen Ort. Bis 21. Juni 2020: Susanne Kos – Malerei und Grafik, Walter Kainz – Malerei und Holzskulptur. 27. Juni bis 23. August 2020: Theresa Eisenmann – Grafik und Malerei, Peter Paszkiewicz – Steinskulpturen und Steinbilder. 29. August bis 1. Novem-ber: Friedrich Danielis – Malerei und Grafik, Nadja Hlavka – Malerei. 6. bis 8. Dezember: „Full house“. Öffnungszeiten: Wochenende und Feiertage von 10 bis 18 Uhrwww.gutgasteil.at

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Genau deswegen Sommer voll KunstvermittlungInnsbruck. Die art didacta innsbruck von 11. bis 17. Juli offeriert Kurse in Aktzeichnen, Zeichnen, Porträt-, Öl-, Acryl, Buch-, Minia-tur- und abstrakter Malerei, japanischem Farb holzschnitt, chinesischer Tuschmalerei, experimentellem Gestalten, Siebdruck, Kalligrafie, Schmuckgestaltung, Bildhauerei.www.artdidacta.at

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KulturtippsEine Fülle von Sehenswürdigkeiten und Kulturschätzen zeugt von Österreichs langer Geschichte. Musikbühnen, Theater und Museen laden nun wieder zum Abenteuer Kultur ein. Neue Projekte beleuchten besondere Aspekte von Kunst und Historie.

... von Liebe und SehnsuchtHall in Tirol. Der Abschluss der Konzertreihe musik+ der Veranstalter Galerie St. Barbara wird mit dem jungen französischen Ensemble Tictactus um Sängerin Lucile Richardot gefeiert. Gemeinsam mit Freunden, darunter die wunderbare Gambistin Lucile Boulanger, lassen die Musiker italienische Musik des 17. Jahrhunderts von Frescobaldi, Monteverdi u. a. erklingen – Canzonen (Lieder) vor allem über Schönheit, Liebe und Verlangen sind am 26. Juni 2020 um 20 Uhr im Salzlager Hall in Tirol zu hören.www.musikplus.at

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E inzigartige Einblicke in die Welt der voestalpine und eine außergewöhn-liche Architektur machen den Besuch

der voestalpine Stahlwelt zu einem der High-lights in Linz. Ab dem 2. Juli 2020 hat die Ausstellungswelt wieder geöffnet.

Spannende ErlebnisweltKaum ein anderer Werkstoff ist so unver-zichtbar für den Alltag und so innovativ wie Stahl. In der voestalpine Stahlwelt erhalten die Besucher anhand beeindruckender Expo-

nate und interaktiver Stationen detailliertes Hintergrundwissen über Stahl und faszinie-rende Einblicke in die Welt der Produkte und Erfolge der voestalpine und bieten neue Sichtweisen auf den weltweit tätigen Stahl- und Technologiekonzern.

Einzigartige ArchitekturStahl eröffnet im Einsatz und in seiner Ver-wendung nahezu grenzenlose Möglichkeiten – das zeigt auch die Architektur der voestal-pine Stahlwelt. Im Inneren hängt eine riesige Stahlrotunde, einem Stahlwerk-Tiegel nach-empfunden. Der Tiegel ist die zentrale Erleb-niswelt, glanzvolle Fixpunkte sind 80 große verchromte Kugeln mit einem Durchmesser von bis zu 2,50 Metern. Einzelne Kugeln sind in den Ausstellungsparcours integriert, ange-schnitten und zum Teil auch begehbar.

Kombination mit Zeitgeschichte MUSEUMZu empfehlen ist auch der Besuch des an-grenzenden Zeitgeschichte MUSEUMs der voestalpine, das den NS-Zwangsarbeiterin-nen und Zwangsarbeitern gewidmet ist. Es liefert nicht nur eine umfassende und verantwortungsbewusste Aufarbeitung der Geschichte der voestalpine, sondern thema-tisiert auch anschaulich einen wichtigen Teil

der Geschichte der Stadt Linz in den Jahren 1938 bis 1945. Aktuell wird die Sonderaus-stellung „Spurensuche“ gezeigt, die fünf Jahre aktives Erinnern im Zeitgeschichte MUSEUM rekapituliert. Der Eintritt ist kostenlos. � n

80 Kugeln hängen im Innenraum der voestalpine Stahlwelt und erzeugen eine einzigartige Stimmung.

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voestalpine Stahlwelt

Innovation und Technologie erleben

www.voestalpine.com/stahlwelt Besucherservice Tel. +43 50304 15-8900 [email protected]

ÖffnungszeitenVon 2. Juli bis 14. August 2020: Donnerstag bis Samstag, 9 bis 17 UhrAb 18. August 2020: Dienstag bis Samstag, 9 bis 17 Uhr

Freitag, 31. Juli 2020 / 19.30 UhrStiftshof Ossiach (bei schlechtem Wetter im Alban Berg Konzertsaal Ossiach)

FazIl Say KlavierWerke von Beethoven und Say

Infos: www.carinthischersommer.at

Gemeinde Ossiach

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Kunst & Kultur

I n verkürzter Form geht die 9. Auflage des Literaturevents von 11. bis 13. Septem-ber 2020 über die Bühne. Zum ersten Mal

wird die Eröffnung der achensee.literatour an Bord eines Schiffes der Achensee-Flot-te gefeiert. Als Eröffnungsleser präsentiert der aktuelle Gewinner des Österreichischen Buchpreises, Norbert Gstrein, seinen Ro-man „Als ich jung war“, und die ehemalige Stipendiatin Anna Weidenholzer liest aus ihrem neuen Roman „Finde einem Schwan ein Boot“. Die Verleihung des heurigen achensee.literatour-Stipendiums an Robert Prosser komplettiert den Eröffnungsabend. Auch in den Hotels rund um den Achensee wird gelesen: Bernhard Aichner, Schirmherr

der Veranstaltung, rockt gemeinsam mit Mu-siker Florian Eisner das Entners am See und stellt seinen Thriller „Der Fund“ vor. Robert Prosser bittet im Posthotel Achenkirch zur Kaminlesung aus seinem prämierten Roman, und zur traditionellen Krimi-Wanderung auf dem Dien-Mut-Weg lädt diesmal die Tiroler Autorin Lena Avanzini.� n

www.achensee-literatour.at

Lesungen am See und auf dem Schiff bei der achensee.literatour

Buchpreisgewinner Norbert Gstrein

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Lesen, genießen und Literatur

erlebenVorfreude auf die 9. achensee.

literatour im September

D ie Ausstellung „DONAU – Menschen, Schätze & Kulturen“ lädt zu einer inspi-rierenden Reise flussaufwärts ein: vom

Schwarzen Meer durch die engen Felsschluchten des Eisernen Tors, vorbei an den Ebenen Un-garns durch die Wachau auf die Schallaburg! Vor Millionen Jahren begann sich die Do-nau ihren Weg zu bahnen. Wie kein anderer

Fluss steht die Donau für die Vielfalt des europäischen Kontinents mit wechselvoller Geschichte. Seit tausenden Jahren ist auch der Mensch an ihren Ufern präsent und nutzt sie für seine Zwecke. Schon in der Jungsteinzeit entstanden entlang des Stro-mes beeindruckende Kulturen. Den Römern diente er als Grenze ihres mächtigen Im-periums, den Habsburgern als Lebensader eines Reiches, das nicht umsonst den Namen „Donaumonarchie“ trägt.

Zahlreich sind die Geschichten und Erzäh-lungen, die eine Reise wie diese bereithält. Sei es das dramatische Ende der versunke-nen Insel Ada Kaleh oder die geheimnisvol-len Spuren der Vinca-Kultur am serbischen Donauufer; seien es die Kämpfe Prinz Eugens gegen die Osmanen oder das Schicksal der Donauschwaben. Dabei wird dem Geheimnis der ungarischen Fischsuppe, den Lesehöfen und den Wanderungen der Nibelungen in der Wachau ebenso nachgegangen wie dem Mythos der schönen blauen Donau.

In abwechslungsreichen Etappen werden Einblicke in die Geschichte des Donau-raums und Ausblicke auf seine vielfältigen Landschaften geboten. Menschen erzählen vom Leben am großen Strom, ungewöhn-liche Exponate zeichnen Bilder seiner Ver-

gangenheit, Gegenwart und Zukunft. So verschmelzen alle Eindrücke dieser Reise zu jenem bunten Mosaik, das den Donauraum bis heute prägt.� n

Römischer Flussgott Danuvius

Die Gusle, ein traditionelles Streichinstrument aus dem Balkanraum

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Vom Schwarzen Meer zur SchallaburgVon 1. Juni bis 8. November rauschen die Wellen der Donau durch die Schallaburg.

www.schallaburg.at

Zwischen Berg und TalKraftorte sind besondere Orte: spirituelle Stätten, Kulturdenkmäler und besondere Naturschauplätze. Sie erzählen Geschich-ten von Vergangenem und Neuem, von Vergänglichem und ewig Währendem. Fast alle Kraftorte lassen sich einfach zu Fuß er-reichen. Einige der Orte sind versteckt und unvermutet, andere dagegen sind offen-sichtlich. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie schaffen einen spürbaren Kontrast zum Alltag und bieten eine ideale Möglichkeit, sich zu besinnen, durchzuatmen und zur Ruhe zu kommen.

MittelalterflairHall in Tirol bildet einen sehenswerten Kon-trast zur umliegenden Bergwelt. Hall wurde im Mittelalter durch die Salzgewinnung zum

bedeutendsten Wirtschaftsplatz Nordtirols. Heute ist es eine pulsierende Kleinstadt voller Lebensfreude, in der man abwechslungsrei-che Einkaufsmöglichkeiten und Gastlichkeit erleben kann. Die größte Altstadt Westöster-reichs entdeckt man am besten bei einem gemütlichen Spaziergang.� n

Hall lockt mit seiner mittelalterlichen Altstadt.

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Kraftorte und Altstadtflair

In der Ferienregion Hall-Wattens verbinden sich Kultur und Kraftorte zu

unvergesslichem Feriengenuss.

www.hall-wattens.at Tourismusverband Region Hall-Wattens, Unterer Stadtplatz 19 A-6060 Hall in Tirol, Tel. +43 5223 455440

Sommerlicher UrlaubstippEntdecken Sie Natur und Kultur in der Region Hall-Wattens im Rahmen Ihres nächsten Kurzurlaubes schon ab 75 Euro unter www.hall-wattens.at/sommerpauschalen

E in riesiges Panoramabild der Alpen, vom Flugzeug aus gesehen, begrüßt die Besucher im MMM Firmian bei

Bozen. Es führt hinein in die Arbeitsweise und -sicht des japanischen Künstlers und Fotografen Hiroyuki Masuyama. Seine Reise auf den Spuren des englischen Malers Jo-seph Mallord William Turner (1775–1851) von England nach Italien durch die Alpen

zeigt der Japaner in der Sonderausstellung „Growing Mountains Masuyama“.

Andere PerspektivenDie Schau passt gut zum Herzstück von Mess-ner Mountain Museum, denn das Museum auf Schloss Sigmundskron bei Bozen thema-tisiert die Auseinandersetzung Mensch-Berg. Die Wege, Treppen, Türme führen die Besu-cher aus der Tiefe der Gebirge, wo Entstehung und Ausbeutung der Berge nachvollziehbar werden, über die religiöse Bedeutung der Gipfel bis zur Geschichte des Bergsteigens und zum alpinen Tourismus unserer Tage.

Gleich sechs Häuser widmet Reinhold Messner in seinem Museumsprojekt dem Sehnsuchts-ziel Berg, jedes mit einer anderen Perspektive. MMM Ripa auf Schloss Bruneck beleuchtet das Leben der Bergvölker, Schloss Juval zeigt unter dem Motto „Mythos Berg“ mehrere Kunst-sammlungen, MMM Ortles in Sulden erzählt von den Schrecken des Eises, MMM Dolomi-tes im Beluno behandelt das Thema Fels und die Erschließungsgeschichte der Dolomiten, und MMM Corones am Kronplatz führt in den Trad Adventure Alpinism ein.� n

www.messner-mountain-museum.it

Das MMM Corones, von Zaha Hadid entworfen, widmet sich der Königsdisziplin des Bergsteigens.

Hiroyuki Masuyama fotografierte auf Turners Spuren die Alpen.

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Von Mensch und Berg

Sechs Orte geben im Projekt Messner Mountain Museum den Besuchern die

Möglichkeit, ins Gebirge einzutauchen.

TippEinen Sonnenuntergang über dem Alpen-hauptkamm und den Dolomiten, Kulturgenuss im MMM Corones und kulinarische Highlights verbindet „Kronplatz by night“ am 17. Juli und 7. August. Liftöffnung ab 17.45 Uhr.

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Erlebnisreiches Österreich

D ie Vollbremsung war hart. Von hun-dert auf null in wenigen Sekunden. Der Stillstand hat bei mir für Beklom-menheit gesorgt. Und als es überall

in mir zu kribbeln begonnen hat, musste ich was tun“, sagt Eva Berger, Bankangestellte aus Wien. Die 36-Jährige musste wie viele ihrer Kollegen ins Homeoffice übersiedeln. Da sich gerade am Anfang der Krise beruf-lich wenig tat und man quasi kaum nach draußen durfte, suchte Eva Berger nach Al-ternativen. Ihr Fitnessstudio ums Eck war genauso geschlossen wie die Schwimmhalle, in der sie normalerweise einmal pro Woche kalorienraubende Runden dreht – mit drei Freundinnen. „Social Distancing“ und Shut-down brachte neue Sparringpartner über das Smartphone herbei. Sie fand für sich die „7-Minutes“-App, orderte eine Gym-nastikmatte, und schon ging es los. „Sieben Minuten dauert das gesamte Workout. Und man kann verschiedene Schwierigkeitsstufen wählen. Schon nach wenigen Tagen habe ich mich wohler gefühlt“, sagt Berger.

Die Wienerin ist nicht die einzige, die nun ihr Workout mit Fitness-Apps und Ga-mes bereichert. Diese digitalen Fitnesshel-fer erfreuen sich gerade besonders großer Nachfrage, um weiterhin fit und gesund zu bleiben. Mittlerweile ist es so, dass die meisten Apps zwei Modi anbieten: die Nor-malversion, bei der man alles selbst gestal-tet, und die Coachversion, mit der man von Training zu Training begleitet wird. Gerade bei intensiven und anstrengenden Workouts und vor allem auch für Personen, bei denen der Turn unterricht schon einige Jahre zu-rückliegt, sollte man die Betreuung hinzu-nehmen. Das Geschäft mit den Fitness-Apps ist enorm gewachsen. Und die Österrei-cher sind auch bereit, für gute Apps Geld auszugeben. Laut Experten wird der Markt auf mindestens zwei Millionen Euro pro Monat geschätzt.

Apps für draußenAdidas Runtastic: Die erfolgreiche und vom Oberösterreicher Florian Gschwandtner mitkreierte Lauf-App ist sicher die bekann-teste in Österreich. Da diese von adidas auf-gekauft wurde, kann man sie mit untenste-hender Trainings-App vereinen – damit hat

man nur eine App für zwei Anwendungen.Nike Run Club: Die Antwort von Nike auf Runtastic. Sie ist auf das Laufen spezialisiert, bietet die wichtigsten Laufinfos (Tempo und Strecke) und ist übersichtlich und schlicht gehalten. Abgerundet wird die App – als eine der wenigen – vollinhaltlich kostenlos ange-boten und beinhaltet verschiedene Tipps aus verschiedenen Kategorien: vom Workout bis hin zu gesunder Ernährung.

Zombies Run: Wer auf ein wenig Abwechs-lung steht und einen gewissen Kick beim „Davon“-Laufen braucht, ist mit dieser App sehr gut beraten. Die Einheiten werden sozu-sagen als interaktive Hörspiele gestaltet, bei denen man „Missionen“ erfüllen muss und – wie der Name schon verrät – vor Zombies flüchten. Adventure- und Motivationsfaktor pressen damit die hartnäckigsten Couchpo-tatos in die Sportkluft.

Freeletics: Die App ist für die Action so-wohl draußen als auch drinnen gedacht und lässt sich auch mit Hanteln/Gewich-ten kombinieren. Die Gebühren errech-nen sich nach Abrechnungszeitraum (drei, sechs oder zwölf Monate) und jeweiligem Trainingsmodus. Die Workouts sind in den Modi „einfaches Training“ (79,99 Euro pro Jahr) und „Training plus Nuitrition“ (119,99 Euro pro Jahr) zu buchen. Wer vom System nicht überzeugt ist, kann nach 14 Tagen sein Geld zurückverlangen.

Apps für drinnenRuntastic Results: Die App, die im Store un-ter „adidas Training“ zu finden ist, hält ei-nen maßgeschneiderten Trainingsplan über zwölf Wochen bereit. Mit simplen Übungen (etwa: Liegestütze, Kniebeugen, Sit-ups) wird die Kondition nach oben getrieben und die Kilos nach unten gebracht. Die Workouts dau-ern 15 bis 45 Minuten – je nach Laune und Leidensbereitschaft. Eigene HD-Videos zeigen vor, wie die Übungen gehen. Und obendrein werden User über eine Gesundheits- und Er-nährungsberatung begleitet, um schneller ans Ziel zu kommen. Gibt es kostenlos und in der Premium-Version (bei 12-Monatsbindung kostet sie 59,99 Euro pro Jahr).

Nike Training Club: Diese App konzen-triert sich auf Workouts und Fitnesspläne. Training Club lockt vor allem mit Motivati-

on. Über bereits errungene Leistungen soll man zu weiteren Höchstleistungen animiert werden. Die Gratis-App ist einfach und über-sichtlich gestaltet.

7-Minutes: Das Konzept dieser App lau-tet: mit kleinen Schritten Großes bewegen. Der Aufwand beträgt sieben Minuten pro Work out. So eine Einheit ist also jederzeit im Tagesplan integrierbar. Die Schwierig-keitsgrade lassen sich anpassen, und über „Custom Workout“ kann man sich seine Lieblingsübungen selbst maßschneidern.

Fitness-Games auf RekordkursNicht nur Apps erfreuen sich gesteigerter Beliebtheit. Stark im Kommen sind auch Games über Spielkonsolen wie Xbox, PS4 oder Nintendo. Letztere hat für ihr Produkt „Switch“ ein Spiel auf den Markt gebracht, das sich „Ring Fit Adventure“ nennt. Bei diesem Spiel für die gesamte Familie treibt man die „Avatare“ am Bildschirm durch ei-gene Aktivitäten an (Springen, Laufen und andere Fitnessbewegungen). Die jeweiligen Fitnessgrade sind einstellbar. Das Spiel hat zur richtigen Zeit derart eingeschlagen, dass es restlos ausverkauft war. Auf eBay wechsel-ten Restposten davon zeitweise für bis zu 200 Euro die Besitzer – normalerweise kostet das Spiel (inklusive Ring und Beingurt), je nach Anbieter, 79 Euro bis 89 Euro. Mittlerweile ist das Sportspiel wieder bestellbar.

Ebenfalls regen Zulauf erfahren FitnessexpertenPamela Reif etwa ist Deutschlands markt-stärkste Influencerin im Fitnessbereich. Das Model hat 5,6 Millionen Instagram-Follower und 3,3 Millionen YouTube-Abonnenten – so viel wie noch nie zuvor. Die Krise hat der Turn-Lady einen neuen Schub verschafft. Ein großer Vorteil liegt sicher auch darin, dass ihre schweißtreibenden Videos kostenlos über YouTube zu sehen sind.

Viele Sportvereine und Fitnesscenter ha-ben auch durch die Krise gelernt. Sie haben ihr stationäres Angebot teilweise mit digita-len Inhalten bereichert. So sorgte etwa Mc-Fit mit YouTube-Videos bis zum Wiederer-öffnen ihrer Studios dafür, dass die Kunden während der Krise fit und nach der Krise loyal bleiben.� n

Gruppendynamik auf Abstand: Trainings-Clubs funktionieren auch auf Distanz. Workout und Outwork

Als die Fitnesscenter und Sportvereine per Corona-Lockdown in die Zwangspause mussten, brauchten die Österreicher eine Alternative. Sie fanden in Fitness-Games und Fitness-Apps geeignete

Sparringpartner – und zwar nicht nur jene, die schon vor der Krise Sport betrieben.

von David Hell

Promotion-Magazin

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Erlebnisreiches Österreich

Die Großglockner Hochalpenstraße: Lässt dich Berge staunen …Großglockner Hochalpenstraße. Ins Staunen kommt man, wenn man Unerwartetes erlebt. Und genau diese Absicht verfolgte Franz Wallack mit dem Bau der Großglockner Hochalpenstraße: Hinter jeder Kurve ein neuer Ausblick. Bei jeder Steigung eine Steigerung des Glücksgefühls. Jeder Meter Straße ein sanftes Sich-Anschmiegen an den Berg. Und rundherum blühende Almwie-sen, tosende Wasserfälle und schwindelerregende Dreitausender. Bis hin zum Größten von allen mit seinen 3798 Höhenmetern: dem Großglockner. Franz Wallack würde wohl staunen, wüsste er, wie gut sein Plan gelungen ist. Wenn er wüsste, dass „seine“ Großglockner Hoch-alpenstraße einmal zu den drei meistbesuchten Ausflugszielen Österreichs gehören würde …www.grossglockner.at

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Wir haben wieder für Sie geöffnet!Bitte nutzen Sie die Möglichkeit, Ihre Eintrittskarten online zu reservieren.Mittersill. Tauchen Sie ein in die Erlebniswelt des Nationalparks Hohe Tauern, mit den höchsten Gipfeln Österreichs, seinen gigan-tischen Gletscherregionen und seiner Tier- und Pflanzenwelt. Unser 360-Grad-Pano-rama-Kino führt Sie durch alle Jahreszeiten und Naturschauspiele des Nationalparks. www.nationalparkzentrum.at

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Erlebnisreiches ÖsterreichViel Platz für Abenteurer, Entdecker und Genussfreunde bieten die unzähligen Freizeitmöglichkeiten in Österreich. Besonders die

Berge locken mit einzigartigen Ausblicken, alpiner Flora und Fauna und den Möglichkeiten zum Biken, Wandern, Klettern und Gipfelstürmen. Selbst Regentage bremsen die Erlebnisfreude nicht – spannende Museen, Dörfer und Städte garantieren unterhaltsame Stunden.

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Heinrich beginnen die Augen von Boliden-Be-geisterten und Nostalgikern gleichermaßen zu glänzen. Der Oldtimer, der zu den ersten Sportwagen in der beginnenden Ära des Au-tomobils vor über 100 Jahren zählte, ist ei-nes der vielen Highlights in den Ferdinand Porsche Erlebniswelten „fahr(T)raum“. Noch schöner: Die Besucher der etwas anderen Old-timer-Sammlung und Abenteuerstätte im salzburgischen Mattsee kommen quasi „auf Tuchfühlung“ mit der automobilen Technik-welt und dem Konstrukteur Ferdinand Por-sche. Und mit der Technologie von heute tauchen die Besucher ein in eine Zeit, in der das Automobil Geschichte schrieb.

Automobile Visionen„Am Anfang schaute ich mich um, konnte aber den Wagen, von dem ich träumte, nicht finden. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen“, erzählte Ferdinand Porsche über sei-ne Motivation, neue Modelle für den gerade beginnenden Siegeszug des Automobils am Anfang des 20. Jahrhunderts zu konstruie-

ren. Der „Urvater“ von Porsche und VW entwickelte in der Jahrhundertwende seine ersten Autos mit Lohner in Wien – übrigens konstruierte der gebürtige Böhmer schon damals Elektro- und Hybridmotoren. 1905 ging Porsche zum Austro-Daimler-Werk, wo unter seiner Leitung die ersten Sportwagen überhaupt entstanden, die übrigens bei 52 Rennen 51 Mal gewannen. Nach einigen Zwischenstopps in weiteren Automobilun-ternehmen gründete Porsche schließlich seine eigene Entwicklungsfirma in Stuttgart.

Am GaspedalDie historischen Rennwagen Porsches bil-den das Herzstück der fahr(T)raum-Erleb-niswelten. Nicht nur die Vorgänger unserer heutigen PKW laden zum Staunen, span-nend werden die automobilen Geschich-ten durch zahlreiche interaktive Möglich-keit und die Gelegenheiten, die Exponate anzufassen und „probezusitzen“. Rasante Fahrten mit realistischem Geschwindig-keitsgefühl erleben die Besucher in den Old-timer- und Rennwagen-Simulatoren: Wäh-rend der „Fahrt“ können Fliehkräfte von bis zu drei g auf sie einwirken. Rennfieber pur entsteht, wenn die Gäste gegeneinander antreten oder sich mit brandgefährlichen virtuellen Gegnern messen. „Man glaubt tatsächlich, man ist mit 240 km/h unter-wegs“, fasst ein Besucher den Geschwin-digkeitsrausch in Worte. Die Begeisterung des jungen Ferdinand Porsche über seine Rennsiege können die Besucher auch an der größten Carrera-Rennbahn des Landes nachvollziehen. Bis zu sechs Personen figh-ten auf der vierspurigen Streckenführung über Handregelung um den Sieg.

Traktoren und ÜberfliegerDoch die Ferdinand Porsche Erlebniswelten zeigen auch weniger bekannte Seiten des berühmten Namensgebers. So trifft man im „Traktorstadl“ auf Modelle, mit denen der Automobilkonstrukteur und Visionär Porsche die Landwirtschaft im wahrsten Sinne des Wortes in Fahrt bringen wollte: etwa mit dem „Volksschlepper“, von dem 1938 die ersten Prototypen gebaut wurden, oder dem ersten Dieselschlepper „System Porsche“ aus dem Jahr 1950, der mit techni-schen Neuheiten wie Luftkühlung, Leicht-bauweise und ölhydraulische Kupplung die ganze Landwirtschaft begeisterte. Auch vor der Luftfahrt machte Porsche nicht Halt. In den Jahren vor und während des ersten Weltkrieges konstruierte und baute er Mo-toren für Luftschiffe und Flugzeuge, unter anderem die in Mattsee ausgestellte Hansa Brandenburg C1. � n

Im langsamen GeschwindigkeitsrauschEin Konstrukteur-Genie und Oldtimer, die aus der Reihe tanzen: Die Ferdinand

Porsche Erlebniswelten „fahr(T)raum“ im salzburgischen Mattsee laden zu (nostalgischen) Rennfahrten und Technikabenteuern.

von Gloria Staud

Ferdinand Porsche (li) legte mit seinen automobilen Konstruktionen den Grundstein für das Autoimperium.

Der Austro-Daimler Prinz Heinrich gehörte zu den ersten Sportwagen. In den Rennsimulatoren erleben die Besucher einzigartiges Fahrgefühl – ob im Oldtimer oder in den heutigen Rennautos mit gut 240 km/h.

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Tourismusland Österreich

W eißt du noch in diesem Urlaub ... dieser Seufzer wird die Erinne-rung an die freien Tage des Jahres 2020 später sicherlich begleiten.

Denn eines steht fest: Der Sommerurlaub wird sich von allen anderen unterscheiden. Ferien daheim stehen durch Covid-19 wie-der hoch im Kurs. Denn die Lust am Reisen lassen sich die Österreicher auch von einem Virus nicht nehmen – im Gegenteil, jetzt will man erst recht etwas erleben. Und auch die Tourismusbranche im Land steht in den Startlöchern. Besonders die heimischen Gäs-te wollen die österreichischen Gastronomen, Hoteliers, Vermieter und Veranstalter für das eigene Land begeistern. Schon in „norma-len“ Jahren verbuchen die Einheimischen rund ein Drittel aller Nächtigungen, dieses Jahr hoffen alle noch stärker auf die Solida-rität und Begeisterung der Einheimischen.

Gute Gründe für ÖsterreichDie Stimmung ist optimistisch, die Touris-tiker wollen den Gästen wieder beweisen, dass Österreich immer eine Reise wert ist. Ein zusätzliches Budget von 40 Millionen Euro,

um für Österreich zu werben, unterstreicht die Relevanz, die dem Tourismus zuerkannt wird. Allen vorweg setzt die Österreich Werbung mit einer großangelegten Kam-pagne das Segel für Sommerurlaub daheim. Die Kampagne „Auf dich wartet ein guter Sommer. Entdecke dein eigenes Land“ lockt zur Inlandsreise. „Es gibt so viele Gründe, den Sommerurlaub 2020 in Österreich zu verbringen. Mit der größten Kommunika-tionsoffensive, die wir je umgesetzt haben, möchten wir den Österreicherinnen und Österreichern Lust auf Urlaub im eigenen Land machen“, unterstreicht Petra Stolba, Geschäftsführerin der Österreich Werbung. Natur und Wasser, Wandern und Alpen, Stadt und Kultur sind die wesentlichen USPs, mit denen Österreich als Urlaubsland die Nase vorn hat und die durch die Kampagne herausgestrichen werden.

Städte und die neun Bundesländer tragen die Kampagne mit. Darüber hinaus setzen die Marketing-Organisationen der einzelnen Bundesländer ihre Region mit eigenen Kam-pagnen in Szene, etwa die Tiroler mit dem Motto „Es geht bergauf“ oder Salzburg, das

mit dem „ersten Mal“ wirbt. Stets im Fokus: die Schönheit des Landes, die unzähligen Möglichkeiten, die ein Urlaub in Österreich bietet, Authentizität, Regionalität und die bekannte österreichische Gastfreundschaft.

Sicher im Inland urlaubenNicht umhin kommen die Touristiker, das Thema Covid-19 und die damit einherge-henden Bestimmungen mit zu thematisie-ren. Neben genauen Informationen und in-tensiven Kontakten zu den Gästen nehmen die Werber das Thema Distancing teils sogar in ihre Slogans auf. Die ÖW unterstützt die Tourismusverantwortlichen zudem mit ei-nem Service- und Informationskonzept. „Wir sind über unser ÖW-Netzwerk im Dialog mit Gästen aus 30 Ländern weltweit und sehen es natürlich auch als unsere Aufgabe, diese Fragestellungen im Vorfeld des Urlaubs zu beantworten. Mit den beschlossenen Schutz-maßnahmen und dem Engagement der Be-triebe haben unsere Gäste die Sicherheit, einen Urlaub bei verantwortungsbewussten Gastgebern zu verbringen“, verspricht Stolba sorglose Urlaubstage in Österreich. � n

Österreich hat so viel zu bieten: Natur und Wasser, Wandern und Alpen, Stadt und Kultur locken zum Urlaub im Inland.

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Ein Sommer wie nie zuvorDie Urlaubstage im Jahr 2020 werden anders, daran gibt es nichts zu rütteln. Die gute Nachricht

für Österreich: In unserem Land gibt es so viel zu entdecken, dass man gar nicht weit wegzufahren braucht. Die Tourismusverantwortlichen machen mit spannenden Konzepten Lust auf Ferien daheim.

von Gloria Staud

Tiroler AufbruchstimmungOptimistisch startet Tirol in die Sommersaison. Der Claim „Es geht bergauf“ steht sinnbildlich für die zahlreichen

Bemühungen, den Gästen trotz Corona-Beschränkungen den schönsten Tirol-Sommer zu gestalten.

von Gloria Staud

D rei Wanderer auf dem Weg Richtung Gipfel, im Hintergrund all die Attri-bute, die man mit Tirol assoziiert: ein klarer Gebirgsbach, dessen Rauschen

man zu hören vermeint, darüber regenbo-genschillernde Tropfen, Alpenblumen, Fels und gebirgiges Terrain. Dazu der Slogan „Es geht bergauf“. Die neue Kampagne der Tirol Werbung setzt nach den schwierigen Mo-naten der Corona-Krise, die das westliche Bundesland besonders betroffen hat, klare Zeichen: Tirol sieht der Zukunft optimistisch entgegen und besticht als Urlaubsland mit Bergnatur, viel Freiraum und einer positiven Aufbruchstimmung.

Signal für Gäste und Branche„Wir wollen mit unserer Kampagne ,Es geht bergauf‘ nach dieser schweren Zeit Aufbruch-stimmung und Zuversicht vermitteln. Die Botschaft richtet sich sowohl an die Gäste als auch die Branche. Im Mittelpunkt der Kommunikation stehen zwei zentrale Stär-ken Tirols: die Berge und die Natur. Schon bisher dominierten diese Themen die Ur-laubsmotive der Tiroler Sommergäste. Die aktuelle Situation verstärkt diesen Trend wei-ter. Darüber hinaus bieten diese Motive ide-ale Anknüpfungspunkte für Angebote und Aktivitäten wie Wandern oder Radfahren, die in der Gunst unserer Gäste ganz oben

stehen“, unterstreicht Florian Phleps, der Geschäftsführer der Tirol Werbung, die das Tourismusmarketing Tirols inklusive des Zu-sammenspiels der touristischen Akteure im Land koordiniert und relevante touristische Themen entwickelt. Die Bergauf-Kampagne wird in mehreren Wellen ausgespielt: Der erste Teil im Mai hat auf den Heimmarkt fokussiert. Mit 1. Juni hat die zweite Phase begonnen, die neben dem österreichischen auch den deutschen Markt anspricht.

Optimistische BetriebeFür die aktuelle Werbeoffensive planen die Tirol-Werber ein Volumen von

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Ganz oben ist der Blick am schönsten. Die Tirol Werbung will mit dem Claim „Es geht bergauf“ die positive Stimmung bei den Gastgebern vermitteln.

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Das Interview führte Gloria Staud

STARKES LAND: Herr Siller, das MCI wird mit Experten bis Herbst an einer Weiterentwicklung des Tiroler Tourismus arbeiten. Was kann man sich darunter konkret vorstellen?HUBERT SILLER: Den so genannten Tiroler Weg, die Tourismusstrategie für das Land, gibt es schon lange, das ist keine Neuerfindung in der Corona-Zeit. Es geht nicht unbedingt um eine Neuausrichtung, sondern vielmehr um die Weiterentwick-lung des Tiroler Tourismus. Alle fünf Jahre wird der Tiroler Weg aktualisiert. Es ist ein klassischer Prozess, bei dem nach der Evaluierung intensive Dialoge bzw. Erhebungen mit touristischen Kernleis-tungsträgern – etwa Tourismusorgani-sationen, Beherbergungsunternehmen, Seilbahnen oder alpinen Vereinen – geführt werden. Ich halte es für wichtig, dass auch kritische Stimmen gehört werden. Wir bezeichnen diese Vertreter gerne als „critical friends“, die sich mit der touristischen Weiterentwicklung ebenfalls sehr beschäftigen, jedoch eine andere Sicht einbringen. Im Kernteam „Tiroler Weg“ sind neben dem MCI und der Tirol Werbung auch ausgewiesene Experten aus Wissenschaft und Praxis vertreten.

Was sind die wichtigsten Aufgaben jetzt?Man muss die Zukunftsfähigkeit des Tourismus offen diskutieren. Die Stärke Tirols liegt unter anderem darin, dass das Land Lebensraum und Erholungsraum gleichzeitig ist, das bedeutet: Der Gast nimmt unmittelbar am Tiroler Lebensraum teil. Dann gibt es Themen, um die es sich zu kämpfen lohnt. Beispielsweise ist die Betriebsstruktur in Tirol stark familiengeprägt, und es besteht eine enge Beziehung zwischen Gast und Gastgeber. Dies zu erhalten ist keine Selbstverständ-lichkeit. Themen wie Regionalität oder

das Zusammenwirken von Tourismus und Landwirtschaft sind weitere An-satzpunkte. Der Auftrag für Tirol lautet letztlich, die Kompetenzführerschaft im alpinen Tourismus weiterzuentwickeln.

Welche Schlussfolgerungen zieht man aus den letzten Wochen? Wichtig ist zu vermitteln, dass der Tiroler Tourismus, speziell der Wintertourismus, nicht der Partytourismus ist, wie es immer wieder dargestellt wird. Der überwie-gende Teil der rund sechs Millionen Wintergäste kommt zum Skifahren und Winterwandern nach Tirol und sucht nicht nach exzessiven Après-Ski-Erleb-nissen. Natürlich gibt es eine kritische Diskussion über einzelne Hotspots des Partytourismus, die hat es aber auch schon vor der Covid-19-Krise gegeben. Ischgl ist momentan in der Wahrnehmung ein reiner „Partyplace“, dabei bietet der Ort höchste Qualität am Berg, in der Hotellerie und im Bereich der Kulinarik.

Was sucht der Gast in Tirol?Tirol überzeugt durch ausgeprägte Gastge-berqualität sowie alpine Kompetenz und zählt weltweit zu den touristischen Kom-

petenzführern. Tirol zeichnet sich nicht nur durch die alpine Naturlandschaft, son-dern auch durch die Erlebnisse, die in den Bergen möglich sind, aus. Letztlich geht es um das Thema Bewegung in naturnahen Landschaften. Wintersport, Wandern, aber auch Biken im Sommer werden gerade bei den 30- bis 55-Jährigen immer beliebter. Mit diesen Angeboten ist Tirol auf einem guten Weg, diese touristisch hochinteres-sante Zielgruppe richtig anzusprechen.

Denken Sie, dass das Thema Sicherheit vor Ansteckungen heuer massiv im Vordergrund stehen wird? Der Gast will sicherlich darauf vertrauen, dass die Gastgeber alle vorgegebenen Sicherheitsstandards und Hygiene-vorschriften bestmöglich einhalten. Selbstverständlich wird das Thema „Abstand“ vielfach im Vordergrund stehen. Aber gleichzeitig möchten die Gäste keinen Urlaub auf gefühlten „Isolierstationen“ verbringen.

Welche interessanten Ideen entstanden in den letzten Wochen in Tirol für den Tourismus?Natürlich stand bei vielen Betrieben und Institutionen in den letzten Monaten das Krisenmanagement im Vordergrund. Gleichzeitig hinterfragen aber auch viele Betriebe ihre Angebotspakete und Leistungen, etwa ob es wirklich immer die Nachmittagsjause in Hotels braucht.Besonders festzuhalten ist, dass sich Tirol durch eine ganz hohe Beziehungsqualität auszeichnet. Das hat sich gerade in den letzten Wochen wieder gezeigt. Die enge Verbindung von Gast und Gastgeber wurde stets aufrechterhalten. Die Be-triebe haben sich vielfach sofort über verschiedene Kanäle mit ihren Gästen in Verbindung gesetzt und die Sehnsucht nach dem Tirol-Urlaub am Leben erhalten.

Wie denken Sie wird sich der Sommer in Tirol dieses Jahr entwickeln?Die Saison startet heuer deutlich später und wird wohl erst im Juli an Fahrt aufnehmen. Es wird sicher kein gewöhnlicher Sommer werden. In der Gesamtstatistik rechnen wir mit knapp der Hälfte des normalen Gästeaufkommens. Prognosen sind heuer aufgrund der Covid-19-Problematik besonders schwierig, weshalb sehr stark in Szenarien gedacht wird. Wir sollten uns aber nicht zu sehr von „Worst-Case- Szenarien“ leiten lassen.� n

Tirols alpine Kompetenzführerschaft

weiterentwickelnMit einer Expertenrunde arbeitet Tirol bis Herbst an einer Weiterentwicklung des

Tourismus – ein Prozess, der alle fünf Jahre gestartet wird. Hubert Siller, Leiter des Departments für Tourismus- und Freizeitwirtschaft am Management Center

Innsbruck (MCI) steht der Gruppe für den „Tiroler Weg“ vor.

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Hubert Siller, Leiter des Departments für Tourismus- und Freizeitwirtschaft am MCI leitet die Expertengruppe für den „Tiroler Weg“.

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1,5 Millionen Euro ein, insgesamt stehen zur Bewerbung des diesjährigen Sommers vier Millionen Euro zur Verfügung. Hinzu kom-men noch die Mittel der Tourismusverbän-de und Betriebe, die sich an der Kampagne beteiligen. „Da die Kampagne sehr stark mit visuellen Botschaften arbeitet, spielen wir sie online, via TV und Print aus“, so der oberste Tirol- Werber Phleps. Besonders unterstreicht Phleps die positive Grundstimmung im Tou-rismus, die mit der Kampagne ausgedrückt wird: „Die Aufgabe der Tirol Werbung ist die Kommunikation. In unseren Maßnahmen spielen Werte wie Optimismus eine zentrale Rolle. So ist auch die Kernbotschaft unserer aktuellen Kampagne ,Es geht bergauf‘ be-wusst gewählt, um Zuversicht zu vermitteln. Auf Seiten der Betriebe sehen wir ähnliche Aktivitäten. Viele bleiben mit ihren Gäs-ten verbunden und schicken motivierende Nachrichten mit optimistischen Botschaften – egal, ob via Newsletter oder Social Media.“

Sehnsüchtige Gäste „Best Cases“ für diesen intensiven Kon-takt mit den Gästen gibt es in Tirol viele. Etwa die Region Serfaus-Fiss-Ladis. Der Ge-schäftsführer der Familiendestination, Josef Schirgi fasst die aktuelle Stimmung wohl für alle treffend zusammen: „Die derzeitige Lage ist einmalig, denn sowohl beim Ange-

bot als auch bei der Nachfrage gibt es viele Fragezeichen.“ Der Touristiker weiß, wovon er spricht, schon seit 20 Jahren lenkt er die touristischen Geschicke der Region mit, die sich klar als Familiendestination positio-niert. Begeistert berichtet er von der Loyalität der Urlauber. „Die Gäste warten sehnsüchtig darauf loszufahren, der Drang nach draußen ist unbedingt da“, weiß er von Anfragen der treuen Tirol-Fangemeinde, die sich nach den Bergen, dem Wandern, Radeln und anderen Outdoor-Alpin-Erlebnissen sehnen.

Naturerlebnis gefragtDie Gastgeber in Serfaus-Fiss-Ladis bleiben nicht erst seit der Corona-Krise am Gast dran: Stammgäste-Nachrichten, die Kinder-Homepage und andere digitale und postale Kontakte informieren die Besucher, die vor-wiegend aus Deutschland, der Schweiz und Benelux kommen, das ganze Jahr über die

schönsten Ferienmomente in der Region. Mit einem Stammkundenanteil von 50 bis 70 Prozent kann die Familiendestination auch dieses Jahr auf die Gäste hoffen – sofern sie ins Land kommen dürfen. Sicher ist für Schirgi, dass alle hinaus in die Natur wollen: „Die Leute sind jetzt lange genug eingesperrt gewesen. Jetzt will man sich bewegen, aktiv die Natur erleben.“ Für das Thema Sicherheit sorgt in der Region eine eigene Task Force, die mit Ärzten aus der Region eng mit den Betrieben zusammenarbeitet, permanente Testungen durchführt und Hotel und Gast-ronomie über etwaige Änderungen informie-ren. Zugute kommt Serfaus-Fiss-Ladis, dass 40 Prozent der Angebote Ferienwohnungen sind. „Hier sind die Gäste unter sich, brau-chen keine Masken – das bedeutet, sie kön-nen relativ normal Urlaub machen“, freut sich Schirgi. Ebenfalls bezahlt machen sich, so der TVB-Geschäftsführer, die intensiven Investitionen der letzten 15 bis 20 Jahre in die Qualität der Angebote und die klare Spe-zialisierung auf Eltern und ihre Kinder.

Task Force und Coaching Die letzten Wochen nützte die Region, um die Betriebe und die Mitarbeiter auf den Re-Start gut vorzubereiten. Verschiedene Ar-beitsgruppen im Tourismusverband vermit-teln den Unternehmen und dem Personal die neuen Vorschriften und Empfehlungen, beispielsweise Hygiene betreffend oder be-triebliche Vorschriften. Vermietercoaches stehen den Touristikern mit Rat und Tat zur Seite. „Für die Öffnung am 7. Juni sind wir sehr optimistisch. Handel, Betriebe, Bergbah-nen und die Vermieter arbeiten eng zusam-men, um gut in die Saison zu starten“, un-terstreicht Schirgi. Als wichtiges Tool erweist sich die Stornogarantie für den heurigen Sommerurlaub in Serfaus-Fiss-Ladis, erzählt er weiter. Buchen die Gäste über den Link auf der Homepage des TVB, können sie bis 14 Tage vor Urlaubsbeginn kostenlos stornie-ren. Viele Betriebe bieten sogar noch kürzere Fristen an. „Seit diese Möglichkeit besteht, steigen die Buchungen wieder wesentlich an“, schildert Schirgi. Grundsätzlich denkt der Tourismusexperte, dass das Reisen dieses Jahr um einiges anstrengender wird. „Hier ist die persönliche Beratung ganz wichtig. Ur-laub muss trotz Covid-19 wieder Urlaub sein. Da sind die Wirte und Vermieter gefordert“, mahnt er auf die Tiroler Gastgeberkultur ein.

Mit Sicherheit in den SommerurlaubAuch Tirol-Werber Florian Phleps betont: „Es ist wichtig, klar darzulegen, dass unse-re Gastgeber alles tun, um die Gesundheit der Gäste und Mitarbeiter bestmöglich zu gewährleisten. Dazu zählt insbesondere, die Leitlinien einzuhalten, die das Gesundheits-ministerium ausgearbeitet hat. Ein weiterer

wichtiger Aspekt, um Sicherheit zu vermit-teln, sind flexible Stornoregeln.“ Viele TVBs setzen inzwischen auf diese Sommer 2020 bedingten Lösungen, sodass die Gäste un-bedenklich buchen können.

Massive Unterstützung erhalten die Tou-ristiker vom Land Tirol – sowohl konzeptio-

nell mit der Tourismusstrategie „Der Tiroler Weg“ (siehe Interview Hubert Siller) als auch monetär. Schließlich stehen 17,5 Prozent der direkten Bruttowertschöpfung im Land in Zusammenhang mit dem Tourismus, und nahezu jede vierte Vollzeitstelle in Tirol wurde 2019 von der Tourismus- und Frei-zeitwirtschaft generiert. Mitte Mai stellte die Landesregierung ein 15,3 Millionen starkes Unterstützungspaket für den heimischen Tourismus bereit.

Die Nachfrage steigt wiederDie Bemühungen der Tiroler tragen in-zwischen auch Früchte. Die „Es geht berg-auf“-Kampagne zeigt nicht nur bei den heimischen Touristikern gute Resonanzen. „Von den Tourismusverbänden und Betrie-ben haben wir viel positives Feedback zur Kampagne bekommen. Gerade vonseiten der Verbände beteiligen sich viele daran – ebenso wie Leitbetriebe im Land. Was die Reaktionen der Gäste betrifft, haben wir in den letzten beiden Maiwochen eine wach-sende Nachfrage festgestellt. Die Buchun-gen steigen wieder“, freut sich Tirol-Wer-bung-Geschäftsführer Phleps. Der Sommer und die Gäste können also kommen – Tirol ist bereit.� n

Im Mittelpunkt der Kommunikation stehen zentrale Stärken Tirols: Berge und Natur.

Florian Phleps, Geschäftsführer Tirol Werbung

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Die Gäste warten sehnsüchtig darauf loszufahren, der Drang nach draußen ist da.

Josef Schirgi, GF Serfaus-Fiss-Ladis

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Tirols Tourismus in Zahlen� Ankünfte: 12,4 Millionen� Übernachtungen: 49,9 Millionen� Anteil inländische Übernachtungen: 8,3 Prozent� Anteil ausländische Übernachtungen: 91,7 Prozent Wichtigste Märkte: 1. Deutschland: 52,4 Prozent 2. Niederlande: 10,3 Prozent

Quelle: Statistik Austria, Kalenderjahr 2019

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KolumnentitelTourismusland Österreich

F ür Leo Bauernberger, Geschäftsführer von SalzburgerLand Tourismus, ist gerade die Durchführung der Salzbur-ger Festspiele ein „wunderbares und

gerade im Jahr des 100-jährigen Jubiläums umso stärkeres Zeichen, dass wir positiven Mutes in die Zukunft gehen“. Und auch ein erster Schritt auf dem Weg zurück zu einer gewissen Normalität. Leo Bauernberger: „Die Folgen der Krise werden wir in den großen Fernmärkten wie Asien oder den Vereinigten Staaten sicher noch länger spüren. Hier ist insbesondere der Städtetourismus in stärke-rem Ausmaß betroffen. Das Wichtigste ist in jedem Fall, dass für unsere Gäste in Eu-ropa – und hier ist Deutschland mit einem Nächtigungsanteil von rund 40 Prozent der mit Abstand wichtigste Markt – ein Besuch

im SalzburgerLand in diesem Sommer wieder möglich sein wird. Die zentrale Lage und die Offenheit nach allen Seiten hin haben uns im SalzburgerLand immer ausgemacht. Des-halb bin ich sehr froh, wenn ab Mitte Juni die Reisefreiheit zwischen Deutschland und Österreich und in weiterer Folge hoffentlich auch in ganz Europa schrittweise wieder auf-genommen wird.“

Nachhaltiger Tourismus Doch die Hochkultur ist natürlich nicht das einzige Thema, auf das SalzburgerLand Tourismus in diesen Zeiten setzt. Leo Bauern-berger: „Das bei unseren Gästen so beliebte Wandern im Salzburger Almsommer, das Rad-fahren oder auch das Baden an weitläufigen Seeufern – das alles kann man perfekt mit dem gebotenen Abstand untereinander ma-chen. Die Natur gibt uns den nötigen Raum und die Freiheit, die wir jetzt brauchen.“

Die neue Kampagne des Salzburger Landes heißt deshalb auch: „Das erste Mal wieder an Urlaub denken ...“ Die Zielgruppe ist für den Chef von SalzburgerLand Tourismus klar: „Wir sprechen jeden an, der sich mit unserer alpinen Landschaft, unseren natur-nahen Urlaubsangeboten und unseren Wer-ten wie Nachhaltigkeit, Regionalität oder einem sorgsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen und einem breit gefächerten Kul-turangebot identifizieren kann. Gleichzeitig wissen wir natürlich auch, wo wir beson-dere Stärken haben: Das SalzburgerLand ist

im Vergleich mit anderen österreichischen Bundesländern überdurchschnittlich beliebt bei Familien mit Kindern. Das freut uns be-sonders, denn damit können wir gleich auch die junge Generation von uns begeistern. Im SalzburgerLand haben wir bereits vor vie-len Jahren begonnen, auf einen nachhalti-gen Tourismus im Einklang mit der Natur und unserer hochwertigen Landwirtschaft

zu setzen. Der Salzburger Almsommer, der Bauernherbst, die alpine Küche oder das Bio-Paradies SalzburgerLand – das alles müssen wir nicht neu erfinden.“

Neue Werte Man spricht im Tourismus bereits von einem Umdenken: weg von der Masse, hin zu ei-ner neuen Qualität. Für Leo Bauernberger

wird das auch den Tourismus beeinflussen: „Ich bin überzeugt davon, dass diese Krise tiefgreifende Veränderungen in unserem Wertesystem und dadurch natürlich auch Auswirkungen auf das Reiseverhalten zur Folge hat. Die wiedergewonnene Freiheit, das Miteinander – ob mit Familie oder Freunden – wird eine noch wichtigere Rol-le spielen. Auch Werte wie Nachhaltigkeit

oder der Umgang mit unserer Natur rücken zusehends in den Vordergrund. Ich könnte mir außerdem vorstellen, dass wieder mehr wirkliche Erholung im Urlaub gefragt sein wird. Der Trend hin zu intensiven Kurzreisen und Wochenend-Trips könnte sich also in den nächsten Jahren abschwächen, erholsa-me längere und sinnstiftende Urlaubsreisen wieder mehr gefragt sein als zuletzt.“� n

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Nachhaltiger Tourismus ist in Salzburg nicht erst seit Corona wesentlicher

Teil der Tourismusstrategie.

„Sinnstiftende Urlaubsreisen sind

wieder gefragt“„Tiefgreifende Veränderungen im Wertesystem“ erwartet sich der Geschäftsführer

von SalzburgerLand Tourismus, Leo Bauernberger. Aber das Tourismusland Salzburg sei mit seinem Mix aus Kultur, Genuss, Natur und Nachhaltigkeit gut

darauf vorbereitet, meint er im Gespräch.

von Christian Eder

Salzburgs Tourismus in ZahlenTourismusjahr 2018/19� Ankünfte: 8,2 Millionen� Nächtigungen: 30 Millionen� Anteil inländische Übernachtungen: 22,1 Prozent� Anteil ausländische Übernachtungen: 77,9 Prozent Wichtigste Märkte: 1. Deutschland: 39 Prozent 3. Niederlande: 8,7 Prozent

Quelle: Statistik Austria, Kalenderjahr 2019

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Tourismusland Österreich

Das Interview führte Christian Eder

STARKES LAND: Herr Brugger, wie wichtig ist für Salzburg, dass die Salzburger Festspiele 2020 nun doch stattfinden – wenn auch in einer abgespeckten Version? HERBERT BRUGGER: Das ist sehr wichtig: Für Salzburg sind die Festspiele, speziell zu ihrem einhundertjährigen Jubiläum eine Leuchtturmveran-staltung. Wir sind sehr stolz, dass es den Organisatoren durch Geduld und Hartnäckigkeit gelungen ist, die Veranstaltung doch möglich zu machen. Die Salzburger Festspiele 2020 sind eines der wenigen Kulturfestivals, die im Sommer stattfinden werden.

Werden die Reisebeschränkungen im August das Reisen und damit den Besuch der Festspiele erlauben? Der Großteil der Nachbarländer wird offen sein und ich glaube, sollte sich die Situation nicht verschlechtern, wird ein Gutteil von Europa wieder reisen können – mit Einschränkungen.

Aber Salzburg ist natürlich auch eine Destination für weltweiten Kulturtourismus. Wie sieht es da aus? Asien und die USA stellen natürlich ein wichtiges Klientel. Um die weltweite Reisefreiheit wie früher wieder zu ermöglichen, wird es einer gute Medi-kation oder einer Impfung bedürfen. Dann sollte das Reisen auch wieder so möglich sein wie vor COVID-19.

Salzburg ist natürlich auch ein wichtiges Reiseziel für den „Normaltouristen“, der zum Teil in Bussen nach Salzburg kommt. Was wird sich bei dieser Klientel ändern? Reisefreiheit bedeutet auch, dass Reisen nicht nur ein Wunschkonzert ist. Wir haben es natürlich beim Tourismus mit einem Massenphänomen zu tun: Viele Leute können sich Reisen und die Welt entdecken leisten. An vielen attraktiven Plätzen – wie in Salzburg – wird es dadurch eng. Der Nächtigungstourismus in Salzburg

hat sich in den vergangenen 10, 15 Jahren verdoppelt, aber wir haben natürlich auch sehr viele Tagesbesucher aus den Feriendes-tinationen im Umland. Für diese Besucher ist ein Salzburg-Ausflug ein Muss. Unsere Aufgabe wird es daher in den nächsten Jah-ren sein, diese Ströme besser zu lenken und zu verteilen. Aber zuerst muss sich der Tou-rismus von der Pandemie wieder erholen.

Wird sich die Destination Salzburg in Folge von COVID-19 neu positionieren? Eine Marke wie unsere besteht aus

Qualitäten, in denen man zu den führenden Anbietern weltweit gehört, aus Geschichten, die man zu erzählen hat. Weltkulturerbe, architektonische Schönheit und Kultur, Mozart, klassische Musik ... dazu kommen noch Sound of Music und Stille Nacht, Heilige Nacht. Es wäre ein schwerer Fehler, diese Geschich-ten nicht mehr zu erzählen: Deswegen kommen die Menschen ja nach Salzburg. Wir sind eine sehr stimmige touristische Marke und bei einer Marke muss man sich auf den wesentlichen Kern konzentrieren und sich nicht jeden Tag neu erfinden. Nein-Sagen zu schnellen Veränderungen ist bei der Markenpflege sehr wichtig.

Wie sieht es in den nächsten Monaten mit der Buchungslage aus? Sind die Menschen nach dem Ende des Lockdowns wieder reisefreudiger? Die Buchungslage ist immer noch schwach, aber wir merken, dass das Inter-esse wächst. Natürlich fällt der Gruppen-tourismus weitgehend weg. Wir denken, dass wir bis zum Ende des Jahres 50 Pro-zent Auslastung schaffen. Das wäre ein sehr gutes Ergebnis, selbst wenn wir früher 80 Prozent als Jahresauslastung hatten.

Wie ist die Stimmung unter Salzburgs Touristikern? Die Meldung, dass die Salzburger Festspiele stattfinden, ist sehr gut angekommen. Wenn wirklich in 30 Tagen jeden Tag drei Veranstaltungen stattfinden werden, ist das fast eine Sensation. Da kann man den Organisatoren nur gratulieren.� n

Reisen ist kein

Wunsch-konzert

Die Salzburger Festspiele 2020 finden statt: Zwar nur in einer abgespeckten

Version, aber gerade zum 100jährigen Jubiläum sei das eine positive

Nachricht für den Salzburger Tourismus. Salzburgs Tourismuschef

Herbert Brugger im Interview über COVID-19 und die Zeit danach.

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D ie Gebrüder Obauer haben aus der Not eine Tugend gemacht: Nach dem Lockdown im März haben sie – nach einer Idee von Karls Sohn Ber-

thold – begonnen, ihre Küche ins Internet zu verlegen. „Rudi und Karl Obauer kochen zuhause“ brachte Küchentipps – bis hin zu Tipps für einen perfekten Pizzateig und ei-nen Schweineschopf – in die Haushalte der Facebook-User. Tausende Views machten das Werfener Brüderpaar und ihr Restaurant zu Internet-Stars. „Aber das wussten wir schon am ersten Tag, an dem wir schließen muss-ten: Wir müssen weitermachen, mit der Nase im Wind.“ Ganz bewusst wurden bei den Drehs keine Rezepte geliefert, sondern ein-fach nur ein paar Erfahrungen im Kochen aufgetischt – und das habe Spaß gemacht, sagen die beiden.

Neue NormalitätJetzt nach der Wiedereröffnung Mitte Mai profitiert das Restaurant in Werfen von der Internet-Präsenz: „Wir haben Gäste, die wir nie zuvor gesehen haben“, sagt Karl Obauer. Auch die Reservierungslage im Restaurant sei gut – mittags und abends. Im Juni, in den vergangenen Jahren stets der Ruhemonat, in dem das Restaurant geschlossen war, ist heuer geöffnet. Rudi Obauer: „Wir hatten zwei Monate ungewollt Pause, da ist es gar nicht schlecht, wieder zur Normalität zu-rückzukehren.“

Normalität heißt in diesem Fall, dass alle Räumlichkeiten geöffnet sind und zwischen den besetzten Tischen immer einer frei bleibt. Das Personal ist mit Gesichtsvisier ausgestattet. Seit Ende Mai ist auch wie-der das angeschlossene Hotel mit seinen 28 Betten geöffnet. Aber die Obauers sind keine Hoteliers, sie bestehen darauf, dass sie ein Restaurant-Hotel sind, nicht umge-kehrt: Die meisten Gäste, die bei ihnen in diesen Tagen übernachten, kommen wegen des Essens und um nach einem ausgiebigen sechs- oder siebengängigen Dinner nicht mehr fahren zu müssen, wird gleich das Zimmer mitgebucht. Karl Obauer: „Mehr als 90 Prozent der Betten wird über das Re-staurant verkauft.“

Und das bietet fast für jeden Geschmack et-was: Zu Mittag zum Beispiel ein Menü mit hervorragendem Preis-Leistungs-Verhältnis (Drei Gänge um 44,– Euro) oder auch – wie gehabt – das klassische Wiener Schnitzel. Wild und Fisch sind ebenso vor Schwer-

punkte, aber „das Ziel ist es Bewährtes mit Neuem zu kombinieren“, wie Rudi Obauer sagt. Bewährt sind die Zutaten von regiona-len oder restösterreichischen Lieferanten. Bei genauem Studium der Speisekarte findet man aber dann nicht nur Rehleberknödel oder Pfarrwerfener Forelle, sondern natürlich zudem exotischere Kreationen, wenn auch die Devise bleibt „vom Einfachen das Beste“ zu verwenden. Schnörkellose punktgenaue

Küche mit der nötigen Prise Phantasie, wie einmal jemand geschrieben hat. „Auf jeden Fall wird es bei uns nie Molekularküche ge-ben“, sagt Karl.

Rudi und Karl Obauer hoffen, dass viel-leicht durch die Krise ein Umdenken stattfin-det: dass Gutes Essen wieder die Bedeutung erlangt, die es verdient; dass heimisches Fleisch, Wild, Fisch, Gemüse, wieder ge-schätzt werden. Rudi Obauer: „Diese heimi-schen, zum Teil bäuerlichen Lebensmittel sind nicht nur gut, sondern auch gesund, ohne Schwermetalle oder Chemie produ-ziert. Und das ist fundamental.“

Gute BuchungslageDie nächsten Monate sehen Karl und Rudi Obauer durchaus positiv: Die Buchungslage sei gut, und das nicht erst seit die Salzburger Festspiele nun doch stattfinden (Rudi Obau-er: „Die Salzburger Festspiele sind für unsere Region ein Multiplikator wie der Hahnen-kamm in Kitzbühel.“). Aber vor allem, weil man bei den Obauers in Werfen einfach gut isst. Und das wissen dank Facebook inzwi-schen einige Leute mehr.� n

Gebrüder Obauer: Mit der Nase im Wind

Dass man während des Lockdowns und auch danach neue Wege gehen kann, haben Rudi und Karl Obauer bewiesen: Die Wirte aus Werfen im Salzburger Land wurden zu Internet-Stars.

Was sie von COVID-19 und den Folgen lernen, ist vorbildhaft für die Branche.

von Christian Eder

Teilten ihre Erfahrungen via Internet mit den Facebook-Usern: Karl und Rudi Obauer.

Wir müssen weitermachen, mit

der Nase im Wind. Rudi & Karl Obauer, Restaurant Hotel Obauer

Die Salzburger Festspiele sind – speziell zu 100. Geburtstag – eine Leuchtturmveranstaltung für die Stadt.

Es wäre ein schwerer Fehler, die Salzburger Geschichten nicht mehr zu erzählen.

Herbert Brugger, Tourismuschef Salzburg

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Tourismusland Österreich

U nd plötzlich stand die Welt still. Für die Mannschaft des Kärnten Touris-mus allerdings nicht lange, schon wenige Tage nach dem Beginn des

coronabedingten Lockdowns nahm sie wie-der ihre Arbeit auf. Und sehr bald startete die Kärnten Werbung wieder die Kommu-nikation nach außen. „Social Media wurde in der Quarantänezeit verstärkt genützt, Werbung haben wir im TV und Radio ge-schaltet, aber auch hochwertiger Print be-kam für uns wieder verstärkte Bedeutung“, sagt Christian Kresse, Geschäftsführer der Kärnten Werbung. Derzeit hat Kärnten in Allianz mit Tirol und dem Salzburger Land

eine Kampagne in Deutschland laufen. Ob sich in der Arbeit viel geändert hat? Im Prinzip nicht, Corona habe am Konzept nicht gerüttelt. Der Rekordwinter mit ei-nem Plus von acht Prozent war Bestätigung genug. „Wir bleiben auf unserem Weg“, be-tont Christian Kresse. „In den letzten Jahren haben wir die Reiseangebote kontinuierlich umgebaut. Weg von den Events, hin zum Thema Natur mit Angeboten wie Radfahren, Wandern, Slow Food.“

Neue UrlaubsmotiveBestätigt sieht sich Kresse durch eine Studie der ÖsterreichWerbung. Noch nie habe es in

Österreich in so kurzer Zeit einen so massi-ven Wertewandel wie in Kärnten gegeben, fand man heraus. Der Umbau erfolgte aber aus gutem Grund. Die Sehnsüchte und Ur-laubsmotive der Menschen haben sich deut-lich verändert. „Regionalität, Natur und die Wertschätzung für die Zeit zu zweit oder mit der Familie haben sehr an Bedeutung ge-wonnen. Mit unseren Angeboten haben wir in Kärnten die richtige Antwort gefunden.“Was Corona sehr wohl verändert hat: Gewis-se Trends haben sich verstärkt, wie ein Blick auf das Tourismusportal im Internet zeigt. Bei den Zugriffen auf die Website wurden die Themen Wandern, Alpe-Adria-Trail und

Radfahren extrem nachgefragt, Steigerungs-raten von 200 bis 300 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Erklärung für Kresse: „Nach der Quarantänezeit haben die Leute einen unheimlichen Drang nach Bewegung in der Natur. Das kommt uns sehr entgegen.“

Die weiteren Pluspunkte: Kärntens süd-liches Flair. Eine Konstante dabei sind die Kärntner Seen, mediterranes Lebensgefühl versprüht aber auch die authentische Al-

pe-Adria-Küche. Dazu passt die Initiative Slow Food Kärnten, die sich für die Ent-wicklung einer gesunden, verantwortungs-bewussten Ernährungs- und Esskultur ein-setzt. „Kein Marketinggag“, sagt Christian Kresse, „wir wollen eine große, nachhalti-ge Veränderung herbeiführen. Dass wäh-rend der Corona-Krise das Bewusstsein für gute regionale Produkte gestiegen ist, war ein Turbo für unsere Idee.“ Wie groß

das Interesse ist, zeigt, dass bereits 26.000 Exemplare des Slow-Food-Guides Kärnten verschickt wurden.

Im Luxus-Lodge-ZeltSicher, Corona und der Lockdown war für die gesamte Branche ein noch nie erlebter Einschnitt, viele Unternehmer ließen sich dennoch nicht abschrecken. Neue Projekte blühen, vor allem Kärntner Campingplät-ze bieten originelle Neuheiten. Wie zum Beispiel Schlaffässer und ein Saunafass (für bis zu zehn Personen) im Camping Village Wörthersee in Velden/Auen. Spektakulär ist das 27 Meter lange und sechs Meter dicke U-Boot im Campingpark Burgstaller am Millstätter See, das die Kindersanitärräume beherbergt.

Glamour zieht am Campingplatz Breznik am Turnersee ein. Das Luxus-Lodge-Zelt hat ordentlich Platz, auf 65 Quadratmetern wird selbst ein Zelt ganz bequem. Sehr chic auch die neuen Biwaks am Millstätter See: aus Zirben- und Lärchenholz, unaufdringlich, reduziert und pur. Durch das großzügige Panorama- und das Dachfenster über dem Bett kann man in der Nacht Sterne zählen.

Sie möchten das Gefühl der vollkomme-nen Schwerelosigkeit spüren? Ja, geht. In den Baumzelten am Campingplatz Ander-wald. Hier schläft man drei Meter über dem Waldboden, untertags mit Aussicht auf den türkisblauen Faaker See und die Berge und nachts mit freiem Blick auf die Sterne. Man könnte die Liste lässiger neuer Projekte noch einiges länger werden lassen.

Urlaub wie früherOriginelle Konzepte, visionär gedacht. Die mutigen Investitionen dürften sich aber rechnen, denn der Tourismusmotor springt

wieder an. „Ich kann mich nicht beschwe-ren, Kärnten steht gut da.“ Die ersten An-fragen kamen praktisch nur aus Österreich. „Als die Nachricht der Grenzöffnung nach Deutschland kam, gab es aber eine richti-ge Anfragenflut“, sagt Christian Kresse. Auch aus Tschechien und Ungarn kom-men erste Signale, Polen und Italien sind mangels Grenzöffnungsperspektiven ruhig. Gleiche Situation auch in den Niederlan-den, die zu den drei wichtigsten Märkten Kärntens zählen.

Die Entwicklung im heurigen Jahr sieht Kresse bereits recht deutlich vor sich. Viele Menschen ändern derzeit ihre Reisemotive, die Rückbesinnung auf eine Urlaubsform wie früher sei erkennbar. „Wir werden sehr viele Familien begrüßen dürfen und sehr vie-le Menschen, die Aktivitäten in der Natur schätzen, die aber am Nachmittag gerne in den See hüpfen.“ Ein Trend wird laut Kres-se in den nächsten Jahren anhalten: „Der Wunsch zu Individualisierung und Freiraum-zonen. Massenansammlungen werden im-mer weniger gewünscht.“� n

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Urlaub in Kärnten ist heuer besonders gefragt: Der Mix aus unverfälschter Natur, klaren Seen und Alpe-Adria-Küche punktet.

Corona war ein Turbo für uns

Aufbruchsstimmung im Süden Österreichs. Der Kärntner Tourismus steht bei Urlaubern heuer hoch im Kurs. Kärntens Richtungswechsel hat sich bezahlt gemacht: Weg von Events,

hin zu Bewegung in unverfälschter Natur.

von Werner Ringhofer

Promotion-Magazin

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Kärnten steht gut da. Aus Deutsch-land haben wir eine Anfragenflut.

Christian Kresse, Geschäftsführer Kärnten Werbung

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Schon bald nach dem Lockdown ging Kärnten mit einer Kampagne in die Offensive.

Kärntens Tourismus in ZahlenTourismusjahr 2018/19� Ankünfte: 3,2 Millionen� Übernachtungen: 13,4 Millionen� Anteil ausländische Gäste: 60,5 Prozent� Anteil ausländische Übernachtungen: 39,5 Prozent Anteil inländische Übernachtungen: 39,4 Prozent 1. Deutschland: 33,1 Prozent 2. Niederlande: 7,2 Prozent

Quelle: Statistik Austria, Kalenderjahr 2019

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Das Interview führte Gloria Staud

STARKES LAND: Frau Stolba, der heurige Sommer wird ein besonderer für Österreich. Die Einschrän-kungen im Reiseverkehr machen Urlaub zu Hause wieder attraktiv. Die Österreich Werbung setzt mit „Auf Dich wartet ein guter Sommer. Entdecke Dein eigenes Land“ einen Akzent und lockt heimische Gäste. Wie sieht die Kampagne genau aus, mit welchen Urlaubsschwerpunkten lockt Österreich, wie lancieren Sie die Kampagne?PETRA STOLBA: Die Kampagne ist ein nationaler Schulterschluss der Österreich Werbung mit den Städten und allen neun Bundesländern zur Unterstützung der heimischen Tourismusbetriebe. Es gibt viele gute Gründe für Österreich, und gemeinsam stellen wir sie ins Schaufenster. Die Kampagne fokussiert dabei auf drei Themenschwerpunkte, die Österreichs Vielfältigkeit als Urlaubsland widerspiegeln: der Berg als Platz, um sich eine Auszeit zu gönnen und Sorgen hinter sich lassen zu können. Die heilende Kraft der Natur mit Wäldern und Seen, wo wir uns erholen und regenerieren können. Und natürlich die urbanen Zentren mit ihren kulturellen und kulinarischen Angeboten, wo wir geistig und sozial aufleben. Ausgespielt wird die Kampagne digital, im ORF-TV und auf Ö3. Bei der digitalen Ausspielung setzen wir auf unsere eigene Kompetenz im digitalen Marketing, mit der wir die Zielgruppe punktgenau erreichen und möglichst viele ganz konkrete Angebote an interessierte Urlau-berinnen und Urlauber bringen können.

Appelliert die Kampagne auch an das Solidargefühl der Österreicher unter dem Motto „Wir stützen die heimische Wirtschaft“? Nein. Sicher ist es ein gutes Gefühl zu wissen, dass man mit seinem Urlaub die heimische Wirtschaft unterstützt. Aber Teil der Kampagne ist dieser Aspekt

nicht. Wir begeistern für die vielfältigen Urlaubserlebnisse. Die österreichischen Regionen und Betriebe haben ein über-zeugendes und sicheres Angebot. Das ist der Grund, warum man auch heuer gerne Urlaub in Österreich macht.

Sie wollen die heimischen Tourismusbetriebe vor den Vorhang holen. Wie soll das genau aussehen (Online-Anfragen, buchbare Reiseerlebnisse)?Es geht vorrangig darum, was ein Urlaub in Österreich nachhaltig bewirkt. Und das zeigen wir. Haben sich unsere Gäste im wahrsten Sinne des Wortes erholt, wurden sie inspiriert und angeregt, haben sie Neues entdeckt und ausprobiert? Wir

können mit Stolz behaupten, dass ein Ur-laub in Österreich genau das bewirkt. Und das kommunizieren wir auch. In weiterer Folge geht es natürlich darum, interessierte Gäste mit ganz konkreten buchbaren Erlebnissen zusammenzubringen. Das funktioniert mit Data Driven Advertising.

Die digitalen Medien haben in der Corona-Zeit große Bedeutung bekommen, bleibt/nützt die ÖW diese Schiene weiterhin und wie?Die digitalen Kommunikationskanäle spie-len bei uns eine große Rolle und werden auch professionell bespielt. Dabei hilft uns die eigene Data Management Platform und die Expertise unserer Mediaspezialisten im Haus. Aber wir stellen auch fest, dass TV-Werbung und Radio einen hohen Stellenwert in der Mediennutzung der

Menschen haben. Deswegen investieren wir auch in diese Mediengattungen.

Welche Resonanzen erhält die ÖW von den österreichischen Gästen aktuell?Während des Shutdowns haben wir in unserer Kommunikation virtuelle Angebote vor den Vorhang geholt. 360-Grad-Videos aus der Natur, virtuelle Museumstouren, Konzertaufzeichnungen und so weiter. Das Feedback, das wir aus dem In- und Ausland bekommen haben, war überwältigend. Die Menschen haben sich mit den Inhalten beschäftigt und eine intensive Vorfreude auf den nächsten Urlaub in Österreich ent-wickelt. Jetzt ist der Zeitpunkt da, wo dieser Urlaub wieder möglich wird, und da spüren wir schon sehr viel Freude und Interesse.

Wie kann das Thema Kultur neu kommuniziert werden, wie all jene Highlights, die viele Gäste anziehen − sprich Corona-Abstand? Wie kann der Städtetourismus neu aussehen?Wir sind soziale Wesen. Wir benötigen den Austausch mit anderen, die Inspiration durch Kunst und Kultur. Die urbanen Zentren des Landes waren schon immer Orte der Begegnung, der Geselligkeit, und das bleiben sie auch weiterhin. Die Bundesregierung hat die bekannten Schutzmaßnahmen im öffentlichen Raum erarbeitet, die ein Maximum an Sicherheit ermöglichen und das Teilhaben am kulturellen Leben mit entsprechender gegenseitiger Rücksichtnahme ermöglichen.

Die Kampagne soll mit den Tourismusorganisatio-nen der Bundesländer gemeinsam getragen wer-den. Wie sieht diese Zusammenarbeit genau aus? Das oft strapazierte Sprichwort „gemein-sam sind wir stark“ gilt in der Krise ganz besonders, deshalb wurde die Kampagne ge-meinsam mit den Städten und den Bundes-ländern konzipiert. Spätestens wenn wir an die stufenweise wieder anlaufende Kommu-nikation auf den Auslandsmärkten denken,

wird nämlich klar, dass wir den nötigen Werbedruck nur gemeinsam erzeugen kön-nen. Einzelkämpfer gehen da schnell unter.

Im letzten Jahr verzeichnete Österreich rund 153 Millionen Nächtigungen – drei Viertel der Gäste kamen aus dem Ausland. Wie glauben Sie kann der österreichische Tourismus die zu erwartenden Ausfälle auffangen bzw. aushalten? Wie soll die Kommunikations-strategie Richtung Deutschland aussehen? In „normalen“ Jahren stammen drei Viertel aller Nächtigungen von Gästen

aus dem Ausland. Dass heuer kein normales Jahr ist, liegt auf der Hand. Allerdings zeichnen sich ja jetzt schon Grenzöffnungen zu den Ländern ab, die ähnlich gute Fortschritte im Kampf gegen das Corona-Virus machen, allen voran Deutschland. Genau prognostizieren lässt sich der Verlauf der Sommersaison nicht, aber Rekordjahr wird es wohl keines werden. Was Deutschland an-geht: Die Kommunikationsstrategie ist vergleichbar mit der Inlandskampagne. Auch auf deutsche Gäste wartet ein guter

Sommer in Österreich. Österreich ist ein vertrautes Land. Unsere deutschen Gäste kennen und schätzen die saubere und intakte Umwelt, die sichere Infrastruktur und die hohe Qualität unserer Betriebe. Mit unserer Kampagne erinnern wir daran, dass das Gute so nah liegt.

Welchen Anteil hat der Tourismus an der Wertschöpfung in Österreich? Österreichweit betrug der BIP-Anteil der Tourismus- und Freizeitwirtschaft zuletzt 15,3 Prozent. � n

Gute Gründe für Österreich

Auch wenn die Grenzen langsam öffnen, richten sich die hoffnungsvollen Blicke der österreichischen Touristiker auf die Inlandsgäste.

Österreich-Werberin Petra Stolba unterstreicht die Nachhaltigkeit des Urlaubs daheim.

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Petra Stolba sieht im Österreich-Urlaub inspirierende Angebote.

Nur gemeinsam kön-nen wir den nötigen

Werbedruck erzeugen. Petra Stolba, Geschäftsführerin Österreich Werbung

Tourismusland Österreich

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